Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2013 - VIII ZR 252/12

bei uns veröffentlicht am17.04.2013
vorgehend
Amtsgericht Oranienburg, 26 C 80/10, 04.05.2011
Landgericht Neuruppin, 4 S 101/11, 11.07.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 252/12 Verkündet am:
17. April 2013
Vorusso,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß
§ 128 Abs. 2 ZPO auf die bis zum 5. März 2013 nachgelassenen Schriftsätze
durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und
Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Schneider und Dr. Bünger

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Zwangsverwalterin einer an die Beklagte vermieteten Eigentumswohnung ; sie nimmt die Beklagte auf Nachzahlung von Betriebskosten aus den Abrechnungen für die Jahre 2005 bis 2007 in Anspruch.
2
Die Klage hatte in den Vorinstanzen teilweise Erfolg. In der Revisionsinstanz streiten die Parteien nur noch über die der Beklagten in Rechnung ge- stellte Grundsteuer in Höhe von insgesamt 433,90 €. Dabei handelt es sich um den Betrag, den die Gemeinde für die Wohnung der Beklagten erhoben hat. Die Beklagte meint, dass die Klägerin diesen Betrag nicht einfach in die Abrechnung einstellen dürfe, sondern eine Umlage nach dem Anteil der Wohnfläche vornehmen müsse. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver- folgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren in Höhe des Betrages von 433,90 € weiter.

Entscheidungsgründe:

3
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

4
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
5
Die Klägerin sei zur Abrechnung der in den Grundsteuerbescheiden ausgewiesenen Beträge berechtigt. Zwar habe der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Parteivereinbarung über den Umlegungsmaßstab grundsätzlich auch dann vorrangig sei, wenn eine bestimmte Betriebskostenart, wie die Grundsteuer , den Vermieter gesondert wohnungsbezogen treffe. Anders liege der Fall jedoch, wenn Kosten des Betriebs eines Objektes, etwa bei einer Wohnungseigentumsanlage , eine Mehrzahl von Wohnungseigentümern treffe. Hier sei zu unterscheiden. Kosten, die die Wohnungseigentümer als Gemeinschaft zu zahlen hätten, seien in ihrer Gesamtheit Betriebskosten, denn auf jeden Wohnungseigentümer entfalle der seinem Anteil entsprechende Kostenbetrag. Wenn jedoch die Kosten, wie bei der Grundsteuer, dem Vermieter nicht anteilig, sondern durch separate Inanspruchnahme durch einen Gläubiger oder wie hier durch die Steuerbehörde entstünden, handele es sich nicht um Kosten, die der Gemeinschaft entstünden. Jede Eigentumswohnung bilde für sich eine wirtschaftliche Einheit. Im Bemühen um einen dem Willen der Vertragsparteien entsprechenden Ausgleich sei deshalb davon auszugehen, dass der Vermieter berechtigt sei, den allein auf die Mietwohnung entfallenden Grundsteuerbetrag abzurechnen, ohne dass ihm ein Verstoß gegen den - etwa - vereinbarten Umlegungsmaßstab vorzuhalten sei.

II.

6
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand; die Revision ist daher zurückzuweisen.
7
Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht die mit den Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2005 bis 2007 geltend gemachten Grundsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 433,90 € zuerkannt. Die Klägerin hat die von der Gemeinde für die Wohnung der Beklagten erhobene Grundsteuer korrekt - ohne weitere "Rechenoperationen" - in die Betriebskostenabrechnung als von der Beklagten geschuldete Position übernommen. Vom Mieter zu tragende Betriebskosten , die wie hier von einem Dritten (Gemeinde) speziell für die einzelne Wohnung erhoben werden, sind an den Mieter in der Betriebskostenabrechnung schlicht "weiterzuleiten" (vgl. bereits Senatsbeschlüsse vom 15. März 2011 - VIII ZR 243/10, WuM 2011, 281 Rn. 3; und vom 13. September 2011 - VIII ZR 45/11, WuM 2011, 684 Rn. 7, und - VIII ZR 69/11, juris Rn. 7).
8
Für die Anwendung eines gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Umlageschlüssels ist kein Raum, da es bei derartigen Positionen nichts umzulegen gibt. Soweit sich aus einer früheren Senatsentscheidung (Senatsurteil vom 26. Mai 2004 - VIII ZR 169/03, WuM 2004, 403 unter II 2) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat daran nicht fest. Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Oranienburg, Entscheidung vom 04.05.2011 - 26 C 80/10 -
LG Neuruppin, Entscheidung vom 11.07.2012 - 4 S 101/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2013 - VIII ZR 252/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2013 - VIII ZR 252/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V
Bundesgerichtshof Urteil, 17. Apr. 2013 - VIII ZR 252/12 zitiert 1 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

