Bundesgerichtshof Urteil, 17. Feb. 2009 - VI ZR 75/08
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Im April 2006 veröffentlichte die von der Beklagten verlegte Zeitschrift "das neue" einen Artikel, der sich mit dem damaligen Zusammensein von Sabine Christiansen, der Klägerin, mit Norbert Medus, ihrem jetzigen Ehemann, in Paris befasst. Sowohl das Titelblatt der Zeitschrift als auch der Artikel im Innenteil sind mit Fotos bebildert, die beide Personen als Paar zeigen. Titelblatt und Artikel enthalten u. a. den Text: "So verliebt in Paris" und "Wetten, dass sie diesen Mann bald heiratet". Die Klägerin meint, die Veröffentlichung der Bilder verletze ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht, und hat deshalb mit der Klage Unterlassung weiterer Veröffentlichungen verlangt.
- 2
- Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich eines zu weit gehenden Unterlassungsantrags teilweise abgewiesen, die weiter gehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Fotos, die die Abgebildeten bei ihrer privaten Freizeit in Paris zeigten und nur aufgrund fortlaufender Beobachtung durch Fotografen entstanden sein könnten, stellten einen Eingriff in den Kernbereich der Privatsphäre der Klägerin dar, den diese nicht hinnehmen müsse, zumal der Artikel wesentlich nur der Unterhaltung gedient habe und ohne erhebliche gesellschaftliche Relevanz gewesen sei. Dabei könne unterstellt werden, dass die den beanstandeten Bildern beigefügte Wortberichterstattung insoweit ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betreffe, als Herr Medus als neuer Partner der Klägerin vorgestellt werde. Es könne davon ausgegangen werden, dass im Berichtszeitpunkt ein gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit daran bestanden habe, dass es einen neuen Partner im Leben der Klägerin gab, die als Moderatorin in verschiedenen Fernsehsendungen einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden sei. Auch wenn man berücksichtige, dass die Klägerin für ihre journalistische Arbeit zahlreiche herausragende Auszeichnungen erhalten habe und ihr als erfolgreiche Frau, die im öffentlichen Leben eine Bedeutung im Meinungsbildungsprozess erlangt habe, eine Leitbildfunktion zukomme, dass ferner die Trennung der Klägerin von ihrem Ehemann im Jahr 2001 öffentliches Aufsehen erregt und die Klägerin selbst sich sowohl zu der Trennung als auch zu ihrer neuen Beziehung und einem etwaigen Umzug nach Paris öffentlich geäußert habe, stünden dem Berichterstattungsinte- resse aber jedenfalls berechtigte Interessen der Klägerin im Sinne von § 23 KUG entgegen.
II.
- 4
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand.
- 5
- 1. Ohne Erfolg äußert die Revision Bedenken gegen die Fassung des Unterlassungsausspruchs, wie ihn das Berufungsgericht für begründet gehalten hat. Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, die Bildnisse der Klägerin aus "das neue" Nr. 15 vom 8. April 2006 auf der Titelseite und auf den Seiten 4 und 5 zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Hauptantrag sei nach den Maßstäben der Rechtsprechung des erkennenden Senats zu weit gehend und daher unbegründet, der Hilfsantrag sei hingegen hinreichend bestimmt, Streitgegenstand sei die Bildnisveröffentlichung in dem konkreten Zusammenhang der beanstandeten Veröffentlichung. Damit ist ausreichend klar gestellt, dass der Unterlassungsausspruch, für dessen Vollstreckung das Prozessgericht zuständig ist (§ 890 ZPO), weder andere bei derselben Gelegenheit gemachte Bilder noch die Veröffentlichung der beanstandeten Bilder in einem anderen Zusammenhang betrifft. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Unbegründetheit zu weit gefasster Unterlassungsanträge (Senatsurteile BGHZ 158, 218, 224 ff.; 174, 262, 265 f.; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506, jeweils m.w.N.) ist deshalb im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
- 6
- 2. Auch soweit die Revision das angefochtene Urteil in der Sache beanstandet , bleibt sie erfolglos. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch ohne Rechtsfehler bejaht.
- 7
- a) Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt (Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; 171, 275, 278; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697 ff.; vom 3. Juli 2007 - VI ZR 164/06 - VersR 2007, 1283 ff.). Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung , durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben, nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. zu diesem abgestuften Schutzkonzept Senatsurteile BGHZ 171, 275 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - VersR 2008, 1411, 1412 Rn. 12; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506 Rn. 12).
- 8
- Bereits in seinem die Klägerin betreffenden Urteil vom 1. Juli 2008, in dem auch die rechtlichen Grundlagen für die vorzunehmende Abwägung ausführlich dargelegt sind, hat der erkennende Senat ausgeführt (VI ZR 243/06, aaO, S. 1508 Rn. 24 f.), die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts wiege schwerer, wenn die visuelle Darstellung durch Ausbreitung von üblicherweise öffentlicher Erörterung entzogenen Einzelheiten des privaten Lebens thematisch die Privatsphäre berühre oder wenn der Betroffene nach den Umständen typischer Weise die berechtigte Erwartung haben dürfe, nicht in den Medien abgebildet zu werden; dies könne nicht nur bei einer durch räumliche Privatheit geprägten Situation örtlicher Abgeschiedenheit, sondern allgemein in Momenten der Entspannung oder des Sich-Gehen-Lassens außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags der Fall sein. Diese Grundsätze seien auch auf die Klägerin anzuwenden, die aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Nachrichtensprecherin, Fernsehjournalistin und -moderatorin als Person des öffentlichen Interesses anzusehen sei, so dass über sie in größerem Umfang berichtet werden dürfe als über andere Personen, wobei es auch in jenem Fall um die Bildberichterstattung ging.
- 9
- b) Dem wird die Abwägung des Berufungsgerichts gerecht.
- 10
- aa) Die beanstandeten Bilder wurden ohne Einwilligung der Klägerin veröffentlicht. Auch wenn über sie aus den dargelegten Gründen im Rahmen der Bildberichterstattung in größerem Umfang berichtet werden darf als über andere Personen, so doch nur, wenn die durch die Berichterstattung vermittelten Informationen einen hinreichenden Nachrichtenwert hinsichtlich einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte haben. Es kann auch unterstellt werden, dass im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad der Klägerin das Eingehen einer neuen Beziehung als Vorgang von allgemeinem Interesse und als zeitgeschichtliches Ereignis anzusehen ist. Doch dürfen auch unter derartigen Umständen keine schwerwiegenden Interessen der Betroffenen bestehen, die einer Veröffentlichung und damit einer Abwägung zu Gunsten der Veröffentlichung entgegenstehen. Solche Interessen der Klägerin hat das Berufungsgericht zu Recht bejaht.
- 11
- bb) Ersichtlich können die beanstandeten Fotos aus sich heraus nicht der Meinungsbildung zu Fragen von allgemeinem Interesse dienen. Die Klägerin und ihr Partner sind auf den Fotos als Liebespaar zu identifizieren und zwar in erkennbar privaten Situationen.
- 12
- Dass es sich um Fotos aus dem privaten Lebensbereich handelt, ergibt sich aus den Abbildungen ohne Weiteres und weisen die den Bildern beigegebenen Texte auch ausdrücklich aus. Auf dem Titelfoto ist die Klägerin Arm in Arm mit ihrem Partner zu sehen. Im Begleittext heißt es: "So verliebt in Paris - Sabine Christiansen - Wetten, dass Sie diesen Mann bald heiratet?". Das Titelfoto und der dazugehörige Text kündigen den Artikel im Heftinnern mit den Worten an: "Nur in Das Neue! Die ersten Fotos!". Der Text im Heftinneren, der mit vier Abbildungen illustriert ist, trägt unter anderem den rot unterlegten Hinweis "Die 1. zärtlichen Fotos!". Auf dem ersten Foto ist die Klägerin in Begleitung ihres Partners vor einem Hauseingang zu sehen. In der Bildunterschrift heißt es: "Montagabend: Sabine Christiansen und Norbert Medus (mit ihrem Gepäck) an der Tür zu seiner Pariser Wohnung". Auf dem zweiten Foto ist zu sehen, wie der Partner die Klägerin möglicherweise bereits im Innern der Wohnung küsst. Im Begleittext heißt es: "Endlich wieder zusammen. Liebevoll zieht der Modemacher die Moderatorin in seine Arme. Sie schmiegt sich an ihn". Auf dem dritten Foto sind die Klägerin und ihr Partner zu sehen, wie sie Arm in Arm auf einem Bürgersteig spazieren gehen. In der Bildunterschrift heißt es: "L'amour pur - eng umschlungen geben sich Sabine Christiansen und Norbert Medus dem Zauber der Stadt der Liebe hin". Das vierte Foto zeigt die Klägerin, wie sie an der Seite ihres Partners, der seinen Arm um sie gelegt hat, durch die Stadt bummelt. Der Begleittext lautet: "Dienstagmorgen: das glückliche Paar auf dem Weg zu einem Immobilienmakler. Start zur Suche einer gemeinsamen Wohnung an der Seine".
- 13
- Die Revision vermag nicht zu verdeutlichen, warum an der bebilderten Mitteilung dieser rein privaten Vorgänge ein Informationsinteresse bestanden haben könnte, das den Anspruch der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeit überwiegt. Auch die Verrichtung erkennbar privater Lebensvorgänge in der Öffentlichkeit ist Teil der geschützten Privatsphäre. Dabei ist nach Ansicht des erkennenden Senats nicht ausschlaggebend, ob der Betroffene gewärtigen muss, unter Beobachtung der Medien zu stehen. In der Öffentlichkeit bekannte Personen wie die Klägerin wissen, dass ihr Privatleben, insbesondere ihre privaten Beziehungen, stets von der Presse begleitet werden, und müssen auch damit rechnen, dass bei jeder sich bietenden Gelegenheit für die Berichterstattung verwendbare Fotos gemacht werden. Es würde indes eine erhebliche Einschränkung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit darstellen, wenn jeder, der einer breiteren Öffentlichkeit bekannt ist, sich in der Öffentlichkeit nicht unbefangen bewegen könnte, weil er auch bei privaten Gelegenheiten jederzeit widerspruchslos fotografiert und mit solchen Fotos zum Gegenstand einer Berichterstattung gemacht werden dürfte.
- 14
- cc) Der Informationswert einer Bildberichterstattung ist, soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, im Kontext der dazugehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln. Bilder können Wortberichte ergänzen und dabei der Erweiterung des Aussagegehalts dienen, etwa die Authentizität des Geschilderten unterstreichen. Auch können beigefügte Bilder der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht wecken. Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings darauf, lediglich einen Anlass für die Abbildung prominenter Personen zu schaffen, ohne dass die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung erkennen lässt ist es nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen (vgl. Senatsurteile BGHZ 158, 218, 223; 171, 275, 284; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 67/08 - VersR 2008, 1411, 1414 Rn. 23; vom 1. Juli 2008 - VI ZR 243/06 - VersR 2008, 1506, 1508; so auch EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64).
- 15
- Im vorliegenden Fall dienten die beanstandeten Fotos nicht dazu, die Wortberichterstattung über ein zeitgeschichtliches Ereignis in zulässiger Weise zu illustrieren. Eine über die Wortberichterstattung hinaus gehende Information mit hinreichendem Nachrichtenwert zur Orientierung in einer die Allgemeinheit interessierenden Sachdebatte fehlt. Die Berichterstattung diente erkennbar dazu , die visuelle Neugier sowie das Unterhaltungsbedürfnis der Leserschaft zu befriedigen. Der Text auf dem Titelblatt und der Bericht im Innenteil befassen sich spekulativ mit der Liebesbeziehung der Abgebildeten und deren Absicht, die Ehe zu schließen. Berichtet wird, wie "verliebt" die Klägerin sei und dass sie "eng umschlungen" mit "ihrer neuen Liebe" durch "die Straßen an der Seine" schlendere, "ausgelassen wie ein junges Mädchen", "gelöst", "jung" und "strahlend" , dass diese Liebe mehr sei als eine Affäre, zwar erst seit drei Monaten "glühe", aber geschaffen sei "wie für die Ewigkeit".
- 16
- Auch diese von der Klägerin nicht angegriffene Wortberichterstattung war nicht geeignet, ein berücksichtigungswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu befriedigen, das eine ergänzende Bildveröffentlichung ohne ernsthaften Aussagegehalt gegen den Willen der Abgebildeten erlauben könnte.
- 17
- c) Den dagegen vorgebrachten Einwänden der Revision kann nicht gefolgt werden. Insbesondere lässt sich nichts daraus herleiten, dass die Klägerin ihr Privatleben, insbesondere auch ihre neue Beziehung, vor der Öffentlichkeit nicht geheim gehalten hat. Es mag sein, dass die Klägerin "Herrin der Inszenierung" ihres öffentlichen Erscheinungsbilds sein und der Presse eine "Hofberichterstattung" diktieren will. Dies gibt der Beklagten aber kein Recht, ohne die erforderliche Einwilligung Bilder aus dem privaten Lebenskreis der Klägerin zu veröffentlichen, wenn der Veröffentlichung kein im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigendes ausreichendes Informationsinteresse zukommt. Das gilt auch dann, wenn man das Interesse breiter Kreise der Öffentlichkeit an den privaten Verhältnissen bekannter Personen nicht ausschließlich als durch Neugier , Sensationslust und Unterhaltungsbedürfnis geprägt ansieht. Insofern könnte über private Umstände auch durch Beifügung von genehmigten oder genehmigungsfrei verwendbaren Fotos informiert und auf diese Weise ein gerechtfertigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit ausreichend befriedigt werden, während einer Veröffentlichung nicht genehmigter Fotos unter den Umständen des Streitfalls das Recht der Klägerin am eigenen Bild entgegen steht. Das Interesse der Presse, darüber hinaus durch besonders zeitnah, aktuell oder gar sensationell erscheinende Fotos den Absatz ihrer Produkte zu fördern, hat hingegen keinen Bezug zu einem als berechtigt anzuerkennenden Informationsinteresse, hinter dem der Persönlichkeitsschutz zurücktreten muss. Der Vortrag der Revision dazu, in welchem Umfang die Klägerin ihre neue Beziehung und ihr sonstiges Privatleben in der Öffentlichkeit präsentiert hat, kann deshalb als zutreffend unterstellt werden. Zu einem abweichenden Abwägungsergebnis führt dies nicht.
- 18
- d) Danach ergibt die gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht der Klägerin und der Berichterstattungsfreiheit der Beklagten, dass letztere zurückzutreten hat. Die Revision ist mithin zurückzuweisen.
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 08.05.2007 - 27 O 85/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 11.02.2008 - 10 U 166/07 -
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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
(1) Handelt der Schuldner der Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu einem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, zur Ordnungshaft oder zur Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu verurteilen. Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 250.000 Euro, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen.
(2) Der Verurteilung muss eine entsprechende Androhung vorausgehen, die, wenn sie in dem die Verpflichtung aussprechenden Urteil nicht enthalten ist, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges erlassen wird.
(3) Auch kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers zur Bestellung einer Sicherheit für den durch fernere Zuwiderhandlungen entstehenden Schaden auf bestimmte Zeit verurteilt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Oberhaupt des Welfenhauses und Ehemann der ältesten Tochter des verstorbenen Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "FRAU AKTUELL". In der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 dieser Zeitschrift wurde berichtet, dass es dem Fürsten von Monaco "wieder einmal sehr schlecht gehen soll" und dass er Besuch nur von seiner jüngsten Tochter erhalten habe, seine älteste Tochter, die Ehefrau des Klägers, aber mit ihrem Ehemann und ihrem Töchterchen ein paar Tage zum Skiurlaub in St. Moritz weile. Illustriert war diese Berichterstattung unter anderem mit der beanstandeten Aufnahme, welche den Kläger neben seiner Ehefrau auf der Straße in St. Moritz zeigt.
- 2
- Der Kläger verlangt - wie seine Ehefrau im Verfahren VI ZR 14/06 - von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe auch ohne Einwilligung des Klägers nicht rechtswidrig in dessen Recht am eigenen Bild eingegriffen. Der Kläger müsse gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG als Begleiter einer Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die ihn als Begleiter dieser Person im Rahmen eines öffentlichen Auftritts abbildeten, auch ohne seine Einwilligung verbreitet würden. Es bestehe ein anerkennenswertes Interesse der Allgemeinheit zu erfahren, mit welchen Personen sich die Ehefrau des Klägers in der Öffentlichkeit zeige. Dieses werde erst dann begrenzt, wenn auch seine Ehefrau die Veröffentlichung einer Aufnahme nicht hinzunehmen habe, weil ihr Interesse am Schutz ihrer Privatsphäre das Informationsinteresse der Allgemeinheit überwiege. Eine Abwägung der Grundrechte der Parteien aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe hier, dass die Veröffentlichung rechtmäßig erfolgt sei. Zwar sei auch Art. 8 Abs. 1 EMRK bei der Abwägung zu berücksichtigen und bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers heranzuziehen. Das Grundgesetz sei aber als Verfassung des deutschen Staates vorrangig. Allerdings sei hier keine Frage des allgemeinen Interesses betroffen, zu der das veröffentlichte Bild einen Beitrag leiste, sondern nur das Unterhaltungsinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Veröffentlichung jedoch trotzdem zulässig, weil Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befinde, die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllten; sie könnten das Rückzugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigten damit auch nicht den grundrechtlichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlichkeitsentfaltung verdiene. Diese Rechtsprechung binde das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG. Das beanstandete Bild zeige den Kläger mit seiner Ehefrau auf offener Straße in St. Moritz und damit an einem Platz, an dem sich viele Menschen aufhielten. Wer wie die Ehefrau des Klägers als Person des öffentlichen Lebens in diesem Ort seinen Urlaub verbringe, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Dieses berechtigte Interesse der Öffentlichkeit strahle auch auf den Kläger als Begleitperson seiner Ehefrau aus. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.
II.
- 4
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
- 5
- 1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. Senat, BGHZ 131, 332, 336; Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83). Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass der Kläger die nach diesen Grundsätzen erforderliche Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahme weder ausdrücklich noch stillschweigend erteilt hat.
- 6
- 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass Aufnahmen verbreitet werden, die ihn im Urlaub in Begleitung seiner Ehefrau in der Öffentlichkeit abbildeten, kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungsfrei veröffentlicht werden dürfen, greift aber vorliegend hinsichtlich der beanstandeten Aufnahme durch.
- 7
- a) Das Berufungsgericht bejaht für die beanstandete Bildveröffentlichung eine Ausnahme im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Der Kläger müsse als Ehemann einer Person des öffentlichen Lebens die Veröffentlichung hinnehmen. Zwar leiste das Bild keinen Beitrag zu einer Frage von allgemeinem Interesse , sondern diene nur dem Unterhaltungsinteresse. Gleichwohl sei der Schutz der Privatsphäre nicht vorrangig, weil die Aufnahme den Kläger als Begleiter seiner Ehefrau an einem Ort zeige, an dem sich auch andere Menschen befänden.
- 8
- Seine Auffassung leitet das Berufungsgericht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 361 ff.) her, mit dem das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1995 (- VI ZR 15/95 - BGHZ 131, 332 ff.) zu den Paparazzi-Bildern (mit Ausnahme der Abbildungen mit Kindern) bestätigt worden ist und an das sich das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG gebunden fühlt.
- 9
- b) Indessen wird diese Auffassung des Berufungsgerichts nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1924 ff.; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2006, 2836). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 in dem Verfahren von Hannover gegen Deutschland (NJW 2004, 2647 ff.) und vom 16. November 2004 (NJW 2006, 591 ff. - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland) dargelegten Grundsätze. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.) und fasst dies nochmals zusammen.
- 10
- aa) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 11
- Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitgeschichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "absolute" Person der Zeitgeschichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an anderen , erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (vgl. Senat, BGHZ 131, 332 ff., bestätigt von BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.).
- 12
- bb) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entscheidungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274).
- 13
- Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Bereich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407 f.).
- 14
- cc) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (künftig: EMRK) in der Fassung des Protokolls Nr. 11 vom 11. Mai 1994 (BGBl 1995 II 578 ff.; vgl. nunmehr die ab 1. November 1998 geltende Neufassung - Bek. vom 17. Mai 2002 - BGBl 2002 II 1054 ff.) sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 f.; vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
- 15
- Soweit sich die Bedenken des EGMR gegen den Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" richten (NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 72), geht es der Sache nach um die Frage, unter welchen Voraussetzungen über solche in der Öffentlichkeit bekannten Personen berichtet werden darf. Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass der Kläger unbeschadet der Frage, ob er als relative oder als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinn der bisherigen Rechtsprechung anzusehen ist, jedenfalls eine in der Öffentlichkeit bekannte Person ist und - insbesondere auch als Ehemann von Prinzessin Caroline - in besonderem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zieht. Auch hat er sich bei der beanstandeten Abbildung nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit im oben dargelegten Sinn befunden, so dass der Gesichtspunkt der Belästigung durch heimlich aufgenommene Fotos (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342) im Streitfall keine Rolle spielt.
- 16
- Allein diese Umstände können jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichen, um einen Schutz der Privatsphäre zu verneinen. Das gilt nicht nur unter Berücksichtigung der Auffassung des EGMR, sondern ergibt sich bei richtigem Verständnis bereits aus dem abgestuften Schutzkonzept , wie es oben dargelegt worden ist. Hiernach ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 17
- Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - Rn. 15, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dabei darf allerdings der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Schon nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907 (KUG; vgl. Ebermayer in: Stengleins Kommentar zu den Strafrechtlichen Nebengesetzen des Deutschen Reiches, 5. Aufl., Band I § 23 KUG Anm. 1; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, XI. Legislaturperiode II. Session 1905/1906, erster Sessionsabschnitt, Aktenstück Nr. 30 S. 1540 f. und I. Lesung 25. Januar 1906, Bd. 214, S. 819), vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von Gerlach JZ 2004, 625; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837).
- 18
- Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO Rn. 24; EGMR NJW 2006, 591, 592 f. Rn. 38 ff.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668 f., bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026, und vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 EMRK auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2648 f. Rn. 58, 60, 63) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht.
- 19
- Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits , mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefrei- heit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
- 20
- Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.).
- 21
- Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob er auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Diese Frage ist nach Auffassung des erkennenden Senats unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu bejahen. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitgeschichte nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind.
- 22
- Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Auffassung des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch eine Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung in einem den Kläger betreffenden Verfahren bereits gebilligt (Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; BVerfG, NJW 2006, 2835).
- 23
- dd) Kommt es mithin für diese Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, so kann - da im Streitfall die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Ur- teile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 f. - jeweils m.w.N.).
- 24
- 3. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:
- 25
- Das in der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 der Zeitschrift "FRAU AKTUELL" veröffentlichte Bild zeigt den Kläger und seine Ehefrau auf öffentlicher Straße in St. Moritz im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Dennoch hat das Berufungsgericht die Veröffentlichung des Fotos im Ergebnis zutreffend als Bebilderung eines Berichts über ein zeitgeschichtliches Ereignis nicht beanstandet.
- 26
- Zwar ist der beanstandeten Abbildung als solcher keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis oder ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse zu entnehmen. Indes ist für den Informationswert auch die zugehörige Wortberichterstattung zu berücksichtigen. Soweit diese sich auf den Skiurlaub bezieht, kann allerdings ein zeitgeschichtliches Ereignis bzw. ein Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 60 ff.) selbst bei dem im Interesse der Informationsfreiheit gebotenen weiten Verständnis dieser Begriffe nicht angenommen werden. Gegenstand der Wortberichterstattung ist jedoch auch die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von Monaco und damit ein zeitgeschichtliches Ereignis im oben dargelegten Sinn, über das die Presse berichten darf. Insofern kommt es auf den redaktionellen Gehalt und die Gestaltung dieses Artikels nicht an, da die Garantie der Pressefreiheit es nicht zulässt, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Presseerzeugnisses oder redaktionellen Beitrags abhängig zu machen (BVerfGE 34, 269, 283; Senat, Urteil vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668, bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026). Das gilt auch, soweit der Artikel das Verhalten von Familienmitgliedern während der Krankheit des Fürsten betrifft, zumal die Zulässigkeit der Wortberichterstattung von der Revision nicht in Frage gestellt wird. Diese Berichterstattung wird mit der beanstandeten Abbildung belegt und illustriert.
- 27
- Bei dieser Sachlage sind überwiegende berechtigte Interessen des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG), die einer Veröffentlichung der Abbildung entgegenstehen könnten, bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit (vgl. Senat, Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84) nicht zu erkennen. Insbesondere ist der beanstandeten Abbildung , die den Kläger und seine Frau auf offener Straße zeigt, kein eigenständiger Verletzungseffekt zu entnehmen, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte. Dass die Aufnahme etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder von technischen Mitteln, die dem gleich kämen, zustande gekommen und aus diesem Grund unzulässig wäre (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342), macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.
- 28
- 4. Nach allem ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
- 29
- Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 871/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 13.12.2005 - 7 U 84/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist ein international bekannter Berufsfußballspieler. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "Frau im Spiegel". In der Ausgabe Nr. 30/2005 vom 21. Juli 2005 wurde eine Fotografie veröffentlicht, die den Kläger bei einem Spaziergang in Begleitung seiner Freundin V. K. auf der Promenade von St. Tropez zeigt. Im hierzu gehörigen Begleittext wird berichtet, dass der Kläger mit seiner Freundin verliebte Blicke tausche. Eine Woche vorher habe bei ihm der Familienurlaub auf dem Programm gestanden. Er habe sich mit seiner Noch-Ehefrau und den Kindern auf Sardinien entspannt.
- 2
- Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, die Aufnahme erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Be- rufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, es könne offen bleiben, ob der Kläger eine sog. absolute Person der Zeitgeschichte sei und ob das Bild einen Artikel über ein zeitgeschichtliches Ereignis illustriere. Jedenfalls verletze die Veröffentlichung rechtswidrig ein berechtigtes Interesse des Klägers im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG, nämlich seine schutzwürdige Privatsphäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG binde, wäre die Veröffentlichung nur zulässig, wenn die Aufnahme an einem Ort zustande gekommen wäre, an dem sich der Einzelne unter vielen Menschen befunden habe und infolgedessen die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllt wären. Davon sei jedoch im Streitfall nicht auszugehen. Das Interesse, das bei den Lesern der von der Beklagten verlegten Zeitschrift an Bildinformationen über das Leben des Klägers bis hin zu seiner Urlaubsgestaltung bestehe, sei reines Unterhaltungsinteresse und müsse hinter dem wirksamen Schutz des Privatlebens des Klägers zurücktreten. Gerade die Personen , die besonders häufig für eine Berichterstattung in den Medien fotografiert würden, hätten ein besonderes Interesse daran, im Urlaub von derartigen Belästigungen verschont zu bleiben. Die Beachtung der vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (künftig: EGMR) in der Entscheidung vom 24. Juni 2004 aufgestellten Kriterien führe ebenfalls zu dem Ergebnis, dass mit der Ver- öffentlichung des Fotos rechtswidrig in das durch die §§ 22, 23 Abs. 2 KUG geschützte Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen werde.
II.
- 4
- Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
- 5
- 1. Zwar kommt es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob der Kläger mit seiner Begleiterin unter vielen Personen an einer jedermann zugänglichen Örtlichkeit fotografiert worden ist. Soweit das Berufungsgericht hierauf abgestellt hat, hat der erkennende Senat den vom EGMR geäußerten Bedenken gegen das im Senatsurteil BGHZ 131, 332 ff. aufgestellte Kriterium erkennbarer örtlicher Abgeschiedenheit (vgl. EGMR vom 24. Juni 2004 - von Hannover gegen Deutschland - NJW 2004, 2647 ff.) in mehreren Urteilen Rechnung getragen (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.; vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - VersR 2007, 697, 698 f. = NJW 2007, 1981 f. und - VI ZR 51/06 - NJW 2007, 1977 ff.). Der Kläger kann jedoch auch nach den dort entwickelten Kriterien der Beklagten die Veröffentlichung der beanstandeten Fotografie untersagen.
- 6
- 2. a) Nach § 22 Satz 1 KUG dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1978 ff. sowie BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - BGHZ 169, 340, 345). Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Auch bei Personen, die unter dem Blickwinkel des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, ist eine Verbreitung der Abbildung unabhängig davon, ob sie sich an Orten der Abgeschiedenheit aufgehalten haben , nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden, § 23 Abs. 2 KUG (vgl. zu diesem abgestuften Schutzkonzept Senat, Urteile vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO, 698 und - VI ZR 51/06 - aaO, 1978).
- 7
- b) Maßgebend für die Frage, ob es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, ist der Begriff des Zeitgeschehens. Dieser Begriff darf nicht zu eng verstanden werden. Im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung , sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Er wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 - mit Anmerkung v. Gerlach JZ 2004, 625 - und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1978; BVerfGE 101, 361, 389 f.; BVerfG, NJW 2006, 2836, 2837). Auch besteht das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entscheiden.
- 8
- c) Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt , innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO, 275; vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979 f.; EGMR NJW 2006, 591, 592 f., Rn. 38 ff.). Auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2649 f., Rn. 58, 60, 63) wird die Bedeutung der Pressefreiheit unter Hinweis auf Art. 10 EMRK hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht. Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur in "bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649, Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits, mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
- 9
- d) Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interes- se des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 30; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 m.w.N. und vom 6. März 2007 - VI ZR 51/06 - aaO, 1979). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht und ist nicht schützenswert (vgl. BVerfG 34, 269, 283; 101, 361, 392; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f. m.w.N.). Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob dies auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist diese Frage unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu bejahen. Auch bei den bisher sog. Personen der Zeitgeschichte kann nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind. Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Ansicht des erkennenden Se- nats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR, NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch die Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die eingangs zitierte Entscheidung des erkennenden Senats (BGHZ 131, 332 ff.) insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, NJW 2006, 2835) eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung im Urteil des erkennenden Senats vom 15. November 2005 (- VI ZR 286/04 - aaO) gebilligt.
- 10
- e) Kommt es mithin für die Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, kann, wenn - wie im Streitfall - die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist, bei der Beurteilung die zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR, NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223, Urteile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO jeweils m.w.N. und vom 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - aaO und - VI ZR 51/06 - aaO, 1980).
- 11
- 2. Im Streitfall führen diese Grundsätze zu folgender Abwägung:
- 12
- Das beanstandete Bild ist Teil eines Berichts über "Leute aktuell", in dem jeweils unter Beifügung von Fotografien über die Anwesenheit sog. Prominenter zur Urlaubszeit in St. Tropez berichtet wurde. Auch wenn die Presse grundsätzlich selbst darüber bestimmen darf, was sie für berichtenswert hält, spielt eine entscheidende Rolle, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit - wie hier - wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283 f.; 101, 361, 390 f.; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f.). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigungswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG); die abgebildete Person muss die in einer Bildveröffentlichung ohne ihre Einwilligung regelmäßig liegende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen (§ 22 KUG).
- 13
- Vorliegend betrifft die Wortberichterstattung über den Aufenthalt des Klägers und seiner Begleiterin in St. Tropez selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs keinen Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR, NJW 2004, 2647, 2649 f. Rn. 60 ff.) und kein zeitgeschichtliches Ereignis. Ebenso verhält es sich mit der beanstandeten Abbildung. Die Aufnahme zeigt den Kläger und seine Begleiterin unstreitig im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum regelmäßig geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Handelt es sich demzufolge bei der Veröffentlichung nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte, muss die abgebildete Person - mithin der Kläger - die in der Bildveröffentlichung ohne seine Einwilligung liegende Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts nicht hinnehmen.
- 14
- 3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.12.2005 - 324 O 684/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.06.2006 - 7 U 9/06 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Oberhaupt des Welfenhauses und Ehemann der ältesten Tochter des verstorbenen Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "FRAU AKTUELL". In der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 dieser Zeitschrift wurde berichtet, dass es dem Fürsten von Monaco "wieder einmal sehr schlecht gehen soll" und dass er Besuch nur von seiner jüngsten Tochter erhalten habe, seine älteste Tochter, die Ehefrau des Klägers, aber mit ihrem Ehemann und ihrem Töchterchen ein paar Tage zum Skiurlaub in St. Moritz weile. Illustriert war diese Berichterstattung unter anderem mit der beanstandeten Aufnahme, welche den Kläger neben seiner Ehefrau auf der Straße in St. Moritz zeigt.
- 2
- Der Kläger verlangt - wie seine Ehefrau im Verfahren VI ZR 14/06 - von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe auch ohne Einwilligung des Klägers nicht rechtswidrig in dessen Recht am eigenen Bild eingegriffen. Der Kläger müsse gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG als Begleiter einer Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die ihn als Begleiter dieser Person im Rahmen eines öffentlichen Auftritts abbildeten, auch ohne seine Einwilligung verbreitet würden. Es bestehe ein anerkennenswertes Interesse der Allgemeinheit zu erfahren, mit welchen Personen sich die Ehefrau des Klägers in der Öffentlichkeit zeige. Dieses werde erst dann begrenzt, wenn auch seine Ehefrau die Veröffentlichung einer Aufnahme nicht hinzunehmen habe, weil ihr Interesse am Schutz ihrer Privatsphäre das Informationsinteresse der Allgemeinheit überwiege. Eine Abwägung der Grundrechte der Parteien aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe hier, dass die Veröffentlichung rechtmäßig erfolgt sei. Zwar sei auch Art. 8 Abs. 1 EMRK bei der Abwägung zu berücksichtigen und bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers heranzuziehen. Das Grundgesetz sei aber als Verfassung des deutschen Staates vorrangig. Allerdings sei hier keine Frage des allgemeinen Interesses betroffen, zu der das veröffentlichte Bild einen Beitrag leiste, sondern nur das Unterhaltungsinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Veröffentlichung jedoch trotzdem zulässig, weil Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befinde, die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllten; sie könnten das Rückzugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigten damit auch nicht den grundrechtlichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlichkeitsentfaltung verdiene. Diese Rechtsprechung binde das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG. Das beanstandete Bild zeige den Kläger mit seiner Ehefrau auf offener Straße in St. Moritz und damit an einem Platz, an dem sich viele Menschen aufhielten. Wer wie die Ehefrau des Klägers als Person des öffentlichen Lebens in diesem Ort seinen Urlaub verbringe, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Dieses berechtigte Interesse der Öffentlichkeit strahle auch auf den Kläger als Begleitperson seiner Ehefrau aus. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.
II.
- 4
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
- 5
- 1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. Senat, BGHZ 131, 332, 336; Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83). Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass der Kläger die nach diesen Grundsätzen erforderliche Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahme weder ausdrücklich noch stillschweigend erteilt hat.
- 6
- 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass Aufnahmen verbreitet werden, die ihn im Urlaub in Begleitung seiner Ehefrau in der Öffentlichkeit abbildeten, kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungsfrei veröffentlicht werden dürfen, greift aber vorliegend hinsichtlich der beanstandeten Aufnahme durch.
- 7
- a) Das Berufungsgericht bejaht für die beanstandete Bildveröffentlichung eine Ausnahme im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Der Kläger müsse als Ehemann einer Person des öffentlichen Lebens die Veröffentlichung hinnehmen. Zwar leiste das Bild keinen Beitrag zu einer Frage von allgemeinem Interesse , sondern diene nur dem Unterhaltungsinteresse. Gleichwohl sei der Schutz der Privatsphäre nicht vorrangig, weil die Aufnahme den Kläger als Begleiter seiner Ehefrau an einem Ort zeige, an dem sich auch andere Menschen befänden.
- 8
- Seine Auffassung leitet das Berufungsgericht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 361 ff.) her, mit dem das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1995 (- VI ZR 15/95 - BGHZ 131, 332 ff.) zu den Paparazzi-Bildern (mit Ausnahme der Abbildungen mit Kindern) bestätigt worden ist und an das sich das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG gebunden fühlt.
- 9
- b) Indessen wird diese Auffassung des Berufungsgerichts nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1924 ff.; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2006, 2836). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 in dem Verfahren von Hannover gegen Deutschland (NJW 2004, 2647 ff.) und vom 16. November 2004 (NJW 2006, 591 ff. - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland) dargelegten Grundsätze. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.) und fasst dies nochmals zusammen.
- 10
- aa) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 11
- Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitgeschichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "absolute" Person der Zeitgeschichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an anderen , erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (vgl. Senat, BGHZ 131, 332 ff., bestätigt von BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.).
- 12
- bb) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entscheidungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274).
- 13
- Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Bereich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407 f.).
- 14
- cc) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (künftig: EMRK) in der Fassung des Protokolls Nr. 11 vom 11. Mai 1994 (BGBl 1995 II 578 ff.; vgl. nunmehr die ab 1. November 1998 geltende Neufassung - Bek. vom 17. Mai 2002 - BGBl 2002 II 1054 ff.) sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 f.; vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
- 15
- Soweit sich die Bedenken des EGMR gegen den Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" richten (NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 72), geht es der Sache nach um die Frage, unter welchen Voraussetzungen über solche in der Öffentlichkeit bekannten Personen berichtet werden darf. Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass der Kläger unbeschadet der Frage, ob er als relative oder als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinn der bisherigen Rechtsprechung anzusehen ist, jedenfalls eine in der Öffentlichkeit bekannte Person ist und - insbesondere auch als Ehemann von Prinzessin Caroline - in besonderem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zieht. Auch hat er sich bei der beanstandeten Abbildung nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit im oben dargelegten Sinn befunden, so dass der Gesichtspunkt der Belästigung durch heimlich aufgenommene Fotos (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342) im Streitfall keine Rolle spielt.
- 16
- Allein diese Umstände können jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichen, um einen Schutz der Privatsphäre zu verneinen. Das gilt nicht nur unter Berücksichtigung der Auffassung des EGMR, sondern ergibt sich bei richtigem Verständnis bereits aus dem abgestuften Schutzkonzept , wie es oben dargelegt worden ist. Hiernach ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 17
- Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - Rn. 15, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dabei darf allerdings der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Schon nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907 (KUG; vgl. Ebermayer in: Stengleins Kommentar zu den Strafrechtlichen Nebengesetzen des Deutschen Reiches, 5. Aufl., Band I § 23 KUG Anm. 1; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, XI. Legislaturperiode II. Session 1905/1906, erster Sessionsabschnitt, Aktenstück Nr. 30 S. 1540 f. und I. Lesung 25. Januar 1906, Bd. 214, S. 819), vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von Gerlach JZ 2004, 625; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837).
- 18
- Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO Rn. 24; EGMR NJW 2006, 591, 592 f. Rn. 38 ff.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668 f., bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026, und vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 EMRK auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2648 f. Rn. 58, 60, 63) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht.
- 19
- Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits , mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefrei- heit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
- 20
- Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.).
- 21
- Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob er auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Diese Frage ist nach Auffassung des erkennenden Senats unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu bejahen. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitgeschichte nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind.
- 22
- Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Auffassung des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch eine Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung in einem den Kläger betreffenden Verfahren bereits gebilligt (Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; BVerfG, NJW 2006, 2835).
- 23
- dd) Kommt es mithin für diese Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, so kann - da im Streitfall die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Ur- teile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 f. - jeweils m.w.N.).
- 24
- 3. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:
- 25
- Das in der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 der Zeitschrift "FRAU AKTUELL" veröffentlichte Bild zeigt den Kläger und seine Ehefrau auf öffentlicher Straße in St. Moritz im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Dennoch hat das Berufungsgericht die Veröffentlichung des Fotos im Ergebnis zutreffend als Bebilderung eines Berichts über ein zeitgeschichtliches Ereignis nicht beanstandet.
- 26
- Zwar ist der beanstandeten Abbildung als solcher keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis oder ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse zu entnehmen. Indes ist für den Informationswert auch die zugehörige Wortberichterstattung zu berücksichtigen. Soweit diese sich auf den Skiurlaub bezieht, kann allerdings ein zeitgeschichtliches Ereignis bzw. ein Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 60 ff.) selbst bei dem im Interesse der Informationsfreiheit gebotenen weiten Verständnis dieser Begriffe nicht angenommen werden. Gegenstand der Wortberichterstattung ist jedoch auch die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von Monaco und damit ein zeitgeschichtliches Ereignis im oben dargelegten Sinn, über das die Presse berichten darf. Insofern kommt es auf den redaktionellen Gehalt und die Gestaltung dieses Artikels nicht an, da die Garantie der Pressefreiheit es nicht zulässt, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Presseerzeugnisses oder redaktionellen Beitrags abhängig zu machen (BVerfGE 34, 269, 283; Senat, Urteil vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668, bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026). Das gilt auch, soweit der Artikel das Verhalten von Familienmitgliedern während der Krankheit des Fürsten betrifft, zumal die Zulässigkeit der Wortberichterstattung von der Revision nicht in Frage gestellt wird. Diese Berichterstattung wird mit der beanstandeten Abbildung belegt und illustriert.
- 27
- Bei dieser Sachlage sind überwiegende berechtigte Interessen des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG), die einer Veröffentlichung der Abbildung entgegenstehen könnten, bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit (vgl. Senat, Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84) nicht zu erkennen. Insbesondere ist der beanstandeten Abbildung , die den Kläger und seine Frau auf offener Straße zeigt, kein eigenständiger Verletzungseffekt zu entnehmen, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte. Dass die Aufnahme etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder von technischen Mitteln, die dem gleich kämen, zustande gekommen und aus diesem Grund unzulässig wäre (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342), macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.
- 28
- 4. Nach allem ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
- 29
- Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 871/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 13.12.2005 - 7 U 84/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist Oberhaupt des Welfenhauses und Ehemann der ältesten Tochter des verstorbenen Fürsten von Monaco. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "FRAU AKTUELL". In der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 dieser Zeitschrift wurde berichtet, dass es dem Fürsten von Monaco "wieder einmal sehr schlecht gehen soll" und dass er Besuch nur von seiner jüngsten Tochter erhalten habe, seine älteste Tochter, die Ehefrau des Klägers, aber mit ihrem Ehemann und ihrem Töchterchen ein paar Tage zum Skiurlaub in St. Moritz weile. Illustriert war diese Berichterstattung unter anderem mit der beanstandeten Aufnahme, welche den Kläger neben seiner Ehefrau auf der Straße in St. Moritz zeigt.
- 2
- Der Kläger verlangt - wie seine Ehefrau im Verfahren VI ZR 14/06 - von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahme erneut zu veröffentlichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe auch ohne Einwilligung des Klägers nicht rechtswidrig in dessen Recht am eigenen Bild eingegriffen. Der Kläger müsse gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG als Begleiter einer Person des öffentlichen Lebens hinnehmen, dass Aufnahmen, die ihn als Begleiter dieser Person im Rahmen eines öffentlichen Auftritts abbildeten, auch ohne seine Einwilligung verbreitet würden. Es bestehe ein anerkennenswertes Interesse der Allgemeinheit zu erfahren, mit welchen Personen sich die Ehefrau des Klägers in der Öffentlichkeit zeige. Dieses werde erst dann begrenzt, wenn auch seine Ehefrau die Veröffentlichung einer Aufnahme nicht hinzunehmen habe, weil ihr Interesse am Schutz ihrer Privatsphäre das Informationsinteresse der Allgemeinheit überwiege. Eine Abwägung der Grundrechte der Parteien aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 und 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergebe hier, dass die Veröffentlichung rechtmäßig erfolgt sei. Zwar sei auch Art. 8 Abs. 1 EMRK bei der Abwägung zu berücksichtigen und bei der Bestimmung der Grenzen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers heranzuziehen. Das Grundgesetz sei aber als Verfassung des deutschen Staates vorrangig. Allerdings sei hier keine Frage des allgemeinen Interesses betroffen, zu der das veröffentlichte Bild einen Beitrag leiste, sondern nur das Unterhaltungsinteresse. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei die Veröffentlichung jedoch trotzdem zulässig, weil Plätze, an denen sich der Einzelne unter vielen Menschen befinde, die Voraussetzungen des Privatsphärenschutzes nicht erfüllten; sie könnten das Rückzugsbedürfnis nicht erfüllen und rechtfertigten damit auch nicht den grundrechtlichen Schutz, den dieses Bedürfnis aus Gründen der Persönlichkeitsentfaltung verdiene. Diese Rechtsprechung binde das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG. Das beanstandete Bild zeige den Kläger mit seiner Ehefrau auf offener Straße in St. Moritz und damit an einem Platz, an dem sich viele Menschen aufhielten. Wer wie die Ehefrau des Klägers als Person des öffentlichen Lebens in diesem Ort seinen Urlaub verbringe, müsse mit einer gewissen Aufmerksamkeit rechnen und könne nicht davon ausgehen, von den Medien unbeobachtet zu bleiben. Dem öffentlichen Informationsinteresse sei deshalb der Vorrang einzuräumen. Dieses berechtigte Interesse der Öffentlichkeit strahle auch auf den Kläger als Begleitperson seiner Ehefrau aus. Die Bildveröffentlichung sei nicht zu beanstanden.
II.
- 4
- Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
- 5
- 1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (st. Rspr.; vgl. Senat, BGHZ 131, 332, 336; Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83). Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, dass der Kläger die nach diesen Grundsätzen erforderliche Einwilligung zur Verbreitung der Aufnahme weder ausdrücklich noch stillschweigend erteilt hat.
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- 2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger habe auch ohne Einwilligung hinzunehmen, dass Aufnahmen verbreitet werden, die ihn im Urlaub in Begleitung seiner Ehefrau in der Öffentlichkeit abbildeten, kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Der Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte einwilligungsfrei veröffentlicht werden dürfen, greift aber vorliegend hinsichtlich der beanstandeten Aufnahme durch.
- 7
- a) Das Berufungsgericht bejaht für die beanstandete Bildveröffentlichung eine Ausnahme im Sinn von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Der Kläger müsse als Ehemann einer Person des öffentlichen Lebens die Veröffentlichung hinnehmen. Zwar leiste das Bild keinen Beitrag zu einer Frage von allgemeinem Interesse , sondern diene nur dem Unterhaltungsinteresse. Gleichwohl sei der Schutz der Privatsphäre nicht vorrangig, weil die Aufnahme den Kläger als Begleiter seiner Ehefrau an einem Ort zeige, an dem sich auch andere Menschen befänden.
- 8
- Seine Auffassung leitet das Berufungsgericht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 1999 (BVerfGE 101, 361 ff.) her, mit dem das Urteil des erkennenden Senats vom 19. Dezember 1995 (- VI ZR 15/95 - BGHZ 131, 332 ff.) zu den Paparazzi-Bildern (mit Ausnahme der Abbildungen mit Kindern) bestätigt worden ist und an das sich das Berufungsgericht nach § 31 BVerfGG gebunden fühlt.
- 9
- b) Indessen wird diese Auffassung des Berufungsgerichts nicht in jeder Hinsicht dem abgestuften Schutzkonzept gerecht, das die Rechtsprechung aus §§ 22, 23 KUG entwickelt hat (vgl. BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.; NJW 2001, 1921, 1924 ff.; NJW 2006, 2835 f.; NJW 2006, 2836). Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung der in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (künftig: EGMR) vom 24. Juni 2004 in dem Verfahren von Hannover gegen Deutschland (NJW 2004, 2647 ff.) und vom 16. November 2004 (NJW 2006, 591 ff. - Karhuvaara und Iltalehti gegen Finnland) dargelegten Grundsätze. Der erkennende Senat hat dieses Schutzkonzept in mehreren neuen Entscheidungen erläutert (vgl. etwa Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 ff.; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274 ff.) und fasst dies nochmals zusammen.
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- aa) Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden; hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 KUG eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt. Diese Ausnahme gilt aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
- 11
- Aus § 23 KUG hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs den abkürzenden Begriff der "Person der Zeitgeschichte" entwickelt. Als "relative" Person der Zeitgeschichte ist eine Person anzusehen, die durch ein bestimmtes zeitgeschichtliches Ereignis das Interesse auf sich gezogen hat. Deshalb darf sie ohne ihre Einwilligung nur im Zusammenhang mit diesem Ereignis abgebildet werden. Demgegenüber gilt als "absolute" Person der Zeitgeschichte eine Person, die aufgrund ihres Status und ihrer Bedeutung allgemein öffentliche Aufmerksamkeit findet, so dass sie selbst Gegenstand der Zeitgeschichte ist und deshalb über sie berichtet werden darf. Auch sie hat jedoch ein Recht auf Privatsphäre, das nicht auf den häuslichen Bereich beschränkt ist. Vielmehr muss sie die Möglichkeit haben, sich an anderen , erkennbar abgeschiedenen Orten unbehelligt von Bildberichterstattung zu bewegen (vgl. Senat, BGHZ 131, 332 ff., bestätigt von BVerfG, BVerfGE 101, 361 ff.).
- 12
- bb) Gegen diese Beschränkung des Schutzes der Privatsphäre bei den so genannten absoluten Personen der Zeitgeschichte hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 24. Juni 2004 grundsätzliche Bedenken geäußert, denen der erkennende Senat bereits in mehreren in der Folgezeit ergangenen Entscheidungen Rechnung getragen hat (vgl. Urteile vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84; vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274).
- 13
- Hiernach nimmt die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nach der Intention des Gesetzgebers und nach Sinn und Zweck der Regelung in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit. Die Belange der Öffentlichkeit sind gerade bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "aus dem Bereich der Zeitgeschichte" zu beachten (vgl. BVerfG, NJW 2006, 3406, 3407 f.).
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- cc) Eine Abwägung der widerstreitenden Rechte und Grundrechte der abgebildeten Person aus Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (künftig: EMRK) in der Fassung des Protokolls Nr. 11 vom 11. Mai 1994 (BGBl 1995 II 578 ff.; vgl. nunmehr die ab 1. November 1998 geltende Neufassung - Bek. vom 17. Mai 2002 - BGBl 2002 II 1054 ff.) sowie aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG einerseits und der Presse aus Art. 10 EMRK und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits ist mithin schon bei der Zuordnung zum Bereich der Zeitgeschichte erforderlich. Dabei ist der Beurteilung ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, welcher der Pressefreiheit und zugleich dem Schutz der Persönlichkeit und ihrer Privatsphäre ausreichend Rechnung trägt (vgl. Senat, Urteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 f.; vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84, 85). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen. Dabei ist der Begriff des Zeitgeschehens in § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zugunsten der Pressefreiheit zwar in einem weiten Sinn zu verstehen, doch ist das Informationsinteresse nicht schrankenlos. Vielmehr wird der Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt, so dass eine Berichterstattung keineswegs immer zulässig ist. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden.
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- Soweit sich die Bedenken des EGMR gegen den Begriff der "absoluten Person der Zeitgeschichte" richten (NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 72), geht es der Sache nach um die Frage, unter welchen Voraussetzungen über solche in der Öffentlichkeit bekannten Personen berichtet werden darf. Dem Berufungsgericht ist zuzugeben, dass der Kläger unbeschadet der Frage, ob er als relative oder als absolute Person der Zeitgeschichte im Sinn der bisherigen Rechtsprechung anzusehen ist, jedenfalls eine in der Öffentlichkeit bekannte Person ist und - insbesondere auch als Ehemann von Prinzessin Caroline - in besonderem Maß das Interesse der Öffentlichkeit auf sich zieht. Auch hat er sich bei der beanstandeten Abbildung nicht an einem Ort der Abgeschiedenheit im oben dargelegten Sinn befunden, so dass der Gesichtspunkt der Belästigung durch heimlich aufgenommene Fotos (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342) im Streitfall keine Rolle spielt.
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- Allein diese Umstände können jedoch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht ausreichen, um einen Schutz der Privatsphäre zu verneinen. Das gilt nicht nur unter Berücksichtigung der Auffassung des EGMR, sondern ergibt sich bei richtigem Verständnis bereits aus dem abgestuften Schutzkonzept , wie es oben dargelegt worden ist. Hiernach ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG).
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- Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft (so schon Senatsurteile BGHZ 158, 218, 222 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - aaO; vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2006 - I ZR 182/04 - Rn. 15, zum Abdruck in BGHZ bestimmt). Dabei darf allerdings der Begriff der Zeitgeschichte nicht zu eng verstanden werden. Schon nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 9. Januar 1907 (KUG; vgl. Ebermayer in: Stengleins Kommentar zu den Strafrechtlichen Nebengesetzen des Deutschen Reiches, 5. Aufl., Band I § 23 KUG Anm. 1; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, XI. Legislaturperiode II. Session 1905/1906, erster Sessionsabschnitt, Aktenstück Nr. 30 S. 1540 f. und I. Lesung 25. Januar 1906, Bd. 214, S. 819), vor allem aber im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit umfasst er nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt. Auch durch unterhaltende Beiträge kann nämlich Meinungsbildung stattfinden; solche Beiträge können die Meinungsbildung unter Umständen sogar nachhaltiger anregen und beeinflussen als sachbezogene Informationen (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02 - VersR 2004, 522, 523 mit Anmerkung von Gerlach JZ 2004, 625; BVerfG, BVerfGE 101, 361, 389 f.; NJW 2006, 2836, 2837).
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- Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist (BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO Rn. 24; EGMR NJW 2006, 591, 592 f. Rn. 38 ff.). Deshalb muss die Presse zur Wahrnehmung ihrer meinungsbildenden Aufgaben nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält (vgl. BVerfGE 101, 361, 392; Senat, Urteile vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668 f., bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026, und vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - aaO). Die Bedeutung der Pressefreiheit wird unter Hinweis auf Art. 10 EMRK auch in der Entscheidung des EGMR vom 24. Juni 2004 (NJW 2004, 2647, 2648 f. Rn. 58, 60, 63) hervorgehoben, wenn dort ausgeführt wird, dass die Presse in einer demokratischen Gesellschaft eine wesentliche Rolle spiele und es ihre Aufgabe sei, Informationen und Ideen zu allen Fragen von Allgemeininteresse weiterzugeben, was letztlich mit dem oben dargelegten Begriff der Zeitgeschichte in Einklang steht.
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- Soweit der Gerichtshof der Presse dieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 58) zugesteht, betrifft diese Einschränkung ersichtlich die Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre andererseits , mithin eine Abwägung, wie sie auch nach dem oben dargestellten Schutzkonzept geboten ist. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefrei- heit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
- 20
- Deshalb muss eine Interessenabwägung stattfinden und zwar zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit einerseits und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre andererseits. Die Bedeutung des Informationswerts für die Interessenabwägung hat der erkennende Senat schon in früheren Entscheidungen hervorgehoben (Senat, BGHZ 151, 26, 31; Urteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 404/02 - VersR 2004, 525 m.w.N.). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. BVerfGE 101, 361, 391; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.). Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht (vgl. BVerfGE 34, 269, 283; Senat, BGHZ 131, 332, 342 m.w.N.).
- 21
- Dies hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 21. August 2006 (NJW 2006, 3406, 3407) bestätigt, wobei es nach Lage des Falles nicht zu entscheiden brauchte, ob er auch für Personen von hohem Bekanntheitsgrad gilt. Diese Frage ist nach Auffassung des erkennenden Senats unter Berücksichtigung des Urteils des EGMR vom 24. Juni 2004 im Grundsatz zu bejahen. Deshalb kann auch bei den bisher so genannten Personen der Zeitgeschichte nicht außer Betracht bleiben, ob die Berichterstattung zu einer Debatte mit einem Sachgehalt beiträgt, der über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgeht. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falles für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann. In jedem Fall ist bei der Beurteilung des Informationswerts bzw. der Frage, ob es sich um ein zeitgeschichtliches Ereignis im Sinn des allgemein interessierenden Zeitgeschehens handelt, ein weites Verständnis geboten, damit die Presse ihren meinungsbildenden Aufgaben gerecht werden kann, die nach wie vor von größter Bedeutung sind.
- 22
- Eine solche Gewichtung bei der Interessenabwägung trägt nach Auffassung des erkennenden Senats den Anforderungen des Gerichtshofs (EGMR NJW 2004, 2647, 2651 Rn. 76) an einen wirksamen Schutz der Privatsphäre ebenso Rechnung wie dem Schutz der Grundrechte aus Art. 5 GG. Ihr steht - anders als das Berufungsgericht meint - auch eine Bindungswirkung des § 31 BVerfGG nicht entgegen. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar die Entscheidung des erkennenden Senats insoweit bestätigt, als dort der Schutz der Privatsphäre gegen unerwünschte Aufnahmen auf die Fälle erkennbarer räumlicher Abgeschiedenheit beschränkt worden ist. Das schließt es jedoch nicht aus, bei der erforderlichen Interessenabwägung zwischen Pressefreiheit und Schutz der Privatsphäre den Informationswert für die Öffentlichkeit stärker zu berücksichtigen. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht eine diesen Grundsätzen entsprechende Interessenabwägung in einem den Kläger betreffenden Verfahren bereits gebilligt (Senat, Urteil vom 15. November 2005 - VI ZR 286/04 - VersR 2006, 274; BVerfG, NJW 2006, 2835).
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- dd) Kommt es mithin für diese Abwägung maßgeblich auf den Informationswert der Abbildung an, so kann - da im Streitfall die beanstandete Abbildung im Zusammenhang mit einer Wortberichterstattung verbreitet worden ist - bei der Beurteilung diese zugehörige Wortberichterstattung nicht unberücksichtigt bleiben (so auch EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 64). Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. BGHZ 158, 218, 223; Ur- teile vom 30. September 2003 - VI ZR 89/02 - VersR 2004, 205, 206; vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83 f.; vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03 - VersR 2005, 84 f. - jeweils m.w.N.).
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- 3. Diese Grundsätze führen im Streitfall zu folgender Abwägung:
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- Das in der Ausgabe Nr. 9/02 vom 20. Februar 2002 der Zeitschrift "FRAU AKTUELL" veröffentlichte Bild zeigt den Kläger und seine Ehefrau auf öffentlicher Straße in St. Moritz im Urlaub, der grundsätzlich auch bei "Prominenten" zum geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört. Dennoch hat das Berufungsgericht die Veröffentlichung des Fotos im Ergebnis zutreffend als Bebilderung eines Berichts über ein zeitgeschichtliches Ereignis nicht beanstandet.
- 26
- Zwar ist der beanstandeten Abbildung als solcher keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis oder ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse zu entnehmen. Indes ist für den Informationswert auch die zugehörige Wortberichterstattung zu berücksichtigen. Soweit diese sich auf den Skiurlaub bezieht, kann allerdings ein zeitgeschichtliches Ereignis bzw. ein Vorgang von allgemeinem Interesse (EGMR NJW 2004, 2647, 2649 Rn. 60 ff.) selbst bei dem im Interesse der Informationsfreiheit gebotenen weiten Verständnis dieser Begriffe nicht angenommen werden. Gegenstand der Wortberichterstattung ist jedoch auch die Erkrankung des damals regierenden Fürsten von Monaco und damit ein zeitgeschichtliches Ereignis im oben dargelegten Sinn, über das die Presse berichten darf. Insofern kommt es auf den redaktionellen Gehalt und die Gestaltung dieses Artikels nicht an, da die Garantie der Pressefreiheit es nicht zulässt, das Eingreifen dieses Grundrechts von der Qualität des jeweiligen Presseerzeugnisses oder redaktionellen Beitrags abhängig zu machen (BVerfGE 34, 269, 283; Senat, Urteil vom 14. März 1995 - VI ZR 52/94 - VersR 1995, 667, 668, bestätigt durch BVerfG, NJW 2000, 1026). Das gilt auch, soweit der Artikel das Verhalten von Familienmitgliedern während der Krankheit des Fürsten betrifft, zumal die Zulässigkeit der Wortberichterstattung von der Revision nicht in Frage gestellt wird. Diese Berichterstattung wird mit der beanstandeten Abbildung belegt und illustriert.
- 27
- Bei dieser Sachlage sind überwiegende berechtigte Interessen des Klägers (§ 23 Abs. 2 KUG), die einer Veröffentlichung der Abbildung entgegenstehen könnten, bei der gebotenen Würdigung der Berichterstattung in ihrer Gesamtheit (vgl. Senat, Urteil vom 28. September 2004 - VI ZR 305/03 - VersR 2005, 83, 84) nicht zu erkennen. Insbesondere ist der beanstandeten Abbildung , die den Kläger und seine Frau auf offener Straße zeigt, kein eigenständiger Verletzungseffekt zu entnehmen, der eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnte. Dass die Aufnahme etwa unter Ausnutzung von Heimlichkeit oder von technischen Mitteln, die dem gleich kämen, zustande gekommen und aus diesem Grund unzulässig wäre (vgl. EGMR NJW 2004, 2647, 2650 Rn. 68; BVerfGE 101, 361, 381; BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408; Senat, BGHZ 131, 332, 342), macht die Revision nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.
- 28
- 4. Nach allem ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
- 29
- Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr
LG Hamburg, Entscheidung vom 01.07.2005 - 324 O 871/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 13.12.2005 - 7 U 84/05 -