Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2002 - V ZR 379/01

bei uns veröffentlicht am22.11.2002

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 379/01 Verkündet am:
22. November 2002
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. November 2002 durch die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. Oktober 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um Grundstücke aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war A. S. als Eigentümer der ihm aus dem Bodenfonds zugeteilten Grundstücke eingetragen. Der Bodenreformvermerk war eingetragen.
Eines der Grundstücke nutzte A. S. zusammen mit seiner Ehefrau, An. S. , als Hofstelle. Die übrigen Grundstücke bewirtschafteten die Eheleute als selbständige Landwirte. 1960 traten A. und An. S. in eine LPG ein. An. S. erhielt fortan von der LPG Lohn. Im März 1968 wurde sie Rentnerin.
A. S. verstarb am 7. November 1979. Er wurde von An. S. und seinen beiden Kindern, den Beklagten, beerbt. An. S. verblieb bis zu ihrem Tod am 1. Juni 1990 auf der Hofstelle. Die Beklagten sind auch ihre Erben. Sie sind nicht zuteilungsfähig.
Das klagende Land (Kläger) hat die Auflassung aller dem Erblasser aus dem Bodenfonds zugewiesenen Grundstücke verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Kläger nach der Rücknahme seines Rechtsmittels hinsichtlich des Hofgrundstücks die Verurteilung der Beklagten zur Auflassung der Schläge.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht verneint einen Auflassungsanspruch des Klägers. Es meint, der Kläger sei nicht besser berechtigt als die Beklagten, da An. S. zuteilungsfähig gewesen sei und bei Ablauf des 15. März 1990 gelebt habe.

II.


Die Revision hat keinen Erfolg. Auf die von ihr als entscheidungserheblich angesehene Frage, ob auch durch selbständige oder mithelfende Arbeit
die in Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB bestimmte Frist einer zehnjährigen Berufstätigkeit in der Landwirtschaft erfüllt werden kann, kommt es nicht an. Der Fiskus kann gem. Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB nur die Auflassung derjenigen Grundstücke aus der Bodenreform verlangen, die bei Ablauf des 15. März 1990 in den Bodenfonds zurückzuführen waren (st. Rechtspr., vgl. Senatsurt. v. 4. Mai 2001, V ZR 21/00, WM 2001, 1902; v. 3. Mai 2002, V ZR 217/01, NJW 2002, 2241; u. v. 20. September 2002, V ZR 198/01, Umdruck S. 10 f, zur Veröffentlichung vorgesehen). Daran fehlt es. A. und An. S. sind 1960 Mitglieder einer LPG geworden. Damit war auch nach ihrem alters- bzw. krankheitsbedingten Ausscheiden aus dem Berufsleben im Sinne der Besitzwechselverordnung sichergestellt, daß die A. S. aus dem Bodenfonds zugewiesenen Grundstücke, an denen An. S. mit Inkrafttreten des Familiengesetzbuchs der DDR gemäß § 13 Abs. 1 FGB, § 4 EGFGB Miteigentum erworben hatte (OG NJ 1970, 249, 250), zweckentsprechend genutzt wurden. Für eine Rückführung der Grundstücke in den Bodenfonds war daher kein Raum. Hieran hat sich bis zur Aufhebung der Besitzwechselverordnung durch das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 (GBl. I S. 134) nichts geändert. Die Rückführung der Grundstücke in den Bodenfonds ist nicht rechtswidrig unterblieben. Der Rechtserwerb der Beklagten beruht nicht auf der Nichtbeachtung der Besitzwechselverordnung. Schon aus diesem Grund kommt ein Auflassungsanspruch des Klägers nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 565, 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
Tropf Klein Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2002 - V ZR 379/01

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2002 - V ZR 379/01 zitiert 1 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Bundesgerichtshof Urteil, 03. Mai 2002 - V ZR 217/01

bei uns veröffentlicht am 03.05.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 217/01 Verkündet am: 3. Mai 2002 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Sept. 2002 - V ZR 198/01

bei uns veröffentlicht am 20.09.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 198/01 Verkündet am: 20. September 2002 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Mai 2001 - V ZR 21/00

bei uns veröffentlicht am 04.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 21/00 Verkündet am: 4. Mai 2001 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 21/00 Verkündet am:
4. Mai 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
EGBGB 1986 Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3
Bei einem im Herbst 1989 oder später eingetretenen Erbfall reicht es für die Feststellung
der Zuteilungsfähigkeit des Erben hin, daß er seinen Lebensunterhalt in
erheblichem Umfang durch eine landwirtschaftliche Tätigkeit verdient und vor Ablauf
des 15. März 1990 seinen Willen zu einem Eintritt in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft
bekundet hat.
BGH, Urt. v. 4. Mai 2001 - V ZR 21/00 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 25. November 1999 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um Zahlungs- und Übertragungspflichten wegen eines Grundstücks aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war K. H. als Eigentümer des im Grundbuch von G. Blatt Nr. v erzeichneten aus mehreren Flurstücken bestehenden Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück war ihm aus dem Bodenfonds zugewiesen worden. K. H. hatte es in eine LPG eingebracht. Er verstarb am 10. Dezember 1989. Er wurde von seiner
Tochter, der Beklagten, beerbt. Sie war als Verkäuferin teilzeitbeschäftigt. Daneben zog sie Schweine auf und baute Obst und Gemüse an. Am 21. Juni 1990 erteilte ihr das Staatliche Notariat P. einen Erbschein, der ihre alleinige Rechtsnachfolge nach dem Verstorbenen ausweist.
Durch Vertrag vom 3. März 1992 verkaufte sie eines der ererbten Flurstücke für 525.825 DM an das klagende Land (im folgenden: Kläger). Der Kaufpreis wurde bezahlt; der Kläger wurde als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten Rückzahlung des Kaufpreises und Auflassung des in ihrem Eigentum verbliebenen restlichen Grundstücks. Die Beklagte hat ihre bessere Berechtigung behauptet und geltend gemacht, der im Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe sich nicht auf das an den Kläger verkaufte Flurstück bezogen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat ihr das Oberlandesgericht stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht stellt fest, der in das Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe das an den Kläger veräußerte Flurstück umfaßt. Es meint, die Beklagte habe den für das verkaufte Flurstück bezahlten Kaufpreis nach Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB dem Kläger zu erstatten und ihm gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB das restliche Grundstück aufzulassen.
Der Kläger sei im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB besser berechtigt als die Beklagte. Diese sei nicht zuteilungsfähig, weil sie vor Ablauf des 15. März 1990 weder einen Antrag auf Zuteilung des Bodenreformgrundstücks beim Rat des Kreises gestellt habe, noch Mitglied einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft gewesen sei oder einen schriftlichen Antrag auf Aufnahme in eine solche Genossenschaft gestellt habe. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die von ihr neben ihrer Teilzeitbeschäftigung als Verkäuferin ausgeübte Tätigkeit als Tätigkeit in der Landwirtschaft im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB zu bewerten sei.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , der in das Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe das dem Kläger verkaufte Flurstück umfaßt. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch die Zuteilungsfähigkeit der Beklagten im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 1. Altern. EGBGB verneint. Bei einem im Herbst 1989 oder später eingetretenen Erbfall reicht es für die Feststellung der Zuteilungsfähigkeit hin, daß der Erbe seinen Lebensunterhalt in erheblichem Umfang durch eine landwirtschaftliche Tätigkeit verdient hat und vor Ablauf des 15. März 1990 seinen Willen zu einem Eintritt in eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft bekundet hat.

Ziel der durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch eingefügten Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform ist es, im Wege pauschalierter Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung die Grundstücke aus der Bodenreform demjenigen zukommen zu lassen, dem sie bei ordnungsgemäßen Handeln der Behörden der DDR zu übertragen waren. Fehlte es nach den Grundsätzen der Besitzwechselverordnung an einem Berechtigten , waren die Grundstücke in den Bodenfonds zurückzuführen. Ist die Rückführung zu Unrecht unterblieben, sind die Grundstücke nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB dem Fiskus des Landes aufzulassen, in dem sie belegen sind. Im Übertragungsanspruch des Fiskus setzt sich die unterlassene Rückführung fort (st. Rechtspr., vgl. Senat, BGHZ 132, 71, 78; 136, 283, 289). Waren die Voraussetzungen der Besitzwechselverordnung für die Rückführung eines Grundstücks in den Bodenfonds nicht gegeben, scheidet ein Anspruch des Fiskus auf Auflassung aus. So verhält es sich im vorliegenden Falle auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten.

a) Ohne Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits ist, daß die Beklagte bis zum Ablauf des 15. März 1990 keinen Antrag auf Übertragung des Grundstücks an den Rat des Kreises gestellt hatte. Bei der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung stellt Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB hinsichtlich der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzflächen allein darauf ab, ob diese Flächen nach der Besitzwechselverordnung einem Erben des verstorbenen Begünstigten zugewiesen oder übergeben waren, der Erbe zuteilungsfähig war, oder ob sie in den Bodenfonds zurückzuführen waren. Der Frage, ob der Erbe vor Ablauf des 15. März 1990 einen Übertragungsantrag an
den Rat des Kreises gestellt hatte, kommt bei der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung und damit der Feststellung der Berechtigung eines Erben nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, Buchst. b, Abs. 3 EGBGB keine Bedeutung zu.

b) Die Zuteilungsfähigkeit der Beklagten kann auch nicht deshalb verneint werden, weil sie vor dem 16. März 1990 keinen schriftlichen Antrag auf Aufnahme in eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gestellt hatte.
Die Übertragung des Rechts zur Bewirtschaftung eines landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücks aus der Bodenreform auf einen Erben des Begünstigten setzte nach § 4 Abs. 1 BesitzwechselVO voraus, daß der Erbe das Grundstück "zweckentsprechend" nutzen würde. Diese Voraussetzung war, wie der Gegenschluß aus § 3 Abs. 1 Satz 1 BesitzwechselVO ergibt, nur gegeben, wenn der Erbe Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war. Das hat den Senat veranlaßt, als Voraussetzung für die Zuteilungsfähigkeit eines Erben im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB die Mitgliedschaft in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zu verlangen. Für die Übertragung einer Bodenreformwirtschaft genügte allerdings nach einhelliger Auffassung der Rechtslehre der DDR, daß der Erbe die LPG-Mitgliedschaft erst nach dem Erbfall erwarb (Schietsch, NJ 1965, 564, 565; Arlt/Rohde, Bodenrecht , 1967, 355; Hähnert/Richter/Rohde u.a., LPG-Recht, 1984, S. 46 ff). Dem hat der Senat dadurch Rechnung getragen, daß er als zuteilungsfähig auch denjenigen angesehen hat, der bei Ablauf des 15. März 1990 zwar nicht Mitglied einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war, aber einen Antrag auf Aufnahme gestellt hatte, aus dem sich seine Bereitschaft zum Ein-
tritt in eine solche ergab (Senat, BGHZ 136, 283, 292). Noch nicht entschieden hat der Senat dagegen die Frage, ob es ausreicht, daß der Erbe seine Bereitschaftet in eine LPG einzutreten, auch auf andere Weise bekundet hat. Dies ist für einen Erbfall, der in der Zeit der Wende in der DDR eingetreten ist, zu bejahen.
Die Mitgliedschaft des Erben in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft oder ein Antrag auf Aufnahme in eine solche dürfen in einem solchen Fall nicht als Voraussetzung der Zuteilungsfähigkeit verlangt werden. Eine andere Auffassung würde die tatsächliche Situation in der DDR in dieser Zeit nicht berücksichtigen, dem Erben keine Zeit lassen, einen Entschluß zu bilden, und zur Übertragung von Grundstücken an den Fiskus führen, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, daß sie in den Bodenfonds zurückgeführt worden wären. Daß der Erbe eines Begünstigten, der im Herbst 1989 oder im Winter 1989/1990 verstorben ist, bei Ablauf des 15. März 1990 keinen Antrag auf Aufnahme in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gestellt hatte, braucht nicht auf Desinteresse an der Nachfolge in die Bodenreformwirtschaft zu beruhen, sondern kann der üblichen Behandlung der Nachfolge in die Bodenreformgrundstücke entsprechen. Nicht selten ist dem Erben, wie die Beklagte behauptet, auch geraten worden, mit einem Antrag auf Aufnahme in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft zuzuwarten. Schließlich kann die Antragstellung im Hinblick auf den politischen und wirtschaftlichen Umbruch in der DDR unterblieben sein. Dies darf nicht dazu führen , einem Erben Grundstücke zu nehmen, die ihm ohne die Aufhebung der Besitzwechselverordnung und ohne die Ä nderung der Verhältnisse in der DDR zugeteilt worden wären.
Ist der Erbfall im Herbst 1989 oder später eingetreten, muß es zur Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung daher als hinreichend angesehen werden, daß der Erbe seinen Lebensunterhalt zu einem erheblichen Teil durch eine Tätigkeit in der Landwirtschaft verdient und seinen Entschluß zu erkennen gegeben hat, in eine LPG einzutreten. Hiervon ist auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten auszugehen. Sie hat behauptet , im Januar 1990 den ökonomischen Leiter der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, in der ihr Vater Mitglied war, wegen des von ihr beabsichtigten Eintritts in die Genossenschaft und der Übertragung des Grundstücks angesprochen zu haben. Der Angesprochene habe ihr geraten, zunächst einen Erbschein zu erwirken und erst dann einen Antrag auf Aufnahme in die Genossenschaft zu stellen.

c) Ohne Bedeutung ist auch, daß die Beklagte bei Ablauf des 15. März 1990 neben ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft auch als Verkäuferin tätig war. Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB hat zum Ziel, in pauschalierter Form die von der Besitzwechselverordnung für eine Nachfolge in die Bodenreformwirtschaft verlangte Eignung des Erben zur Bewirtschaftung der Grundstücke nachzuzeichnen. Als Voraussetzung dieser Eignung bedurfte es nach der Besitzwechselverordnung keiner ausschließlichen Tätigkeit des Erben in der Land- oder Forstwirtschaft. Dem ist im Rahmen der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze Rechnung zu tragen. Eine ausschließliche Tätigkeit in diesen Wirtschaftszweigen kann nicht verlangt werden. Zuteilungsfähig ist vielmehr auch, wer seinen Lebensunterhalt zu einem erheblichen Teil durch eine solche Tätigkeit verdient hat. Hierzu hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe schon zu Lebzeiten ihres Vaters ihren Lebensunterhalt zum größeren Teil durch die Mast von Jungschweinen und die Erzeugung von Obst und Gemüse verdient.

3. Zu einer abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits ist der Senat nicht in der Lage, weil das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, zu den maßgeblichen Gesichtspunkten keine Feststellungen getroffen hat. Rein vorsorglich weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Berechtigung des Klägers aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB der von der Beklagten aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EGBGB in Anspruch genommenen Berechtigung nachgeht. Zur Abwehr der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche obliegt es daher nicht der Beklagten, ihre bessere Berechtigung beweisen, sondern es obliegt dem Kläger , den Beweis der Unrichtigkeit des Vorbringens der Beklagten zu führen.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 217/01 Verkündet am:
3. Mai 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB 1986 Art. 233 § 16 Abs. 2
Ein Zahlungsanspruch des Fiskus aus Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB besteht
nur, wenn das Grundstück, über das der Verpflichtete vor Inkrafttreten des Zweiten
Vermögensrechtsänderungsgesetzes verfügt hat, bei Ablauf des 15. März 1990 in
den Bodenfonds zurückzuführen war (Abweichung vom Senatsbeschl. v. 26. März
1998, V ZR 232/97, VIZ 1998, 387).
BGH, Urt. v. 3. Mai 2002 - V ZR 217/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Mai 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um eine Zahlungsverpflichtung im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Grundstücks aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war F. W. als Eigentümer des Grundstücks eingetragen. Das Grundstück war ihm aus dem Bodenfonds zugewiesen worden, der Bodenreformvermerk war eingetragen. F. W. errichtete auf dem Grundstück für sich und seine Familie ein Wohnhaus. Er starb am 22. April 1969 und wurde von seiner Ehefrau H. W. und seinen vier Kindern, den Beklagten, beerbt. H. W. verblieb in dem auf dem Grund-
stück errichteten Wohnhaus. Sie starb am 8. Dezember 1990. Die Beklagten sind auch ihre Erben.
Durch Notarvertrag vom 30. August 1991 verkauften sie das Grundstück für 13.000 DM und ließen es den Erwerbern auf. Der Antrag auf deren Eintragung ging am 1. Oktober 1991 beim Grundbuchamt ein. Der klagende Freistaat (Kläger) verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Erstattung des für das Grundstück erzielten Erlöses unter Abzug eines für die Errichtung des Hauses von F. W. aufgenommenen Kredits, der im Zeitpunkt des Verkaufs noch 3.268,29 DM betrug. Insoweit beantragt der Kläger, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen. Hilfsweise verlangt er von den Beklagten Zahlung von je 2.432,93 DM und Feststellung der Erledigung, höchst hilfsweise Zahlung von je 3.250 DM.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Die Beklagten waren im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten. Gleichwohl ist über die Revison des Klägers nicht durch Versäumnisurteil , sondern durch Endurteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, da sich die Revison auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (Senatsurt. v. 14. Juli 1967,
V ZR 112/64, NJW 1967, 2162, BGH, Urt. v. 10. Februar 1993, XII ZR 239/91, NJW 1993, 143).

II.


Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers wegen des Verkaufs des Grundstücks durch die Beklagten. Es meint, für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch sei auf die Rechtslage am 15. März 1990 abzustellen. An diesem Tag habe H. W. in dem Haus gewohnt. Damit sei die Rückführung des Grundstücks in den Bodenfonds nicht in Betracht gekommen. Daß H. W. vor Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes verstorben sei, führe nicht zu einem Anspruch des Klägers.
Das hält der Nachprüfung stand.

III.


Ansprüche des Klägers wegen der Veräußerung des Grundstücks durch die Beklagten bestehen nicht. Der Kläger hätte ohne die Veräußerung des Grundstücks durch die Beklagten dessen Übertragung nicht verlangen können. Damit scheidet auch ein Anspruch des Klägers aus Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB aus.
1. Durch Art. 233 § 11 ff EGBGB soll die Rechtslage herbeigeführt werden , die bei Aufhebung der Besitzwechselverordnung durch das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom
6. März 1990 (GBl I S. 134) bestanden hätte, sofern die Besitzwechselverordnung und die Rechtsgrundsätze zu ihrer Durchführung von den Behörden der DDR beachtet worden wären. Der zufällig entfaltete oder auch nicht entfaltete Eifer der zuständigen Stellen sollte nicht dazu führen, daû jemandem ein Grundstück verbleibt, dem es nach der Besitzwechselverordnung nicht zufallen konnte, oder daû jemandem ein Grundstück vorenthalten wird, dem es nach der Besitzwechselverordnung zu übertragen war (Senat, BGHZ 132, 71, 76 f; 136, 287, 289; 140, 223, 230 f). War ein Grundstück bei Ablauf des 15. März 1990 in den Bodenfonds zurückzuführen, ist es dem Fiskus des Landes aufzulassen , in dem es belegen ist. In dem Auflassungsanspruch des Fiskus setzt sich die unterlassene Rückführung in den Bodenfonds fort (Senat, BGHZ 132, 71, 78; 136, 283, 289).
Lagen die Voraussetzungen für die Übertragung eines Grundstücks aus der Bodenreform oder seine Rückführung in den Bodenfonds bei Ablauf des 15. März 1990 nicht vor, ist für einen Übertragungsanspruch aus Art. 233 §§ 11, 12 EGBGB kein Raum. So verhält es sich hier. Das Grundstück war F. W. aus dem Bodenfonds zugewiesen worden. Er hatte es bebaut. Nach seinem Tod war H. W. in dem auf dem Grundstück errichteten Wohnhaus verblieben. Nach gebilligter allgemeiner Rechtspraxis zu § 4 Abs. 4 BesWechselVO war es daher nach dem Tod von F. W. nicht in den Bodenfonds zurückzuführen. Hieran hat sich bis zur Aufhebung der Besitzwechselverordnung mit Ablauf des 15. März 1990 nichts geändert.
Seit der Aufhebung der für die Grundstücke aus der Bodenreform geltenden Beschränkungen durch das Gesetz vom 6. März 1990 konnten die Beklagten und H. W. als Miterben nach F. W. über das Grundstück
frei verfügen. War H. W. mit Inkrafttreten des Familiengesetzbuchs am 1. April 1966 Miteigentümerin des Grundstücks in ehelicher Vermögensgemeinschaft geworden (vgl. OG NJ 1970, 249, 250), war nur das hälftige Miteigentum an dem Grundstück Bestandteil des Nachlasses von F. W. . Zur anderen Hälfte war H. W. allein berechtigt. Mit ihrem Tod am 8. Dezember 1990 wurden die Beklagten Miterben auch nach H. W. . Das Grundstück war fortan Bestandteil beider Nachlässe. Seine Rückführung in den Bodenfonds kam nunmehr deshalb nicht in Betracht, weil die Besitzwechselverordnung mit Ablauf des 15. März 1990 aufgehoben war.
Die Rückführung des Grundstücks in den Bodenfonds ist mithin nicht rechtswidrig unterlassen worden. Damit aber ist für eine Nachzeichnung der unterlassenen Rückführung des Grundstücks in den Bodenfonds durch einen Auflassungsanspruch des Klägers kein Raum. Der Rechtserwerb der Beklagten und der Fortbestand ihres Eigentums beruhen nicht auf der Nichtbeachtung der Grundsätze der Besitzwechselverordnung. Auch ohne die Veräuûerung des Grundstücks durch die Beklagten vor dem Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes am 22. Juli 1992 hätte der Kläger die Auflassung des Grundstücks nicht verlangen können. Das steht auch einem Anspruch des Klägers aus Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB entgegen. Der in Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB bestimmte Zahlungsanspruch tritt an die Stelle des Auflassungsanspruchs des Besserberechtigten, soweit der Auflassungsanspruch wegen einer Verfügung des Verpflichteten vor dem 22. Juli 1992 nicht mehr erfüllt werden kann (Senatsurt. v. 5. Dezember 1997, V ZR 179/96, VIZ 1998, 150 f; v. 28. Januar 2000, V ZR 78/99, VIZ 2000, 233 u. v. 26. Mai 2000, V ZR 60/99, VIZ 2000, 613).
2. a) Der Beschluû des Senats vom 28. Februar 1998, V ZR 232/97, WM 1998, 1365 f, der zu einem anderen Ergebnis kommt, beruht auf der Vorstellung des Gesetzgebers, die Grundstücke aus der Bodenreform seien nicht vererblich gewesen; die Erben hätten das Eigentum erst mit Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes erworben. Da diese Annahme sich als unzutreffend herausgestellt hat, ist an dem Beschluû vom 26. Februar 1998 nicht festzuhalten.

b) Der Entscheidung des Senats vom 17. Dezember 1998 (BGHZ 140, 224 ff) ist entgegen der Meinung des Klägers nichts anderes zu entnehmen. Die Erblasserin, die das auf dem betroffenen Grundstück errichtete Haus zusammen mit ihrer Schwägerin bewohnt hatte, war 1987 verstorben. Daû ihre Schwägerin über den Tod der Erblasserin hinaus in dem Haus verblieben war, ist für den in jenem Rechtsstreit geltend gemachten Anspruch aus Art. 233 § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 2 c EGBGB, §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB a.F. ohne Bedeutung. Daû die Erblasserin auch von ihrer Schwägerin beerbt worden sei, war nicht behauptet. Die Möglichkeit der Übertragung eines Hauses auf einem Bodenreformgrundstück auf jemanden, der mit dem Erblasser nicht verwandt, sondern verschwägert war, zeichnet Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht nach.
Wenzel Krüger Klein Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 198/01 Verkündet am:
20. September 2002
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB (1986) Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c, Nr. 2 Buchst. b
Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c, Nr. 2 Buchst. b EGBGB sind entsprechend anzuwenden
, wenn der verstorbene Eigentümer eines Grundstücks aus der Bodenreform
bis Ablauf des 15. März 1990 zwar nicht im Grundbuch eingetragen war, jedoch
in das Grundbuch einzutragen gewesen wäre.
BGH, Urteil vom 20. September 2002 - V ZR 198/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 3. Mai 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zugunsten der Beklagten zu 1 und 2 erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die gerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens und die außergerichtlich in diesem Verfahren der Klägerin, den Beklagten zu 1 und 2 und dem Streithelfer der Beklagten entstandenen Kosten, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die dem Beklagten zu 3 außergerichtlich entstandenen Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um das Eigentum an Grundstücken aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war M. N. als Eigentümer des im Grundbuch von E. Blatt 43 verzeichneten Grundstücks, Flurstücke Nr. 31 b, 31 c, 31 e und 42 der Gemarkung E. , sowie des im Grundbuch von E. Blatt 108 verzeichneten Grundstücks, Flurstück Nr. 395 der Gemarkung N. - E. , eingetragen. Beide Grundstücke waren ihm am 14. Oktober 1945 aus dem Bodenfonds zugeteilt worden. Der Bodenreformvermerk war eingetragen. M. N. verstarb am 7. August 1959. Die Beklagten zu 1 und 2 sind seine Erbeserben.
M. N. vereinbarte am 21. März 1952 den Besitzwechsel auf A. R. . A. R. vereinbarte am 14. April 1959 den Besitzwechsel auf C. und H. M. . H. M. vereinbarte am 21. März 1961 den Besitzwechsel auf W. A. G. (Erblasser). Der Besitzwechsel wurde jeweils bestätigt. Eine Berichtigung des Grundbuchs erfolgte weder anläßlich des mehrfachen Besitzwechsels noch aufgrund des Todes von M. N. .
Der Erblasser verstarb am 30. September 1989. Er wurde von seiner Ehefrau, der Klägerin, und den gemeinsamen Kindern beerbt. Durch Notarvertrag vom 10. Juni 1997 setzten die Erben sich hinsichtlich der Grundstücke dahingehend auseinander, daß sie ihre Ansprüche wegen der Grundstücke auf die Klägerin übertrugen.

Das Flurstück 31 b der Gemarkung E. ist mit einem Wohnhaus bebaut , das bei Ablauf des 15. März 1990 von der Klägerin genutzt wurde. Die Flurstücke 31 c und 42 des im Grundbuch von E. verzeichneten Grundstücks und das im Grundbuch von E. eingetragene Grundstück wurden bei Ablauf des 15. März 1990 landwirtschaftlich genutzt. Die Klägerin meint, Eigentümerin der Grundstücke und besser berechtigt zu sein als die Beklagten. Mit der Klage hat sie die Auflassung des im Grundbuch von E. verzeichneten Grundstücks hinsichtlich der Flurstücke Nr. 31 b, 31 c und 42 der Gemarkung E. sowie des dem Grundbuch von E. eingetragenen Grundstücks verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen, mit der die Klägerin die Verurteilung der Beklagten erstrebt hat, der Berichtigung des Grundbuchs dahin zuzustimmen, daß sie alleinige Eigentümerin der Grundstücke sei. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 (Beklagte) weiter. Die zunächst auch gegenüber dem Beklagten zu 3, der nicht Erbe nach M. N. ist, eingelegte Revision hat sie zurückgenommen. Der Freistaat Sachsen ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch der Klägerin auf Berichtigung des Grundbuchs, weil die Klägerin nicht Eigentümerin der Grundstücke sei. Sie habe mit Inkrafttreten des Familiengesetzbuchs der DDR zwar Miteigentum an den Grundstücken erworben. Dieses habe sie jedoch ebenso wie das gemeinsam mit ihren Kindern beim Tode des Erblassers als Miterbin erworbene weitere Miteigentum mit Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes wieder verloren.

II.


Die Revision hat keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs durch das Berufungsgericht wendet. Die Klägerin ist nicht Eigentümerin der Grundstücke.
Das Eigentum stand zunächst M. N. zu. Von ihm ging es aufgrund von Besitzwechselvereinbarungen auf H. und C. M. über, von diesen auf den Erblasser. Der Eigentumswechsel ist wirksam geworden, weil die Vereinbarungen jeweils von dem Rat des Kreises bestätigt worden waren (BGH, Urt. v. 1. Juni 1994, XII ZR 241/92, WM 1994, 1940, 1942; OG NJ 1970, 249, 250; Staudinger/Rauscher, EGBGB [1996] Vorbem. zu Art 233 §§ 11 – 16 EGBGB Rdn. 5; Strasberg NJ 1970, 251, 252). Daher ist ohne Bedeutung , ob C. M. an der letzten Vereinbarung hätte mitwirken müssen.
Daß die Klägerin schon vor der Übertragung der Grundstücke auf den Erblasser mit diesem verheiratet war und die Grundstücke seit ihrer Übertragung auf den Erblasser mit diesem gemeinsam bewirtschaftete, führte nicht dazu, daß sie das Miteigentum an ihnen erlangt hätte. Eigentümer eines Grundstücks aus der Bodenreform wurde bis zum Inkrafttreten des Familiengesetzbuchs der DDR am 1. April 1966 derjenige, auf den die Übertragung durch die Bestätigung der Vereinbarung des Besitzwechsels erfolgte, oder derjenige, an den die Zuweisung aus dem Bodenfonds vorgenommen wurde. Das war allein der Erblasser. Seine Eigentümerstellung war im Wege der Berichtigung im Grundbuch zu verlautbaren.
Mit Inkrafttreten des Familiengesetzbuchs erwarb die Klägerin zwar gemäß § 4 EGFGB, § 13 Abs. 1 FGB kraft Gesetzes Miteigentum an den Grundstücken (OG NJ 1970, 249, 250). Mit dem Tod des Erblassers ging die ihm verbliebene Mitberechtigung an den Grundstücken auf die Erbengemeinschaft über (vgl. BGH, Urt. v. 19. Juni 2002, IV ZR 270/00, Umdruck S. 6 f, zur Veröffentlichung vorgesehen). Eine Auseinandersetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erfolgte nicht. Ebensowenig erfolgte die Übertragung der Bodenreformwirtschaft auf die Klägerin (§ 4 Abs. 1 BesWechselVO). Als Eigentümer der Grundstücke konnten die Klägerin und ihre Kinder von den Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Erben des Eingetragenen die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs verlangen (§ 409 ZGB, § 13 Abs. 1 bis Abs. 3 GDO).
Mit Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes am 22. Juli 1992 ging das Eigentum an den Grundstücken aber kraft Gesetzes auf die nachverstorbene Rechtsvorgängerin der Beklagten über (Art. 233 § 11
Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 EGBGB). Damit kam eine Berichtigung des Grund- buchs durch Eintragung der Klägerin und ihrer Kinder als Eigentümer der Grundstücke nicht mehr in Betracht. Die mit dem Eigentumsübergang verbundene Enteignung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, soweit sie zur Nachzeichnung einer nach der Besitzwechselverordnung vorzunehmenden, von den Behörden der DDR unterlassenen, Zuordnung des Eigentums dient (Senat, BGHZ 140, 223, 235 ff; Senatsurt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 194/99, WM 2001, 212, 213).

III.


Mit Erfolg macht die Revision jedoch geltend, daß das Berufungsgericht die Klägerin rechtsfehlerhaft veranlaßt hat, die Klage zu ändern und statt der Auflassung die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs zu verlangen. Das Berufungsgericht hat die Klägerin durch Beschluß vom 5. April 2001 auf seine Meinung hingewiesen, daß die Klage mangels Bestimmtheit des Klageantrags unzulässig sei und in der Sache keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Hinweis war unzutreffend und hat die Klägerin zu einer falschen Antragstellung verleitet. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
1. Der in der Berufungsbegründung angekündigte Antrag war auf "Zustimmung zur Auflassung", nach seinem eindeutigen Wortlaut mithin nicht auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs gerichtet. Soweit die Klägerin zur Begründung des Anspruchs geltend gemacht hat, Eigentümerin der Grundstücke zu sein, ergaben sich hieraus keine Zweifel über den Inhalt des
Klageantrags. Die Rechtsprechung hat es nämlich zugelassen, daß der Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs in der Form eines Auflassungsantrags geltend gemacht wird, wenn die gebotetene Auslegung - wie hier - das richtige Rechtsschutzziel erkennen läßt ( vgl. RGZ 139, 353, 355 f; RG SeuffA Nr. 11; RG WarnR 1929 Nr. 44; KG OLGE 15, 344, 345; 19, 285, 286; ferner Erman/Hagen/Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 894 Rdn. 30; MünchKommBGB /Wacke, 3. Aufl., § 894 Rdn. 26; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 894 Rdn.8; RGRK-BGB/Augustin, § 894 Rdn. 33; dagegen Staudinger/Gursky, BGB [1996], § 894 Rdn. 93; Soergel/Stürner, BGB, 10. Aufl. § 894 Rdn. 21).
2. Die Beklagten schulden der Klägerin auch die Auflassung der Grundstücke. Der Auflassungsanspruch ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von Art. 233 § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c, Nr. 2 Buchst. b EGBGB.

a) Auf dem Flurstück 31 b der Gemarkung E. befindet sich das Hofgebäude , das die Klägerin zusammen mit dem Erblasser bewohnt hatte. Aus diesem Grund war das Grundstück nach dem Tod des Erblassers nicht in den Bodenfonds zurückzuführen (Senatsurt. v. 3. Mai 2002, V ZR 217/01, NJW 2002, 2241). Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c EGBGB zeichnet dies dadurch nach, daß der Erbe des Begünstigten ein bis zum Ablauf des 15. März 1990 zu eigenen Wohnzwecken genutztes Grundstück nicht aufzulassen hat und von einem Dritten die Auflassung verlangen kann, auf den das Eigentum oder das Miteigentum mit Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes übertragen worden ist.
Voraussetzung des Auflassungsanspruchs des Erben aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c EGBGB ist, daß der verstorbene Begünstigte bei Ablauf des 15. März 1990 im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Daran fehlt es. Das steht dem Anspruch der Klägerin jedoch nicht entgegen. Das Flurstück kann weder den Beklagten verbleiben, noch ist ihr Streithelfer berechtigt, seine Auflassung zu verlangen. Es liegt eine Regelungslücke vor, die in entsprechender Anwendung von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c EGBGB zu schließen ist.
aa) Die Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform von Art. 233 §§ 11 ff EGBGB bezwecken durch die Anknüpfung an den Grundbuchstand die Klärung der im Bereich des Eigentums an Grundstücken aus der Bodenreform vielfach vernachlässigten Grundbucheintragungen (Gollasch/Kröger, VIZ 1992, 196; Kahlke NJ 1995, 291) und wollen die Unterlassungen der Behörden der DDR bei der Zuordnung des Eigentums nach den Grundsätzen der Besitzwechselverordnung nachholen. Die Anknüpfung an den Grundbuchstand bei Ablauf des 15. März 1990 darf daher nicht dazu führen, daß die Auflassungsberechtigung in Art. 233 § 12 Abs. 2 EGBGB mit dem Ziel der Regelungen, die Übertragungsvorschriften der Besitzwechselverordnung nachzuzeichnen und damit an die materielle Rechtslage anzuknüpfen, nicht in Einklang steht. Die durch Art. 233 § 11 Abs. 2 Nr. 2 Fall 1 EGBGB bewirkte Übertragung des Eigentums hätte andernfalls zu einer Enteignung geführt, die keinen Grund im allgemeinen Wohl findet.
bb) Die Eintragung des Eigentümers war für die Frage nach der Wirksamkeit des Erwerbs oder des Verlustes des Eigentums an den Grundstücken aus der Bodenreform unter der Geltung der Bodenreformvorschriften ohne Be-
deutung, weil die Grundstücke nicht rechtsgeschäftlich übertragen werden konnten. Die auch nach dem Recht der DDR vorzunehmende Berichtigung war rein formaler Natur. Das kann bei der Bereinigung und der vom Gesetz verfolgten Nachzeichnung nicht außer acht gelassen werden. Das Eigentum an den Grundstücken aus der Bodenreform muß nach Art. 233 §§ 11 ff EGBGB letztlich an denjenigen übertragen werden, der es bei Beachtung der Grundsätze der Besitzwechselverordnung oder der Handhabung der Verordnung durch die Behörden der DDR hätte erhalten müssen. Entscheidend ist nicht die Grundbuchposition, sondern das materielle Eigentum. Die Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform dürfen daher nicht dazu führen, daß ein Grundstück an den Fiskus aufzulassen ist, obwohl es bei Ablauf des 15. März 1990 nicht in den Bodenfonds zurückzuführen war (Senatsurt. v. 7. Februar 1997, V ZR 107/96, WM 1997, 785, 786; v. 3. Mai 2002, aaO), oder daß es bei jemanden verbleibt, der am Stichtag in keiner Beziehung zu dem Grundstück stand, die ihm ein Recht an dem Grundstück gewährte. Da andererseits Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c EGBGB diesen Fall nicht regelt, sondern an den im Grundbuch eingetragenen Eigentümer anknüpft, besteht eine Regelungslücke , die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschriften zu schließen ist, damit das Ziel von Art. 233 §§ 11 ff EGBGB, die Zuteilungsvorschriften der Besitzwechselverordnung nachzuzeichnen, erreicht wird. Das führt dazu, daß die Auflassung auch an den Erben zu erfolgen hat, der ein auf dem Grundstück errichtetes Haus bei Ablauf des 15. März 1990 bewohnt hat, wenn der Erblasser zwar nicht im Grundbuch eingetragen war, jedoch einzutragen gewesen wäre. So liegt der Fall hier.
cc) Mit der Bestätigung der zwischen dem Erblasser und H. R. geschlossenen Besitzwechselvereinbarung durch den Rat des Kreises wäre
der Erblasser in das Grundbuch einzutragen gewesen. Mithin kann das am 22. Juli 1992 kraft Gesetzes den Beklagten übertragene Eigentum an dem Grundstück nicht bei ihnen verbleiben. Sie müssen es vielmehr der Klägerin als der "Besserberechtigten" auflassen, weil sie das Grundstück über den Tod des Erblassers hinaus bis zur Aufhebung der Besitzwechselverordnung bewohnt hat. Der Streithelfer der Beklagten, der Fiskus, ist dagegen nicht berechtigt, die Auflassung des Grundstücks zu verlangen, weil es bei Ablauf des 15. März 1990 von der Klägerin bewohnt wurde und daher nicht in den Bodenfonds zurückzuführen war (Senatsurt. v. 7. Februar 1997, V ZR 107/96, aaO; v. 3. Mai 2002, V ZR 217/01, aaO).

b) Entsprechend verhält es sich mit den Flurstücken 31 c und 42 der Gemarkung E. und dem im Grundbuch von E. verzeichneten Grundstück , die bei Ablauf des 15. März 1990 landwirtlich genutzt wurden. Die Schläge waren nach dem Tod des Erblassers nicht in den Bodenfonds zurückzuführen , weil die Klägerin und ihre Tochter H. G. im Sinne von §§ 1, 3 BesWechselVO zuteilungsfähig waren. Die Beklagten haben daher in entsprechender Anwendung von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EGBGB die Grundstücke der Klägerin und ihrer Tochter aufzulassen, weil der Erblasser am Stichtag zwar nicht im Grundbuch eingetragen war, jedoch einzutragen gewesen wäre. Da H. G. ihren Anspruch auf Auflassung zu Miteigentum an die Klägerin abgetreten hat, ist die Klägerin alleinige Berechtigte.

IV.


Die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht geben der Klägerin Gelegenheit, ihre Anträge der rechtlichen Situation anzupassen. Zugleich erhalten die Beklagten die Möglichkeit, sich mit ihrem Verteidigungsvorbringen hierauf einzurichten.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)