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Referenzen

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

3
a) Der Kläger hatte von den Beklagten eine Doppelhaushälfte gemietet. Auf die Abrechnung der von den Beklagten verauslagten Nebenkosten können die vom Senat für die Abrechnung einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung entwickelten Grundsätze nicht ohne weiteres übertragen werden. Denn für eine Doppelhaushälfte werden Kosten wie beispielsweise die Grundsteuer in der Regel - so auch hier - bereits von der Gemeinde gesondert ausgewiesen, so dass es eine leere Förmelei wäre, vom Vermieter zu verlangen , zunächst die Kosten der beiden Doppelhaushälften zu addieren, um die so ermittelten "Gesamtkosten" dann wiederum auf die beiden Doppelhaushälften "umzulegen". Vielmehr genügt der Vermieter in einem derartigen Fall seiner Abrechnungspflicht, wenn er die ihm für die Doppelhaushälfte gesondert in Rechnung gestellte Grundsteuer an den Mieter "weiterleitet", denn in einem solchen Fall ist eine Abrechnung - im üblichen Sinne der Verteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Mieter nach einem bestimmten Umlageschlüssel - nicht vorzunehmen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 16. April 2008 - VIII ZR 75/07, NJW 2008, 2105 Rn. 20). Das gleiche gilt für die Kosten der Wasserversorgung und der Entwässerung, die vom städtischen Versorger anhand des in der gemieteten Doppelhaushälfte abgelesenen Verbrauchs ermittelt worden sind, sowie hinsichtlich der separat für die Doppelhaushälften angefallenen Kosten der Schornsteinreinigung. Allein die Kosten der Sachversicherung sind den Beklagten vom Versicherungsunternehmen für das "Zweifamilienhaus" in Rechnung gestellt worden. Insoweit haben die Beklagten die Kosten gleichmäßig auf beide Doppelhaushälften verteilt, wie sich aus der Angabe "0,5 Haus" in den Abrechnungen ergibt. Dass die Beklagten in der hier vorliegenden "Doppelhaussituation" nur den auf die Doppelhaushälfte des Klägers entfallenden Versicherungsbetrag beziffert angegeben haben, nicht aber zusätzlich den Gesamtbetrag, der sich offensichtlich auf das Doppelte dieses Betrages beläuft, führt nicht dazu, dass die Abrechnung aus formellen Gründen unwirksam wäre.
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d) Die Grundsteuer ist von der Kommune direkt für die jeweilige Wohnung erhoben worden, so dass es eines Umlageschlüssels nicht bedurfte und die Grundsteuer lediglich "direkt" - wie in der Abrechnung auch ausgewiesen - an den Beklagten weiterzugeben war. Die Umlagefähigkeit der Kosten für Kabelfernsehen hat bereits das Amtsgericht mit eingehender und zutreffender Begründung bejaht, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.
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d) Die Grundsteuer ist von der Kommune direkt für die jeweilige Wohnung erhoben worden, so dass es eines Umlageschlüssels nicht bedurfte und die Grundsteuer lediglich "direkt" - wie in der Abrechnung auch ausgewiesen - an den Beklagten weiterzugeben war. Die Umlagefähigkeit der Kosten für Kabelfernsehen hat bereits das Amtsgericht mit eingehender und zutreffender Begründung bejaht, auf die der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt.