Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2018 - VI ZR 518/16

bei uns veröffentlicht am28.08.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Berichtigt durch
Beschluss vom 6.11.2018
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 518/16 Verkündet am:
28. August 2018
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zu den vermehrten Bedürfnissen im Sinne des § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB gehören
sowohl die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegeperson als auch der Betreuungsaufwand
naher Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu
erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht.

b) Der ersatzfähige Aufwand zur Befriedigung vermehrter Bedürfnisse bestimmt sich
nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen
Lage treffen würde.

c) Kommen zum Ausgleich der Pflegebedürftigkeit verschiedene Möglichkeiten mit
unterschiedlichem Kostenaufwand in Betracht, so bestimmt sich die Höhe des Anspruchs
danach, welcher Bedarf in der vom Geschädigten in zumutbarer Weise
gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt.
ECLI:DE:BGH:2018:280818UVIZR518.16.0


d) Die Frage, ob der Geschädigte seine Lebensgestaltung in zumutbarer Weise gewählt hat, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Eine für sämtliche Fallgestaltungen geltende Obergrenze in dem Sinne, dass der Ersatz der für die häusliche Pflege anfallenden Kosten generell auf den doppelten Betrag (oder ein anderes Vielfaches) der jeweiligen Heimunterbringungskosten beschränkt wäre, existiert nicht. BGH, Urteil vom 28. August 2018 - VI ZR 518/16 - OLG Naumburg LG Magdeburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 28. August 2018 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterinnen von Pentz und Müller sowie die Richter Dr. Klein und Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 6. Oktober 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer nach einem Verkehrsunfall auf Ersatz vermehrter Bedürfnisse in Anspruch.
2
Die am 3. Dezember 1982 geborene Klägerin wurde am 16. August 2003 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Sie erlitt bei dem Unfall ein SchädelHirn -Trauma 3. Grades mit Stammhirneinblutung, Blut im rechten Hinterhorn, bifrontalen Kontusionsherden mit okzipitaler Schädelfraktur und einem Hirnödem sowie einer Kompressionsfraktur BWK 5-7. Als Folge der Verletzungen bestehen ein posttraumatisches hirnorganisches Psychosyndrom mit Verwirrtheit , aggressiven Verhaltenstendenzen und kognitiven Störungen sowie eine spastische Hemiparese rechts, eine Stand- und Gangataxie sowie eine Dysarthrophonie. Infolge der Schädigung der Hirnsubstanz ist es bei der Klägerin zu Wesensveränderungen, Aufmerksamkeitsstörungen, Antriebsarmut sowie einer Unfähigkeit, komplexe kognitive Situationen adäquat zu erfassen und zu bewältigen, gekommen. Die Klägerin ist in ihrer zeitlichen, örtlichen und personellen Orientierung erheblich beeinträchtigt und leidet unter erheblichen Einschränkungen der Merk- und Konzentrationsfähigkeit. Darüber hinaus besteht eine gestörte Eigenwahrnehmung. Die Klägerin sieht sich selbst als gesund an und in der Lebenssituation, in der sie sich vor dem Schadensereignis befand. Aufgrund der bestehenden Beschwerden ist sie nicht in der Lage, ein eigenständiges Leben zu führen, sondern bedarf der Pflege und Betreuung durch Dritte.
3
Die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers. Ihre volle Einstandspflicht dem Grunde nach steht zwischen den Parteien außer Streit. In einem Vorprozess wurde sie verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juli 2007 bis 31. Oktober 2009 sowie für den Zeitraum vom 22. Oktober 2010 bis 31. Januar 2011 Pflegekosten in Höhe von 68.202,40 € zu ersetzen. Das Urteil ist rechtskräftig.
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Mit ihrer im vorliegenden Verfahren erhobenen Klage begehrt die Klägerin den Ersatz weiteren Pflegeaufwands sowie die Zahlung einer Geldrente wegen vermehrter Bedürfnisse. Dabei legt sie ihrem Begehren einen Pflegebedarf von 13,7 Stunden aktiver Betreuung und 10,3 Stunden Bereitschaftszeiten täglich zugrunde. Für den Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 verlangt sie die Zahlung von 23.574,90 € für Pflegeleistungen ihrer Angehörigen. Für den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Dezember 2012 begehrt sie noch 43.234,44 € für die Pflege durch einen Pflegedienst sowie 47.143,65 € für die Pflege durch Angehörige. Für die Zeit ab 1. Januar 2013 begehrt sie eine monatliche Rente in Höhe von 13.414,48 € für die Betreuung durch einen Pflegedienst. Insoweit haben die Parteien die Klage für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis April 2015 teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt.
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Das Landgericht hat den Anspruch auf Ausgleich der von Angehörigen in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 erbrachten Pflegetätigkeit als verjährt angesehen und der Klage im Übrigen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Klägerin hat es die Beklagte verurteilt, der Klägerin 23.574,90 € für Pflegeleistungen ihrer Angehörigen in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 zu zahlen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz vermehrter Bedürfnisse in Form der geltend gemachten Kosten für ihre häusliche Pflege aus § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB i.V.m. §§ 7, 17, 18 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung zu. Der Pflegebedarf des Geschädigten bestimme sich nach den Dispositionen, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage getroffen hätte. Kämen zum Ausgleich der Pflegebedürftigkeit verschiedene Möglichkeiten mit unterschiedlichem Kostenaufwand in Betracht, so bestimme sich die Höhe des Anspruchs danach, wie der Bedarf in der vom Geschädigten in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfalle. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Geschädigte in die Situation, in der er sich befinde , unfreiwillig durch das Verhalten des Versicherungsnehmers der Beklagten hineingeraten sei. Der Geschädigte habe grundsätzlich ein Recht auf Fortsetzung seines früheren Lebens. Aus diesem Grund verbiete sich die Festlegung einer starren Obergrenze derart, dass höchstens der Höchstbetrag einer vollstationären Pflege oder das Doppelte eines solchen Betrags für die häusliche Pflege zu erstatten sei. Vom rechtlichen Ansatz her müsse es ein Schwerstgeschädigter grundsätzlich nicht erdulden, in ein Heim "abgeschoben" zu werden.
7
Im Streitfall sei nach den Ausführungen der Sachverständigen ein Pflegebedarf von 24 Stunden täglich gegeben. Die Klägerin sei wegen ihrer Gesundheitsstörungen außer Stande, allein zu Recht zu kommen. Sie nehme ihre Helfer bis zu deren Erschöpfung in Anspruch, rufe sie aktiv herbei oder zwinge sie durch ihr Tun zur Präsenz. Getrieben von enormer Unruhe und von Tics und Eskalationen im Verhalten sowie Durchschlaf-, Orientierungs-, Konzentrationsund Strukturierungsstörungen gekennzeichnet bedürfe die Klägerin fortwährender Kontrolle und Stimulation. Die Zeiten aktiver Fürsorge seien mit 17,5 Stunden täglich zu bemessen, wohingegen sich die Bereitschaftszeiten auf 6,5 Zeitstunden beliefen. Die sachgerechte Betreuung und Versorgung der Klägerin könne nur durch fachlich geeignetes und dementsprechend ausgebildetes Personal sichergestellt werden. Nicht die körperlichen Handicaps der Klägerin, sondern ihre psychisch-emotionalen Beeinträchtigungen begründeten die Notwendigkeit des Einsatzes gezielt ausgebildeten Personals, um eine langfristige und kontinuierliche, für die Klägerin gebotene Fürsorge durch feste Bezugspersonen zu garantieren. Die fachliche Eignung sei sowohl aus den Defiziten der Klägerin zu begründen als auch im Hinblick auf die psychische Gesundheit der Bezugspersonen. Ein Pflegehelfer könne diesen Anspruch nicht befriedigen. Die ständigen, von der Klägerin ausgelösten Dispute und Krisensituationen hät- ten in einen hohen Personalverschleiß gemündet; Bezugspersonen hätten erklärt , die Betreuung nicht länger aushalten zu können. Zur Sicherstellung einer gezielten Versorgung der Klägerin seien examinierte Pflegefachkräfte, idealerweise mit einer Zusatzausbildung für fachpsychiatrische Pflege heranzuziehen. Am geeignetsten für die Versorgung der Klägerin sei der Beruf des Heilerziehungspflegers. Heilerziehungspfleger seien für die pädagogische und pflegerische Begleitung und Hilfe von Menschen mit körperlicher, geistiger und seelischer Behinderung verantwortlich.
8
Heilerziehungspfleger seien der Entgeltgruppe 7 nach TV-L (Ost) zuzuordnen. Das schwere psychisch-psychiatrische Erkrankungsbild der Klägerin gebiete es, den Stundenlohn nicht an einem Berufseinsteiger zu orientieren, sondern mindestens von einer Entwicklungsstufe 2, mittelfristig von der Entwicklungsstufe 3 auszugehen. Da die Klägerin in der Zeit von Oktober 2010 bis Dezember 2012 nicht gezielt berufskundig betreut worden sei, müsse die Kostenkalkulation auch dahingehend vorgenommen werden. Diesbezüglich sei auf die Entgeltgruppe 6 nach TV-L (Ost) Bezug zu nehmen gewesen. Für die Zeit von Oktober 2010 bis Dezember 2012 beliefen sich die erforderlichen Pflege- kosten deshalb auf 104.790,90 €. Für das Jahr 2013 seien für die erforderliche ganztägige Betreuung und Fürsorge durch eine Fachkraft für Heilerziehungs- pflege Kosten in Höhe von monatlich 13.554,01 € pro Monat erforderlich. Für 2014 beliefen sich die Kosten aufgrund der Tarifanpassung auf 13.972,73 € monatlich. Hinzu kämen noch Kosten für Hauswirtschaftsdienste in Höhe von 187,92 € monatlich.
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Die Klägerin könne aufgrund ihrer geistigen Beeinträchtigung nicht in einer Tagespflegeeinrichtung integriert werden, in der andere Behinderte behandelt würden. Nur über einen sehr langen Zeitraum könne versucht werden, eine gewisse Besserung eintreten zu lassen. Hier seien viele kleinteilige Therapie- schritte notwendig, die eine normale Krankenschwester von ihrer Ausbildung her nicht leisten könne. Ziel dieser Therapie sei durchaus, die Klägerin nicht in einer andauernden Isolation zu lassen, sondern wieder an gesellschaftliche Aktivitäten und die Möglichkeit der Teilnahme an Gruppen heranzuführen. Dass der Aufenthalt in einem Pflegeheim mit gesellschaftlichen Aktivitäten oder Teilnahme an Gruppen verbunden wäre, dass es also der Klägerin im Heim besser ginge als im eigenen Haus oder auch nur genauso gut, sei eine eher fernliegende Vorstellung. Es sei nicht ersichtlich und von der Beklagten nicht vorgetragen worden, welche konkrete Heimeinrichtung zum dauerhaften Aufenthalt der Klägerin geeignet sein könnte. Pflegeheime seien auch typischerweise nicht auf Therapie oder Rehabilitation der Bewohner ausgerichtet. Es sei deshalb gerechtfertigt, dass der Klägerin ab 2013 eine Rente zugesprochen werde, die eine professionelle Vollzeitbetreuung im gewohnten Umfeld ermögliche. Die Grenze zur Unverhältnismäßigkeit sei nicht überschritten. Die Klägerin nehme ihre Umgebung bewusst wahr. Dass sie und ihre Betreuerin sich für ein Wohnen im häuslichen Umfeld und nicht in einem Pflegeheim entschieden hätten, sei nicht zu beanstanden und von der Beklagten hinzunehmen. Bei Würdigung aller Gesamtumstände könne der Klägerin ein Umzug in ein Pflegeheim nicht zugemutet werden.
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Die Klägerin könne von der Beklagten auch die geltend gemachten Kosten für die Pflege durch ihre Angehörigen in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 verlangen. Dieser Anspruch sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verjährt. Die Klägerin habe die Kosten für die Angehörigenpflege im genannten Zeitraum auf der Basis eines Stundensatzes von 9 € für die aktiven Betreuungsleistungen in 13,7 Stunden und von 4,50 € für die Bereitschaftszeiten von 10,3 Stunden täglich berechnet. Den Stundensatz in Höhe von 4,50 € pro Bereitschaftsstunde habe die Beklagte nicht mehr angegriffen. Nachdem sie den Stundensatz in der Klageerwiderung noch bestritten habe, greife sie das Urteil in der Berufungsbegründung insoweit nicht an, als dieses auf das Senatsurteil im Vorprozess Bezug nehme, in dem der Stundensatz von 4,50 € nicht beanstandet worden sei. Auch die Zahl der Bereitschaftsstunden habe sie im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Das in der Klageerwiderung enthaltene Bestreiten sei mit Rechtskraft des Urteils im Vorprozess unbeachtlich geworden, in dem Stundensatz, Pflege- und Bereitschaftszeiten der Angehörigen festgestellt worden seien.

II.

11
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
12
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der vermehrten Bedürfnisse zusteht, die ihr infolge der unfallbedingten dauernden Beeinträchtigung ihrer Gesundheit entstanden sind (§ 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB, § 11 Satz 1 StVG, § 3 Nr. 1 PflVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung). Es hat auch zutreffend angenommen, dass zu den vermehrten Bedürfnisse sowohl die Kosten für die Beschäftigung einer Pflegeperson als auch der Betreuungsaufwand naher Angehöriger, der über die üblicherweise im Krankheitsfall zu erwartende persönliche Zuwendung innerhalb der Familie hinausgeht, gehören (vgl. Senatsurteile vom 10. November 1998 - VI ZR 354/97, BGHZ 140, 39 Rn. 13; vom 12. April 2011 - VI ZR 158/10, BGHZ 189, 158; vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79, VersR 1982, 238; vom 8. Juni 1999 - VI ZR 244/98, VersR 1999, 1156 Rn. 7, 14; Zoll, NJW 2014, 967, 970). Die dem Geschädigten gegenüber unentgeltlich erbrachte Pflegetätigkeit durch nahe Angehörige ist im Rahmen des Erforderlichen gemäß § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB unabhängig davon angemessen abzugelten, ob diese einen Verdienstausfall erlitten haben (Senatsurteil vom 8. Juni 1999 - VI ZR 244/98, VersR 1999, 1156, 1157). Die Höhe des zu ersetzenden Schadens richtet sich dabei grundsätzlich nach dem Nettolohn einer vergleichbaren entgeltlich eingesetzten Pflegekraft (Senatsurteil vom 10. November 1998 - VI ZR 354/97, BGHZ 140, 39, 44 f.).
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2. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Bestimmung der Höhe des Ersatzanspruchs.
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a) Das Berufungsgericht hat den als Ausgleich des Betreuungsaufwands der Angehörigen in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 zu zahlenden Betrag rechtsfehlerhaft ermittelt. Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Klägerin zur Höhe des einer entgeltlich eingesetzten Pflegekraft zu zahlenden Stundensatzes und zur erforderlichen Stundenzahl als unstreitig zugrunde gelegt und das entsprechende Bestreiten der Beklagten in der Klageerwiderung als unbeachtlich qualifiziert hat, weil die Beklagte hierauf in der Berufungsinstanz nicht ausdrücklich zurückgekommen ist. Das Berufungsgericht hat übersehen, dass das Vorbringen der Beklagten ohne weiteres in der Berufungsinstanz angefallen war (vgl. BGH Urteil vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04, NJW 2007, 2414 Rn. 16 mwN; Beschluss vom 4. Mai 2011 - XII ZR 86/10, NJW-RR 2011, 1009 Rn. 18) und für die in der ersten Instanz insoweit siegreiche Beklagte nach dem bisherigen Verfahrensverlauf kein Anlass bestand, ihr Vorbringen in der Berufungserwiderung ausdrücklich zu wiederholen.
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aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofs als auch des Bundesverfassungsgerichts obliegt es dem Berufungsbeklagten nur, seine Verteidigungsmittel insoweit vorzubringen, als es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Pro- zessführung entspricht. Er darf sich in seiner Berufungserwiderung grundsätzlich darauf beschränken, die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen und neue Angriffsmittel des Berufungsklägers abzuwehren. Eine Regelung, die es dem Berufungsbeklagten auferlegt, erstinstanzliches Vorbringen zu wiederholen oder jedenfalls in Bezug zu nehmen, existiert nicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 - XI ZR 195/05, NJW 2007, 2106 Rn. 43, 44 mwN; Beschlüsse vom 18. November 2009 - IV ZR 69/07, juris Rn. 5; vom 31. Juli 2013 - IV ZR 158/12, juris Rn. 16; BVerfG, NJW 2000, 131; NJW 2015, 1746 Rn. 17).
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bb) Nach diesen Grundsätzen durfte das Berufungsgericht das Bestreiten der Beklagten nicht als unbeachtlich ansehen. Die Beklagte hatte die von der Klägerin abgerechneten Stundensätze und die Pflege- und Bereitschaftszeiten ihrer Angehörigen in der Klageerwiderung konkret bestritten. Sie hatte insbesondere unter Beweisantritt geltend gemacht, dass eine Pflegehilfskraft im Bundesdurchschnitt einen Nettostundenlohn von etwa 6 € erhalte und dass auf dieser Grundlage auch die Betreuungsleistungen der Angehörigen abzurechnen seien. Für Zeiten, in denen die Angehörigen die Klägerin lediglich beaufsichtig- ten, sei eine Vergütung in Höhe von 50 %, d.h. 3 € netto geboten. Die notwen- digen Pflege- und Betreuungszeiten betrügen nach dem Gutachten L. (Anlage K 1) lediglich 13,7 Stunden täglich, von denen die Klägerin 4,7 Stunden beaufsichtigt werden müsse. Dieses Vorbringen der Beklagten zu den in der Zeit vom 1. Juli 2006 bis 30. Juni 2007 erbrachten Betreuungsleistungen ist für das Urteil 1. Instanz unerheblich geblieben, weil das Landgericht den diesbezüglichen Ersatzanspruch als verjährt angesehen hat.
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Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist das Bestreiten der Beklagten auch nicht durch die Rechtskraft des Urteils im Vorprozess unbeachtlich geworden, in dem die Beklagte dazu verpflichtet worden ist, der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis 31. Oktober 2009 und für die Zeit vom 22. Oktober 2010 bis 31. Januar 2011 Pflegekosten zu erstatten. Denn die in diesem Urteil zugrunde gelegten Stundensätze und Pflege- und Bereitschaftszeiten sind nicht mit Rechtskraftwirkung für den Streitfall festgestellt worden. In Rechtskraft erwächst gemäß § 322 Abs. 1 ZPO nur die in dem Urteil ausgesprochene Rechtsfolge , nicht hingegen Vorfragen, aus denen der Richter den Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der vom Kläger beanspruchten Rechtsfolge zieht (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2012 - VIII ZR 50/12, WuM 2013, 165, 167 mwN). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts musste die Beklagte nach dem Urteil im Vorprozess auch nicht klarstellen, dass sie die Höhe des geltend gemachten Anspruchs weiter bestreiten wolle. Die Revision rügt zu Recht, dass es einer Partei nicht obliegt, ihren Vortrag nach einer Entscheidung in einem anderen Verfahren, die abweichende Zeiträume betrifft, zu wiederholen.
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Ein erneutes Bestreiten der Beklagten war auch nicht deshalb geboten, weil das Landgericht bei der Bemessung des Ersatzanspruchs wegen des von Angehörigen der Klägerin in der Zeit vom 1. Februar 2011 bis 31. Dezember 2012 erbrachten Betreuungsaufwands diejenigen Pflegezeiten und Stundensätze zugrunde gelegt hat, die der Klägerin auch im Vorprozess zugebilligt worden waren. Da das Landgericht für den hier maßgeblichen Zeitraum vom 1. Juli 2006 bis zum 30. Juni 2007 nicht festgestellt hat, dass auch insoweit die im Vorprozess angenommenen Pflegezeiten und Stundensätze heranzuziehen seien, sondern die Klage wegen Verjährung abgewiesen hat, durfte sich die Beklagte darauf beschränken, die zu ihren Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen.
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b) Die Revision wendet sich auch mit Erfolg gegen die Bestimmung der Höhe des Ersatzanspruchs wegen vermehrter Bedürfnisse für die Zeit ab 1. Februar 2012.
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aa) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass sich der ersatzfähige Aufwand zur Befriedigung vermehrter Bedürfnisse, insbesondere des Pflegebedarfs, nach den Dispositionen bestimmt, die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage treffen würde (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, VersR 2005, 1559, juris Rn. 31, insoweit in BGHZ 163, 351 nicht abgedruckt; vom 8. November 1977 - VI ZR 117/75, VersR 1978, 149, 150 mwN; vom 8. Juni 1999 - VI ZR 244/98, VersR 1999, 1156, 1157). Maßgebend ist grundsätzlich, was ein verständiger Geschädigter an Mitteln aufwenden würde, wenn er diese selbst zu tragen hätte und tragen könnte (vgl. Senatsurteile vom 13. Juli 1971 - VI ZR 260/69, VersR 1971, 1045, juris Rn. 15; vom 8. November 1977 - VI ZR 117/75, VersR 1978, 149, 150, juris Rn. 19). Kommen zum Ausgleich der Pflegebedürftigkeit verschiedene Möglichkeiten mit unterschiedlichem Kostenaufwand in Betracht (z.B. Einstellung einer Pflegekraft, Unterbringung in einem Pflegeheim oder Versorgung durch einen Familienangehörigen), so bestimmt sich die Höhe des Anspruchs danach, welcher Bedarf in der vom Geschädigten in zumutbarer Weise gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04, VersR 2005, 1559, juris Rn. 31; vom 8. November 1977 - VI ZR 117/75, VersR 1978, 149, 150 mwN; vom 8. Juni 1999 - VI ZR 244/98, VersR 1999, 1156, 1157).
21
Die Frage, ob der Geschädigte seine Lebensgestaltung in zumutbarer Weise gewählt hat, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf Ersatz vermehrter Bedürfnisse einen Ausgleich für die Nachteile schaffen soll, die dem Geschä- digten infolge dauernder Störungen seines körperlichen Wohlbefindens entstehen (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79, VersR 1982, 238, 239; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03, VersR 2004, 482; Zoll NJW 2014, 967). Er will es dem Geschädigten ermöglichen, sein gewohntes Leben trotz der erlittenen dauerhaften Beeinträchtigungen möglichst weitgehend aufrecht zu erhalten (vgl. OLG Hamm, VersR 1992, 459, 460 - Revision nicht angenommen durch Senatsbeschluss vom 11. Juni 1991 - VI ZR 307/90, NZV 1991, 387; MüKoBGB/Wagner, BGB, 7. Aufl., § 843 Rn. 68; Staudinger/Vieweg, BGB, Neubearbeitung 2015, § 843 Rn. 21; Zoll NJW 2014, 967, 968 ff.; Greger /Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 29 Rn. 32; Geigel/Pardey, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl., 4. Kapitel, Rn. 38). Dem entspricht es, dass ein Schwerstgeschädigter, sofern er dies will, in die ihm vertrauten früheren Lebensumstände zurückgeführt wird. Er muss sich grundsätzlich selbst dann nicht auf die Möglichkeit der Pflege in einer stationären Einrichtung verweisen lassen, wenn dies kostengünstiger wäre (OLG Koblenz, VersR 2002, 244, 245 - Revision nicht angenommen durch Senatsbeschluss vom 24. April 2001 - VI ZR 357/00; OLG Bremen, VersR 1999, 1030, 1031 f. - Revision nicht angenommen durch Senatsbeschluss vom 24. November 1998 - VI ZR 169/98; OLG Bamberg, VersR 2005, 1593, 1594 f.; OLG Frankfurt, Urteil vom 14. August 2014 - 12 U 15/09, juris Rn. 45; OLG Stuttgart, VersR 1977, 1038, juris Rn. 52; BeckOK BGB/Spindler, BGB, 46. Ed., § 843 Rn. 23 [Stand: 1. Mai 2018]; Staudinger/Vieweg, aaO; Zoll NJW 2014, 967, 969 ff.; Geigel /Pardey, aaO Rn. 48). Etwas anderes gilt nur dann, wenn die häusliche Pflege mit unverhältnismäßigen, für den Schädiger auch unter Berücksichtigung der Belange des Geschädigten nach Treu und Glauben nicht zumutbaren Aufwendungen verbunden ist. Hiervon ist grundsätzlich erst dann auszugehen, wenn die Kosten der häuslichen Pflege in keinem vertretbaren Verhältnis mehr zu der Qualität der Versorgung des Geschädigten stehen (vgl. OLG Bremen, VersR 1999, 1030 - Revision nicht angenommen durch Senatsbeschluss vom 24. November 1998 - VI ZR 169/98; Zoll, NJW 2014, 967, 969 f.;Staudinger/Vieweg, aaO; BeckOK BGB/Spindler BGB aaO; ähnlich MüKoBGB/Wagner, aaO Rn. 76). Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, verbietet sich vor diesem Hintergrund die Festlegung einer für sämtliche Fallgestaltungen geltenden Obergrenze in dem Sinne, dass der Ersatz der für die häusliche Pflege anfallenden Kosten generell auf den doppelten Betrag (oder ein anderes Vielfaches) der jeweiligen Heimunterbringungskosten beschränkt wäre (a.A. Hoffmann, ZfS 2007, 428, 429 f.; wohl auch OLG Koblenz, VersR 2002, 244, 245).
22
bb) Es bestehen aber Zweifel, ob sich das Berufungsgericht des Umstands bewusst gewesen ist, dass der allein streitgegenständlichen Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, VersR 1984, 782 juris Rn. 19; vom 29. Oktober 1985 - VI ZR 56/84, VersR 1986, 96, juris Rn. 10 ff.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Auflage, Einleitung Rn. 73) solche Aufwendungen nicht zuzurechnen sind, die der Heilbehandlung des Geschädigten dienen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Aufwendungen zur Befriedigung vermehrter Bedürfnisse von Heilungskosten abzugrenzen (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1955 - VI ZR 134/54, VersR 1956, 22, 23; vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79, VersR 1982, 238 f.; vom 29. Oktober 1985 - VI ZR 56/84, VersR 1986, 96, juris Rn. 10 ff.; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03, VersR 2004, 482, juris Rn. 4; Zoll, NJW 2014, 967, 969; Staudinger/Vieweg, aaO, Rn. 4). Die Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse umfasst alle unfreiwilligen Mehraufwendungen , die den Zweck haben, die Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen, dauernd und regelmäßig erforderlich sind und außerdem nicht - wie etwa Heilungskosten - der Wiederherstellung der Gesundheit dienen (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1955 - VI ZR 134/54, VersR 1956, 22, 23; vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79, VersR 1982, 238 f.; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03, VersR 2004, 482, juris Rn. 4).
23
Wie die Revision zu Recht rügt, liest sich das Berufungsurteil in einigen Passagen so, als wenn das Berufungsgericht auch solche Mehraufwendungen zu den vermehrten Bedürfnissen rechnete, die der Wiederherstellung der Gesundheit dienen. Denn es verneint eine Verletzung der Schadensminderungspflicht seitens der Klägerin bzw. ihrer Betreuerin durch Unterlassen einer adäquaten Therapie unter anderem mit der Begründung, die Hinzuziehung der - besonders teuren - Heilerziehungspfleger diene auch "einer Verbesserung des Zustands der Klägerin". Die Möglichkeit, dass es der Klägerin in einem Pflegeheim mit gesellschaftlichen Aktivitäten besser ginge als im eigenen Haus, verneint es unter anderem mit dem Argument, ein solches Pflegeheim sei für die Klägerin ungeeignet, weil es "typischerweise nicht auf Therapie- oder Rehabilitation der Bewohner ausgerichtet" sei.

III.

24
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und an das Berufungsgericht zur erneuten Prüfung unter den aufgezeigten Gesichtspunkten zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird dabei Gelegenheit haben, sich auch mit den weiteren Einwänden der Parteien in den Rechtsmittelschriften zu befassen. Galke von Pentz Müller Klein Allgayer
Vorinstanzen:
LG Magdeburg, Entscheidung vom 14.01.2016 - 10 O 1059/13 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 06.10.2016 - 9 U 14/16 -
BESCHLUSS
VI ZR 518/16
vom
6. November 2018
in dem Rechtsstreit


ECLI:DE:BGH:2018:061118BVIZR518.16.0
Richterin von Pentz als Vorsitzende, die Richterinnen Dr. Roloff und Müller und
die Richter Dr. Klein und Dr. Allgayer
beschlossen:
Das Senatsurteil vom 28. August 2018 wird gemäß § 319 Abs. 1
ZPO dahingehend berichtigt, dass es in Randnummer 19 statt "für
die Zeit ab 1. Februar 2012" heißt: für die Zeit ab 1. Februar
2011".

von Pentz Roloff Müller

Klein Allgayer


ECLI:DE:BGH:2018:061118BVIZR518.16.0

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2018 - VI ZR 518/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2018 - VI ZR 518/16

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D
Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2018 - VI ZR 518/16 zitiert 11 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 7 Haftung des Halters, Schwarzfahrt


(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) D

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 17 Schadensverursachung durch mehrere Kraftfahrzeuge


(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 18 Ersatzpflicht des Fahrzeugführers


(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursa

Pflichtversicherungsgesetz - PflVG | § 3


Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 843 Geldrente oder Kapitalabfindung


(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 11 Umfang der Ersatzpflicht bei Körperverletzung


Im Fall der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist der Schadensersatz durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Er

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2018 - VI ZR 518/16 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Nov. 2012 - VIII ZR 50/12

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2007 - XI ZR 195/05

bei uns veröffentlicht am 27.02.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 195/05 Verkündet am: 27. Februar 2007 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 83/04 Verkündet am: 12. Juli 2005 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Jan. 2004 - VI ZR 46/03

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 46/03 Verkündet am: 20. Januar 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Mai 2011 - XII ZR 86/10

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZR 86/10 vom 4. Mai 2011 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Mai 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke und die Richter Dose, Schilling und Dr.

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Juli 2013 - IV ZR 158/12

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 158/12 vom 31. Juli 2013 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. K

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2018 - VI ZR 518/16

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Berichtigt durch Beschluss vom 6.11.2018 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 518/16 Verkündet am: 28. August 2018 Böhringe

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 19/04 Verkündet am: 27. September 2006 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ne
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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Aug. 2018 - VI ZR 518/16

bei uns veröffentlicht am 28.08.2018

Berichtigt durch Beschluss vom 6.11.2018 Böhringer-Mangold, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 518/16 Verkündet am: 28. August 2018 Böhringe

Referenzen

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird infolge einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.

(2) Auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.

(3) Statt der Rente kann der Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.

(4) Der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.

(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.

(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.

(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.

(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.

(1) In den Fällen des § 7 Abs. 1 ist auch der Führer des Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens nach den Vorschriften der §§ 8 bis 15 verpflichtet. Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Schaden nicht durch ein Verschulden des Führers verursacht ist.

(2) Die Vorschrift des § 16 findet entsprechende Anwendung.

(3) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden.

Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.

Im Fall der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ist der Schadensersatz durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachteils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, dass infolge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

Ist der Versicherer gegenüber dem Versicherungsnehmer nicht zur Leistung verpflichtet, weil das Fahrzeug den Bau- und Betriebsvorschriften der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung nicht entsprach oder von einem unberechtigten Fahrer oder von einem Fahrer ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis geführt wurde, kann der Versicherer den Dritten abweichend von § 117 Abs. 3 Satz 2 des Versicherungsvertragsgesetzes nicht auf die Möglichkeit verweisen, Ersatz seines Schadens von einem anderen Schadensversicherer oder von einem Sozialversicherungsträger zu erlangen. Soweit der Dritte jedoch von einem nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 von der Versicherungspflicht befreiten Fahrzeughalter Ersatz seines Schadens erlangen kann, entfällt die Leistungspflicht des Versicherers.

16
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gelangt jedoch mit dem zulässigen Rechtsmittel grundsätzlich der gesamte aus den Akten ersichtliche Prozessstoff erster Instanz ohne weiteres in die Berufungsinstanz. Das Berufungsgericht darf also auch schriftsätzlich angekündigtes, entscheidungserhebliches Parteivorbringen berücksichtigen, das von dem erstinstanzlichen Gericht für unerheblich erachtet worden ist, auch wenn es im Urteilstatbestand keine Erwähnung gefunden hat (BGHZ 158, 295, 309; 158, 269, 278, 280 ff.). Die Klägerin hatte – wie oben (unter 2 b) bereits ausgeführt – zu den tatsächlichen Umständen, aus denen sie die Sittenwidrigkeit des Vertrags wegen eines groben Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung (§ 138 Abs. 1 und 2 BGB), dessen Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) oder jedenfalls die Berechtigung eines Wandelungsverlangens (§§ 462, 459 ff. BGB in der bis zum 31. Januar 2001 geltenden Fassung) herleitet, schon in erster Instanz vorgetragen. Der entsprechende Vortrag in der Berufungsbegründung war daher nicht neu im Sinne von § 531 Abs. 2 ZPO. Kommt es aus der allein maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts aufgrund der Klageänderung für die Entscheidung auf Tatsachen an, die – wie hier – in dem erstinstanzlichen Urteil trotz entsprechenden Parteivortrags nicht festgestellt sind, bestehen erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen , die das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 ZPO zu eigenen Feststellungen berechtigen und verpflichten (vgl. BGHZ 158, 295, 310).
18
Das Kammergericht hat die Auffassung vertreten, dass der Beklagte im Rahmen der sekundären Darlegungslast habe vortragen müssen, dass er ver- geblich versucht habe, das Grundstück zu einem angemessenen Preis zu veräußern. Unabhängig von der Frage, ob dieses Verständnis der Regeln über die sekundäre Darlegungslast der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs entspricht (vgl. hierzu Senatsurteile vom 18. Februar 2009 - XII ZR 163/07 - FamRZ 2009, 849 Rn. 22 und vom 22. April 1998 - XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955, 956 mwN), hat das Kammergericht sich nicht mit dem Vorbringen des Beklagten befasst, wonach dieser bereits im Jahr 2001 einen Architekten mit dem Verkauf der Immobilie beauftragt habe und trotz mehrerer Kaufinteressenten ein Verkauf des Anwesens nur an der nicht erteilten Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht gescheitert sei. Auf der Grundlage der vom Kammergericht vertretenen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast wäre dieses Vorbringen des Beklagten entscheidungserheblich gewesen. Dennoch wurde es vom Kammergericht nicht berücksichtigt. Zwar hat der Beklagte diesen erstinstanzlichen Vortrag in der Berufungsinstanz nicht ausdrücklich wiederholt. Da das Landgericht zu der behaupteten Pflichtverletzung durch den verspäteten Verkauf der Immobilie keine Ausführungen gemacht hat, bestand für den Beklagten nach dem bisherigen Verfahrensverlauf aber kein Anlass, in der Berufungserwiderung diesen Vortrag ausdrücklich zu wiederholen. Da dieses Vorbringen in der Berufungsinstanz angefallen war (vgl. BGH Urteil vom 27. September 2006 - VIII ZR 19/04 - NJW 2007, 2414 Rn. 16 mwN), hätte es vom Kammergericht berücksichtigt werden müssen.
43
a) Wie die Revision zutreffend aufzeigt, hat der Beklagte zu 3) in erster Instanz vorgetragen, eine Mitarbeiterin der Zedentin habe bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages erklärt, dass die Bürgschaftsübernahme lediglich vorübergehend sei und er unter Aushändigung der Bürgschaftsurkunde wieder aus der Haftung entlassen werde, sobald die von dem Beklagten zu 1) erwartete - und später unstreitig erfolgte - Steuererstattung in Höhe von ca. 50.000 DM auf dem Kontokorrentkonto eingegangen sei. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen, für das der Beklagte zu 3) Beweis angeboten und auf das er in seiner Berufungserwiderung Bezug genommen hat, verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt.
16
b) Zu Unrecht und unter Verletzung des rechtlichen Gehörs hat das Berufungsgericht den Beklagten gemäß den §§ 525 Satz 1, 296a Satz 1 ZPO als mit der Hilfsaufrechnung ausgeschlossen angesehen, da diese mangels Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen nicht Gegenstand der Berufungserwiderung gewesen sei. Mit seiner Auffassung , die Berufungserwiderung hätte mindestens eine pauschale Bezug- nahme auf das erstinstanzliche Vorbringen enthalten müssen, hat das Berufungsgericht die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung verkannt , nach der keine Regelung existiert, die es dem Berufungsbeklagten auferlegte, erstinstanzliches Vorbringen zu wiederholen oder jedenfalls in Bezug zu nehmen. Dem Berufungsbeklagten obliegt es nur, seine Verteidigungsmittel insoweit vorzubringen, als es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht. Er darf sich in erster Linie darauf beschränken, die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen und neue Angriffsmittel des Berufungsbeklagten abzuwehren (BVerfG NJW 2000,

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEILVERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL
VIII ZR 50/12 Verkündet am:
21. November 2012
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen
Dr. Milger, Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 10. Januar 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 1.285,63 € nebst Zinsen hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 24. Februar 2011 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagten zur Zahlung von mehr als 1.285,63 € nebst Zinsen verurteilt worden sind. Die weitergehende Revision wird als unzulässig verworfen. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin ¾ und die Beklagten ¼ zu tragen. Das Urteil ist für die Beklagten vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung von Miete und Betriebskosten. Die Beklagten waren seit dem Jahr 1991 Mieter einer Wohnung in M. , F. straße 40. Die Monatsmiete betrug 180,53 € (= 1,58 € pro Quadratmeter) nebst 97,50 € Nebenkostenvorauszahlung (= 0,85 € pro Qua- dratmeter). Nachdem die Voreigentümerin das Haus an die h GmbH & Co. KG (im Folgenden: Rechtsvorgängerin der Klägerin) veräußert hatte, kündigte diese den Beklagten im Jahre 2006 umfassende Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an. Im Rahmen dieser Maßnahmen sollte der Zuschnitt der Wohnungen des Hauses F. straße 40 grundlegend verändert und die Wohnung der Beklagten nahezu halbiert werden.
2
Am 15. November 2006 führte der damalige Bevollmächtigte der Beklagten ein Telefongespräch mit dem Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Klägerin, dem Zeugen Dr. H. . Darin bat letzterer um den Auszug der Beklagten, damit die Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden könnten. Er bot den Beklagten als Ausweichquartier eine ebenfalls der Rechtsvorgängerin der Klägerin gehörende - deutlich kleinere - Wohnung in der H. Straße in M. an. Der weitere Inhalt dieses Gesprächs und weiterer unter Beteiligung der Beklagten und des Zeugen Dr. H. geführter Gespräche ist streitig.
3
Am 13. Dezember 2006 zogen die Beklagten in die Wohnung in der H. Straße . Nach dem Erwerb dieser Wohnung forderte die Klägerin die Beklagten mehrfach auf, einen schriftlichen Mietvertrag für die Wohnung in der H. Straße mit einer Grundmiete von 442,80 € (= 5,60 € pro Quadratmeter) und einer Betriebskostenvorauszahlung von 158,14 € zu unter- schreiben, was die Beklagten jedoch ablehnten.
4
Im Jahre 2008 erhoben die Beklagten gegen die Rechtsvorgängerin der Klägerin Klage auf Ersatz der ihnen infolge des Umzugs entstandenen Aufwendungen. Diese Klage hatte in zweiter Instanz vor dem auch mit dem vorliegenden Rechtsstreit befassten Berufungsgericht im Wesentlichen Erfolg. Das Berufungsgericht war in seinem Urteil vom 8. Juli 2009 (2 S 91/09) zu der Beurteilung gelangt, das Mietverhältnis sei durch den Auszug der Beklagten aus ihrer ursprünglichen Wohnung nicht beendet worden. Vielmehr sei der Mietvertrag im Rahmen der oben erwähnten, vom Landgericht damals als unstreitig angesehenen Vereinbarung mit dem Geschäftsführer der Rechtsvorgängerin der Klägerin dahingehend modifiziert worden, dass sich der Mietgebrauch künftig vorläufig an der Wohnung in der H. Straße und ab Herbst 2007 dauerhaft an einer ebenfalls der Rechtsvorgängerin der Klägerin gehörenden Wohnung in der G. Straße fortsetzen solle. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Rechtsvorgängerin der Klägerin ist nach einem Hinweisbeschluss des erkennenden Senats gemäß § 552a ZPO (Senatsbeschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZR 192/09, WuM 2010, 565) zurückgenommen worden.
5
Für die Wohnung in der H. Straße zahlten die Beklagten ab ihrem Einzug bis einschließlich April 2008 unter Zugrundelegung des für ihre alte Wohnung vertraglich geschuldeten Quadratmeterpreises insgesamt 1.999,04 € auf die Grundmiete und 1.549,78 € auf die Betriebskosten. Ende des Jahres 2008 zogen die Beklagten aus der Wohnung aus.
6
Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin für den Zeitraum von März 2007 bis April 2008 die Zahlung der Differenz zwischen der von den Beklagten gezahlten Miete und einer - die ortsübliche Miete nicht überschreitenden - mo- natlichen Grundmiete von 5,40 € pro Quadratmeter sowie die Zahlung des Betriebskostensaldos aus den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 geltend. Insgesamt begehrt sie die Zahlung von 5.170,28 € nebst Zinsen.
7
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat teilweise Erfolg. Über das Rechtsmittel ist, soweit die Revision Erfolg hat, antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Klägerin in der mündlichen Revisionsverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Klägerin, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. BGH, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 81 ff.).

I.

9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Mit dem Amtsgericht sei davon auszugehen, dass von den Parteien ein neuer Mietvertrag über die Wohnung in der H. Straße geschlossen worden sei. Zwar gebe es keinen schriftlichen Mietvertrag, weil die Beklagten sich geweigert hätten, einen solchen zu unterzeichnen. Es sei jedoch konkludent ein Vertrag dadurch geschlossen worden, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin den Beklagten die Wohnung überlassen habe und diese in die Wohnung eingezogen seien. Soweit die Beklagten behauptet hätten, der ursprüng- lich bestehende Mietvertrag habe hinsichtlich der Quadratmetermiete weiterhin Geltung haben sollen, sei das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagten für diese ihnen günstige Behauptung die Darlegungs- und Beweislast trügen. Ziehe jemand aus seiner Wohnung aus und in eine andere Wohnung ein, so spreche zunächst einmal nichts dafür, dass der ursprüngliche Mietvertrag über eine gänzlich andere Wohnung mit einer anderen Größe in einem anderen Haus für die neue Wohnung Geltung behalten solle. Ob eine Änderungsvereinbarung oder eine Novation vorliege, sei im Wege der Auslegung zu ermitteln, wobei die Umstände des Einzelfalls Berücksichtigung finden müssten. Hier seien zunächst die Umstände des Auszugs der Beklagten aus der Wohnung in der F. straße 40 zu beachten. In Anbetracht der unstreitigen Tatsachen, dass das Haus seit Jahren überwiegend leer gestanden habe und umfangreiche Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten hätten durchgeführt werden sollen, denen sich die Beklagten selbst innerhalb ihrer Wohnung gemäß § 554 BGB nicht vollständig hätten widersetzen können, sei es nicht ausgeschlossen, dass sie lieber ausgezogen und einen neuen Mietvertrag für eine andere Wohnung eingegangen seien, als auf der Baustelle zu bleiben. Dies gelte umso mehr, als nach den geplanten Sanierungen voraussichtlich mit einer nicht unerheblichen Mieterhöhung zu rechnen und die Vorteile eines Verbleibs in der alten Wohnung daher gering bis überhaupt nicht vorhanden gewesen seien.
11
Die Behauptung der Beklagten, die Wohnung in der H. Straße habe nur eine Übergangslösung sein sollen, sei vor dem Hintergrund, dass sie bis zu ihrem Auszug und Umzug in ein anderes Bundesland in der Wohnung geblieben seien, obwohl ihnen nach ihrer eigenen Behauptung ein Umzug in die G. Straße für Herbst 2007 zugesagt worden und die Wohnung in der H. Straße für sie viel zu klein gewesen sei, nicht plausibel.
12
Die von den Beklagten behauptete Vereinbarung, wonach der Mietvertrag der Wohnung in der F. straße für die Wohnung in der H. Straße habe weiter gelten sollen, hätten sie nicht beweisen können.
13
Das im Vorprozess ergangene Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 8. Juli 2009 führe zu keiner anderen Beurteilung. Soweit dort ausgeführt werde, der ursprüngliche Mietvertrag habe seine Fortsetzung gefunden, sei diese Feststellung eines präjudiziellen Rechtsverhältnisses nicht in Rechtskraft erwachsen.
14
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte sei davon auszugehen, dass ein neuer Mietvertrag über die Wohnung in der H. Straße geschlossen worden sei. Mangels der Vereinbarung eines Mietzinses sei die ortsübliche Miete geschuldet.

II.

15
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin für die Zeit nach dem Umzug der Beklagten in das Ausweichquartier keine höhere Miete zu, weil das Mietverhältnis der Parteien unter Auswechselung des Mietobjekts für die neue Wohnung fortgesetzt worden und nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagten die Miete (nur) auf der Grundlage der bisherigen Quadratmetermiete weiterzahlten. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Parteien hätten konkludent einen neuen Mietvertrag (Novation) geschlossen, aufgrund dessen die Beklagten mangels Vereinbarung eines konkreten Betrages die ortsübliche Vergleichsmiete zu zahlen hätten, beruht auf einer Verkennung der Darlegungs- und Beweislast. Auch ist die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung der Umstände des Streitfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
16
1. Allerdings ist das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision mit Recht davon ausgegangen, dass der von ihm getroffenen Feststellung des (konkludenten) Abschlusses eines neuen Mietvertrags nicht die materielle Rechtskraftwirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils des Landgerichts Magdeburg entgegensteht.
17
In Rechtskraft erwächst gemäß § 322 Abs. 1 ZPO nur die im Urteil ausgesprochene Rechtsfolge, nicht hingegen die Feststellung zugrunde liegender präjudizieller Rechtsverhältnisse und sonstiger Vorfragen, aus denen der Richter den Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der von der Klagepartei beanspruchten Rechtsfolge zieht (st. Rspr.; siehe etwa Senatsurteile vom 8. Februar 1965 - VIII ZR 121/63, BGHZ 43, 144, 145; vom 16. November 2005 - VIII ZR 218/04, NJW-RR 2006, 229 Rn. 23; BGH, Urteil vom 12. Mai 2011 - III ZR 107/10, WM 2011, 1524 Rn. 38; jeweils mwN; Musielak/Musielak, ZPO, 9. Aufl., § 322 Rn. 17; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., vor § 322 Rn. 34 und 36). Für den im Vorprozess zuerkannten Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten stellte die Frage der Änderung oder Novation des Mietvertrags nur eine Vorfrage dar, deren Beurteilung für die im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Miet- und Betriebskostenforderung der Klägerin keine Rechtskraftwirkung entfaltet.
18
2. Im Ausgangspunkt ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen , dass bei der Beurteilung, ob im Zusammenhang mit dem Auszug der Beklagten aus ihrer ursprünglichen Wohnung und dem Einzug in die Wohnung in der H. Straße lediglich eine Vertragsänderung in Gestalt eines Austauschs des Mietobjekts oder der Abschluss eines neuen Mietvertrags erfolgt ist, durch Auslegung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln ist, was die Parteien gewollt haben.
19
Hierbei hat das Berufungsgericht jedoch die vom Bundesgerichtshof entwickelten, in dem im Vorverfahren ergangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 22. Juni 2010 (VIII ZR 192/09, aaO Rn. 12) aufgezeigten Maßstäbe zur Abgrenzung zwischen einer Vertragsänderung und einer Schuldumschaffung (Novation) nicht berücksichtigt und insbesondere verkannt, dass die Klägerin , die eine höhere Miete begehrt, für die ihr günstige Behauptung, dass die Parteien anlässlich des Umzugs der Beklagten nicht nur einen Austausch des Mietobjekts vereinbart, sondern darüber hinaus einen neuen Mietvertrag geschlossen haben, nach allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast trägt.
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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Abgrenzung zwischen einer Vertragsänderung - die auch die Hauptleistungspflichten, zum Beispiel in Form eines Austauschs des Mietobjekts betreffen kann (BGH, Urteil vom 26. Februar 1992 - XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283 unter II 3; Senatsbeschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZR 192/09, aaO; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Auflage, § 311 Rn. 3) - und einer Novation durch Auslegung zu ermitteln , was die Parteien im Einzelfall gewollt haben (Senatsbeschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZR 192/09, aaO; BGH, Urteile vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 21; vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, NJWRR 2011, 403 Rn. 28; jeweils mwN). Diese Auslegung obliegt zwar grundsätzlich dem Tatrichter und kann deshalb in der Revisionsinstanz nur beschränkt überprüft werden (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, aaO). Bei der Auslegung ist jedoch die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, große Vorsicht geboten ist und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden darf, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck bringen (BGH, Urteile vom 14. November 1985 - III ZR 80/84, NJW 1986, 1490, unter I 3 a; vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, aaO; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, aaO; Senatsbeschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZR 192/09, aaO; jeweils mwN). Im Zweifel ist daher nur von einer Vertragsänderung auszugehen (BGH, Urteile vom 14. November 1985 - III ZR 80/84, aaO; vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 367/07, aaO; Senatsbeschluss vom 22. Juni 2010 - VIII ZR 192/09, aaO; jeweils mwN; Palandt/Grüneberg, aaO, Rn. 8).
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b) Das Berufungsgericht hat daher zu Unrecht angenommen, dass die Beklagten den Fortbestand des bisherigen Mietvertrags darzulegen und zu beweisen hatten. Im Gegenteil traf die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Parteien mit dem Umzug der Beklagten einen neuen, vom bisherigen Mietverhältnis unabhängigen Mietvertrag schließen wollten und deshalb anzunehmen war, dass der Wille der Parteien - mangels Bezifferung der im neuen Mietverhältnis zu zahlenden Miete - dahin ging, dass die Beklagten nunmehr die für die neue Wohnung ortsübliche Miete zu zahlen hatten (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1994 - X ZR 30/93, NJW 1995, 49 unter 1 b bb b1; Zöller/Greger, aaO, vor § 284 Rn. 19; jeweils zur Vertragsänderung).
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c) Umstände, die auf einen derartigen Willen beider Parteien zum Abschluss eines neuen Mietvertrags schließen ließen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
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aa) Die Einschätzung, es sei mit Rücksicht auf den langfristigen Leerstand und die beabsichtigten umfangreichen Sanierungsarbeiten nicht ausgeschlossen , dass die Beklagten es vorgezogen hätten, einen neuen Mietvertrag abzuschließen, statt auf einer Baustelle zu wohnen, erlaubt keinen Rückschluss auf eine tatsächlich vereinbarte Novation.
24
bb) Auch soweit das Berufungsgericht meint, bei einem Auszug des Mieters aus seiner Wohnung und dem Einzug in eine andere Wohnung spreche zunächst einmal nichts dafür, dass der ursprüngliche Mietvertrag für die neue Wohnung Geltung behalten solle, lässt sich hieraus im Streitfall nichts für die Annahme einer Novation herleiten. Denn das Berufungsgericht hat insoweit nicht berücksichtigt, dass die Beklagten in eine Ersatzwohnung desselben Vermieters umgezogen sind.
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cc) Zudem lag der Auszug der Beklagten, wie den Feststellungen zu entnehmen ist, vorrangig im Interesse der Rechtsvorgängerin der Klägerin, die anderenfalls die beabsichtigte umfassende Modernisierung jedenfalls nicht zeitnah hätte durchführen können. Deshalb liegt die Annahme fern, die Beklagten seien bereit gewesen, zur freiwilligen Ermöglichung dieser Modernisierung nicht nur in eine erheblich kleinere Ersatzwohnung umzuziehen, sondern hierfür auch noch einen neuen Mietvertrag abzuschließen und eine deutlich höhere Miete zu zahlen.
26
3. Soweit das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Betriebskostensaldos für die Abrechnungszeiträume 2007 und 2008 in Höhe von 1.285,63 € nebst Zinsen bejaht hat, greift die Revisionsbegründung das Berufungsurteil nicht an. Hinsichtlich dieses abgrenzbaren Teilstreitgegenstands ist die Revision daher unzulässig.

III.

27
Nach alledem kann das Urteil des Berufungsgerichts, soweit der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung einer höheren Miete zugesprochen worden ist, keinen Bestand haben; es ist daher insoweit und im Kostenpunkt aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da der Klägerin - auch durch die Aussage des Geschäftsführers ihrer Rechtsvorgängerin, der sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Vereinbarung einer höheren Miete entnehmen lassen - der ihr obliegende Beweis einer Novation nicht gelungen ist, steht ihr der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer höheren Miete nicht zu. Auf die Berufung der Beklagten ist daher das Urteil des Amtsgericht insoweit abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagten zur Zahlung von mehr als 1.285,63 € nebst Zinsen verurteilt worden sind. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Magdeburg, Entscheidung vom 24.02.2011 - 121 C 1586/08 -
LG Magdeburg, Entscheidung vom 10.01.2012 - 2 S 80/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 83/04 Verkündet am:
12. Juli 2005
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Anlage zu § 664 HGB Art. 10
EinigungVtr Anlage I Kap. III Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1b, Nr. 4

a) Das Athener Übereinkommen von 1974 findet auf das Binnenschiffahrtsrecht im
Gebiet der ehemaligen DDR keine Anwendung.

b) Zur Auslegung von Art. 10 der Anlage zu § 664 HGB.
BGH, Urteil vom 12. Juli 2005 - VI ZR 83/04 - Brandenburgisches OLG
AG Brandenburg a.d.H.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Juli 2005 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts als Schiffahrtsobergericht vom 25. Februar 2004 werden zurückgewiesen. Auf die Rechtsmittel der Klägerin wird das vorgenannte Urteil - unter Zurückweisung ihrer Revision im übrigen - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Rentenanträge für die Zeit nach dem 1. Juli 2009 und den Feststellungsantrag hinsichtlich der Umbaukosten des Schlosses V. als unzulässig abgewiesen und die Kosten der privatärztlichen Behandlung in Höhe von 3.692,04 € als nicht erstattungsfähig angesehen hat. Insoweit werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 3.692,04 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 3. Februar 2001 zu bezahlen. Im übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten aus einem Unfall auf einem Binnenmotorschiff in Anspruch. Die Klägerin wurde am 1.7.2000 während einer Kreuzfahrt , die sie bei der Beklagten zu 1 gebucht hatte und die durch die Beklagte zu 2 ausgeführt wurde, durch das Zusammenstürzen eines unvollständig gesicherten Sonnendachs auf dem vom Beklagten zu 3 geführten Binnenmotorschiff S. schwer verletzt und ist seitdem querschnittsgelähmt. Sie verlangt Schmerzensgeld, Ausgleich von Erwerbsschaden bzw. Mehrbedarfsrente und Mehrbedarfskosten, die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige materielle und immaterielle Schäden sowie die Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff. Das Amtsgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben, sie jedoch abgewiesen, soweit die Klägerin ein Schmerzensgeld von mehr als 225.000 € sowie Ersatz der Kosten für schweizerische Rechtsanwälte von mehr als 250 € und privatärztlich angefallene Heilbehandlungskosten begehrt hat. Auf die Berufungen aller Parteien hat das Berufungsgericht das amtsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert, das Schmerzensgeld in der beantragten Mindesthöhe zugesprochen , jedoch Rentenansprüche nach dem 1. Juli 2009 sowie die Feststellungsklage betreffend Umbaukosten des Zweitwohnsitzes als unzulässig abgewiesen. Auf die Anschlußberufung der Klägerin hat es die Beklagte zu 2 zu einer Sicherheitsleistung von 160.000 € für die ab 1. Januar 2004 zu zahlende Rente verurteilt. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen erstreben die Beklagten weiterhin vollständige Klageabweisung und die Klägerin eine Verurteilung auch hinsichtlich der abgewiesenen Anträge.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint die Zulässigkeit der Klage auf Zahlung einer Schadensrente nach dem 1. Juli 2009, da die Klägerin nicht einmal die Größenordnung ihrer Vorstellungen angegeben habe. Die hilfsweise erhobene Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Die Feststellungsklage hinsichtlich der Umbaukosten für Schloß V. (Zweitwohnsitz) sei ebenfalls mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Im übrigen bejaht es eine Haftung der Beklagten aus §§ 77 Abs. 1 BinSchG, 664 Abs. 1 HGB, 823 Abs. 1 BGB. Der Beklagte zu 3 habe grob fahrlässig gehandelt, als er das Hubseil für das Sonnendach gelöst habe, ohne sich zuvor zu vergewissern, ob beide Sicherungen angebracht waren. Haftungsbeschränkungen griffen angesichts der groben Fahrlässigkeit nicht ein; das Athener Übereinkommen von 1974 gelte nicht für die Binnenschiffahrt auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.

II.

A. Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3: Die Revisionen der Beklagten zu 1 bis 3 haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Revision uneingeschränkt zugelassen. Seine Entscheidung enthält keine klare Beschränkung der Zulassung. Der Bundesgerichtshof hat es wiederholt als für eine Beschränkung unzureichend angesehen , wenn das Berufungsgericht lediglich - wie hier - eine Begründung für die Zulassung der Revision genannt hat ohne weiter erkennbar zu machen, daß
es eine Zulassung der Revision auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen (vgl. BGHZ 153, 358, 361; Urteil vom 3. März 2005 - IX ZR 45/05 - NJW-RR 2005, 715, 716). 1. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach aus §§ 77 Abs. 1 BinSchG, 664 Abs. 1 HGB, Artt. 2, 3, 10, 11 der Anlage zu § 664 Abs. 1 Satz 1 HGB - Bestimmungen über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See (i.d.F. des 2. Seerechtsänderungsgesetzes vom 25. Juli 1986, BGBl. I, 1120, 1122 ff.; künftig nur: Anlage), § 823 Abs. 1 BGB ohne Rechtsfehler bejaht.
a) Zu Recht und von den Revisionen nicht angegriffen hat das Berufungsgericht die Schädigung durch den Unfall vom 1. Juli 2000 als Körperverletzung der Klägerin bei der Beförderung auf Binnengewässern, die Beklagte zu 1 als Beförderer (Art. 1 Nr. 1a der Anlage) und die Beklagte zu 2, die Schiffseignerin, als ausführenden Beförderer (Art. 1 Nr. 1b der Anlage) eingestuft (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 16. Dezember 1996 - II ZR 266/95 - TransportR 1997, 154, 155 und vom selben Tag - II ZR 271/95 - TransportR 1997, 158f.).
b) Das Berufungsgericht hat ein grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten zu 3 als Verschulden i.S.d. Artt. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Satz 2 der Anlage festgestellt. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. aa) Die tatrichterliche Entscheidung, ob dem Schädiger der Vorwurf grober Fahrlässigkeit zu machen ist, ist mit der Revision nur beschränkt angreifbar. Der Nachprüfung unterliegt lediglich, ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Verschuldensgrades wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 8. Mai 1984 - VI ZR 296/82 - VersR 1984, 775, 776; vom 12. Januar 1988
- VI ZR 158/87 - VersR 1988, 474; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 15/88 - VersR 1989, 109; vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985). bb) Das Berufungsgericht hat den Begriff der groben Fahrlässigkeit nicht verkannt. Grobe Fahrlässigkeit setzt einen objektiv schweren und subjektiv nicht entschuldbaren Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Diese Sorgfalt muß in ungewöhnlich hohem Maß verletzt und es muß dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ein objektiv grober Pflichtenverstoß rechtfertigt für sich allein noch nicht den Schluß auf ein entsprechend gesteigertes persönliches Verschulden, nur weil ein solches häufig damit einhergeht. Vielmehr erscheint ein solcher Vorwurf nur dann als gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 Abs. 1 BGB a.F. (jetzt: § 276 Abs. 2 BGB n.F.) bestimmte Maß erheblich überschreitet (st. Rspr. vgl. zuletzt Senatsurteil vom 30. Januar 2001 - VI ZR 49/00 - VersR 2001, 985, 986 und BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - IV ZR 173/01 - VersR 2003, 364). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. cc) Das Berufungsgericht hat bei seiner tatrichterlichen Wertung des Verhaltens des Beklagten zu 3 als grob fahrlässig auch keine wesentlichen Umstände außer acht gelassen. (1) Da für den Verkehrsbereich der Personenbeförderung in der Binnenschiffahrt - worauf die Revision der Beklagten zu 2 und 3 zu Recht hinweist - keine rechtlichen Vorschriften über besondere Verhaltensregeln bestehen, hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, ob sich solche besonderen Verhaltensregeln aus der konkreten Situation beim Aufbau des Sonnendachs ergeben. Es hat dabei als wesentlich den Umstand bewertet, daß der Beklagte
zu 3 dem Zeugen M. innerhalb kurzer Zeit zwei völlig unterschiedliche Weisungen (zunächst einseitige Absicherung, dann "kompletter Aufbau") erteilte. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht wegen der hierdurch geschaffenen Gefahr von Mißverständnissen und der erheblichen Gefährdung, die von dem tonnenschweren Sonnendach bei unsachgemäßer Befestigung für die Fahrgäste ausgeht, dem Beklagten zu 3 eine besondere Sorgfaltspflicht dahin auferlegt, sich vor Ablösen des Hubseils zu vergewissern, ob die zuletzt gegebene Weisung auch umgesetzt worden ist. Es begegnet daher keinen rechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung im Unterlassen dieser gebotenen Kontrolle ein grob fahrlässiges Verhalten sieht. (2) Die hiergegen erhobenen Rügen der Revisionen der Beklagten greifen nicht durch. Soweit die Revisionen der Beklagten dem Berufungsgericht vorwerfen, es überspanne die Sorgfaltsanforderungen an einen Schiffsführer und lasse wesentliche tatsächliche Umstände unberücksichtigt, können sie damit nicht durchdringen. Der erkennende Senat vermag der Auffassung, ein Schiffsführer dürfe darauf vertrauen, daß seine Anweisungen vom Schiffspersonal - zumal wenn dieses wie hier der Zeuge M. selbst das Schiffsführerpatent besitze - auch umgesetzt werden, so daß es insoweit keiner Nachfragen bedürfe, in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Zwar mag es Seemannsbrauch sein, daß bei Routinemaßnahmen, die das Personal ohne weiteres beherrscht, eine Anweisung des Schiffsführers an ein qualifiziertes Besatzungsmitglied nicht auf ihre Durchführung hin überprüft werden muß und daß der Schiffsführer darauf vertrauen kann, diese Routinemaßnahme werde auch anweisungsgemäß erledigt. Die Revision verkennt jedoch, daß von einem solchen "Routine"-Anweisungsfall hier nicht ausgegangen werden kann: der Beklagte zu 3 hat in kurzer zeitlicher
Abfolge zwei sich möglicherweise widersprechende Anweisungen erteilt, die noch dazu in der konkreten Situation ("Komplettaufbau" auf die beidseitige Verspannung des Sonnendachs oder auf die Bestuhlung bezogen) nicht eindeutig waren, ohne den Besatzungsmitgliedern mit der gebotenen Deutlichkeit klarzumachen , daß die zweite Anweisung die erste widerrufen sollte. Ein Schiffsführer darf sich bei einer derart gefahrenträchtigen Maßnahme wie dem Lösen des Hubseils nur dann darauf verlassen, daß seine Anweisungen weisungsgemäß umgesetzt werden, wenn er zuvor sicherstellt, daß die Anweisung auch hinreichend deutlich ist und verstanden wird. Bei einer solchen Sachlage ist die Wertung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, der Beklagte zu 3 habe sich hier vor Lösen des Hubseils vergewissern müssen, ob die Anweisung richtig umgesetzt wurde. Soweit die Revision meint, der Beklagte zu 3 habe jedenfalls beim Lösen des Hubseils nicht von einer Widersprüchlichkeit seiner Anweisungen ausgehen müssen, weil er die Aufforderung des Zeugen M., das Hubseil zu lösen, als Bestätigung seiner Anweisung habe verstehen dürfen, zeigt sie keine Umstände auf, die das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft bei seiner Wertung nicht berücksichtigt hat. Auch kann die Revision der Beklagten zu 1 nicht mit Erfolg darauf verweisen , daß das AG Oranienburg in seinem Strafurteil vom 11. Januar 2002 das Verschulden des Beklagten zu 3 lediglich als Augenblicksversagen gewertet hat. Das Strafgericht wirft dem Beklagten zu 3 gleichfalls vor, er habe die Ausführung der späteren Anweisung durch konkrete Nachfrage überwachen müssen. Wenn es dennoch von einem Augenblicksversagen ausgeht, ist dies lediglich eine Bewertung im Rahmen der Strafzumessung. Eine Bindung des Zivilrichters an das strafgerichtliche Urteil besteht nicht und ist mit der das Zivilprozeßrecht beherrschenden freien Beweiswürdigung nicht vereinbar (vgl.
BGH, Beschl. vom 16. März 2005 - IV ZR 140/04 - z.V.b.). Hinzu kommt, daß der im Strafprozeß anzuwendende individuelle Sorgfaltsmaßstab im Zivilrecht keine Geltung hat. Hier gilt vielmehr ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektivierter Fahrlässigkeitsbegriff. Hiernach hätte der Beklagte zu 3 im Hinblick auf die Schwere der Gefahr gerade wegen seiner widersprüchlichen Anweisungen besonderen Anlaß zur Prüfung gehabt, ob das Sonnendach beidseits befestigt war. (3) Die Revision der Beklagten zu 2 und 3 beanstandet vergeblich, das Berufungsgericht zeige nur eine objektiv grobe Pflichtverletzung des Beklagten zu 3 auf, erläutere jedoch nicht, worin es dessen subjektiv unentschuldbare Pflichtverletzung sehe. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen den Vorwurf einer subjektiv unentschuldbaren Pflichtverletzung. Der Beklagte zu 3 hat trotz der Gefährlichkeit des Sonnendachs für die Menschen unter dem Dach das Hubseil ohne jede Vergewisserung über eine ausreichende anderweitige Sicherung gelöst. Damit hat er in ungewöhnlich hohem Maß die Anforderungen an die Sicherheit der ihm anvertrauten Passagiere und Besatzungsmitglieder außer Acht gelassen.
c) Dieses Verschulden des Beklagten zu 3 hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei der Beklagten zu 1 als Beförderer nach Art. 3 Abs. 2 der Anlage zu § 664 HGB (vgl. in gleichem Sinn §§ 428 Satz 2, 435 HGB für das Landfrachtrecht ) und - insoweit unangegriffen - der Beklagten zu 2 als ausführendem Beförderer nach Artt. 3 Abs. 1 Satz 2, 2 Abs. 1 der Anlage zugerechnet und eine gesetzliche Haftungsbeschränkung der Ansprüche der Klägerin nach Art. 5 der Anlage wegen grob fahrlässiger Schadensverursachung durch einen Bediensteten oder Beauftragten in Ausübung seiner Verrichtungen nach Art. 10 Abs. 1 der Anlage verneint.
Zwar erwähnt der Wortlaut des Art. 10 der Anlage in Absatz 1 nur den Beförderer und seine Bediensteten oder Beauftragten; dies ist - entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten zu 1 - jedoch nicht dahin zu verstehen, daß die Haftungsbeschränkung des Beförderers nur bei grobem Verschulden eigener Bediensteter und Beauftragter ausgeschlossen wäre, nicht dagegen bei entsprechendem Verschulden der Hilfspersonen des ausführenden Beförderers. Art. 10 der Anlage darf nicht isoliert von den übrigen Bestimmungen gelesen werden. Aus Art. 3 Abs. 2 der Anlage folgt, daß der Beförderer, der den Beförderungsvertrag nicht selbst erfüllt, auch für die Handlungen und Unterlassungen des ausführenden Beförderers und dessen Bediensteten haftet. Daß diese Haftung auch bei grobem Verschulden der Bediensteten des ausführenden Beförderers summenbeschränkt sein soll, läßt sich Art. 10 Abs. 1 der Anlage nicht entnehmen; vielmehr ist hier die Zurechnung unmittelbar aus Art. 3 Abs. 2 der Anlage herzuleiten (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Auflage, Anl. § 664 Art. 10, Rn. 5). Der Ansicht der Revision der Beklagten zu 1, die Wortwahl des Art. 10 Abs. 1 spreche für eine bewußte Einschränkung der Zurechnung auf eigene Bedienstete oder Beauftragte des Beförderers, vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Nach dem Wortlaut des Art. 10 Abs. 1 der Anlage ließe sogar grobes Verschulden der eigenen Hilfspersonen die Haftungsbeschränkung des ausführenden Beförderers nicht entfallen, weil Art. 10 Abs. 1 nur vom Beförderer und nicht vom „ausführenden Beförderer“ spricht. Eine Ungleichbehandlung von Beförderer und ausführendem Beförderer war vom Gesetzgeber hier jedoch ersichtlich nicht gewollt (vgl. Rabe, aaO; Herber, Neues Haftungsrecht der Schiffahrt, S. 179; Herber, Seehandelsrecht, § 34, S. 371). Das ergibt sich aus der amtlichen Begründung zum Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 10/3852, S. 30). Dort ist ausgeführt, daß der Beförderer das Recht verliert, sich auf die Beschränkung der Haftung zu berufen, "wenn er oder eine Person, für deren Handeln er einzustehen hat, den Schaden vorsätzlich oder
grob fahrlässig verursacht hat". Einzustehen hat der Beförderer nach Art. 3 jedoch auch für den ausführenden Beförderer und dessen Bedienstete. Daraus ergibt sich, daß der Gesetzgeber mit Art. 10 der Anlage generell einen Verlust der Haftungsbeschränkung bei grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten bezweckt hat (vgl. Rabe aaO, Rn. 5; Herber, Seehandelsrecht, § 34, S. 371). Einer analogen Anwendung (dazu vgl. Herber, Neues Haftungsrecht der Schifffahrt , S. 180) bedarf es somit nicht. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten zu 1 folgt keine andere Beurteilung aus der Regelung des § 5b BinSchG (i.d.F. des Gesetzes zur Änderung der Haftungsbeschränkung in der Binnenschiffahrt vom 25. August 1998, BGBl. I, 2489 f.), der für den Wegfall der Haftungsbeschränkung des Schiffseigners dessen eigenes qualifiziertes Verschulden verlangt (vgl. Korioth, in: Herber /Fischer/Korioth/Hartmann, Transport- und Haftungsrecht in der Binnenschiffahrt , 2000, 77). § 5b BinSchG betrifft nämlich die Haftung des Schiffseigners als solche, die sich allein aus der Tatsache ergibt, daß er Eigner des Schiffes ist ("Reederprivileg", vgl. Korioth, aaO, 88 f.). Demgegenüber geht es vorliegend um die Haftung aus dem Beförderungsvertrag. Aus der Gesetzesbegründung zum (inzwischen überholten, aber durch die Neuregelung des Binnenschiffahrtsgesetzes inhaltlich insoweit nicht geänderten, vgl. BTDrucks. 13/8446, S. 34) § 77 BinSchG i.d.F. des 2. Seerechtsänderungsgesetzes (BGBl. I 1986, 1120 ff.) ergibt sich hierzu, daß der Gesetzgeber zwischen der Haftung des Schiffseigners, der nicht Beförderer ist, und der des Beförderers unterscheidet: hiernach richtet sich die Haftung eines Schiffseigners, der auch Beförderer ist, ausschließlich nach den Maßstäben der Befördererhaftung (Art. 11 der Anlage; vgl. BT-Drucks. 10/3852, S. 35).
d) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht eine Anwendung des Athener Übereinkommens über die Beförderung von Reisenden und ihrem Ge-
päck auf See von 1974 und damit der in ihm enthaltenen Haftungsbeschränkungen auf den vorliegenden Fall verneint. Die Einwendungen der Revisionen hiergegen greifen jedenfalls nicht durch. Zwar ist es richtig, daß § 77 Abs. 1 BinSchG mit seinem Verweis auf die Regelung des § 664 HGB eine Vorschrift anspricht, die auf dem Gebiet der ehemaligen DDR aufgrund der Regelung des Einigungsvertrages (in Anlage I Kap. III Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1b, BGBl. II 1990, 889, 959) "nicht anzuwenden [ist], soweit die Anwendung mit einer von der Deutschen Demokratischen Republik übernommenen völkerrechtlichen Verpflichtung nicht zu vereinbaren ist; insoweit sind die für die Deutsche Demokratische Republik geltenden Rechtsvorschriften weiter anzuwenden". Sinn und Zweck dieser Regelung des Einigungsvertrages ist daher schon nach ihrem Wortlaut, die Gefahr völkerrechtswidrigen Verhaltens durch Verletzung einer völkerrechtlichen Verpflichtung (vgl. Herber, TransportR 1991, 1, 2; Rabe aaO vor § 664 Rn. 3) abzuwenden. Dementsprechend heißt es auch in der erläuternden Anmerkung zu dem Vorbehalt in Anlage I Kap. III Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 1b: "Das Seehandelsrecht der Deutschen Demokratischen Republik enthält für internationale Schiffspassagen Rechtsvorschriften, die vom Bundesrecht abweichen. Die abweichenden Vorschriften beruhen auf dem von der Deutschen Demokratischen Republik ratifizierten Athener Übereinkommen von 1974 über die Beförderung von Reisenden und ihrem Gepäck auf See. Das vereinigte Deutschland wird seine Haltung zum Übergang völkerrechtlicher Verpflichtungen der DDR nach dem in Artikel 12 II Einigungsvertrag vorgesehenen Verfahren festlegen. Abweichendes Bundesrecht soll vorher in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet nicht anzuwenden sein" (BT-Drucks. 11/7817, S. 53 f.). Völkerrechtliche Verpflichtungen ist die DDR mit dem Beitritt zum Athener Übereinkommen im Jahre 1989 jedoch nur im Hinblick auf seerechtliche Fragen eingegangen , weil das Abkommen sich nur mit solchen Fragen beschäftigt. Schon
hieraus ergibt sich, daß keine völkerrechtliche Verpflichtung der DDR bestand oder weiterbestehen kann, die Haftungsbegrenzungen des Athener Übereinkommens auch auf das Binnenschiffahrtsrecht im Gebiet der ehemaligen DDR auszudehnen. Insoweit ist die Ansicht der Revisionen der Beklagten verfehlt, der Rechtsvorbehalt des Einigungsvertrages hätte nur durch eine völkerrechtlich wirksame Maßnahme außer Kraft gesetzt werden können. Der Rechtsvorbehalt des Einigungsvertrages ist vielmehr bei verständiger Auslegung und unter Berücksichtigung der amtlichen Erläuterung dahin zu verstehen, daß er nur das Seehandelsrecht betreffende völkerrechtliche Verpflichtungen der ehemaligen DDR erfaßt. Demgegenüber ist das Binnenschiffahrtsgesetz der Bundesrepublik Deutschland durch den Einigungsvertrag (Anlage I, Kap. III, Sachgebiet D, Abschnitt III Nr. 4, BGBl. II 1990, 889, 960) vorbehaltlos auf das Gebiet der ehemaligen DDR erstreckt worden. Da das Binnenschiffahrtsrecht aufgrund des in der Bundesrepublik vorherrschenden Wunsches, die Haftungsfragen im Seerecht und im Binnenschiffahrtsrecht grundsätzlich gleichgelagert zu behandeln (vgl. Czerwenka, in: Riedel/Wiese, Probleme des Binnenschiffahrtsrechts VIII, 69, 71; Herber, in: FS für Walter Müller, 1993, 99, 103; offen: Rabe, Seehandelsrecht , 4. Auflage, vor § 664 HGB, Rn. 10; BT-Drucks. 10/3852, S. 1), durch Verweis auf das für die Bundesrepublik geltende Seehaftungsrecht in § 664 HGB gestaltet wurde, ist damit das für das Seegebiet der Bundesrepublik geltende Haftungsrecht für die Personenbeförderung des § 664 HGB mit seiner Anlage auf das gesamte Binnenschiffahrtsgebiet des vereinigten Deutschlands erstreckt worden (vgl. Herber, TransportR 1991, 1, 4; offen Rabe, aaO). 2. Auch die Angriffe der Revision der Beklagten zu 2 und 3 gegen die Höhe der zugesprochenen Ersatzansprüche, die sich die Revision der Beklagten zu 1 zu eigen gemacht hat, bleiben erfolglos.

a) Das Berufungsgericht hat das der Klägerin gemäß § 664 HGB, Art. 11 der Anlage, § 847 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 1996 - II ZR 266/95 - aaO 156) zustehende Schmerzensgeld unter Beachtung der in der Rechtsprechung des erkennenden Senats herausgearbeiteten Grundsätze (vgl. Senatsurteil vom 16. Februar 1993 - VI ZR 29/92 - VersR 1993, 585 f. auch zur Leistungsfähigkeit des Schädigers) nicht nachteilig für die Beklagten bemessen. Es hat der Bemessung ohne Rechtsfehler insbesondere einen grob fahrlässigen Pflichtenverstoß des Beklagten zu 3 zugrunde gelegt, der den Beklagten zu 1 und 2 zuzurechnen ist. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
b) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch die der Klägerin zuzusprechenden Umbaukosten für den Familienwohnsitz in N. mit 378.885,62 € ermittelt. aa) Insbesondere hat es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht die Grundsätze für die Abgeltung vermehrter Bedürfnisse verkannt. Der Mehrbedarf für behindertengerechten Wohnraum bemißt sich gemäß § 249 S. 2 BGB a.F. (jetzt: § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F.) nach den Dispositionen , die ein verständiger Geschädigter in seiner besonderen Lage getroffen hätte. Bei unterschiedlichen Möglichkeiten bestimmt sich der Anspruch danach, wie der Bedarf in der vom Geschädigten zumutbar gewählten Lebensgestaltung tatsächlich anfällt. Für die Abgeltung vermehrter Bedürfnisse kommt danach in besonders gelagerten Fällen ein nach §§ 249, 251 BGB durchzuführender Schadensausgleich in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79 - VersR 1982, 238 ff.), wenn durch die einmalige Anschaffung eines Hilfsmittels für den Behinderten dessen erhöhtes Bedürfnis für die Zukunft in ausreichendem Maße befriedigt werden kann. Dabei ist im Rahmen der
Schaffung behindertengerechten Wohnraums auch zu prüfen, ob dadurch ein Vermögenszuwachs bewirkt wird, mit dem Vorteile verbunden sind, die über den Zweck, ein dauerndes, jedoch auf die Lebenszeit des Verletzten begrenztes erhöhtes Bedürfnis zu befriedigen, weit hinausgehen. Deshalb sind etwa die Kosten der Befriedigung des für jedermann allgemein bestehenden Bedürfnisses nach Wohnraum, das zu den gewöhnlichen Lebenshaltungskosten gehört, vom Schädiger nicht zu erstatten (Senatsurteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79 - aaO; vom 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03 - VersR 2004, 482; OLG Stuttgart VersR 1998, 366 mit Nichtannahmebeschluß des erkennenden Senats vom 14. Oktober 1997 - VI ZR 62/97). Im hier zu entscheidenden Fall geht es allerdings nicht um die Schaffung neuen Wohnraums, sondern um die behindertengerechte Anpassung des bereits bestehenden Wohnraums der Klägerin in einer Weise, daß sie ihn trotz ihrer Behinderung vollumfänglich - wie vor dem Unfall - nutzen kann. Daß es durch die erfolgten Umbauten zu einer werterhöhenden Renovierung und Erneuerung des Privathauses insgesamt gekommen ist, wird entgegen der Auffassung der Revision durch die Höhe der Umbaukosten nicht indiziert: Daß es aufwendiger sein kann, ein (nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichtes) repräsentatives Wohnhaus behindertengerecht umzubauen als ein Einfamilienhaus "normalen" Standards behindertengerecht neu zu errichten, ist nicht von der Hand zu weisen und bewegt sich jedenfalls im Rahmen tatrichterlicher Schadensbewertung. Dafür, daß das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft (vgl. Senatsurteile vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 425/02 - NJW-RR 2004, 425 f. m.w.N; vom 19. April 2005 - VI ZR 175/04 - z.V.b.) einen Beweisantritt der Beklagten dahingehend, der Wert des Hauses sei nach dem Umbau höher als zuvor, übergangen hat, ist nichts erkennbar. Entgegen dem Vortrag der Revision findet sich in der Berufungsbegründung der Beklagten zu 2 und zu 3 weder eine entsprechende substantiierte Tatsachenbehauptung
noch ein entsprechender Beweisantritt. Im übrigen hat das Berufungsgericht durch wirksame Bezugnahme auf die entsprechenden amtsgerichtlichen Ausführungen für jede im Streit stehende Kostengruppe die Notwendigkeit der Umbaukosten einzeln festgestellt und nicht notwendige Umbaukosten abgezogen, so daß Anhaltspunkte für einen die notwendigen Umbaukosten übersteigenden Differenzwert nicht bestehen. bb) Das Berufungsgericht hat auch nicht gegen § 412 Abs. 1 ZPO verstoßen. Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten durfte es die Ausführungen des Sachverständigen P. seiner Überzeugungsbildung zugrundelegen und war nicht gehalten, ein weiteres Gutachten einzuholen. Ermessensfehler des Berufungsgerichts liegen nicht vor. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 ZPO).
3) Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht die Beklagte zu 2 zur Sicherheitsleistung nach § 843 Abs. 2 Satz 2 BGB verurteilt. Die ohne Ermittlung konkreter Umstände zu Zahlungsfähigkeit oder -willigkeit der Beklagten zu 2 vorgenommene Wertung des Berufungsgerichtes, wegen der erheblichen tenorierten Zahlungsansprüche insgesamt bestünden für die Zukunft Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Beklagten zu 2 hinsichtlich der Rentenbeträge, begegnet im Hinblick auf die Stellung der Beklagten zu 2 als juristische Person, deren Existenz bei Vermögensverfall erheblich gefährdet ist, revisionsrechtlich keinen Bedenken (vgl. zur Ermessenskontrolle MüKo /Wagner, BGB, 4. Auflage, §§ 842, 843 Rn. 71). Einer Ermittlung der konkreten Vermögensverhältnisse der Beklagten zu 2 bedurfte es nicht. Die Revision vermag keinen Vortrag der Beklagten zu 2 zu ihrer Leistungsfähigkeit oder zu einer Haftpflichtversicherung darzulegen, den das Berufungsgericht übergangen hätte.
B. Revision der Klägerin: Die Ausführungen des Berufungsgerichtes halten den Angriffen der Revision der Klägerin nicht in jeder Hinsicht stand. 1. Ohne Erfolg macht die Klägerin allerdings geltend, das Berufungsgericht habe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte nicht vollständig erfaßt und insbesondere das verzögerte Regulierungsverhalten der Beklagten nicht ausreichend gewürdigt. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist die Zuerkennung des Schmerzensgeldes dem Grunde nach; § 847 BGB a.F. findet Anwendung (vgl. BGH, Urt. vom 16. Dezember 1996 - II ZR 266/95 - aaO). Die Bemessung des Schmerzensgeldes der Höhe nach ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, der hier durch § 287 ZPO besonders frei gestellt ist. Sie ist deshalb vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob die Festsetzung Rechtsfehler enthält (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1973 - VI ZR 189/72 - VersR 1974, 489, 490; vom 19. September 1995 - VI ZR 226/94 - VersR 1996, 380), insbesondere ob das Gericht sich mit allen für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgeblichen Umständen ausreichend auseinandergesetzt (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 1988 - VI ZR 159/87 - VersR 1988, 943) und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen bemüht hat (vgl. Senatsurteil vom 15. Januar 1991 - VI ZR 163/90 - VersR 1991, 350, 351). Auf dieser Grundlage läßt das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin erkennen. Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sind im wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchti-
gung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers. Diese Gesichtspunkte hat das Berufungsgericht beachtet und hinreichend gewürdigt. Dabei kann offen bleiben, ob ein zögerliches Regulierungsverhalten des Schädigers bezüglich erkennbar begründeten Ansprüchen bei der Bemessung des Schmerzensgeldes Berücksichtigung finden kann. Denn das Berufungsgericht hat sich - was auch die Revision der Klägerin nicht verkennt - mit der Frage der Schmerzensgelderhöhung wegen verzögerten Regulierungsverhaltens beschäftigt und hier die tatsächlichen Voraussetzungen für eine solche Erhöhung verneint. Dies begegnet aus Rechtsgründen keinen Bedenken. Das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, daß vorliegend bereits die Haftung der Beklagten dem Grunde nach streitig war. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß - wären allein die vom Berufungsgericht angesprochenen Rechtsfragen des Art. 10 Abs. 1 der Anlage und die Anwendbarkeit des Athener Übereinkommens streitig gewesen - zumindest eine Regulierung in Höhe des Betrages der Haftungsbeschränkung des Athener Übereinkommens hätte erwartet werden können. Die Beklagten haben jedoch ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten zu 3 und der anderen Besatzungsmitglieder in Frage gestellt und vorrangig auf einen Konstruktionsfehler des Sonnendachs abgehoben, der für die Beklagten unvorhersehbar zu dem Schadensfall geführt habe. Allein der Umstand, daß die Beklagten dies nicht beweisen konnten, begründet nicht den Vorwurf verzögerten Regulierungsverhaltens. 2. Ebenfalls ohne Erfolg greift die Klägerin die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe der zugesprochenen Mehrbedarfsrente aus § 843 Abs. 1 BGB im Zeitraum vom 1. Mai 2003 bis 1. Juni 2005 an. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht insoweit weder verfahrensfehlerhaft einen Hinweis unterlassen noch sein Ermessen bei der Bestimmung der Anträge fehlerhaft ausgeübt.
Nach dem im Berufungsurteil wiedergegebenen Antrag Ziff. 2a) hat die Klägerin für diesen Zeitraum (anders als in Antrag Ziff. 2b) die Höhe der Geldrente nicht in das Ermessen des Gerichts, sondern einen bezifferten Zahlungsantrag gestellt. Insoweit hat das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt, daß es nach § 308 ZPO an die Vorstellungen der Klägerin gebunden sei. Dem steht auch nicht entgegen, daß die bezifferte Summe sich nach der Berufungsbegründung ersichtlich an den Tarifen vor dem 1. Januar 2003 orientierte; dies konnte nicht dazu führen, den Antrag entgegen seinem ausdrücklichen Wortlaut dahin zu verstehen, es sei nur ein Mindestbetrag verlangt. Auch war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen , daß die Sätze des BAT sich zum 1. Januar 2003 geändert haben. Diese Änderungen sind allgemein zugänglich und es ist ni cht Aufgabe des Gerichtes im Rahmen der Hinweispflicht aus § 139 ZPO, die Parteien darauf hinzuweisen , daß sie auch mehr als gefordert verlangen können, soweit sie die Berechnung nicht zulässigerweise in das Ermessen des Gerichtes stellen. Da die Klägerin letzteres für den fraglichen Zeitraum nicht getan hat, bestand insoweit kein Ermessen des Berufungsgerichtes, so daß auch für den von der Klägerin für erforderlich gehaltenen Hinweis darauf, das Berufungsgericht werde das ihm eingeräumte Ermessen nicht ausüben, kein Raum war. 3. Ohne Erfolg greift die Revision das Berufungsurteil an, soweit es mehr als 250 € Aufwendungen für die Tätigkeit der schweizerischen Rechtsanwälte der Klägerin nicht für erstattungsfähig hält. Die Ausführungen des Berufungsgerichtes sind nicht zu beanstanden. Mit Recht hat es eine Tätigkeit der schweizerischen Anwälte zur Vorbereitung einer etwaigen Gerichtsstandsvereinbarung als nicht notwendig zur Rechtsverfolgung eingestuft. Mit dem Gerichtsstand in Deutschland möglicherweise ver-
bundene Rechtsfragen ließen sich aufgrund des Luganer Abkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 6. September 1988 (BGBl. 1994 II, 2658/2660) durch einen deutschen Rechtsanwalt klären. Ebenso war es nicht erforderlich, zur Beschaffung von Registerauszügen schweizerische Anwälte zu beauftragen. Da das Berufungsgericht mangels Vortrags der Klägerin die auf die verschiedenen von ihr behaupteten Tätigkeiten der schweizerischen Anwälte entfallenden Anteile des Honorars oder der Arbeitszeit nicht festgestellt hat, kann offen bleiben, ob es notwendig war, schweizerische Anwälte zur Ermittlung der materiellen Rechtslage in der Schweiz einzuschalten. Mangels jeglicher tatsächlicher Angaben fehlt es insoweit bereits an jeder Handhabe für eine weitergehende Schadensschätzung. Das Berufungsgericht hat auch keinen Beweisantritt übergangen. Der angebotene Zeugenbeweis des sachbearbeitenden schweizerischen Rechtsanwalts hätte mangels geeigneten Sachvortrags einen Ausforschungsbeweis dargestellt (vgl. Senatsurteil vom 29. Mai 2001 - VI ZR 114/00 - VersR 2001, 1292, 1293). Soweit die Klägerin rügt, für die Festsetzung von 250 € für die Registeranfrage fehle jede Grundlage, ist auf § 8 Abs. 2 BRAGO hinzuweisen, der einen Gegenstandswert für Fälle wie den vorliegenden nach billigem Ermessen im Bereich von 4.000 € (Gebühr bei 4.000 € Gegenstandswert: 245 €) angab. Das Berufungsgericht hat sich daher im Rahmen des tatrichterlichen Ermessens bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO gehalten. 4. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , daß die Kosten einer privatärztlichen Behandlung von den Beklagten nicht zu erstatten seien. Die Erstattungsfähigkeit von privatärztlichen Behand-
lungskosten bei einem gesetzlich krankenversicherten Verletzten hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. Senatsurteile vom 11. November 1969 - VI ZR 91/68 - VersR 1970, 129, 130; vom 18. Oktober 1988 - VI ZR 223/87 - VersR 1989, 54, 56; vom 19. Februar 1991 - VI ZR 171/90 - BGHR BGB § 249 "Heilbehandlungskosten" 4). Entscheidend ist, ob die privatärztliche Behandlung aus der Sicht eines verständigen Menschen in der Lage des Geschädigten erforderlich erschien. Maßstab für die Beurteilung ist dabei insbesondere die Art der Verletzung und der Lebensstandard des Verletzten. Diese Gesichtspunkte hat das Berufungsgericht nicht ausreichend berücksichtigt. Im Vergleich zu den sonstigen unfallbedingten Aufwendungen sind die Zusatzkosten mit 3.692,04 € für die privatärztliche Behandlung verhältnismäßig gering. Es erscheint daher folgerichtig, daß die Klägerin angesichts ihres aus den sonstigen Schadenspositionen ersichtlichen Lebenszuschnitts und der Schwere ihrer Verletzung eine privatärztliche Behandlung auch dann gewählt hätte, wenn der Unfall nicht durch Dritte verursacht worden wäre. Da insoweit weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, kann der Senat über diesen Teilbetrag abschließend entscheiden. Die Zinsforderung folgt aus §§ 288, 291 BGB a.F. 5. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe den Urteilsausspruch gegen die Beklagte zu 2 hinsichtlich der Duldung der Zwangsvollstreckung in das Schiff "S." verfahrensfehlerhaft auf die Zahlungsansprüche zu Antrag 2 und 4 beschränkt. Aus der vom Amtsgericht zuerkannten Duldung „für die genannten Zahlungsforderungen“ ergab sich angesichts der auch in die Zukunft gehenden tenorierten Rentenzahlungen über die bezifferte Verurteilung hinaus kein vollstreckbar bezifferter Betrag, für den die Vollstreckung zu dulden wäre. Wegen der fehlenden Vollstreckbarkeit des Gegenstandes des amtsgerichtlichen Urteils in diesem Bereich liegt hier kein Fall vor, in dem die Klägerin in der Beru-
fungsinstanz den Gegenstand ihrer Klage dadurch ausreichend konkretisiert hat, daß sie das erstinstanzliche Urteil, soweit es zu ihren Gunsten ergangen ist, verteidigt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1986 - VII ZR 388/85 - NJW-RR 1987, 639, 640; vom 11. Mai 1995 - I ZR 86/93 - NJW-RR 1995, 1119). Insoweit hätte auch der von der Klägerin vermißte Hinweis zu keinem für sie positiven Ergebnis geführt, da der von ihr nach dem Vortrag der Revision dann gestellte Antrag mangels vollstreckbaren Betrages ebenfalls unzulässig gewesen wäre. Die Verurteilung zur Duldung der Zwangsvollstreckung setzt einen vollstreckungsfähigen Inhalt des Leistungstitels voraus. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, daß die Beklagte zu 2 auch zur Duldung der Zwangsvollstreckung für die sich aus dem Feststellungsausspruch des Amtsgerichts ergebenden Forderungen der Klägerin verpflichtet sei, ist nicht zulässig. Ein Urteil auf Duldung der Zwangsvollstreckung soll die Befriedigung des Gläubigers aus dem Schiff ermöglichen, lautet wie ein Leistungsurteil auf Verurteilung und ist Vollstreckungstitel. Ihm kann daher kein Feststellungsurteil zugrunde liegen (vgl. Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 10. Aufl., S. 228 f.). 6. Mit Erfolg beanstandet die Revision jedoch die Abweisung der Klage zur Höhe hinsichtlich des Rentenantrags ab dem 1. Juli 2009 als unzulässig.
a) Zum einen hat das Berufungsgericht - worauf die Revision der Klägerin zu Recht hinweist - nicht beachtet, daß die Klägerin bereits in ihrem Klageerweiterungsschriftsatz vom 23. Mai 2001 in den Erläuterungen zum unbezifferten Antrag einen Mindestbetrag von 2.471,38 DM monatlich genannt (50 % des bis zum 1.7.2009 geltend gemachten Mindestbetrags) und in der Berufung gegen das insoweit nur eine Feststellung aussprechende Urteil des Schiffahrtsgerichts eine Bescheidung ihres Leistungsantrages begehrt hat.

