Bundesgerichtshof Urteil, 16. Jan. 2004 - V ZR 449/02

bei uns veröffentlicht am16.01.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 449/02 Verkündet am:
16. Januar 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB 1986 Art. 233 § 12 Abs. 3
Für die Zuteilungsfähigkeit kommt es auf die Frage nicht an, ob ein Antrag auf Aufnahme
in eine LPG gestellt worden ist, wenn der Antrag nicht vor dem 6. März 1990
gestellt werden konnte.
BGH, Urt. v. 16. Januar 2004 - V ZR 449/02 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Januar 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten wird unter Zurückweisung im übrigen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. Dezember 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung, dem Kläger die Grundstücke der Gemarkung Haage, Flur 2, Flurstück 83 (Größe: 827 qm), Flur 3, Flurstück 21 (Größe: 5.416 qm), Flur 3, Flurstück 121 (Größe: 16.298 qm), Flur 3, Flurstück 122 (Größe: 8.818 qm), Flur 3, Flurstück 124 (Größe: 2.092 qm), Flur 3, Flurstück 191 (Größe: 23.052 qm), Flur 3, Flurstück 236 (Größe: 48.127 qm), Flur 1, Flurstück 36/1 (Größe: 47.330 qm) aufzulassen und die Eintragung des Klägers in das Grundbuch zu bewilligen, zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 25. Oktober 2001 abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um Grundstücke aus der Bodenreform.
Die Grundstücke waren zunächst dem Vater der Beklagten, E. T. , aus dem Bodenfonds zugewiesen worden. E. T. und die Mutter der Beklagten, C. T. (Erblasserin), wurden Mitglieder der örtlichen LPG. Nach dem Tod von E. T. wurden die Grundstücke auf die Erblasserin übertragen. 1983 wurde sie in das Grundbuch eingetragen. Als Grundlage der Eintragung wurde der Erwerb durch Nachtragsprotokoll vermerkt.
Die Erblasserin verstarb am 24. Februar 1990. In ihrem am 6. März 1990 eröffneten Testament hatte sie die Beklagte zu ihrer alleinigen Erbin bestimmt. Eine Berichtigung des Grundbuchs erfolgte bis zum Ablauf des 15. März 1990 nicht.
Die Beklagte war von 1969 bis 1975 für eine andere LPG und fortan für eine KAP arbeitstätig. Aufgrund Kündigung der KAP endete ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30. Juni 1985. Sie erkrankte im Dezember 1985 und ist seitdem nicht mehr arbeitsfähig. Bis zum Beginn ihres Rentenbezugs im November 1990 lebte sie von dem Einkommen ihres Ehemannes, der als LPG-Mitglied in der Landwirtschaft tätig war. Auch ein Sohn der Beklagten war 1990 in der Landwirtschaft tätig.
Das klagende Land (Kläger) verlangt die Auflassung der Grundstücke. Die Beklagte hat ihre Zuteilungsfähigkeit eingewandt und geltend gemacht, sie habe mehrfach ihre Aufnahme in die LPG beantragt. Ihre Anträge seien abge-
lehnt worden, weil sie im Hinblick auf die Einbringung der Grundstücke in die LPG durch ihren Vater bzw. ihre Mutter über kein Land verfügt habe. Zusammen mit ihrem Mann und ihrem Sohn habe sie nach dem Tod der Erblasserin als Wiedereinrichterin einen landwirtschaftlichen Betrieb führen wollen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Auflassungsanspruch des Klägers. Es meint, die Beklagte sei nicht zuteilungsfähig. Beim Tod ihrer Mutter sei sie nicht mehr in der Landwirtschaft tätig gewesen. Daß sie bis zur Beendigung ihrer Berufstätigkeit mehr als zehn Jahre in der Landwirtschaft gearbeitet habe und danach keinen anderen Tätigkeiten mehr nachgegangen sei, führe nicht zur Zuteilungsfähigkeit der Beklagten. Zuteilungsfähig im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 2. Alt. EGBGB sei nämlich nur, wer wegen Alters oder Krankheit nach mehr als zehnjähriger Tätigkeit in der Landwirtschaft aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei. So verhalte es sich bei der Beklagten nicht. Ihr sei vielmehr im Zuge der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zu der KAP ein Arbeitsplatz außerhalb der Landwirtschaft angeboten worden. Daß sie die Aufnahme dieser Tätigkeit abgelehnt habe, könne nicht zu einem rechtlichen Vor-
teil führen. Daß sie zusammen mit ihrem Mann und ihrem Sohn einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb habe führen wollen, sei rechtlich ohne Bedeutung.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung im wesentlichen nicht stand.

II.


1. Die Klage ist nicht begründet, soweit der Kläger von der Beklagten die Auflassung der der Erblasserin übertragenen landwirtschaftlichen Nutzflächen verlangt. Insoweit fehlt es an einer besseren Berechtigung des Klägers im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB.
Art. 233 §§ 11, 12 EGBGB zeichnen die Zuteilungs- und Übertragungsgrundsätze der BesitzwechselVO nach (st. Rechtspr., vgl. Senat, BGHZ 132, 71, 77; 146, 223, 234; Urt. v. 7. Februar 1997, V ZR 107/96, WM 1997, 785, 786 und v. 17. Juli 1998, V ZR 117/97, WM 1998, 2205, 2206). Soweit ein Grundstück hiernach in den Bodenfonds zurückzuführen war und die Rückführung unterlassen worden ist, hat seine Übertragung auf den Fiskus zu erfolgen. Im Auflassungsanspruch des Fiskus setzt sich die unterlassene Rückführung in den Bodenfonds fort (Senat, BGHZ 132, 71, 78; 136, 283, 289; Urt. v. 21. November 1997, V ZR 137/96, WM 1998, 405, 407; und v. 17. Juli 1998, V ZR 117/97, aaO). War ein Grundstück bei der Aufhebung der Besitzwechselverordnung mit Ablauf des 15. März 1990 nicht in den Bodenfonds zurückzuführen , ist für einen Auflassungsanspruch des Fiskus kein Raum (Senatsurt. v. 7. Februar 1997, V ZR 107/96, aaO; v. 4. Mai 2001, V ZR 21/00, WM 2001, 1902; v. 3. Mai 2002, V ZR 217/01, NJW 2002, 2241 und v. 13. Dezember
2002, V ZR 358/01, ZfIR 2003, 340). So verhält es sich mit den von der Be- klagten geerbten landwirtschaftlichen Nutzflächen.
Der Übertragung der Grundstücke auf die Beklagte gem. § 4 Abs. 1 BesitzwechselVO stand nach dem Tod der Erblasserin allerdings entgegen, daß die Beklagte zu ihrer Bewirtschaftung nicht mehr in der Lage war. Auch eine mittelbare Bewirtschaftung der Grundstücke durch die Beklagte als Mitglied einer LPG (vgl. Senatsurt. v. 11. April 2003, V ZR 366/02, VIZ 2003, 441, 442) schied aus, weil mit dem Tod der Erblasserin zwar die Landlosigkeit der Beklagten als Hindernis für ihre Aufnahme in die LPG entfallen war, ihre Aufnahme jedoch wegen ihrer Erkrankung nicht in Betracht kam. Trotzdem waren die landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht aus dem Nachlaß in den Bodenfonds zurückzuführen, weil die Beklagte als Erbin von C. T. gem. § 4 Abs. 1, 3 BesitzwechselVO die Übertragung der Grundstücke auf einen Verwandten der Erblasserin verlangen konnte, der die Voraussetzungen der zweckentsprechenden Nutzung der Grundstücke erfüllte. Ob der Ehemann der Beklagten als Verwandter der Erblasserin im Sinne von § 4 Abs. 1 BesitzwechselVO anzusehen ist, kann dahingestellt bleiben. Der Sohn der Beklagten ist es ohne weiteres. Daß er seine Tätigkeit in der Landwirtschaft auch am 15. März 1990 ausübte, hat der Kläger nicht in Abrede gestellt. Daß er bis zum Ablauf des 15. März 1990 keinen Antrag auf Aufnahme in die LPG gestellt hat, ist ohne Bedeutung. Einen solchen Antrag hätte er frühestens nach der Eröffnung des Testaments der Erblasserin am 6. März 1990 stellen können. An diesem Tag hatte die Volkskammer das Landwirtschaftsanpassungsgesetz beschlossen und damit die Beendigung der kollektiven Landwirtschaft in der DDR eingeleitet. Seit diesem Zeitpunkt kann ein Antrag auf Aufnahme in eine LPG als Voraussetzung der Übertragung landwirtschaftlicher Nutzflächen gem. § 3
Abs. 1 BesitzwechselVO nicht mehr verlangt werden (vgl. Senatsurt. v. 4. Mai 2001, V ZR 21/00, WM 2001, 1902, 1903).
2. Anders verhält es sich hinsichtlich des Flurstücks 36/2 der Flur 1. Bei diesem Grundstück handelt es sich nicht um ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück, sondern um eine Straßenverkehrsfläche. Nach Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB schuldet die Beklagte dem Kläger die Auflassung dieses Grundstücks und die Bewilligung zu seiner Eintragung in das Grundbuch. Art. 233 § 12 Nr. 2 Buchst. c EGBGB bildet einen Auffangtatbestand, nach dem alle Grundstücke an den Fiskus des Landes aufzulassen sind, in dem sie belegen sind, die nicht zu landwirtschaftlichen oder zu Wohnzwecken genutzt worden sind (Senat, BGHZ 132, 71, 78).
Das 294 qm große Flurstück 36/2 ist nach den vorgelegten Grundbuchauszügen aus dem früher als Flurstück 8/20 bezeichneten Waldgrundstück durch Teilung hervorgegangen. Das kann der Senat selbst feststellen, weil weiteres Vorbringen der Parteien hierzu nicht zu erwarten ist. Das Grundstück hätte vor seiner Inanspruchnahme für die Fernstraße 188 in den Bodenfonds zurückgeführt und aus diesem in Volkseigentum im allgemeinen Sinne überführt werden müssen. Das ist unterlassen worden. Die unterlassene Rückführung führt zu einem Auflassungsanspruch des Klägers.
Die von der Beklagten gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 233 §§ 11 ff. EGBGB und ihre Vereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention erhobenen Bedenken greifen insoweit schon deshalb nicht durch, weil es sich bei dem Grundstück nicht um ein Grundstück handelt, das durch die Aufhebung der Beschränkungen, die für die Grundstücke aus der
Bodenreform bis zum Inkrafttreten des Gesetzes über die Rechtsstellung der Eigentümer an Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 galten, in freies Eigentum überführt werden sollte. Zweck dieses Gesetzes war es, die einer freien landwirtschaftlichen Nutzung entgegenstehenden Beschränkungen der Bodenreformverordnungen zu beseitigen. Damit hat die Nachzeichnung der wegen seiner Inanspruchnahme als Straßenverkehrsfläche gebotenen Rückführung eines Grundstücks in den Bodenfonds durch den geltend gemachten Auflassungsanspruch nichts zu tun (vgl. Senatsurt. v. 22. März 2002, V ZR 192/01, VIZ 2002, 483).

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Das Unterliegen der Beklagten ist verhältnismäßig geringfügig und veranlaßte keine besonderen Kosten.
Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 16. Jan. 2004 - V ZR 449/02

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um
Bundesgerichtshof Urteil, 16. Jan. 2004 - V ZR 449/02 zitiert 1 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


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bei uns veröffentlicht am 22.03.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 192/01 Verkündet am: 22. März 2002 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 217/01 Verkündet am: 3. Mai 2002 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Dez. 2002 - V ZR 358/01

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 358/01 Verkündet am: 13. Dezember 2002 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

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bei uns veröffentlicht am 04.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 21/00 Verkündet am: 4. Mai 2001 K a n i k , Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2003 - V ZR 366/02

bei uns veröffentlicht am 11.04.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 366/02 Verkündet am: 11. April 2003 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 21/00 Verkündet am:
4. Mai 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
EGBGB 1986 Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3
Bei einem im Herbst 1989 oder später eingetretenen Erbfall reicht es für die Feststellung
der Zuteilungsfähigkeit des Erben hin, daß er seinen Lebensunterhalt in
erheblichem Umfang durch eine landwirtschaftliche Tätigkeit verdient und vor Ablauf
des 15. März 1990 seinen Willen zu einem Eintritt in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft
bekundet hat.
BGH, Urt. v. 4. Mai 2001 - V ZR 21/00 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 25. November 1999 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um Zahlungs- und Übertragungspflichten wegen eines Grundstücks aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war K. H. als Eigentümer des im Grundbuch von G. Blatt Nr. v erzeichneten aus mehreren Flurstücken bestehenden Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück war ihm aus dem Bodenfonds zugewiesen worden. K. H. hatte es in eine LPG eingebracht. Er verstarb am 10. Dezember 1989. Er wurde von seiner
Tochter, der Beklagten, beerbt. Sie war als Verkäuferin teilzeitbeschäftigt. Daneben zog sie Schweine auf und baute Obst und Gemüse an. Am 21. Juni 1990 erteilte ihr das Staatliche Notariat P. einen Erbschein, der ihre alleinige Rechtsnachfolge nach dem Verstorbenen ausweist.
Durch Vertrag vom 3. März 1992 verkaufte sie eines der ererbten Flurstücke für 525.825 DM an das klagende Land (im folgenden: Kläger). Der Kaufpreis wurde bezahlt; der Kläger wurde als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten Rückzahlung des Kaufpreises und Auflassung des in ihrem Eigentum verbliebenen restlichen Grundstücks. Die Beklagte hat ihre bessere Berechtigung behauptet und geltend gemacht, der im Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe sich nicht auf das an den Kläger verkaufte Flurstück bezogen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat ihr das Oberlandesgericht stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht stellt fest, der in das Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe das an den Kläger veräußerte Flurstück umfaßt. Es meint, die Beklagte habe den für das verkaufte Flurstück bezahlten Kaufpreis nach Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB dem Kläger zu erstatten und ihm gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB das restliche Grundstück aufzulassen.
Der Kläger sei im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB besser berechtigt als die Beklagte. Diese sei nicht zuteilungsfähig, weil sie vor Ablauf des 15. März 1990 weder einen Antrag auf Zuteilung des Bodenreformgrundstücks beim Rat des Kreises gestellt habe, noch Mitglied einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft gewesen sei oder einen schriftlichen Antrag auf Aufnahme in eine solche Genossenschaft gestellt habe. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die von ihr neben ihrer Teilzeitbeschäftigung als Verkäuferin ausgeübte Tätigkeit als Tätigkeit in der Landwirtschaft im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB zu bewerten sei.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , der in das Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe das dem Kläger verkaufte Flurstück umfaßt. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch die Zuteilungsfähigkeit der Beklagten im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 1. Altern. EGBGB verneint. Bei einem im Herbst 1989 oder später eingetretenen Erbfall reicht es für die Feststellung der Zuteilungsfähigkeit hin, daß der Erbe seinen Lebensunterhalt in erheblichem Umfang durch eine landwirtschaftliche Tätigkeit verdient hat und vor Ablauf des 15. März 1990 seinen Willen zu einem Eintritt in eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft bekundet hat.

Ziel der durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch eingefügten Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform ist es, im Wege pauschalierter Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung die Grundstücke aus der Bodenreform demjenigen zukommen zu lassen, dem sie bei ordnungsgemäßen Handeln der Behörden der DDR zu übertragen waren. Fehlte es nach den Grundsätzen der Besitzwechselverordnung an einem Berechtigten , waren die Grundstücke in den Bodenfonds zurückzuführen. Ist die Rückführung zu Unrecht unterblieben, sind die Grundstücke nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB dem Fiskus des Landes aufzulassen, in dem sie belegen sind. Im Übertragungsanspruch des Fiskus setzt sich die unterlassene Rückführung fort (st. Rechtspr., vgl. Senat, BGHZ 132, 71, 78; 136, 283, 289). Waren die Voraussetzungen der Besitzwechselverordnung für die Rückführung eines Grundstücks in den Bodenfonds nicht gegeben, scheidet ein Anspruch des Fiskus auf Auflassung aus. So verhält es sich im vorliegenden Falle auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten.

a) Ohne Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits ist, daß die Beklagte bis zum Ablauf des 15. März 1990 keinen Antrag auf Übertragung des Grundstücks an den Rat des Kreises gestellt hatte. Bei der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung stellt Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB hinsichtlich der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzflächen allein darauf ab, ob diese Flächen nach der Besitzwechselverordnung einem Erben des verstorbenen Begünstigten zugewiesen oder übergeben waren, der Erbe zuteilungsfähig war, oder ob sie in den Bodenfonds zurückzuführen waren. Der Frage, ob der Erbe vor Ablauf des 15. März 1990 einen Übertragungsantrag an
den Rat des Kreises gestellt hatte, kommt bei der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung und damit der Feststellung der Berechtigung eines Erben nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, Buchst. b, Abs. 3 EGBGB keine Bedeutung zu.

b) Die Zuteilungsfähigkeit der Beklagten kann auch nicht deshalb verneint werden, weil sie vor dem 16. März 1990 keinen schriftlichen Antrag auf Aufnahme in eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gestellt hatte.
Die Übertragung des Rechts zur Bewirtschaftung eines landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücks aus der Bodenreform auf einen Erben des Begünstigten setzte nach § 4 Abs. 1 BesitzwechselVO voraus, daß der Erbe das Grundstück "zweckentsprechend" nutzen würde. Diese Voraussetzung war, wie der Gegenschluß aus § 3 Abs. 1 Satz 1 BesitzwechselVO ergibt, nur gegeben, wenn der Erbe Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war. Das hat den Senat veranlaßt, als Voraussetzung für die Zuteilungsfähigkeit eines Erben im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB die Mitgliedschaft in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zu verlangen. Für die Übertragung einer Bodenreformwirtschaft genügte allerdings nach einhelliger Auffassung der Rechtslehre der DDR, daß der Erbe die LPG-Mitgliedschaft erst nach dem Erbfall erwarb (Schietsch, NJ 1965, 564, 565; Arlt/Rohde, Bodenrecht , 1967, 355; Hähnert/Richter/Rohde u.a., LPG-Recht, 1984, S. 46 ff). Dem hat der Senat dadurch Rechnung getragen, daß er als zuteilungsfähig auch denjenigen angesehen hat, der bei Ablauf des 15. März 1990 zwar nicht Mitglied einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war, aber einen Antrag auf Aufnahme gestellt hatte, aus dem sich seine Bereitschaft zum Ein-
tritt in eine solche ergab (Senat, BGHZ 136, 283, 292). Noch nicht entschieden hat der Senat dagegen die Frage, ob es ausreicht, daß der Erbe seine Bereitschaftet in eine LPG einzutreten, auch auf andere Weise bekundet hat. Dies ist für einen Erbfall, der in der Zeit der Wende in der DDR eingetreten ist, zu bejahen.
Die Mitgliedschaft des Erben in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft oder ein Antrag auf Aufnahme in eine solche dürfen in einem solchen Fall nicht als Voraussetzung der Zuteilungsfähigkeit verlangt werden. Eine andere Auffassung würde die tatsächliche Situation in der DDR in dieser Zeit nicht berücksichtigen, dem Erben keine Zeit lassen, einen Entschluß zu bilden, und zur Übertragung von Grundstücken an den Fiskus führen, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, daß sie in den Bodenfonds zurückgeführt worden wären. Daß der Erbe eines Begünstigten, der im Herbst 1989 oder im Winter 1989/1990 verstorben ist, bei Ablauf des 15. März 1990 keinen Antrag auf Aufnahme in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gestellt hatte, braucht nicht auf Desinteresse an der Nachfolge in die Bodenreformwirtschaft zu beruhen, sondern kann der üblichen Behandlung der Nachfolge in die Bodenreformgrundstücke entsprechen. Nicht selten ist dem Erben, wie die Beklagte behauptet, auch geraten worden, mit einem Antrag auf Aufnahme in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft zuzuwarten. Schließlich kann die Antragstellung im Hinblick auf den politischen und wirtschaftlichen Umbruch in der DDR unterblieben sein. Dies darf nicht dazu führen , einem Erben Grundstücke zu nehmen, die ihm ohne die Aufhebung der Besitzwechselverordnung und ohne die Ä nderung der Verhältnisse in der DDR zugeteilt worden wären.
Ist der Erbfall im Herbst 1989 oder später eingetreten, muß es zur Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung daher als hinreichend angesehen werden, daß der Erbe seinen Lebensunterhalt zu einem erheblichen Teil durch eine Tätigkeit in der Landwirtschaft verdient und seinen Entschluß zu erkennen gegeben hat, in eine LPG einzutreten. Hiervon ist auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten auszugehen. Sie hat behauptet , im Januar 1990 den ökonomischen Leiter der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, in der ihr Vater Mitglied war, wegen des von ihr beabsichtigten Eintritts in die Genossenschaft und der Übertragung des Grundstücks angesprochen zu haben. Der Angesprochene habe ihr geraten, zunächst einen Erbschein zu erwirken und erst dann einen Antrag auf Aufnahme in die Genossenschaft zu stellen.

c) Ohne Bedeutung ist auch, daß die Beklagte bei Ablauf des 15. März 1990 neben ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft auch als Verkäuferin tätig war. Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB hat zum Ziel, in pauschalierter Form die von der Besitzwechselverordnung für eine Nachfolge in die Bodenreformwirtschaft verlangte Eignung des Erben zur Bewirtschaftung der Grundstücke nachzuzeichnen. Als Voraussetzung dieser Eignung bedurfte es nach der Besitzwechselverordnung keiner ausschließlichen Tätigkeit des Erben in der Land- oder Forstwirtschaft. Dem ist im Rahmen der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze Rechnung zu tragen. Eine ausschließliche Tätigkeit in diesen Wirtschaftszweigen kann nicht verlangt werden. Zuteilungsfähig ist vielmehr auch, wer seinen Lebensunterhalt zu einem erheblichen Teil durch eine solche Tätigkeit verdient hat. Hierzu hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe schon zu Lebzeiten ihres Vaters ihren Lebensunterhalt zum größeren Teil durch die Mast von Jungschweinen und die Erzeugung von Obst und Gemüse verdient.

3. Zu einer abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits ist der Senat nicht in der Lage, weil das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, zu den maßgeblichen Gesichtspunkten keine Feststellungen getroffen hat. Rein vorsorglich weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Berechtigung des Klägers aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB der von der Beklagten aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EGBGB in Anspruch genommenen Berechtigung nachgeht. Zur Abwehr der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche obliegt es daher nicht der Beklagten, ihre bessere Berechtigung beweisen, sondern es obliegt dem Kläger , den Beweis der Unrichtigkeit des Vorbringens der Beklagten zu führen.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 217/01 Verkündet am:
3. Mai 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB 1986 Art. 233 § 16 Abs. 2
Ein Zahlungsanspruch des Fiskus aus Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB besteht
nur, wenn das Grundstück, über das der Verpflichtete vor Inkrafttreten des Zweiten
Vermögensrechtsänderungsgesetzes verfügt hat, bei Ablauf des 15. März 1990 in
den Bodenfonds zurückzuführen war (Abweichung vom Senatsbeschl. v. 26. März
1998, V ZR 232/97, VIZ 1998, 387).
BGH, Urt. v. 3. Mai 2002 - V ZR 217/01 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Mai 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Mai 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um eine Zahlungsverpflichtung im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Grundstücks aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war F. W. als Eigentümer des Grundstücks eingetragen. Das Grundstück war ihm aus dem Bodenfonds zugewiesen worden, der Bodenreformvermerk war eingetragen. F. W. errichtete auf dem Grundstück für sich und seine Familie ein Wohnhaus. Er starb am 22. April 1969 und wurde von seiner Ehefrau H. W. und seinen vier Kindern, den Beklagten, beerbt. H. W. verblieb in dem auf dem Grund-
stück errichteten Wohnhaus. Sie starb am 8. Dezember 1990. Die Beklagten sind auch ihre Erben.
Durch Notarvertrag vom 30. August 1991 verkauften sie das Grundstück für 13.000 DM und ließen es den Erwerbern auf. Der Antrag auf deren Eintragung ging am 1. Oktober 1991 beim Grundbuchamt ein. Der klagende Freistaat (Kläger) verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern die Erstattung des für das Grundstück erzielten Erlöses unter Abzug eines für die Errichtung des Hauses von F. W. aufgenommenen Kredits, der im Zeitpunkt des Verkaufs noch 3.268,29 DM betrug. Insoweit beantragt der Kläger, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen. Hilfsweise verlangt er von den Beklagten Zahlung von je 2.432,93 DM und Feststellung der Erledigung, höchst hilfsweise Zahlung von je 3.250 DM.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision verfolgt er seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Die Beklagten waren im Verhandlungstermin vor dem Senat nicht vertreten. Gleichwohl ist über die Revison des Klägers nicht durch Versäumnisurteil , sondern durch Endurteil (unechtes Versäumnisurteil) zu entscheiden, da sich die Revison auf der Grundlage des von dem Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts als unbegründet erweist (Senatsurt. v. 14. Juli 1967,
V ZR 112/64, NJW 1967, 2162, BGH, Urt. v. 10. Februar 1993, XII ZR 239/91, NJW 1993, 143).

II.


Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch des Klägers wegen des Verkaufs des Grundstücks durch die Beklagten. Es meint, für den von dem Kläger geltend gemachten Anspruch sei auf die Rechtslage am 15. März 1990 abzustellen. An diesem Tag habe H. W. in dem Haus gewohnt. Damit sei die Rückführung des Grundstücks in den Bodenfonds nicht in Betracht gekommen. Daß H. W. vor Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes verstorben sei, führe nicht zu einem Anspruch des Klägers.
Das hält der Nachprüfung stand.

III.


Ansprüche des Klägers wegen der Veräußerung des Grundstücks durch die Beklagten bestehen nicht. Der Kläger hätte ohne die Veräußerung des Grundstücks durch die Beklagten dessen Übertragung nicht verlangen können. Damit scheidet auch ein Anspruch des Klägers aus Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB aus.
1. Durch Art. 233 § 11 ff EGBGB soll die Rechtslage herbeigeführt werden , die bei Aufhebung der Besitzwechselverordnung durch das Gesetz über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom
6. März 1990 (GBl I S. 134) bestanden hätte, sofern die Besitzwechselverordnung und die Rechtsgrundsätze zu ihrer Durchführung von den Behörden der DDR beachtet worden wären. Der zufällig entfaltete oder auch nicht entfaltete Eifer der zuständigen Stellen sollte nicht dazu führen, daû jemandem ein Grundstück verbleibt, dem es nach der Besitzwechselverordnung nicht zufallen konnte, oder daû jemandem ein Grundstück vorenthalten wird, dem es nach der Besitzwechselverordnung zu übertragen war (Senat, BGHZ 132, 71, 76 f; 136, 287, 289; 140, 223, 230 f). War ein Grundstück bei Ablauf des 15. März 1990 in den Bodenfonds zurückzuführen, ist es dem Fiskus des Landes aufzulassen , in dem es belegen ist. In dem Auflassungsanspruch des Fiskus setzt sich die unterlassene Rückführung in den Bodenfonds fort (Senat, BGHZ 132, 71, 78; 136, 283, 289).
Lagen die Voraussetzungen für die Übertragung eines Grundstücks aus der Bodenreform oder seine Rückführung in den Bodenfonds bei Ablauf des 15. März 1990 nicht vor, ist für einen Übertragungsanspruch aus Art. 233 §§ 11, 12 EGBGB kein Raum. So verhält es sich hier. Das Grundstück war F. W. aus dem Bodenfonds zugewiesen worden. Er hatte es bebaut. Nach seinem Tod war H. W. in dem auf dem Grundstück errichteten Wohnhaus verblieben. Nach gebilligter allgemeiner Rechtspraxis zu § 4 Abs. 4 BesWechselVO war es daher nach dem Tod von F. W. nicht in den Bodenfonds zurückzuführen. Hieran hat sich bis zur Aufhebung der Besitzwechselverordnung mit Ablauf des 15. März 1990 nichts geändert.
Seit der Aufhebung der für die Grundstücke aus der Bodenreform geltenden Beschränkungen durch das Gesetz vom 6. März 1990 konnten die Beklagten und H. W. als Miterben nach F. W. über das Grundstück
frei verfügen. War H. W. mit Inkrafttreten des Familiengesetzbuchs am 1. April 1966 Miteigentümerin des Grundstücks in ehelicher Vermögensgemeinschaft geworden (vgl. OG NJ 1970, 249, 250), war nur das hälftige Miteigentum an dem Grundstück Bestandteil des Nachlasses von F. W. . Zur anderen Hälfte war H. W. allein berechtigt. Mit ihrem Tod am 8. Dezember 1990 wurden die Beklagten Miterben auch nach H. W. . Das Grundstück war fortan Bestandteil beider Nachlässe. Seine Rückführung in den Bodenfonds kam nunmehr deshalb nicht in Betracht, weil die Besitzwechselverordnung mit Ablauf des 15. März 1990 aufgehoben war.
Die Rückführung des Grundstücks in den Bodenfonds ist mithin nicht rechtswidrig unterlassen worden. Damit aber ist für eine Nachzeichnung der unterlassenen Rückführung des Grundstücks in den Bodenfonds durch einen Auflassungsanspruch des Klägers kein Raum. Der Rechtserwerb der Beklagten und der Fortbestand ihres Eigentums beruhen nicht auf der Nichtbeachtung der Grundsätze der Besitzwechselverordnung. Auch ohne die Veräuûerung des Grundstücks durch die Beklagten vor dem Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes am 22. Juli 1992 hätte der Kläger die Auflassung des Grundstücks nicht verlangen können. Das steht auch einem Anspruch des Klägers aus Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB entgegen. Der in Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB bestimmte Zahlungsanspruch tritt an die Stelle des Auflassungsanspruchs des Besserberechtigten, soweit der Auflassungsanspruch wegen einer Verfügung des Verpflichteten vor dem 22. Juli 1992 nicht mehr erfüllt werden kann (Senatsurt. v. 5. Dezember 1997, V ZR 179/96, VIZ 1998, 150 f; v. 28. Januar 2000, V ZR 78/99, VIZ 2000, 233 u. v. 26. Mai 2000, V ZR 60/99, VIZ 2000, 613).
2. a) Der Beschluû des Senats vom 28. Februar 1998, V ZR 232/97, WM 1998, 1365 f, der zu einem anderen Ergebnis kommt, beruht auf der Vorstellung des Gesetzgebers, die Grundstücke aus der Bodenreform seien nicht vererblich gewesen; die Erben hätten das Eigentum erst mit Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes erworben. Da diese Annahme sich als unzutreffend herausgestellt hat, ist an dem Beschluû vom 26. Februar 1998 nicht festzuhalten.

b) Der Entscheidung des Senats vom 17. Dezember 1998 (BGHZ 140, 224 ff) ist entgegen der Meinung des Klägers nichts anderes zu entnehmen. Die Erblasserin, die das auf dem betroffenen Grundstück errichtete Haus zusammen mit ihrer Schwägerin bewohnt hatte, war 1987 verstorben. Daû ihre Schwägerin über den Tod der Erblasserin hinaus in dem Haus verblieben war, ist für den in jenem Rechtsstreit geltend gemachten Anspruch aus Art. 233 § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 2 c EGBGB, §§ 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 BGB a.F. ohne Bedeutung. Daû die Erblasserin auch von ihrer Schwägerin beerbt worden sei, war nicht behauptet. Die Möglichkeit der Übertragung eines Hauses auf einem Bodenreformgrundstück auf jemanden, der mit dem Erblasser nicht verwandt, sondern verschwägert war, zeichnet Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nicht nach.
Wenzel Krüger Klein Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 358/01 Verkündet am:
13. Dezember 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB (1986) Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c
Als Bauplätze aus dem Bodenfonds übertragene Grundstücke sind auch dann nicht
gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB dem Fiskus aufzulassen
, wenn die Bebauung unterblieben ist.
BGH, Urt. v. 13. Dezember 2002 - V ZR 358/01 - OLG Naumburg
LG Halle
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. August 2001 aufgehoben und das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 18. Dezember 2000 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um ein Grundstück aus der Bodenreform.
Eigentümer des Grundstücks war zunächst der Vater des Beklagten, W. N. . Ihm war das Grundstück aus dem Bodenfonds im Austausch für ein anderes Grundstück übertragen worden, das er als Baugrundstück zum Verkehrswert aus dem Bodenfonds erhalten hatte, das dann jedoch von der örtli-
chen LPG zur Errichtung eines Schweinestalles benötigt worden war. Der Bodenreformvermerk war im Grundbuch eingetragen.
Zur Bebauung des Grundstücks war W. N. finanziell nicht in der Lage. Er verstarb am 10. Januar 1961. Er wurde von B. N. , der Mutter des Beklagten, beerbt. 1976 wurde B. N. auf Ersuchen des Rates des Kreises als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Auch sie war zur Bebauung des Grundstücks nicht in der Lage. Sie nutzte es zunächst als Garten, später überließ sie es zur Bewirtschaftung einem Herrn R. . B. N. verstarb am 17. September 1989. Sie wurde von dem Beklagten beerbt.
Das klagende Land (Kläger) verlangt die Auflassung des Grundstücks. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht hält den Auflassungsanspruch des Klägers für begründet. Es meint, bei dem Grundstück handele es sich um eine Kleinstfläche aus der Bodenreform. Es sei in den Bodenfonds zurückzuführen gewesen, weil es bei Ablauf des 15. März 1990 nicht von dem Beklagten bewirtschaftet worden sei.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


Auf die - vom Senat in Übereinstimmung mit dem Bundesverfassungsge- richt in ständiger Rechtsprechung bejahte - Frage der Verfassungsmäßigkeit von Art. 233 §§ 11 ff EGBGB und ihre Vereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Die Revision hat Erfolg, weil es an einer besseren Berechtigung des Klägers im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB fehlt.
Art. 233 §§ 11, 12 EGBGB zeichnen die Zuteilungs- und Übertragungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung nach (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 132, 71, 77; 146, 223, 234; Senatsurt. v. 7. Februar 1997, V ZR 107/96, WM 1997, 785, 786 und v. 17. Juli 1998, V ZR 117/97, WM 1998, 2205, 2206). Soweit ein Grundstück hiernach in den Bodenfonds zurückzuführen war und die Rückführung rechtswidrig unterlassen worden ist, hat seine Übertragung an den Fiskus zu erfolgen. Im Auflassungsanspruch des Fiskus setzt sich die unterlassene Rückführung in den Bodenfonds fort (Senat, BGHZ 132, 71, 78; 136, 283, 289; Senatsurt. v. 21. November 1997, V ZR 137/96, WM 1998, 405, 407; und v. 17. Juli 1998, V ZR 117/97, WM 1998, 2205, 2206). War ein Grundstück bei der Aufhebung der Besitzwechselverordnung mit Ablauf des 15. März 1990 nicht in den Bodenfonds zurückzuführen, ist für einen Auflassungsanspruch des Fiskus kein Raum (Senatsurt. v. 7. Februar 1997, V ZR 107/96, WM 1997, 785, 786; v. 4. Mai 2001, V ZR 21/01, WM 2001, 1902, u. v. 3. Mai 2002, V ZR 217/01, NJW 2002, 2241). So verhält es sich hier.
Das Grundstück war W. bzw. B. N. nicht als Kleinstfläche zur gärtnerischen Bewirtschaftung, sondern zum Verkehrswert als Bauplatz übertragen worden, wie es die 9. Ausführungsbestimmung zur Bodenreform in der Provinz Sachsen vom 2. April 1946 (wiedergegeben bei Döring, Von der Bodenreform zu den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, S. 37) zuließ. Eine Rückführung als Bauplätze gegen Zahlung des Verkehrswerts aus dem Bodenfonds zugewiesener Grundstücke sieht die Besitzwechselverordnung nicht vor. Sie regelt vielmehr allein die Übertragung und Rückführung von Hofgrundstücken, landwirtschaftlichen Nutzflächen und zur gärtnerischen Nutzung ausgegebenen Kleinstflächen.
Eine Regelungslücke, die in entsprechender Anwendung der Besitzwechselverordnung zu schließen gewesen wäre, bestand nicht. Die Rückführung eines Grundstücks in den Bodenfonds hatte nach §§ 4, 8, 9 BesitzwechselVO zu erfolgen, wenn der Eigentümer das Grundstück nicht entsprechend seiner Verpflichtung aus der Übertragung oder Zuweisung eines Grundstücks aus der Bodenreform nutzte oder sein Erbe hierzu nicht bereit oder in der Lage war. Eine Verpflichtung zur Nutzung eines Grundstücks aus der Bodenreform bestand jedoch nur bei zur landwirtschaftlichen oder gärtnerischen Nutzung übertragenen Grundstücken. Schon für Wohngrundstücke galten andere Regelungen. Hierauf beruht Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB.
Soweit ein Grundstück als Bauplatz aus dem Bodenfonds übertragen worden war, konnte eine Verfehlung des mit der Ausgabe verfolgten Zwecks allenfalls darin bestehen, daß der Erwerber das Grundstück nicht als Bauplatz nutzte. Dies hatte jedoch nicht die Rückführung in den Bodenfonds zur Folge. Hierzu bestand auch kein Anlaß. Denn die Zuweisungen bedeuteten wirt-
schaftlich keine den Erwerber begünstigenden Zuwendungen aus dem Volkseigentum als "Arbeitseigentum". Der Erwerber hatte vielmehr den vollen Wert des Grundstücks zu bezahlen. Damit fehlte es an einem Grund, die erbrechtliche Nachfolge in das Eigentum an einem als Bauplatz übertragenen Grundstück wegen dessen Herkunft aus dem Bodenfonds anders zu regeln als die Nachfolge in ein beliebiges Baugrundstück.
Die Rückführung des Grundstücks in den Bodenfonds kam mithin zu keinem Zeitpunkt in Betracht. Daran scheitert der geltend gemachte Anspruch.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 366/02 Verkündet am:
11. April 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB (1986) Art. 233 § 12 Abs. 3
Zuteilungsfähig ist, wer bei Ablauf des 15. März Mitglied einer LPG war. Ob er aufgrund
einer Delegation an einen Betrieb außerhalb der Landwirtschaft arbeitstätig
war oder ob seine Mitgliedschaft im Hinblick auf die Wahl in ein hauptberuflich auszuübendes
Amt ruhte, ist insoweit ohne Bedeutung.
BGH, Urt. v. 11. April 2003 - V ZR 366/02 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. April 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 26. September 2002 aufgehoben und das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 2. August 2001 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um landwirtschaftlich genutzte Grundstücke aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war G. W. als Eigentümer der im Grundbuch als aus der Bodenreform stammend gekennzeichneten Grundstücke eingetragen. Er verstarb am 6. Juni 1987 und wurde von seinen
Kindern, den Beklagten, beerbt. Das klagende Land (Kläger) verlangt die Auflassung der Grundstücke. Die Beklagten wenden die bessere Berechtigung der Beklagten zu 2 (Beklagte) ein, die seit 1947 auf dem Hof ihrer Eltern landwirtschaftlich tätig war. 1968 wurde sie Mitglied der LPG "G. " in D. , als deren Hauptbuchhalterin sie arbeitete. 1974 wurde sie von der LPG in den Rat des Kreises Brandenburg delegiert und anschließend zur Bürgermeisterin der Gemeinde R. gewählt, in deren Gebiet sich ein Teil der von der LPG bewirtschafteten Flächen befindet. Ihr Amt übte die Beklagte auch am 15. März 1990 noch aus.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision erstreben sie die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB für begründet. Es meint, eine bessere Berechtigung der Beklagten nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Buchst. b EGBGB bestehe nicht. Die Beklagte sei nicht zuteilungsfähig. Zuteilungsfähig im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB sei nur, wer am 15. März 1990 in der Land-, Forst- oder Nahrungsgüterwirtschaft tätig gewesen sei. Daran fehle es bei einer Tätigkeit auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses zu einem Dritten außerhalb der Land-, Forst- oder Nahrungsgüterwirtschaft. Die bloße Mitgliedschaft in einer
LPG könne die Tätigkeit in der Land-, Forst- oder Nahrungsgüterwirtschaft als Merkmal der Zuteilungsfähigkeit nicht ersetzen.

II.


Die Revison hat Erfolg. Ein Auflassungsanspruch des Klägers besteht nicht. Der geltend gemachte Anspruch scheitert an der besseren Berechtigung der Beklagten aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EGBGB. Die Mitgliedschaft der Beklagten in der LPG "G. " läßt sie im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB zuteilungsfähig sein.
1. Art. 233 § 11 Abs. 3, § 12 Abs. 2, 3 EGBGB zeichnen die Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung in pauschalierter Form nach. Ziel der Regelungen ist es, die Grundstücke aus der Bodenreform demjenigen zu übertragen bzw. zu belassen, der bei Beachtung der Übertragungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung durch die Behörden der DDR im Zeitpunkt der Aufhebung der Beschränkungen, die für die Grundstücke aus der Bodenreform galten, ihr Eigentümer gewesen wäre (st. Rechtspr., vgl. Senat, BGHZ 132, 71, 72; Urt. v. 21. Juni 1996, V ZR 284/95, VIZ 1996, 523, 524; Urt. v. 13. Dezember 1996, V ZR 42/96, WM 1997, 783, 784; Urt. v. 4. Mai 2001, V ZR 21/00, WM 2001, 618, 619). Mit diesem Ziel steht es nicht in Einklang, die Zuteilungsfähigkeit eines Erben im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB zu verneinen, obwohl die Übertragung eines landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücks auf ihn nach der Besitzwechselverordnung möglich war.
Die Besitzwechselverordnung regelte die Übertragung der Grundstücke aus der Bodenreform unter Lebenden und die Folgen ihres Erwerbs im Wege der Erbfolge im Hinblick auf die mit dem Eigentum an Grundstücken aus der
Bodenreform verbundenen Rechte und Pflichten. Zu den Pflichten der Eigen- tümer gehörte es insbesondere, die landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücke eigenhändig zu bewirtschaften. Durch die Kollektivierung der Landwirtschaft erfuhr die Verpflichtung zur eigenhändigen Bewirtschaftung der Grundstücke aus der Bodenreform insofern eine Einschränkung, als die Kollektivierung die Arbeitsteilung innerhalb der Landwirtschaft ermöglichte und dies auch für die Grundstücke aus der Bodenreform zu gelten hatte. Eine eigenhändige Bewirtschaftung im Sinne der Bodenreformverordnungen bzw. der Besitzwechselverordnung war auch dann gegeben, wenn der Begünstigte die ihm übertragenen Grundstücke in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft einbrachte, deren Mitglied er war. Ob er innerhalb der LPG an der Feldarbeit mitwirkte oder andere Tätigkeiten für die Genossenschaft ausübte, war ohne Bedeutung. Die Bewirtschaftung der in die LPG eingebrachten Grundstücke gewährleistete ihre zweckentsprechende Nutzung und bedeutete aufgrund der Arbeitstätigkeit der Mitglieder für die LPG die eigenhändige Bewirtschaftung der Grundstücke im Sinne der Bodenreformvorschriften (vgl. Krüger, AgrarR 1999, 332, 334).
Das gilt auch dann, wenn der Eigentümer von der LPG, deren Mitglied er war, an einen anderen Betrieb delegiert wurde, weil die Arbeitstätigkeit eines delegierten Mitglieds in diesem Betrieb die Erfüllung der Arbeitspflicht aus der Mitgliedschaft in der delegierenden Genossenschaft bedeutete (BGHZ 129, 267, 271; Autorenkollektiv, LPG-Recht, Lehrbuch, S. 271). Allein für die Rechte und Pflichten des Delegierten zu dem Delegationsbetrieb galten die Regelungen , die für die Mitarbeiter des Delegationsbetriebs allgemein galten (Richter, Gestaltung der Arbeits- und Lebensverhältnisse der LPG-Mitglieder, S. 50 f).
Daran ändert sich auch nicht dadurch etwas, daß die Delegierung in einen Bereich außerhalb der Landwirtschaft erfolgte. Derartige Delegierungen waren möglich. Sie brauchten nicht befristet zu sein (Kommentar zum Musterstatut LPG (P) S. 85; Arlt, Agrarrecht für Staats- und Wirtschaftsfunktionäre, 2. Aufl., S. 172 f; Richter, aaO., S. 48) und konnten auch in den Staatsapparat erfolgen (Arlt, Rechte und Pflichten der Genossenschaftsbauern, S. 35). Für die von dem Mitglied des Erben eingebrachten Bodenreformgrundstücke bedeutete dies, daß sie von ihrem Eigentümer zweckentsprechend bewirtschaftet wurden. Eine Rückführung in den Bodenfonds kam daher nicht Betracht (§ 9 BesitzwechselVO).
Hieran änderte sich auch dann nichts, wenn das Mitglied in ein staatliches Amt gewählt wurde. Die Genossenschaften waren gehalten, ihren Mitgliedern die Ausübung von Tätigkeiten in der staatlichen Verwaltung zu ermöglichen (vgl. Kommentar zum Musterstatut LPG (P), S. 36). Eine hauptberufliche Tätigkeit in einem Wahlamt konnte allerdings nicht auf der Grundlage einer Delegierungsvereinbarung ausgeübt werden. Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft mußte vielmehr für die Dauer der Ausübung des Amtes, in das der Betroffene gewählt worden war, zum Ruhen gebracht werden (Autorenkollektiv, LPG-Recht, Lehrbuch, S. 125; Arlt, Rechte und Pflichten der Genossenschaftsbauern , S. 35). Die Vereinbarung des Ruhens der Mitgliedschaft suspendierte die Arbeitsverpflichtung gegenüber der Genossenschaft auf Zeit. Der Bestand der Mitgliedschaft wurde hiervon nicht berührt. Das Nutzungsrecht der LPG an den von dem Betroffenen eingebrachten Grundstücke blieb erhalten, die LPG bewirtschaftete die Grundstücke weiter. Umgekehrt ließ das Ruhen der Mitgliedschaft das Recht des Betroffenen auf die Auszahlung von Bodenanteilen unberührt (Art, aaO., S. 35). Die zweckentsprechende Bewirtschaftung
der eingebrachten Grundstücke war gewährleistet, so daß eine Rückführung in den Bodenfonds ausschied. Dasselbe galt in dem - hier vorliegenden - Fall, daß das LPG-Mitglied Bodenreformland erbte. Da es dieses auch bei einem Ruhen der Mitgliedschaft einzubringen hatte, war die zweckentsprechende Bewirtschaftung der Grundstücke ebenfalls gewährleistet (§ 4 Abs. 1 BesitzwechselVO ).
2. Daß die Beklagte nach ihrer Wahl zur Bürgermeisterin oder später aus der LPG ausgetreten wäre, hat der Kläger nicht vorgetragen. Seine Berechtigung als Fiskus aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB ist nachrangig. Damit obliegt es dem Kläger, zur Begründung des geltend gemachten Auflassungsanspruchs darzulegen und im Falle des Bestreitens zu beweisen, daß ihm kein Besserberechtigter vorgeht (Senatsurt. v. 4. Mai 2001, V ZR 21/00, WM 2001, 1902, 1903). Daran fehlt es.
Wenzel RiBGH Tropf ist wegen Klein Urlaubs gehindert, zu unterschreiben. Karlsruhe, den 14. April 2003 Wenzel Lemke Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 21/00 Verkündet am:
4. Mai 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
EGBGB 1986 Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, Abs. 3
Bei einem im Herbst 1989 oder später eingetretenen Erbfall reicht es für die Feststellung
der Zuteilungsfähigkeit des Erben hin, daß er seinen Lebensunterhalt in
erheblichem Umfang durch eine landwirtschaftliche Tätigkeit verdient und vor Ablauf
des 15. März 1990 seinen Willen zu einem Eintritt in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft
bekundet hat.
BGH, Urt. v. 4. Mai 2001 - V ZR 21/00 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 25. November 1999 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um Zahlungs- und Übertragungspflichten wegen eines Grundstücks aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war K. H. als Eigentümer des im Grundbuch von G. Blatt Nr. v erzeichneten aus mehreren Flurstücken bestehenden Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Grundstück war ihm aus dem Bodenfonds zugewiesen worden. K. H. hatte es in eine LPG eingebracht. Er verstarb am 10. Dezember 1989. Er wurde von seiner
Tochter, der Beklagten, beerbt. Sie war als Verkäuferin teilzeitbeschäftigt. Daneben zog sie Schweine auf und baute Obst und Gemüse an. Am 21. Juni 1990 erteilte ihr das Staatliche Notariat P. einen Erbschein, der ihre alleinige Rechtsnachfolge nach dem Verstorbenen ausweist.
Durch Vertrag vom 3. März 1992 verkaufte sie eines der ererbten Flurstücke für 525.825 DM an das klagende Land (im folgenden: Kläger). Der Kaufpreis wurde bezahlt; der Kläger wurde als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit der Klage verlangt er von der Beklagten Rückzahlung des Kaufpreises und Auflassung des in ihrem Eigentum verbliebenen restlichen Grundstücks. Die Beklagte hat ihre bessere Berechtigung behauptet und geltend gemacht, der im Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe sich nicht auf das an den Kläger verkaufte Flurstück bezogen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat ihr das Oberlandesgericht stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.

Das Berufungsgericht stellt fest, der in das Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe das an den Kläger veräußerte Flurstück umfaßt. Es meint, die Beklagte habe den für das verkaufte Flurstück bezahlten Kaufpreis nach Art. 233 § 16 Abs. 2 Satz 2 EGBGB dem Kläger zu erstatten und ihm gemäß Art. 233 § 11 Abs. 3 Satz 1 EGBGB das restliche Grundstück aufzulassen.
Der Kläger sei im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB besser berechtigt als die Beklagte. Diese sei nicht zuteilungsfähig, weil sie vor Ablauf des 15. März 1990 weder einen Antrag auf Zuteilung des Bodenreformgrundstücks beim Rat des Kreises gestellt habe, noch Mitglied einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft gewesen sei oder einen schriftlichen Antrag auf Aufnahme in eine solche Genossenschaft gestellt habe. Daher könne dahingestellt bleiben, ob die von ihr neben ihrer Teilzeitbeschäftigung als Verkäuferin ausgeübte Tätigkeit als Tätigkeit in der Landwirtschaft im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB zu bewerten sei.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , der in das Grundbuch eingetragene Bodenreformvermerk habe das dem Kläger verkaufte Flurstück umfaßt. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch die Zuteilungsfähigkeit der Beklagten im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 1. Altern. EGBGB verneint. Bei einem im Herbst 1989 oder später eingetretenen Erbfall reicht es für die Feststellung der Zuteilungsfähigkeit hin, daß der Erbe seinen Lebensunterhalt in erheblichem Umfang durch eine landwirtschaftliche Tätigkeit verdient hat und vor Ablauf des 15. März 1990 seinen Willen zu einem Eintritt in eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft bekundet hat.

Ziel der durch das Zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch eingefügten Vorschriften über die Abwicklung der Bodenreform ist es, im Wege pauschalierter Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung die Grundstücke aus der Bodenreform demjenigen zukommen zu lassen, dem sie bei ordnungsgemäßen Handeln der Behörden der DDR zu übertragen waren. Fehlte es nach den Grundsätzen der Besitzwechselverordnung an einem Berechtigten , waren die Grundstücke in den Bodenfonds zurückzuführen. Ist die Rückführung zu Unrecht unterblieben, sind die Grundstücke nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB dem Fiskus des Landes aufzulassen, in dem sie belegen sind. Im Übertragungsanspruch des Fiskus setzt sich die unterlassene Rückführung fort (st. Rechtspr., vgl. Senat, BGHZ 132, 71, 78; 136, 283, 289). Waren die Voraussetzungen der Besitzwechselverordnung für die Rückführung eines Grundstücks in den Bodenfonds nicht gegeben, scheidet ein Anspruch des Fiskus auf Auflassung aus. So verhält es sich im vorliegenden Falle auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten.

a) Ohne Bedeutung für die Entscheidung des Rechtsstreits ist, daß die Beklagte bis zum Ablauf des 15. März 1990 keinen Antrag auf Übertragung des Grundstücks an den Rat des Kreises gestellt hatte. Bei der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung stellt Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB hinsichtlich der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzflächen allein darauf ab, ob diese Flächen nach der Besitzwechselverordnung einem Erben des verstorbenen Begünstigten zugewiesen oder übergeben waren, der Erbe zuteilungsfähig war, oder ob sie in den Bodenfonds zurückzuführen waren. Der Frage, ob der Erbe vor Ablauf des 15. März 1990 einen Übertragungsantrag an
den Rat des Kreises gestellt hatte, kommt bei der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung und damit der Feststellung der Berechtigung eines Erben nach Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, Buchst. b, Abs. 3 EGBGB keine Bedeutung zu.

b) Die Zuteilungsfähigkeit der Beklagten kann auch nicht deshalb verneint werden, weil sie vor dem 16. März 1990 keinen schriftlichen Antrag auf Aufnahme in eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gestellt hatte.
Die Übertragung des Rechts zur Bewirtschaftung eines landwirtschaftlich nutzbaren Grundstücks aus der Bodenreform auf einen Erben des Begünstigten setzte nach § 4 Abs. 1 BesitzwechselVO voraus, daß der Erbe das Grundstück "zweckentsprechend" nutzen würde. Diese Voraussetzung war, wie der Gegenschluß aus § 3 Abs. 1 Satz 1 BesitzwechselVO ergibt, nur gegeben, wenn der Erbe Mitglied einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war. Das hat den Senat veranlaßt, als Voraussetzung für die Zuteilungsfähigkeit eines Erben im Sinne von Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB die Mitgliedschaft in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft zu verlangen. Für die Übertragung einer Bodenreformwirtschaft genügte allerdings nach einhelliger Auffassung der Rechtslehre der DDR, daß der Erbe die LPG-Mitgliedschaft erst nach dem Erbfall erwarb (Schietsch, NJ 1965, 564, 565; Arlt/Rohde, Bodenrecht , 1967, 355; Hähnert/Richter/Rohde u.a., LPG-Recht, 1984, S. 46 ff). Dem hat der Senat dadurch Rechnung getragen, daß er als zuteilungsfähig auch denjenigen angesehen hat, der bei Ablauf des 15. März 1990 zwar nicht Mitglied einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft war, aber einen Antrag auf Aufnahme gestellt hatte, aus dem sich seine Bereitschaft zum Ein-
tritt in eine solche ergab (Senat, BGHZ 136, 283, 292). Noch nicht entschieden hat der Senat dagegen die Frage, ob es ausreicht, daß der Erbe seine Bereitschaftet in eine LPG einzutreten, auch auf andere Weise bekundet hat. Dies ist für einen Erbfall, der in der Zeit der Wende in der DDR eingetreten ist, zu bejahen.
Die Mitgliedschaft des Erben in einer landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft oder ein Antrag auf Aufnahme in eine solche dürfen in einem solchen Fall nicht als Voraussetzung der Zuteilungsfähigkeit verlangt werden. Eine andere Auffassung würde die tatsächliche Situation in der DDR in dieser Zeit nicht berücksichtigen, dem Erben keine Zeit lassen, einen Entschluß zu bilden, und zur Übertragung von Grundstücken an den Fiskus führen, bei denen nicht davon ausgegangen werden kann, daß sie in den Bodenfonds zurückgeführt worden wären. Daß der Erbe eines Begünstigten, der im Herbst 1989 oder im Winter 1989/1990 verstorben ist, bei Ablauf des 15. März 1990 keinen Antrag auf Aufnahme in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gestellt hatte, braucht nicht auf Desinteresse an der Nachfolge in die Bodenreformwirtschaft zu beruhen, sondern kann der üblichen Behandlung der Nachfolge in die Bodenreformgrundstücke entsprechen. Nicht selten ist dem Erben, wie die Beklagte behauptet, auch geraten worden, mit einem Antrag auf Aufnahme in eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft zuzuwarten. Schließlich kann die Antragstellung im Hinblick auf den politischen und wirtschaftlichen Umbruch in der DDR unterblieben sein. Dies darf nicht dazu führen , einem Erben Grundstücke zu nehmen, die ihm ohne die Aufhebung der Besitzwechselverordnung und ohne die Ä nderung der Verhältnisse in der DDR zugeteilt worden wären.
Ist der Erbfall im Herbst 1989 oder später eingetreten, muß es zur Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze der Besitzwechselverordnung daher als hinreichend angesehen werden, daß der Erbe seinen Lebensunterhalt zu einem erheblichen Teil durch eine Tätigkeit in der Landwirtschaft verdient und seinen Entschluß zu erkennen gegeben hat, in eine LPG einzutreten. Hiervon ist auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten auszugehen. Sie hat behauptet , im Januar 1990 den ökonomischen Leiter der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft, in der ihr Vater Mitglied war, wegen des von ihr beabsichtigten Eintritts in die Genossenschaft und der Übertragung des Grundstücks angesprochen zu haben. Der Angesprochene habe ihr geraten, zunächst einen Erbschein zu erwirken und erst dann einen Antrag auf Aufnahme in die Genossenschaft zu stellen.

c) Ohne Bedeutung ist auch, daß die Beklagte bei Ablauf des 15. März 1990 neben ihrer Tätigkeit in der Landwirtschaft auch als Verkäuferin tätig war. Art. 233 § 12 Abs. 3 EGBGB hat zum Ziel, in pauschalierter Form die von der Besitzwechselverordnung für eine Nachfolge in die Bodenreformwirtschaft verlangte Eignung des Erben zur Bewirtschaftung der Grundstücke nachzuzeichnen. Als Voraussetzung dieser Eignung bedurfte es nach der Besitzwechselverordnung keiner ausschließlichen Tätigkeit des Erben in der Land- oder Forstwirtschaft. Dem ist im Rahmen der Nachzeichnung der Zuteilungsgrundsätze Rechnung zu tragen. Eine ausschließliche Tätigkeit in diesen Wirtschaftszweigen kann nicht verlangt werden. Zuteilungsfähig ist vielmehr auch, wer seinen Lebensunterhalt zu einem erheblichen Teil durch eine solche Tätigkeit verdient hat. Hierzu hat die Beklagte geltend gemacht, sie habe schon zu Lebzeiten ihres Vaters ihren Lebensunterhalt zum größeren Teil durch die Mast von Jungschweinen und die Erzeugung von Obst und Gemüse verdient.

3. Zu einer abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits ist der Senat nicht in der Lage, weil das Berufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig, zu den maßgeblichen Gesichtspunkten keine Feststellungen getroffen hat. Rein vorsorglich weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Berechtigung des Klägers aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB der von der Beklagten aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b EGBGB in Anspruch genommenen Berechtigung nachgeht. Zur Abwehr der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche obliegt es daher nicht der Beklagten, ihre bessere Berechtigung beweisen, sondern es obliegt dem Kläger , den Beweis der Unrichtigkeit des Vorbringens der Beklagten zu führen.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 192/01 Verkündet am:
22. März 2002
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. März 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 12. April 2001 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Auflassung von Miteigentumsanteilen an Grundstücken aus der Bodenreform.
Bei Ablauf des 15. März 1990 war A. S., der Ehemann der Beklagten, als Eigentümer dreier landwirtschaftlich genutzter Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Die Grundstücke waren ihm aus dem Bodenfonds zugewiesen. Der Bodenreformvermerk war eingetragen. A. S. verstarb am 16. Februar 1985. Die Beklagte ist seine Erbin.
Das klagende Land (Kläger) verlangt die Übertragung hälftigen Miteigentums an den Grundstücken. Die Beklagte hält dem Anspruch entgegen, die zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen seien verfassungswidrig.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt sie die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht sieht Art. 233 §§ 11 ff EGBGB als verfassungsgemäß an. Es bejaht den von dem Kläger aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c EGBGB geltend gemachten Anspruch. Hierzu hat es festgestellt, daß die Beklagte nicht zuteilungsfähig ist.

II.


Das ist nicht zu beanstanden.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch folgt aus Art. 233 § 12 Abs. 2 Nr. 2 Buchst c EGBGB.
1. Die Revision nimmt die Feststellung des Berufungsgerichts hin, daß die Beklagte nicht zuteilungsfähig ist. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2. Die Ausführungen der Revision zur Verfassungswidrigkeit der in Art. 233 §§ 11 ff EGBGB bestimmten Auflassungsansprüche geben dem Senat keinen Anlaû zur Änderung seiner Rechtsprechung. Der Senat hat die Verfassungsmäûigkeit der Vorschriften zur Abwicklung der Bodenreform auch angesichts des Irrtums des Gesetzgebers über die Vererblichkeit der Grundstücke aus der Bodenreform im Urteil vom 17. Dezember 1998 (BGHZ 140, 223, 231 ff) bejaht und seine Auffassung gegenüber im Schrifttum geäuûerten Bedenken bestätigt (Senatsurteil vom 20. Oktober 2000, V ZR 194/99, WM 2001, 212 f). Hieran ist festzuhalten.
Die Volkskammer ging bei der Beratung des Gesetzes über die Rechte der Eigentümer von Grundstücken aus der Bodenreform vom 6. März 1990 (GBl I S. 134) davon aus, daû die Bodenreformgrundstücke "zweckentsprechend" landwirtschaftlich genutzt würden, dies für die Vergangenheit durch die Besitzwechselverordnung sichergestellt gewesen und für die Zukunft durch die Grundstücksverkehrsverordnung und die Bodennutzungsverordnung gewährleistet sei (vgl. Grün, VIZ 1999, 313, 323). Von daher erfaût das Gesetz schon von seiner Zielsetzung her nicht die Sachverhalte, bei denen ein Besitzwechsel entgegen dem geltenden Recht entweder nicht vollzogen oder im Grundbuch nicht gewahrt worden ist. Hierher gehören insbesondere die Fälle, in denen die Erben eines verstorbenen Neubauern zu einer ordnungsgemäûen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen nicht in der Lage waren oder in denen Grundstücke ohne entsprechende Grundbucheintragung bereits einem geeigneten Bewerber zugeteilt worden sind, ferner die Fälle, in denen Grundstücke zum Städtebau, gewerblich oder industriell bis hin zur Errichtung eines Atomkraftwerkes genutzt wurden (Senat, BGHZ 132, 71 ff).
Die Vorstellung, der DDR-Gesetzgeber habe auch für alle diese Fälle das Bodenreformeigentum in der Hand der Erben des noch im Grundbuch stehenden Neubauern "aufwerten" und mit dem "Alteigentum" der Bauern gleichstellen wollen (vgl. Grün aaO S. 322, 324), gegebenenfalls also einem durch Besitzwechsel jahrelang begünstigten Erwerber das Eigentum zugunsten eines Erben vorenthalten wollen, der ein Grundstück selbst nicht landwirtschaftlich nutzen konnte, ist ebenso fernliegend wie die Annahme, ein zwischenzeitlich zum Bau eines Atomkraftwerkes genutztes Grundstück habe nur deswegen in unbeschränktes Eigentum des Erben eines Neubauern fallen sollen, weil die Behörden der DDR seine Rückführung in den Bodenfonds und die Übernahme in Volkseigentum im allgemeinen Sinne versäumt haben. Eine Gleichstellung dieser "hängengebliebenen Alterbfälle" mit den übrigen Erbfällen war im Rahmen der im März 1990 anstehenden Umstrukturierung der Landwirtschaft weder veranlaût noch notwendig. Sie hätte die Aufwertung des Bodenreformeigentums an den mehr oder weniger zufällig entfalteten oder auch nicht entfalteten Eifer der DDR-Behörden bei der Vollziehung der Besitzwechselverordnung angeknüpft und so zu zweckwidrigen Zufallsergebnissen geführt (Senatsurt. vom 17. Dezember 1998, V ZR 341/97, WM 1999, 453, 455). Eine solche Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes kann der Volkskammer nicht unterstellt werden (vgl. Krüger, AgrarR 1999, 332, 334).
Das Gesetz enthält insoweit eine Lücke, die der Bundesgesetzgeber ohne Verstoû gegen das Grundgesetz geschlossen hat. Daû der Gesetzgeber der Volkskammer diese Lücke nicht erkannt hat, ändert hieran nichts. Etwas anderes ist auch dem Protokoll der Beratung des Verfassungs- u. Rechtsausschusses der Volkskammer vom 2. März 1990 nicht zu entnehmen (vgl. Purps, VIZ 2001, 65, 66), auf das die Revision hinweist. Die Aufhebung der Verfü-
gungs- und Nutzungsbeschränkungen, die für die Grundstücke aus der Bodenreform galten, durch das Gesetz vom 6. März 1999 führte notwendig dazu, daû der Bodenfonds "gewissermaûen gegenstandslos" wurde (Frage des Abgeordneten Prof. Dr. Mühlmann), weil nach der Aufhebung der Besitzwechselverordnung eine Rückführung von Grundstücken in den Bodenfonds nicht mehr in Betracht kommen konnte. Gleichwohl ist der Bodenfonds weder durch das Gesetz vom 6. März 1990 noch, soweit ersichtlich, sonst aufgehoben worden. Die Grundstücke, die sich am 16. März 1990 im Bodenfonds befanden, sind vielmehr fortan als Volkseigentum im allgemeinen Sinne behandelt worden. Dem kann nicht entnommen werden, daû entgegen dem Recht der DDR ohne nachvollziehbaren Grund unterbliebene Rückführungen von Grundstücken in den Bodenfonds endgültige Anerkennung hätten finden sollen. Die Antwort des Ministers für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft, Watzek, auf die Frage von Prof. Dr. Mühlmann, das Gesetz führe dazu, daû "der Genossenschaftsbauer eindeutig vollwertiger Privateigentümer" werde, zeigt vielmehr, daû Ziel des Gesetzes vom 6. März 1990 allein die Stärkung der Rechtsstellung der in der Landwirtschaft tätigen Begünstigten aus der Bodenreform war. Die Frage, was mit den in Teilen der DDR unterbliebenen Rückführungen ausgegebener Grundstücke geschehen sollte, die nicht landwirtschaftlich genutzt wurden, oder deren Eigentümer nicht in der DDR lebten oder nicht wirtschaftsfähig waren , ist nach der Antwort des Ministers nicht gesehen worden. Die bestehenden Vollzugsdefizite sind nicht erkannt worden. Sie werden durch Art. 233 §§ 11 ff EGBGB beseitigt.
Die Notwendigkeit gesetzgeberischer Maûnahmen stellt die Revision auch nicht in Abrede. Daû dies anders als durch Art. 233 §§ 11 ff EGBGB hätte geschehen können, führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der getroffenen Re-
gelungen. Ebenso wie der Gesetzgeber der Volkskammer die Regelungslücke hätte schlieûen können, konnte dies der Gesetzgeber des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes tun. Das Vertrauen nicht zuteilungsfähiger Erben in den Bestand ihres Eigentums an den Grundstücken der Bodenreform konnte 1992 auch noch nicht so weit verfestigt sein, daû die bis zum Inkrafttreten des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes verstrichene Zeit den getroffenen Regelungen entgegengestanden hätte (Senat, BGHZ 140, 223, 236). Der besonderen Situation des überlebenden Ehegatten eines vor dem 16. März 1990 verstorbenen im Grundbuch eingetragenen Begünstigten trägt Art. 233 § 11 Abs. 5 EGBGB Rechnung.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.