Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 108/09

bei uns veröffentlicht am21.04.2010
vorgehend
Landgericht Hamburg, 413 O 147/07, 25.09.2008
Hanseatisches Oberlandesgericht, 9 U 207/08, 31.03.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 108/09 Verkündet am:
21. April 2010
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Auch im Shopgeschäft können als Stammkunden (Mehrfachkunden) eines Tankstellenhalters
im Allgemeinen diejenigen Kunden angesehen werden, die mindestens
vier Mal im Jahr dort eingekauft haben (im Anschluss an BGH, Urteil vom
12. September 2007 - VIII ZR 194/06, VersR 2008, 214).
BGH, Urteil vom 21. April 2010 - VIII ZR 108/09 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Milger, die Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider sowie die Richterin
Dr. Fetzer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 31. März 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin betrieb aufgrund eines mit der Beklagten am 15./30. Dezember 2004 geschlossenen Tankstellenvertrags ("System Plus") im Zeitraum vom 3. Januar 2005 bis zum 18. September 2007 eine Tankstelle der Beklagten in H. . Dabei übernahm sie im Namen und für Rechnung der Beklagten als deren Handelsvertreterin den Verkauf von Kraft- und Schmierstoffen sowie von Shopwaren. Die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis zum 30. September 2007. Bereits am 18. September 2007 übergab die Klägerin die Tankstation an die Beklagte. Im letzten Vertragsjahr erzielte die Klägerin im Shopgeschäft eine Provision von 81.485,08 €. Daneben verdiente die Klägerin im gleichen Zeitraum im Kraft- und Schmierstoffgeschäft eine der Höhe nach streitige Jahres- provision, die sich nach den Angaben der Klägerin auf 92.275,09 € und nach der Darstellung der Beklagten auf 79.027,65 € belief.
2
Die Klägerin hat nach erfolgloser Zahlungsaufforderung mit ihrer am 13. Dezember 2007 zugestellten Klage einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 177.482,17 € verlangt. Die Beklagte hat hierauf einen Betrag von 65.914,10 € bezahlt. In diesem Umfang haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Ihren restlichen Anspruch hat die Klägerin - unter Erweiterung der Klage um 12.515,86 € - auf 124.083,93 € beziffert. Aus dem gekündigten Vertragsverhältnis steht der Beklagten noch eine Gegenforderung in Höhe 1.733,61 € zu, die sie zur Aufrechnung gestellt hat.
3
Das Landgericht hat der Klägerin über den bezahlten Betrag hinaus einen weiteren Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in Höhe von 58.570,25 € nebst Zinsen zugesprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels der Klägerin - das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Verurteilung der Beklagten auf 55.345,83 € nebst Zinsen ermäßigt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin eine Verurteilung der Beklagten in Höhe von insgesamt 122.340,32 € nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat, soweit dies für die Revisionsinstanz noch von Interesse ist, zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Der Klägerin stehe nach § 89b HGB ein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in Höhe von insgesamt 122.993,54 € zu, den die Beklagte durch Zahlung von 65.914,10 € und durch Aufrechnung mit einer unstreitigen Gegenforderung in Höhe von 1.733,61 € teilweise erfüllt habe. Damit verbleibe ein restlicher Anspruch in Höhe von 55.345,83 €. Der Berechnung des Ausgleichsanspruchs seien im Tankgeschäft die von der Klägerin für das letzte Vertragsjahr angesetzte Provision von 92.275,09 € und im Shopbereich die hier im selbem Zeitraum unstreitig erzielte Jahresprovision von 81.485,08 € zugrunde zu legen. In beiden Geschäftsbereichen seien hiervon 10 % für verwaltende Tätigkeiten abzuziehen, denn bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs blieben solche Provisionsanteile unberücksichtigt, die ausschließlich verwaltenden Zwecken dienten.
7
Von der sonach verbleibenden, für werbende Tätigkeiten gezahlten Jahresprovision in Höhe von 83.047,58 € im Tankbereich und von 73.336,57 € im Shopgeschäft sei aber nur der Teil zu berücksichtigen, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten habe. Im Tankbereich seien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als Stammkunden diejenigen Kunden anzusehen, die mindestens viermal im Jahr bei derselben Tankstelle tankten. Ausgehend von diesen Prämissen sei der Stammkundenanteil im Tankgeschäft aufgrund den von der Klägerin vorgelegten Erhebungen auf 86,11 % zu schätzen. Dabei sei bei der Ausgabe von mehreren Tankkarten an ein Unternehmen nicht der einzelne Kartennutzer, sondern der Karteninhaber als Stammkunde anzusehen. Bei der Ermittlung des Stammkundenanteils sei zudem zu berücksichtigen, dass manche Kunden ihre Kraftstoffkäufe über verschiedene Karten abwickelten (so genannte Kartenwechsler). Im Shopgeschäft sei dagegen nur derjenige Kunde als Stammkunde einzustufen, der zwölfmal jährlich dort einkaufe. Die Stammkundeneigenschaft sei in Abhängigkeit von der zu verkaufenden Produktgruppe zu bestimmen. In Tankstellenshops dürften im Wesentlichen kleinere Einkäufe des täglichen Bedarfs erledigt werden. Da man diese Produkte häufiger benötige als Treibstoff, sei hierbei ein kürzeres Wiederholungsintervall und damit eine höhere jährliche Nachkauffrequenz als beim Tankgeschäft anzusetzen. Der Stammkundenanteil am Shopgeschäft belaufe sich daher - bei Zusammenrechnung der im Namen eines Karteninhabers durch die von ihm autorisierten Tankkartennutzer getätigten Kaufvorgänge und unter Berücksichtung der Kartenwechsler - auf lediglich 30,33 %.
8
Von den so ermittelten Stammkundenanteilen sei in beiden Geschäftszweigen ein Abzug für Altkunden in Höhe von jeweils 32,3 % vorzunehmen. Hierbei sei in Anlehnung an die bei der Abzinsung des Handelsvertreterausgleichs geltende Zeitspanne ein Abwanderungszeitraum von vier Jahren anzusetzen. Demzufolge sei davon auszugehen, dass im fünften Jahr nach Übernahme der Tankstelle durch einen neuen Pächter keine Altstammkunden mehr vorhanden seien. Da die Klägerin die Tankstelle 32,5 Monate betrieben habe, belaufe sich der Anteil der bei ihr noch verbliebenen Altstammkunden auf 32,3% (15,5/48).
9
Die sonach bereinigten Jahresprovisionen im letzten Vertragsjahr seien unter Ansatz einer für die Verlustprognose (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB aF) maßgeblichen - unstreitig gebliebenen - Abwanderungsquote von jährlich 20 % mit 200 % zu multiplizieren. Hiervon sei mit dem Landgericht ein Billigkeitsabzug (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF) von 10 % wegen der Sogwirkung der Marke S. vorzunehmen. Bei einem Teil der Kundschaft werde durch diese Marke (berechtigt oder nicht) der Eindruck besonderer Qualität sowohl im Kraftund Schmierstoffbereich als auch hinsichtlich nicht fertig verpackter Lebensmittel im Shopgeschäft vermittelt. Dass die Beklagte nach dem Vorbringen der Klägerin seit längerer Zeit nur noch Imagewerbung betreibe, ändere an der Sogwirkung der Marke nichts. Zu berücksichtigen seien auch werbende Maßnahmen der Beklagten in Form von Bonusprogrammen.
10
Die vom Landgericht nach der Multifaktorentabelle von Gillardon vorgenommene Abzinsung bei einem Zinssatz von 5 % sei von den Parteien nicht angegriffen worden. Zuzüglich 16 % Umsatzsteuer ergebe sich danach ein der Klägerin zustehender Ausgleichsbetrag in Höhe von 122.993,54 € (93.813,93 € Tankgeschäft; 29.179,62 € Shopbereich). Nach Abzug der von der Beklagten erbrachten Zahlungen von 65.914,10 € und der zur Aufrechnung gebrachten Gegenforderung von 1.733,61 € verbleibe ein Restbetrag von 55.345,83 €.

II.

11
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. Bei der Ermittlung des der Klägerin nach § 89b Abs. 1 HGB aF zustehenden Ausgleichsanspruchs hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft unterschiedliche Maßstäbe an die Bestimmung der Stammkundeneigenschaft im Tankgeschäft und im Shopbereich angelegt. Während es für den Kraft- und Schmierstoffbereich im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats bereits denjenigen Kunden als Stammkunden angesehen hat, der wenigstens viermal jährlich die ehemalige Tankstelle der Klägerin aufsuchte, hat es beim Shopgeschäft rechtsfehlerhaft eine dreifach höhere Kauffrequenz verlangt. Im Übrigen hält das Berufungsurteil revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
12
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters nach § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB die letzte Jahresprovision im Kraftstoff- und Schmierstoffgeschäft maßgebend ist. Dem liegt die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. März 1990 - I ZR 2/89, WM 1990, 1496, unter 3 c) gemäß § 287 ZPO zulässige Schätzung zugrunde, dass die der Beklagten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verbleibenden Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die die Klägerin geworben hat (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB), der Höhe nach identisch sind mit den Provisionsverlusten , die die Klägerin infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses erleidet (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB aF).
13
Dass die der Beklagten verbleibenden Vorteile höher zu bewerten wären, macht auch die Klägerin nicht geltend. Die vom Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 26. März 2009 (Rs. C-348/07, EuZW 2009, 304 - Turgay Semen/Deutsche Tamoil GmbH) aufgestellten, bei der Auslegung des § 89b Abs. 1 HGB aF zu beachtenden Grundsätze (vgl. hierzu Senatsurteil vom 13. Januar 2010 - VIII ZR 25/08, zur Veröffentlichung bestimmt, juris, Tz. 33; Staub/Emde, HGB, 5. Aufl., Vor § 84 Rdnr. 14; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 89b Rdn. 24; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 89b Rdnr. 78) bleiben damit für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Bedeutung. Der Gerichtshof hat - einige Tage vor Erlass des Berufungsurteils - entschieden, dass Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. EG Nr. L 382 S. 17) dahin auszulegen ist, dass er nicht erlaubt, den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters von vornherein durch seine Provisionsverluste infolge der Vertragsbeendigung zu begrenzen, auch wenn die dem Unternehmer verbleibenden Vorteile höher zu bewerten sind (EuGH, aaO, Rdnr. 25). Diesen Vorgaben hat der Gesetzgeber inzwischen - für zukünftige Fälle - durch die Neufassung des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB Rechnung getragen (vgl. Art. 6a des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung vom 31. Juli 2009 - BGBl. I S. 2512).
14
2. Das Berufungsurteil hat auch Bestand, soweit es die als Bemessungsgrundlage für einen Ausgleichsanspruch herangezogene Jahresprovision in beiden Geschäftsbereichen (Tank- und Shopgeschäft) um einen Verwaltungsanteil von 10 % gekürzt hat. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur solche Provisionen und Provisionsanteile zugrunde zu legen sind, die der Tankstellenhalter als Handelsvertreter für seine ("werbende") Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit enthält, nicht dagegen Provisionen für vermittlungsfremde ("verwaltende") Tätigkeiten (Senatsurteile vom 11. November 2009 - VIII ZR 249/08, zur Veröffentlichung bestimmt , juris, Tz. 17; vom 12. September 2007 - VIII ZR 194/06, VersR 2008, 214, Tz. 49; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 2 und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B II 1; jeweils m.w.N.). Für die Bestimmung der bei der Bemessung eines Handelsvertreterausgleichs zu berücksichtigenden Provisionsanteile kommt es, sofern hinreichende vertragliche Absprachen nicht vorhanden sind, auf das tatsächliche Verhältnis zwischen werbender und verwaltender Tätigkeit an.
15
a) Das Berufungsgericht ist - dem Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 25. August 2009 - 18 U 63/06, juris) folgend - davon ausgegangen, die Klägerin habe mit ihrer Behauptung, keine der ihr vergüteten Tätigkeiten habe ausschließlich verwaltenden Zwecken gedient, nicht der ihr obliegenden (primären) Darlegungslast genügt. Dies begegnet rechtlichen Bedenken. Zwar ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass grundsätzlich die einen Ausgleichsanspruch geltend machende Klägerin die Darlegungs- und Beweislast für dessen Voraussetzungen und damit auch dafür trägt, dass der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nur solche Provisionsanteile zugrunde liegen, die auf ihre werbende Tätigkeit entfallen (vgl. Senatsurteile vom 11. November 2009, aaO, Tz. 18; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO; jeweils m.w.N; BGH, Urteil vom 28. April 1988 - I ZR 66/87, NJW-RR 1988, 1061, unter II 2 b). Wenn aber vertraglich nicht (hinreichend) geregelt ist, in welchem Umfang mit den Provisionen bestimmte Tätigkeiten vergütet werden, obliegt es der Beklagten, im Einzelnen darzutun, welche Aufteilung der Provision nach dem Vertrag angemessen ist, falls sie von der Beurteilung ihres Vertragspartners abweichen will (vgl. Senatsurteile vom 11. November 2009, aaO; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO; vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, NJW 1998, 66, unter B I 3, und VIII ZR 91/96, juris, Tz. 30; BGH, Urteil vom 28. April 1988, aaO). So liegen die Dinge hier. Die in § 3 Abs. 6 des Tankstellenvertrags getroffene Regelung, wonach 40 % der Provisionen und Vergütungen des Tankstellenpächters auf verwaltende Tätigkeiten entfallen sollen, ist wegen Verstoßes gegen § 89b Abs. 4 HGB nichtig (vgl. Senatsurteile vom 11. November 2009, aaO, Tz. 17; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, aaO, unter B II 2 a; BGHZ 152, 121, 133 ff.). Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, dass sich anderen Bestimmungen des Tankstellenvertrages eine Aufteilung der Vergütungsanteile entnehmen lässt. Revisionsrechtlich ist daher zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass vertragliche Absprachen nicht bestehen und damit die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend sind. Anders als das Berufungsgericht meint, hat die Klägerin ihrer Darlegungslast dadurch genügt, dass sie darauf verwiesen hat, alle von ihr er- brachten verwaltenden Tätigkeiten seien zumindest auch werbender Natur gewesen und daher nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht als vermittlungsfremde Tätigkeiten einzustufen.
16
Wie der Senat entschieden hat, sind sämtliche mit der Lagerhaltung, der Auslieferung und dem Inkasso zusammenhängenden Arbeiten untrennbar mit der Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit des Tankstellenhalters verbunden und rechtfertigen daher keinen Abschlag für verwaltende Tätigkeiten (vgl. etwa Senatsurteile vom 11. November 2009, aaO, Tz. 18; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, aaO, unter B II 2 b; vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, NJW-RR 2003, 821, unter III 1 a; jeweils m.w.N.). Da somit die Tätigkeit eines Tankstellenhalters überwiegend werbender Natur ist, ist nicht von vorneherein auszuschließen , dass der hierin eingeschlossene Fremdverwaltungsanteil gering anzusetzen oder sogar insgesamt zu vernachlässigen ist. Dies mag zwar - wie das Oberlandesgericht Hamm in seiner vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung vom 25. August 2008 (aufgehoben durch Senatsurteil vom 11. November 2009, aaO) insoweit zutreffend zu bedenken gegeben hat - angesichts dessen, dass die Tankstellenhalter bislang überwiegend einen Fremdverwaltungsanteil von 10 % zugestanden haben, wenig wahrscheinlich sein, nimmt aber dem Vortrag der Klägerin nicht die Schlüssigkeit. Entgegen der - auf der vorangegangenen Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm beruhenden - Auffassung des Berufungsgerichts ist es daher Aufgabe der Beklagten , den von ihr behaupteten Verwaltungsanteil (10 %) darzulegen und nachzuweisen (Senatsurteil vom 11. November 2009, aaO, Tz. 19).
17
b) Das Berufungsgericht hat jedoch den vorgenommenen Abschlag für Verwaltungstätigkeiten in Höhe von 10 % nicht ausschließlich auf diese - rechtlich angreifbaren - Erwägungen gestützt, sondern im Rahmen einer Hilfsbegründung ausgeführt, der Verwaltungsanteil an den Tätigkeiten der Klägerin sei jedenfalls auf 10 % zu schätzen. Dies hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens. Zwar weisen die von der Beklagten angeführten Tätigkeiten (vorwiegend Verwaltung der Bargeldbestände) noch einen untrennbaren Bezug zu der werbenden Tätigkeit des Tankstellenpächters auf. Denn die Verwaltung und Sicherung der Bargeldbestände gehört im weitesten Sinne noch zur Inkassotätigkeit (Senatsurteil vom 11. November 2009, aaO, Tz. 20). Anders verhält es sich dagegen mit der vom Oberlandesgericht Hamm angeführten und vom Berufungsgericht auf den vorliegenden Fall übertragenen Gesichtspunkt der Buchführungspflicht. Die der Klägerin nach § 8 des Tankstellenvertrags vom 15./30. Dezember 2004 auferlegte Buchführungspflicht spielt für die Werbung des Kundenstammes keine entscheidende Rolle (vgl. zu diesem Gesichtspunkt etwa Senatsurteil vom 6. August 1997 - VIII ZR 91/96, aaO, Tz. 27 ff. m.w.N.), sondern ist nur für die Abrechnung der gegenseitigen Ansprüche von Mineralölunternehmen und Tankstellenhalter von Bedeutung (Senatsurteil vom 11. November 2009, aaO). Die vom Tankstellenhalter zur Erfassung der Geschäftsvorfälle erstellten Buchhaltungsunterlagen nehmen regelmäßig einen erheblichen Umfang ein und können aufgrund der darin enthaltenen detaillierten Angaben sogar einen Buchauszug nach § 87c Abs. 2 HGB entbehrlich machen (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2008 - VIII ZR 205/05, NJW-RR 2009, 821, Tz. 21 ff.). Angesichts des erheblichen Geschäftsaufkommens an der ehemaligen Tankstelle der Klägerin ist die ihr obliegende Buchhaltungstätigkeit weder vom zeitlichen Aufwand noch von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung her als gering einzustufen. Berücksichtigt man mit dem Berufungsgericht weiter, dass viele Tankstellenhalter einen Verwaltungsanteil von 10 % eingeräumt haben und im Streitfall keine hiervon abweichenden Besonderheiten vorgetragen oder ersichtlich sind, hält sich der Ansatz eines Verwaltungsanteils von 10 % auch dann noch im Rahmen tatrichterlichen Schätzungsermessens nach § 287 Abs. 2 ZPO, wenn man die Bargeldverwaltung und die sonsti- gen von der Beklagten angeführten Pflichten der Klägerin nicht zu den vermittlungsfremden Tätigkeiten zählt.
18
3. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Ermittlung des auf das Shopgeschäft entfallenden Stammkundenumsatzanteils an der ehemaligen Tankstelle der Klägerin.
19
a) Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs von der letzten Jahresprovision nur der Teil zu berücksichtigen ist, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht (st. Rspr.; Senatsurteile vom 11. November 2009, aaO, Tz. 21; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 171/08, DB 2009, 2038, Tz. 16; vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 159/07, VersR 2009, 355, Tz. 35; vom 12. September 2007, aaO, Tz. 22; jeweils m.w.N.). Dabei hat es im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats im Kraft- und Schmierstoffgeschäft diejenigen Kunden als Stammkunden angesehen, die an der Tankstelle mindestens viermal im Jahr tanken, ohne dass es darauf ankommt, wie sich die Tankvorgänge auf die Quartale verteilen (Senatsurteile vom 11. November 2009, aaO; vom 15. Juli 2009, aaO; vom 17. Dezember 2008, aaO, Tz. 34 f., 40). Beim Shopgeschäft will das Berufungsgericht dagegen im Hinblick auf die Produktunterschiede eine Stammkundeneigenschaft erst bei zwölf Einkäufen im Jahr bejahen. Dies greift die Revision mit Recht an.
20
b) Als Stammkunden sind alle Mehrfachkunden anzusehen, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraums, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (Senatsurteile vom 17. Dezember 2008, aaO, Tz. 35; vom 12. September 2007, aaO, Tz. 36; vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, aaO, unter B I 3; vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, aaO, unter B I 1 a; VIII ZR 91/96, aaO, Tz. 33; VIII ZR 92/96, NJW 1998, 71, unter B I 2 a; jeweils m.w.N.).
21
aa) Dies bedeutet aber nicht, dass schon jeder Zweitkauf einen Kunden zum Stammkunden werden lässt. Welcher Zeitraum bei der Prüfung, ob eine Geschäftsverbindung im oben genannten Sinne besteht, zugrunde zu legen ist, hängt nämlich von dem Gegenstand des Geschäfts und den branchenüblichen Besonderheiten ab. Das Wiederholungsintervall für Folgegeschäfte ist bei häufig wiederkehrenden Verbrauchsgeschäften kleiner zu bemessen als bei Geschäften über langlebige Wirtschaftsgüter (Senatsurteile vom 12. September 2007, aaO, Tz. 37; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO, unter II 1 a; jeweils m.w.N.). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht im ersten Prüfungsschritt rechtsfehlerfrei eine Zeitspanne von einem Jahr als maßgeblichen Zeitraum für die zu beurteilenden Nachkäufe von Mehrfachkunden im Shopgeschäft ausreichen lassen. Beim Einkauf der in einem Tankstellenshop angebotenen Waren handelt es sich - ebenso wie beim Tanken - um ein Alltagsgeschäft , so dass in beiden Fällen für die Bewertung der Stammkundeneigenschaft ein Zeitraum von einem Jahr angesetzt werden kann (vgl. zum Tankgeschäft Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 38, 40).
22
bb) Von Rechtsfehlern beeinflusst sind dagegen die Ausführungen des Berufungsgerichts zur erforderlichen Häufigkeit der Folgegeschäfte in dem maßgeblichen Zeitraum. Eine Geschäftsbeziehung nach § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB setzt nach der Rechtsprechung des Senats nicht voraus, dass die Kunden mehr als nur gelegentliche Folgegeschäfte mit dem Unternehmer abschließen (Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 41; vgl. ferner Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, aaO, Tz. 34; VIII ZR 91/96, aaO; VIII ZR 92/96, aaO, jeweils m.w.N.). Um die Stammkundschaft von der übrigen "unzuverlässigen , nicht zu erfassenden Kundschaft”, also der nur gelegentlichen Laufkundschaft abzugrenzen (vgl. BGHZ 42, 244, 247; Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, aaO; VIII ZR 91/96, aaO, Tz. 32; jeweils m.w.N.), ist letztlich allein die Nachhaltigkeit des Käuferverhaltens entscheidend (vgl. Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 40 ff.).
23
(1) Eine gewisse Nachhaltigkeit des Einkaufsverhaltens setzt im Shopbereich , anders als das Berufungsgericht meint, nicht einen zwölfmaligen Einkauf pro Jahr voraus. Das Berufungsgericht will die für die Stammkundeneigenschaft ausschlaggebende Anzahl der im Prognosezeitraum zu tätigenden Nachkäufe ausschließlich in Abhängigkeit von der zu verkaufenden Produktgruppe bestimmen. Eine solche Beschränkung ist aber weder dem vom Berufungsgericht zitierten Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 (aaO) noch den vorausgegangenen Senatsentscheidungen vom 6. August 1997 zu entnehmen. In den Urteilen vom 6. August 1997 (VIII ZR 91/96, aaO, Tz. 47; VIII ZR 150/96, aaO, unter C I; VIII ZR 92/96, aaO, unter B II) hat der Senat lediglich betont, dass der Anteil an Stammkunden im Shopgeschäft nicht identisch sein muss mit dem Anteil der Tankstammkunden. Dies erschließt sich schon daraus, dass nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht jeder Tankkunde auch Shopwaren einkauft, umgekehrt aber auch nicht alle Shopkunden Kraftstoff von der Tankstelle beziehen. Der Senat hat in den genannten Entscheidungen keine Aussagen darüber getroffen, dass die Einkaufsfrequenz bei Shopwaren höher liegen müsse als bei dem Bezug von Kraft- und Schmierstoffen.
24
(2) Das Berufungsgericht lässt bei seiner produktbezogenen Sichtweise außer acht, dass nach der Rechtsprechung des Senats für die Beurteilung der Nachhaltigkeit des Käuferverhaltens nicht nur der Gegenstand des Geschäfts, sondern auch die branchenüblichen Besonderheiten maßgebend sind (vgl. Se- natsurteile vom 12. September 2007, aaO, Tz. 37; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO, unter II 1 a; jeweils m.w.N.). Indem es nur auf den Verkaufsgegenstand abgestellt hat, hat es nicht berücksichtigt, dass das Käuferverhalten bezüglich der an einer Tankstelle angebotenen Waren nicht allein von dem Warensortiment bestimmt wird, das in Supermärkten oder Fachmärkten häufig günstiger erhältlich ist. Wie die Revision zu Recht geltend macht, lassen sich Tankstellenshops nicht mit den "gewöhnlichen" Einkaufsmärkten vergleichen. Ihr Warensortiment richtet sich im Wesentlichen an Tankkunden, die hier ihren Reisebedarf decken oder bei ihren sonstigen Einkäufen unberücksichtigt gebliebene Artikel erwerben. Darüber hinaus decken sie den Bedarf derjenigen Kunden, die den Tankstellenshop außerhalb der üblichen Ladenschlusszeiten sonstiger Märkte zum Einkauf der angebotenen Waren aufsuchen.
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Da ein Tankstellenshop andere Käuferbedürfnisse als ein Supermarkt oder Fachmarkt bedient, kann allein aus dem Umstand, dass die dort angebotenen Waren in der Regel häufiger benötigt werden als Kraftstoff, keine höhere Nachkauffrequenz abgeleitet werden. Zusätzliche Gesichtspunkte, die abweichende Anforderungen an die Stammkundeneigenschaft bei Tankkunden und Shopkunden rechtfertigten, sind nicht ersichtlich. Das Gegenteil ist der Fall. Auch wenn es sich beim Tank- und Shopbereich um zwei getrennte Geschäftszweige handelt, darf nämlich nicht unberücksichtigt bleiben, dass aus Sicht der Kunden ein enger Zusammenhang zwischen beiden Bereichen besteht (gleiche Öffnungszeiten, gleiche Geschäftsräume, auf einen "Mitnahmeeffekt" abgestimmtes Warensortiment). Den (potentiellen) Kunden wird durch das Shopgeschäft ein zusätzliches Warenangebot unterbreitet, wobei sich Mineralölunternehmen und Tankstellenhalter den Umstand zunutze machen, dass viele Kunden ohnehin wegen des Bedarfs an Kraftstoff die Tankstelle aufsuchen werden. Angesichts dieser engen faktischen Verknüpfung zwischen Tank- und Shopgeschäft und der unterschiedlichen von Einkaufsmärkten und Tankstellenshops bedienten Kundenbedürfnisse können auch im Shopbereich als Stammkunden im Allgemeinen diejenigen Käufer angesehen werden, die mindestens vier Mal im Jahr dort Einkäufe getätigt haben oder tätigen. Wie im Tankgeschäft ist auch hier bei einem solchen Kundenverhalten die Annahme gerechtfertigt, dass eine Bindung an den Tankstellenshop besteht.
26
4. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht bei mehreren an einen Tankkunden ausgegebenen Karten den Karteninhaber und nicht die Kartennutzer als Stammkunden angesehen. Diese Beurteilung steht im Einklang mit den vom Senat im Urteil vom 11. November 2009 (aaO, Tz. 34 ff.) aufgestellten Grundsätzen. Gleiches gilt, soweit das Berufungsgericht zugunsten der Klägerin bei der Bemessung des Stammkundenanteils berücksichtigt hat, dass manche Kunden bei ihren Einkäufen mehrere Karten verwenden (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2009, aaO, Tz. 37 ff.).
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5. Vergeblich wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht bei der Schätzung des der Klägerin vom Vorpächter verbliebenen Anteils an Altstammkunden einen Abwanderungszeitraum von vier Jahren (48 Monaten ) zugrunde gelegt und den nach Ablauf von 32,5 Monaten noch vorhandenen Anteil der Altkunden an den Stammkunden der Klägerin auf 32,3 % geschätzt hat (§ 287 Abs. 2 ZPO).
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a) Die Revision stellt nicht in Abrede, dass bei der Ermittlung der dem Mineralölunternehmen nach Beendigung des Tankstellenvertrags mit der Klägerin verbleibenden Stammkunden ein Prognosezeitraum von vier Jahren und eine jährliche Abwanderungsquote von 20 % zugrunde zu legen ist. Eine solche tatrichterliche Schätzung ist nicht zu beanstanden, wenn - wie hier - keine ausreichenden Anhaltspunkte für die tatsächlichen Kundenbewegungen während der Vertragslaufzeit vorliegen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsurteile vom 12. September 2007, aaO, Tz. 50 m.w.N.; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO, unter II 3; vom 6. August 1997, VIII ZR 92/96, aaO, unter B I 3).
29
b) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht auch bei der Ermittlung der von der Klägerin vom Vorpächter übernommenen und ihr bei Vertragsende (Laufzeit von 32,5 Monaten) verbliebenen Altstammkunden eine solch schematisierte Berechnungsweise angewandt hat (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, aaO, unter B I 3 b). Sowohl bei den Altstammkunden als auch bei den von der Klägerin neu gewonnenen Stammkunden kommt es erfahrungsgemäß zu Abwanderungen. Tatsächliche Anhaltspunkte, die tragfähige Rückschlüsse auf die Abwanderungsbewegungen an der ehemaligen Tankstelle der Klägerin zulassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies macht auch die Revision nicht geltend. Sie bemängelt lediglich, das Berufungsgericht gehe bei seiner linearen Betrachtungsweise von der unzutreffenden Prämisse aus, der Anteil an Altstammkunden werde im Laufe der Zeit gleichförmig durch neu geworbene Stammkunden ersetzt. Ihre hiervon abweichende Auffassung begründet sie allein damit, die Anzahl neu gewonnener oder reaktivierter alter Stammkunden übersteige schon deswegen den Anteil an verbleibenden Altstammkunden, weil der aktuelle Tankstellenhalter im Gegensatz zu seinem Vorpächter die Kundschaft bewerbe. Deswegen sei davon auszugehen, dass am Ende der Vertragslaufzeit kein - den Ausgleichsanspruch der Klägerin schmälernder - Altkundenbestand mehr vorhanden gewesen sei. Die Annahme der Revision, dass es der Klägerin während der Vertragslaufzeit gelungen sei, deutlich mehr Stammkunden zu gewinnen, als übernommene Altstammkunden abgewandert seien, so dass bei Beendigung des Vertragsverhältnisses ausschließlich von ihr geworbene neue Stammkunden vorhanden gewesen seien, ist aber durch nichts belegt. Übergangenen Vortrag in den Tatsacheninstanzen zeigt die Revision hierzu nicht auf. Angesichts der Ungeklärtheit der Kundenbewegungen an der ehemaligen Tankstelle der Klägerin war das Berufungsgericht auch für die Schätzung der Abwanderung von Altkunden auf eine schematisierte Betrachtungsweise angewiesen. Diese hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsspielraums und ist daher revisionsrechtlicher Nachprüfung entzogen.
30
6. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen den vom Berufungsgericht vorgenommenen Billigkeitsabzug in Höhe von 10 %. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht das ihm hierbei eingeräumte Schätzungsermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt.
31
a) Beim Ausgleichsanspruch eines Tankstellenhalters kann ein Billigkeitsabschlag gerechtfertigt sein, wenn dessen Verkaufsbemühungen durch eine von der Lage der Tankstelle oder der Marke des Produkts ausgehende "Sogwirkung" in nicht unerheblichem Maße gefördert werden (vgl. Senatsurteile vom 11. November 2009, aaO, Tz. 44; vom 15. Juli 2009, aaO, Tz. 28, und vom 12. September 2007, aaO, Tz. 53; BGH, Urteil vom 29. November 1984 - I ZR 149/82, BB 1985, 353, unter II 2). Die Abwägung der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des Tankstellenhalters einerseits und der "Sogwirkung" von Lage, Marke oder Preis andererseits gehört zum Kernbereich des tatrichterlichen Schätzungsermessens im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF beziehungsweise nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB nF (vgl. Senatsurteile vom 11. November 2009, aaO; vom 15. Juli 2009, aaO; vom 12. September 2007, aaO, Tz. 54; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO, unter II 4; vom 26. Februar 1997 - VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503, unter C I 4, insoweit in BGHZ 135, 14, nicht abgedruckt). Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter ausreichende Feststellungen zu den für seine Schätzung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Gemessen an diesen Maßstäben lassen die vom Berufungsgericht an- gestellten Erwägungen keine Rechtsfehler erkennen. Das gefundene Ergebnis hält sich in den Grenzen des tatrichterlich Vertretbaren.
32
b) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Billigkeitsabschlag von 10 % wegen der Sogwirkung der Marke S. gerechtfertigt. Hierbei hat es sich von der Erwägung leiten lassen, dass bei einem Teil der Kundschaft deren Kaufentschluss durch eine mit der Mineralölmarke S. verbundene besondere Qualitätserwartung positiv beeinflusst werde. Dem hält die Revision vergeblich entgegen, das Berufungsgericht habe das ihm eingeräumte Ermessen nicht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Dies trifft nicht zu, denn das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung zutreffend und fallbezogen die Kundenerwartungen an die von der Klägerin ehemals vertriebene, gut eingeführte Marke S. zugrunde gelegt. Hierbei hat es rechtsfehlerfrei auch den Bekanntheitsgrad der Marke und die Werbewirksamkeit von Bonusprogrammen in seine Bewertung miteinbezogen. Solche Werbemaßnahmen sind - wie letztlich auch die Revision einräumt - weit verbreitet, stellen also bewährte Instrumente der Kundenbindung dar. Der Umstand, dass auch andere Mineralölmarken ähnliche Rabattprogramme anbieten, mag zwar die Werbewirksamkeit solcher Maßnahmen für den Wettbewerb unter den Mineralölunternehmen verringern. Dies ändert aber nichts an der durch die allgemeine Lebenserfahrung belegten Tatsache , dass eine medienwirksame, durch Aktionsprogramme unterstützte Werbung eines Mineralölunternehmens zur Kundengewinnung seiner Tankstellenhalter beiträgt. Dies gilt nicht nur für das Tankgeschäft, sondern auch für die - häufig in die Werbeaussagen mit einbezogenen - Shopwaren.
33
Gegen die Mitursächlichkeit der Qualitätserwartung für den Kaufentschluss der Tankstellenkunden spricht auch nicht die von der Revision angeführte Abwanderungsquote von jährlich 20 %. Sie erlaubt nicht den von der Revision gezogenen Rückschluss, dass für den Kunden die Auswahl der Marke nicht mitentscheidend für dessen Kaufentscheidung ist (vgl. Senatsurteil vom 11. November 2009, aaO, Tz. 46). Hiergegen spricht schon die Lebenserfahrung , wonach gut eingeführte und stark beworbene Marken in jedem Kaufsegment für bestimmte Kundenkreise eine größere Anziehungskraft besitzen als Discountmarken. Es findet damit ein Wettbewerb zwischen dem teureren Markenprodukt und dem preisgünstigeren Discounterprodukt statt. Soweit die Klägerin darauf verweist, die Höhe ihrer Provisionsansprüche und damit auch des Ausgleichsanspruchs hänge im Wesentlichen von den verkauften Litermengen ab, die sie nur bei zusätzlichem Vertrieb von markenfreiem (preiswerterem) Treibstoff hätte erhöhen können, übersieht sie, dass schon die mit dem Vertrieb des Markenprodukts erzielten Verkaufszahlen nicht allein auf ihre Tätigkeit zurückgeführt werden können, sondern auch durch den Bekanntheitsgrad des vertriebenen Produkts und die hiermit verbundene Kundenerwartung mit beeinflusst worden sind.

III.

34
Das Berufungsurteil kann nach alledem insgesamt keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil es, wie ausgeführt, gegebenenfalls auf der Grundlage ergänzenden Sachvortrags der Parteien weiterer tatsächlicher Feststellungen zum Stammkundenumsatzanteil im Shopgeschäft bedarf. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Fetzer
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 25.09.2008 - 413 O 147/07 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 31.03.2009 - 9 U 207/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 108/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 108/09

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Handelsgesetzbuch - HGB | § 89b


(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit 1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat
Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2010 - VIII ZR 108/09 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

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(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

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Handelsgesetzbuch - HGB | § 89b


(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit 1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat

Handelsgesetzbuch - HGB | § 87c


(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächst

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Bundesgerichtshof Urteil, 17. Dez. 2008 - VIII ZR 159/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 159/07 Verkündet am: 17. Dezember 2008 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Okt. 2008 - VIII ZR 205/05

bei uns veröffentlicht am 29.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 205/05 Verkündet am: 29. Oktober 2008 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG
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(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 249/08 Verkündet am:
11. November 2009
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Berechnung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters
kann der Anteil des Umsatzes und der Provisionseinnahmen, der auf Geschäfte
mit Stammkunden entfällt, für Barzahler auf der Basis der Geschäfte mit
Kartenzahlern (EC-Karten, Kreditkarten, Tankkarten) hochgerechnet werden.
Dabei sind solche Karten auszunehmen, bei denen an der betreffenden Tankstelle
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von Kunden eingesetzt werden
, die ihrer Art nach nicht mit derselben Häufigkeit und in demselben Umfang
Bargeschäfte tätigen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR
171/08, DB 2009, 2038).

b) Bei so genannten Flotten- und Firmenkundenkarten ist für die Beurteilung der
Stammkundeneigenschaft auf den Großkunden abzustellen, der mehrere Karten
für seine Fahrer oder Fahrzeuge einsetzt. Denn nicht mit dem Fahrer, sondern
mit dem Großkunden als Karteninhaber kommt ein Kaufvertrag über die bezogene
Kraftstoffmenge zustande.

c) Im Rahmen der tatrichterlichen Schätzung (§ 287 Abs. 2 ZPO) ist auch dem Umstand
Rechnung zu tragen, dass eine nur auf Kartennummern basierende Feststellung
von Stammkartenkunden erheblich von den tatsächlichen Verhältnissen
abweichen kann. Der Tatrichter ist hierbei nicht gehindert, auch auf solche Erhebungen
über wechselndes Zahlungsverhalten von Kartenkunden (Wechsel zwischen
verschiedenen Karten; Wechsel zwischen Karten- und Barzahlung) zu-
rückzugreifen, die nicht auf den konkreten Verhältnissen der ehemaligen Tankstelle
des Tankstellenhalters beruhen.

d) Die Annahme einer Abwanderungsquote von 20 % pro Jahr liegt auch bei einer
Tankstelle, bei der die Stammkundeneigenschaft durch nur vier Tankvorgänge im
Jahr begründet wird, im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens,
wenn ausreichende Anhaltspunkte für die tatsächlichen Kundenbewegungen
nicht vorliegen (im Anschluss an BGH, Urteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 171/08,
DB 2009, 2038).
BGH, Urteil vom 11. November 2009 - VIII ZR 249/08 - OLG Hamm
LG Bochum
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. November 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin
Dr. Milger, den Richter Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer sowie den Richter
Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen beider Parteien wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. August 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war Pächter einer im Jahr 1999 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten neu erbauten A. -Tankstelle an der B in H. . Zuvor hatte die Rechtsvorgängerin der Beklagten eine in der Nähe gelegene Tankstation unterhalten, die einen Tag nach Eröffnung der neuen Tankstelle geschlossen wurde. Aufgrund eines mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) am 5./7. Oktober 1999 geschlossenen Tankstellenvertrags übernahm der Kläger im Namen und für Rechnung der Beklagten als deren Handelsvertreter den Verkauf von Kraft-, Treib- und Schmierstoffen an der neuen Tankstelle. Das Vertragsverhältnis bestand in dem Zeitraum vom 3. Dezember 1999 bis zum 30. Juni 2002. In der Zeit zwischen dem 1. Juli 2001 und dem 30. Juni 2002 bezog der Kläger von der Beklagten Provision in Höhe von 103.000 €.
2
Zum 30. Juni 2002 kündigte die Beklagte den Tankstellenvertrag mit dem Kläger. Der Kläger verlangte mit Schreiben vom 5. August 2002 von der Beklagten Handelsvertreterausgleich in Höhe von 55.730 €, den diese ablehnte. Aus dem gekündigten Vertragsverhältnis stehen der Beklagten noch Gegenansprüche in Höhe von 5.000 € zu, die sie zur Aufrechnung gestellt hat.
3
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger Handelsvertreterausgleich in Höhe von 125.642,28 € nebst Zinsen geltend gemacht. Hiervon hat die Beklagte einen Betrag von 42.483,56 € zuzüglich Zinsen anerkannt. Das Landgericht hat dem Kläger über die anerkannte Forderung hinaus einen weiteren Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in Höhe von 32.069,24 € nebst Zinsen zugesprochen. Hiergegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten - das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs in Höhe von insgesamt 95.631,07 € nebst Zinsen verurteilt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger eine Verurteilung der Beklagten in Höhe von insgesamt 120.642,28 € nebst Zinsen. Die Beklagte verfolgt dagegen mit ihrer ebenfalls vom Berufungsgericht zugelassenen Revision eine Herabsetzung des dem Kläger von den Vorinstanzen zugesprochenen Betrages auf 58.612,46 € nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe:

4
Beide Revisionen haben Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat, soweit dies für die Revisionsinstanz noch von Interesse ist, zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
6
Dem Kläger stehe nach § 89b HGB ein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in Höhe von insgesamt 95.631,07 € zu. Der Berechnung des Ausgleichsanspruchs sei die letzte Jahresprovision von 103.000 € zugrunde zu legen. Davon sei - wie von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits unstreitig gestellt - für die von der bisherigen Tankstelle übernommenen Altkunden ein Abzug von 15 % vorzunehmen. Weiter seien 10 % für verwaltende Tätigkeiten abzuziehen, denn bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs seien nach gefestigter Rechtsprechung nur solche Provisionsanteile zu berücksichtigen , die der Handelsvertreter für werbende Tätigkeiten erhalten habe. Der Umfang der für vermittlungsfremde (verwaltende) Aufgaben gezahlten Provision lasse sich nicht bereits der in § 5 Abs. 4 Satz 2 des Tankstellenvertrags getroffenen Regelung entnehmen, wonach 50 % der Vergütung für "verwaltende Tätigkeiten" gezahlt würden. Denn diese scheinbar nur als Entgeltvereinbarung formulierte Klausel sei mit § 89b Abs. 4 Satz 1 HGB nicht zu vereinbaren. Maßgeblich sei daher das tatsächliche Verhältnis zwischen werbender und verwaltender Tätigkeit. Angesichts der vielen dem Kläger übertragenen Einzeltätigkeiten sei dessen Behauptung, er habe keinerlei Verwaltungstätigkeit ausgeübt, nicht zu folgen und ein Abzug von 10 % gerechtfertigt.
7
Von der sonach verbleibenden, für werbende Tätigkeiten gezahlten Jahresprovision in Höhe von 78.795 € sei aber nur der Teil zu berücksichtigen, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten habe, denn nur mit diesem Kunden bestehe eine Geschäftsbeziehung im Sinne von § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB. Stammkunde eines Tankstellenhalters sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Senatsurteil vom 12. September 2007 - VIII ZR 194/06, VersR 2008, 214, Tz. 35 ff.) jeder, der durchschnittlich mindestens viermal im Jahr bei derselben Tankstelle tanke. Bei der nach § 287 Abs. 2 ZPO gebotenen Schätzung des Stammkundenanteils der Barzahler seien die elektronisch erfassten Kartenumsätze (allerdings ohne Stationskarten ) heranzuziehen.
8
Dabei sei eine Differenzierung zwischen den "klassischen" Kreditkarten (Visa, Mastercard, American Express) und EC-Karten einerseits und sonstigen bei der Tankstelle des Klägers eingesetzten Karten andererseits (T+E-Karten, Tankkarten, Flottenkarten, WestfalenCard, Routex- und A. -Card) nicht geboten. Es sei vertretbar, im Regelfall auf eine Unterscheidung zwischen den Karten, mit denen aufgrund einer vom Mineralölunternehmen eingeräumten Vergünstigung preiswerter an den Markentankstellen des Unternehmens getankt werden könne, und den Karten, mit deren Einsatz keine kraftstoffmarkenbezogenen Vergünstigungen verbunden seien, ebenso zu verzichten wie auf eine Differenzierung zwischen den möglicherweise unterschiedlichen Kundeninteressen , die zum Einsatz einer Kreditkarte oder einer EC-Karte führten. Denn jeder Tankkunde könne die Kaufpreisforderung des Tankstellenbetreibers auch mit Bargeld statt mit dem Einsatz seiner Karte bezahlen, sei also ein "potentieller" barzahlender Kunde.
9
Bei so genannten Flotten- und Firmenkundenkarten sei für die Stammkundeneigenschaft auf die einzelne Karte, nicht dagegen auf den "juristischen" Großkunden abzustellen, der über mehrere Karten verfüge. Dafür spreche, dass der vom Tankstellenbetreiber vermittelte provisionspflichtige Kaufvertrag (Umsatz) erst mit dem Einsatz der Karte bei der Tankstelle und nicht schon aufgrund früherer Rahmenvereinbarungen des Unternehmens mit einzelnen Großkunden zustande komme. Diese Handhabung führe zwar zu einer in gewissem Umfang pauschalierten Betrachtung der Kundenbeziehungen. Dies sei aber aus Gründen der Praktikabilität sachgerecht, sofern die Besonderheiten der konkreten Tankstelle keine besondere Betrachtung erforderten. Im Rahmen des dem Tatrichter eingeräumten Schätzungsermessens (§ 287 Abs. 2 ZPO) sei der Stammkundenumsatzanteil für die Tankstelle des Klägers daher mit 67,6 % anzusetzen. Da die Berechnungen der Parteien ohnehin nur in Höhe von 4,72 % voneinander abwichen und es um die Ermittlung von Annäherungswerten gehe, sei die Einschaltung eines Sachverständigen nicht geboten.
10
Der auf diese Weise geschätzte Stammkundenanteil sei nicht deswegen zu erhöhen, weil es Kunden gebe, die mehr als ein Zahlungsmittel (Wechsel zwischen Barzahlung und (Kredit-)Karteneinsatz; Wechsel zwischen verschiedenen Karten) einsetzten. Es sei im Rahmen der nach § 287 Abs. 2 ZPO erfolgenden Schätzung nicht förderlich, die Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs , dessen Bemessung nach § 89b Abs. 1 HGB ohnehin durch Gesichtspunkte der Billigkeit und Angemessenheit bestimmt werde, mit immer weiteren kleinteiligen und peniblen Berechnungen zu belasten.
11
Mangels ausreichender Anhaltspunkte für die tatsächlichen Kundenbewegungen sei der Verlustprognose nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB [aF] eine Abwanderungsquote von jährlich 20 % zugrunde zu legen. Hieraus errechne sich in einem insgesamt fünfjährigen Abwanderungszeitraum ein Gesamtprovisionsverlust von 20 % + 40 % + 60 % + 80 % = 200 %.
12
Der vom Landgericht vorgenommene Billigkeitsabzug (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB [aF]) von 10 % wegen der Sogwirkung der Marke A. sei nicht zu beanstanden. Es gebe nach wie vor eine Vielzahl von Kunden, deren Kaufentschluss bei den "großen" Mineralölmarken wegen einer besonderen Qualitätserwartung positiv beeinflusst wurde. Weitere Abzüge oder Zuschläge unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit - etwa weil die Gesamthöhe des Ausgleichsanspruchs angesichts der kurzen Vertragslaufzeit nicht unerheblich erscheine - seien nicht gerechtfertigt.
13
Die vom Landgericht nach den Barwertfaktoren von Gillardon vorgenommene Abzinsung sei sachgerecht. Zuzüglich 16 % Umsatzsteuer ergebe sich danach ein dem Kläger zustehender Ausgleichsbetrag in Höhe von 100.613,07 €, von dem unstreitige Gegenansprüche der Beklagten in Höhe von 5.000 € in Abzug zu bringen seien.

II.

14
Diese Beurteilung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Bei der Ermittlung des dem Kläger nach § 89b Abs. 1 HGB zustehenden Ausgleichsanspruchs hat das Berufungsgericht einige für die Schätzung des Stammkundenanteils (§ 287 Abs. 2 ZPO) bedeutsame Aspekte außer Acht gelassen. Das Berufungsurteil war daher auf die Revisionen beider Parteien aufzuheben.
15
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters nach § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB die letzte Jahresprovision im Kraftstoff- und Schmierstoffgeschäft maßgebend ist. Dem liegt die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. März 1990 - I ZR 2/89, WM 1990, 1496, unter 3 c) gemäß § 287 ZPO zulässige Schätzung zugrunde, dass die der Beklagten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verbleibenden Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Kläger geworben hat (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB), der Höhe nach identisch sind mit den Provisionsverlusten , die der Kläger infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses erleidet (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB aF bzw. § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB in der seit 5. August 2009 geltenden Neufassung). Dass die der Beklagten verbleibenden Vorteile höher zu bewerten wären, macht auch der Kläger nicht geltend. Die in Umsetzung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 26. März 2009 (Rs. C-348/07, EuZW 2009, 304 - Turgay Semen/Deutsche Tamoil GmbH) erfolgte Neufassung des § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB bleibt damit für den Streitfall ohne Auswirkungen. Denn der Ausgleich wird nach wie vor durch die Höhe der dem Unternehmer verbleibenden Vorteile begrenzt (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB nF). Nur das bislang in Nr. 2 gesondert aufgeführte Tatbestandsmerkmal (Provisionsverluste des Handelsvertreters infolge Vertragsbeendigung) ist gestrichen worden und findet sich nun lediglich als ein bei der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigender Gesichtspunkt wieder (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB nF).
16
2. Rechtsfehlerfrei und von den Parteien nicht beanstandet hat das Berufungsgericht von der so ermittelten Jahresprovision 15 % in Abzug gebracht. Die Parteien haben sich im Verlauf des Rechtsstreits darauf verständigt, dass der Kläger infolge der Schließung einer nahe gelegenen Tankstelle in diesem Umfang Altkunden gewinnen konnte, die entsprechende Umsätze bei ihm getätigt haben.
17
3. Das Berufungsurteil hat auch Bestand, soweit es die als Bemessungsgrundlage für einen Ausgleichsanspruch herangezogene (um den Altkundenbestand bereinigte) Jahresprovision um einen Verwaltungsanteil von 10 % gekürzt hat. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur solche Provisionen und Provisionsanteile zugrunde zu le- gen sind, die der Tankstellenhalter als Handelsvertreter für seine ("werbende") Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit enthält, nicht dagegen Provisionen für vermittlungsfremde ("verwaltende") Tätigkeiten (Senatsurteile vom 12. September 2007, aaO, Tz. 49; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 2 und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter II 1, 2; jeweils m.w.N.). Die Parteien haben keine wirksame Vereinbarung darüber getroffen, in welchem Umfang auch verwaltende Tätigkeiten von der gezahlten Provision erfasst sind. Denn die in § 5 Abs. 4 Satz 2 des Tankstellenvertrags vom 5./7. Oktober 1999 getroffene Regelung, nach der 50 % der Gesamtvergütung auf Tätigkeiten des Tankstellenpächters mit verwaltendem Charakter entfallen soll, ist, wie das Berufungsgericht zutreffend beurteilt hat, wegen Verstoßes gegen § 89b Abs. 4 HGB nichtig (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, aaO, unter B II 2 a; BGHZ 152, 121, 133 ff.). Für die Bestimmung der bei der Bemessung eines Handelsvertreterausgleichs zu berücksichtigenden Provisionsanteile kommt es folglich auf das tatsächliche Verhältnis zwischen werbender und verwaltender Tätigkeit an.
18
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Kläger habe mit seiner Behauptung, keine der ihm vergüteten Tätigkeiten habe ausschließlich fremdverwaltenden Zwecken gedient, nicht der ihm obliegenden (primären) Darlegungslast genügt. Angesichts der vielen Einzeltätigkeiten, die der Kläger auszuüben gehabt habe, sei es nicht nachvollziehbar, in sich unstimmig und letztlich unzutreffend, dass insoweit keine ausschließlich verwaltende Tätigkeit angefallen sei. Dies begegnet rechtlichen Bedenken. Zwar ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, dass grundsätzlich der einen Ausgleichsanspruch geltend machende Kläger die Darlegungs- und Beweislast für dessen Voraussetzungen und damit auch dafür trägt, dass der Berechnung des Ausgleichsanspruchs nur solche Provisionsanteile zugrunde liegen, die auf seine werbende Tätigkeit entfallen (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO, m.w.N; BGH, Urteil vom 28. April 1988 - I ZR 66/87, NJW-RR 1988, 1061, unter II 2 b). Wenn aber - wie hier - in dem von der Beklagten vorgegebenen Vertrag nicht wirksam geregelt ist, in welchem Umfang mit den Provisionen bestimmte Tätigkeiten vergütet werden, obliegt es der Beklagten, im Einzelnen darzutun, welche Aufteilung der Provision nach dem Vertrag angemessen ist, falls sie von der Beurteilung ihres Vertragspartners abweichen will (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO; vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, NJW 1998, 66, unter B I 3 und VIII ZR 91/96, juris, B I 1 c; BGH, Urteil vom 28. April 1988, aaO). Anders als das Berufungsgericht meint, hat der Kläger seiner Darlegungslast dadurch genügt, dass er darauf verwiesen hat, alle von ihm erbrachten verwaltenden Tätigkeiten seien zumindest auch werbender Natur gewesen und daher nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht als vermittlungsfremde Tätigkeiten einzustufen. Wie der Senat entschieden hat, sind sämtliche mit der Lagerhaltung, der Auslieferung und dem Inkasso zusammenhängenden Arbeiten untrennbar mit der Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit des Tankstellenhalters verbunden und rechtfertigen daher keinen Abschlag für verwaltende Tätigkeiten (vgl. etwa Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, aaO, unter II 2 b; vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, NJW-RR 2003, 821, unter B III 1 a; jeweils m.w.N.).
19
Da somit die Tätigkeit eines Tankstellenhalters überwiegend werbender Natur ist, ist nicht von vornherein auszuschließen, dass der hierin eingeschlossene Fremdverwaltungsanteil gering anzusetzen oder sogar insgesamt zu vernachlässigen ist. Dies mag zwar - wie das Berufungsgericht zutreffend zu bedenken gibt - angesichts dessen, dass die Tankstellenhalter bislang überwiegend einen Fremdverwaltungsanteil von 10 % zugestanden haben, wenig wahrscheinlich sein, nimmt aber dem Vortrag des Klägers nicht die Schlüssigkeit. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist es daher Aufgabe der Beklagten, den von ihr behaupteten Verwaltungsanteil (10 %) darzulegen und nachzuweisen.
20
b) Das Berufungsgericht hat jedoch den vorgenommenen Abschlag für Verwaltungstätigkeiten in Höhe von 10 % nicht ausschließlich auf diese - rechtlich angreifbaren - Erwägungen gestützt, sondern im Rahmen einer Hilfsbegründung ausgeführt, der Verwaltungsanteil an den Tätigkeiten des Klägers sei jedenfalls nach § 287 Abs. 2 ZPO auf 10 % zu schätzen. Dies hält sich im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens. Zwar weisen die von der Beklagten angeführten Tätigkeiten (Verwaltung der Bargeldbestände und Preismeldungen) noch einen untrennbaren Bezug zu der werbenden Tätigkeit des Tankstellenpächters auf. Denn die Verwaltung und Sicherung der Bargeldbestände gehört im weitesten Sinne noch zur Inkassotätigkeit. Die Kontrolle und Meldung von Preisänderungen bei den umliegenden Tankstellen dritter Anbieter , ist ebenfalls zu der werbenden Tätigkeit des Tankstellenhalters zu zählen. Dieser ist darauf angewiesen, dass sein Vertragspartner umgehend auf Preissenkungen der Konkurrenz reagiert, denn nur so kann er einer Abwanderung der Tankkunden zu Anbietern mit günstigeren Angeboten begegnen. Anders verhält es sich dagegen mit der vom Berufungsgericht angeführten, dem Kläger nach § 2 des Tankstellenvertrags vom 5./7. Oktober 1999 übertragenen Buchführungspflicht. Diese spielt für die Werbung des Kundenstammes keine entscheidende Rolle (vgl. zu diesem Gesichtspunkt etwa Senatsurteil vom 6. August 1997 - VIII ZR 91/96, aaO, B I 1 b m.w.N.), sondern ist nur für die Abrechnung der gegenseitigen Ansprüche von Mineralölunternehmen und Tankstellenhalter von Bedeutung. Die vom Tankstellenhalter zur Erfassung der Geschäftsvorfälle erstellten Buchhaltungsunterlagen nehmen regelmäßig einen erheblichen Umfang ein und können aufgrund der darin enthaltenen detaillierten Angaben sogar einen Buchauszug nach §87c Abs. 2 HGB entbehrlich machen (vgl. Senatsurteil vom 29. Oktober 2008 - VIII ZR 205/05, NJW-RR 2009, 821, Tz. 21 ff.). Angesichts des erheblichen Geschäftsaufkommens an der ehemaligen Tankstelle des Klägers ist die dem Kläger obliegende Buchhaltungstätigkeit weder vom zeitlichen Aufwand noch von ihrer wirtschaftlichen Bedeutung her als gering einzustufen. Berücksichtigt man mit dem Berufungsgericht weiter, dass viele Tankstellenhalter einen Verwaltungsanteil von 10 % eingeräumt haben und im Streitfall keine hiervon abweichenden Besonderheiten vorgetragen oder ersichtlich sind, hält sich der Ansatz eines Verwaltungsanteils von 10 % auch dann noch im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung nach § 287 Abs. 2 ZPO, wenn man die Bargeldverwaltungs- und Preismeldungspflichten des Klägers nicht zu den vermittlungsfremden Tätigkeiten zählt.
21
4. Nicht zu beanstanden ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts , dass für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs von der letzten Jahresprovision nur der Teil zu berücksichtigen ist, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht (st. Rspr., Senatsurteile vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 171/08, DB 2009, 2038, Tz. 16; vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 159/07, VersR 2009, 355, Tz. 35; vom 12. September 2007, aaO, Tz. 22; jeweils m.w.N.). Stammkunde einer Tankstelle ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur derjenige , der wenigstens einmal im Quartal an der Tankstelle seinen Kraftstoffbedarf deckt, sondern jeder, der dort mindestens viermal im Jahr tankt, ohne dass es darauf ankommt, wie sich die Tankvorgänge auf die Quartale verteilen (Senatsurteile vom 15. Juli 2009, aaO, und vom 17. Dezember 2008, aaO, Tz. 34 f.). Beim vierten Tanken innerhalb eines Jahres ist - unabhängig davon, ob dies in gleichmäßigen Zeitabständen geschieht oder vier Tankvorgänge in engem zeitlichen Zusammenhang zu verzeichnen sind - in der Regel die Annahme berechtigt , dass der Kunde die Tankstelle nicht nur zufällig, sondern gezielt zum wiederholten Male aufgesucht hat und dementsprechend eine Bindung des Kunden an die Tankstelle besteht (Senatsurteile vom 17. Dezember 2008, aaO, Tz. 40, und vom 12. September 2007, aaO, Tz. 42). Die Revision der Beklagten , die einen gegenteiligen Standpunkt einnimmt, übersieht, dass eine (nachhaltige ) Geschäftsverbindung im Sinne von § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB auch dann entstehen kann, wenn sich ein Kunde nicht dauerhaft im räumlichen Einzugsbereich der Tankstelle aufhält und deshalb dort nicht in gleichmäßigen zeitlichen Abständen tankt, sie aber immer dann aufsucht, wenn er sich in ihrem Umkreis befindet, und dies - wenn auch in ungleichen zeitlichen Abständen oder nur in einem der vier Quartale - wenigstens viermal im Jahr geschieht (Senatsurteil vom 15. Juli 2009, aaO, Tz. 16).
22
5. Das Berufungsgericht durfte ferner, anders als die Revision der Beklagten meint, ungeachtet der oben (unter 4) dargelegten, relativ niedrigen Anforderungen an die Tankhäufigkeit zur Begründung der Stammkundeneigenschaft die Abwanderungsquote ohne Verstoß gegen §§ 286, 287 ZPO auf 20 % pro Jahr schätzen. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 15. Juli 2009, aaO, Tz. 17, und vom 12. September 2007, aaO, Tz. 50; jeweils m.w.N.) liegt die Annahme einer solchen Abwanderungsquote auch bei einer Tankstelle, bei der die Stammkundeneigenschaft durch nur vier Tankvorgänge im Jahr begründet wird, im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens (§ 287 Abs. 2 ZPO), wenn ausreichende Anhaltspunkte für die tatsächlichen Kundenbewegungen während der Vertragszeit nicht vorliegen.
23
Solche hat die Beklagte in den Tatsacheninstanzen nicht vorgetragen. Die Beklagte geht davon aus, dass Kunden, die viermal im Jahr dieselbe Tankstelle aufsuchen, eher abwandern als Kunden mit einer höheren Tankfrequenz. Hierbei handelt es sich jedoch um eine bloße, auf keine tragfähigen Anhaltspunkte gestützte Vermutung. Dagegen spricht schon, dass die geringe Tankhäufigkeit auch darauf zurückzuführen sein kann, dass die betreffenden Kunden insgesamt einen geringen Kraftstoffbedarf haben, weil sie wenig fahren, oder dass sie sich nur unregelmäßig in der Region aufhalten, die die Tankstelle bedient (Senatsurteil vom 15. Juli 2009, aaO, Tz. 17). Soweit die Beklagte weiter geltend macht, im Rahmen der vorgenommenen Auswertung der Kundendaten seien gehäuft Fälle festgestellt worden, bei denen sich die vier Tankvorgänge des betroffenen Kunden auf eine kurze Zeitspanne am Beginn des Abrechnungszeitraums konzentriert hätten, rechtfertigt auch dies - entgegen der Annahme der Beklagten - nicht die Schlussfolgerung, der Kunde sei bereits abgewandert. Bei Kunden, die - etwa aus beruflichen Gründen - die Gegend, in der die Tankstelle gelegen ist, immer nur zu einer bestimmten Jahreszeit aufsuchen , konzentrieren sich die Tankvorgänge zwangsläufig auf einen kurzen Zeitraum innerhalb der jeweiligen Abrechnungsperiode.
24
6. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Ermittlung des Stammkundenumsatzanteils der Barkunden der Klägerin.
25
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile vom 15. Juli 2009, aaO, Tz. 19, und vom 12. September 2007, aaO, Tz. 28 m.w.N.) kann der Stammkundenumsatzanteil der Barzahler im letzten Vertragsjahr auf der Grundlage des Stammkundenumsatzanteils des Teils der Kunden, die mit Kreditkarten oder vergleichbaren Karten (z.B. EC-Karten) bezahlen, geschätzt werden (§ 287 ZPO). Deren Tankvorgänge werden elektronisch nach Kartennummern erfasst und können deshalb daraufhin ausgewertet werden, ob mit ein und derselben Karte in einem bestimmten Zeitraum mehrfach getankt wurde, so dass sich der Umsatzanteil der Mehrfachkunden (Stammkunden) am Gesamtumsatz der Kartenkundschaft für einen bestimmten Zeitraum errechnen lässt. Der sich so ergebende Stammkundenumsatzanteil innerhalb der Kartenkunden kann hochgerechnet werden auf den Gesamtumsatz des letzten Vertragsjahres, falls keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass dieses Verhältnis bei den anonymen "Barzahlern" wesentlich anders ist als innerhalb der Kartenkundschaft. Davon geht auch das Berufungsgericht zutreffend aus.
26
b) Das Berufungsgericht hat es jedoch abgelehnt, zwischen den verschiedenen Kartenarten zu differenzieren, und hat deswegen der Hochrechnung unterschiedslos sämtliche Kartenumsätze zugrunde gelegt, also sowohl die Umsätze mit EC-Karten und Kreditkarten als auch solche mit verschiedenen Tankkarten (mit Ausnahme von Stationskarten). Dabei hat es angenommen, es gebe keine in den Verhältnissen der Tankstelle der Klägerin begründeten Anhaltspunkte dafür, dass die aus allen Kartenumsätzen gewonnenen Erkenntnisse über Mehrfachkunden keine geeignete Schätzungsgrundlage für den Stammkundenumsatzanteil der Barzahler darstellten. Dies ist nicht frei von Rechtsfehlern (§§ 286, 287 ZPO). Die Revision der Beklagten macht zu Recht geltend, dass die Beklagte entsprechende Anhaltspunkte in den Instanzen vorgetragen hat, die das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen.
27
aa) Schon vor dem Landgericht hat die Beklagte vorgetragen, Kartenzahler wiesen sowohl untereinander als auch im Vergleich zu Barkunden erhebliche Unterschiede im Tankverhalten auf. Zur Begründung ihrer Annahme, selbst bei Kartenkunden sei kein einheitliches oder im wesentlichen gleichförmiges Kaufverhalten festzustellen, hat sie den Stammkundenanteil verschiedener Kartengruppen am Gesamtumsatz der Tankstelle des Klägers näher aufgeschlüsselt. Bezogen auf den damals noch von ihr eingenommenen Standpunkt, die Stammkundeneigenschaft werde erst durch acht Tankvorgänge pro Jahr begründet - hat sie dargelegt, an der ehemaligen Tankstelle des Klägers liege der Stammkundenumsatzanteil von EC-Kartenkunden bei 32,53 %, von T+EKartenkunden (hierzu zählt die Beklagte die Inhaber aller "klassischen" Kreditkarten ) bei 42,81 % und von Tankkarteninhabern bei 32,04 %, während der Stammkundenumsatzanteil von A. -Karteninhabern mit 64,53 % deutlich höher liege. Bei den Routex- und WestfalenCard-Kunden hat die Beklagte nach ihrem Vorbringen keine Stammkunden ermitteln können.
28
Gleichzeitig hat sie vorgetragen, dass Tankkartenkunden einen durchschnittlichen Absatz pro Tankvorgang von 86,25 l aufwiesen und A. - Karteninhaber immerhin durchschnittlich noch 51,15 l pro Tankvorgang abnähmen , während die durchschnittliche Absatzmenge bei EC- und T+E-Kreditkartenkunden lediglich zwischen 36,78 l und 46,49 l pro Tankvorgang liege und bei den Barumsätzen sogar nur 24,18 l betrage. Daraus hat sie zu Recht den Schluss gezogen, dass Tankkarten überwiegend von gewerblichen Großkunden (Lkw-Fahrer) eingesetzt werden, während der Durchschnittsumsatz bei Barzahlern auf private Kunden mit niedrigerem Bedarf (Pkw-Fahrer) hindeutet.
29
In der Berufungsinstanz hat die Beklagte - nunmehr ausgehend von einem Stammkundenumsatz bei vier Tankvorgängen pro Jahr - geltend gemacht, der Stammkundenumsatzanteil von EC-Kartenkunden und T+E-Kreditkartenkunden liege zwischen 54,44 % und 59,03 %, bei A. -Karten liege er aber deutlich höher (76,27 %), während er bei Tankkartenkunden nur 45,49 % betrage. Unter den Inhabern von Routex-Karten und WestfalenCards seien erneut keine Stammkunden feststellbar gewesen. Der durchschnittliche Literabsatz pro Tankvorgang sei - bei Außerachtlassung der Routex-Karten und WestfalenCards - auch bei dieser Berechnung bei Tankkartenkunden (86,51 l) und A. -Karten (51,23 l) am höchsten, während er bei Barzahlern (24,29 l) noch geringer sei als bei EC-Kartenkunden (36,79 l) und T+E-Kreditkartenkunden (44,24 l).
30
Aus diesem Vortrag ergeben sich deutliche Hinweise darauf, dass es sich insbesondere bei den Tankkartenkunden und A. -Karteninhabern an der ehemaligen Tankstelle des Klägers um solche Kunden handelt, die ihrer Art nach nicht mit derselben Häufigkeit und in demselben Umfang, wie sie die Karten als Zahlungsmittel einsetzen, auch Bargeschäfte tätigen. Bei den Tankkarten - und A. -Card-Kunden ist aufgrund der Absatzmenge pro Tankvorgang der Schluss gerechtfertigt, dass es sich dabei vielfach um geschäftliche Kunden handelt, wobei diese Karten mit hoher Wahrscheinlichkeit von Lkw-Fahrern eingesetzt werden dürften. Es ist naheliegend, dass Lkw-Fahrer von ihren Arbeitgebern ganz überwiegend mit Tankkarten ausgestattet werden, damit sie damit verbundene Vergünstigungen in Anspruch nehmen können, kein Bargeld benötigen und die Abrechnung unmittelbar im Verhältnis zum Arbeitgeber erfolgen kann. Fahrer, die aus diesem Grund über eine Tankkarte verfügen, werden diese in der Regel auch nutzen (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2009, aaO, Tz. 23). Bei den Inhabern von A. -Karten kommt noch die damit verbundene hohe Markenbindung hinzu. Dies dürfte erklären, weshalb der Anteil an Stammkunden bei dieser Kundengruppe deutlich höher liegt als bei den Inhabern "klassischer" Kreditkarten oder EC-Karten.
31
Dass sich unter den Barzahlern eine ähnliche Anzahl von geschäftlichen Kunden, insbesondere von Lkw-Fahrern befindet, die keine Tankkarte besitzen, aber hinsichtlich ihres Tankverhaltens den A. -Cardinhabern, und sonstigen Tankkartenkunden vergleichbar sind, ist angesichts der Tatsache, dass die Absatzmenge pro Tankvorgang bei Barzahlern im Durchschnitt signifikant niedriger ist, unwahrscheinlich. Dazu bedarf es deshalb jedenfalls näherer Feststellungen , ob es auch bei den Barumsätzen an der Tankstelle des Klägers Absatzmengen pro Tankvorgang gibt, die darauf schließen lassen, dass sich unter den Barkunden in vergleichbarer Menge LKW-Fahrer befinden, die hinsichtlich ihres Tankverhaltens den A. -Card- und sonstigen Tankkartenkunden entsprechen.
32
Anders als das Berufungsgericht meint, sind entsprechende Feststellungen nicht deshalb entbehrlich, weil es nur um das Schaffen einer Schätzungsgrundlage im Sinne von § 287 ZPO geht. Es muss gleichwohl das Ziel sein, die Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an die tatsächlichen Verhältnisse der konkreten Tankstelle weitestgehend anzunähern, soweit dies im Wege einer elektronischen Auswertung der vorhandenen Daten möglich ist (Senatsurteile vom 15. Juli 2009, aaO, Tz. 25; vom 12. September 2007, aaO, Tz. 28; vgl. auch Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, aaO, unter B I 1 b aa, und VIII ZR 158/01, aaO, unter II 1 b dd; jeweils m.w.N.).
33
bb) Entgegen der Auffassung der Revision der Beklagten ist allerdings kein Grund ersichtlich, die Basis für die Hochrechnung der Stammkundenumsatzanteile von Kartenkunden auf diejenigen von Barzahlern an der Tankstelle des Klägers von vornherein auf EC-Kartenkunden zu verengen und dabei auch die Inhaber von "klassischen" Kreditkarten (nach dem Sprachgebrauch der Beklagten handelt es sich hierbei um T+E-Karten) außer Betracht zu lassen. Bei diesen beiden Kundengruppen sind nach dem eigenen Vortrag der Beklagten im Berufungsverfahren die Abweichungen bei den Stammkundenumsatzanteilen (54,44 % und 59,03 %) und beim durchschnittlichen Absatz pro Tankvorgang (36,79 l und 44,24 l) weitaus geringer als die Unterschiede zwischen ECKartenkunden und den Inhabern sonstiger Kreditkarten/Tankkarten. Die Inhaber von EC-Karten und "klassischen" Kreditkarten weisen zudem - ebenso wie Barzahler und anders als Kunden mit einer Tankkarte eines Mineralölunternehmens - nicht schon von vornherein eine höhere Bindung an Tankstellen einer bestimmten Marke auf. Dafür, dass unter den Inhabern von "klassischen" Kreditkarten eine weitaus höhere Anzahl von Stammkunden als bei Barzahlern vorhanden ist, hat die Beklagte keine tragfähigen Anhaltspunkte vorgetragen. Sie hat lediglich vorgebracht, Gewerbekunden schätzten bei Tank- und Kredit- karten den Vorteil der einheitlichen Abrechnung. Daraus lässt sich aber noch nicht ableiten, dass gerade diese Kunden der ehemaligen Tankstelle des Klägers den Stammkundenanteil bei den Inhabern "klassischer" Kreditkarten signifikant erhöhten. Der Kläger will zwar Gewerbekunden aus der Umgebung für die Tankstelle geworben haben. Es fehlen aber Angaben dazu, um wie viele Kunden es sich hierbei handelte und welcher Anteil von ihnen zu Stammkunden des Klägers wurde. Der Annahme der Beklagten, bei solchen Kartenzahlern bestehe eine höhere Bindung an die Tankstelle als bei Barzahlern, steht bereits entgegen, dass der Stammkundenanteil bei Kreditkarteninhabern (59,02 %) nicht signifikant höher ist als bei EC-Kartenkunden (54,44 %). Zwischen ECKarteninhabern und Barzahlern sieht aber selbst die Beklagte keine bedeutsamen strukturellen Unterschiede.
34
c) Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die Annahme des Berufungsgerichts , bei so genannten Flotten- und Firmenkundenkarten sei für die Beurteilung der Stammkundeneigenschaft auf die einzelne Karte abzustellen und nicht auf den Großkunden, der mehrere Karten für seine Fahrer oder Fahrzeuge einsetzt. Die Besonderheiten bei diesen Karten besteht darin, dass ein Unternehmen für seinen Fuhrpark Tankkarten beziehen und diese entweder fahrzeuggebunden (Karte kann von wechselnden Fahrern für das in der Karte bezeichnete Fahrzeug benutzt werden) oder personengebunden (Karte lautet auf einen bestimmten Fahrer, der damit verschiedene Fahrzeuge betankt) einsetzen kann.
35
aa) Dies ändert aber nichts daran, dass bei dem Einsatz von Flottenoder Firmenkarten das Unternehmen Vertragspartner der Tankstelle wird. Zunächst kommt zwischen dem Unternehmen und der Kartengesellschaft (Mineralölunternehmen ) ein Rahmenvertrag zustande; wird die Karte bei einem Tankvorgang als Zahlungsmittel verwendet, wird zwischen dem Unternehmen als Karteninhaber und dem durch den Tankstellenhalter vertretenen Mineralöl- unternehmen ein Kaufvertrag über die bezogene Kraftstoffmenge abgeschlossen (vgl. Senatsurteil vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, aaO, unter I 1 c). Bei dem Einsatz der ihnen zur Verfügung gestellten Karte handeln die Fahrer ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Unternehmens. Letztlich stellt sich die Sachlage nicht viel anders dar, als wenn der Unternehmer selbst mit seinen Fahrzeugen bei der Tankstelle vorfährt.
36
bb) Die Zuordnung der von verschiedenen Fahrern oder für verschiedene Fahrzeuge eingesetzten Flottenkarten zum jeweiligen Unternehmen als Karteninhaber bereitet nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers auch keine besonderen Schwierigkeiten. Denn die Nummern der eingesetzten Karte bestehen aus drei jeweils sechsstelligen Ziffernfolgen. Dabei bezeichnen die ersten sechs Ziffern die Art der Karte, die zweiten sechs Ziffern kennzeichnen das Unternehmen, während die letzten sechs Ziffern den jeweiligen Fahrer (personengebundene Karten) oder das jeweilige Fahrzeug (fahrzeuggebundene Karten) ausweisen.
37
7. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts der durch Auswertung der gespeicherten Kartennummern bei Kartenzahlern ermittelte - und im Wege der Schätzung auch auf Barkunden zu übertragende - Stammkundenumsatzanteil sei nicht mit einem Zuschlag zu versehen , um dem vom Kläger geltend gemachten wechselnden Zahlungsverhalten von Kartenkunden und einer damit möglicherweise verbundenen Fehlerquote bei der Ermittlung des Stammkundenumsatzanteils Rechnung zu tragen. Im Revisionsverfahren ist zugunsten des Klägers zu unterstellen, dass Kunden, die eine Tankstelle häufiger aufsuchen, zur Bezahlung nicht nur eine bestimmte Karte einsetzen, sondern zwischen verschiedenen Karten wechseln oder zeitweise bar bezahlen. Es ist daher davon auszugehen, dass bei der ehemaligen Tankstelle des Klägers Kunden im letzten Vertragsjahr zwar vier Tankvorgänge getätigt haben, dabei aber nicht immer mit derselben Karte zahlten, sondern teilweise verschiedene Karten einsetzten oder auch in bar bezahlten, so dass diese - nur aufgrund ihrer Kartennummern identifizierten - Kunden nicht als Stammkunden erkannt werden konnten.
38
a) Das Berufungsgericht will diesen Gesichtspunkt bereits deswegen außer Acht lassen, weil es bei der Hochrechnung des Verhaltens von Kartenkunden auf den Gesamtumsatz nicht nur um Genauigkeit, sondern auch um die Praktikabilität der Stammkundenermittlung gehe. Mit dieser Erwägung überschreitet das Berufungsgericht den ihm eingeräumten tatrichterlichen Ermessenspielraum. Zwar nimmt die Vorschrift des § 287 Abs. 2 ZPO in Kauf, dass die richterliche Schätzung unter Umständen nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen bereinstimmt (vgl. Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 31 m.w.N.). Ziel einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO muss es gleichwohl sein, wenigstens eine an die konkrete Situation der betroffenen Tankstelle angenäherte Ermittlung des Stammkundenumsatzanteils zu erreichen (Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 28, 31). Dies lässt sich weitgehend anhand einer Auswertung der elektronisch erfassten Zahlungsvorgänge und einer anschließenden Hochrechnung des hierbei festgestellten Stammkundenumsatzanteils an den Kartenkunden auf die Stammkundenquote am Gesamtumsatz erreichen. Aber auch bei einer solchen Schätzung werden Detailfragen auftreten, die sich allein durch eine Auswertung der an der betroffenen Tankstelle elektronisch erfassten Daten nicht beantworten lassen (vgl. hierzu auch Senatsurteile vom 12. September 2007, aaO, Tz. 28, und vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, aaO, unter B I 1 b aa). Daher ist im Rahmen der tatrichterlichen Schätzung auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass eine nur auf Kartennummern basierende Feststellung von Stammkartenkunden erheblich von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen kann. Eine entsprechende Korrektur des ermittelten Stammkundenumsatzanteils setzt allerdings voraus, dass tatsächli- che Feststellungen getroffen werden können, die eine Schätzung der Anzahl derjenigen Kunden (oder des auf sie entfallenden Umsatzes) erlauben, die wegen ihres wechselnden Zahlungsverhaltens nicht als Stammkunden erkannt worden sind (vgl. Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 43).
39
b) Die Möglichkeit solcher tatsächlicher Feststellungen ist nicht von vornherein auszuschließen. Dass der Senat im Rahmen des § 287 Abs. 2 ZPO der Auswertung der an der konkreten Tankstelle elektronisch erfassten Zahlungsvorgänge als individuellere Schätzungsgrundlage den Vorzug vor Repräsentativbefragungen gegeben hat (vgl. etwa Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 31 m.w.N), bedeutet nicht, dass auf solche Erhebungen dann nicht zurückgegriffen werden kann und darf, wenn ernsthaft zu befürchten steht, dass die Auswertung der konkreten elektronischen Daten zu einem deutlich verfälschten Bild führt.
40
(1) Der Kläger hat im Berufungsverfahren eine "statistische Erhebung zur Untersuchung des Bezahlverhaltens von Tankkunden", Stand 6. Mai 2008, vorlegt (Anlage K 38 zum Schriftsatz vom 25. Mai 2007 - DOCUM-Studie). Grundlage dieser Studie sind die seit 2005 erhobenen Kassendaten von 33 Tankstellen im Bundesgebiet, die allerdings - anders als die vom Kläger betriebene Tankstelle - die Besonderheit aufweisen, dass auch die Kartennummern von Bonuskarten aufgezeichnet werden, so dass sich ein Kunde auch dann als Stammkunde identifizieren lässt, wenn er unterschiedliche Zahlungsmittel im Wechsel einsetzt.
41
(2) Angesichts dieser Besonderheiten hat das Berufungsgericht zu Recht die Frage aufgeworfen, ob sich die Erkenntnisse dieser Studie auf die konkreten Verhältnisse an der vom Kläger gepachteten Tankstelle übertragen lassen. Zweifel an einer ungefilterten Übertragung des von der DOCUM-Studie gefun- denen Ergebnisses sind deswegen angebracht, weil - worauf die Revisionserwiderung der Beklagten zutreffend hinweist - bei Inhabern von Bonuskarten mit großem und häufigen Kraftstoffbedarf ("Vielfahrer") ein besonderer Anreiz vorhanden ist, möglichst hohe Umsätze bei einer an dem Bonussystem teilnehmenden Tankstelle zu tätigen. Schon aus diesem Grunde kann die von der DOCUM-Studie festgestellte außergewöhnlich hohe Quote der Stammkunden mit wechselndem Zahlungsverhalten am erzielten Gesamtumsatz (etwa 55 % des Umsatzes sollen auf die 25 % der Kunden entfallen, die sich durch ein wechselndes Bezahlverhalten auszeichnen) nicht ohne weiteres auf die vom Kläger gepachtete Tankstelle übertragen werden. Diese Unsicherheiten setzen sich in dem in der genannten Auswertung in Ansatz gebrachten "Bereinigungsfaktor" von 30,62 % (S. 14 der Studie) fort, der in einer weiteren Auswertung vom 16. Mai 2008 (Anlage K 37 zum Schriftsatz vom 27. Mai 2008) auf die Verhältnisse in der vom Kläger betriebenen Tankstelle mit dem Ergebnis übertragen worden ist, dass der ursprünglich ermittelte Gesamtstammkundenanteil am Umsatz von 66,10 % auf 76,48 % zu erhöhen sei (Seite 1, 5 und 7 dieser Auswertung ). Hinzu kommt, dass der Kläger in der Revisionsinstanz eine aktualisierte statistische Erhebung (Stand 8. Oktober 2008) vorgelegt hat, die auf der Auswertung von Zahlungsvorgängen bei zwischenzeitlich 58 an das Bonuskartensystem angeschlossenen Tankstellen beruht. Die Anzahl der das Zahlungsmittel wechselnden Kunden wurde nun mit nur 16 % (anstatt wie früher mit 25 %) beziffert. Dieses Datenwerk ist jedoch in der Revisionsinstanz nicht zu berücksichtigen (§ 559 Abs. 1 ZPO).
42
(3) Der in der Berufungsinstanz vorgelegten Studie lassen sich aber trotz aller Bedenken immerhin deutliche Hinweise darauf entnehmen, dass der Anteil der Stammkunden mit wechselnden Zahlungsverhalten an der Gesamtzahl der Stammkunden nicht unerheblich sein dürfte. Das Berufungsgericht wird daher - gegebenenfalls nach ergänzendem und erläuterndem Sachvortrag der Parteien - zu prüfen haben, ob sich in einem weiteren Schritt im Wege der Schätzung ermitteln lässt, welcher Anteil am Gesamtumsatz auf eine solche Anzahl bislang nicht hinreichend erfasster Stammkunden des Klägers entfällt.
43
8. Ohne Erfolg wenden sich beide Revisionen gegen den vom Berufungsgericht vorgenommenen Billigkeitsabzug in Höhe von 10 %. Der Kläger hält keinerlei Abschläge für gerechtfertigt, während die Beklagte den Abschlag als nicht ausreichend ansieht. Die Bemessung des Billigkeitsabzugs durch das Berufungsgericht ist jedoch nicht zu beanstanden.
44
a) Wie § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB nF bestimmt, sind für die Höhe des Ausgleichsanspruchs auch Billigkeitserwägungen maßgebend. Beim Ausgleichsanspruch eines Tankstellenhalters kann ein Billigkeitsabschlag gerechtfertigt sein, wenn für die Auswahl einer Tankstelle Gründe maßgebend sind, die nichts mit den Verkaufsbemühungen des Tankstellenhalters zu tun haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dessen Verkaufsbemühungen durch eine von der Lage der Tankstelle oder der Marke des Produkts ausgehende "Sogwirkung" in nicht unerheblichem Maße gefördert werden (vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009, aaO, Tz. 28, und vom 12. September 2007, aaO, Tz. 53; BGH, Urteil vom 29. November 1984 - I ZR 149/82, BB 1985, 353, unter II 2). Die Abwägung der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des Tankstellenhalters einerseits und der "Sogwirkung" von Lage, Marke oder Preis andererseits gehört zum Kernbereich des tatrichterlichen Schätzungsermessens im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB nF (zu § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB aF vgl. Senatsurteile vom 15. Juli 2009, aaO; vom 12. September 2007, aaO, Tz. 54; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO, unter II 4; vom 26. Februar 1997 - VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503, unter C I 4, insoweit in BGHZ 135, 14, nicht abgedruckt). Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter ausreichende Feststellungen zu den für sei- ne Schätzung maßgeblichen Umständen getroffen hat. Ausgehend von diesen Maßstäben lassen die vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen keine Rechtsfehler erkennen. Das gefundene Ergebnis hält sich in den Grenzen des tatrichterlich Vertretbaren.
45
b) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Billigkeitsabschlag von 10 % wegen der Sogwirkung der Marke A. gerechtfertigt. Hierbei hat es sich von der Erwägung leiten lassen, es gebe eine Vielzahl von Kunden, deren Kaufentschluss bei den "großen" Mineralölmarken - hier A. - wegen einer besonderen Qualitätserwartung positiv beeinflusst werde. Die Größenordnung eines solchen Einflusses sei auf 10 % zu schätzen, zumal nicht erkennbar sei, dass diese in vielen "Tankstellenfällen" als sachgerecht empfundene Bemessung etwaigen Besonderheiten der vorliegenden Fallgestaltung nicht gerecht werde. Für einen höheren Abschlag bestehe bei Abwägung aller Umstände kein Grund, auch nicht im Hinblick auf die von der Beklagten angeführte kurze Vertragsdauer.
46
c) Dem hält die Revision des Klägers vergeblich entgegen, das Berufungsgericht habe das ihm eingeräumte Ermessen nicht ausgeübt. Dies trifft nicht zu, denn das Berufungsgericht hat zutreffend und fallbezogen berücksichtigt , dass Kunden mit so genannten A-Marken - hierzu gehört die Marke A - besondere Anforderungen an die Qualität des ausgegebenen Kraftstoffs verbinden. Gegen eine solche, den Kaufentschluss beeinflussende Qualitätserwartung spricht nicht die von der Revision des Klägers angeführte Abwanderungsquote von jährlich 20 %. Sie erlaubt nicht den Rückschluss, dass für den Kunden die Auswahl der Marke nicht mitentscheidend für deren Kaufentschluss ist. Hiergegen spricht schon die Lebenserfahrung, wonach gut eingeführte und stark beworbene Marken in jedem Kaufsegment für bestimmte Kundenkreise eine größere Anziehungskraft besitzen als Discountmarken. Es findet damit ein Wettbewerb zwischen dem teureren Markenprodukt und dem preisgünstigeren Discounterprodukt statt. Soweit der Kläger darauf verweist, die Höhe seiner Provisionsansprüche und damit auch des Ausgleichsanspruchs hänge im Wesentlichen von den verkauften Litermengen ab, die er nur bei zusätzlichem Vertrieb von markenfreiem (preiswerterem) Kraftstoff hätte erhöhen können, übersieht er, dass schon die mit dem Vertrieb des Markenprodukts erzielten Verkaufszahlen nicht allein auf seine Tätigkeit zurückgeführt werden können, sondern auch durch den Bekanntheitsgrad dieses Produkts und die hiermit verbundene Kundenerwartung mit beeinflusst worden sind.
47
d) Aber auch die Revision der Beklagten, die im Hinblick auf die nur zweieinhalbjährige Vertragslaufzeit einen höheren Billigkeitsabschlag fordert, bleibt ohne Erfolg. Denn auch eine relativ kurze Vertragsdauer darf bei der Billigkeitsabwägung im Regelfall nicht zum Nachteil des Handelsvertreters berücksichtigt werden (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1996 - VIII ZR 22/96, NJW 1997, 655, unter B I 2 b m.w.N.). Dieser Umstand wirkt sich nämlich faktisch bereits deswegen zum Nachteil des Handelsvertreters aus, weil er bei kurzer Vertragsdauer üblicherweise noch keinen großen Kundenstamm werben konnte. Gesichtspunkte, die eine hiervon abweichende Beurteilung erlauben, zeigt die Revision der Beklagten nicht auf. Dem Umstand, dass der Kläger bei der Gewinnung von Stammkunden auf Altkunden der in der Nähe gelegenen früheren Tankstelle zurückgreifen konnte, haben die Parteien bereits durch den vereinbarten Abschlag von 15 % Rechnung getragen (oben unter 2). Die Revision der Beklagten kann daher zur Begründung ihres Standpunktes nur anführen , dass ein Handelsvertreter bei einer kurzen Vertragslaufzeit seine Einnahmen bei Zubilligung einer Jahresprovision deutlich erhöhen, unter Umständen sogar verdoppeln könne, und dass sich seine Leistungen im Wesentlichen im Offenhalten der Tankstelle erschöpften. Das Verhältnis von während der Vertragslaufzeit verdienten Provisionsansprüchen und dem auf der Grundlage der letzten Jahresprovision zu bemessenden Ausgleichsanspruch ist jedoch schon deswegen kein im Rahmen der Billigkeitsabwägung zu prüfender Aspekt, weil der Anspruch nach § 89b Abs. 1 HGB ausschließlich dazu dient, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass dem Handelsvertreter künftig Provisionsansprüche entgehen, während dem Unternehmer die während der Vertragslaufzeit gewonnene Kundschaft zumindest teilweise verbleibt (Stammkunden). Soweit die Beklagte die Leistungen des Klägers - "Offenhalten" der Tankstelle - als eher untergeordnete Tätigkeiten bewertet, verkennt sie, dass gerade diese Tätigkeit die Provisionspflicht und damit auch einen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich auslöst. Denn selbst wenn ein Kunde die Tankstelle zunächst allein wegen ihrer Lage, der Marke oder ihres Preises aufsucht, kann eine Geschäftsbeziehung zu dem Mineralölunternehmen nur dann zustande kommen, wenn der Tankstellenhalter die Tankstelle offen und betriebsbereit hält (vgl. Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, aaO, unter B I 2 a, und VIII ZR 91/96, aaO, unter B I 2 e).

III.

48
Das Berufungsurteil kann nach alledem insgesamt keinen Bestand haben ; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil es, wie ausgeführt, gegebenenfalls auf der Grundlage ergänzenden Sachvortrags der Parteien weiterer tatsächlicher Feststellungen zum Stammkundenumsatzanteil der Barzahler bedarf. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 08.02.2006 - 13 O 104/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 25.08.2008 - 18 U 63/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 194/06 Verkündet am:
12. September 2007
Kirchgeßner,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Tankstellenhalter, der einen Handelsvertreterausgleich nach § 89b HGB beansprucht
, darf sich zur Darlegung und zum Beweis des auf Geschäfte mit
Stammkunden entfallenden Anteils des Umsatzes und der Provisionseinnahmen
(§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB) auf geeignete repräsentative Umfragen stützen,
soweit er keine zumutbare Möglichkeit hat, die Zahlungsvorgänge an der Tankstelle
auszuwerten und den Stammkundenanteil auf dieser Grundlage zu schätzen.
Das Mineralölunternehmen darf einer solchen Schätzung jedoch eine auf einer
Auswertung der Zahlungsvorgänge beruhende Schätzung des Stammkundenanteils
entgegenhalten (Fortführung der Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR
158/01, WM 2003, 499, unter II 1 b aa und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I
1 b aa und vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 c und
VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 c aa).

b) Als Stammkunden (Mehrfachkunden) eines Tankstellenhalters können im Allgemeinen
die Kunden angesehen werden, die mindestens vier Mal im Jahr - also
durchschnittlich wenigstens ein Mal pro Quartal - bei ihm getankt haben.

c) Werden die Verkaufsbemühungen des Tankstellenhalters in nicht unerheblichem
Maße durch eine von dem niedrigen Preis des Kraftstoffs ausgehende "Sogwirkung"
gefördert, kann aus Billigkeitsgründen (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB) eine
Kürzung des Ausgleichsanspruchs gerechtfertigt sein.
BGH, Urteil vom 12. September 2007 - VIII ZR 194/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Wolst, die Richterin Dr. Milger, den Richter Dr. Koch und die Richterin
Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Parteien wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 1. Zivilsenat, vom 23. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Aufgrund eines Tankstellenpacht- und -vertriebsvertrages hatte der Kläger vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2002 eine Tankstelle der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in P. gepachtet und dort als Handelsvertreter für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin Kraftstoff und Schmierstoffe der Marken T. bzw. H. vertrieben. Der Kläger verlangt von der Beklagten nach Beendigung des Vertrages einen Handelsvertreterausgleich gemäß § 89b HGB.
2
Im letzten Jahr vor Vertragsbeendigung betrug die Jahresprovision des Klägers 69.574,83 € (netto). Die Parteien sind sich einig, dass 90 % der Provisionszahlungen auf werbende Tätigkeiten des Klägers entfallen und dass die Abwanderungsquote in den nächsten vier Jahren insgesamt 200 % beträgt. Die Parteien streiten über die Höhe des Stammkundenanteils, insbesondere darüber , ob der Anteil der Stammkunden auf der Grundlage repräsentativer Umfragen oder auf der Grundlage elektronisch erfasster Zahlungsvorgänge zu berechnen ist, und nach wie vielen Tankvorgängen ein Kunde als Stammkunde anzusehen ist. Sie streiten ferner darüber, ob ein Billigkeitsabschlag wegen einer Sogwirkung des Preises angebracht ist.
3
Der Kläger errechnet seinen Ausgleichsanspruch wie folgt: letzte Jahresprovision (netto) 69.574,83 € davon 90 % werbende Tätigkeit 62.617,34 € davon 90 % Stammkundenanteil 56.255,61 € mal 200 % Abwanderungsquote 112.711,22 € abgezinst um 5 % über 4 Jahre (nach Methode Gillardon) 101.963,73 € zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer 118.277,92 €
4
Da der Ausgleichsbetrag von 118.277,92 € über der im Durchschnitt der letzten fünf Jahre - unstreitig - erzielten Provision von 80.739,48 € (brutto) liegt, die gemäß § 89b Abs. 2 HGB die Höchstgrenze des Ausgleichs bildet, und die Beklagte außergerichtlich - gleichfalls unstreitig - 31.812,44 € gezahlt hat, macht der Kläger mit seiner Klage eine restliche Ausgleichsforderung von 48.927,04 € nebst Zinsen geltend.
5
Die Beklagte errechnet den Ausgleichsanspruch hingegen wie folgt: letzte Jahresprovision (netto) 69.574,83 € davon 90 % werbende Tätigkeit 62.617,34 € davon 38,01 % Stammkundenanteil 23.800,85 € mal 200 % Abwanderungsquote 47.601,70 € abzüglich 30 % Sogwirkung des Preises 30.143,88 € abgezinst um 5 % über 4 Jahre (nach Kapitalbarwertmethode) 26.108,09€ zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer 30.285,30 €
6
Weil dieser Ausgleichsbetrag geringer ist als der bereits gezahlte Betrag, beantragt die Beklagte die Abweisung der Klage.
7
Das Landgericht hat dem Kläger 38.886,66 € zuerkannt. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat dem Kläger 38.917,77 € zugesprochen. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Hiergegen wenden sich beide Parteien mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen. Der Kläger verfolgt seinen Zahlungsantrag von 48.927,04 € weiter, die Beklagte erstrebt weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revisionen beider Parteien haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
10
Für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters sei die letzte Jahresprovision im Treibstoff- und Schmierstoffgeschäft zugrunde zu legen und davon nur der Teil zu berücksichtigen, den er aufgrund von Umsätzen mit Stammkunden erhalten habe, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne von § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB bestehe.
11
Der Stammkundenanteil sei nicht anhand der vom Kläger herangezogene Repräsentativumfrage von Allensbach, sondern anhand der von der Beklagten vorgelegten Zusammenstellungen und Auswertungen der vom Kläger im letzten Vertragsjahr erzielten Kartenumsätze zu ermitteln. Zwar habe die Recht- sprechung die Verwendung von Repräsentativumfragen für die Schätzung des Stammkundenanteils zugelassen. Eine Schätzung aufgrund allgemeiner Umfragen müsse nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aber zurücktreten , wenn - wie hier - die Möglichkeit einer konkreten, tankstellenbezogenen Schätzung bestehe. Der Einwand des Klägers, von ihm könnten die von der Beklagten vorgelegten Daten nicht auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft werden, hindere nicht deren Berücksichtigung. Da der Kläger an sich die Darlegungs - und Beweislast für die Voraussetzungen und den Umfang des Ausgleichsanspruchs trage, sei der pauschale Hinweis auf mangelnde Prüfbarkeit unbeachtlich.
12
Als Stammkunden seien alle diejenigen Mehrfachkunden anzusehen, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit einem neuen Geschäft zu rechnen sei, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen hätten oder voraussichtlich abschließen würden. Verstehe man die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 10. Juli 2002 (VIII ZR 158/01), wonach von einem Stammkunden jedenfalls dann zu sprechen sei, wenn dieser mindestens zwölfmal im Jahr an derselben Tankstelle tanke, in dem Sinne, dass von einem Stammkunden erwartet werden könne, dass er etwa einmal im Monat an "seiner" Tankstelle tanke, so erscheine es im Hinblick auf Urlaubsund Krankheitszeiten des Stammkunden sachgerecht, die zu fordernde Tankfrequenz auf mindestens zehnmal im Jahr zu reduzieren. Da zudem nicht gesichert sei, dass ein Kartenzahler stets mit (derselben) Karte bezahle, sei die Tankfrequenz, von der an von einem Stammkunden ausgegangen werden könne , weiter von zehn auf acht Mal im Jahr zu reduzieren. Bei einer geringeren Tankhäufigkeit könne nicht von einem Stammkunden gesprochen werden. Vielmehr sei eine gewisse Nachhaltigkeit des Tankverhaltens erforderlich, was jedenfalls im Schnitt ein mehrmaliges Tanken im Quartal voraussetze.
13
Auf die mindestens achtmal im Jahr tankenden Kartenkunden entfalle ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Daten ein Umsatz von 872.954,00 €, was bei einem Kartenumsatz von insgesamt 1.738.606,29 € einem Anteil von 50,21 % entspreche. Diese Berechnung bedürfe insoweit einer Korrektur, als der Umsatz der Stationskunden nicht in der von der Beklagten vorgelegten Auswertung enthalten sei. Bei diesen Stationskunden handele es sich unabhängig von der Häufigkeit ihres Tankens um Stammkunden, weswegen der auf sie entfallende Umsatz in vollem Umfang als Stammkundenumsatz zu behandeln sei. Von dem im letzten Vertragsjahr für Kraftstoffverkäufe erzielten Gesamtumsatz von 5.322.903,16 € sei daher zunächst der Stationskundenumsatz von 385.447,67 € abzuziehen. Auf den danach verbleibenden Betrag von 4.937.455,49 € sei der Stammkundenumsatzanteil von 50,21 % zu beziehen , was zu einem Betrag von 2.479.096,40 € führe. Zu diesem Betrag sei der Stationskundenumsatz von 385.447,67 € wieder hinzuzurechnen. Dies führe zu einem Stammkundenumsatz von insgesamt 2.864.544,07 €, was bezogen auf den Gesamtumsatz von 5.322.903,16 € einen Anteil von 53,82 % ausmache.
14
Von diesem Stammkundenumsatzanteil seien nicht 20 % abzuziehen, wie es der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00 gebilligt habe. Dort sei es um die Errechnung eines Stammkundenumsatzanteils unter Auswertung einer Repräsentativbefragung gegangen, im Rahmen derer gewisse Korrekturen angezeigt gewesen seien. Hier werde der Stammkundenumsatzanteil aus den zum tatsächlichen Umsatz vorliegenden Daten ermittelt, weswegen es einer derartigen Korrektur nicht bedürfe.
15
Von den vom Kläger im letzten Vertragsjahr für werbende Tätigkeit erzielten Provisionen von 62.617,35 € (69.574,83 € abzüglich - unstreitiger - 10 % für verwaltende Tätigkeit) entfielen demnach 53,82 % auf Umsätze mit Stammkunden , was einer Provision von 33.700,66 € entspreche.
16
Bei Annahme einer - von beiden Parteien akzeptierten - Verlustprognose von jeweils 20 Prozentpunkten für die Folgejahre seien für das erste Jahr 80 %, für das zweite Jahr 60 %, für das dritte Jahr 40 % und für das vierte Jahr 20 %, also insgesamt 200 % des Ausgangswertes von 33.700,66 € und damit 67.401,32 € als Nettoprovisionsverlust in Rechnung zu stellen.
17
Dieser Betrag sei im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses eintretende Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs angemessen abzuzinsen. Dabei sei die in der Rechtsprechung verwendete Abzinsung nach der Multifaktorentabelle von Gillardon vorzugswürdig, weil diese dem degressiven Verlauf der Verlustprognose besser Rechnung trage. Bei der hier zugrunde zu legenden Abzinsung von 5 % über vier Jahre führe dies zu einem Nettoprovisionsverlust von 60.974,32 €.
18
Ein Billigkeitsabschlag für eine von dem Produkt der Beklagten ausgehenden Sogwirkung sei nicht angezeigt. Angesichts der Niedrigpreispolitik der Beklagten, nach der Kraftstoff der Marken T. bzw. H. durchschnittlich einen Cent pro Liter günstiger als Kraftstoff sogenannter A-Gesellschaften angeboten werde, gehe eine Werbewirkung, wenn überhaupt, nicht von der Qualität des Produktes, sondern von dem Preisvorteil aus, den der Kunde einer solchen "Discounter-Tankstelle" erwarte. Zwar könne es unbillig sein, den Handelsvertreter an einem durch die Werbewirkung der Marke des Unternehmers erzielbaren höheren Preis in vollem Umfang durch eine entsprechend höhere Provision zu beteiligen. Gehe die Sogwirkung jedoch allein vom niedrigen Preis aus, schlage sich der geringere Preis bereits in einer entsprechend niedrigeren Provision nieder, weswegen ein Billigkeitsabzug nicht gerechtfertigt erscheine.
19
Der dem Kläger zustehende Ausgleichsanspruch errechne sich daher wie folgt: http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE010801309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE010801309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313572002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313572002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313672002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313672002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302019700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## - 8 - letzte Jahresprovision (netto) 69.574,83 € davon 90 % werbende Tätigkeit 62.617,34 € davon 53,82 % Stammkundenanteil 33.700,66 € mal 200 % Abwanderungsquote 67.401,32 € abgezinst um 5 % über 4 Jahre (nach Methode Gillardon) 60.974,32 € zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer 70.730,21 €
20
Da die Beklagte bereits 31.812,44 € gezahlt habe, seien dem Kläger noch weitere 38.917,77 € zuzusprechen.

II.

21
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
22
1. Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters nach § 89b HGB die letzte Jahresprovision im Kraftstoff- und Schmierstoffgeschäft zugrunde zu legen und davon nur der Teil zu berücksichtigen ist, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht (Senatsurteil vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 263/02, WM 2003, 2107, unter II 1 a; Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, WM 2003, 2095, unter B I 3; Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 a und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I; Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 und VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1).
23
a) Das Berufungsgericht hat zur Schätzung des auf Stammkunden entfallenden Anteils am Umsatz bzw. an den Provisionseinnahmen grundsätzlich zutreffend nicht die von dem Kläger vorgelegte repräsentative Umfrage des Allensbach -Institutes aus dem Jahre 2002, sondern die von der Beklagten vorge- http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE010801309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302019700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE033902301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 9 - legten Aufzeichnungen und Auswertungen der elektronisch erfassten Kartenumsätze herangezogen; die Revision des Klägers beanstandet jedoch zu Recht, dass das Berufungsgericht seine Schätzung auf diese Aufzeichnungen und Auswertungen gestützt hat, ohne diese zuvor durch einen Sachverständigen auf ihre - vom Kläger bestrittene - Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen zu lassen.
24
aa) Der Kläger, der als Tankstellenhalter die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 HGB und damit für den auf Geschäfte mit Stammkunden entfallenden Anteil des Umsatzes bzw. der Provisionseinnahmen trägt (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2003 - VIII ZR 263/02, WM 2003, 2107, unter II 1 b aa; Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 b aa und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I 1 b aa; Senatsurteil vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 b), durfte sich zur Darlegung und zum Beweis dieses Stammkundenanteils allerdings grundsätzlich auf die von ihm vorgelegte repräsentative Umfrage des Allensbach-Institutes aus dem Jahre 2002 stützen.
25
(1) Der Senat hat dem Tankstellenhalter im Hinblick auf die tatsächlichen Schwierigkeiten, in dem anonymen Massengeschäft einer Tankstelle den Stammkundenumsatzanteil konkret zu ermitteln, die Darlegung und Beweisführung dadurch erleichtert, dass er eine Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zugelassen und zudem die Verwendung statistischen Materials gebilligt hat. Damit soll es sich erübrigen, in jedem Einzelfall zeit- und kostenaufwendige Erhebungen durchzuführen und durch umfangreiche Beweisaufnahmen nachzuvollziehen , deren Aussagekraft im Vergleich zu professionell durchgeführten statistischen Untersuchungen eher zweifelhaft ist (Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 b aa und VIII ZR 58/00, WM 2003, http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302019700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302019700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 10 - 491, unter B I 1 b aa; Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 c und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 c aa).
26
So hat der Senat die Verwertung der in Presse-Mitteilungen der ARAL AG veröffentlichten Ergebnisse der von diesem Mineralölunternehmen in Auftrag gegebenen und vom Allensbach-Institut im Jahr 1987 sowie vom MAFOInstitut im Jahr 1996 durchgeführten Repräsentativbefragungen über die Tankgewohnheiten der Pkw-Fahrer als Grundlage für eine Schätzung des Stammkundenumsatzanteils im Tankstellengeschäft gebilligt (Allensbach-Umfrage: Senatsurteil vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 c; MAFO-Studie: Senatsurteil vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 b cc).
27
(2) Der Senat hat in früheren Entscheidungen zwar darauf hingewiesen, dass sich in Zukunft eine Heranziehung des weniger aussagekräftigen statistischen Materials weitgehend erübrigen kann, soweit die Darlegung konkreter Anhaltspunkte für eine Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an einer bestimmten Tankstelle aufgrund fortschreitender elektronischer Erfassung der Zahlungsvorgänge sich weniger schwierig gestalten und daher von dem Tankstellenhalter auch zu verlangen sein wird (Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, WM 2003, 2095, unter B II 2 a; Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 b dd und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I 1 b aa).
28
Die Anonymität des Massengeschäfts an einer Selbstbedienungstankstelle steht einer konkreten Darlegung des Stammkundenumsatzanteils nämlich jedenfalls insoweit nicht entgegen, als es um den Teil der Kundschaft geht, der nicht mehr mit Bargeld, sondern mit den inzwischen weit verbreiteten Kreditkarten oder vergleichbaren Karten (z.B. EC-Karten) bezahlt. Über diese Zahlungs- vorgänge werden Belege ausgedruckt, die zumindest die Kartennummer und die Tankmenge ausweisen und die mit Hilfe eines entsprechenden Datenverarbeitungsprogramms daraufhin ausgewertet werden können, ob mit diesen Karten in einem bestimmten Zeitraum mehrfach getankt wurde. Zugleich lassen sich mit Hilfe der Zahlungsbelege auch die "Laufkunden" unter den Kartenbenutzern erfassen, so dass sich der Umsatzanteil der Mehrfachkunden am Gesamtumsatz der Kartenkundschaft für einen bestimmten Zeitraum errechnen lässt. Auf dieser Grundlage kann eine auf die konkreten Verhältnisse im letzten Vertragsjahr bezogene Schätzung einsetzen, indem der Stammkundenumsatzanteil innerhalb der Kartenkunden hochgerechnet wird auf den Gesamtumsatz des letzten Vertragsjahres, falls keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass dieses Verhältnis bei den anonymen "Barzahlern" wesentlich anders ist als innerhalb der Kartenkundschaft. Selbst wenn bei dieser tatrichterlichen Schätzung noch weitere Gesichtspunkte zu berücksichtigen und Detailprobleme zu lösen wären, könnte auf diese Weise die Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an die tatsächlichen Verhältnisse einer bestimmten Tankstelle stärker angenähert werden, als dies bei einer Verwendung allgemeinen statistischen Materials der Fall sein kann (Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01; Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01 und VIII ZR 58/00; jeweils aaO).
29
(3) Der Kläger hatte im vorliegenden Fall aber keine zumutbare Möglichkeit , die Kartenumsätze auszuwerten, um auf dieser Grundlage den Stammkundenumsatzanteil der Tankstelle schätzen zu können. Es ist weder festgestellt noch vorgetragen, dass die für eine Auswertung der elektronisch erfassten Zahlungsvorgänge geeignete Software mittlerweile Bestandteil der für die Buchhaltung von Tankstellen verwendeten EDV-Programme geworden oder inzwischen ohne unverhältnismäßigen Aufwand zu beschaffen wäre. Es ist auch nicht festgestellt oder vorgetragen, dass der Kläger in der Zeit vor Vertragsbeendigung über Software verfügte, mit deren Hilfe eine maschinelle Aus- wertung der ausgedruckten Zahlungsbelege möglich gewesen wäre; eine manuelle Auswertung dieser Zahlungsbelege war dem Kläger wegen des damit verbundenen Aufwandes an Zeit und Kosten jedenfalls nicht zuzumuten (vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, WM 2003, 2095, unter B II 2 a; Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 b dd und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I 1 b aa).
30
bb) Die Beklagte durfte sich gegenüber der auf der repräsentativen Umfrage des Allensbach-Institutes aus dem Jahre 2002 beruhenden Schätzung des Klägers jedoch auf die Möglichkeit einer auf den elektronisch erfassten Zahlungsvorgängen beruhenden Schätzung des auf Stammkunden entfallenden Anteils am Umsatz und an den Provisionseinnahmen berufen. Die Revision der Beklagten macht zu Recht geltend, dass das Mineralölunternehmen berechtigt ist, einer auf repräsentativen Umfragen beruhenden Schätzung des Tankstellenhalters unter Hinweis auf konkret erfasste Zahlungsvorgänge über Einzelgeschäfte entgegenzutreten, da diese eine genauere Schätzung des Stammkundenumsatzanteils einer bestimmten Tankstelle ermöglichen.
31
Die Vorschrift des § 287 ZPO zielt zwar auf eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens ab und nimmt in Kauf, dass das Ergebnis der Schätzung unter Umständen nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt; allerdings soll die Schätzung möglichst nahe an die Wirklichkeit heranführen. Deshalb rechtfertigt die Bestimmung des § 287 ZPO es nicht, in einer für die Streitentscheidung zentralen Frage auf die Heranziehung von Schätzungsgrundlagen zu verzichten, die eine genauere Schätzung ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 - I ZR 266/02, WRP 2006, 274, II 3 b aa; Urteil vom 17. April 1997 - X ZR 2/96, WRP 1997, 957, unter III 1). Ergebnisse von Repräsentativbefragungen haben wegen der ihrer Erhebung zugrundeliegenden Fragestellung nur eine eingeschränkte Aussagekraft für den prozentualen Anteil der Stammkundschaft an der Gesamtkundschaft einer bestimmten Tankstelle und für den auf die Stammkunden entfallenden Umsatzanteil. Sie können für eine Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an einer bestimmten Tankstelle deshalb - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - dann nicht herangezogen werden, wenn konkrete Daten, die eine individuellere Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an dieser Tankstelle ermöglichen, zur Verfügung stehen (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 b dd und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I 1 b aa). Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn diese Daten von dem Mineralölunternehmen bereitgestellt werden.
32
cc) Das Berufungsgericht durfte allerdings die von der Beklagten vorgelegten Aufzeichnungen und Auswertungen der elektronisch erfassten Kartenumsätze seiner Schätzung des Stammkundenanteils nicht zugrunde legen, ohne diese Aufzeichnungen und Auswertungen zuvor durch einen Sachverständigen auf Richtigkeit und Vollständigkeit prüfen zu lassen. Die Revision des Klägers macht zu Recht geltend, dass der Tankstellenhalter nicht darauf verwiesen werden kann, eine Aufstellung des Mineralölunternehmens, deren Ermittlungsgrundlagen er nicht kennt und die ihm lediglich als Ausdruck präsentiert wird, ohne eigene Sachkunde daraufhin zu beurteilen, ob er sie gelten lassen will und kann.
33
Das Berufungsgericht hat dem Kläger zu Unrecht die ausdrücklich beantragte Überprüfung der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen auf Richtigkeit und Vollständigkeit durch einen Sachverständigen verwehrt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war der Einwand des Klägers, von ihm könnten die Daten nicht auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft werden, nicht deshalb unbeachtlich, weil der Hinweis auf die mangelnde Prüfbarkeit angesichts des Umstandes, dass der Kläger an sich die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen und den Umfang des geltend gemachten Handelsvertreterausgleichsanspruchs hat, zu pauschal gewesen wäre. Der Kläger hat seiner Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des von ihm behaupteten Stammkundenanteils durch Vorlage einer repräsentativen Umfrage des AllensbachInstitutes genügt. Er hat seine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der von der Beklagten zur Verfügung gestellten Daten zudem in seiner Berufungsbegründung substantiiert damit begründet, dass er nicht erkennen könne, ob sämtliche sogenannte UTA-Kartenumsätze berücksichtigt worden seien.
34
Das Berufungsgericht durfte diese Bedenken des Klägers nicht mit der Begründung als unbegründet zurückweisen, die Beklagte habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat richtig gestellt, dass diese Kartenumsätze entgegen der vorprozessualen Korrespondenz doch einbezogen seien. Desgleichen erweist sich der Einwand des Klägers nicht deshalb als unberechtigt, weil, wie das Berufungsgericht gemeint hat, eine zur Akte gereichte CD-Rom und der partielle Ausdruck dieser Daten bestätigt, dass auch derartige Umsätze enthalten sind. Dass die Beklagte solche Umsätze in ihre Aufstellungen und Auswertungen einbezogen hat, bedeutet nicht, dass diese Umsätze auch vollständig und richtig erfasst und ausgewertet sind. Es bedurfte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht deshalb spezifischerer Einwendungen des Klägers, weil die Aufstellung der Beklagten eigene Umsätze des Klägers enthielt. Auch wenn es sich um eigene Umsätze handelte, war der Kläger zu spezifischeren Einwänden schon deshalb nicht imstande, weil er selbst nicht mehr über entsprechende Aufzeichnungen verfügte. Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht dem Antrag des Klägers entsprechen müssen, die Aufstellungen und Auswertungen der Beklagten durch einen Sachverständigen auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüfen zu lassen. http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE010801309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313572002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313572002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313672002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313672002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313672002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313572002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313572002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 15 -
35
b) Die Revision des Klägers rügt weiter zu Recht, dass das Berufungsgericht nur diejenigen Kartenkunden, die im letzten Vertragsjahr mindestens achtmal an der Tankstelle des Tankstellenhalters getankt haben, als Stammkunden angesehen hat. Die Rüge der Revision der Beklagten, das Berufungsgericht habe verkannt, dass derjenige, der nur achtmal pro Jahr an der Tankstelle des Tankstellenhalters getankt habe, noch kein Stammkunde sei, hat hingegen keinen Erfolg.
36
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die "Stammkundschaft" von der im Rahmen des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB nicht berücksichtigungsfähigen "Laufkundschaft" abzugrenzen ist, und dass als Stammkunden alle Mehrfachkunden anzusehen sind, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, WM 2003, 2095, unter B I 3; Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 a und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I; Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 a und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 a).
37
Welcher Zeitraum bei der Prüfung, ob eine solche Geschäftsverbindung besteht, zugrunde zu legen ist, hängt von dem Gegenstand des Geschäfts und den branchenüblichen Besonderheiten ab. Das Wiederholungsintervall für Folgegeschäfte ist bei häufig wiederkehrenden Verbrauchsgeschäften des täglichen Lebens kleiner zu bemessen als bei Geschäften über langlebige Wirtschaftsgüter (Senatsurteil vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 a; vgl. Senatsurteil vom 22. März 2006 - VIII ZR 173/04, WM 2006, 1403, unter C I 1, m.w.N. zum Autokauf sowie Senatsurteile vom 6. August http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313572002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313572002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 a undVIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 a, m.w.N.).
38
Durch wie viele Geschäfte in welchem Zeitraum ein Kunde bei dem als Alltagsgeschäft einzustufenden Tanken zum Mehrfachkunden einer Tankstelle wird, hat der Senat bislang noch nicht entschieden. Weder enthalten die Senatsurteile vom 6. August 1997 insoweit eine Festlegung (vgl. Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B II und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 d) noch ist - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - das Senatsurteil vom 10. Juli 2002 (VIII ZR 158/01) dahin zu verstehen, dass von einem Stammkunden erwartet werden kann, dass er etwa einmal im Monat an "seiner" Tankstelle tankt. In diesem Urteil hat der Senat lediglich ausgeführt, dass die tatrichterliche Beurteilung des Berufungsgerichts, als Stamm- bzw. Mehrfachkunde einer Tankstelle habe jedenfalls der Kunde zu gelten, der mindestens zwölfmal pro Jahr an derselben Tankstelle tanke, keinen Rechtsfehler aufweise und sich im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung halte (Senatsurteil vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 a). Dies besagt nicht, dass Kunden, die weniger oft an derselben Tankstelle tanken, nach Auffassung des Senats keine Stammkunden sind.
39
Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten hat der Senat in seinen Entscheidungen auch nicht die Ansicht vertreten, dass eine Person erst dann zum Stammkunden wird, wenn sie mindestens so oft tankt wie der durchschnittliche Tankkunde an einer seiner drei Stammtankstellen, die er alle drei gleichmäßig aufsucht. Auch ein Kunde, der weniger oft als der Durchschnittskunde an einer Tankstelle tankt, ist Stammkunde, wenn er aufgrund der werbenden Tätigkeit des Tankstellenhalters innerhalb eines überschaubaren Zeitraums mehrfach an dieser Tankstelle tankt. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Durchschnittstanker - wie das Berufungsgericht angenommen hat - etwa 36 mal http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## - 17 - im Jahr tankt und an nicht mehr als drei Tankstellen 80% seines Tankbedarfs deckt, und ob sich aus dieser Feststellung - wie die Revision der Beklagten geltend macht - ergibt, dass der Durchschnittstanker an jeder seiner drei Stammtankstellen zwölfmal im Jahr tankt.
40
Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht der Prüfung, ob eine Geschäftsverbindung zwischen dem Kläger und seinen Kunden besteht, als überschaubaren Zeitraum die Zeitspanne von einem Jahr zugrunde gelegt hat. Nicht zu beanstanden ist weiter, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der Zahl der in diesem Jahreszeitraum abzuschließenden Folgegeschäfte eine gewisse Nachhaltigkeit des Tankverhaltens für erforderlich gehalten hat. Denn mit "unzuverlässiger Kundschaft", die die Tankstelle nicht planmäßig, sondern nur zufällig wieder aufsucht, besteht keine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB (vgl. Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 a und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 a).
41
Eine gewisse Nachhaltigkeit des Tankverhaltens setzt jedoch, anders als das Berufungsgericht meint, nicht ein mehrmaliges Tanken im Quartal voraus. Eine verfestigte Geschäftsbeziehung des Kunden zum Tankstellenhalter erfordert , entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten, auch nicht, dass der Kunde spätestens nach 30 Tagen wieder zu einer bestimmten Tankstelle kommt. Eine Geschäftsbeziehung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB setzt nach der Rechtsprechung des Senats nicht voraus, dass die Kunden mehr als nur gelegentliche Folgegeschäfte mit dem Unternehmer abschließen (vgl. Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 a und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 a, m.w.N.).
42
Die Revision des Klägers macht zutreffend geltend, dass die vom Berufungsgericht - zu Recht - geforderte Nachhaltigkeit des Tankverhaltens schon dann gegeben ist, wenn innerhalb eines Jahres drei oder vier Folgegeschäfte geschlossen werden. Als Stammkunden (Mehrfachkunden) eines Tankstellenhalters können im Allgemeinen die Kunden angesehen werden, die mindestens vier Mal im Jahr - also durchschnittlich wenigstens ein Mal pro Quartal - bei ihm getankt haben. Beim vierten Tanken innerhalb eines Jahres ist in der Regel die Annahme berechtigt, dass der Kunde die Tankstelle nicht nur zufällig, sondern gezielt zum wiederholten Mal aufgesucht hat und dementsprechend eine Bindung des Kunden an die Tankstelle besteht; dabei ist auch zu berücksichtigen, dass moderne Fahrzeuge mit geringerem Verbrauch und größeren Tanks nicht mehr so häufig betankt werden müssen (ebenso KG, Urteil vom 21. Mai 2007, 23 U 87/05, juris, Tz. 73 und 74; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. Dezember 2002 - I-6 U 76/02, juris, Tz. 37; LG Hamburg, Urteil vom 16. Juli 2004 - 420 O 121/01).
43
c) Die Revision der Beklagten rügt andererseits zu Recht, dass das Berufungsgericht die für die Einstufung als Stammkunde erforderliche Zahl von Tankvorgängen zum einen im Hinblick auf Urlaubs- und Krankheitszeiten der Stammkunden und zum anderen im Hinblick darauf, dass Kartenkunden möglicherweise mit unterschiedlichen Karten oder zuweilen in bar bezahlen, reduziert hat. Auf die Urlaubs- und Krankheitszeiten der Stammkunden kommt es nicht an. Entscheidend für die Einstufung als Stammkunde ist allein, wie oft ein Kunde tatsächlich an einer Tankstelle getankt hat und nicht, wie oft er an dieser Tankstelle getankt hätte, wenn er daran nicht - etwa durch Urlaub und Krankheit - gehindert gewesen wäre. Für eine Schätzung des Umsatzes mit Kartenkunden , die erst unter Berücksichtigung weiterer - mit Bargeld oder mit anderen Kreditkarten bezahlter - Tankvorgänge so oft an einer Tankstelle tanken, dass sie als deren Stammkunden anzusehen sind, fehlt eine ausreichende Grundla- http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313672002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 19 - ge. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, die eine Schätzung der Zahl dieser Kunden oder der Höhe des auf sie entfallenden Umsatzes erlauben.
44
d) Soweit das Berufungsgericht den anhand der elektronisch erfassten Umsätze der Kartenkunden errechneten Stammkundenumsatzanteil insoweit korrigiert hat, als es die gesondert erfassten Umsätze der Stationskunden - also derjenigen Kunden, die über eine Tankkarte der Tankstelle verfügen - in die Berechnung des Stammkundenumsatzanteils einbezogen hat, haben die Revisionen der Parteien keine Einwände erhoben und sind Rechtsfehler auch nicht ersichtlich. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Stationskunden unabhängig von der Häufigkeit ihres Tankens als Stammkunden angesehen und den auf diese Stationskunden entfallenden Umsatz daher in vollem Umfang als Stammkundenumsatz behandelt hat.
45
e) Die Revision der Beklagten rügt ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht von dem auf diese Weise ermittelten Stammkundenumsatzanteil nicht 20 % abgezogen hat. Ein solcher Abzug von einem Fünftel des Umsatzes ist zwar gerechtfertigt, wenn der Stammkundenumsatzanteil auf der Grundlage der MAFO-Studie berechnet wird, da nach dieser Studie auch die Pkw-Fahrer, die eine oder mehrere Stammtankstellen haben, an diesen nur vier von fünf Mal tanken (Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, WM 2003, 2095, unter B II 3 a; vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 c bb und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I 1 b dd bbb). Das Berufungsgericht hat den Stammkundenumsatzanteil der Tankstellenkunden jedoch nicht auf der Grundlage der repräsentativen MAFO-Studie geschätzt , sondern anhand der erfassten Umsätze der Kartenkunden und der Stationskunden des Klägers errechnet. Da diese Umsätze vollständig auf die von dem Kläger betriebene Tankstelle entfallen, kommt es nicht darauf an, inwieweit http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## - 20 - dessen Kunden einen Teil ihres Bedarfs an anderen Tankstellen decken und ist insoweit ein Abzug daher nicht erforderlich. Entgegen der Darstellung der Revision der Beklagten ist die Berechnung des Berufungsgerichts auf Daten gestützt , aus denen der tatsächliche Umsatz hervorgeht. Denn aus diesen Daten ergibt sich nicht nur, wie oft, sondern auch, für welchen Geldbetrag Kunden Kraftstoff beim Kläger gekauft haben.
46
2. Anders als die Revision der Beklagten meint, scheitert ein Ausgleichsanspruch des Klägers nicht daran, dass der Beklagten aus der Geschäftsverbindung mit den Stammkunden entgegen § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB keine erheblichen Vorteile entstanden sind.
47
Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte durch den Kraftstoffverkauf an einen Kunden, der achtmal pro Jahr an der ehemaligen Tankstelle des Klägers jeweils 40 l - insgesamt also 320 l im Jahr - tankt, nur einen Rohertrag von 3,20 € erzielt. Die Erheblichkeit des Unternehmervorteils richtet sich nach Umfang und erwarteter Beständigkeit des vermittelten Neugeschäfts, nicht nach dessen Verhältnis zum Gesamtgeschäft des Unternehmers (Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1 a und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2 a, m.w.N.). Es spielt daher keine Rolle, dass der Unternehmer aus den von einem Handelsvertreter vermittelten Geschäften mit einem einzelnen Kunden nur einen - gemessen an seinen gesamten Geschäften - verhältnismäßig geringfügigen Vorteil erlangt.
48
Desgleichen ist es nicht von Bedeutung, ob von diesem Rohertrag von 3,20 € noch ein Provisionsanspruch des künftigen Tankstellenbetreibers für die verkauften 320 l Kraftstoff von rund 4,10 € abzuziehen wäre, so dass der Beklagten sogar Verluste entstünden. Allerdings wird die Beklagte dadurch dop- http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302019700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/9qg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE010801309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/9qg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE010801309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 21 - pelt belastet, dass sie für die Umsätze mit Stammkunden nicht nur dem Kläger einen Ausgleich, sondern auch dessen Nachfolger Provisionen zahlen muss. Das ist jedoch stets der Fall, wenn der Unternehmer an Stelle des ausgeschiedenen Handelsvertreters einen neuen einsetzt. Dieser Umstand, der der vom Gesetzgeber gewollten Regelung entspricht, kann daher nicht zur Verneinung eines Ausgleichsanspruchs führen (BGHZ 42, 244, 248). Die dem Nachfolger gegenüber bestehende Provisionsverpflichtung ist bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs daher nicht zu berücksichtigen (vgl. Thume in Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, 7. Aufl., Rdnr. 1141).
49
3. Das Berufungsgericht hat zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs von den vom Kläger im letzten Vertragsjahr erzielten Provisionen zu Recht 10 % für verwaltende Tätigkeiten abgezogen und dementsprechend nur 90 % für werbende Tätigkeiten berücksichtigt. Bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruchs sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur solche Provisionen oder Provisionsanteile zugrunde zu legen, die der Handelsvertreter für seine werbende (vermittelnde und abschließende) Tätigkeit erhält, nicht dagegen Provisionen für sogenannte verwaltende (vermittlungsfremde) Tätigkeiten (vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, WM 2003, 2095, unter B III; Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 2 und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B II; Senatsurteil vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 3). Dass von den Provisionszahlungen im vorliegenden Fall 90 % auf werbende und 10 % auf verwaltende Tätigkeiten des Klägers entfallen, ist zwischen den Parteien unstreitig.
50
4. Soweit das Berufungsgericht der Verlustprognose nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB eine - von beiden Parteien akzeptierte - Abwanderungsquote von jährlich 20 % zugrunde gelegt und daraus einen Gesamtprovisionsverlust http://www.juris.de/jportal/portal/t/3vq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE033902301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302019700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/9qg/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=3&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE033902301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302019700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/## - 22 - von 20 % + 40 % + 60 % + 80 % = 200 % errechnet hat, weist dies gleichfalls keinen Rechtsfehler auf. Die Annahme einer solchen Abwanderungsquote liegt, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die tatsächlichen Kundenbewegungen während der Vertragszeit nicht vorliegen, im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens (§ 287 Abs. 2 ZPO; vgl. Senatsurteil vom 12. Februar 2003 - VIII ZR 130/01, WM 2003, 2095, unter B I 3 b; Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 3 und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B III; Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B II 3 und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 3).
51
5. Da der Ausgleichsanspruch, der an die Stelle der mit der Vertragsbeendigung entfallenden Provisionseinnahmen tritt, die sich bei einer Fortsetzung des Vertrages auf einen längeren Zeitraum verteilt hätten, bereits mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses entsteht, ist der Ausgleichsbetrag, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, abzuzinsen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1990 - I ZR 269/88, WM 1991, 602, unter II 5). Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht die Abzinsung - ebenso wie der Kläger - nach der Multifaktoren-Formel von Gillardon und nicht - wie die Beklagte - nach der sogenannten Kapitalbarwertmethode berechnet hat. Für die Berechnung der Abzinsung gibt es keine allgemeingültige Formel. Jede Berechnung eines Abzinsungsbetrags führt nur zu einem Annäherungswert, dessen Maßgeblichkeit der Tatrichter wie bei einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO zu beurteilen hat. Der Bundesgerichtshof hat stets betont, dass der Tatrichter unter den in der Praxis gebräuchlichen Abzinsungsmethoden frei wählen kann, und hat dementsprechend auch die Berechnungsweise nach Gillardon wiederholt gebilligt (Senatsurteil vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B V; Senatsurteile vom 6. August 1997 - VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B II 5 und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 4). http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR002190897BJNE010801309&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6hk/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306469700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 23 -
52
6. Die Revision der Beklagten macht jedoch zu Recht geltend, dass ein Abschlag aus Billigkeitsgründen unter dem Gesichtspunkt einer Sogwirkung des Preises nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden kann.
53
Die Zahlung eines Ausgleichs kann nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB verlangt werden, wenn und soweit dies unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht. Ein Billigkeitsabschlag vom Ausgleichsbetrag kann gerechtfertigt sein, wenn für die Auswahl einer Tankstelle Gründe maßgebend sind, die nichts mit den Verkaufsbemühungen des Tankstellenhalters zu tun haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verkaufsbemühungen des Tankstellenhalters durch eine von der Lage der Tankstelle oder der Marke des Produkts, aber auch dann, wenn diese durch eine von dem Preis des Kraftstoffs ausgehende "Sogwirkung" in nicht unerheblichem Maße gefördert werden (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1984 - I ZR 149/82, BB 1985, 353, unter II

2).

54
Die Abwägung der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des Tankstellenhalters einerseits und der "Sogwirkung" von Lage, Marke oder Preis andererseits gehört zum Kernbereich des tatrichterlichen Schätzungsermessens im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB (vgl. Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 4 und VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B IV 1; m.w.N.). Sie kann vom Revisionsgericht allerdings daraufhin überprüft werden, ob der Tatrichter ausreichende Feststellungen zu den für seine Schätzung maßgeblichen Umständen getroffen hat (vgl. Senatsurteil vom 4. Mai 2005 - VIII ZR 123/04, NJW-RR 2005, 1157, unter II 2, m.w.N.). Daran fehlt es hier.
55
Das Berufungsgericht hat gemeint, angesichts der Niedrigpreispolitik der Beklagten, nach der Kraftstoff der Marken T. bzw. H. durchschnittlich einen Cent pro Liter günstiger als Kraftstoff sogenannter A-Gesellschaften angeboten werde, gehe eine Werbewirkung, wenn überhaupt, nicht von der Qualität des Produktes, sondern von dem Preisvorteil aus, den der Kunde einer solchen "Discounter-Tankstelle" erwarte. Zwar könne es unbillig sein, den Handelsvertreter an einem durch die Werbewirkung der Marke des Unternehmers erzielbaren höheren Preis in vollem Umfang durch eine entsprechend höhere Provision zu beteiligen. Gehe die "Sogwirkung" jedoch allein vom niedrigen Preis aus, schlage sich der geringere Preis in einer entsprechend niedrigeren Provision nieder, weswegen ein Billigkeitsabzug nicht gerechtfertigt erscheine.
56
Träfe die Erwägung des Berufungsgerichts zu, dass sich der geringere Kraftstoffpreis bereits in einem geringeren Provisionsanspruch niedergeschlagen hat, wäre dies entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten allerdings ein Gesichtspunkt, der einem Billigkeitsabschlag entgegenstehen könnte. Die Revision der Beklagten rügt jedoch zu Recht, dass die Annahme des Berufungsgerichts , der Provisionsanspruch des Klägers sei geringer als der Provisionsanspruch des Handelsvertreters einer A-Gesellschaft, weil der Kläger seinen Kraftstoff um durchschnittlich einen Cent billiger verkaufe, keine Grundlage im Prozessstoff findet, weil die Höhe des Umsatzes und damit des Provisionsanspruchs nicht nur vom Preis, sondern auch von der Menge des verkauften Kraftstoffs abhängt und es an Feststellungen dazu fehlt, dass der Kläger trotz des geringeren Preises keine größere Menge Kraftstoff als der Handelsvertreter einer A-Gesellschaft verkaufen konnte.
57
Das Berufungsgericht wird daher im Rahmen der Billigkeitsabwägung nicht nur zu prüfen haben, ob der Preis des Kraftstoffs eine derartige "Sogwirkung" auf die Kunden ausübt, dass der Kläger Stammkunden in erheblichem Maße nicht durch seine eigenen Verkaufsbemühungen, sondern wegen des günstigen Kraftstoffpreises gewonnen hat, sondern es wird gegebenenfalls auch der Frage nachgehen müssen, ob der niedrigere Kraftstoffpreis tatsächlich zu einem geringeren Provisionsanspruch des Klägers geführt hat. Es ist dann Sache des Berufungsgerichts zu erwägen, ob und inwieweit diese Umstände es rechtfertigen, den Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen zu kürzen.

III.

58
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben. Die Sache ist, da sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht - nach entsprechendem Sachvortrag der Parteien - den Stammkundenumsatzanteil erneut schätzen und nochmals einen Billigkeitsabschlag unter dem Gesichtspunkt einer "Sogwirkung" des Preises erwägen kann. Ball Dr. Wolst Dr. Milger Dr. Koch Dr. Hessel
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.08.2004 - 418 O 89/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.06.2006 - 1 U 147/04 -

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen.

(2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt.

(3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind.

(4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden so weit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs erforderlich ist.

(5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 205/05 Verkündet am:
29. Oktober 2008
Ring,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Anspruch des Tankstellenhalters gegenüber dem Mineralölunternehmen auf Erteilung
eines Buchauszugs ist erfüllt, wenn die von ihm selbst erstellten Kassenjournale
chronologisch geordnet für jedes provisionspflichtige Geschäft in einem Abschnitt
zusammengefasst alle Angaben enthalten, die nach der mit dem Mineralölunternehmen
getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von
Bedeutung sind.
BGH, Urteil vom 29. Oktober 2008 - VIII ZR 205/05 - KG Berlin
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Wolst sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. August 2005 aufgehoben und das Teilurteil der Kammer für Handelssachen 101 des Landgerichts Berlin vom 26. Februar 2003 abgeändert, soweit hinsichtlich des Anspruchs auf Buchauszug zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Die Klage wird wegen des Anspruchs auf Buchauszug insgesamt abgewiesen. Die Entscheidung über die Kosten der ersten beiden Rechtszüge bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger war aufgrund eines Tankstellenverwaltervertrages von 1996, in den er zu Beginn des Jahres 1997 anstelle seiner Ehefrau eingetreten war, bis zur fristlosen Kündigung durch die Beklagte zum 30. Juni 1999 Halter einer Selbstbedienungstankstelle der Beklagten in R. .
2
Nach dem Vertrag steht dem Kläger für den Verkauf von Kraftstoff eine mengenabhängige Provision zu (§ 6 Nr. 1 des Vertrags), die für die Auslieferung von Dieselkraftstoff an Direktkunden der Beklagten (unter anderem DKV, UTA, PAN) reduziert ist (§ 6 Nr. 2 des Vertrags). Für Schmierstoffverkäufe erhält er die Differenz zwischen Verbraucher- und Wiederverkäufer-Netto-Preisen nach jeweils gültigen Preislisten der Beklagten (§ 6 Nr. 3 des Vertrags). Nach einem Vertragsnachtrag (Waschanlagen- und SB-Boxen-Vereinbarung) vom 9. Juli 1998 werden seine Leistungen und alle aus dem Betrieb der Waschanlage entstehenden Kosten durch eine Provision in Höhe der Netto-Umsätze abzüglich eines Betrags von 2,50 DM netto pro Wäsche zuzüglich Mehrwertsteuer abgegolten (Nr. 7.1 des Vertragsnachtrags).
3
Der Kläger macht einen Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB in Höhe von 134.156,11 € geltend und verlangt im Wege der Stufenklage Abrechnung der von ihm im letzten Vertragsjahr vermittelten provisionspflichtigen Verkäufe, Erteilung eines Buchauszugs über die abzurechnenden Geschäfte sowie Zahlung rückständiger Provision und weiteren Ausgleichs in einer nach Erteilung der Abrechnung noch zu beziffernden Höhe.
4
Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 26. Februar 2003 die Beklagte zur Erteilung eines Buchauszugs verurteilt mit der Maßgabe, dass dieser mindestens folgende Angaben enthalten müsse: bei den Treibstoffverkäufen eine Auflistung der verkauften Treibstoffmengen unter Angabe des Tages und mit gesonderter Kennzeichnung, welche Geschäftsvorfälle über die Kreditkartensysteme UTA, PAN und DKV abgerechnet worden seien; bei den Schmierstoffverkäufen eine Auflistung der verkauften Schmierstoffe unter Angabe der Sorte, der Menge und des Tages; beim Waschgeschäft eine Auflistung der Anzahl der Geschäftsvorfälle unter Angabe des Tages oder Monats und der jeweiligen Netto -Umsätze. Hinsichtlich des Anspruchs auf Provisionsabrechnung und des weitergehenden Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs sowie hinsichtlich des bezifferten Ausgleichsanspruchs hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
5
Auf die Berufung des Klägers hat das Kammergericht unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das Teilurteil des Landgerichts wegen des bezifferten Ausgleichsanspruchs aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Die Berufung der Beklagten, mit der diese die vollständige Abweisung der Klage wegen des Buchauszugs weiterverfolgt und im Wege der Hilfswiderklage begehrt hat, den Kläger zu verurteilen , die Kassenjournalausdrucke der von ihm an der Tankstelle verwendeten Kassen aus der Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 an sie herauszugeben , hat es zurückgewiesen. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage, soweit sie die Erteilung eines Buchauszugs betrifft.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit dies für die Revisionsinstanz noch von Interesse ist, ausgeführt:
8
Die Beklagte wende sich vergeblich gegen ihre Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB. Ihr Einwand, der Unternehmer könne nicht zu Angaben verurteilt werden, die er nicht machen könne, gehe fehl, weil der Anspruch auf einen Buchauszug immer nur auf das gehe, was sich aus den Büchern des Unternehmers zum Zeitpunkt der Ausstellung des Buchauszuges über die Geschäfte, für die dem Handelsvertreter Provision zustehe , ergebe. Soweit das Landgericht die Aufnahme näher bestimmter Angaben in den Buchauszug gefordert habe, stehe die Verurteilung deshalb unter dem Vorbehalt, dass sich diese Angaben aus den Büchern der Beklagten ergäben.
9
Auch der Einwand der Beklagten, der Kläger habe mit den auf der Station angefallenen Belegen, aus denen sich alles für die Provisionsberechnung Nötige ergebe, einen Buchauszug bereits (gehabt), der Buchauszug sei damit in Form eines Urbelegs schon mit allen Detailangaben durch den Kläger selbst für die Beklagte erstellt worden, überzeuge nicht. Denn damit wisse der Kläger nicht, was sich aus den Büchern der Beklagten ergebe, insbesondere dann nicht, wenn er die Unterlagen nicht oder nicht vollständig aufbewahrt habe.
10
Die Hilfswiderklage der Beklagten sei unzulässig, da sie nicht auf Tatsachen gestützt werden könne, die der Senat der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nach § 529 ZPO zugrunde zu legen habe (§ 533 Nr. 2 ZPO).

II.

11
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision, die sich nur gegen die Zuerkennung eines Anspruchs aus § 87c Abs. 2 HGB richtet, nicht stand. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs gemäß § 87c Abs. 2 HGB nicht zu.
12
1. Dabei kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht – wie die Revision meint – im Erkenntnisverfahren Feststellungen zu dem Einwand der Beklagten hätte treffen müssen, es sei ihr nicht möglich, die nach dem landgerichtlichen Urteil geschuldeten Angaben zu machen (§ 275 Abs. 1 BGB), weil die Daten in ihrem Hause nicht mehr vorhanden, sondern bei einem anderen Unternehmen archiviert seien, von dem sie sich inzwischen getrennt habe, und weil zudem kein Programmierer mehr verfügbar sei, der die in einem Spezialformat archivierten Datensätze wieder reaktivieren könnte. Darauf kommt es nicht an.
13
2. Denn der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs ist bereits durch Erfüllung untergegangen (§ 362 Abs. 1 BGB).
14
Der Buchauszug dient dem Zweck, dem Handelsvertreter die Möglichkeit zu verschaffen, Klarheit über seine Provisionsansprüche zu gewinnen und die vom Unternehmer erteilte Abrechnung zu überprüfen. Aus diesem Grund muss der Buchauszug eine vollständige, geordnete und übersichtliche Darstellung aller – sich im Zeitpunkt seiner Aufstellung aus den Büchern des Unternehmers ergebenden – Angaben enthalten, die für die Provision von Bedeutung sind, die der Handelsvertreter mithin zur Überprüfung der Provisionsansprüche benötigt (Senatsurteile vom 21. März 2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333, unter II; vom 20. September 2006 – VIII ZR 100/05, WM 2007, 177 = NJW-RR 2007, 246, Tz. 17).
15
Welche Angaben über die Geschäfte für die Provision des Handelsvertreters im Einzelfall relevant sind, hängt von der zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer geltenden Provisionsregelung ab (Senatsurteil vom 21. März 2001, aaO). Diese ergibt sich in erster Linie aus der zwischen ihnen getroffenen Provisionsvereinbarung und aus den zwingenden gesetzlichen Regelungen (§ 87a Abs. 2 bis 4 HGB) sowie, soweit eine besondere Vereinbarung nicht getroffen wurde, aus den dispositiven gesetzlichen Vorschriften (§§ 87, 87a, 87b HGB).
16
Die Revision macht unter Hinweis auf entsprechenden Sachvortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz zu Recht geltend, dass der Kläger alle danach in einen Buchauszug aufzunehmenden Informationen mit den von ihm selbst erstellten Kassenjournalen in der gebotenen Form bereits erhalten hat.
17
a) In den Kassenjournalen, die die Beklagte als Anlage BB 1 zum Schriftsatz vom 28. Mai 2003 in der Berufungsinstanz beispielhaft vorgelegt hat, sind die Geschäftsvorfälle in chronologischer Reihenfolge aufgelistet. Dabei sind zu jedem Geschäftsvorfall alle Angaben enthalten, die der Kläger zur Berechnung seiner Provision benötigt bzw. die ihm nach der Auffassung des Berufungsgerichts im Wege eines Buchauszugs noch zur Verfügung gestellt werden sollen.
18
aa) Zu den Kraftstoffverkäufen sind angegeben: Datum und Uhrzeit des Geschäftsvorfalls, die Art des Kraftstoffs (Normal bleifrei, Super bleifrei, Super plus, Diesel), der Preis pro Liter Kraftstoff für den Kunden, die Tankmenge, der vom Kunden gezahlte Gesamtpreis und die Zahlungsart (bar, Stationskredit, EC mit Kontodaten und Verfalldatum, Kreditkarte einschließlich Namen des Kreditkartenunternehmens , Kartennummer, Verfalldatum und Namen des Kunden). In den als Beispiel zu den Akten gereichten Kassenjournalen findet sich zwar kein Geschäftsvorfall, bei dem DKV-, UTA- oder PAN-Karten zum Einsatz gekommen sind. Nach dem Vortrag der Beklagten werden aber alle, also auch diese Kartentypen als Zahlungsart in den Kassenjournalen ausgewiesen. Mit den genannten Angaben ist der Kläger ohne weiteres in der Lage, die Abrechnung der mengenabhängigen Provision für Kraftstoffverkäufe einschließlich der Provisionsminderung für Auslieferungen an DKV-, UTA- und PAN-Kartenkunden gemäß § 6 Nr. 1 und 2 des Tankstellenverwaltervertrags rechnerisch nachzuvollziehen und zu überprüfen.
19
bb) Hinsichtlich der Schmierstoffverkäufe sind in den Kassenjournalen angegeben: Datum und Uhrzeit des Umsatzes, eine Kurzbezeichnung der verkauften Sorte (z. B. COM 10W-40, Getriebeöl), der Bruttopreis pro Liter, die Abgabemenge, der vom Kunden gezahlte Bruttoendpreis und – wie bei den Kraftstoffverkäufen – die Zahlungsart. Damit verfügt der Kläger über die Angaben , die er zur Kontrolle der Provisionsabrechnung anhand der Preislisten der Beklagten für Schmierstoffverkäufe entsprechend § 6 Nr. 3 des Tankstellenverwaltervertrags benötigt. Die Preislisten als solche hat der Kläger nach den – durch das Berufungsgericht in Bezug genommenen – tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts erhalten.
20
cc) Die Waschvorgänge sind in den Kassenjournalen mit Datum und Uhrzeit , Stückzahl und Bruttoendpreis pro Waschvorgang erfasst. Es fehlt zwar die unmittelbare Angabe des Netto-Umsatzes, der nach Nr. 7.1 des Vertragsnachtrags die Grundlage für die Provisionsberechnung im Waschgeschäft bildet. Dieser lässt sich jedoch aus dem Bruttoendpreis ohne weiteres errechnen, so dass der Kläger auch mit den Angaben zum Waschgeschäft in der Lage ist, die ihm zustehende Provision zu berechnen bzw. die Abrechnung durch die Beklagte zu überprüfen.
21
b) Angesichts dieser detaillierten Angaben geht der Einwand der Revisionserwiderung ins Leere, die Beklagte habe nicht dargetan, dass die vom Kläger angeblich erstellten Kassenjournale alle Angaben enthielten, die ein Buchauszug aufweisen müsse, und es fehle an substantiiertem Vortrag der Beklagten dazu, aufgrund welcher tatsächlichen Gegebenheiten der Kläger bereits über den von ihm begehrten Buchauszug verfüge. Dass die Kassenjournale, die der Kläger mit dem von ihm verwendeten Kassensystem erstellt hat, einen anderen Inhalt oder einen anderen Aufbau hätten als die von der Beklagten als Beispiel vorgelegten Kassenjournale, macht die Revisionserwiderung nicht geltend. Sie zeigt auch keinen Tatsachenvortrag des Klägers auf, aus dem sich ergäbe, dass in den Kassenjournalen des Klägers für die Provisionsberechnung relevante Angaben fehlten, die nach dem Vortrag der Beklagten darin enthalten sein sollten.
22
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Kassenjournale als Buchauszug nicht deshalb ungenügend, weil der Kläger nicht weiß, was sich aus den Büchern der Beklagten ergibt. Welche weiteren für die Berechnung der Provision erforderlichen Informationen dies sein könnten, ist nicht ersichtlich (vgl. Seetzen, WM 1985, 213, 215). Die dafür maßgeblichen Geschäfte wurden allein von dem Kläger abgeschlossen und durchgeführt. Sämtliche Einzelheiten dazu, sowohl den Gegenstand der Geschäfte als auch die Zahlung der Kunden betreffend, können der Beklagten nur von dem Kläger selbst aufgrund der von ihm erhobenen Daten zugeleitet worden sein. Dass er dabei mehr oder andere Daten weitergegeben hätte, als für ihn selbst aus den Kassenjournalen erkennbar sind oder jedenfalls waren, macht die Revisionserwiderung nicht geltend.
23
c) Anders als die Revisionserwiderung meint, genügen die Kassenjournale auch den Anforderungen, die hinsichtlich der Ordnung und der Übersichtlichkeit an einen Buchauszug zu stellen sind. Die Kassenjournale zeichnen sich dadurch aus, dass darin alle für einen Geschäftsvorfall relevanten Angaben in unmittelbarem Zusammenhang aufgeführt sind und die einzelnen Geschäftsvorfälle chronologisch erfasst sind. Zu einer weitergehenden Auswertung und Zusammenstellung der Angaben nach der Art der Geschäfte (Kraftstoffverkäufe allgemein, Dieselkraftstoffverkäufe an Direktkunden der Beklagten, Schmierstoffverkäufe , Waschgeschäft), wie sie der Kläger anstrebt, ist die Beklagte nach § 87c Abs. 2 HGB im Rahmen der Erteilung eines Buchauszugs nicht verpflichtet.
24
Der Handelsvertreter braucht sich zwar nicht darauf verweisen zu lassen, ihm übersandte Unterlagen selbst chronologisch zu ordnen und aufzubewahren , um sich daraus die für die Nachprüfung der Provisionsabrechnungen erforderlichen Informationen zusammenzusuchen (Senatsurteil vom 20. September 2006, aaO, Tz. 19). Ebenso wenig kann ihm angesonnen werden, Daten, die für ihn in dem Computersystem des Unternehmers nur vorübergehend zugänglich sind, weil es nur den jeweils aktuellen Stand der fraglichen Daten wiedergibt, zu "fixieren" und zu sammeln, um einen Gesamtüberblick zu gewinnen (Senatsurteil vom 20. September 2006, aaO, Tz. 20).
25
Dessen bedarf es jedoch aufgrund der Kassenjournale nicht. Damit verfügt der Tankstellenhalter vielmehr bereits chronologisch geordnet für jedes Geschäft über sämtliche Angaben zusammengefasst auf dem entsprechenden Abschnitt des Journals (OLG München, OLGR 2007, 387, 388; Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen durch Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 – VIII ZR 39/06), ohne dass es von seiner Seite einer weiteren Sortierung und/oder Zuordnung von Einzelinformationen zu den jeweiligen Geschäften bedarf. Insofern gilt für Kassenjournale nichts anderes als für Provisionsabrechnungen , die einen Buchauszug ersetzen können, wenn sie sich lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum – bzw. über den Zeitraum, für den der Buch- auszug begehrt wird – erstrecken und entweder alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Angaben enthalten oder der Unternehmer mit ihrer Überlassung alle Angaben macht, die für einen ordnungsgemäßen Buchauszug erforderlich sind (Senatsurteil vom 21. März 2001, aaO, unter II 4 m.w.N.).
26
d) Die Kassenjournale unterscheiden sich nur insofern von dem Regelfall eines Buchauszugs, als der Tankstellenhalter sie nicht erst "bei der Abrechnung" (§ 87c Abs. 2 HGB) durch das Mineralölunternehmen (oder danach) erhält , sondern schon vorher darüber verfügt. Das ist jedoch Folge der Besonderheit im Tankstellenverwalterverhältnis, dass das Mineralölunternehmen eine Provisionsabrechnung nur aufgrund der von dem Tankstellenhalter erfassten und ihm übermittelten Geschäftsdaten erstellen kann. Die Vorschrift des § 87c Abs. 2 HGB geht dagegen erkennbar von der Situation aus, dass die Informationen über die für den Provisionsanspruch maßgeblichen Umstände infolge des eigenen Abschlusses und/oder der eigenen Durchführung des den Anspruch auslösenden Geschäfts durch den Unternehmer nur diesem bekannt sind und sich die Kenntnisse des Handelsvertreters darüber auf dasjenige beschränken, was ihm vom Unternehmer zu dem Geschäft mitgeteilt worden ist (Begründung zum Regierungsentwurf des HGB, in: Schubert/Schmiedel/Krampe, Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd. II, Halbbd. 1, 1987, S. 60; Senatsurteil vom 21. März 2001, aaO, unter II 2 a).
27
Nach dem Zweck der Vorschrift ist es deshalb nicht geboten, dass dem Tankstellenhalter die von ihm selbst erhobenen und an das Mineralölunternehmen weitergeleiteten Daten nach oder bei der Provisionsabrechnung von diesem erneut zur Verfügung gestellt werden, wenn sie ihm – wie hier – in einer Form, die den Ansprüchen an einen Buchauszug genügt, bereits vorliegen. Da über die Provisionen mangels anderweitiger Vereinbarungen monatlich, spätestens zum Ende des nächsten Monats, von dem Unternehmer abzurechnen ist (§ 87c Abs. 1 HGB) und die Beklagte nach den Feststellungen des Landgerichts , auf die das Berufungsgericht verwiesen hat, auch tatsächlich monatlich Abrechnungen erteilt hat, war dem Kläger – unabhängig von einer etwaigen gesetzlichen Aufbewahrungspflicht gemäß §§ 257 ff. HGB – vielmehr zuzumuten , die Kassenjournale jedenfalls bis zur jeweiligen Abrechnung durch die Beklagte aufzubewahren, um diese anhand der in den Kassenjournalen zusammengefassten Informationen über die einzelnen Geschäftsvorfälle überprüfen zu können.
28
e) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er über die Kassenjournale jetzt nicht mehr oder nicht mehr vollständig verfügt. Der Anspruch auf einen Buchauszug entsteht nicht erst bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses , sondern wird bei der Abrechnung fällig (§ 87c Abs. 2 HGB). Der Buchauszug kann daher ebenso wie die Abrechnung zeitabschnittsweise erteilt werden und braucht weder den gesamten Vertragszeitraum noch das letzte Vertragsjahr auf einmal zu umfassen. Damit ist der Anspruch auf einen Buchauszug für den entsprechenden Zeitabschnitt gemäß § 362 Abs. 1 BGB erfüllt, ohne dass es noch darauf ankommt, ob oder wie lange der Handelsvertreter die von dem Unternehmer übermittelten Angaben zu den provisionsrelevanten Umständen aufbewahrt. Entsprechendes gilt für die Kassenjournale. Soweit der Anspruch auf einen Buchauszug damit erfüllt ist, kann der Tankstellenhalter nicht bei Beendigung des Vertrages erneut einen Buchauszug fordern, auch nicht zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs.
29
Hier haben dem Kläger mit den Kassenjournalen tageweise die in einen Buchauszug aufzunehmenden Informationen in der dafür erforderlichen Form zur Verfügung gestanden. Anhand dieser Informationen hätte er die Monatsabrechnungen der Beklagten kontrollieren können. Dass er die Journale ohne vorherige Überprüfung der Abrechnungen beseitigt hat oder sie ihm abhanden gekommen sind, begründet keinen – erneuten – Anspruch auf einen Buchauszug.

III.

30
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben und ist aufzuheben , soweit hinsichtlich des Anspruchs auf Buchauszug zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf und die Sache deshalb zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auf die Berufung der Beklagten ist das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und die Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Buchauszug insgesamt abzuweisen. Ball Wiechers Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 26.02.2003 - 101 O 1/02 -
KG Berlin, Entscheidung vom 11.08.2005 - 23 U 61/03 -

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 171/08 Verkündet am:
15. Juli 2009
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Berechnung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters
kann der Anteil des Umsatzes und der Provisionseinnahmen, der auf Geschäfte mit
Stammkunden entfällt, für Barzahler auf der Basis der Geschäfte mit Kartenzahlern
(EC-Karten, Kreditkarten, Tankkarten) hochgerechnet werden. Dabei sind solche
Karten auszunehmen, bei denen an der betreffenden Tankstelle konkrete Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass sie von Kunden eingesetzt werden, die ihrer Art nach
nicht mit derselben Häufigkeit und in demselben Umfang Bargeschäfte tätigen.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 171/08 - OLG Hamm
LG Bochum
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Dr. Frellesen, die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger sowie den Richter
Dr. Achilles

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. Mai 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin war Pächterin einer Autobahnraststätte der T. & R. GmbH & Co. KG an der Autobahn A in der Nähe von E. . Die T. & R. GmbH & Co. KG hatte der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) das Recht eingeräumt, über den jeweiligen Pächter Kraftstoffe an der Tankstelle der Raststätte zu vertreiben. Die Klägerin und die Beklagte schlossen am 3./14. Mai 1992 einen Vertriebsvertrag, aufgrund dessen die Klägerin im Namen und für Rechnung der Beklagten als deren Handelsvertreter den Verkauf von Kraft- und Schmierstoffen an der Tankstelle übernahm.
In der Zeit zwischen dem 1. Juli 2002 und dem 30. Juni 2003 bezog sie von der Beklagten Provision in Höhe von 134.000 €.
2
Zum 30. Juni 2003 kündigte die T. & R. GmbH & Co. KG das Pachtverhältnis mit der Klägerin und vereinbarte mit dieser zum selben Zeitpunkt die einvernehmliche Aufhebung des Pachtvertrags. Damit endete nach § 2 Buchst. c des Vertriebsvertrags auch das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Die Beklagte schloss einen Vertriebsvertrag mit dem neuen Pächter. Die Klägerin begehrte mit Schreiben vom 3. Juni 2004 von der Beklagten Handelsvertreterausgleich , den die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juni 2004 ablehnte.
3
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin zunächst Handelsvertreterausgleich in Höhe von 38.726,10 € nebst Zinsen sowie Kosten von 1.767,50 € für die Einholung eines Privatgutachtens geltend gemacht. Das Landgericht hat der Klägerin unter Abweisung der Klage im Übrigen einen Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in Höhe von 8.975,37 € nebst Zinsen zuerkannt. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von Handelsvertreterausgleich in Höhe von insgesamt 19.066,97 € nebst Zinsen verurteilt. Die weitergehende Berufung hat es mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage wegen der Nebenforderung von 1.767,50 € unzulässig sei. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision hat Erfolg.

I.

5
Das Berufungsgericht hat, soweit dies für die Revisionsinstanz noch von Interesse ist, zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
6
Der Klägerin stehe gemäß § 89b HGB ein Anspruch auf Handelsvertreterausgleich in Höhe von 19.066,97 € zu. Der Berechnung des Ausgleichsanspruchs sei die letzte Jahresprovision von 134.000 € zugrundezulegen. Davon seien 10% für verwaltende Tätigkeiten abzuziehen. Von der für werbende Tätigkeiten gezahlten Jahresprovision sei nur der Teil zu berücksichtigen, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten habe, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsbeziehung im Sinne von § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB bestehe.
7
Stammkunde eines Tankstellenhalters sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 12. September 2007 - VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475, Tz. 35 ff.) jeder, der mindestens viermal im Jahr bei derselben Tankstelle tanke. Für die gemäß § 287 ZPO gebotene Schätzung des auf Stammkunden entfallenden Anteils am Umsatz seien die elektronisch erfassten Kartenumsätze heranzuziehen. Anhand dieser Umsätze könne ermittelt werden, ob mit den Karten mehrfach in einem bestimmten Zeitraum getankt worden sei, und der Umsatzanteil der Mehrfachkunden an dem Umsatz der gesamten Kartenkundschaft festgestellt werden. Dieser Umsatzanteil könne auf die Barzahler hochgerechnet werden, weil es keine in den Verhältnissen der konkreten Tankstelle der Klägerin begründeten Anhaltspunkte dafür gebe, dass die aus den Karten- umsätzen gewonnenen Erkenntnisse über Mehrfachkunden eine ungeeignete Schätzungsgrundlage seien.
8
Eine Differenzierung zwischen den bei der Tankstelle der Klägerin eingesetzten Karten (EC-Karten, T+E-Karten, Tankkarten, W. Card, Routex und A. -Card) sei dafür nicht geboten. Es sei vertretbar, im Regelfall auf eine Unterscheidung zwischen den Karten, mit denen aufgrund einer vom Mineralölunternehmen eingeräumten Vergünstigung preiswerter an den Markentankstellen des Unternehmens getankt werden könne, und den Karten, mit deren Einsatz keine kraftstoffmarkenbezogenen Vergünstigungen verbunden seien , ebenso zu verzichten wie auf eine Differenzierung zwischen den möglicherweise unterschiedlichen Kundeninteressen, die zum Einsatz einer Kreditkarte oder einer EC-Karte führten. Denn jeder Tankkunde könne die Kaufpreisforderung des Tankstellenbetreibers auch mit Bargeld statt mit dem Einsatz seiner Karte bezahlen, sei also ein "potentieller" barzahlender Kunde.
9
Bei sogenannten Flotten- und Firmenkundenkarten sei für die Stammkundeneigenschaft auf die einzelne Karte, nicht auf den juristischen Großkunden abzustellen, der mehrere Karten habe. Dafür spreche, dass der vom Tankstellenbetreiber vermittelte provisionspflichtige Kaufvertrag (Umsatz) erst mit dem Einsatz der Karte bei der Tankstelle und nicht schon aufgrund früherer Rahmenvereinbarungen des Unternehmens mit einzelnen Großkunden zustande komme.
10
Diese Handhabung führe zwar zu einer in gewissem Umfang pauschalierten Betrachtung der Kundenbeziehungen. Es sei jedoch nicht sachgerecht, die Höhe des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters im Regelfall und nicht nur in Fällen, in denen Besonderheiten der konkreten Tankstelle eine besondere Betrachtung erforderten, mit sehr kleinteiligen Berechnungen zu ermit- teln, weil es um das Schaffen einer Schätzungsgrundlage im Sinne von § 287 ZPO gehe. Auf der Grundlage der vorgenannten Berechnungsweise ergebe sich für die Tankstelle der Klägerin ein Stammkundenumsatzanteil von 8,37%.
11
Mangels ausreichender Anhaltspunkte für die tatsächlichen Kundenbewegungen sei der Verlustprognose nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB eine Abwanderungsquote von jährlich 20% zugrunde zu legen. Hieraus errechne sich in einem insgesamt fünfjährigen Abwanderungszeitraum ein Gesamtprovisionsverlust von 20% + 40% + 60% + 80% = 200%.
12
Der vom Landgericht vorgenommene Billigkeitsabzug (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB) von 10% wegen der Sogwirkung der Marke A. sei nicht zu beanstanden. Weitere Abzüge oder Zuschläge unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit seien nicht gerechtfertigt. Aus der allgemeinen Benzinpreisentwicklung lasse sich entgegen der Auffassung der Klägerin kein Billigkeitszuschlag ableiten. Auch ein Billigkeitsabzug wegen der Lage der Tankstelle an einer Bundesautobahn sei nicht gerechtfertigt. Dass Autobahntankstellen regelmäßig einen geringeren Stammkundenanteil als eine normale Straßentankstelle aufwiesen, werde bereits durch die Merkmale des Stammkundenbegriffs hinreichend erfasst. Auch die Abhängigkeit des Vertriebsvertrags vom Bestehen des Pachtvertrags führe nicht zu einem Billigkeitsabzug. Der Beklagten seien die Unternehmervorteile erhalten geblieben, weil sie mit dem Nachfolgepächter einen neuen Vertriebsvertrag habe abschließen können.
13
Die vom Landgericht nach den Barwertfaktoren von Gillardon vorgenommene Abzinsung sei sachgerecht. Zuzüglich 16% Umsatzsteuer ergebe sich danach ein der Klägerin zustehender Ausgleichsbetrag in Höhe von 19.066,97 €, der gemäß §§ 286, 288 Abs. 2 BGB ab dem 7. Juni 2004 mit 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen sei.

II.

14
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
15
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters nach § 89b HGB die letzte Jahresprovision im Kraftstoff- und Schmierstoffgeschäft zugrunde zu legen ist. Dem liegt die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 29. März 1990 - I ZR 2/89, WM 1990, 1496, unter 3 c) gemäß § 287 ZPO zulässige Schätzung zugrunde, dass die der Beklagten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses verbleibenden Vorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die die Klägerin geworben hat (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB), der Höhe nach identisch sind mit den Provisionsverlusten, die die Klägerin infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses erleidet (§ 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB). Dass die der Beklagten verbleibenden Vorteile höher zu bewerten wären, macht auch die Revisionserwiderung nicht geltend. Es kann deshalb dahinstehen, welche Rechtsfolgen sich in einem solchen Fall für den Anspruch aus § 89b HGB aus der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 26. März 2009 (Rs. C-348/07 - Turgay Semen/ Deutsche Tamoil GmbH, EuZW 2009, 304) ergeben, nach der Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. EG Nr. L 382 S. 17) dahin auszulegen ist, dass er nicht erlaubt, dass der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters in einem solchen Fall von vornherein durch seine Provisionsverluste infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses begrenzt wird.
16
2. Zutreffend ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, dass für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs von der letzten Jahresprovision nur der Teil zu berücksichtigen ist, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht (st. Rspr., Senatsurteile vom 12. September 2007, aaO, Tz. 22, und vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 159/07, VersR 2009, 355, Tz. 35, jeweils m.w.N.). Stammkunde einer Tankstelle ist entgegen der Auffassung der Revision jeder, der dort mindestens viermal im Jahr tankt, ohne dass es darauf ankommt, wie sich die Tankvorgänge auf die Quartale verteilen; Stammkunde ist also nicht nur derjenige, der tatsächlich wenigstens einmal im Quartal an der Tankstelle tankt. Das hat der Senat, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, bereits in seinem Urteil vom 12. September 2007 (aaO, Tz. 42) entschieden, indem er ausgeführt hat, als Stammkunden (Mehrfachkunden) eines Tankstellenhalters könnten im Allgemeinen die Kunden angesehen werden, die mindestens viermal im Jahr - also durchschnittlich wenigstens einmal pro Quartal - bei ihm getankt hätten. Diese Rechtsprechung hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit der Begründung bestätigt, beim vierten Tanken innerhalb eines Jahres sei - unabhängig davon, ob dies in gleichmäßigen Zeitabständen geschehe oder vier Tankvorgänge in engem zeitlichen Zusammenhang zu verzeichnen seien - in der Regel die Annahme berechtigt, dass der Kunde die Tankstelle nicht nur zufällig, sondern gezielt zum wiederholten Mal aufgesucht habe und dementsprechend eine Bindung des Kunden an die Tankstelle bestehe (Senatsurteil vom 17. Dezember 2008, aaO, Tz. 40). Daran hält der Senat fest. Eine Geschäftsverbindung im Sinne von § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB kann auch dann entstehen, wenn sich ein Kunde nicht dauerhaft im räumlichen Einzugsbereich der Tankstelle aufhält und deshalb dort nicht in gleichmäßigen zeitlichen Abständen tankt, sie aber immer dann aufsucht, wenn er sich in ihrem Umkreis befindet, und dies - wenn auch in ungleichen zeitlichen Abständen oder nur in einem der vier Quartale - wenigstens viermal im Jahr geschieht.
17
3. Das Berufungsgericht durfte ferner, anders als die Revision meint, ungeachtet der oben (unter 2) dargelegten, relativ niedrigen Anforderungen an die Tankhäufigkeit zur Begründung der Stammkundeneigenschaft die Abwanderungsquote ohne Verstoß gegen §§ 286, 287 ZPO auf 20% pro Jahr schätzen. Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 50) liegt die Annahme einer solche Abwanderungsquote auch bei einer Tankstelle, bei der die Stammkundeneigenschaft durch nur vier Tankvorgänge im Jahr begründet wird, im Rahmen des tatrichterlichen Schätzungsermessens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für die tatsächlichen Kundenbewegungen während der Vertragszeit nicht vorliegen. Solche hat die Beklagte hier in den Instanzen nicht vorgetragen. Dass Kunden, die immerhin viermal im Jahr an einer Tankstelle tanken, eher abwandern werden als solche, die eine höhere Tankfrequenz aufweisen, ist eine bloße Vermutung. Dagegen spricht, dass die geringe Tankhäufigkeit auch darauf zurückzuführen sein kann, dass diese Kunden insgesamt einen geringen Kraftstoffbedarf haben, weil sie wenig fahren, oder dass sie sich nur unregelmäßig in der Region aufhalten, die die Tankstelle bedient, und sich dadurch die vier Tankvorgänge zudem auf einen kurzen Zeitraum innerhalb eines Jahres konzentrieren können.
18
4. Von Rechtsfehlern beeinflusst ist jedoch die Ermittlung des Stammkundenumsatzanteils der Barkunden der Klägerin.
19
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 28 m.w.N.) kann der Stammkundenumsatzanteil der Barzahler im letzten Vertragsjahr auf der Grundlage des Stammkundenumsatzanteils des Teils der Kunden, die mit Kreditkarten oder vergleichbaren Karten (z.B. EC- Karten) bezahlen, geschätzt werden (§ 287 ZPO). Deren Tankvorgänge werden elektronisch erfasst und können deshalb daraufhin ausgewertet werden, ob mit ein und derselben Karte in einem bestimmten Zeitraum mehrfach getankt wurde , so dass sich der Umsatzanteil der Mehrfachkunden am Gesamtumsatz der Kartenkundschaft für einen bestimmten Zeitraum errechnen lässt. Der sich so ergebende Stammkundenumsatzanteil innerhalb der Kartenkunden kann hochgerechnet werden auf den Gesamtumsatz des letzten Vertragsjahres, falls keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass dieses Verhältnis bei den anonymen "Barzahlern" wesentlich anders ist als innerhalb der Kartenkundschaft. Davon geht auch das Berufungsgericht zutreffend aus.
20
b) Das Berufungsgericht hat der Hochrechnung sämtliche Kartenumsätze zugrunde legt, also sowohl die Umsätze mit EC-Karten und Kreditkarten als auch solche mit verschiedenen Tankkarten. Dabei hat es auf der Grundlage des revisionsrechtlich maßgeblichen Sachvortrags der Beklagten rechtsfehlerhaft (§§ 286, 287 ZPO) angenommen, dass es keine in den Verhältnissen der Tankstelle der Klägerin begründeten Anhaltspunkte dafür gebe, dass die aus allen Kartenumsätzen gewonnenen Erkenntnisse über Mehrfachkunden keine geeignete Schätzungsgrundlage für den Stammkundenumsatzanteil der Barzahler darstellten. Die Revision macht zu Recht geltend, dass die Beklagte solche Anhaltspunkte in den Instanzen vorgetragen hat, die das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen.
21
aa) Schon vor dem Landgericht hat die Beklagte - bezogen auf die Annahme , die Stammkundeneigenschaft werde erst durch sieben Tankvorgänge pro Jahr begründet - dargelegt, an der ehemaligen Tankstelle der Klägerin betrage der Stammkundenumsatzanteil von EC-Kartenkunden nur 0,98% und derjenige von Kreditkartenkunden nur 0,86%, während der Stammkundenumsatzanteil von ROUTEX-Kartenkunden bei 15,83% und derjenige von sonstigen Tankkartenkunden immerhin bei 8,30% liege. Gleichzeitig hat sie vorgetragen, dass Tankkartenkunden einen durchschnittlichen Umsatz pro Tankvorgang von 114,14 l und ROUTEX-Kartenkunden von 78,85 l aufwiesen, während er bei EC- und Kreditkartenkunden nur zwischen 41,47 l und 46,49 l liege und bei den Barumsätzen sogar nur 38,63 l betrage. Daraus hat sie zu Recht den Schluss gezogen, dass sich unter den Tank- und ROUTEX-Kartenkunden überdurchschnittlich viele LKW-Fahrer befinden, während der Durchschnittsumsatz bei Barzahlern auf PKW-Fahrer hindeutet.
22
In der Berufungsinstanz hat die Beklagte - nunmehr ausgehend von einem Stammkundenumsatz bei nur vier Tankvorgängen pro Jahr - geltend gemacht , der Stammkundenumsatzanteil von EC-Kartenkunden betrage lediglich 1,43% und derjenige von Kreditkartenkunden nur 1,99%. Dagegen liege der Stammkundenumsatzanteil von ROUTEX-Kartenkunden bei 23,46%, von A. -Card-Kunden bei 20,67%, von W. Card-Kunden bei 10,40% und von sonstigen Tankkartenkunden bei 9,20%. Der durchschnittliche Literabsatz pro Tankvorgang sei auch bei dieser Berechnung bei Tankkartenkunden (116,95 l) und ROUTEX-Kartenkunden (91,22 l) am höchsten, während er bei Barzahlern (37,79 l) noch geringer sei als bei EC-Kartenkunden (41,57 l) und Kreditkartenkunden (46,50 l).
23
Aus diesem Vortrag ergeben sich deutliche Hinweise darauf, dass es sich insbesondere bei den ROUTEX- und Tankkartenkunden an der ehemaligen Tankstelle der Klägerin um solche Kunden handelt, die ihrer Art nach nicht mit derselben Häufigkeit und in demselben Umfang Bargeschäfte tätigen, auch wenn der Gesamtumsatz der Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten etwa gleichmäßig zwischen Barzahlern und Kartenkunden aufgeteilt ist. Bei den ROUTEX- und sonstigen Tankkartenkunden ist - wie ausgeführt - aufgrund der Absatzmenge pro Tankvorgang der Schluss gerechtfertigt, dass es sich dabei vielfach um LKW-Fahrer handelt. Es ist naheliegend, dass diese von ihren Arbeitgebern ganz überwiegend mit Tankkarten ausgestattet werden, damit sie damit verbundene Vergünstigungen in Anspruch nehmen können, kein Bargeld benötigen und die Abrechnung unmittelbar im Verhältnis zum Arbeitgeber erfolgen kann. Fahrer, die aus diesem Grund über eine Tankkarte verfügen, werden diese in der Regel auch nutzen.
24
Dass sich unter den Barzahlern eine ähnliche Menge von LKW-Fahrern befindet, die keine Tankkarte haben, aber hinsichtlich ihres Tankverhaltens den ROUTEX- und sonstigen Tankkartenkunden vergleichbar sind, ist angesichts der Tatsache, dass die Absatzmenge pro Tankvorgang bei Barzahlern im Durchschnitt signifikant niedriger ist, zumindest unwahrscheinlich. Dazu bedarf es deshalb jedenfalls näherer Feststellungen, ob es auch bei den Barumsätzen an der Tankstelle der Klägerin Absatzmengen pro Tankvorgang gibt, die darauf schließen lassen, dass sich unter den Barkunden in vergleichbarer Menge LKW-Fahrer befinden, die hinsichtlich ihres Tankverhaltens den ROUTEX- und sonstigen Tankkartenkunden entsprechen.
25
Anders als das Berufungsgericht meint, sind entsprechende Feststellungen nicht deshalb entbehrlich, weil es nur um das Schaffen einer Schätzungsgrundlage im Sinne von § 287 ZPO geht. Es muss gleichwohl das Ziel sein, die Schätzung des Stammkundenumsatzanteils an die tatsächlichen Verhältnisse der konkreten Tankstelle weitestgehend anzunähern, soweit dies im Wege einer elektronischen Auswertung der vorhandenen Daten möglich ist (Senatsurteile vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 58/00, WM 2003, 491, unter B I 1 b aa, und VIII ZR 158/01, WM 2003, 499, unter II 1 b dd; vom 12. September 2007, aaO, Tz. 28).
26
bb) Entgegen der Auffassung der Revision ist allerdings - wie die Revisionserwiderung zu Recht geltend macht - kein Grund ersichtlich, die Basis für die Hochrechnung der Stammkundenumsatzanteile von Kartenkunden auf diejenigen von Barzahlern an der Tankstelle der Klägerin von vornherein auf ECKartenkunden zu verengen und dabei auch Kreditkartenkunden außer Betracht zu lassen. Bei diesen beiden Kundengruppen weichen nach dem eigenen Vortrag der Beklagten weder die Stammkundenumsatzanteile noch der durchschnittliche Absatz pro Tankvorgang erheblich voneinander ab. Sie weisen zudem beide ebenso wie Barzahler und anders als Kunden mit einer Tankkarte eines Mineralölunternehmens nicht schon von vornherein eine höhere Bindung an Tankstellen einer bestimmten Marke auf. Dafür, dass sich unter Kreditkartenkunden eine höhere Anzahl von Stammkunden befindet, hat die Beklagte keine tragfähigen Anhaltspunkte vorgetragen.
27
c) Ob bei sogenannten Flotten- und Firmenkundenkarten für die Stammkundeneigenschaft auf die einzelne Karte abzustellen ist, wie das Berufungsgericht meint, oder auf den Großkunden, der mehrere Karten hat, bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil die Revision die Auffassung des Oberlandesgerichts als ihr günstig nicht angreift.
28
5. Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft einen Billigkeitsabzug wegen der Lage der Tankstelle an einer Bundesautobahn und der hierdurch bedingten Besonderheiten der Wettbewerbssituation abgelehnt. Die Zahlung eines Ausgleichs kann nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB verlangt werden, wenn und soweit dies unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entspricht. Ein Billigkeitsabschlag vom Ausgleichsbetrag kann gerechtfertigt sein, wenn für die Auswahl einer Tankstelle Gründe maßgebend sind, die nichts mit den Verkaufsbemühungen des Tankstellenhalters zu tun haben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Verkaufsbemühungen des Tankstellenhalters durch eine von der Lage der Tankstelle oder der Marke des Produkts ausgehende "Sogwirkung" in nicht unerheblichem Maße gefördert werden (vgl. Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 53; BGH, Urteil vom 29. November 1984 - I ZR 149/82, BB 1985, 353, unter II 2). Die Abwägung der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des Tankstellenhalters einerseits und der "Sogwirkung" von Lage, Marke oder Preis andererseits gehört indes zum Kernbereich des tatrichterlichen Schätzungsermessens im Rahmen der Billigkeitsprüfung nach § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB (Senatsurteile vom 12. September 2007, aaO, Tz. 54; vom 10. Juli 2002 - VIII ZR 158/01, aaO, unter II 4; vom 26. Februar 1997 - VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503, unter C I 4, insoweit in BGHZ 135, 14, nicht abgedruckt). Die Erwägungen, die das Berufungsgericht hierzu angestellt hat, lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Das gefundene Ergebnis hält sich in den Grenzen des tatrichterlich Vertretbaren.
29
Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Billigkeitsabschlag nicht gerechtfertigt, weil sich die besondere Wettbewerbssituation von Autobahntankstellen regelmäßig darin niederschlägt, dass sie einen geringeren Stammkundenanteil als eine normale Straßentankstelle ausweisen, und dies bereits durch die Merkmale des Stammkundenbegriffs hinreichend erfasst wird. Dem hält die Revision vergeblich entgegen, das Berufungsgericht habe damit den Vortrag der Beklagten nicht ausgeschöpft, nach dem der Halter einer Autobahntankstelle aufgrund einer monopolähnlichen Stellung kaum die Möglichkeit habe , seinen Absatz durch Werbemaßnahmen oder einen besonderen Service zu steigern, sondern lediglich am Rande der Autobahn sitzen und auf Kundschaft warten müsse. Zum einen steht, worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist , auch der Betreiber einer Autobahntankstelle in Konkurrenz zu den vor und hinter seiner eigenen gelegenen sonstigen Autobahntankstellen sowie zu Autohöfen und Straßentankstellen in unmittelbarer Umgebung der Autobahn, auf die die Kunden durch eine entsprechende Ausschilderung oder Navigati- onssysteme hingewiesen werden. Zum andern schließt es die Lage von Autobahntankstellen nicht aus, dass es ihren Betreibern jedenfalls in eingeschränktem Umfang gelingt, Stammkunden zu werben, zum Beispiel durch für Fernfahrer oder Omnibusunternehmen besonders attraktive gastronomische Leistungen in der mit der Tankstelle verbundenen Raststätte. Dass die so geworbene Zahl von Stammkunden möglicherweise hinter derjenigen einer Straßentankstelle zurückbleibt, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als durch eine niedrigere Stammkundenquote erfasst angesehen.

III.

30
Das Berufungsurteil kann nach alledem insgesamt keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil es, wie ausgeführt, gegebenenfalls auf der Grundlage ergänzenden Sachvortrags der Parteien weiterer tatsächlicher Feststellungen zum Stammkundenumsatzanteil der Barzahler bedarf. Sie ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ball Dr. Frellesen Hermanns Dr. Milger Dr. Achilles
Vorinstanzen:
LG Bochum, Entscheidung vom 05.09.2007 - 13 O 111/04 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 29.05.2008 - 18 U 164/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 159/07 Verkündet am:
17. Dezember 2008
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Mineralölunternehmen kann das Vertragsverhältnis mit einem Tankstellenhalter
, der als Handelsvertreter Kraftstoff entgegen einer ihm kurz zuvor erteilten
Weisung auf Kredit verkauft hat, nicht ohne vorherige Abmahnung aus wichtigem
Grund kündigen, wenn es die Kreditgewährung über Jahre geduldet und gefördert
hatte und der Tankstellenhalter die Kreditgewährung aufgrund der Weisung
bereits erheblich vermindert hat.

b) Als Stammkunden (Mehrfachkunden) eines Tankstellenhalters können im Allgemeinen
die Kunden angesehen werden, die mindestens vier Mal im Jahr – also
durchschnittlich wenigstens ein Mal pro Quartal – bei ihm getankt haben (Bestätigung
von BGH, Urteil vom 12. September 2007 – VIII ZR 194/06). Dafür ist nicht
erforderlich, dass der Mehrfachkunde tatsächlich mindestens einmal im Quartal
an der Station getankt hat.
BGH, Urteil vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 159/07 - KG Berlin
LG Berlin
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Dezember 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter
Wiechers sowie die Richterinnen Hermanns, Dr. Milger und Dr. Hessel

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 21. Mai 2007 wird als unzulässig verworfen , soweit sich das Rechtsmittel gegen die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen richtet. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um wechselseitige Ansprüche nach Beendigung eines Tankstellen-Verwalter-Vertrages, auf dessen Grundlage der Kläger ab 1992 eine Tankstelle der Beklagten betrieben hatte.
2
Der ursprünglich zwischen den Parteien geschlossene Vertrag vom 18. Juni 1991 enthält folgende Klauseln: "§ 2 – Vertrieb 1. Agenturverkauf Der Vertrieb von Kraft- und Schmierstoffen sowie sonstiger im Rahmen des Agenturverhältnisses von E. (Beklagte) gelieferter Produkte erfolgt im Namen und für Rechnung von E. … Die Verkäufe dürfen nur gegen bar erfolgen. Schließt Verwalter dennoch Kreditgeschäfte ab, so haftet er als Gesamtschuldner neben dem Käufer für den Gegenwert. …Der Gegenwert aus einem Kreditgeschäft ist unabhängig vom Zeitpunkt der Vereinnahmung wie bei einem Barverkauf täglich an E. einzuzahlen. … § 3 – Abrechnung Die aus dem Agenturverkauf eingenommenen Gelder gehen unmittelbar in das Eigentum von E. über, sind gesondert aufzubewahren und auf ein von E. zu benennendes Konto täglich einzuzahlen. …"
3
Durch Vertrag vom 29. November/4. Dezember 2002 haben die Parteien die Vereinbarungen mit Wirkung vom 1. Januar 2003 durch folgende Klauseln ersetzt: "§ 3 – Vertrieb 1. Agenturverkauf Der Vertrieb von Kraft- und Schmierstoffen, Frostschutz sowie sonstiger im Rahmen des Agenturverhältnisses zur Verfügung gestellter Produkte erfolgt ausschließlich im Namen und für Rechnung von T. (Beklagte ) … Die Verkäufe dürfen nur gegen bar oder von T. genehmigte bargeldlose Zahlungsmittel erfolgen. § 5 – Abrechnung Die aus dem Agenturverkauf eingenommenen Gelder gehen unmittelbar in das Eigentum von T. über, und sind auf ein von der T. zu benennendes Konto (Sonderkonto) gemäß Anlage 5 täglich einzuzahlen."
4
Abweichend von den vorgenannten Vertragsbedingungen gestattete der Kläger einem Teil seiner Kunden, insbesondere Speditionen oder Taxiunternehmen , eine Bezahlung der bezogenen Kraftstoffe auf Monatsrechnung und kreditierte damit die entsprechenden Forderungen. Mit Schreiben vom 23. April 2003 forderte die Beklagte den Kläger auf, diese Kreditverkäufe bis zum 30. April 2003 einzustellen. Im Mai 2003 erfolgten durch den Kläger noch Kreditverkäufe im Umfang von knapp 10.000 €; zuvor hatte deren Umfang zwischen 40.000 € und 80.000 € monatlich betragen.
5
Mit Schreiben vom 16. Juni 2003 erklärte die Beklagte die außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses zum 23. Juni 2003 und begründete dies mit einer Unterdeckung des Agenturkontos. Die Unterdeckung war im Wesentlichen auf Umsätze zurückzuführen, die der Kläger aufgrund der von ihm gewährten Kredite noch nicht vereinnahmt hatte.
6
Der Kläger hält die Kündigung für unberechtigt. Mit der Klage hat er unter anderem einen erstrangigen Teilbetrag von 10.000 € als Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns sowie einen zweitrangigen Teilbetrag von 11.000 € als Handelsvertreterausgleich – jeweils nebst Zinsen – verlangt. Die Beklagte hat widerklagend Zahlung einer unstreitigen Gegenforderung von 61.939,78 € nebst Zinsen begehrt; gegenüber diesem Anspruch hat der Kläger die Aufrechnung mit dem erstrangigen Teilbetrag des Handelsvertreterausgleichs erklärt. Das Landgericht hat die Klage, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse , abgewiesen und der Widerklage – Zug um Zug gegen Herausgabe einer auf der Tankstelle befindlichen Verkabelung – stattgegeben.
7
Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 21.000 € nebst Zinsen zu zahlen; die Widerklage hat es abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren und ihren Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

9
Das Berufungsgericht (KG Berlin, DB 2007, 1355, nur Ls.) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse , im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Beklagte schulde dem Kläger Schadensersatz, weil sie nicht berechtigt gewesen sei, den Tankstellenpachtvertrag fristlos zu kündigen und die Tankstelle am 23. Juni 2003 statt zu dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens einer ordentlichen Kündigung am 31. Dezember 2003 zu übernehmen. Deshalb entfalle auch ein Anspruch des Klägers auf Handelsvertreterausgleich (§ 89b Abs. 1 HGB) nicht gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB.
11
Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei eine Allgemeine Geschäftsbedingung, wonach der Tankstellenpächter die Tagesumsätze sofort auf ein Agenturkonto einzuzahlen und damit an die Verpächterin abzuführen habe, auch wenn diese aufgrund erfolgter Kreditierung noch nicht vereinnahmt worden seien, wegen unangemessener Benachteiligung des Pächters unwirksam. Es liege im Interesse beider Vertragsparteien, bestimmten Großkunden deren Einkäufe zu kreditieren und es könne nicht die alleinige Pflicht des Handelsvertreters sein, diese Kreditierungen vorzufinanzieren.
12
So liege der Fall auch hier. Sowohl der ursprüngliche als auch der modifizierte Tankstellen-Verwalter-Vertrag hätten die Vereinbarung enthalten, dass der Kläger tägliche Belastungen seines Agenturkontos auch mit den kreditierten Verkäufen hinzunehmen habe. Da diese Vereinbarung unwirksam sei, könne dem Kläger die Unterdeckung des Agenturkontos nicht vorgeworfen werden, weil diese zum überwiegenden Teil auf der unberechtigten, weil verfrühten Belastung des Klägers mit den kreditierten Verkäufen beruht habe.
13
Selbst wenn die Kündigung auch auf die fortgesetzten Kreditverkäufe gestützt würde, verhelfe ihr dies nicht zum Erfolg. Da die Klausel in dem Tankstellen -Verwalter-Vertrag, mit der dem Kläger diese Kreditverkäufe untersagt werden, wirkungslos sei, hätte es zur Untersagung dieser Praxis einer grundsätzlich zulässigen Weisung bedurft. Eine solche Weisung habe die Beklagte gegenüber dem Kläger erstmals mit ihrem Schreiben vom 23. April 2003 erteilt. Die Beklagte habe ihre fristlose Kündigung nicht auf einen Verstoß gegen diese Weisung stützen können, ohne den Kläger zumindest vorher noch einmal abgemahnt zu haben.
14
Der gemäß § 287 ZPO aufgrund der eingereichten Geschäftsunterlagen geschätzte Schadensersatzanspruch des Klägers auf entgangenen Gewinn gemäß §§ 249, 252 BGB betrage für die Monate Juli bis Dezember 2003 14.217,33 €, sodass der mit der Klage geltend gemachte erstrangige Teilbetrag von 10.000 € begründet sei.
15
Der Kläger habe ferner aus § 89b Abs. 1 HGB Anspruch auf Zahlung von Handelsvertreterausgleich in Höhe eines zweitrangigen Teilbetrages von 11.000 €. Dem Tankstellenpächter als Handelsvertreter im Sinne der §§ 84 ff. HGB stehe nach ständiger Rechtsprechung ein Anspruch aus § 89b HGB zu.
16
Bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs gemäß § 89b Abs. 1 HGB sei von einem gemäß § 287 ZPO zu schätzenden Stammkundenanteil von insgesamt 71,96 % an dem Umsatz der Tankstelle auszugehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei zur Ermittlung des Stammkundenanteils am Umsatz einer Tankstelle eine Schätzung vorzunehmen, weil aufgrund des anonymen Massengeschäfts keine gesicherten Erkenntnisse vorlägen. Maß- geblicher Zeitraum sei das letzte Jahr. Stammkunden seien Mehrfachkunden, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraums, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen sei, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen hätten oder voraussichtlich abschließen würden. Mehr als einmal könne auch bedeuten, dass jeder als Stammkunde anzusehen sei, der mindestens vier Mal getankt habe. Aus den ausgewerteten Daten, die der Kläger zur Verfügung gestellt habe, rechne das Berufungsgericht mit den Daten der Kunden, die mindestens vier Mal die Tankstelle des Klägers aufgesucht hätten.
17
Auf der Grundlage der unstreitigen Jahresprovision des Klägers für den Zeitraum vom 1. Juni 2002 bis 31. Mai 2003 in Höhe von 97.859,93 € ergebe sich danach unter Berücksichtigung eines Anteils von 10 % für vermittlungsfremde , verwaltende Tätigkeit, eines Prognosezeitraums von vier Jahren, einer jährlichen Abwanderungsquote von 20 %, eines weiteren Abzugs von 10 % wegen der Sogwirkung der Marke der Beklagten und der erforderlichen Abzinsung ein Ausgleichsanspruch des Klägers, der über der nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre seiner Tätigkeit berechneten Jahresprovision von 108.620,51 € liege, auf die der Anspruch des Klägers demnach nach § 89b Abs. 2 HGB beschränkt sei.
18
Die Parteien seien darüber einig, dass der Kläger der Beklagten noch 61.939,78 € schulde. Gegenüber diesem Anspruch der Beklagten habe der Kläger mit einem erstrangigen Teilbetrag seines Ausgleichsanspruchs die Aufrechnung erklärt, sodass der Anspruch der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen sei und ein Ausgleichsanspruch des Klägers von 46.680,73 € verbleibe. Damit bestehe der geltend gemachte zweitrangige Teilanspruch in Höhe von 11.000 €.
19
Die Widerklage sei abzuweisen, nachdem der unstreitige Anspruch der Beklagten auf Zahlung von 61.939,78 € gemäß § 389 BGB durch die erklärte Aufrechnung des Klägers mit einem erstrangigen Teilbetrag des Anspruchs auf Zahlung von Handelsvertreterausgleich erloschen sei.

II.

20
Soweit die Beklagte sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.000 € nebst Zinsen wendet, ist die Revision unzulässig. Insoweit ist eine Zulassung der Revision weder durch das Berufungsgericht noch – auf die vorsorglich eingelegte Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung – durch den Senat erfolgt (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, 2 ZPO).
21
Zwar hat das Berufungsgericht im Tenor seiner Entscheidung die Revision zugelassen, ohne dort ausdrücklich eine Einschränkung der Zulassung zu vermerken. Es entspricht jedoch der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass sich eine wirksame Beschränkung der Zulassung auch aus der Begründung ergeben kann, die in den Entscheidungsgründen des Urteils für die Zulassung gegeben wird (BGHZ 153, 358, 360 f.; BGH, Urteil vom 9. März 2000 – III ZR 356/98 – NJW 2000, 1794, unter II 1; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 – XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351, Tz. 15, jeweils m.w.N.). Eine Zulassungsbeschränkung ist allerdings nur anzunehmen, wenn aus den Gründen mit ausreichender Klarheit hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisionsverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte, der einem Teilurteil zugänglich gewesen wäre oder auf den das Rechtsmittel hätte beschränkt werden können (BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008, aaO, Tz. 16, 21).
22
Jedenfalls letzteres trifft hier zu. Das Berufungsgericht hat die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen und ausgeführt, der Bundesgerichtshof habe sich zu den Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Berechnung des Stammkundenanteils einer Tankstelle unter Heranziehung konkreter Kassendaten noch nicht äußern können. Diese Fragen betreffen ausschließlich den Ausgleichsanspruch des Klägers gemäß § 89b HGB (und infolge der vom Kläger erklärten Aufrechnung die mit der Widerklage geltend gemachte Gegenforderung der Beklagten). Der Schadensersatzanspruch des Klägers, der einen selbständigen Streitgegenstand bildet, ist davon nicht betroffen. Das Berufungsgericht hat auch weder zum Grund noch zur Höhe des Schadensersatzanspruchs Rechtsfragen erörtert, bei denen grundsätzlicher Klärungsbedarf bestünde.

III.

23
Im Übrigen ist die Revision zulässig; die Beurteilung durch das Berufungsgericht hält aber einer rechtlichen Nachprüfung stand. Der Kläger kann als Handelsvertreter im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB von der Beklagten Zahlung eines zweitrangigen Teilbetrages in Höhe von 11.000 € als Ausgleichsanspruch gemäß § 89b Abs. 1 HGB verlangen; mit einem erstrangigen Teilbetrag des Ausgleichsanspruchs in Höhe von 61.939,78 € konnte der Kläger gegenüber der Widerklageforderung aufrechnen.
24
1. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Ausgleichsanspruch nicht gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen ist. Der Begriff des wichtigen Grundes zur Kündigung im Sinne des § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB stimmt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs inhaltlich mit dem Begriff des wichtigen Grundes im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 1 HGB überein (Senatsurteil vom 16. Februar 2000 – VIII ZR 134/99, NJW 2000, 1866, unter II 1; BGH, Urteil vom 21. März 1985 – I ZR 177/82, WM 1985, 982, unter II 1, jeweils m.w.N.). Deshalb wäre dem Kläger der Ausgleichsan- spruch nur zu versagen, wenn der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens einer ordentlichen Kündigung nicht zumutbar gewesen wäre (BGH, Urteil vom 21. März 1985, aaO, unter II 2; Senatsurteil vom 11. Januar 2006 – VIII ZR 396/03, WM 2006, 873, Tz. 13, jeweils m.w.N.). Das Revisionsgericht kann die Entscheidung des Tatrichters über das Bestehen oder Nichtbestehen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes nur in beschränktem Umfang nachprüfen. Die Wertung durch den Tatrichter bindet das Revisionsgericht grundsätzlich. Es kann den festgestellten Umständen kein größeres oder geringeres Gewicht beimessen, als es der Tatrichter für richtig gehalten hat. Die Prüfung muss sich darauf beschränken, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, ob es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat (BGH, Urteil vom 3. Juli 1986 – I ZR 171/84, WM 1986, 1413, unter II 1). Das ist hier nicht der Fall.
25
a) Rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich ein wichtiger Grund zur Kündigung für die Beklagte nicht aus der Unterdeckung des Agenturkontos ergibt, auf die die Kündigung vom 16. Juni 2003 gestützt ist und die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Wesentlichen darauf zurückzuführen war, dass der Kläger über Jahre monatlich zwischen 40.000 € und 80.000 € und im Mai 2003 noch knapp unter 10.000 € an Stationskunden kreditiert hatte.
26
Der Kläger durfte zwar die Kraft- und Schmierstoffe der Beklagten nach dem ursprünglich zwischen den Parteien geschlossenen Tankstellen-VerwalterVertrag nur gegen Barzahlung und nach dem mit Wirkung vom 1. Januar 2003 geschlossenen Vertrag nur gegen Barzahlung und von der Beklagten genehmigte bargeldlose Zahlungsmittel – unter anderem EC-Karte, bestimmte Kreditkarten sowie von der Beklagten ausgegebene Tankkarten – verkaufen. Entsprechend musste er die aus dem Agenturverkauf eingenommenen Gelder (abzüglich der Bruttoumsätze mit von der Beklagten genehmigten bargeldlosen Zahlungsmitteln, vgl. Anlage 6 Nr. 1 zum Vertrag vom 29. November/ 4. Dezember 2002) täglich auf ein Sonderkonto der Beklagten einzahlen. Nach § 2 Nr. 1 des Vertrags von 1991 war der Kläger zudem bei einem von ihm – entgegen der vertraglichen Vereinbarung – gewährten Kredit als Gesamtschuldner neben dem Käufer zur Mithaftung verpflichtet und musste er den Gegenwert aus dem Kreditgeschäft unabhängig vom Zeitpunkt der Vereinnahmung wie bei einem Barverkauf täglich an die Beklagte einzahlen.
27
Das Berufungsgericht hat jedoch – von der Revision unangegriffen – festgestellt, dass die Beklagte abweichend von diesen vertraglichen Vereinbarungen Kreditverkäufe des Klägers an Stationskunden jahrelang geduldet und aus geschäftlichen Gründen auch gefördert hat. Es kann deshalb dahinstehen, ob die formularvertragliche Beschränkung des Klägers auf den Barverkauf (ohne oder mit gleichzeitiger Zulassung bestimmter bargeldloser Zahlungsmittel) der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand hält, obwohl die Abgabe von Kraftstoff an umsatzstarke Abnehmer auf Monatsrechnung im Tankstellengewerbe seit langem gängige Praxis ist, so dass kein Tankstellenverwalter und auch kein Mineralölunternehmen im Wettbewerb um Großabnehmer von der Einräumung solcher Stationskredite absehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2005 – KZR 18/04, WM 2006, 245, unter II 2 b). Ebenso wenig bedarf einer Entscheidung , ob – eine zulässige Beschränkung auf bestimmte Zahlungsmittel vorausgesetzt – die Verpflichtung, für vertragswidrig kreditierte Beträge persönlich einzustehen und sie wie bei einem Barverkauf täglich auf das Sonderkonto der Beklagten einzuzahlen, den Tankstellenhalter unangemessen benachteiligt, wie das Berufungsgericht meint. Da die Beklagte die Kreditgewährung durch den Kläger trotz der anderslautenden vertraglichen Vereinbarungen über Jahre geduldet und zudem gefördert hat, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen, dass die dadurch eingetretene Unterdeckung auf dem Sonderkonto für Agenturgelder dem Kläger – unabhängig von den formularvertraglichen Vereinbarungen – nicht vorgeworfen werden (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2005, aaO) und die außerordentliche Kündigung durch die Beklagte deshalb nicht rechtfertigen konnte.
28
b) Auch die über den 30. April 2003 hinaus fortgesetzte Kreditgewährung durch den Kläger trotz gegenteiliger Weisung der Beklagten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht als wichtigen Grund zur Kündigung genügen lassen.
29
aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es – zumindest – einer Weisung (§ 665 BGB) bedurfte, um dem Kläger die Kreditverkäufe zu untersagen (vgl. dazu Hopt, Handelsvertreterrecht, 3. Aufl., § 86 Rdnr. 15 m.w.N.), nachdem die Beklagte nach den tatrichterlichen Feststellungen jahrelang eine von den formularvertraglichen Vereinbarungen abweichende Praxis geduldet und gefördert hatte.
30
Frei von Rechtsfehlern ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte habe eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht auf einen Verstoß gegen diese Weisung stützen können, ohne den Kläger zumindest vorher einmal abgemahnt zu haben. Eine außerordentliche Kündigung wegen eines – wie hier – dem Leistungsbereich zuzuordnenden wichtigen Grundes setzt regelmäßig eine Abmahnung voraus (Senatsurteil vom 11. Januar 2006, aaO, Tz. 16 m.w.N.). Das gilt auch im vorliegenden Fall. Nachdem die Beklagte den Kläger erst mit Schreiben vom 23. April 2003 unmissverständlich aufgefordert hatte, Kreditverkäufe an Stationskunden für Agenturware bis zum 30. April 2003 einzustellen, und dies dem Kläger zwar nicht vollständig gelungen war, er aber den Umfang der Kreditverkäufe im Mai 2003 bereits erheblich reduziert hatte, durfte die Beklagte den verbleibenden Verstoß gegen die Weisung jedenfalls nicht ohne eine vorherige Abmahnung zum Anlass nehmen, das Vertragsverhältnis fristlos zu kündigen.
31
bb) Gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, eine Weisung, keine Kreditverkäufe mehr zu tätigen, sei erstmals mit Schreiben vom 23. April 2003 erfolgt, und der Kläger sei wegen der im Mai 2003 – in deutlich eingeschränktem Umfang – dennoch gewährten Kredite nicht abgemahnt worden, wendet sich die Revision ohne Erfolg.
32
Das Berufungsgericht musste in diesem Zusammenhang nicht die Aussage des vom Kläger benannten Zeugen S. , Bezirksleiter der Beklagten, vor dem Landgericht berücksichtigen. Dieser hatte unter anderem bekundet, es habe nach dem Schreiben vom 23. April 2003 ein Gespräch zwischen dem Zeugen S. , dem Kläger und der Verkaufsleiterin F. gegeben, in dem es darum gegangen sei, dass der Kläger die Kreditierung an Kunden einstellen sollte; der Kläger habe das akzeptiert. Er, der Zeuge, habe konsequent darauf hingewirkt, dass der Kläger das Betanken auf Rechnung zurückfahre, und zwar mindestens ein halbes Jahr vor April 2003.
33
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich daraus nicht, dass der Kläger schon sechs Monate vor dem Schreiben vom 23. April 2003 eine entsprechende Weisung erhalten hätte, sodass das Schreiben als Abmahnung betrachtet werden könnte; ebenso wenig ist in dem Gespräch nach dem Schreiben vom 23. April 2003 eine Abmahnung zu sehen. Wenn durch den Zeugen konsequent darauf hingewirkt wurde, das Betanken auf Rechnung "zurückzu- fahren", liegt darin angesichts der jahrelangen Duldung durch die Beklagte keine eindeutige Weisung, die Kreditgewährung vollständig einzustellen. Das vom Zeugen geschilderte Gespräch nach dem 23. April 2003 kann, wie die Revisionserwiderung mit Recht geltend macht, schon deshalb nicht als Abmahnung betrachtet werden, weil nicht feststeht, ob dieses Gespräch nach dem 30. April 2003 stattgefunden hat. Der Zeugenaussage kann ferner nicht entnommen werden, dass dem Kläger in dem Gespräch die fortgesetzte Kreditgewährung über den 30. April 2003 hinaus als Verstoß gegen die Weisung vorgehalten wurde. Die Revision führt schließlich auch keinen Vortrag in den Tatsacheninstanzen an, aus dem sich Näheres dazu ergeben könnte.
34
2. Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs greift die Revision nur im Hinblick auf die Schätzung des Stammkundenanteils am Gesamtumsatz des Klägers an. Sie beanstandet zum einen, das Berufungsgericht gehe davon aus, dass zu den Stammkunden all diejenigen Kunden zu rechnen seien, die bei dem Kläger insgesamt – nicht nur im letzten Vertragsjahr – mindestens vier Mal getankt hätten, und zum andern, das Berufungsgericht habe nicht vorausgesetzt , dass die Kunden mindestens ein Mal pro Quartal bei dem Kläger getankt hätten. Diesen Angriffen hält das Berufungsurteil stand. Die Beurteilung durch das Berufungsgericht steht entgegen der Auffassung der Revision nicht im Widerspruch zu dem Senatsurteil vom 12. September 2007 (Vlll ZR 194/06, BB 2007, 2475).
35
a) Der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines Tankstellenhalters nach § 89b HGB ist die letzte Jahresprovision im Kraft- und Schmierstoffgeschäft zugrunde zu legen und davon nur der Teil zu berücksichtigen, den der Tankstellenhalter für Umsätze mit von ihm geworbenen Stammkunden erhalten hat, weil nur mit diesen Kunden eine Geschäftsverbindung im Sinne des § 89b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB besteht (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 6. August 1997 – VIII ZR 150/96, WM 1998, 31, unter B I 1, und VIII ZR 92/96, WM 1998, 25, unter B I 2; Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 22 m.w.N.). Als Stammkunden sind alle Mehrfachkunden anzusehen, die innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden (Senatsurteile vom 6. August 1997 – VIII ZR 150/96, aaO, unter B I 1 a und VIII ZR 92/96, aaO, unter B I 2 a; Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 36, jeweils m.w.N.). Dies ist in Bezug auf Tankstellenkunden im Allgemeinen dann zu bejahen, wenn diese mindestens vier Mal im Jahr – also durchschnittlich wenigstens ein Mal pro Quartal – bei der gleichen Tankstelle getankt haben (Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 42).
36
Als Quelle für die Ermittlung solcher Mehrfachkunden an einer bestimmten Station kommen insbesondere Belege über Zahlungsvorgänge mit Kreditkarten oder vergleichbaren Karten (z.B. EC-Karten) in Betracht. Diese Belege können daraufhin ausgewertet werden, ob mit den Karten in einem bestimmten Zeitraum mehrfach getankt wurde, sodass sich der Umsatzanteil der Mehrfachkunden am Gesamtumsatz der Kartenkundschaft für einen bestimmten Zeitraum errechnen lässt. Auf dieser Grundlage kann eine auf die konkreten Verhältnisse im letzten Vertragsjahr bezogene Schätzung erfolgen, bei der der Stammkundenumsatzanteil innerhalb der Kartenkunden auf den Gesamtumsatz hochgerechnet wird, falls keine Anhaltspunkte dafür sprechen, dass dieses Verhältnis bei den anonymen Barzahlern wesentlich anders ist als innerhalb der Kartenkundschaft (Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 28 m.w.N.).
37
b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Anders als die Revision meint, hat es dabei für die Stammkundeneigenschaft nicht bereits genügen lassen, dass der Kunde insgesamt vier Mal an der Station des Klägers getankt hat, sondern es hat vorausgesetzt, dass dies im letzten Vertragsjahr geschehen ist.
38
Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung eine vom Kläger vorgelegte "Mehrfachkunden-Analyse" der Firma D. zugrunde gelegt, in der die Kartenzahlungen an der Station des Klägers und die Monatsabrechnungen der Beklagten für den Zeitraum vom 1. Juni 2002 bis 31. Mai 2003 ausgewertet worden sind. Darin werden aus den monatlichen Abrechnungen für den Analysezeitraum die Umsätze der Tankstelle ermittelt. Diese werden einerseits aufgeteilt nach Kraftstoffumsätzen und sonstigen Umsätzen, andererseits nach den Umsätzen der Kartenzahler, der Barzahler und der Stationskreditkunden. Ferner wird in der Analyse eine Liste (tabellarische Aufstellung der Abstimmreports ) aller im Analysezeitraum erfolgten Kartenzahlungen (EC-Karten, Kreditkarten , Tankkarten) ausgewertet. In dieser Liste sind jeweils unter anderem das Buchungsdatum, die Kartennummer und der Abrechnungsbetrag der einzelnen Zahlungsvorgänge ausgewiesen; mit Hilfe dieser Daten wird festgestellt, welche – durch die Kartennummer identifizierten – Kartenkunden im Analysezeitraum die Tankstelle mehrfach aufgesucht haben. Aus den so ermittelten Mehrfachkundenanteilen an den Umsätzen der Kartenkunden hat das Berufungsgericht sodann die Mehrfachkundenanteile an den Kraftstoffumsätzen der Barzahler hochgerechnet.
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Das Berufungsgericht hat dazu zwar ausgeführt, es rechne mit den Daten der Stammkunden, die mindestens vier Mal die Tankstelle des Klägers aufgesucht hätten. Damit kann jedoch nur die Tankfrequenz im letzten Vertragsjahr gemeint sein, weil in der Mehrfachkunden-Analyse lediglich die Tankvorgänge der Kartenkunden und der Gesamtumsatz aller Kunden in der Zeit zwischen dem 1. Juni 2002 und dem 31. Mai 2003 ausgewertet worden sind. Die vom Berufungsgericht seiner Berechnung des Ausgleichsanspruchs zugrunde geleg- ten Mehrfachumsätze müssen demnach innerhalb dieses Jahres erfolgt sein. Im Übrigen hat das Berufungsgericht selbst an anderer Stelle ausgeführt, dass der maßgebliche Zeitraum das letzte Jahr sei.
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Anders als die Revision meint, setzt die Stammkundeneigenschaft nicht voraus, dass der Mehrfachkunde tatsächlich mindestens einmal im Quartal an der Station getankt hat. Beim vierten Tanken innerhalb eines Jahres ist – unabhängig davon, ob dies in gleichmäßigen Zeitabständen geschieht oder vier Tankvorgänge in engem zeitlichen Zusammenhang zu verzeichnen sind – in der Regel die Annahme berechtigt, dass der Kunde die Tankstelle nicht nur zufällig , sondern gezielt zum wiederholten Mal aufgesucht hat und dementsprechend eine Bindung des Kunden an die Tankstelle besteht. Es genügt deshalb, dass der Kunde "durchschnittlich" ein Mal pro Quartal an der Station getankt hat (Senatsurteil vom 12. September 2007, aaO, Tz. 42). Ball Wiechers Hermanns Dr. Milger Dr. Hessel
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 30.03.2005 - 101 O 20/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 21.05.2007 - 23 U 87/05 -

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit

1.
der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und
2.
die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.
Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht.

(2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend.

(3) Der Anspruch besteht nicht, wenn

1.
der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder
2.
der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder
3.
auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden.

(4) Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen.

(5) Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.