Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2010 - X ZR 51/06

bei uns veröffentlicht am11.05.2010
vorgehend
Bundespatentgericht, 3 Ni 25/02, 15.02.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 51/06 Verkündet am:
11. Mai 2010
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Polymerisierbare Zementmischung
EPÜ Art. 83, 138 Abs. 1 lit. b; IntPatÜbkG Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2; PatG § 99 Abs. 1;

a) Die Einbeziehung eines weiteren Nichtigkeitsgrundes (hier: unzureichende Offenbarung
) in der Berufungsinstanz, nachdem die Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht
nur auf einen oder mehrere andere der in Art. 138 Abs. 1 EPÜ, Art. II
§ 6 Abs. 1 IntPatÜbkG aufgeführten Nichtigkeitsgründe gestützt war, stellt eine
Klageänderung (objektive Klagehäufung) im Sinne der Vorschrift des § 533 Nr. 1
ZPO dar, welche nach § 99 Abs. 1 PatG auch im Patentnichtigkeitsverfahren anwendbar
ist.

b) Der Nichtigkeitskläger trägt die Beweislast dafür, dass es dem Fachmann auch
nach Kenntnisnahme der Angaben in der Beschreibung und der Zeichnungen der
Patentschrift nicht möglich ist, die beanspruchte Lehre unter Einsatz seines Fachwissens
ohne unzumutbare Schwierigkeiten auszuführen.
BGH, Urteil vom 11. Mai 2010 - X ZR 51/06 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2010 durch den Vorsitzenden Richter Scharen und die
Richter Gröning, Dr. Berger, Dr. Grabinski und Hoffmann

für Recht erkannt:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15. Februar 2006 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 219 058 (Streitpatents), das am 8. Oktober 1986 angemeldet wurde und am 8. Oktober 2006 durch Zeitablauf erloschen ist. Das Streitpatent betrifft "polymerisierbare Zementmischungen" und umfasst in der erteilten Fassung 37 Patentansprüche.
2
Die Beklagte hat die Klägerin aus dem Streitpatent wegen Patentverletzung in Anspruch genommen. Der Rechtsstreit ist derzeit in der Berufungsinstanz bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main anhängig.
3
Die Klägerin hat das Streitpatent mit einer Nichtigkeitsklage angegriffen und im Wesentlichen geltend gemacht, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht neu sei und nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Zur Begründung hat sie insbesondere auf die britische Patentanmeldung 2 094 326 (Anlage D1 und Übersetzung), die deutsche Offenlegungsschrift 28 28 381 (Anlage D4), die europäische Patentschrift 0 115 410 B1 respektive die europäische Patentanmeldung 0 115 410 A2 (Anlagen D5, D5a und Übersetzung) und die europäische Patentanmeldung 0 155 812 (Anlage D7 und Übersetzung) verwiesen. Zudem hat die Klägerin die unangemessene Breite des Patentanspruchs 1 gerügt.
4
Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent durch Urteil vom 15. Februar 2006 dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass die Patentansprüche folgende Fassung erhalten haben: "1. Polymerisierbare Zementmischungen, enthaltend
a) polymerisierbare, ungesättigte Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere, die Säuregruppen und/oder deren reaktive Säurederivatgruppen enthalten,
b) feinteilige, reaktive Füllstoffe, die mit diesen Säuren oder Säurederivaten reagieren können, nämlich Pulver von Phosphatzement (ZnO/MgO) Silikatzementen oder Ionomerzementen sowie
c) Härtungsmittel, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten a) und b) derart ausgewählt sind, dass die Säuregruppen oder Säurederivatgruppen gemäß a) mit den feinteiligen, reaktiven Füllstoffen gemäß b) ionisch zu einer Zementreaktion zu führen vermögen.
2. Mischungen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren Verbindungen mindestens zwei polymerisierbare Gruppen und mindestens zwei Säuregruppen bzw. deren reaktive Derivatgruppen enthalten.
3. Mischungen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren Verbindungen drei oder mehr po-
lymerisierbare Gruppen und drei oder mehr Säuregruppen bzw. deren reaktive Derivatgruppen enthalten.
4. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch ge- kennzeichnet, dass die polymerisierbaren ungesättigten Ver- bindungen Acryl-, Methacryl-, Vinyl-, Styryl- oder eine Mischung dieser Gruppen enthalten.
5. Mischung nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren ungesättigten Verbindungen Acryl- oder Methacrylgruppen enthalten.
6. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch ge- kennzeichnet, dass die Säuregruppen Carbonsäurereste oder deren Salze, Phosphorsäurereste der Formeln

oder deren Salze, wobei R Alkyl, Aryl oder Vinyl bedeutet, Schwefelsäurereste der Formeln - SO2H SO3H, -O-SO3H oder deren Salze oder Borsäurereste der Formeln

deren Salze, wobei R Alkyl, Aryl, Vinyl bedeutet, sind.
7. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch ge- kennzeichnet, dass die reaktiven Säurederivatgruppen in Form von Säurehalogeniden oder -anhydriden vorliegen.
8. Mischungen nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeich- net, dass das ungesättigte Monomer ein Halophosphorsäure- ester des Bis-GMA ist.
9. Mischungen nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeich- net, dass die Oligomeren oder Prepolymeren solche Verbin- dungen sind, die die polymerisierbaren ungesättigten Gruppen und die Säurereste, deren Salze oder deren reaktive Derivate an ein oligomeres oder prepolymeres Grundgerüst gebunden enthalten.
10. Mischungen nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die oligomeren oder prepolymeren Grundgerüste Homooder Copolymerisate von ethylenisch ungesättigten Monomeren sind.
11. Mischungen nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass sie poly(meth-)acrylierte Oligomaleinsäure, poly(meth-) acrylierte Polymaleinsäure, poly(meth-)acrylierte Poly(meth-) acrylsäure, poly(meth-)acrylierte Polycarbon-polyphosphonsäure , poly(meth-)acrylierte Polychlorophosphorsäure, poly (meth-)acryliertes Polysulfonat oder poly(meth-)acrylierte Polyborsäure enthalten.
12. Mischungen nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die oligomeren oder polymeren Grundgerüste Polyester, Polyamide, Polyether, Polysulfone, Polyphosphazene oder Polysaccaride sind.
13. Mischungen nach Anspruch 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet , dass die Oligomeren ein Molekulargewicht von mindestens 500 aufweisen.
14. Mischungen nach Anspruch 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet , dass die Prepolymeren ein Molekulargewicht von mindestens 1.500 aufweisen.
15. Mischungen nach Anspruch 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet , dass die Prepolymeren ein Molekulargewicht von maximal 100.000 aufweisen.
16. Mischungen nach Anspruch 9 bis 12, dadurch gekennzeichnet , dass die Prepolymeren ein Molekulargewicht von maximal 20.000 aufweisen.
17. Mischungen nach Anspruch 1 bis 16, dadurch gekennzeichnet , dass die Monomeren, Oligomeren oder Prepolyme- ren außer den Säure- und polymerisierbaren Gruppen Aldehyd -, Epoxid-, Isocyanat oder Halotriazingruppen enthalten.
18. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass sie zusätzlich andere polymerisierbare
ungesättigte Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere enthalten, die keine Säuregruppen oder deren reaktive , leicht hydrolysierbare Säurederivatgruppen aufweisen.
19. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 18, dadurch gekennzeichnet, dass sie zusätzlich andere Verbindungen enthalten, die Säuregruppen oder deren reaktive, leicht hydrolysierbare Säurederivatgruppen aufweisen, aber keine Gruppen enthalten, die ungesättigt und polymerisierbar sind.
20. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren, säuregruppen- oder säurederivatgruppenhaltigen Verbindungen in einem Anteil von mindestens 5 % der polymerisierbaren Verbindungen vorliegen.
21. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 19, dadurch gekennzeichnet, dass die polymerisierbaren säuregruppen- oder säurederivatgruppenhaltigen Verbindungen in einem Anteil von 20 % bis 60 % der polymerisierbaren Verbindungen vorliegen.
22. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 21, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzliche, im Sinne von Zementab- binderreaktionen nicht reaktive, anorganische oder organische Füllstoffe zugemischt sind.
23. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 22, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der reaktiven Füllstoffe am Gesamtfüllstoffgehalt mindestens 5 % beträgt.
24. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 22, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil der reaktiven Füllstoffe am Gesamtfüllstoffgehalt mindestens 30 % beträgt.
25. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 24, dadurch gekennzeichnet, dass der Anteil des Gesamtfüllstoffs zwi- schen 10 % und 95 % der Mischung beträgt.
26. Mischungen nach Anspruch 1 bis 25, dadurch gekennzeichnet , dass das Härtungsmittel ein Polymerisationskataly- sator oder -system ist.
27. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 26, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymerisationskatalysatorsystem lichtaktivierbar ist und aus einem Gemisch aus einem αDiketon und einem tertiären Amin und/oder einem tertiären Phosphin besteht.
28. Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 26, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymerisationskatalysatorensys- tem aus 2 getrennten Komponenten besteht, wobei die eine Komponente ein organisches Peroxid und die andere Komponente ein tertiäres Amin, eine Schwefelverbindung, in der Schwefel in der Oxidationsstufe + 2 oder + 4 vorliegt, oder ein
Gemisch der beiden ist, oder chelatbildende zweiwertige Metallionen enthält.
29. Mischungen nach Anspruch 28, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponente eines 2-Komponenten Gemisches, die die Schwefelverbindung enthält, keine polymerisierbare säure - oder säuregruppenenthaltende Verbindungen, jedoch mindestens ein polymerisierbares Monomer mit Hydroxylgruppen enthält.
30. Verwendung von Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 29 als härtbare Mischungen zum Ausfüllen, Versiegeln und Kleben von oxidischen, mineralischen, glasartigen, keramischen , metallischen und biologischen Substraten.
31. Verwendung von Mischungen nach einem der Ansprüche 1 bis 29 als haftvermittelnde Schicht zwischen oxidischem, mineralischem , glasartigem, keramischem, metallischem oder biologischem Substrat und radikalisch polymerisierbaren Kunststoffmaterialien.
32. Verwendung von Mischungen nach Anspruch 1 bis 29 zum Herstellen von ausgehärteten Formkörpern.
33. Verwendung von Mischungen nach Anspruch 1 bis 29 zur Herstellung von Produkten oder Zubereitungen für dentale und medizinische Zwecke."
5
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
6
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie vertritt die Ansicht, dass Anspruch 1 des Streitpatents auch in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts mangels Neuheit bzw. erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei. Auch den Ansprüchen 2 bis 33 komme keine eigenständige Patentfähigkeit zu.
7
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Bundespatentgerichts abzuändern, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und festzustellen, dass das Streitpatent von Anfang an unwirksam war.
8
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
9
Im Auftrag des Senats hat Univ.-Prof. Dr. rer.nat. et med.dent.habil. H . D.. , … -Universität M. , Fachbereich Medizin, Institut für Angewandte Struktur- und Mikroanalytik, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.
10
Die Klägerin hat nach Erstellung des schriftlichen Gutachtens durch den gerichtlichen Sachverständigen zusätzlich geltend gemacht, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents nicht so deutlich und vollständig offenbart sei, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Die Beklagte sieht darin eine Klageänderung, der sie nicht zustimmt, und für den Fall, dass diese als sachdienlich angesehen wird, auch inhaltlich entgegen tritt.

Entscheidungsgründe:


11
Die zulässige Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
12
I. Der von der Klägerin mit der Berufung verfolgte Feststellungsantrag ist nach Ablauf der Schutzdauer des Streitpatents im Hinblick auf den zwischen den Parteien vor dem Oberlandsgericht Frankfurt anhängigen auf das Streitpatent gestützten Verletzungsrechtsstreit unter dem Gesichtspunkt des Feststellungsinteresses zulässig.
13
II. 1. Das Streitpatent betrifft polymerisierbare Zementmischungen, insbesondere zur Verwendung in der Zahnheilkunde und Medizin.
14
In der Streitpatentschrift wird ausgeführt, dass in der Zahnmedizin eine Reihe von Zementen für verschiedene Verwendungszwecke, wie beispielsweise der Befestigung von Kronen und Inlays sowie von orthodontischen Vorrichtungen , als Wurzelkanalfüllungsmaterial, als Unterfüllungsmaterial bei der Einbringung von dentalem Restaurationsmaterial zum Schutze der Zahnpulpe oder auch in Ausnahmefällen bei Läsionen im gingivalen Bereich als Füllungsmaterial selbst Anwendung finden. Zemente für dentale und medizinische Zwecke bestehen in der Regel aus einer Mischung von feinstteiligen Metalloxiden, Metallhydroxiden , Silikatzementschmelzen oder ionenfreisetzenden Gläsern, die mit einer Anrührflüssigkeit, die im Wesentlichen Phosphorsäure oder Polycarbonsäuren oder auch Salicylsäuren enthält, zur Reaktion gebracht wird. Die Aushärtung läuft mithin über eine Ionenreaktion wie Neutralisations-, Salzbildungs -, Chelatbildungs- oder Kristallisationsreaktion ab und zwar in Wasser.
15
Je nach Verwendungszweck haben sich Zemente mehr oder minder gut bewährt. Sie sind zumeist gewebeverträglich und zeigen eine gute Haftung an der Zahnsubstanz (vgl. im Einzelnen, Streitpatentschrift, S. 2, Z. 17 ff.). Zemente haben aber auch Nachteile, nämlich vor allem Auswaschbarkeit und geringe mechanische Belastbarkeit, die dazu geführt haben, dass sie als Füllungsmaterial weitgehend durch die dauerhafteren, höher belastbaren, kantenfesteren, unlöslichen und kosmetisch vorteilhafteren, polymerisierbaren Kunststofffüllungsmaterialien , den sogenannten "Composites", ersetzt worden sind.
16
Composites bestehen nach den weiteren Darlegungen in der Streitpatentschrift im Wesentlichen aus einem polymerisierbaren Bindemittel, welches durch organische oder anorganische Füllstoffe verstärkt ist. Als polymerisierbare Bindemittel eignen sich Verbindungen mit olefinischen ungesättigten Gruppen , für dentale oder medizinische Zwecke besonders die Ester der (Meth)acrylsäure von einwertigen oder mehrwertigen Alkoholen, gegebenenfalls im Gemisch mit anderen Vinylmonomeren.
17
Als anorganische Füllstoffe dienen feinteilige Mehle aus Quarz, mikrofeiner Kieselsäure, Aluminiumoxid, Bariumgläsern und andere mineralische Teilchen , die an sich keine chemischen Bindungen mit den sie umgebenden polymerisierbaren Bindemitteln eingehen und darum meist mit einem polymerisierbaren Silan als Kopplungsmittel versehen sind, um einen guten Verbund mit den polymerisierbaren Bindemitteln zu geben. Wesentlich für Composites ist, dass ihre Aushärtung durch eine Polymerisation der olefinisch ungesättigten Gruppen des Bindemittels abläuft, und zwar als radikalische Reaktion, die keiner Gegenwart von Wasser bedarf.
18
In der Streitpatentschrift wird darauf hingewiesen, dass heutzutage zwar hauptsächlich Composites als dentales Restaurationsmaterial verwendet werden , auch deren Anwendung jedoch Grenzen gesetzt sind. Wegen Gewebeirritation oder aus Gründen der Toxizität ist die Anwendung von Composites für tiefer gehende Zahnkavitäten, bei Restauration am Gingivalsaum und am Dentin eingeschränkt. Zudem haften sie nicht an der Zahnsubstanz. In solchen Fällen werden meist Zemente auf der Basis von Polycarbonsäuren und Metalloxiden (Carboxylatzemente) oder ionenfreisetzenden Gläsern (Ionomerzemente) angewandt, die insoweit über günstigere Eigenschaften verfügen.
19
Nach den weiteren Ausführungen in der Streitpatentschrift ist versucht worden, die mechanische Festigkeit und vor allem das Löslichkeits- und Entmischungsverhalten sowie die Kompatibilität von Zementen mit Composites zu verbessern, ohne dass dies jedoch zu befriedigenden Ergebnissen geführt hat (vgl. im Einzelnen, Streitpatentschrift, S. 3, Z. 4 ff.).
20
Dem Streitpatent liegt vor diesem Hintergrund das Problem ("die Aufgabe" ) zugrunde, neue, insbesondere im Dentalbereich zu verwendende Mischungen zu finden, die einerseits über die wesentlichen Vorteilsmerkmale von Zementen auf Polycarbonsäure- oder Salicylat-Basis, nämlich eine gute Haftung an Zahn- und Knochensubstanz und gute Gewebeverträglichkeit, verfügen , andererseits aber auch die Vorteilsmerkmale von Composites, nämlich eine geringe Löslichkeit und größere mechanische Festigkeit, aufweisen, und keine ausgeprägten Entmischungserscheinungen zeigen.
21
Das soll nach Patentanspruch 1 in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts durch folgende Merkmalskombination erreicht werden: Polymerisierbare Zementmischungen enthaltend
a) Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere, diese sind a 1) polymerisierbar, a 2) ungesättigt, a 3) sie enthalten Säuregruppen und/oder deren reaktive Säurederivatgruppen;
b) Füllstoffe, diese sind b 1) feinteilig, b 2) reaktiv b 3) und können mit den Säuren oder Säurederivaten reagieren ; b 4) die Füllstoffe sind Pulver von Phosphatzement (ZnO/MgO), Silikatzementen oder Ionomerzementen;
c) Härtungsmittel;
d) die Komponenten a und b sind derart ausgewählt, dass die Säuregruppen oder Säurederivatgruppen der Stoffe gemäß a mit den feinteiligen reaktiven Füllstoffen gemäß b ionisch zu einer Zementreaktion führen vermögen.
22
Die nach Patentanspruch 1 geschützten sogenannten polymerisierbaren Zementmischungen enthalten somit einerseits Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere, die polymerisierbar und ungesättigt sind und Säuregruppen und/oder deren reaktive Säurederivatgruppen enthalten (Merkmals- gruppe a und andererseits Füllstoffe (nämlich Pulver von Phosphatzement ZnO/MgO), Silikatzementen oder Ionomerzementen), die feinteilig und reaktiv sind sowie mit den Säuren oder Säurederivaten der Monomere und/oder Oligomere und/oder Prepolymere reagieren können (Merkmalsgruppe b). Hinzu kommen nicht weiter spezifizierte Härtungsmittel (Merkmal c). Die Komponenten a und b sind derart auszuwählen, dass die Säuregruppen oder Säurederivatgruppen der Stoffe gemäß a mit den feinteiligen reaktiven Füllstoffen gemäß b ionisch zu einer Zementreaktion zu führen vermögen (Merkmal d).
23
Für den Fachmann, bei dem es sich um einen auf dem Gebiet der Entwicklung von Füllungsmaterialien tätigen Diplom-Chemiker mit Fachhochschuloder Hochschulabschluss oder approbierten Zahnarzt handelt, ergibt sich daraus , dass die unter Schutz gestellten sogenannten polymerisierbaren Zementmischungen geeignet sein sollen, eine zweifache Reaktion zu bewirken. Zum einen soll die polymerisierbare und ungesättigte Komponente a (durch einen Katalysator wie beispielsweise Erhitzen, Lichtbestrahlung oder Zugabe eines Aktivators, Streitpatentschrift, S. 10, Z. 27 ff.; vgl. auch Sachverständigengutachten , S. 31) zu einer radikalischen Polymerisationsreaktion induziert werden. Zum anderen soll durch die Auswahl der Komponenten a und b der Mischung (und nach Zugabe von Wasser) eine ionische Zementreaktion zwischen den Säuregruppen oder Säurederivatgruppen der Stoffe gemäß Merkmal a und den feinteiligen reaktiven Füllstoffen gemäß Merkmal b ermöglicht werden, die zur Bildung von vernetzten Zementstrukturen führt. Dabei ist allerdings der Umfang, in dem es infolge der Zementreaktion bei dem Endprodukt tatsächlich zur Bildung solcher Strukturen kommt, nicht weiter konkretisiert. Das fügt sich mit dem Umstand, dass Gegenstand des Patentanspruchs 1 eine Mischung ist und nicht das Endprodukt, das nach der Polymerisations- und Zementreaktion aus der Mischung entsteht. Die erfindungsgemäße Lehre fordert allein, die Komponen- ten a und b der Mischung derart auszuwählen, dass die Säuregruppen oder Säurederivatgruppen der Komponente a mit den feinteiligen reaktiven Füllstoffen der Komponente b ionisch zu einer Zementreaktion führen können, um das zu erhalten, was im Streitpatent als polymerisierbare Zementmischung bezeichnet ist. In der Streitpatentschrift heißt es in diesem Zusammenhang erläuternd , dass sich überraschenderweise gezeigt habe, dass man durch eine Kombination von einigen für die Haftung an der Zahnsubstanz entwickelten polymerisierbaren Harzmischungen mit solchen reaktiven Füllstoffen, die üblicherweise in Zementen als für die Abbindung wichtige Komponente enthalten sind, zu härtbaren Mischungen kommt, die sowohl radikalisch als auch über Ionenreaktionen aushärten. Dadurch könne eine große Palette von neuen Compositezementen erhalten werden, die verbesserte Eigenschaften und neue Möglichkeiten der Anwendung böten (Streitpatentschrift, S. 3, Z. 40 ff.).
24
Als Füllstoffe im Sinne des Merkmals b kommen demnach nur solche in Betracht, die feinteilig und reaktiv sind und dabei insbesondere mit den Säuren und/oder Säurederivaten des Merkmals a reagieren können. Nicht dazu zählen inerte Füllstoffe, wie etwa die noch im Stand der Technik bei Composites als Füllstoff verwendeten feinteiligen Mehle von Quarz, mikrofeine Kieselsäure, Aluminiumoxid, Bariumgläsern und anderen mineralischen Teilchen, die keine chemische Bindung mit den sie umgebenden polymerisierbaren Bindemitteln eingehen können und deshalb meist mit einem polymerisierbaren Silan als Kopplungsmittel versehen wurden (vgl. Streitpatentschrift, S. 2, Z. 45 ff.). Zudem muss es sich bei den Füllstoffen um Pulver von Phosphatzement (ZnO/MgO), Silikatzementen oder Ionomerzementen handeln.
25
Härtungsmittel im Sinne des Merkmals c sind solche, welche die radikalische Polymerisationsreaktion oder die Ionenreaktion auslösen bzw. beschleu- nigen können, wie beispielsweise Erhitzen, Lichtbestrahlung oder Zugabe eines Aktivators bzw. Wasser, Weinsäure oder Mellithsäure (Streitpatentschrift, S. 10, Z. 27 ff., 51 f.).
26
III. 1. Die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der unzureichenden Offenbarung (Art. 83, 138 Abs. 1 lit. b EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜbkG) durch die Klägerin erstmals in der Berufungsinstanz ist zulässig (§ 99 PatG i.V. mit § 533 Nr. 1 ZPO).
27
Die Einbeziehung eines weiteren Nichtigkeitsgrundes in der Berufungsinstanz , nachdem die Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht nur auf einen oder mehrere andere der in Art. 138 Abs. 1 EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜbkG aufgeführten Nichtigkeitsgründe gestützt war, stellt eine Klageänderung (objektive Klagehäufung) im Sinne der Vorschrift des § 533 Nr. 1 ZPO dar, welche nach § 99 Abs. 1 PatG auch im Patentnichtigkeitsverfahren anwendbar ist (Benkard/Rogge, PatG, 10. Aufl., 2006, § 22 PatG Rdn. 71; Busse/Keukenschrijver , PatG, 6. Aufl., 2003, § 83 PatG Rdn. 9, jeweils zu § 263 ZPO). Entsprechend ist in der erstmaligen Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes der unzureichenden Offenbarung (Art. 83, 138 Abs. 1 lit. b EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜbkG) durch die Klägerin im Berufungsverfahren im Anschluss an das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen eine Klageänderung zu sehen , nachdem die Klägerin ihren Antrag auf Nichtigerklärung bis dahin allein mit der fehlenden Patentfähigkeit des Streitpatentes (Art. 54, 56, 138 Abs. 1 a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG) begründet hat. Soweit die Klägerin erstinstanzlich die unangemessene Breite des Anspruchs 1 des Streitpatents in der von der Beklagten verteidigten Fassung gerügt hat, füllt dies - wie bereits das Bundespatentgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats (BGHZ 156, 179, 185 - blasenfreie Gummibahn I) zutreffend ausgeführt hat - keinen der gesetzlichen Nichtigkeitsgründe aus und damit insbesondere auch ohne Weiteres nicht den Nichtigkeitsgrund der unzureichenden Offenbarung.
28
Die Klageänderung ist sachdienlich und somit zulässig (§ 533 Nr. 1 ZPO). Die Einbeziehung des Nichtigkeitsgrundes der unzureichenden Offenbarung in das hiesige Nichtigkeitsberufungsverfahren ist sachdienlich, weil die damit verbundenen Fragen im laufenden Verfahren mitbehandelt werden konnten und eine neue Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Streitpatents vermieden wird. Zu einer zeitlichen Verzögerung des laufenden Verfahrens ist es nicht gekommen, weil die Anhörung des gerichtlichen Sachverständigen im Verhandlungstermin, die bereits im Hinblick auf den von Anfang an erhobenen Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit angeordnet worden war, dazu genutzt werden konnte, offene Fragen auch im Hinblick auf den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Offenbarung zu klären.
29
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts ist so deutlich und hinreichend offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Art. 83, 138 Abs. 1 b EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 IntPatÜbkG ).
30
a) Die Klägerin trägt vor, dass die Offenbarung des Streitpatents dem Fachmann keine ausreichende Lehre vermittelt habe, wie die polymerisierbaren , ungesättigten Säuren bzw. Säurederivate nach Merkmalsgruppe a und die feinteiligen, reaktiven Füllstoffe nach Merkmalsgruppe b auszuwählen seien, so dass sie polymerisierbare Zementmischungen ergäben, die über eine ionische Reaktion zu einem Zement führten. Um dies herauszufinden, habe der Fachmann umfangreiche und damit unzumutbare eigene Untersuchungen anstellen und selbst erfinderisch tätig werden müssen. Selbst wenn jedoch unterstellt werde, dass die Beispiele des Streitpatents Zementmischungen offenbarten, die ionisch zu einer Zementreaktion geführt hätten, so habe sich hieraus keine ausreichende Offenbarung für den gesamten beanspruchten Bereich ergeben. Die Beispiele hätten keine Verallgemeinerung dahingehend erlaubt, dass der Fachmann auf Grundlage der Beispiele wisse, wie er die Säuren bzw. Säurederivate nach Merkmalsgruppe a auszuwählen habe, damit sie mit entsprechenden reaktiven Füllstoffen der Merkmalsgruppe b zu einer ionischen Zementreaktion führen könnten.
31
Der Argumentation der Klägerin kann nicht beigetreten werden. Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (Sen.Urt. v. 14.10.1979 - X ZR 3/76, GRUR 1980, 166, 168 - Doppelachsaggregat ). Es ist also nicht erforderlich, dass bereits der Patentanspruch alle zur Ausführung der Erfindung erforderlichen Angaben enthält. Vielmehr genügt es, wenn der Fachmann die insoweit notwendigen Einzelangaben der allgemeinen Beschreibung oder den Ausführungsbeispielen entnehmen kann (Sen.Beschl. v. 16.6.1998 - X ZB 3/92, GRUR 1998, 899, 900 - Alpinski; Urt. v. 1.10.2002 - X ZR 112/99, GRUR 2003, 223, 225 - Kupplungsvorrichtung II). Nach mittels Einspruchs nicht mehr anfechtbarer Erteilung des Patents ist von einer in diesem Sinne ausreichenden Offenbarung so lange auszugehen, bis das Gegenteil nachgewiesen ist. Im Nichtigkeitsprozess führt das zur Beweislast des Klägers dafür, dass es dem Fachmann auch nach Kenntnisnahme der Angaben in der Beschreibung und der Zeichnungen der Patentschrift nicht möglich ist, die beanspruchte Lehre unter Einsatz seines Fachwissens und ohne unzumutbare Schwierigkeiten auszuführen (Busse/Keukenschrijver, aaO, § 83 PatG Rdn. 32, § 34 PatG Rdn. 301; Schulte/Moufang, PatG, 8. Aufl., 2008, § 34 PatG Rdn. 374).
32
Im Streitfall hat sich das Gegenteil nicht ergeben. Es ist zwar zutreffend, dass Patentanspruch 1 des Streitpatents - wie auch der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten wiederholt hervorhebt (Sachverständigengutachten , S. 10, Abs. 2; S. 12, Abs. 3; S. 40, Abs. 2; S. 117, Abs. 5; S. 124, Abs. 3), keine näheren Angaben zur Auswahlregel in Merkmal d entnommen werden kann, wonach die Komponenten a, also die polymerisierbaren, ungesättigten und Säuregruppen und/oder deren reaktive Säurederivate enthaltenden Monomere , Oligomere und/oder Prepolymere, und b also die feinteiligen und reaktiven Pulver von Phosphatzementen, Silikatzementen oder Ionomerzementen so auszuwählen sind, dass die Säuregruppen oder Säurederivategruppen der Stoffe gemäß a) mit den feinteiligen Füllstoffen gemäß b ionisch zu einer Zementreaktion führen können. Die Streitpatentschrift enthält jedoch mehrere Ausführungsbeispiele , in denen dem Fachmann konkrete Mischungen vorgeschlagen werden (vgl. Streitpatentschrift, S. 13 ff.). Dass diese Ausführungsbeispiele insgesamt nicht ausführbar sind, hat die Beweisaufnahme nicht ergeben.
33
Dafür, dass die Komponenten a und b derart ausgewählt worden sind, das die Säuregruppen bzw. Säurederivatgruppen der Komponente a mit den feinteiligen reaktiven Füllstoffen der Komponente b zu einer Zementreaktion zu führen vermögen, spricht etwa bei dem Beispiel 9 des Streitpatents das Quellverhalten des Probekörpers in Wasser, welches darauf hindeutet, dass sich zumindest in Teilbereichen des Probekörpers Zementstrukturen gebildet haben. Nach den Angaben in der Streitpatentschrift wurde im Hinblick die Polymerisationsschrumpfung des Probekörpers in Wasser nach 10 Minuten mit 0,0 % ge- messen. Nach 30 Minuten hat der Probekörper eine Expansion von 0,24 % gezeigt und nach 16 Stunden eine solche um 0,80 % (Streitpatentschrift, S. 16, Z. 46 ff.). Zwar hat der gerichtliche Sachverständige im Termin ausgeführt, dass im Expansionsverhalten kein wissenschaftlicher Nachweis für die Bildung zementartiger Vernetzungen in dem Probekörper liegt; er hat aber auch dargelegt, dass eine mögliche Erklärung für die Ausdehnung in der Bildung zementartiger Vernetzungen im Probekörper unter Wassereinfluss liegen kann.
34
Der gerichtliche Sachverständige hat zudem zwar kritisiert, dass die Eigenschaft "Zement" nicht durch spektroskopische (z.B. IR, XRD, etc.) Methoden nachgewiesen worden sei, zugleich aber überzeugend dargelegt, dass Angaben zur Härte von Probekörper nach in vitro Nasslagerung und zu deren in vitro Kantenfestigkeit indirekte Hinweise auf deren Vorhandensein sein können (Sachverständigengutachten, S. 118, Abs. 4). So wird in der Streitpatentschrift hinsichtlich des Beispiels 4 ausgeführt, dass der durch Mischen von zwei härtbaren Pasten auf Basis von Polymethacrylcarbonsäure und Phosphatzementpulver entstandene gehärtete Compositezement zunächst eine Barcolhärte von 51 gehabt hat. Im Stresstest (Wassertauchbäder im Wechsel von 0° C und 60° C nach 4.000 Zyklen) wies das Material keine Ermüdungserscheinungen auf, stieg die Barcolhärte auf 59 und war das Material äußerst kantenfest. Zudem haftete es sehr gut an Dentin und Schmelz von Rinderzähnen (Streitpatentschrift , S. 14, Z. 25 ff., 44 ff.). Zum Beispiel 3 heißt es in der Beschreibung, dass 30 Minuten nach dem Vermischen von zwei Pasten auf Basis von halophosphoryliertem Bis-GMA und Ionomerzementpulver eine Barcolhärte von 57 gemessen wurde, die Druckfestigkeit nach 24 h/37° C bei 2.100 kg/cm² lag und eine Löslichkeit nach 24-stündiger Lagerung im Wasser von 37° C nicht festgestellt wurde (Streitpatentschrift, S. 14, Z. 13 ff., Z. 21 ff.).
35
Schließlich liegt in der Feststellung des gerichtlichen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung, dass bei den genannten Beispielen des Streitpatents stets jedenfalls eine ionische Reaktion (Säure-Base-Reaktion) erfolgt ist, ein weiteres Indiz dafür, dass es dabei auch zur Bildung von Zementstrukturen gekommen ist.
36
b) Auch dem weiteren Argument der Klägerin, die Beispiele des Streitpatents reichten nicht aus, um die Auswahlregel nach Merkmal d im gesamten Bereich als offenbart anzusehen, weil diese den Fachmann nicht allgemein lehrten, wie er die Säuren oder Säurederivate der Merkmalsgruppe a auszuwählen habe, damit sie mit entsprechenden reaktiven Füllstoffen der Merkmalsgruppe
b) zu einer ionischen Zementreaktion führen können, kann nicht gefolgt werden. Denn nach der Rechsprechung des Senats ist es nicht erforderlich, dass alle denkbaren unter den Wortlaut des Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen ausgeführt werden können. Vielmehr genügt es regelmäßig den Anforderungen des Art. 83 EPÜ, wenn - wie für den hiesigen Fall vorstehend ausgeführt - zumindest ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung offenbart worden ist (BGHZ 147, 306 (317) - Taxol; Sen.Urt. v. 1.10.2002 - X ZR 112/99, GRUR 2003, 223, 225 - Kupplungsvorrichtung II). Ein dem Sachverhalt der Entscheidung "Thermoplastische Zusammensetzung" (BGH, Urt. v. 25.2.2010 - Xa ZR 100/05 Tz. 23, GRUR 2010, 414) vergleichbarer oder ähnlicher Fall ist hier nicht zu beurteilen.
37
IV. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts ist patentfähig (Art. 138 Abs. 1 a EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜbkG).
38
1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der genannten Fassung ist neu (Art. 54 EPÜ).
39
a) Die britische Patentanmeldung 2 094 326 (Anlage D1 und Übersetzung ) offenbart einen dentalen Ausbesserungskit oder eine Zusammensetzung zum Auskleiden oder temporären Füllen von Zahnkavitäten, umfassend Calciumhydroxid und ein polymerisierbares, organisches Bindemittel, wobei das Bindemittel ein Bisphenol-A-Glydicylmethacrylat-Präpolymer und gegebenenfalls weitere Komponenten (ein Acrylmonomer, das insbesondere ein difunktionelles Methacrylat sein kann; bis zu 0,5 Gew.-% Methacrylsäure; ein Füllstoff, der insbesondere Glas, Quarz oder amorphes Siliziumdioxid umfasst, etc.) umfasst. Aus Sicht des Fachmanns lehrt die Entgegenhaltung somit einen sog. Kavitätenliner , der zur Abdeckung der Pulpa bei tiefen Kavitäten dient, um das Wachstum von sekundärem Dentin zu stimulieren und die Wirkungen von Säuren und anderen Chemikalien zu neutralisieren (Anlage D1, S. 1, Z. 11 ff.). Den Grundkomponenten der bis dahin bekannten Calciumhydroxid-Kavitätenlinern werden Composite-Füllungsmaterialien hinzugesetzt, die ebenfalls bereits bekannt gewesen sind (Sachverständigengutachten, S. 50, Abs. 1).
40
Dem Fachmann werden damit Harzkomponenten und Härtungsmittel im Sinne von Patentanspruch 1 des Streitpatents aufgezeigt. Es fehlt aber an einer Offenbarung reaktiver Füllstoffe, die mit Säuren oder Säurederivaten reagieren können und Pulver von Phophatzementen (ZnO/MgO), Silikatzementen oder Ionomerzementen sind. Entsprechend geht aus der Entgegenhaltung auch nicht die Auswahlregel des Merkmals d hervor. Anspruch 8 und der Beschreibung der britischen Patentanmeldung können zwar als mögliche Füllstoffe, welche die Zusammensetzung der Erfindung aufweisen können, allgemein Glas, Quarz oder amorphe Kieselsäure entnommen werden (vgl. Anlage D1, S. 2, Z. 20 ff; S. 4, Z. 27 ff.; Übersetzung, S. 5, Abs. 3; S. 13, letzter Abs.). Damit ist jedoch nicht offenbart, dass es sich bei dem Füllstoff um ein Pulver von Ionomer- oder Silikatzementen handelt, die mit Säure- oder Säurederivatgruppen reagieren können. In der Entgegenhaltung wird zunächst nicht ausdrücklich erwähnt, dass es sich bei der Alternative "Glas" als Füllstoff um ein Pulver für Ionomerzemente oder bei der Alternative "amorphe Kieselsäure" als Füllstoff um ein Pulver für Silikatzemente handeln soll. Darüber hinaus ist es aus Sicht des Fachmanns in Zusammenhang mit einem Kavitätenliner, der ohne Wasserbedarf in einer katalytisch induzierten Polymerisationsreaktion aushärtet (Sachverständigengutachten , S. 57 f.), auch ohne ausdrückliche Erwähnung nicht wie selbstverständlich, unter den Begriffen "Glas" bzw. "amorphe Kieselsäure" ein reaktives Pulver von Ionomer- oder Silikatzementen zu verstehen. Erst recht enthält die britische Entgegenhaltung keinen Hinweis auf die eine ionische Zementreaktion betreffende Auswahlregel des Merkmals d des Streitpatents.
41
Entgegen der Ansicht der Klägerin ändert daran auch der Umstand nichts, dass in der britischen Patentanmeldung auf das US-Patent 3 971 754 (Anlage D14, Übersetzung) Bezug genommen wird. Im Rahmen dieser Bezugnahme erstreckt sich der Offenbarungsgehalt der britischen Entgegenhaltung zwar auch auf den Inhalt des US-Patentes (vgl. etwa BGHZ 76, 97, 104 - Terephtalsäure ). Der Verweis in der britischen Entgegenhaltung erfolgt jedoch im Hinblick auf "Glaszusammensetzungen des US-Patentes 3 971 754", die "Röntgenabsorptionsverbindungen , wie beispielsweise Strontiumoxid und -carbonat" umfassen, "so dass die Grenzen des Füllstoffs auf diagnostischen Röntgenaufnahmen abgegrenzt sind" (Anlage D1, S. 2, Z. 2, Z. 28 ff., 39 ff.; Übersetzung, S. 5, Abs. 3 und 5 f.). Dies entspricht der dem genannten US-Patent zugrunde liegenden Aufgabenstellung, wonach ein für Röntgenstrahlen undurchlässiges Zahnfüllmaterial mit bestimmten Eigenschaften (vgl. dazu im Einzelnen: Anlage D14, Sp. 1, Z. 61 ff.; Übersetzung, S. 3, Abs. 2 ff.) zur Verfügung gestellt werden soll, um einen ausreichenden Röntgenkontrast zu erhalten, so dass die Lage und der Grenzbereich des implantierten Materials im Hinblick auf postoperative Untersuchungen klar umrissen sind, damit beispielsweise das Wiederaufleben von Karies, die Gewebeneubildung und andere Gewebestörungen ohne einen operativen Eingriff festgestellt werden können (vgl. Anlage D14, Sp. 1, Z. 9 ff., 61 ff.; Übersetzung, S. 1, Abs. 2, S. 3 Abs. 2 ff.). Hingegen findet sich in der US-Patentschrift kein Anhaltspunkt dafür, dass es sich bei den dort genannten Glasfüllmaterialien, um Pulver für Silikat- oder Glasionomerzemente handelt , die - wie der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten hervorhebt (vgl. Sachverständigengutachten, S. 57, Abs. 2, S. 93, Abs. 4 und 5) - eine sehr spezifische Zusammensetzung aufweisen müssen, damit es zu einer vernetzenden Zementreaktion kommen kann.
42
b) Die deutsche Offenlegungsschrift 28 28 381 (Anlage D4) beschreibt eine härtbare Masse bestehend aus (A) einer ethylenisch ungesättigten Carbonsäure entsprechend der folgenden allgemeinen Formel worin R1 ein Wasserstoffatom oder eine Methylgruppe und R2 eine Alkylengruppe mit 2 bis 4 Kohlenstoffatomen bedeuten und worin im Benzolring A zwei Carboxylgruppen an andere Kohlenstoffatome als die zu dem Kohlenstoffatom, wor- an die Estergrupe gebunden ist, benachbarten Kohlenstoffatome gebunden sind oder einem Säureanhydrid hiervon, (B) mindestens einem anderen ethylenisch ungesättigten Monomeren als dem Monomeren (A) und (C) mindestens einem Katalysator aus der Gruppe von Initiatoren vom freien Radikaltyp und/oder Photosensibilisatoren (Anlage D4, Patentanspruch 1), die als Dentalklebstoff verwendet werden kann (aaO, Patentanspruch 11), indem sie zwischen die miteinander zu verbindenden Gegenstände aufgetragen, polymerisiert und gehärtet wird (aaO, S. 5, Abs. 1; Beispiele, S. 16 ff.). Die härtbare Masse soll über eine starke Haftfähigkeit am Zahnschmelz und am Dentin sowie an anderen Substraten wie Metall verfügen sowie eine hohe Wasserbeständigkeit und Dauerhaftigkeit aufweisen (aaO, S. 5, letzter Abs. bis S. 6, 3. Abs.). Nach den weiteren Ausführungen in der Beschreibung der Entgegenhaltung kann die härtbare Masse verschiedene Zusätze enthalten. Namentlich erwähnt werden anorganische pulverförmige Füllstoffe wie Kaolin, Talk, Ton, Calciumcarbonat, Kieselsäure, Aluminumoxid, Kieselsäure-Aluminiumoxid, Calciumphosphat und Glas, Pigmente wie Titanoxid, Klebrigmachungsmittel wie Wachse und Ethylen/Vinylacetat-Copolymere, Härtungspromotoren, Polymerisationsregler und Polymerisationshemmstoffe wie Hydrochinon (aaO, S. 12, Abs. 1).
43
Mit der ethylenisch ungesättigten Carbonsäure offenbart die Entgegenhaltung einen Monomeren, der polymerisierbar und ungesättigt ist sowie zwei Säuregruppen (Carbonsäurereste: -COOH) enthält (Merkmalsgruppe a). Im Hinblick auf den Katalysator aus der Gruppe von Initiatoren vom freien Radikal- typ und/oder Photosensibilisatoren ist zudem ein Härtungsmittel enthalten (Merkmal c).
44
Die Klägerin meint, dass darüber hinaus der Begriff Glas in der Auflistung möglicher Zusätze vom Fachmann dahin verstanden werde, dass Gläser zum Einsatz kämen, die üblicherweise für Dentalmaterialien und insbesondere für Dentalklebstoffe und Dentalzemente verwendet würden. Eine dem Fachmann zum Prioritätszeitpunkt als üblich bekannte und für Dentalmaterialien als ohne weiteres geeignet erscheinende Glasgruppe seien die Pulver für Silikatzemente und Glasionomerzemente. Der Fachmann habe also dem Begriff Glas, wie er in der Entgegenhaltung gegeben sei, auch die Bedeutung als Pulver für Silikatzemente und Glasinomerzemente beigemessen bzw. diese ohne weiteres mitgelesen, zumal Pulver für Silikatzemente und Glasionomerzemente weit verbreitete Anwendung in Dentalmaterialien gefunden hätten.
45
Der Argumentation der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Sie verkennt den patentrechtlichen Neuheitsbegriff. Danach kann zwar auch dasjenige offenbart sein, was in der Entgegenhaltung nicht ausdrücklich erwähnt ist, aus der Sicht des Fachmanns jedoch für die technische Information, die der Fachmann der Entgegenhaltung entnimmt, keiner besonderen Offenbarung bedarf, sondern "mitgelesen" wird. Die Einbeziehung von Selbstverständlichem erlaubt jedoch keine Ergänzung der Offenbarung durch das Fachwissen, sondern dient, nicht anders als die Ermittlung des Wortsinns eines Patentanspruchs, lediglich der vollständigen Ermittlung des Sinngehalts, d.h. derjenigen technischen Information , die der fachkundige Leser der Quelle vor dem Hintergrund seines Fachwissens entnimmt (BGHZ 179, 168, 174 - Olanzapin). Danach kann der Offenlegungsschrift aus Sicht des Fachmanns weder die Merkmalsgruppe b noch die Auswahlregel des Merkmals d des Patentanspruchs 1 entnommen werden.
46
Gegenstand der Entgegenhaltung ist ein Dentalklebstoff, der durch eine radikalische, von einem Katalysator induzierte Reaktion polymerisiert und aushärtet. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass neben oder nach der radikalischen Polymerisation noch eine ionische Zementreaktion herbeigeführt werden soll. Das gilt sowohl für den allgemeinen Teil der Beschreibung der deutschen Offenlegungsschrift als auch für die zehn Ausführungsbeispiele. Hinzu kommt, dass im Hinblick auf die Aushärtung der Masse an keiner Stelle die Zugabe von Wasser erwähnt wird, wie sie für eine ionische Zementreaktion zwingend erforderlich wäre (Sachverständigengutachten, S. 63, Abs. 2, S. 64, Abs. 1). Auch dies spricht dagegen, dass dem Fachmann in der Offenlegungsschrift die Durchführung einer ionischen Zementreaktion offenbart wird und er vor diesem Hintergrund unter dem Begriff des Glases als Füllstoff gerade auch Pulver von Silikat- oder Glasionomerzementen verstehen wird. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang ausführt, dass eine nachfolgende ionische Reaktion in der Mundhöhle (durch Speichelfluss) erfolgen könne, hat auch dies keine Grundlage in der Entgegenhaltung und stellt sich als rückschauende und deshalb unbeachtliche Betrachtungsweise dar.
47
Auch wenn es zutreffend ist, dass es mit zum Fachwissen gehört hat, dass das Pulver von Silikatzementen ein Aluminiumfluorsilikatglas ist und Glasionomerzemente durch die Reaktion von Pulvern (säurelösliches Glas mit hohem Fluorgehalt) und Flüssigkeiten (wässrige Lösung von Acrylsäurecopolymeren ) gebildet werden (vgl. Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry, 5. Aufl., 1987, Band A 8, S. 276 und S. 256, Anlagen D13 und D13a) und zudem diskutiert wurde, dass Silikat- und Glasionomerzemente Fluoridionen frei- setzen und zum Schutz gegen Karies beitragen können (vgl. Tveit/Gjerdet, Fluoride release from a fluoride-containing amalgam, a glass ionomer cement and a silicate cement in artificial salvia, Journal of Oral Rehabilitation, 1981, Volume 8, Seiten 237-241, Anlage D16, und Swartz/Philips/Clark, Long-term F Release from Glass Ionomer Cements, Journal of Dental Research 63(2), Seiten 158-160, Februar 1984, Anlage D17), folgt daraus nicht, dass der Fachmann bei Kenntnisnahme der Aufzählung von Füllstoffen in der Beschreibung der Offenlegungsschrift mit der Erwähnung von Glas ohne weiteres auch Pulver für Silikat- oder Glasionomerzemente "mitgelesen" hat. Vielmehr wird in Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry gerade zwischen Glasionomerzementen, die aus einem Pulver (säurelöslichem Glas mit hohem Fluorgehalt) und einer Flüssigkeit (wässrige Lösung aus Acrylsäurepolymeren) bestehen, und sog. "Composite-Cements" unterschieden, die sich aus zwei Pasten mit Diacrylatoligomeren , Diacrylatmonomeren, Füllstoffen und Polymersiationsstartersystemen zusammensetzen (aaO, S. 256). Bei den letztgenannten "Composite-Cements" handelt es sich also gerade nicht um Zemente, die ionisch mit Wasser reagieren , sondern um polymerisierbare Composites (Sachverständigengutachten, S. 107). Und auch die Aufsätze von Tveit/Gjerdet und Swartz/Philips/Clark befassen sich speziell mit der Fluoridabgabe von Silikat- und Glasionomerzementen und den damit möglicherweise verbundenen karieshindernden Wirkungen ("anticariogenic properties"), ohne dass jedoch ein Bezug zu CompositeMaterialien bzw. Füllstoffen für selbige aufgezeigt wird. Für den Fachmann gibt es daher - wie auch der gerichtliche Sachverständige in der mündlichen Verhandlung noch einmal hervorgehoben hat - keinen Grund, unter dem in der deutschen Offenlegungsschrift verwendeten Begriff des Glases als Füllstoff auch Pulver von Silikat- oder Glasionomerzementen zu verstehen.
48
c) Die europäische Patentschrift 0 115 410 respektive die europäische Patentanmeldung 0 115 410 A2 (Anlagen D5, D5a, Übersetzung) betreffen ebenfalls Klebstoffmassen, die gut auf harten Geweben des menschlichen Körpers wie Zähnen und Knochen, metallischen Materialien, organischen Polymeren und Keramiken haften und die weiterhin eine wasserbeständige Klebefestigkeit besitzen (Anlage D5, S. 2, Z. 3 ff.). Patentanspruch 1 der europäischen Patentschrift offenbart eine solche Klebstoffmasse die aus (a) 1 Gewichtsanteil einer Verbindung der allgemeinen Formel worin jeweils R5 und R5’ ein Wasserstoffatom oder ein Methylrest sind, Rc einen bivalenten, organischen Rest mit 2 bis 54 Kohlenstoffatomen bedeutet, Rd ein bivalenter organischer Rest mit 4 bis 57 Kohlenstoffatomen ist, Rd’ ein bivalenter organischer Rest mit 3 bis 57 Kohlenstoffatomen ist und X2 O, S oder NRb bedeutet, wobei Rb H oder C1-4-Alkyl ist, und (b) 0 bis 199 Gewichtsteilen eines Vinylmonomeren besteht, der mit der vorstehend erwähnten Verbindung copolymerisierbar ist.
49
Die Verbindungen sind polymerisierbare, ungesättigte und säuregruppenhaltige Monomere im Sinne der Merkmalsgruppe a des Streitpatents. In Anspruch 5 ist darüber hinaus vorgesehen, dass die Masse ein Härtungsmittel enthält (aaO, S. 20, Z. 63 ff.), so dass auch Merkmal c offenbart ist.
50
In der Beschreibung der Entgegenhaltung wird weiterhin erwähnt, dass die Klebemittelzusammensetzung einen herkömmlichen bekannten Füllstoff eines anorganischen oder organischen Polymers oder eines anorganischen oder organischen Verbundtyps enthalten könne. Durch Zugabe des Füllstoffs könne die Klebemittelzusammensetzung als Dentalzement zum Verkleben und Füllen, dentales Verbundharz und Knochenzement verwendet werden. Als Beispiele für den verwendeten anorganischen Füllstoff werden natürliche Mineralien erwähnt und dabei neben vielen anderen auch Glas, z.B. Sodaglas, Bariumglas, Strontiumglas und Borsilikatglas, Glas-Keramik enthaltend Lanthan usw. (aaO, S. 12, Z. 59 ff., S. 13, Z. 2 ff.). Die Klägerin meint, dass dem Fachmann hierdurch gelehrt werde, solche Füllmaterialien einzusetzen, welche die Ausbildung eines Zahnzements ermöglichen. Aus der Erwähnung von Glas als einem Füllstoff folge für den Fachmann, dass auch Pulver für Silikatzemente und Glasionomerzemente gemeint seien.
51
Dem ist nicht beizutreten. Auch die europäische Patentschrift 0 115 410 bzw. die europäische Patentanmeldung 0 115 410 betreffen einen Dentalklebstoff , der durch eine radikalische, von einem Katalysator induzierte Reaktion polymerisiert und gehärtet wird (Anlage K5, S. 12, Z. 20 ff.; Anlage D5a, S. 20, Z. 20 ff.; Übersetzung, S. 22, Abs. 2). In der Entgegenhaltung werden auch Füllstoffe erwähnt, die "manchmal" ("sometimes") in dem Dentalkleber enthalten sein können und dann die verschiedensten Füllstoffe einschließlich Glas genannt. Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, veranlasst dies den Fachmann aber noch nicht dazu, Ionen abgebende Glaspulver der Glasionomerzemente mitzulesen. Dass neben oder nach der Polymerisierungsreaktion auch noch eine ionische Zementreaktion erfolgen soll und deshalb aus Sicht des Fachmanns mit der Erwähnung von Glas als ein Füllstoff auch Glasionomerzemente gemeint sind, folgt auch nicht aus dem Umstand, dass in der Beschreibung der Entgegenhaltung erwähnt wird, dass das Klebemittel durch Zugabe des Füllstoffs als "Dentalzement" zum Verkleben und Füllen , als dentales Verbundharz und Knochenzement verwendet werden kann. Denn aus Sicht des fachkundigen Lesers wird der Begriff des Dentalzements zum Füllen hier im Sinne einer kariespräventiven Behandlung für das Füllen von Fissuren und kleineren Läsionen verwendet und nicht für das Füllen von Kavitäten, so dass ohne weiteres kein Anlass besteht, darin die Andeutung einer ionischen Zementreaktion zu sehen. Im Übrigen fehlt es in diesem Zusammenhang an jeglichem Hinweis auf eine wässrige Umgebung, die für die Durchführung einer ionischen Reaktion bzw. der Ausbildung einer vernetzten Struktur selbständig abbindenden Zements erforderlich wäre (Sachverständigengutachten , S. 78 Abs. 1 bis S. 79 Abs. 1). Schließlich findet sich in den Entgegenhaltungen auch kein Anhaltspunkt, der auf die Auswahlregel nach Merkmal d des Patentanspruchs 1 des Streitpatents hindeutet.
52
d) Die europäische Patentanmeldung 0 155 812 (Anlage D7, Übersetzung ) hat gleichfalls einen Dentalklebstoff zum Gegenstand. In Anspruch 1 wird eine Dentalzusammensetzung offenbart, die ein Vinylmonomer umfasst, das mindestens eine Säuregruppe im Molekül und einen Initiator enthält, der das Monomer durch sichtbares Licht photopolymerisieren kann, wobei der Initiator weitgehend aus einem Photosensibilisierer, der ein α-Diketon, ein Chinon oder ein Derivat eines α-Diketons oder eines Chinons ist, zusammen mit einem Beschleuniger , der mindestens eine Mercaptogruppe im Molekül enthält. Offenbart werden damit die Merkmalsgruppe a und das Merkmal c des Streitpatents.
53
Die Klägerin führt aus, dass die Dentalzusammensetzung nach Anspruch 8 der Entgegenhaltung auch ein Füllmaterial beinhalten kann. In der Beschreibung werden eine Vielzahl von möglichen Füllstoffen genannt, darunter auch anorganische Füllstoffe, die pulverförmig vorliegen können und Kieselsäure, Aluminiumoxid, verschiedene Gläser, Keramiken, Tonmineralien, synthetisches Zeolith, Glimmer, Calciumfluorid, Calciumphosphat, Bariumsulfat, Zirkoniumdioxid oder Titanoxid umfassen können (Anlage D7, S. 15 Abs. 1; Übersetzung, S. 17, Abs. 4). Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Begriff "verschiedene Gläser" in der Aufzählung vom Fachmann dahin verstanden wird, dass darunter auch Pulver für Silikatzemente und Glasionomerzemente fallen können, weil diese üblicherweise im Dentalbereich eingesetzt werden.
54
Die Argumentation der Klägerin greift nicht durch. Die europäische Patentanmeldung 0 155 812 befasst sich mit der Optimierung eines Klebstoffs, der ohne Wasserbedarf polymerisiert. Für den Fachmann besteht aufgrund der bloßen Erwähnung von Gläsern als mögliche Füllstoffe kein Grund zu der Annahme , dass es sich dabei zumindest auch um Pulver von Silikatzementen oder Ionomerzementen handeln soll, mit denen eine vernetzende Zementreaktion in wässriger Umgebung herbeigeführt werden kann, zumal die Gegenwart von Wasser auch in dieser Veröffentlichung in Zusammenhang mit den Füllstoffen nicht erwähnt wird (vgl. Sachverständigengutachten, S. 86, Abs. 5, S. 87, Abs. 1).

55
2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des Urteils des Bundespatentgerichts ergibt sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik (Art. 56 EPÜ).
56
Die Klägerin meint, dass selbst für den Fall, dass sich die Verwendung von Gläsern in Form von Pulvern für Silikatzemente und Glasionomerzemente zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents für den Fachmann nicht unmittelbar aus der Lektüre der unter III 1 behandelten Entgegenhaltungen ergeben hätte, der Einsatz dieser Glaspulver nahegelegen habe, weil dem Fachmann die hiermit erzielbaren Eigenschaften von Dentalmassen etwa aus den Veröffentlichungen von Tveit/Gjerdet (aaO, Anlage D16), und von Swartz/Philips/Clark, (aaO, Anlage D17), bekannt gewesen seien und er diese ohne weiteres auch zum Einsatz in den Zusammensetzungen der genannten Entgegenhaltungen unter Berücksichtigung der Auswahlregel des Merkmals d hätte bringen können , um eine Masse mit guten Härtungseigenschaften unter Zementbildung und Freisetzung von Fluoriden (Kariesprophylaxe) zu erhalten.
57
Der Ansicht der Klägerin kann nicht gefolgt werden. Den unter IV 1 behandelten Entgegenhaltungen konnte der Fachmann Composite-Materialien entnehmen, die durch im Einzelnen modifizierte, aber wiederkehrende chemisch ähnliche Stoffgruppen gekennzeichnet sind. Bei diesen Stoffgruppen handelt es sich um ungesättigte polymerisierbare Monomere, Oligomere und/oder Prepolymere, um Katalysatoren, Initiatoren, Stabilisatoren und Reaktionshemmstoffe zur Steuerung des Aushärtevorgangs und optional um organische oder anorganische Füllstoffe. Diese Gemische härten ohne Wasserbedarf radikalisch aus, wobei es für die Reaktion der Induzierung durch einen Katalysator bedarf (Sachverständigengutachten, S. 111 f.).

58
Derartige Composite-Materialien verfügen über positive, aber auch negative Produkteigenschaften. Während sie einerseits insbesondere dauerhaft, hoch belastbar und kantenfest sind, sind sie andererseits vor allem im Hinblick auf Gewebeirritationen, Toxizität und Haftung an der Zahnsubstanz nur eingeschränkt verwendbar (Sachverständigengutachten, S. 23, Abs. 2, Streitpatentschrift , S. 2, Z. 36 ff., 52 ff.). Im Hinblick auf diese negativen Eigenschaften kann zum Prioritätszeitpunkt zwar ein Bedürfnis zur Fortentwicklung der Composite -Materialien als dentaler Füllstoff festgestellt werden. Ein Fachmann, der sich die Aufgabe stellte, hier Abhilfe zu schaffen, wird auch an die Vorteile von Dentalzementen gedacht haben, die zumindest teilweise komplementär zu den negativen Eigenschaften der Composite-Materialien sind. So war dem Fachmann aufgrund seiner Fachkenntnisse bekannt, dass gerade Glasionomerzemente , welche die klassischen Zahnzemente seit Mitte der 80er Jahre fast vollständig vom Dentalmarkt verdrängt hatten, über gute Eigenschaften hinsichtlich Bioverträglichkeit, Beständigkeit im Mund und Haftung an der Zahnsubstanz verfügen (Sachverständigengutachten, S. 24 f.). Von daher spricht viel dafür, dass der Fachmann, der Composite-Materialien als dentalen Füllstoff verbessern wollte, allgemein auch an die Möglichkeit einer Kombination von Composite -Materialien mit Glasionomerzementen gedacht hat.
59
Einer solchen wünschenswerten Kombination stand aber die Schwierigkeit entgegen, dass beide Stoffgruppen zum Prioritätszeitpunkt als nicht mischbar galten, weil es sich einerseits bei den Composite-Materialien um hydrophobe Polymere und andererseits um wässrige Zementmischungen handelt (Sachverständigengutachten , S. 126, Abs. 1). Der Fachmann durfte sich von dieser Vorstellung nicht abhalten lassen. Statt dessen musste er sich daran machen, das Konzept einer Mischung zu entwickeln, die eine zweifache Reaktion er- laubt, die - wenn man auch insoweit den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen folgt - etwa so abläuft, dass zunächst die radikalische Polymerisation ohne Wasserbedarf stattfindet und danach das Zementpulver in wässriger Umgebung zur Reaktion gebracht wird, so dass es möglich wird, einen Füllstoff bereit zu stellen, der die vorteilhaften Eigenschaften von Composite-Materialien mit denen von Zementen, insbesondere Glasiononomerzementen verbindet. Hinzu kamen besondere Herausforderungen bei der praktischen Umsetzung dieses Konzeptes. Bei der Anwendung musste sicher gestellt werden, dass trotz der Polymerisation an den Polymerketten noch hinreichend Säuregruppen mit Ionen abgebenden Füllstoffen in leicht zugänglicher Weise vorliegen, damit auch die Reaktion mit den reaktiven Zementpulvern in wässriger Umgebung erfolgen und die erwünschte Zementstruktur in der bereits gehärteten Kunststoffmatrix entstehen kann (Sachverständigengutachten, S. 126). Um dies zu erreichen bedurfte es einer sorgfältigen Abstimmung der beteiligten Komponenten , was entsprechende Untersuchungen erforderlich machte (Sachverständigengutachten , S. 122).
60
Die Entwicklung eines solchen Konzepts und das Auffinden eines ausführbaren Wegs zur Verwirklichung dieses Konzepts waren zudem dadurch erschwert , dass es weder in der wissenschaftlichen Literatur noch in der Praxis Anregungen gab, Mischungen bereitzustellen, die zweiteilig (radikalisch und ionisch) reagieren. Vielmehr wurde in den wissenschaftlichen Abhandlungen, wie beispielsweise in dem jährlich im britischen "Journal of Dentistry" unter der Überschrift "Dental Materials: Literature Review" veröffentlichten Übersichtsartikel , streng zwischen polymerisierbaren Composite-Füllungsmaterialien auf der einen und ionisch reagierenden Zementen auf der anderen Seite unterschieden , indem diese in getrennten Abschnitten behandelt wurden (Sachverständigengutachten , S. 24, 18; vgl. auch Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Che- mistry, aaO, S. 256, r. Sp., Abs. 2, Anlage D 13, D 13a). Sich von dieser Kategorisierung zu lösen und ein Konzept für die Mischung beider Stoffgruppen zu entwickeln, um ein Füllmaterial zu erhalten, das die positiven Eigenschaften beider Produkte in sich vereint, kann angesichts all dieser Umstände als erfinderisch gelten.
61
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V. mit §§ 92, 97 ZPO.
Scharen Gröning Berger
Hoffmann Grabinski
Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 15.02.2006 - 3 Ni 25/02 (EU) -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2010 - X ZR 51/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2010 - X ZR 51/06

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2010 - X ZR 51/06 zitiert 14 §§.

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Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Patentgesetz - PatG | § 121


(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend. (2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 263 Klageänderung


Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Patentgesetz - PatG | § 99


(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nic

Patentgesetz - PatG | § 34


(1) Eine Erfindung ist zur Erteilung eines Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt anzumelden. (2) Die Anmeldung kann auch über ein Patentinformationszentrum eingereicht werden, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums d

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(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung

Gesetz über internationale Patentübereinkommen - IntPatÜbkG | § 6 Das Deutsche Patent- und Markenamt als ausgewähltes Amt


(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2010 - X ZR 51/06 zitiert oder wird zitiert von 19 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2010 - X ZR 51/06 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 01. Okt. 2002 - X ZR 112/99

bei uns veröffentlicht am 01.10.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 112/99 Verkündet am: 1. Oktober 2002 Potsch Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein Ku
18 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2010 - X ZR 51/06.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Jan. 2019 - X ZR 58/17

bei uns veröffentlicht am 08.01.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 58/17 Verkündet am: 8. Januar 2019 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2019:080119UXZR58.17.0

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2013 - X ZR 35/12

bei uns veröffentlicht am 18.06.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 35/12 Verkündet am: 18. Juni 2013 Wermes Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Patentnichtigkeitsverfahren Der X. Zivilsenat des Bundesgerich

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Sept. 2017 - X ZR 112/15

bei uns veröffentlicht am 05.09.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 112/15 Verkündet am: 5. September 2017 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2017:050917UXZR112.15

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Okt. 2017 - X ZR 144/15

bei uns veröffentlicht am 10.10.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 144/15 Verkündet am: 10. Oktober 2017 Anderer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BGH:2017:101017UXZR144.15.

Referenzen

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 31 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Patentgericht. Die Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 31 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Patentgericht. Die Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 31 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Patentgericht. Die Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren vor dem Patentgericht enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden, wenn die Besonderheiten des Verfahrens vor dem Patentgericht dies nicht ausschließen.

(2) Eine Anfechtung der Entscheidungen des Patentgerichts findet nur statt, soweit dieses Gesetz sie zuläßt.

(3) Für die Gewährung der Akteneinsicht an dritte Personen ist § 31 entsprechend anzuwenden. Über den Antrag entscheidet das Patentgericht. Die Einsicht in die Akten von Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents wird nicht gewährt, wenn und soweit der Patentinhaber ein entgegenstehendes schutzwürdiges Interesse dartut.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 112/99 Verkündet am:
1. Oktober 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Kupplungsvorrichtung II
EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. b; IntPatÜG Art. II § 1 Nr. 2
Die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung der geschützten Erfindung
benötigt, müssen nicht im Patentanspruch enthalten sein; es genügt,
wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt ergeben.
BGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - X ZR 112/99 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 1. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 20. April 1999 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 111 092 (Streitpatents ), das auf einer Anmeldung vom 8. Oktober 1983 beruht, mit der Prioritäten schweizerischer Patentanmeldungen vom 18. Oktober 1982 und 18. August 1983 geltend gemacht worden sind. Das Streitpatent betrifft eine Kupplungsvorrichtung. Es hat im Einspruchsverfahren aufgrund der Entscheidung der Be-

schwerdekammer 3.2.1. des Europäischen Patentamts vom 11. Februar 1992 eine neue Fassung erhalten. Danach umfaßt das Streitpatent 16 Ansprüche; Anspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:
"Kupplungsvorrichtung zur drehfesten und auswechselbaren Verbindung eines Werkstücks mit einer Bearbeitungseinrichtung mit zwei koaxialen Kupplungsorganen (1, 3) und einer dazwischengefügten , in Umfangsrichtung starren Mitnehmerscheibe (6), wobei das eine Kupplungsorgan (1) an der Bearbeitungseinrichtung befestigt ist, und mit wenigstens zwei von der Kupplungsfläche abstehenden Mitnehmerzapfen (7, 8) versehen ist, wobei die Mantelfläche der Mitnehmerzapfen (7, 8) zumindest teilweise konisch ausgebildet ist, wobei das andere Kupplungsorgan (3) das Werkstück trägt, und beim Werkstückwechsel zusammen mit diesem von dem einen Kupplungsorgan (1) lösbar ist, und wobei Mittel (2, 5) vorgesehen sind, die die beiden Kupplungsorgane (1, 3) in axialer Richtung lösbar gegeneinander verspannen, wobei ferner die Mitnehmerscheibe (6) aus Federstahl besteht und im Abstand von der Kupplungsfläche (16) des anderen Kupplungsorgans (3) drehfest mit diesem verbunden und mit Öffnungen (19, 20) versehen ist, die korrespondierend zu den Mitnehmerzapfen (7, 8) angeordnet sind und deren Kanten (21) die konischen Mantelflächen (10, 13) der Mitnehmerzapfen zumindest teilweise derart übergreifen, daß die Federstahlscheibe (6) in gespanntem Zustand der Kupplungsvorrichtung im Bereich der Öffnungen (19, 20) axial elastisch deformiert ist, und wobei eines (3) der beiden Kupplungsorgane (1, 3) mit drei über die Kupplungsfläche (16) vorstehenden Abstands-

zapfen (22) versehen ist, deren Stirnflächen (23) beim Kupplungseingriff gegen die Kupplungsfläche (9) des anderen Kupplungsorgans (1) aufliegen."
Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 16 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hat mit ihrer Nichtigkeitsklage die Nichtigerklärung des Streitpatents für die Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang beantragt. Sie hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig , weil er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung und dem Antrag,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils das europäische Patent 0 111 092 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
In zweiter Instanz zieht die Klägerin auch in Zweifel, daß die erfindungsgemäße Lehre in der Patentschrift so offenbart werde, daß ein Fachmann sie ausführen könne.
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Akademischer Direktor Dr.-Ing. O. W. hat als gerichtlicher Sachver- ständiger ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin hat keinen Erfolg.
Soweit in der Erstreckung der Klage auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit eine Klageerweiterung liegt, ist diese als sachdienlich zuzulassen.
I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Kupplungsvorrichtung zur drehfesten und auswechselbaren Verbindung eines Werkstücks mit einer Bearbeitungseinrichtung wie z.B. einer Drehbank, einer Fräsmaschine oder einer Schleifmaschine. Die Streitpatentschrift weist einleitend (Sp. 1 Z. 21 f.) darauf hin, daß im Präzisionswerkzeugbau außerordentlich hohe Anforderungen an die Genauigkeit gestellt würden, mit der ein Werkstück bearbeitet werden könne. Es müsse insbesondere gewährleistet sein, daß ein zu bearbeitendes Werkstück in genau definierter Lage in eine Bearbeitungseinrichtung eingespannt werden könne. An die Zentrizität würden dabei hohe Anforderungen gestellt. Außerdem sei es häufig notwendig, das zu bearbeitende Werkstück nacheinander in mehreren Bearbeitungseinrichtungen einzuspannen, um daran verschiedene Bearbeitungsvorgänge durchzuführen. Dies erfordere eine absolut zentrische und - je nach Arbeitsvorgang - auch winkelgenaue Einspannung in der jeweiligen

Bearbeitungseinrichtung. Diese Anforderungen stellen sich nach der Streitpa- tentschrift beispielsweise bei der Herstellung von Elektrodenkörpern für Erodiermaschinen ; die Anforderungen an die Maßgenauigkeit liegen dabei in einer Größenordnung von wenigen Tausendstel Millimetern.
Ein Einspannen des Werkstücks in eine Bearbeitungseinrichtung in genau definierter Lage mit nur geringen Toleranzen in bezug auf Exzentrizität läßt sich nach der Streitpatentschrift mit Hilfe von bekannten Konussitzen erzielen. Diese gewährleisteten zwar eine zwangsläufige Zentrierung mit sehr hoher Genauigkeit, seien andererseits jedoch anfällig gegen Verschmutzungen. Ein verunreinigter Konussitz sei entweder in seiner Genauigkeit beeinträchtigt oder lasse sich infolge übermäßiger Selbsthemmung nicht oder fast nicht mehr lösen. Bei einem Konussitz werde auch nicht die Forderung nach einer winkelgerechten Einspannung des Werkzeugs erfüllt. Die weiter gebräuchlichen Spannfutter haben nach der Streitpatentschrift den Nachteil, daß sie für Verschmutzungen anfällig sind und damit eine winkelgerechte Einspannung des Werkstücks nicht gewährleistet ist. Außerdem sei es bei hohen Anforderungen an die Zentrizität der Einspannung notwendig, Konussitz oder Spannfutter mit sehr hoher Präzision zu fertigen, was insbesondere dann hohen Aufwand und hohe Kosten mit sich bringe, wenn viele solcher Einspannvorrichtungen notwendig seien. Neben dieser Kritik am Stand der Technik sieht es die Streitpatentschrift als erstrebenswert an, bei einer Vielzahl von benötigten Einspannvorrichtungen die Werkstücke möglichst schnell und einfach in die Bearbeitungseinrichtungen einspannen zu können. Als Nachteil der aus der deutschen Patentschrift 1 257 496 bekannten Kupplungsvorrichtung bezeichnet die Streitpatentschrift , daß auch sie die Zentrizität und Repetiergenauigkeit der Verbindung nicht gewährleiste und sich nicht leicht lösen lasse.

Hieraus ist die dem Streitpatent zugrundeliegende Problemstellung abzuleiten , eine Kupplungsvorrichtung zur drehfesten auswechselbaren Verbin- dung eines Werkstücks mit einer Bearbeitungsvorrichtung zu schaffen, die nicht nur eine hochpräzise zentrische Einspannung, sondern zugleich auch eine genau definierte Winkellage des Werkstücks bezogen auf die Bearbeitungsvorrichtung gewährleistet, insbesondere auch dann, wenn die Verbindung oft gelöst und an gleicher oder anderer Stelle wieder hergestellt wird. Die Verbindung soll sich zudem schnell und einfach lösen lassen. Schließlich soll die Kupplungsvorrichtung möglichst unempfindlich gegen Verschmutzungen sein.
Die vom Streitpatent vorgeschlagene Lösung besteht nach dem Inhalt des Patentanspruchs 1 aus einer Kupplungsvorrichtung zur drehfesten und auswechselbaren Verbindung eines Werkstücks mit einer Bearbeitungseinrichtung
1. mit zwei axialen Kupplungsorganen, wobei
1.1 das eine Kupplungsorgan
1.1.1 an der Bearbeitungseinrichtung befestigt und
1.1.2 mit wenigstens zwei von der Kupplungsfläche abstehenden Mitnehmerzapfen versehen ist,
1.1.2.1 wobei die Mantelfläche der Mitnehmerzapfen zumindest teilweise konisch ausgebildet ist;

1.2 das andere Kupplungsorgan
1.2.1 das Werkstück trägt,
1.2.2 beim Werkstückwechsel zusammen mit diesem von dem einen Kupplungsorgan lösbar ist und
1.3 eines der beiden Kupplungsorgane mit drei Abstandszapfen versehen ist,
1.3.1 die über die Kupplungsfläche vorstehen und
1.3.2 deren Stirnflächen beim Kupplungseingriff gegen die Kupplungsfläche des anderen Kupplungsorgans aufliegen ;
2. mit Mitteln, die die beiden Kupplungsorgane in axialer Richtung gegeneinander verspannen;
3. mit einer Mitnehmerscheibe, die
3.1 zwischen die Kupplungsorgane gefügt und
3.2 in Umfangsrichtung starr ist,
3.3 aus Federstahl besteht,

3.4 drehfest mit dem anderen Kupplungsorgan verbunden ist,
3.5 im Abstand von der Kupplungsfläche des anderen Kupplungsorgans mit diesem verbunden ist und
3.6 mit Öffnungen versehen ist,
3.6.1 die korrespondierend zu den Mitnehmerzapfen angeordnet sind und
3.6.2 deren Kanten die konischen Mantelflächen der Mitnehmerzapfen zumindest teilweise derart übergreifen, daß die Federstahlscheibe in gespanntem Zustand der Kupplungsvorrichtung im Bereich der Öffnungen axial elastisch deformiert ist.
2. Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist danach eine Kupplungsvorrichtung, die aus zwei Kupplungsorganen besteht, die axial (z.B. durch eine Schraube) verbunden werden können. Eines der beiden Kupplungsorgane ist an der Bearbeitungseinrichtung befestigt. Dieses weist wenigstens zwei von der Kupplungsfläche abstehende Mitnehmerzapfen auf, deren Mantelfläche zumindest teilweise konisch ausgebildet ist. Das andere Kupplungsorgan trägt das Werkstück und ist mit diesem von dem an der Bearbeitungseinrichtung befestigten Kupplungsorgan zu lösen. Zwischen die Kupplungsorgane ist eine Federstahlscheibe gefügt, die drehfest mit dem Kupplungsorgan verbunden ist, das das Werkstück trägt. Diese Federstahlscheibe

weist Öffnungen auf, die mit den Mitnehmerzapfen korrespondieren. Über die Mitnehmerzapfen und die korrespondierenden Öffnungen erfolgt beim zunächst kraftfreien Positionieren die exakte Ausrichtung und Fixierung der beiden Kupplungsorgane zueinander in der x-y-Ebene und in Umfangsrichtung, d.h. in der Ebene der Mitnehmerscheibe. Die Kanten der korrespondierenden Öffnungen übergreifen die konischen Mantelflächen der Mitnehmerzapfen zumindest teilweise. An einem der beiden Kupplungsorgane befinden sich drei Abstandszapfen , die über die Kupplungsfläche vorstehen. Werden die zunächst in der x-y-Ebene und in Umfangsrichtung fixierten Kupplungsorgane verspannt, kommen die drei die Mitnehmerscheibe durchgreifenden Abstandszapfen an der Oberfläche des anderen Kupplungsorgans zur Anlage, bis sie fest anliegen. Dadurch wird die Ausrichtung der beiden Kupplungsorgane auch in der z-Achse erreicht.
Die Ausrichtung der Kupplungsorgane über Mitnehmerscheibe und Abstandshalter hat zum einen den Vorteil, daß auf mit den Abstandshaltern korrespondierende Vertiefungen oder die Verwendung von nut- und federartigen Mitnehmern verzichtet werden kann, in denen sich Schmutz sammeln kann mit der Folge, daß eine genaue Auflage und damit eine präzise Ausrichtung der Kupplungsorgane zueinander nicht mehr gewährleistet ist. Zum anderen kann bei ihr auf eine vollkommen präzise Abstimmung der Mitnehmerzapfen und aller mit ihnen korrespondierenden Öffnungen in der Mitnehmerscheibe verzichtet werden. Die Öffnungen für die Mitnehmerzapfen müssen nur auf eine exakte Mitnahme ausgerichtet sein; in radialer Richtung können sie, sofern sie nur in ihrem Zusammenwirken die exakte Ausrichtung der Kupplungsorgane in der x-y-Ebene und in Umfangsrichtung gewährleisten, wie in dem Ausführungsbeispiel gezeigt nach Art eines Langlochs gestaltet sein, dessen Maße

nur größenordnungsmäßig auf den korrespondierenden Zapfen abgestimmt sein müssen, weil die Federstahlscheibe und ihre Materialeigenschaften beim Eindringen der Zapfen in die korrespondierenden Öffnungen dazu führen, daß diese an den Rändern axial elastisch verformt und die Öffnungen aufgespreizt werden.
Die Positionierung der beiden Kupplungsorgane erfolgt demnach in getrennten Schritten: Die Zentrierung der beiden Kupplungsorgane und die Winkellage des Kupplungsorgans, das das Werkstück trägt, im Verhältnis zu dem anderen Kupplungsorgan wird durch das Eingreifen der Mitnehmerzapfen in die korrespondierenden Öffnungen erreicht, wobei die Kanten der Öffnungen in lose aufgesetzter Position die konische Mantelfläche der Zapfen nur zum Teil übergreifen. Die genaue Ausrichtung der beiden Kupplungsorgane in der z-Achse wird durch das Aufliegen der verspannten Abstandszapfen auf der Kupplungsfläche des mit der Bearbeitungseinrichtung verbundenen Kupplungsorgans bewirkt. Damit wird die Ausrichtung der Kupplungsorgane in der Drehachse gewährleistet und eine reibschlüssige Übertragung von Kräften und Drehmomenten von dem einen auf das andere Kupplungsorgan ermöglicht. Beim Verspannen werden zugleich die in lose aufgesetztem Zustand die Mantelfläche der Zapfen nur teilweise übergreifenden Ränder der korrespondierenden Öffnungen aufgespreizt. Dadurch werden eventuell vorhandene Schmutzpartikel und Abrieb beiseite geschoben und verteilen sich in dem Zwischenraum zwischen der Mitnehmerscheibe und der Oberfläche der Kupplungsorgane , so daß diese Verunreinigungen die Genauigkeit des zentrischen und winkelgenauen Ausrichtens nicht beeinträchtigen.

3. In der bevorzugten Ausführung beschreibt die Streitpatentschrift eine Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Lehre, bei der zwei Mitnehmerzapfen und zwei korrespondierende Öffnungen vorhanden sind; der gerichtliche Sachverständige hat dies als die einzig sinnvolle Ausführungsform bezeichnet, bei der sich die mit der Lehre des Streitpatents angestrebten Vorteile auf einfache Weise verwirklichen lassen. Einer der beiden Zapfen ist bei dieser Ausgestaltung zentrisch angeordnet und weist eine kegelstumpfförmige Kontur auf, der andere ist exzentrisch zur Drehachse angeordnet und kann auch radiusparallel verlaufende Seitenflächen besitzen. Die mit dem zentrisch angeordneten Zapfen korrespondierende Öffnung ist zentral und kreisrund, die andere Öffnung ist ein Langloch mit radiusparallelen Seitenkanten. Bei dieser Gestaltung übernimmt der zentrisch angeordnete Zapfen in Zusammenwirken mit der korrespondierenden Öffnung die Zentrierung der Kupplungsorgane, während der exzentrisch angeordnete Zapfen und das diesem korrespondierende Langloch für die exakte Winkellage der Kupplungsorgane zueinander verantwortlich ist (Streitpatentschrift Sp. 4 Z. 35-42). Damit beschreibt die Streitpatentschrift ein Ausführungsbeispiel, wie es mit Patentanspruch 2 beansprucht wird. Der gerichtliche Sachverständige hat dazu überzeugend ausgeführt, es seien jedoch auch Ausgestaltungen mit mehr als zwei Mitnehmerzapfen technisch möglich. Auch eine andere Gestaltung der Öffnungen, etwa zwei runde Öffnungen, komme in Betracht. Es seien dann allerdings engere Toleranzen einzuhalten.
Der Fachmann, der sich mit der Streitpatentschrift befaßt, wird danach, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, die Ausgestaltung, wie sie Gegenstand von Patentanspruch 2 und wie sie allein in der Beschreibung dargestellt ist, für die optimale, allerdings nicht für die allein mögliche Lösung halten. Als einen solchen Fachmann durchschnittlichen Wissens und Könnens

sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht und dem gerichtlichen Sachverständigen einen als Maschinenbautechniker ausgebildeten Konstrukteur von Spannwerkzeugen und Spannmitteln für Werkzeugmaschinen an, der sich durch mehrjährige Berufserfahrung einschlägige Kenntnisse auf diesem Spezialgebiet erworben hat.
4. Zu Unrecht macht die Klägerin hinsichtlich des Patentanspruchs 1 mangelnde Ausführbarkeit geltend. Jedenfalls das auch unter Patentanspruch 1 fallende Ausführungsbeispiel, in dem weitere Elemente in Patentanspruch 2 genannt sind, ist ausführbar. Damit ist aber auch Ausführbarkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gegeben. Hierfür ist es nach der Rechtsprechung des Senats nämlich nicht erforderlich, daß alle denkbaren unter den Wortlaut des Patentanspruchs 1 fallenden Ausgestaltungen ausgeführt werden können (vgl. Sen. BGHZ 147, 306, 317 - Taxol). Insbesondere müssen die Angaben , die der Fachmann zur Ausführung benötigt, nicht in Patentanspruch 1 enthalten sein, es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt ergeben (vgl. Sen.Beschl. v. 16.06.1998 - X ZB 3/97, GRUR 1998, 899, 900 - Alpinski). Dies ist hier der Fall.
II. 1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt , daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf erfinderischer Tätigkeit beruht und deshalb patentfähig ist. Der Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1, Art. 56 EPÜ liegt deshalb nicht vor. Zwar enthält die Gesamtkombination, wie sie das Streitpatent lehrt, zahlreiche Komponenten, die bereis im Formenschatz der Technik vorhanden waren. Ein solches Vorhandensein von Einzelmerkmalen begründet für sich jedoch noch nicht das Naheliegen ihrer Kombination

(Sen.Urt. v. 12.05.1998 - X ZR 115/96, GRUR 1999, 145, 148 - Stoßwellen- Lithotripter).

a) Die Kupplungsvorrichtung nach der deutschen Patentschrift 1 257 496, die in der Streitpatentschrift erwähnt wird, besteht ähnlich wie die Vorrichtung nach dem Streitpatent aus zwei koaxialen Kupplungsorganen und einer dazwischengefügten, in Umfangsrichtung starren Mitnehmerscheibe, wobei das eine Kupplungsorgan mit zwei von der Kupplungsfläche abstehenden Mitnehmerzapfen versehen und die Mantelfläche dieser Mitnehmerzapfen konisch ausgebildet ist. Die dort vorgeschlagene Kupplung dient jedoch einem anderen Zweck, sie soll nämlich bekannte Kupplungen so ausgestalten, daß sie nur in einer einzigen relativen Winkelstellung der Kupplungshälften einrückbar sind und die Drehbewegung spielfrei übertragen. Dagegen kommt es weder auf die Zentrizität der Verbindung noch auf die rasche und einfache Lösbarkeit und Repetiergenauigkeit an. Die Kupplung nach der deutschen Patentschrift 1 257 496 eignet sich zum Kuppeln eines in einem Gestell auf einem Kraftfahrzeug schwenkbar gelagerten Geräts, z.B. eines Fernrohrs, mit der Welle eines am Gestell abnehmbaren befestigten Synchrogebers. Die Kupplung besteht aus einem ersten Kupplungsorgan, aus einem an diesem beweglich geführten Mitnehmer, aus dazwischen angeordneten Teilen zum spielfreien Übertragen der Drehbewegung zwischen den Kupplungsorganen und dem Mitnehmer und schließlich aus dem zweiten Kupplungsorgan, das zur Schwenkachse , beispielsweise des Fernrohrs, gleichachsig angeordnet ist und von dem schwenkbaren Fernrohr spielfrei mitgenommen wird.
Im Unterschied zur Kupplungsvorrichtung nach dem Streitpatent werden die beiden Kupplungsorgane nach der Entgegenhaltung bei der Montage nicht

axial gegeneinander verspannt und damit auch nicht zentriert. Das erwähnte spielfreie Übertragen der Drehbewegung soll nach Anspruch 1 der deutschen Patentschrift 1 257 496 dadurch erreicht werden, daß die Druckfeder aus zwei parallelen biegsamen Drähten besteht; mittels dieser Federelemente wird die an dem ersten Kupplungsorgan angebrachte Mitnehmerscheibe gegen das zweite Kupplungsorgan gedrückt und damit werden die konischen Zapfen in die Öffnungen der Mitnehmerscheibe eingeführt, so daß die beiden Kupplungsorgane in der x-y-Ebene gekoppelt sind; eine gleichartige Fixierung in z-Richtung ist dem nicht zu entnehmen.
Damit gibt die deutsche Patentschrift 1 257 496 keine Anregung für eine optimale Zentrierung der Kupplungsorgane. Es geht bei ihr nicht um ein präzises Ausrichten, sondern um eine federnde Verbindung; eine Festlegung in der z-Achse erfolgt nicht. Erst recht lassen sich ihr keine Anregungen entnehmen, wie Mitnehmerzapfen und korrespondierende Öffnungen auszugestalten sind, um eine hochpräzise zentrische Einspannung und eine genau definierte Winkellage des Werkstücks in bezug auf die Bearbeitungseinrichtung zu erreichen. Schließlich ergibt sich keinerlei Hinweis, im Sinne des Merkmals 3.6.2 die Kanten der Öffnungen, in die die Mitnehmerzapfen eingreifen, so auszugestalten , daß sie ohne zusätzliche Hilfsmittel fest mit der korrespondierenden Scheibe zusammenwirken können, ohne auf die dort vorgesehenen Öffnungen präzise ausgerichtet zu sein. Anregungen, bei der Ausrichtung die Verformbarkeit der Federstahlscheibe auszunutzen und so die Notwendigkeit einer präzisen Abstimmung der Mitnehmerzapfen und der mit ihnen korrespondierenden Öffnungen zu vermeiden, lassen sich der Schrift nicht entnehmen.


b) Die US-Patentschrift 3.386.315 offenbart einen Indexmechanismus für eine Werkzeugdrehhalterung auf einer Drehbank. Der Indexmechanismus dient dazu, die Drehhalterung entsprechend dem gewünschten Arbeitsvorgang präzise zu positionieren. Auf einem Werkzeugschlitten ist ein scheibenförmiger Indextisch fest verschraubt. Durch eine Bohrung im Zentrum des Indextisches ist eine Spindel geführt, die am unteren Ende mit der Unterseite des Indextisches verschraubt ist. Die Spindel ist von einem Werkzeugsupport umgeben, der um die Spindel drehbar ist. Indextisch und Werkzeugsupport sind voneinander beabstandet. Auf dem äußeren Peripherieabschnitt des Indextisches sind auf der dem Werkzeugschlitten abgewandten Oberfläche vier radiale Rippen in Winkelintervallen von ca. 90 ° vorgesehen. Jede der Rippengruppen umfaßt eine radiale Nut, die in der oberen Fläche des Indextisches ausgebildet ist und einen Wulst, der beiderseits der Nut vorgesehen ist. Der Indextisch besitzt weiterhin vier kleine Ausnehmungen von kreisförmiger Gestalt, die gegenüber den inneren Enden der Nuten auf einem Kreisbogen angeordnet sind, dessen Zentrum in der Achse der Spindel liegt. An der Unterfläche des Werkzeugsupports ist ein kreisförmiges elastisches Blech befestigt, das an der dem Indextisch zugewandten Seite vier radiale Wülste aufweist, die in Winkelintervallen von ca. 90 ° angeordnet sind. Die Anordnung ist so getroffen, daß die Wülste in die gegenüber am Indextisch liegenden Nuten eingreifen können.
Die Ausrichtung des Werkzeugssupports in x-y-Ebene verläuft dabei in drei Schritten. Der Werkzeugsupport ist auf einer Seite mit einer Vertikalbohrung versehen, in welcher ein Positionierstift eingefangen ist. Dieser Positionierstift wird durch eine Spiralfeder so lange abwärts gedrückt, bis das untere Ende des Stiftes aus der vertikalen Bohrung durch die federnde Scheibe bis zum Kontakt mit der Oberfläche des Indextisches ragt. Wenn sich der Positio-

nierstift über einer der kreisförmigen Ausnehmungen auf der Oberfläche des Indextisches befindet, kann er in die Ausnehmung greifen und wirkt vorübergehend als Haltestift (US-Patentschrift Sp. 3 Z. 44-55 = deutsche Übers. S. 4 2. Abs.). Sodann kommt ein Sicherheitsstift zum Einsatz. Dieser befindet sich z.B. in Fig. 1 der Entgegenhaltung an der unteren Fläche des Werkzeugssupports und erstreckt sich durch die elastische Scheibe. Wird der Werkzeugsupport nach unten gedrückt, so fällt der Sicherheitsstift in eine der kreisförmigen Ausnehmungen auf der Oberfläche des Indextisches und bewirkt dort eine immer noch vorläufige, aber festere Ausrichtung. Wird der Werkzeugsupport sodann weiter abwärts gedrückt, beginnen die Wülste auf der elastischen Scheibe die benachbarten Nuten auf dem Indextisch zu ergreifen. Wenn die Wülste auf der elastischen Positionierscheibe und die zugeordneten Wülste auf dem Indextisch übereinanderliegen, liegt der Sicherheitsstift gegen die Oberfläche des Indextisches an. Dadurch wird eine weitere Abwärtsbewegung des Werkzeugsupports verhindert. Erst mit dem festen Eingriff der Wülste in die Nuten ist sodann eine endgültige Festlegung auf der x-y-Ebene erfolgt. Die z-Ausrichtung, die beim Streitpatent durch Auflage der drei von einem Kupplungsteil vorstehenden Abstandszapfen auf dem anderen Kupplungsorgan geschieht , erfolgt bei dem Indextisch durch Auflage einer vom Werkzeugsupport abstehenden Ringschulter.
Die Ausrichtung in x-y-Richtung, die bei der US-Patentschrift in den geschilderten drei Schritten verläuft, faßt das Streitpatent in einem einzigen zusammen , indem die exakte Positionierung in der x-y-Ebene und in Umfangsrichtung allein über Mitnehmerzapfen und korrespondierende Öffnungen erfolgt. Danach bestehen zwar Ähnlichkeiten zwischen der Lehre des Streitpatents und derjenigen der US-Patentschrift, was den Ablauf der Ausrichtung in

der x-y-Ebene betrifft. Beim Streitpatent kommen jedoch völlig andere Mittel zum Einsatz, für die der Fachmann in der US-Patentschrift kein Vorbild und auch keine Anregung fand.
Das Ineinandergreifen mehrerer Arbeitsschritte wie bei dem US-Patent verlangt ein hohes Maß an Präzision, bei dem nicht nur die einzelnen Schritte, sondern auch die bei deren Zusammenwirken eingesetzten Teile mit großer Genauigkeit aufeinander abgestimmt sein müssen. Der gerichtliche Sachverständige hat zur Überzeugung des Senats ausgeführt, daß die in der letzten Stufe der Ausrichtung in der x-y-Ebene verwendete Nut-Feder-Kombination eine exakte relative Lage von Nut und Feder erfordert, die bei der Entgegenhaltung u.a. über den Sicherungsstift gewährleistet wird, der damit ebenfalls in seiner Endstellung präzise ausgerichtet sein muß. In gleicher Weise kann der weitere, im ersten Schritt einer vorläufigen Positionierung dienende Stift seine Funktion nur erfüllen, wenn er fest in der Vertiefung ruht, die ihn aufnehmen soll, wenn er durch die im Ausführungsbeispiel gezeigte Feder herabgedrückt wird. Da er nicht eine Öffnung durchgreift, sondern in einer Vertiefung ruht, setzt die durch ihn bewirkte Sicherung ebenfalls ein gewisses Maß an Präzision voraus. Um von dieser Lösung mehrfach gestufter und aufeinander abgestimmter Maßnahmen zu derjenigen des Streitpatents zu gelangen, bedurfte es daher auch aus diesem Grunde nicht nur eines Wechsels der einzelnen Komponenten und ihrer Gestaltung; notwendig war vielmehr ein Übergang auf ein anderes Lösungskonzept, das in der Entgegenhaltung nicht angelegt ist. Die bei ihr schon in der x-y-Ebene erforderlichen mehreren Arbeitsschritte mußten auf einen einzigen reduziert und dabei erkannt werden, daß und mit welchen Mitteln dies ohne Verlust der Genauigkeit bei der Ausrichtung zu erzielen ist. Dafür konnte der Fachmann der Schrift nichts entnehmen.


c) Der übrige Stand der Technik liegt weiter ab, was auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, und vermochte dem Fachmann ebenfalls keine Anregung zu geben, die ihn, ohne daß es eines erfinderischen Schrittes bedurft hätte, zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents geführt hätte.
Deshalb hat Patentanspruch 1 des Streitpatents Bestand und mit ihm die Patentansprüche 2 bis 16, die die zweckmäßige Ausgestaltung des Gegenstands von Patentanspruch 1 betreffen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

(1) In dem Verfahren wegen Erklärung der Nichtigkeit des Patents oder des ergänzenden Schutzzertifikats weist das Patentgericht die Parteien so früh wie möglich auf Gesichtspunkte hin, die für die Entscheidung voraussichtlich von besonderer Bedeutung sein werden oder der Konzentration der Verhandlung auf die für die Entscheidung wesentlichen Fragen dienlich sind. Dieser Hinweis soll innerhalb von sechs Monaten nach Zustellung der Klage erfolgen. Ist eine Patentstreitsache anhängig, soll der Hinweis auch dem anderen Gericht von Amts wegen übermittelt werden. Das Patentgericht kann den Parteien zur Vorbereitung des Hinweises nach Satz 1 eine Frist für eine abschließende schriftliche Stellungnahme setzen. Setzt das Patentgericht keine Frist, darf der Hinweis nicht vor Ablauf der Frist nach § 82 Absatz 3 Satz 2 und 3 erfolgen. Stellungnahmen der Parteien, die nach Fristablauf eingehen, muss das Patentgericht für den Hinweis nicht berücksichtigen. Eines Hinweises nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die zu erörternden Gesichtspunkte nach dem Vorbringen der Parteien offensichtlich erscheinen. § 139 der Zivilprozessordnung ist ergänzend anzuwenden.

(2) Das Patentgericht kann den Parteien eine Frist setzen, binnen welcher sie zu dem Hinweis nach Absatz 1 durch sachdienliche Anträge oder Ergänzungen ihres Vorbringens und auch im Übrigen abschließend Stellung nehmen können. Die Frist kann verlängert werden, wenn die betroffene Partei hierfür erhebliche Gründe darlegt. Diese sind glaubhaft zu machen.

(3) Die Befugnisse nach den Absätzen 1 und 2 können auch von dem Vorsitzenden oder einem von ihm zu bestimmenden Mitglied des Senats wahrgenommen werden.

(4) Das Patentgericht kann Angriffs- und Verteidigungsmittel einer Partei oder eine Klageänderung oder eine Verteidigung des Beklagten mit einer geänderten Fassung des Patents, die erst nach Ablauf einer hierfür nach Absatz 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
die Berücksichtigung des neuen Vortrags eine Vertagung des bereits anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung erforderlich machen würde und
2.
die betroffene Partei die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
die betroffene Partei über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist glaubhaft zu machen.

(1) Eine Erfindung ist zur Erteilung eines Patents beim Deutschen Patent- und Markenamt anzumelden.

(2) Die Anmeldung kann auch über ein Patentinformationszentrum eingereicht werden, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt dazu bestimmt ist, Patentanmeldungen entgegenzunehmen. Eine Anmeldung, die ein Staatsgeheimnis (§ 93 Strafgesetzbuch) enthalten kann, darf bei einem Patentinformationszentrum nicht eingereicht werden.

(3) Die Anmeldung muß enthalten:

1.
den Namen des Anmelders;
2.
einen Antrag auf Erteilung des Patents, in dem die Erfindung kurz und genau bezeichnet ist;
3.
einen oder mehrere Patentansprüche, in denen angegeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll;
4.
eine Beschreibung der Erfindung;
5.
die Zeichnungen, auf die sich die Patentansprüche oder die Beschreibung beziehen.

(4) Die Erfindung ist in der Anmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, daß ein Fachmann sie ausführen kann.

(5) Die Anmeldung darf nur eine einzige Erfindung enthalten oder eine Gruppe von Erfindungen, die untereinander in der Weise verbunden sind, daß sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

(6) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Form und die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung zu erlassen. Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

(7) Auf Verlangen des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Anmelder den Stand der Technik nach seinem besten Wissen vollständig und wahrheitsgemäß anzugeben und in die Beschreibung (Absatz 3) aufzunehmen.

(8) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Hinterlegung von biologischem Material, den Zugang hierzu einschließlich des zum Zugang berechtigten Personenkreises und die erneute Hinterlegung von biologischem Material zu erlassen, sofern die Erfindung die Verwendung biologischen Materials beinhaltet oder sie solches Material betrifft, das der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist und das in der Anmeldung nicht so beschrieben werden kann, daß ein Fachmann die Erfindung danach ausführen kann (Absatz 4). Es kann diese Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf das Deutsche Patent- und Markenamt übertragen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 112/99 Verkündet am:
1. Oktober 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Patentnichtigkeitssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
Kupplungsvorrichtung II
EPÜ Art. 138 Abs. 1 Buchst. b; IntPatÜG Art. II § 1 Nr. 2
Die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung der geschützten Erfindung
benötigt, müssen nicht im Patentanspruch enthalten sein; es genügt,
wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt ergeben.
BGH, Urt. v. 1. Oktober 2002 - X ZR 112/99 - Bundespatentgericht
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 1. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis,
den Richter Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. MeierBeck
und Asendorf

für Recht erkannt:
Die Berufung gegen das am 20. April 1999 verkündete Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 111 092 (Streitpatents ), das auf einer Anmeldung vom 8. Oktober 1983 beruht, mit der Prioritäten schweizerischer Patentanmeldungen vom 18. Oktober 1982 und 18. August 1983 geltend gemacht worden sind. Das Streitpatent betrifft eine Kupplungsvorrichtung. Es hat im Einspruchsverfahren aufgrund der Entscheidung der Be-

schwerdekammer 3.2.1. des Europäischen Patentamts vom 11. Februar 1992 eine neue Fassung erhalten. Danach umfaßt das Streitpatent 16 Ansprüche; Anspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Deutsch:
"Kupplungsvorrichtung zur drehfesten und auswechselbaren Verbindung eines Werkstücks mit einer Bearbeitungseinrichtung mit zwei koaxialen Kupplungsorganen (1, 3) und einer dazwischengefügten , in Umfangsrichtung starren Mitnehmerscheibe (6), wobei das eine Kupplungsorgan (1) an der Bearbeitungseinrichtung befestigt ist, und mit wenigstens zwei von der Kupplungsfläche abstehenden Mitnehmerzapfen (7, 8) versehen ist, wobei die Mantelfläche der Mitnehmerzapfen (7, 8) zumindest teilweise konisch ausgebildet ist, wobei das andere Kupplungsorgan (3) das Werkstück trägt, und beim Werkstückwechsel zusammen mit diesem von dem einen Kupplungsorgan (1) lösbar ist, und wobei Mittel (2, 5) vorgesehen sind, die die beiden Kupplungsorgane (1, 3) in axialer Richtung lösbar gegeneinander verspannen, wobei ferner die Mitnehmerscheibe (6) aus Federstahl besteht und im Abstand von der Kupplungsfläche (16) des anderen Kupplungsorgans (3) drehfest mit diesem verbunden und mit Öffnungen (19, 20) versehen ist, die korrespondierend zu den Mitnehmerzapfen (7, 8) angeordnet sind und deren Kanten (21) die konischen Mantelflächen (10, 13) der Mitnehmerzapfen zumindest teilweise derart übergreifen, daß die Federstahlscheibe (6) in gespanntem Zustand der Kupplungsvorrichtung im Bereich der Öffnungen (19, 20) axial elastisch deformiert ist, und wobei eines (3) der beiden Kupplungsorgane (1, 3) mit drei über die Kupplungsfläche (16) vorstehenden Abstands-

zapfen (22) versehen ist, deren Stirnflächen (23) beim Kupplungseingriff gegen die Kupplungsfläche (9) des anderen Kupplungsorgans (1) aufliegen."
Wegen des Wortlauts der auf Patentanspruch 1 mittelbar oder unmittelbar rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 16 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Die Klägerin hat mit ihrer Nichtigkeitsklage die Nichtigerklärung des Streitpatents für die Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang beantragt. Sie hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig , weil er nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Bundespatentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung und dem Antrag,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils das europäische Patent 0 111 092 für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
In zweiter Instanz zieht die Klägerin auch in Zweifel, daß die erfindungsgemäße Lehre in der Patentschrift so offenbart werde, daß ein Fachmann sie ausführen könne.
Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Akademischer Direktor Dr.-Ing. O. W. hat als gerichtlicher Sachver- ständiger ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Entscheidungsgründe:


Das zulässige Rechtsmittel der Klägerin hat keinen Erfolg.
Soweit in der Erstreckung der Klage auf den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit eine Klageerweiterung liegt, ist diese als sachdienlich zuzulassen.
I. 1. Das Streitpatent betrifft eine Kupplungsvorrichtung zur drehfesten und auswechselbaren Verbindung eines Werkstücks mit einer Bearbeitungseinrichtung wie z.B. einer Drehbank, einer Fräsmaschine oder einer Schleifmaschine. Die Streitpatentschrift weist einleitend (Sp. 1 Z. 21 f.) darauf hin, daß im Präzisionswerkzeugbau außerordentlich hohe Anforderungen an die Genauigkeit gestellt würden, mit der ein Werkstück bearbeitet werden könne. Es müsse insbesondere gewährleistet sein, daß ein zu bearbeitendes Werkstück in genau definierter Lage in eine Bearbeitungseinrichtung eingespannt werden könne. An die Zentrizität würden dabei hohe Anforderungen gestellt. Außerdem sei es häufig notwendig, das zu bearbeitende Werkstück nacheinander in mehreren Bearbeitungseinrichtungen einzuspannen, um daran verschiedene Bearbeitungsvorgänge durchzuführen. Dies erfordere eine absolut zentrische und - je nach Arbeitsvorgang - auch winkelgenaue Einspannung in der jeweiligen

Bearbeitungseinrichtung. Diese Anforderungen stellen sich nach der Streitpa- tentschrift beispielsweise bei der Herstellung von Elektrodenkörpern für Erodiermaschinen ; die Anforderungen an die Maßgenauigkeit liegen dabei in einer Größenordnung von wenigen Tausendstel Millimetern.
Ein Einspannen des Werkstücks in eine Bearbeitungseinrichtung in genau definierter Lage mit nur geringen Toleranzen in bezug auf Exzentrizität läßt sich nach der Streitpatentschrift mit Hilfe von bekannten Konussitzen erzielen. Diese gewährleisteten zwar eine zwangsläufige Zentrierung mit sehr hoher Genauigkeit, seien andererseits jedoch anfällig gegen Verschmutzungen. Ein verunreinigter Konussitz sei entweder in seiner Genauigkeit beeinträchtigt oder lasse sich infolge übermäßiger Selbsthemmung nicht oder fast nicht mehr lösen. Bei einem Konussitz werde auch nicht die Forderung nach einer winkelgerechten Einspannung des Werkzeugs erfüllt. Die weiter gebräuchlichen Spannfutter haben nach der Streitpatentschrift den Nachteil, daß sie für Verschmutzungen anfällig sind und damit eine winkelgerechte Einspannung des Werkstücks nicht gewährleistet ist. Außerdem sei es bei hohen Anforderungen an die Zentrizität der Einspannung notwendig, Konussitz oder Spannfutter mit sehr hoher Präzision zu fertigen, was insbesondere dann hohen Aufwand und hohe Kosten mit sich bringe, wenn viele solcher Einspannvorrichtungen notwendig seien. Neben dieser Kritik am Stand der Technik sieht es die Streitpatentschrift als erstrebenswert an, bei einer Vielzahl von benötigten Einspannvorrichtungen die Werkstücke möglichst schnell und einfach in die Bearbeitungseinrichtungen einspannen zu können. Als Nachteil der aus der deutschen Patentschrift 1 257 496 bekannten Kupplungsvorrichtung bezeichnet die Streitpatentschrift , daß auch sie die Zentrizität und Repetiergenauigkeit der Verbindung nicht gewährleiste und sich nicht leicht lösen lasse.

Hieraus ist die dem Streitpatent zugrundeliegende Problemstellung abzuleiten , eine Kupplungsvorrichtung zur drehfesten auswechselbaren Verbin- dung eines Werkstücks mit einer Bearbeitungsvorrichtung zu schaffen, die nicht nur eine hochpräzise zentrische Einspannung, sondern zugleich auch eine genau definierte Winkellage des Werkstücks bezogen auf die Bearbeitungsvorrichtung gewährleistet, insbesondere auch dann, wenn die Verbindung oft gelöst und an gleicher oder anderer Stelle wieder hergestellt wird. Die Verbindung soll sich zudem schnell und einfach lösen lassen. Schließlich soll die Kupplungsvorrichtung möglichst unempfindlich gegen Verschmutzungen sein.
Die vom Streitpatent vorgeschlagene Lösung besteht nach dem Inhalt des Patentanspruchs 1 aus einer Kupplungsvorrichtung zur drehfesten und auswechselbaren Verbindung eines Werkstücks mit einer Bearbeitungseinrichtung
1. mit zwei axialen Kupplungsorganen, wobei
1.1 das eine Kupplungsorgan
1.1.1 an der Bearbeitungseinrichtung befestigt und
1.1.2 mit wenigstens zwei von der Kupplungsfläche abstehenden Mitnehmerzapfen versehen ist,
1.1.2.1 wobei die Mantelfläche der Mitnehmerzapfen zumindest teilweise konisch ausgebildet ist;

1.2 das andere Kupplungsorgan
1.2.1 das Werkstück trägt,
1.2.2 beim Werkstückwechsel zusammen mit diesem von dem einen Kupplungsorgan lösbar ist und
1.3 eines der beiden Kupplungsorgane mit drei Abstandszapfen versehen ist,
1.3.1 die über die Kupplungsfläche vorstehen und
1.3.2 deren Stirnflächen beim Kupplungseingriff gegen die Kupplungsfläche des anderen Kupplungsorgans aufliegen ;
2. mit Mitteln, die die beiden Kupplungsorgane in axialer Richtung gegeneinander verspannen;
3. mit einer Mitnehmerscheibe, die
3.1 zwischen die Kupplungsorgane gefügt und
3.2 in Umfangsrichtung starr ist,
3.3 aus Federstahl besteht,

3.4 drehfest mit dem anderen Kupplungsorgan verbunden ist,
3.5 im Abstand von der Kupplungsfläche des anderen Kupplungsorgans mit diesem verbunden ist und
3.6 mit Öffnungen versehen ist,
3.6.1 die korrespondierend zu den Mitnehmerzapfen angeordnet sind und
3.6.2 deren Kanten die konischen Mantelflächen der Mitnehmerzapfen zumindest teilweise derart übergreifen, daß die Federstahlscheibe in gespanntem Zustand der Kupplungsvorrichtung im Bereich der Öffnungen axial elastisch deformiert ist.
2. Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents ist danach eine Kupplungsvorrichtung, die aus zwei Kupplungsorganen besteht, die axial (z.B. durch eine Schraube) verbunden werden können. Eines der beiden Kupplungsorgane ist an der Bearbeitungseinrichtung befestigt. Dieses weist wenigstens zwei von der Kupplungsfläche abstehende Mitnehmerzapfen auf, deren Mantelfläche zumindest teilweise konisch ausgebildet ist. Das andere Kupplungsorgan trägt das Werkstück und ist mit diesem von dem an der Bearbeitungseinrichtung befestigten Kupplungsorgan zu lösen. Zwischen die Kupplungsorgane ist eine Federstahlscheibe gefügt, die drehfest mit dem Kupplungsorgan verbunden ist, das das Werkstück trägt. Diese Federstahlscheibe

weist Öffnungen auf, die mit den Mitnehmerzapfen korrespondieren. Über die Mitnehmerzapfen und die korrespondierenden Öffnungen erfolgt beim zunächst kraftfreien Positionieren die exakte Ausrichtung und Fixierung der beiden Kupplungsorgane zueinander in der x-y-Ebene und in Umfangsrichtung, d.h. in der Ebene der Mitnehmerscheibe. Die Kanten der korrespondierenden Öffnungen übergreifen die konischen Mantelflächen der Mitnehmerzapfen zumindest teilweise. An einem der beiden Kupplungsorgane befinden sich drei Abstandszapfen , die über die Kupplungsfläche vorstehen. Werden die zunächst in der x-y-Ebene und in Umfangsrichtung fixierten Kupplungsorgane verspannt, kommen die drei die Mitnehmerscheibe durchgreifenden Abstandszapfen an der Oberfläche des anderen Kupplungsorgans zur Anlage, bis sie fest anliegen. Dadurch wird die Ausrichtung der beiden Kupplungsorgane auch in der z-Achse erreicht.
Die Ausrichtung der Kupplungsorgane über Mitnehmerscheibe und Abstandshalter hat zum einen den Vorteil, daß auf mit den Abstandshaltern korrespondierende Vertiefungen oder die Verwendung von nut- und federartigen Mitnehmern verzichtet werden kann, in denen sich Schmutz sammeln kann mit der Folge, daß eine genaue Auflage und damit eine präzise Ausrichtung der Kupplungsorgane zueinander nicht mehr gewährleistet ist. Zum anderen kann bei ihr auf eine vollkommen präzise Abstimmung der Mitnehmerzapfen und aller mit ihnen korrespondierenden Öffnungen in der Mitnehmerscheibe verzichtet werden. Die Öffnungen für die Mitnehmerzapfen müssen nur auf eine exakte Mitnahme ausgerichtet sein; in radialer Richtung können sie, sofern sie nur in ihrem Zusammenwirken die exakte Ausrichtung der Kupplungsorgane in der x-y-Ebene und in Umfangsrichtung gewährleisten, wie in dem Ausführungsbeispiel gezeigt nach Art eines Langlochs gestaltet sein, dessen Maße

nur größenordnungsmäßig auf den korrespondierenden Zapfen abgestimmt sein müssen, weil die Federstahlscheibe und ihre Materialeigenschaften beim Eindringen der Zapfen in die korrespondierenden Öffnungen dazu führen, daß diese an den Rändern axial elastisch verformt und die Öffnungen aufgespreizt werden.
Die Positionierung der beiden Kupplungsorgane erfolgt demnach in getrennten Schritten: Die Zentrierung der beiden Kupplungsorgane und die Winkellage des Kupplungsorgans, das das Werkstück trägt, im Verhältnis zu dem anderen Kupplungsorgan wird durch das Eingreifen der Mitnehmerzapfen in die korrespondierenden Öffnungen erreicht, wobei die Kanten der Öffnungen in lose aufgesetzter Position die konische Mantelfläche der Zapfen nur zum Teil übergreifen. Die genaue Ausrichtung der beiden Kupplungsorgane in der z-Achse wird durch das Aufliegen der verspannten Abstandszapfen auf der Kupplungsfläche des mit der Bearbeitungseinrichtung verbundenen Kupplungsorgans bewirkt. Damit wird die Ausrichtung der Kupplungsorgane in der Drehachse gewährleistet und eine reibschlüssige Übertragung von Kräften und Drehmomenten von dem einen auf das andere Kupplungsorgan ermöglicht. Beim Verspannen werden zugleich die in lose aufgesetztem Zustand die Mantelfläche der Zapfen nur teilweise übergreifenden Ränder der korrespondierenden Öffnungen aufgespreizt. Dadurch werden eventuell vorhandene Schmutzpartikel und Abrieb beiseite geschoben und verteilen sich in dem Zwischenraum zwischen der Mitnehmerscheibe und der Oberfläche der Kupplungsorgane , so daß diese Verunreinigungen die Genauigkeit des zentrischen und winkelgenauen Ausrichtens nicht beeinträchtigen.

3. In der bevorzugten Ausführung beschreibt die Streitpatentschrift eine Ausgestaltung der erfindungsgemäßen Lehre, bei der zwei Mitnehmerzapfen und zwei korrespondierende Öffnungen vorhanden sind; der gerichtliche Sachverständige hat dies als die einzig sinnvolle Ausführungsform bezeichnet, bei der sich die mit der Lehre des Streitpatents angestrebten Vorteile auf einfache Weise verwirklichen lassen. Einer der beiden Zapfen ist bei dieser Ausgestaltung zentrisch angeordnet und weist eine kegelstumpfförmige Kontur auf, der andere ist exzentrisch zur Drehachse angeordnet und kann auch radiusparallel verlaufende Seitenflächen besitzen. Die mit dem zentrisch angeordneten Zapfen korrespondierende Öffnung ist zentral und kreisrund, die andere Öffnung ist ein Langloch mit radiusparallelen Seitenkanten. Bei dieser Gestaltung übernimmt der zentrisch angeordnete Zapfen in Zusammenwirken mit der korrespondierenden Öffnung die Zentrierung der Kupplungsorgane, während der exzentrisch angeordnete Zapfen und das diesem korrespondierende Langloch für die exakte Winkellage der Kupplungsorgane zueinander verantwortlich ist (Streitpatentschrift Sp. 4 Z. 35-42). Damit beschreibt die Streitpatentschrift ein Ausführungsbeispiel, wie es mit Patentanspruch 2 beansprucht wird. Der gerichtliche Sachverständige hat dazu überzeugend ausgeführt, es seien jedoch auch Ausgestaltungen mit mehr als zwei Mitnehmerzapfen technisch möglich. Auch eine andere Gestaltung der Öffnungen, etwa zwei runde Öffnungen, komme in Betracht. Es seien dann allerdings engere Toleranzen einzuhalten.
Der Fachmann, der sich mit der Streitpatentschrift befaßt, wird danach, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt hat, die Ausgestaltung, wie sie Gegenstand von Patentanspruch 2 und wie sie allein in der Beschreibung dargestellt ist, für die optimale, allerdings nicht für die allein mögliche Lösung halten. Als einen solchen Fachmann durchschnittlichen Wissens und Könnens

sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem Bundespatentgericht und dem gerichtlichen Sachverständigen einen als Maschinenbautechniker ausgebildeten Konstrukteur von Spannwerkzeugen und Spannmitteln für Werkzeugmaschinen an, der sich durch mehrjährige Berufserfahrung einschlägige Kenntnisse auf diesem Spezialgebiet erworben hat.
4. Zu Unrecht macht die Klägerin hinsichtlich des Patentanspruchs 1 mangelnde Ausführbarkeit geltend. Jedenfalls das auch unter Patentanspruch 1 fallende Ausführungsbeispiel, in dem weitere Elemente in Patentanspruch 2 genannt sind, ist ausführbar. Damit ist aber auch Ausführbarkeit des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 gegeben. Hierfür ist es nach der Rechtsprechung des Senats nämlich nicht erforderlich, daß alle denkbaren unter den Wortlaut des Patentanspruchs 1 fallenden Ausgestaltungen ausgeführt werden können (vgl. Sen. BGHZ 147, 306, 317 - Taxol). Insbesondere müssen die Angaben , die der Fachmann zur Ausführung benötigt, nicht in Patentanspruch 1 enthalten sein, es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt ergeben (vgl. Sen.Beschl. v. 16.06.1998 - X ZB 3/97, GRUR 1998, 899, 900 - Alpinski). Dies ist hier der Fall.
II. 1. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt , daß der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents auf erfinderischer Tätigkeit beruht und deshalb patentfähig ist. Der Nichtigkeitsgrund des Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1, Art. 56 EPÜ liegt deshalb nicht vor. Zwar enthält die Gesamtkombination, wie sie das Streitpatent lehrt, zahlreiche Komponenten, die bereis im Formenschatz der Technik vorhanden waren. Ein solches Vorhandensein von Einzelmerkmalen begründet für sich jedoch noch nicht das Naheliegen ihrer Kombination

(Sen.Urt. v. 12.05.1998 - X ZR 115/96, GRUR 1999, 145, 148 - Stoßwellen- Lithotripter).

a) Die Kupplungsvorrichtung nach der deutschen Patentschrift 1 257 496, die in der Streitpatentschrift erwähnt wird, besteht ähnlich wie die Vorrichtung nach dem Streitpatent aus zwei koaxialen Kupplungsorganen und einer dazwischengefügten, in Umfangsrichtung starren Mitnehmerscheibe, wobei das eine Kupplungsorgan mit zwei von der Kupplungsfläche abstehenden Mitnehmerzapfen versehen und die Mantelfläche dieser Mitnehmerzapfen konisch ausgebildet ist. Die dort vorgeschlagene Kupplung dient jedoch einem anderen Zweck, sie soll nämlich bekannte Kupplungen so ausgestalten, daß sie nur in einer einzigen relativen Winkelstellung der Kupplungshälften einrückbar sind und die Drehbewegung spielfrei übertragen. Dagegen kommt es weder auf die Zentrizität der Verbindung noch auf die rasche und einfache Lösbarkeit und Repetiergenauigkeit an. Die Kupplung nach der deutschen Patentschrift 1 257 496 eignet sich zum Kuppeln eines in einem Gestell auf einem Kraftfahrzeug schwenkbar gelagerten Geräts, z.B. eines Fernrohrs, mit der Welle eines am Gestell abnehmbaren befestigten Synchrogebers. Die Kupplung besteht aus einem ersten Kupplungsorgan, aus einem an diesem beweglich geführten Mitnehmer, aus dazwischen angeordneten Teilen zum spielfreien Übertragen der Drehbewegung zwischen den Kupplungsorganen und dem Mitnehmer und schließlich aus dem zweiten Kupplungsorgan, das zur Schwenkachse , beispielsweise des Fernrohrs, gleichachsig angeordnet ist und von dem schwenkbaren Fernrohr spielfrei mitgenommen wird.
Im Unterschied zur Kupplungsvorrichtung nach dem Streitpatent werden die beiden Kupplungsorgane nach der Entgegenhaltung bei der Montage nicht

axial gegeneinander verspannt und damit auch nicht zentriert. Das erwähnte spielfreie Übertragen der Drehbewegung soll nach Anspruch 1 der deutschen Patentschrift 1 257 496 dadurch erreicht werden, daß die Druckfeder aus zwei parallelen biegsamen Drähten besteht; mittels dieser Federelemente wird die an dem ersten Kupplungsorgan angebrachte Mitnehmerscheibe gegen das zweite Kupplungsorgan gedrückt und damit werden die konischen Zapfen in die Öffnungen der Mitnehmerscheibe eingeführt, so daß die beiden Kupplungsorgane in der x-y-Ebene gekoppelt sind; eine gleichartige Fixierung in z-Richtung ist dem nicht zu entnehmen.
Damit gibt die deutsche Patentschrift 1 257 496 keine Anregung für eine optimale Zentrierung der Kupplungsorgane. Es geht bei ihr nicht um ein präzises Ausrichten, sondern um eine federnde Verbindung; eine Festlegung in der z-Achse erfolgt nicht. Erst recht lassen sich ihr keine Anregungen entnehmen, wie Mitnehmerzapfen und korrespondierende Öffnungen auszugestalten sind, um eine hochpräzise zentrische Einspannung und eine genau definierte Winkellage des Werkstücks in bezug auf die Bearbeitungseinrichtung zu erreichen. Schließlich ergibt sich keinerlei Hinweis, im Sinne des Merkmals 3.6.2 die Kanten der Öffnungen, in die die Mitnehmerzapfen eingreifen, so auszugestalten , daß sie ohne zusätzliche Hilfsmittel fest mit der korrespondierenden Scheibe zusammenwirken können, ohne auf die dort vorgesehenen Öffnungen präzise ausgerichtet zu sein. Anregungen, bei der Ausrichtung die Verformbarkeit der Federstahlscheibe auszunutzen und so die Notwendigkeit einer präzisen Abstimmung der Mitnehmerzapfen und der mit ihnen korrespondierenden Öffnungen zu vermeiden, lassen sich der Schrift nicht entnehmen.


b) Die US-Patentschrift 3.386.315 offenbart einen Indexmechanismus für eine Werkzeugdrehhalterung auf einer Drehbank. Der Indexmechanismus dient dazu, die Drehhalterung entsprechend dem gewünschten Arbeitsvorgang präzise zu positionieren. Auf einem Werkzeugschlitten ist ein scheibenförmiger Indextisch fest verschraubt. Durch eine Bohrung im Zentrum des Indextisches ist eine Spindel geführt, die am unteren Ende mit der Unterseite des Indextisches verschraubt ist. Die Spindel ist von einem Werkzeugsupport umgeben, der um die Spindel drehbar ist. Indextisch und Werkzeugsupport sind voneinander beabstandet. Auf dem äußeren Peripherieabschnitt des Indextisches sind auf der dem Werkzeugschlitten abgewandten Oberfläche vier radiale Rippen in Winkelintervallen von ca. 90 ° vorgesehen. Jede der Rippengruppen umfaßt eine radiale Nut, die in der oberen Fläche des Indextisches ausgebildet ist und einen Wulst, der beiderseits der Nut vorgesehen ist. Der Indextisch besitzt weiterhin vier kleine Ausnehmungen von kreisförmiger Gestalt, die gegenüber den inneren Enden der Nuten auf einem Kreisbogen angeordnet sind, dessen Zentrum in der Achse der Spindel liegt. An der Unterfläche des Werkzeugsupports ist ein kreisförmiges elastisches Blech befestigt, das an der dem Indextisch zugewandten Seite vier radiale Wülste aufweist, die in Winkelintervallen von ca. 90 ° angeordnet sind. Die Anordnung ist so getroffen, daß die Wülste in die gegenüber am Indextisch liegenden Nuten eingreifen können.
Die Ausrichtung des Werkzeugssupports in x-y-Ebene verläuft dabei in drei Schritten. Der Werkzeugsupport ist auf einer Seite mit einer Vertikalbohrung versehen, in welcher ein Positionierstift eingefangen ist. Dieser Positionierstift wird durch eine Spiralfeder so lange abwärts gedrückt, bis das untere Ende des Stiftes aus der vertikalen Bohrung durch die federnde Scheibe bis zum Kontakt mit der Oberfläche des Indextisches ragt. Wenn sich der Positio-

nierstift über einer der kreisförmigen Ausnehmungen auf der Oberfläche des Indextisches befindet, kann er in die Ausnehmung greifen und wirkt vorübergehend als Haltestift (US-Patentschrift Sp. 3 Z. 44-55 = deutsche Übers. S. 4 2. Abs.). Sodann kommt ein Sicherheitsstift zum Einsatz. Dieser befindet sich z.B. in Fig. 1 der Entgegenhaltung an der unteren Fläche des Werkzeugssupports und erstreckt sich durch die elastische Scheibe. Wird der Werkzeugsupport nach unten gedrückt, so fällt der Sicherheitsstift in eine der kreisförmigen Ausnehmungen auf der Oberfläche des Indextisches und bewirkt dort eine immer noch vorläufige, aber festere Ausrichtung. Wird der Werkzeugsupport sodann weiter abwärts gedrückt, beginnen die Wülste auf der elastischen Scheibe die benachbarten Nuten auf dem Indextisch zu ergreifen. Wenn die Wülste auf der elastischen Positionierscheibe und die zugeordneten Wülste auf dem Indextisch übereinanderliegen, liegt der Sicherheitsstift gegen die Oberfläche des Indextisches an. Dadurch wird eine weitere Abwärtsbewegung des Werkzeugsupports verhindert. Erst mit dem festen Eingriff der Wülste in die Nuten ist sodann eine endgültige Festlegung auf der x-y-Ebene erfolgt. Die z-Ausrichtung, die beim Streitpatent durch Auflage der drei von einem Kupplungsteil vorstehenden Abstandszapfen auf dem anderen Kupplungsorgan geschieht , erfolgt bei dem Indextisch durch Auflage einer vom Werkzeugsupport abstehenden Ringschulter.
Die Ausrichtung in x-y-Richtung, die bei der US-Patentschrift in den geschilderten drei Schritten verläuft, faßt das Streitpatent in einem einzigen zusammen , indem die exakte Positionierung in der x-y-Ebene und in Umfangsrichtung allein über Mitnehmerzapfen und korrespondierende Öffnungen erfolgt. Danach bestehen zwar Ähnlichkeiten zwischen der Lehre des Streitpatents und derjenigen der US-Patentschrift, was den Ablauf der Ausrichtung in

der x-y-Ebene betrifft. Beim Streitpatent kommen jedoch völlig andere Mittel zum Einsatz, für die der Fachmann in der US-Patentschrift kein Vorbild und auch keine Anregung fand.
Das Ineinandergreifen mehrerer Arbeitsschritte wie bei dem US-Patent verlangt ein hohes Maß an Präzision, bei dem nicht nur die einzelnen Schritte, sondern auch die bei deren Zusammenwirken eingesetzten Teile mit großer Genauigkeit aufeinander abgestimmt sein müssen. Der gerichtliche Sachverständige hat zur Überzeugung des Senats ausgeführt, daß die in der letzten Stufe der Ausrichtung in der x-y-Ebene verwendete Nut-Feder-Kombination eine exakte relative Lage von Nut und Feder erfordert, die bei der Entgegenhaltung u.a. über den Sicherungsstift gewährleistet wird, der damit ebenfalls in seiner Endstellung präzise ausgerichtet sein muß. In gleicher Weise kann der weitere, im ersten Schritt einer vorläufigen Positionierung dienende Stift seine Funktion nur erfüllen, wenn er fest in der Vertiefung ruht, die ihn aufnehmen soll, wenn er durch die im Ausführungsbeispiel gezeigte Feder herabgedrückt wird. Da er nicht eine Öffnung durchgreift, sondern in einer Vertiefung ruht, setzt die durch ihn bewirkte Sicherung ebenfalls ein gewisses Maß an Präzision voraus. Um von dieser Lösung mehrfach gestufter und aufeinander abgestimmter Maßnahmen zu derjenigen des Streitpatents zu gelangen, bedurfte es daher auch aus diesem Grunde nicht nur eines Wechsels der einzelnen Komponenten und ihrer Gestaltung; notwendig war vielmehr ein Übergang auf ein anderes Lösungskonzept, das in der Entgegenhaltung nicht angelegt ist. Die bei ihr schon in der x-y-Ebene erforderlichen mehreren Arbeitsschritte mußten auf einen einzigen reduziert und dabei erkannt werden, daß und mit welchen Mitteln dies ohne Verlust der Genauigkeit bei der Ausrichtung zu erzielen ist. Dafür konnte der Fachmann der Schrift nichts entnehmen.


c) Der übrige Stand der Technik liegt weiter ab, was auch die Klägerin nicht in Zweifel zieht, und vermochte dem Fachmann ebenfalls keine Anregung zu geben, die ihn, ohne daß es eines erfinderischen Schrittes bedurft hätte, zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents geführt hätte.
Deshalb hat Patentanspruch 1 des Streitpatents Bestand und mit ihm die Patentansprüche 2 bis 16, die die zweckmäßige Ausgestaltung des Gegenstands von Patentanspruch 1 betreffen.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 ZPO.
Melullis Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

(1) Hat der Anmelder zu einer internationalen Anmeldung, für die das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist, beantragt, daß eine internationale vorläufige Prüfung der Anmeldung nach Kapitel II des Patentzusammenarbeitsvertrags durchgeführt wird, und hat er die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat angegeben, in dem er die Ergebnisse der internationalen vorläufigen Prüfung verwenden will ("ausgewählter Staat"), so ist das Deutsche Patent- und Markenamt ausgewähltes Amt.

(2) Ist die Auswahl der Bundesrepublik Deutschland vor Ablauf des 19. Monats seit dem Prioritätsdatum erfolgt, so ist § 4 Absatz 2 und 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Artikels 23 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages Artikel 40 Absatz 2 des Patentzusammenarbeitsvertrages tritt.

(1) In dem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gelten die Bestimmungen des § 144 über die Streitwertfestsetzung entsprechend.

(2) In dem Urteil ist auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkosten (§§ 91 bis 101) sind entsprechend anzuwenden, soweit nicht die Billigkeit eine andere Entscheidung erfordert; die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 bis 107) und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen (§§ 724 bis 802) sind entsprechend anzuwenden.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)