Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2005 - VII ZR 180/04

bei uns veröffentlicht am31.03.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 180/04 Verkündet am:
31. März 2005
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
AGBG § 9 Bf, Cl
Die Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Bauunternehmers
" Die Geltendmachung von Aufrechnungen mit nicht rechtskräftig
festgestellten Gegenansprüchen sowie von Zurückbehaltungsrechten
ist ausgeschlossen."
ist dahin zu verstehen, daß Zurückbehaltungsrechte und damit auch Leistungsverweigerungsrechte
nach §§ 320, 641 Abs. 3 BGB generell ausgeschlossen sind. Insoweit
ist die Klausel unwirksam.
BGH, Urteil vom 31. März 2005 - VII ZR 180/04 - Kammergericht
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Dr. Wiebel, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Kammergerichts vom 3. Juli 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, einen Teilbetrag von 100.000 DM uneingeschränkt und nicht Zug um Zug gegen Mangelbeseitigung, ferner Zinsen aus diesem Betrag und darüber hinaus Zinsen aus dem restlichen Verurteilungsbetrag für die Zeit vor Rechtshängigkeit zu zahlen. In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt als Insolvenzverwalter der V.-GmbH, der früheren Klägerin (im folgenden nur noch: Klägerin), Restwerklohn. Die Beklagte beruft sich darauf, daß die Klägerin mangelhaft gearbeitet habe. In der Revision streiten die Parteien insbesondere darüber, ob ein Leistungsverweigerungsrecht der
Beklagten in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin wirksam ausgeschlossen werden konnte. Die Beklagte beauftragte im März 1994 die Klägerin mit der schlüsselfertigen Erstellung einer Fachklinik zu einem Pauschalpreis von 40.600.000 DM brutto. Es war Ratenzahlung nach Baufortschritt vereinbart. Die 21. Rate in Höhe von 2.030.000 DM war fällig nach Abnahme und Behebung der Abnahmemängel. Die 22. Rate ebenfalls in Höhe von 2.030.000 DM war fällig nach Übergabe des Bauvorhabens und einer Gewährleistungssicherheit. Ferner war in § 6 des Vertrages folgendes vereinbart:
"1. Abs. 6: … Die bei Beseitigung der protokollarisch festgehaltenen Abnahmemängel fällig werdende Rate ist bei teilweiser Erledigung der Abnahmemängel bis auf einen Betrag auszuzahlen, der dem dreifachen Aufwand für die Erledigung der restlichen Abnahmemängelbeseitigungsarbeiten entspricht. Abs. 7: Werden nach dem Zahlungsplan fällige Zahlungen nicht innerhalb von 14 Kalendertagen nach Eingang der Rechnung nebst Bautenstandsnachweis des bauleitenden Architekten bei dem AG geleistet , sind die betreffenden Beträge von ihrer Fälligkeit an mit 5 % über dem Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ohne Mahnung zu verzinsen. Die Zahlung setzt die Bestätigung des Architekten des AG voraus; … .

2.

Die Geltendmachung von Aufrechnungen mit nicht rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen sowie von Zurückbehaltungsrechten ist ausgeschlossen." Bei der Abnahme am 20. November 1995 und danach wurden von der Beklagten zahlreiche Mängel gerügt. Sie behielt von der 21. Rate 198.000 DM ein. Auf die 22. Rate zahlte sie, nachdem die Klägerin diese unter dem 19. Februar 1997 in Rechnung gestellt hatte, am 13. März 1997 und am 20. Januar 1998 jeweils 500.000 DM. Mit ihrer am 26. Oktober 1999 zugestellten Klage hat die Klägerin den noch offenen Betrag von 1.228.000 DM nebst Zinsen seit dem 21. November 1996 in einer bestimmten Staffelung geltend gemacht. Widerklagend hat die Beklagte begehrt, die Schadensersatzpflicht der Klägerin wegen zahlreicher Mängel festzustellen. Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Beklagte sich gegen die Abweisung der Widerklage gewandt und hinsichtlich der Klage erreichen wollen, daß sie einen Teilbetrag von 100.000 DM nur Zug um Zug gegen Beseitigung von 50 Mängeln ohne Zinsen sowie aus der darüber hinausgehenden Forderung Zinsen erst ab Rechtshängigkeit zahlen muß. Die Berufung ist bis auf einen geringfügigen Teil bei den Zinsen ohne Erfolg geblieben. Der Senat hat die Revision der Beklagten nicht angenommen, soweit sie sich gegen die Abweisung der Widerklage gewandt hat, und im übrigen angenommen. In diesem Umfang verfolgt die Beklagte ihr zweitinstanzliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im Umfang der Annahme Erfolg. Sie führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB, § 26 Nr. 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht ist der Meinung, die Forderung der Klägerin sei insgesamt fällig. Die Beklagte könne sich nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Der Einbehalt eines Teils der 21. Rate sei nicht berechtigt gewesen. Als protokollarisch festgehaltene Abnahmemängel kämen nach dem Vortrag der Beklagten nur der fehlende Automatikantrieb der schweren Brandschutztüren sowie eine dem Stand der Klinik nicht entsprechende optische Gestaltung dieser Türen in Betracht. Die Klägerin habe jedoch spezifiziert vorgetragen, die Türen technisch nachgerüstet zu haben. Das habe die darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht substantiiert bestritten. Hinsichtlich der Gestaltung der Brandschutztüren habe die Beklagte nicht dargetan, welche Ausführung von den Parteien vereinbart worden sei und inwieweit die tatsächliche Ausführung hiervon abweiche. Bezüglich der übrigen von der Beklagten gerügten Mängel sei ein Zurückbehaltungsrecht und damit auch ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB durch § 6 Nr. 2 des Vertrages ausgeschlossen. Es handele sich um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung, die der Inhaltskontrolle nach den §§ 24, 9 AGBG standhalte. Ein Verstoß gegen § 9
AGBG werde nur dann angenommen, wenn ein Zurückbehaltungsrecht auch wegen rechtskräftig festgestellter, entscheidungsreifer oder unbestrittener Gegenforderungen ausgeschlossen sei. Die Klausel sei dahin auszulegen, daß sie Zurückbehaltungsrechte aufgrund rechtskräftig festgestellter Forderungen nicht ausschließe. Die ungenaue Formulierung begründe keine Zweifel an dieser Auslegung, so daß die Unklarheitenregelung des § 5 AGBG nicht eingreife. Zinsen aus der 22. Rate stünden der Klägerin ab dem 8. März 1997 zu; die Beklagte habe sich ab diesem Zeitpunkt in Verzug befunden. Der Vertrag sei dahin auszulegen, daß für die Fälligkeit der 21. und 22. Rate die Rechnungsstellung, nicht aber der Bautenstandsnachweis des Architekten erforderlich gewesen sei.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung weitgehend nicht stand. 1. Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist die Ansicht des Berufungsgerichts , die Beklagte könne ihr Leistungsverweigerungsrecht nicht auf Fehler wegen der optischen Gestaltung der Brandschutztüren stützen. Insoweit hat die Beklagte nicht schlüssig vorgetragen, daß das Werk der Klägerin nicht vertragsgemäß und damit fehlerhaft war. Die schlichte Behauptung, die Türen seien nur für eine Industriehalle, nicht aber für den repräsentativen Eingangsbereich der Klinik geeignet, genügt nicht. 2. Verfahrensfehlerhaft geht das Berufungsgericht davon aus, daß der im Abnahmeprotokoll festgehaltene Mangel des Automatikantriebs der Brandschutztüren nachträglich beseitigt worden sei. Insoweit übergeht das Berufungsgericht den im Schriftsatz vom 16. Mai 2001 enthaltenen Vortrag, nach dem die Beseitigung des Mangels bestritten und das weitere Vorhandensein
des Mangels unter Bezugnahme auf einen Beweissicherungsantrag behauptet wird. Der Senat weist darauf hin, daß der Unternehmer die Beweislast dafür trägt, daß er einen Mangel beseitigt hat. 3. Rechtsfehlerhaft ist die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Leistungsverweigerungsrecht der Beklagten nach §§ 320, 641 Abs. 3 BGB sei gemäß § 6 Nr. 2 des Vertrages ausgeschlossen. Diese Klausel ist unwirksam, soweit ein Zurückbehaltungsrecht ausgeschlossen ist. Sie benachteiligt die Beklagte insoweit entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 9 AGBG).
a) Es handelt sich um eine von der Klägerin gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung.
b) Zutreffend ist die Auslegung des Berufungsgerichts, daß durch die Klausel auch ein Leistungsverweigerungsrecht nach §§ 320, 641 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sein soll. Eine Klausel, die das Zurückbehaltungs- und Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers ohne Einschränkung ausschließt, hält der Inhaltskontrolle nicht stand (BGH, Urteil vom 16. Oktober 1984 - X ZR 97/83, BGHZ 92, 312, 316). Um eine solche Klausel handelt es sich hier. Der Senat folgt nicht der Auslegung des Berufungsgerichts, wonach das Zurückbehaltungs - und Leistungsverweigerungsrecht nur wegen nicht rechtskräftig festgestellter Gegenansprüche ausgeschlossen ist. Es kann deshalb dahinstehen, ob eine Klausel mit einem solchen Inhalt wirksam wäre. aa) Der Senat kann entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung die Auslegung der Klausel durch das Berufungsgericht uneingeschränkt überprüfen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Klausel in mehreren Oberlandesgerichtsbezirken verwendet.
bb) Das Berufungsgericht entfernt sich mit seiner Auslegung unvertretbar von dem Verständnis der Klausel, das der verständige und redliche Vertragspartner aufgrund ihrer Gestaltung haben muß. Der Wortlaut der Klausel enthält keine Einschränkung, daß das Zurückbehaltungsrecht nur wegen nicht rechtskräftig festgestellter Gegenansprüche ausgeschlossen ist. Im Gegenteil ist danach nur die Aufrechnung mit nicht rechtskräftig festgestellten Gegenansprüchen ausgeschlossen. Es wäre sprachlich leicht zu fassen gewesen, wenn der Verwender der Klausel auch den Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts hätte beschränken wollen. Daß diese leicht zu bewerkstelligende sprachliche Fassung nicht gewählt worden ist, muß bei einem objektiven Vertragspartner den Eindruck erwecken, das Zurückbehaltungsrecht sei generell ausgeschlossen. Das Berufungsgericht geht zu Unrecht davon aus, daß der rechtlich beratene Verwender nicht nur beim Ausschluß der Aufrechnung, sondern auch beim Ausschluß des Zurückbehaltungsrechts die rechtlich zulässige Form wählen wollte und dies von dem rechtlich beratenen Vertragspartner des Verwenders in gleicher Weise verstanden worden ist. Ein dahingehender Erfahrungssatz existiert nicht. Auch kann nicht die Rede davon sein, daß es Gewohnheiten im Geschäftsverkehr gibt, wonach Zurückbehaltungsrecht und Aufrechnung gleichartig geregelt werden. Die Auslegung des Berufungsgerichts führt dazu, daß der Vertragspartner des Verwenders sich über viele Zweifelsfragen hinwegsetzen müßte, um zu dem vom Berufungsgericht gewünschten Ergebnis zu gelangen. Eine derartige Auslegung beachtet nicht, daß der Ausschluß von gesetzlichen Rechten klar und zweifelsfrei, also transparent formuliert sein muß, vgl. auch § 5 AGBG. Die Unwirksamkeit führt dazu, daß die Beklagte Zurückbehaltungsrechte und damit auch ihr Leistungsverweigerungsrecht nach § 641 Abs. 3 BGB ohne jede Einschränkung geltend machen kann.
4. Auch der Zinsausspruch des Berufungsgerichts kann keinen Bestand haben. Soweit der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht, muß sie weder Verzugs- noch Prozeßzinsen zahlen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 317/02, BauR 2004, 1616 = NZBau 2004, 611 = ZfBR 2005, 49). Das gilt unabhängig davon, in welcher Höhe die Beklagte ihr Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 - VII ZR 185/91, BauR 1993, 600, 601 = ZfBR 1993, 214; insoweit in BGHZ 121, 210 nicht abgedruckt). Der Senat weist für das weitere Verfahren darauf hin, daß die Auslegung des Vertrags durch das Berufungsgericht dahin, daß hinsichtlich der 22. Rate ein Bautenstandsnachweis des Architekten nicht Fälligkeitsvoraussetzung sei, nicht zu beanstanden ist. Ob dies auch hinsichtlich der 21. Rate zutrifft, kann offenbleiben. Insoweit wurden der Klägerin Zinsen erst ab Rechtshängigkeit zugesprochen.

III.

Das Berufungsgericht wird nunmehr Feststellungen zu den Mängeln zu treffen haben. Dressler Wiebel Kuffer Kniffka Bauner

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2005 - VII ZR 180/04

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Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 320 Einrede des nicht erfüllten Vertrags


(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzel

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 641 Fälligkeit der Vergütung


(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. (2) Die Vergütung des Unte
Bundesgerichtshof Urteil, 31. März 2005 - VII ZR 180/04 zitiert 2 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 320 Einrede des nicht erfüllten Vertrags


(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzel

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 641 Fälligkeit der Vergütung


(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten. (2) Die Vergütung des Unte

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juli 2004 - VII ZR 317/02

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 317/02 Verkündet am: 8. Juli 2004 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein
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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2013 - V ZR 118/11

bei uns veröffentlicht am 25.01.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 118/11 Verkündet am: 25. Januar 2013 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichts

Referenzen

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.

(2) Die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, wird spätestens fällig,

1.
soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat,
2.
soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
3.
wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Umstände bestimmt hat.
Hat der Besteller dem Dritten wegen möglicher Mängel des Werks Sicherheit geleistet, gilt Satz 1 nur, wenn der Unternehmer dem Besteller entsprechende Sicherheit leistet.

(3) Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.

(4) Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet ist.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.

(2) Die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, wird spätestens fällig,

1.
soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat,
2.
soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
3.
wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Umstände bestimmt hat.
Hat der Besteller dem Dritten wegen möglicher Mängel des Werks Sicherheit geleistet, gilt Satz 1 nur, wenn der Unternehmer dem Besteller entsprechende Sicherheit leistet.

(3) Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.

(4) Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet ist.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

(1) Die Vergütung ist bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Teilen abzunehmen und die Vergütung für die einzelnen Teile bestimmt, so ist die Vergütung für jeden Teil bei dessen Abnahme zu entrichten.

(2) Die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, wird spätestens fällig,

1.
soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat,
2.
soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
3.
wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Umstände bestimmt hat.
Hat der Besteller dem Dritten wegen möglicher Mängel des Werks Sicherheit geleistet, gilt Satz 1 nur, wenn der Unternehmer dem Besteller entsprechende Sicherheit leistet.

(3) Kann der Besteller die Beseitigung eines Mangels verlangen, so kann er nach der Fälligkeit die Zahlung eines angemessenen Teils der Vergütung verweigern; angemessen ist in der Regel das Doppelte der für die Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten.

(4) Eine in Geld festgesetzte Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern nicht die Vergütung gestundet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 317/02 Verkündet am:
8. Juli 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Ein nach einer Kündigung des Bauvertrages ausgesprochenes Baustellenverbot
begründet allein keine Verwirkung des Nachbesserungsanspruchs, sondern allenfalls
einen Annahmeverzug des Auftraggebers.

b) Der Annahmeverzug ist beendet, wenn der Auftraggeber sich im Prozeß wegen
der Mängel auf sein Leistungsverweigerungsrecht beruft und dadurch zu erkennen
gibt, daß er zum Zwecke der Mängelbeseitigung das Betreten der Baustelle zuläßt.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 317/02 - OLG München
LG Ingolstadt
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Hausmann und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. August 2002 im Kostenpunkt , im Zinsausspruch und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über das Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten wegen folgender, im Gutachten des Sachverständigen Räsch bezeichneter Mängel 4.2.2.4 Fehlende Bewegungsfuge 4.2.2.7 Betonfehlstelle 4.2.2.10 Unterzug und Fugenausbildung 4.2.2.11 Riss in der TG-Wand 4.3.1 Risse am Müllhäuschen 4.3.2 Wasserandrang in der Tiefgarage 4.3.3. Wasserandrang in der Schleuse zum Altbau 4.3.4 Unebener Tiefgaragenboden 4.4.3 Riss in der Bodenplatte im Fahrradkeller zum Nachteil des Beklagten entschieden hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin fordert Restwerklohn. Die Parteien schlossen im April 1995 einen Bauvertrag über Rohbauarbeiten für eine Wohnanlage; die VOB/B wurde vereinbart. Nachdem die Klägerin während ihres Betriebsurlaubs im Januar 1996 die vom Beklagten geforderte Fortführung der Bauarbeiten verweigert hatte, kündigte der Beklagte am 16. Januar 1996 den Bauvertrag und verbot der Klägerin zugleich, die Baustelle zu betreten. Am 15. Februar 1996 forderte er die Klägerin zur Erstellung einer Schlußrechnung und zur unverzüglichen Räumung der Baustelle auf. Die Klägerin hat nach Erstellung der Schlußrechnung im Juli 1996 370.306,57 DM gefordert. Der Beklagte hat mit Mehrkosten für die Fertigstellung des Bauvorhabens aufgerechnet und wegen Mängeln ein Leistungsverweigerungsrecht im Umfang von knapp 114.000 DM geltend gemacht. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 275.294,54 DM Zug um Zug gegen Beseitigung näher bezeichneter Mängel stattgegeben. Auf die Berufung beider Parteien hat das Berufungsgericht den Beklagten uneingeschränkt zur Zahlung von 123.791,94 € und Zinsen verurteilt; die weitergehenden Rechtsmittel hat es zurückgewiesen. Der Senat hat die Revision des Beklagten hinsichtlich des Zinsausspruchs sowie der im Tenor aufgeführten Mängel zugelassen. In diesem Umfang verfolgt der Beklagte sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, dem Beklagten stehe ein Leistungsverweigerungsrecht wegen der im Tenor genannten Mängel nicht zu, da er zur Mängelbeseitigung keine Fristen nach § 4 Nr. 7 Satz 3 bzw. § 13 Nr. 5 Satz 1 VOB/B gesetzt habe. Hinzu komme, daß der Beklagte der Klägerin verboten habe, das Grundstück zu betreten. Die Klägerin habe demnach die Mängel nicht beseitigen können, da der Beklagte dies nicht zugelassen habe. Das Angebot der Klägerin zur Mängelbeseitigung im Schreiben vom 7. Februar 2002 sei vom Beklagten nicht angenommen worden. Folglich schulde die Klägerin keine Nachbesserung.

II.

Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Im Revisionsverfahren ist zugunsten des Beklagten davon auszugehen, daß die im Tenor bezeichneten Mängel vorhanden sind und deren Mängelbeseitigung 45.044,81 € kostet. Unter dieser Voraussetzung hat der Beklagte zu Recht im zweiten Rechtszug nur eine eingeschränkte Verurteilung Zug um Zug
gegen Mängelbeseitigung mit der Folge beantragt, daß die Klägerin keine Zinsen fordern kann. 1. Auch nach einer Kündigung des Bauvertrages ist der Auftragnehmer grundsätzlich verpflichtet, Mängel an dem von ihm bis zur Kündigung erstellten Werk zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1987 - VII ZR 251/86, BauR 1987, 689, 690 = ZfBR 1987, 271; Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 488/99, BauR 2001, 667 = NZBau 2001, 211 = ZfBR 2001, 177). Gegenüber dem Werklohnverlangen des Auftragnehmers kann der Auftraggeber das gesetzliche Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 Abs. 1 BGB jedenfalls in Höhe des mindestens Dreifachen der Mängelbeseitigungskosten geltend machen. Eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung ist nicht Voraussetzung für die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts ist objektiv willkürlich. 2. Die Hilfserwägungen des Berufungsgerichts tragen den Ausschluß des Leistungsverweigerungsrechts nicht.
a) Das Berufungsgericht enthält keine tragfähigen Feststellungen dazu, daß der Beklagte die Mängelbeseitigung unmittelbar im Anschluß an die Kündigung nicht zugelassen hätte. Allein der Umstand, daß ein Baustellenverbot ausgesprochen und die Räumung der Baustelle verlangt worden ist, besagt dazu nichts. Es ist nicht festgestellt, daß zu diesem Zeitpunkt bereits Mängelbeseitigung verlangt worden ist. Im übrigen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß der Beklagte durch eine etwa zunächst erfolgte Zurückweisung eines Mängelbeseitigungsangebotes seinen Anspruch auf Nachbesserung verwirkt hätte. In Betracht wäre ein Annahmeverzug des Beklagten gekommen, der jedenfalls beendet gewesen wäre, als sich der Beklagte im zweiten Rechtszug auf sein Leistungsverweige-
rungsrecht berufen und damit zu erkennen gegeben hat, daß er zum Zweck der Mängelbeseitigung das Betreten der Baustelle zuläßt (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2003 - VII ZR 79/02, BauR 2003, 1892, 1898 = ZfBR 2004, 37, 41).
b) Ebensowenig kann der Verlust des Mängelbeseitigungsanspruchs daraus hergeleitet werden, daß die Klägerin mit Schreiben vom 7. Februar 2002 angeboten hat, Mängel zu beseitigen. Der Beklagte hat durch die Weigerung, dieses Angebot anzunehmen, nicht seinen Mängelbeseitigungsanspruch verwirkt. Vielmehr war er berechtigt, dieses Angebot zurückzuweisen, weil es nur einen sehr geringen Teil der vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellten Mängel betraf (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 - VII ZR 479/00, BauR 2002, 1399, 1400 = NJW 2002, 3019 = ZfBR 2002, 676). Das Angebot der Klägerin betraf Mängelbeseitigungskosten von 4.700 DM gegenüber den vom Sachverständigen geschätzten Kosten von 88.100 DM. 3. Der Beklagte ist berechtigt, die Zahlung von 123.791,94 € zu verweigern , da das mindestens Dreifache der Mängelbeseitigungskosten (135.134,44 €) diesen Betrag übersteigt. Folglich ist die Forderung nicht fällig, so daß der Beklagte weder Verzugszinsen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - VII ZR 180/98, BauR 1999, 1025 = NJW 1999, 2110 = ZfBR 1999, 313) noch Rechtshängigkeitszinsen, vgl. § 291 Satz 1 BGB, schuldet.

III.

Danach kann das Berufungsurteil im von der Revision noch angefochtenen Umfang nicht bestehen bleiben. Es ist insoweit aufzuheben. Das Berufungsgericht wird, gegebenenfalls nach ergänzendem Vortrag der Parteien,
Grund und Höhe des Leistungsverweigerungsrechts des Beklagten festzustellen haben. Dressler Thode Haß Hausmann Kniffka