b) Zum anderen durfte das Berufungsgericht die Klage nicht als unzulässig abweisen, ohne der Klägerin Gelegenheit zu geben, einen etwaigen Zulässigkeitsmangel zu beheben. Auf Bedenken gegen die Zulässigkeit (oder die Schlüssigkeit) der Klage muß das Gericht gemäß § 139 ZPO grundsätzlich auch eine anwaltlich vertretene Partei hinweisen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Anwalt die Rechtslage falsch beurteilt oder ersichtlich darauf vertraut, sein schriftsätzliches Vorbringen sei ausreichend (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1989 - VI ZR 216/88 - VersR 1989, 931; BGHZ 127, 254, 260 m.w.N.; Urteil vom 4. Juli 1989 - XI ZR 45/88 - BGHR ZPO § 139 Abs. 1 - "Anwaltsprozeß" 3). Erst recht besteht eine Hinweispflicht dann, wenn das Gericht erster Instanz der Klage - wenn auch als Feststellungsklage - stattgegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1981 - VII ZR 147/80 - NJW 1981, 1378; vom 25. Mai 1993 - XI ZR 141/92 - NJW-RR 1994, 566, 567).
c) Insoweit ist lediglich der Betrag des der Klägerin zuerkannten Anspruchs betroffen, das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). An einer eigenen Sachentscheidung sieht sich der Senat gehindert, da weitere tatsächliche Feststellungen erforderlich sind. 7. Gleichfalls mit Erfolg beanstandet die Revision die Abweisung der wiederum auf den Betrag des zuerkannten Anspruchs bezogenen Feststellungsklage betreffend die Umbaukosten des Schlosses V. als unzulässig.
a) Zwar geht die Ansicht der Revision fehl, die Feststellungsklage sei hier zulässig, weil der Klägerin eine Leistungsklage nicht möglich sei. Richtig ist aber der Ansatzpunkt, daß die Leistungsklage unzumutbar sein kann, wenn der Schaden noch in der Entstehung begriffen oder nicht hinreichend bezifferbar ist, weil voraussichtlich eine Begutachtung erforderlich sein wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2000 - V ZR 387/98 - NJW 2000, 1256, 1257). Damit soll die
klagende Partei davon entlastet werden, möglicherweise umfangreiche Privatgutachten vor Klageerhebung einholen zu müssen, um ihren Anspruch zu beziffern. Ein solcher Fall liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor. Die Klägerin hat vorprozessual durch den Sachverständigen R. sowohl die Umbaukosten für das Wohnhaus N., als auch die Umbaukosten für das Schloß V. detailliert ermitteln lassen. Warum es ihr unzumutbar sein soll, auf der Grundlage des Gutachtens R. die Umbaukosten für Schloß V. ebenso beziffert einzuklagen, wie sie es hinsichtlich der Umbaukosten für das Wohnhaus N. getan hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat einen Anspruch darauf, die von ihr vor dem Unfall genutzte Zweitwohnung Schloß V. auch nach dem Unfall nutzen zu können und dies durch einen behindertengerechten Umbau zu erreichen.
b) Das Berufungsgericht hätte jedoch, da es die Unzulässigkeit des Feststellungsantrages erkannt hat, auf die Möglichkeit hinweisen müssen, Leistung statt Feststellung zu verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1994 - V ZR 34/92 - NJW-RR 1994, 1272, 1273). Die Klägerin hätte dann die Klage auf einen Zahlungsantrag in Höhe der vom Sachverständigen R. ermittelten Umbaukosten umstellen können. Daher muß der Klägerin durch Zurückverweisung der Sache Gelegenheit gegeben werden, diese nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Umstellung vorzunehmen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
Vorinstanzen:
AG Brandenburg, Entscheidung vom 24.04.2003 - 33 C 607/00 BSch -
AG Brandenburg, Entscheidung vom 24.04.2003 - 33 C 607/00 BSch -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 46/03 Verkündet am:
20. Januar 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 249 Gb, 251, 843; ZPO § 287
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter, der infolge eines
Verkehrsunfalls querschnittgelähmt ist und von dem Schädiger Ersatz der Kosten
für den behindertengerechten Umbau seines PKW erhalten hat, auch Ersatz
der Kosten für den Umbau seines Motorrades beanspruchen kann.
BGH, Urteil vom 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. Dezember 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger wurde am 20. Juli 1988 als Motorradfahrer bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und ist seitdem querschnittgelähmt. Er hat ein Schmerzensgeld von 400.000 DM erhalten. Durch Urteil vom 20. März 1996 ist rechtskräftig festgestellt worden, daß die Beklagte ihm allen künftigen unfallbedingten materiellen Schaden zu ersetzen hat. Der Kläger hat vor dem Unfall abwechselnd sowohl seinen Pkw als auch sein Motorrad benutzt. Sein Pkw ist nach dem Unfall auf Kosten der Beklagten behindertengerecht umgebaut worden. Der Kläger begehrt nunmehr Ersatz der Kosten für den behindertengerechten Umbau seines Motorrades in Höhe von 23.605,32
in beiden Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, das Begehren des Klägers sei auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichtet. Diesem Anspruch stehe der Abfindungsvergleich vom 11. Juni 1997 über die damals streitgegenständlichen materiellen Schadensersatzansprüche nicht entgegen, denn bei Abschluß dieses Vergleichs sei es noch nicht möglich gewesen, ein Motorrad behindertengerecht umzubauen. Diese Möglichkeit bestehe erst seit dem Jahr 2001. Grundlage der Leistungspflicht der Beklagten sei das im Vorprozeß ergangene Feststellungsurteil. Die Umbaumöglichkeit sei das Ergebnis einer zwischenzeitlich eingetretenen technischen Entwicklung. Eine Ersatzpflicht der Beklagten ergebe sich nicht aus § 249 Satz 2 BGB, denn der beabsichtigte Umbau des Motorrades diene weder der Wiederherstellung des bei dem Unfall zerstörten Krades noch der Wiederherstellung der Gesundheit des Klägers. Vielmehr seien die Umbaukosten der Schadensgruppe der vermehrten Bedürfnisse im Sinne von § 843 Abs. 1 BGB zuzurechnen. Daß es sich nicht um ständig wiederkehrende Mehraufwendungen handele, stehe dem nicht entgegen, denn in besonders gelagerten Fällen könne ein Mehrbedarf auch durch einen nach den §§ 249, 251 BGB einmalig zu leistenden Schadensersatzbetrag abzugelten sein. Der Anspruch des Klägers sei aber deshalb unbegründet, weil die Beklagte bereits die Kosten für den behindertengerechten Umbau seines Pkw getragen habe. Ein zusätzlicher Umbau auch des Motorrades sei nicht erforderlich, weil damit keine maßgeblichen Vorteile als Fortbewegungsmittel verbunden seien. Des-
halb komme es auch nicht darauf an, ob der Kläger ausgesprochen Freude am Motorradfahren habe und vor dem Unfall sowohl einen Pkw als auch ein Motorrad genutzt habe.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Zutreffend nimmt das Berufungsgericht an, daß der Kläger mit seinem Begehren auf Ersatz der Kosten für den behindertengerechten Umbau seines Motorrades einen Vermögensschaden unter dem Gesichtspunkt unfallbedingt vermehrter Bedürfnisse im Sinne von § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB geltend macht. Der Begriff der "Vermehrung der Bedürfnisse" umfaßt nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats alle unfallbedingten Mehraufwendungen, die den Zweck haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen (Senatsurteile vom 20. Mai 1958 - VI ZR 130/57 - VersR 1958, 454; vom 30. Juni 1970 - VI ZR 5/69 - VersR 1970, 899; vom 25. September 1973 - VI ZR 49/72 - VersR 1974, 162 und vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79 - VersR 1982, 238). Es muß sich demnach grundsätzlich um Mehraufwendungen handeln, die dauernd und regelmäßig erforderlich sind und die zudem nicht - wie etwa Heilungskosten - der Wiederherstellung der Gesundheit dienen (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1955 - VI ZR 134/54 - VersR 1956, 22, 23 und vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79 aaO). Zudem umfaßt der Begriff "vermehrte Bedürfnisse" in § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB nur solche Mehraufwendungen, die dem Geschädigten im Vergleich zu einem gesunden Menschen erwachsen und sich daher von den allgemeinen Lebenshaltungskosten unterscheiden, welche in gleicher Weise vor und nach einem Unfall anfallen (Senatsurteil vom 11. Februar 1992
- VI ZR 103/91 - VersR 1992, 1235, 1236). So kommen als ersatzpflichtige Ko- sten zum Beispiel erhöhte Ausgaben für Verpflegung und Ernährung (Diät), Aufwendungen für Kuren und orthopädische Hilfsmittel sowie Pflegekosten und Kosten für Haushaltshilfen in Betracht (vgl. Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschaden, 8. Aufl., Rdn. 264; Drees, VersR 1988, 784 ff., jeweils m.w.N.). Neben diesen wiederkehrenden Aufwendungen können aber auch einmalige Kosten zu ersetzen sein. So kann in besonders gelagerten Fällen ein Schaden nach §§ 249, 251 BGB auszugleichen sein, wenn durch die einmalige Anschaffung eines Hilfsmittels für den Verletzten dessen erhöhtes Bedürfnis für die Zukunft in ausreichendem Maße befriedigt werden kann. Diese Voraussetzung kann etwa bei der Anschaffung eines Rollstuhls für einen Gehunfähigen oder einer elektronischen Schreibhilfe für einen Querschnittgelähmten erfüllt sein (Senatsurteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79 - aaO). Im Einzelfall können auch die Aufwendungen für den Bau oder Ausbau eines der Behinderung angepaßten Eigenheims (Senatsurteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 108/79 - aaO; OLG Frankfurt, VersR 1990, 912; OLG Düsseldorf, VersR 1995, 1449; OLG Stuttgart, VersR 1998, 366) oder die Kosten für die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs ersatzpflichtig sein, nämlich dann, wenn der Verletzte dadurch überhaupt erst in die Lage versetzt wird, seinen Arbeitsplatz aufzusuchen (Senatsurteil vom 30. Juni 1970 - VI ZR 5/69 - aaO; OLG München, VersR 1984, 245). Zu den typischen Aufwendungen, die in § 843 Abs. 1 Alt. 2 BGB unter dem Begriff "Vermehrung der Bedürfnisse" zusammengefaßt sind, können auch verletzungsbedingt erforderliche Mehraufwendungen für Kraftfahrzeuge gehören , z.B. die Kosten für den Einbau von Sonderausrüstungen oder die Ausstattung mit einem automatischen Getriebe (Senatsurteil vom 18. Februar 1992 - VI ZR 367/90 - VersR 1992, 618, 619). Ob derartige Aufwendungen im Ein-
zelfall vom Schädiger zu ersetzen sind, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität, die gemäß § 287 ZPO der tatrichterlichen Würdigung unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 18. Februar 1992 - VI ZR 367/90 - aaO). 2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für den behindertengerechten Umbau seines Motorrades seien keine "vermehrten Bedürfnisse" und deshalb nicht ersatzpflichtig, läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Mehraufwendungen des Verletzten sind nur dann vom Schädiger zu ersetzen , wenn die Schädigung zu gesteigerten Bedürfnissen des Geschädigten geführt hat. Die Ersatzpflicht setzt mithin einen verletzungsbedingten Bedarf voraus. Dieser kann verschiedene Ursachen haben. Er kann - wie etwa bei Mehraufwendungen für Verpflegung oder bei der Anschaffung orthopädischer Hilfsmittel - eine unmittelbare Folge der Verletzung sein, er kann sich aber auch durch Hinzutreten weiterer Umstände ergeben, etwa dadurch, daß der Verletzte unfallbedingt auf einen Pkw angewiesen ist, um seinen Arbeitsplatz erreichen zu können. In diesem Fall beruhen die vermehrten Bedürfnisse auf dem Mobilitätsbedürfnis des Geschädigten. Dieser Gesichtspunkt kommt im Streitfall deshalb nicht zum Tragen, weil der Kläger bereits über einen behindertengerecht ausgerüsteten Pkw verfügt und ihm die Möglichkeit, daneben auch ein Motorrad zu benutzen, nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts keinen maßgeblichen Mobilitätsvorteil verschaffen würde. Der Wunsch des Klägers, wieder nach Belieben - wie vor dem Unfall - zwischen Pkw und Motorrad wählen zu können, beruht nicht auf seinem Bedürfnis nach Wiederherstellung seiner früheren Mobilität, sondern entspricht seinem verständlichen und grundsätzlich auch berechtigten Bestreben nach
möglichst weitgehender Wiederherstellung der ursprünglichen Lebensqualität. Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß der Geschädigte im Grundsatz so zu stellen ist, wie er ohne das schadenstiftende Ereignis stehen würde. Der Schadensersatzbetrag soll soweit wie möglich einen dem früheren möglichst gleichwertigen Zustand herstellen. Da dies bei irreversiblen körperlichen Beeinträchtigungen nicht möglich ist, hat der Schädiger dafür zu sorgen, daß die materielle Lebensqualität des Geschädigten nicht unter den früheren Standard sinkt (OLG Köln, VersR 1988, 61, 62; MünchKomm-BGB/Stein, 3. Aufl., § 843 Rdn. 39). Dieser Gesichtspunkt vermag im Streitfall jedoch keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten auch für den behindertengerechten Umbau des Motorrades zu begründen, zumal die mit der Querschnittlähmung verbundenen Beeinträchtigungen und Benachteiligungen, zu denen auch die entgangene Freude am Motorradfahren zählt, schon bei der Bemessung des an den Kläger gezahlten Schmerzensgeldes berücksichtigt worden sind. 3. Entgegen der Auffassung der Revision gibt der Vortrag des Klägers dazu, weshalb Motorradfahren für ihn gesundheitsfördernd sei, keinen Anlaß zur Einholung eines Sachverständigengutachtens. Sein Vorbringen erschöpft sich in allgemeinen Ausführungen, mit denen sich das Berufungsgericht bereits befaßt hat. Dessen Überlegungen sind aus revisionsrechtlicher Sicht (§ 287 ZPO) nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll