Bundesgerichtshof Urteil, 15. Sept. 2010 - XII ZR 148/09

bei uns veröffentlicht am15.09.2010
vorgehend
Amtsgericht Bottrop, 14 F 187/08, 14.11.2008
Oberlandesgericht Hamm, 2 UF 241/08, 06.08.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 148/09 Verkündet am:
15. September 2010
Breskic,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB setzt die Verwirkung wegen einer
schweren Verfehlung ein Verschulden des Unterhaltsberechtigten voraus. Es
genügt nicht, wenn er in einem natürlichen Sinne vorsätzlich gehandelt hat.

b) Eine Störung familiärer Beziehungen im Sinne des § 1611 BGB genügt
grundsätzlich nicht, um eine unbillige Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1
Nr. 2 SGB XII zu begründen und damit einen Anspruchsübergang auf den
Träger der Sozialhilfe auszuschließen.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der nach § 1611 BGB zu beurteilende Lebenssachverhalt
aus Sicht des Sozialhilferechts auch soziale Belange erfasst,
die einen Übergang des Anspruches nach öffentlich-rechtlichen Kriterien ausschließen
(Klarstellung zum Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01
- FamRZ 2004, 1097).
BGH, Urteil vom 15. September 2010 - XII ZR 148/09 - OLG Hamm
AG Bottrop
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. September 2010 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Dose, Dr. Klinkhammer, Schilling und Dr. Günter

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. August 2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Elternunterhalt für seine 1935 geborene Mutter aus übergegangenem Recht in Anspruch.
2
Die Klägerin ist Trägerin der öffentlichen Hilfe, die der Mutter des Beklagten , Frau M., seit November 2005 gewährt wird. Frau M. befindet sich seit April 2005 in einem Pflegeheim. Sie litt schon während der Kindheit des Beklagten an einer Psychose mit schizophrener Symptomatik und damit einhergehend an Antriebsschwäche und Wahnideen. Frau M. hat den 1961 geborenen Beklagten bis zur Trennung und Scheidung von ihrem damaligen Ehemann im Jahr 1973 - mit Unterbrechungen wegen zum Teil längerer stationärer Krankenhausaufenthalte - erzogen und versorgt. Seit spätestens 1977 besteht - bis auf gele- gentliche Zusammentreffen auf Familienfeiern - kein Kontakt mehr zwischen dem Beklagten und seiner Mutter.
3
Die Klägerin forderte den Beklagten mit Rechtswahrungsanzeige vom 9. November 2005 zur Auskunftserteilung auf. Dieser erteilte Auskunft und berief sich auf Verwirkung gemäß § 1611 BGB. Nach Bezifferung des Anspruchs im Dezember 2006 und Zahlungsaufforderung im März 2007 hat die Klägerin schließlich im April 2008 Klage erhoben.
4
Das Familiengericht hat den Anspruch auf Zahlung von Elternunterhalt für den Zeitraum von November 2005 bis einschließlich März 2007 gemäß § 242 BGB als verwirkt angesehen. Im Übrigen hat es den Beklagten zur Zahlung rückständigen sowie laufenden Elternunterhalts für die Zeit von Mai 2008 an in Höhe von monatlich 649 € verurteilt.
5
Die hiergegen eingelegte Berufung des Beklagten blieb erfolglos. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht den Beklagten verurteilt, rückständigen Elternunterhalt an die Klägerin bereits ab November 2005 und laufenden Unterhalt zu zahlen, u.a. von Januar bis Juni 2009 in Höhe von 674 € sowie von Juli 2009 an in Höhe von monatlich 701 €.
6
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2010, 303 veröffentlicht ist, hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
9
Der Klägerin stehe gegen den Beklagten für die Zeit von November 2005 an Elternunterhalt zu. Die Mutter des Beklagten sei spätestens seit November 2005 unterhaltsbedürftig. Nach Abzug ihrer eigenen Einkünfte von den für sie aufgewandten Heimkosten, dem Barbedarf und den notwendigen einmaligen Beihilfen verbleibe für sie ein ungedeckter Restbedarf von mehr als 701 € monatlich. Unter Berücksichtigung des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens des Beklagten, das sich in den Jahren von 2005 bis 2008 zwischen 3.077,47 € und 3.319,44 € bewegt habe, der jeweils hinzuzurechnenden Steuererstattung und unter Beachtung der unterhaltsrechtlich relevanten Abzüge sei der Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum überwiegend leistungsfähig.
10
Der rückständige Unterhaltsanspruch der Klägerin sei nicht nach § 242 BGB verwirkt. Es bestünden bereits Bedenken dagegen, dass das erforderliche Zeitmoment erfüllt sei. Jedenfalls lägen keine Umstände vor, die es rechtfertigten , dass sich der Beklagte habe darauf einrichten dürfen, von der Klägerin nicht mehr auf Elternunterhalt in Anspruch genommen zu werden. Der Beklagte habe aus dem Inhalt der außergerichtlichen Schreiben der Klägerin vom 18. April 2006 und vom 27. August 2007 zweifelsfrei erkennen können, dass diese die auf sie übergegangenen Unterhaltsansprüche seiner Mutter weiter verfolge.
11
Der Unterhaltsanspruch der Mutter des Beklagten sei auch nicht gemäß § 1611 BGB verwirkt. Das einmalige Zerschneiden der Kleidung der Kinder, die Verursachung des Waschzwangs und das mehrfache - seinem Umfang nach nicht näher dargelegte - Aussperren aus der Wohnung stellten vor dem Hinter- grund der psychischen Erkrankung der Mutter des Beklagten ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine schwere Verfehlung dar. Soweit der Beklagte seiner Mutter vorwerfe, sie habe den Kontakt zu ihm nach der Trennung abgebrochen und dabei jedes Maß an emotionaler Zuneigung missen lassen, sei sein Vortrag widersprüchlich. Nach dem Inhalt der Beiakten habe seine Mutter im Jahr 1975 einen Antrag auf Regelung der Umgangskontakte gestellt, der an dem Willen des Beklagten gescheitert sei. Ebenso wenig könne eine gröbliche Verletzung der Unterhaltspflicht im Sinne von § 1611 BGB angenommen werden.
12
Im Übrigen fehle es an einem für eine Verwirkung erforderlichen Verschulden der unterhaltsbedürftigen Mutter des Beklagten. Die vom Beklagten beschriebenen Betreuungsausfälle und ihre Unfähigkeit, spätestens ab 1971 für den Naturalunterhalt und ab dem Zeitpunkt der Trennung vom Vater des Beklagten für seinen Barunterhalt aufzukommen, beruhten unstreitig auf der Erkrankung seiner Mutter an schizophrener Psychose.
13
Schließlich stünde dem Übergang des Unterhaltsanspruchs der Mutter auf die Klägerin auch § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII nicht entgegen. Eine unbillige Härte im Sinne dieser Vorschrift liege dann vor, wenn mit der Heranziehung des Unterhaltspflichtigen zum Elternunterhalt soziale Belange vernachlässigt würden. Seien lediglich familiäre Belange betroffen, komme eine Anwendung des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII nicht in Betracht. Diese Einschränkung folge daraus, dass den familiären Belangen bereits durch die Vorschrift des § 1611 BGB hinreichend Rechnung getragen sei. Es müssten daher Umstände vorliegen, die es gerade aus dem Blickwinkel des Sozialrechts unzumutbar erscheinen ließen, wenn jemand zum Unterhalt für seine Eltern herangezogen werde. Daran fehle es. Ziel der Gewährung der öffentlichen Hilfe für die Mutter des Beklagten sei nicht die Entlastung des Beklagten von seiner Unterhaltsverpflichtung. Einer solchen Zielsetzung stünde bereits entgegen, dass der Beklagte aufgrund seiner relativ hohen Einkünfte und mangels weiterer Unterhaltsverpflichtungen wirtschaftlich ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung in der Lage sei, den begehrten Unterhalt für seine Mutter zu leisten. Es seien auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Heranziehung des Beklagten zu den der Klägerin entstandenen Kosten zu einer nachhaltigen Störung des Familienfriedens führte.
14
Schließlich sei ein kausaler Zusammenhang der schicksalhaften Erkrankung der Mutter mit einem Handeln des Staates oder seiner Organe, der soziale Belange begründen könnte, anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall eines psychisch erkrankten Kriegsheimkehrers (Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097) nicht feststellbar.

II.

15
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
16
1. Allerdings weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass seine Revision uneingeschränkt zulässig sei.
17
Zwar hat das Berufungsgericht die Revision "im Hinblick auf den unbestimmten Rechtsbegriff der 'unbilligen Härte' im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII und die erforderliche Abgrenzung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift im Verhältnis zu den Tatbeständen der Verwirkung nach § 1611 BGB" zugelassen. Die Revision weist jedoch zu Recht darauf hin, dass - sollte hierin eine Beschränkung der Revisionszulassung auf eine bestimmte Rechtsfrage liegen - diese unbeachtlich sei.
18
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichthofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278; BGH Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - BGHR ZPO (1. Januar 2002) § 543 - Revisionszulassung, beschränkte 1).
19
Die Frage der Verwirkung bzw. des Anspruchsübergangs betrifft den gesamten Streitgegenstand, also auch die Geltendmachung rückständigen Unterhalts. Da das Berufungsgericht eine Verwirkung gemäß § 242 BGB abgelehnt hat, mithin den Anspruch von November 2005 an zuerkannt hat, obliegt auch dieser Teil des Streitgegenstands der weiteren Überprüfung, ob er möglicherweise der Verwirkung nach § 1611 BGB unterliegt bzw. ob insoweit ein Übergang des Anspruchs auf die Klägerin wegen unbilliger Härte gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII ausgeschlossen ist. Es fehlt mithin an einem tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes, der eine auf diesen Teil beschränkte Überprüfung durch das Revisionsgericht erlaubte.
20
2. Das Berufungsgericht hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung von Elternunterhalt aus übergegangenem Recht gemäß §§ 1601 BGB, 94 SGB XII verurteilt.
21
a) Die Revision beanstandet, dass das Berufungsgericht eine Verwirkung nach § 242 BGB bzw. § 1611 BGB abgelehnt und einen Anspruchsübergang auf die Klägerin gemäß § 94 SGB XII bejaht habe. Die übrigen Feststellungen bzw. Ausführungen des Berufungsgerichts zu Grund und Höhe des geltend gemachten Unterhaltsanspruchs greift die Revision nicht an. Insoweit sind Rechtsfehler auch nicht ersichtlich.
22
b) Ebenso wenig sind die Ausführungen des Berufungsgerichts zu beanstanden , wonach der rückständige Unterhaltsanspruch der Klägerin nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwirkt ist.
23
aa) Eine Verwirkung kommt nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre, und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Senatsurteile vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698; vom 22. November 2006 - XII ZR 152/04 - FamRZ 2007, 453, 455 und vom 10. Dezember 2003 - XII ZR 155/01 - FamRZ 2004, 531, 532). Für Unterhaltsansprüche sind an das Zeitmoment der Verwirkung keine strengen Anforderungen zu stellen. Von einem Unterhaltsgläubiger, der lebensnotwendig auf Unterhaltsleistungen angewiesen ist, muss eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, dass er sich zeitnah um die Durchsetzung des Anspruchs bemüht. Anderenfalls können Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. Abgesehen davon sind im Unterhaltsrechtsstreit die für die Bemessung des Unterhalts maßgeblichen Einkommensverhältnisse der Parteien nach längerer Zeit oft nur schwer aufklärbar. Diese Gründe, die eine möglichst zeitnahe Geltendmachung von Unterhalt nahe legen, sind so gewichtig, dass das Zeitmoment der Verwirkung auch dann erfüllt sein kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1699). Dieselben Anforderungen gelten, wenn die aus übergegangenem Recht klagende Behörde tätig wird. Zwar ist diese - anders als der ursprüngli- che Unterhaltsgläubiger - nicht lebensnotwendig auf die Realisierung der Forderungen angewiesen. Jedoch ist die Behörde aufgrund der Natur, des Inhalts und des Umfangs des Unterhaltsanspruchs, der sich durch den Übergang nicht verändert, gehalten, sich um dessen zeitnahe Durchsetzung zu bemühen (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1699).
24
Neben dem Zeitmoment kommt es für die Verwirkung auf das Umstandsmoment an, d.h. es müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Unterhaltsverpflichtete sich nach Treu und Glauben darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass der Unterhaltsberechtigte sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Dabei kommt es jedoch nicht auf konkrete Vertrauensinvestitionen des Unterhaltsschuldners bzw. auf das Entstehen besonderer Nachteile durch die späte Inanspruchnahme an (Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698, 1699).
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bb) Unter Anwendung dieser Maßstäbe ist das Berufungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass hier eine Verwirkung nach § 242 BGB ausscheidet.
26
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin den Beklagten mit Rechtswahrungsanzeige vom 9. November 2005 zur Auskunftserteilung über sein Einkommen aufgefordert. Nachdem dieser die geforderte Auskunft erteilt und zugleich den Einwand der Verwirkung gemäß § 1611 BGB erhoben hatte, hat die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 18. April 2006 und vom 16. November 2006 vergeblich aufgefordert, seinen Vortrag zu den eine mögliche Verwirkung begründenden Umständen zu ergänzen und entsprechende Belege einzureichen. Sodann hat die Klägerin ihre Ansprüche mit Schreiben vom 20. Dezember 2006 beziffert. Den Beklagten hat sie mit Schreiben vom 1. März 2007 vergeblich zur Zahlung des Elternunterhalts aufgefor- dert. Nach einer schriftlichen Zahlungserinnerung vom 27. August 2007 hat sie im April 2008 Klage erhoben.
27
Damit ist weder dem Zeitmoment noch dem Umstandsmoment Rechnung getragen.
28
(1) Für das Zeitmoment sind nicht nur die Aufforderung der Klägerin zur Auskunftserteilung, die Bezifferung des Unterhaltsanspruchs und die Zahlungsaufforderung von Bedeutung. Vielmehr fallen hierunter auch Vorgänge, die zwar nicht unmittelbar der Durchsetzung des Anspruchs, aber ihrer Vorbereitung dienen , wie etwa das Einräumen von Stellungnahmefristen, die eine weitere Sachverhaltsaufklärung ermöglichen sollen.
29
Aus einer Gesamtschau des Schriftverkehrs ergibt sich, dass das Verhalten der Klägerin von dem Bemühen getragen war, den Anspruch zeitnah durchzusetzen. Dem steht nicht entgegen, dass sie dem Beklagten zugleich die Möglichkeit eingeräumt hat, im Hinblick auf die lang zurückliegenden Geschehnisse den von ihm geltend gemachten Verwirkungseinwand zu erhärten. Dabei liegt der längste Abstand von rund acht Monaten zwischen der Zahlungsaufforderung vom 27. August 2007 und der Klagerhebung im April 2008.
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(2) Selbst wenn man die Schreiben der Klägerin, die dem Beklagten die Möglichkeit einräumen sollten, den Streit außergerichtlich beizulegen, bei der Prüfung des Zeitmoments unberücksichtigt ließe, stünde jedenfalls - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - das Umstandsmoment einer Verwirkung nach § 242 BGB entgegen. Denn dem Beklagten musste aufgrund dieser Schreiben klar sein, dass die Klägerin nach wie vor mit der Prüfung des Anspruchs beschäftigt war, um diesen bei Fehlen erheblicher Einwendungen ggf. einer gerichtlichen Durchsetzung zuzuführen. Dass sich das ganze Verfahren zeitlich gestreckt hat, kann der Klägerin auch deshalb nicht zum Vorwurf ge- macht werden, weil der Beklagte ausweislich der in Bezug genommenen Schreiben nichts weiter vorgetragen hatte.
31
c) Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Berufungsgericht eine Verwirkung des auf die Klägerin übergegangenen Unterhaltsanspruchs gemäß § 1611 BGB abgelehnt hat.
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aa) Nach § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht, wenn der Unterhaltsberechtigte u.a. seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Die Unterhaltspflicht entfällt vollständig, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten im Hinblick darauf grob unbillig wäre, § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei kann sich eine gröbliche Vernachlässigung der eigenen Unterhaltspflicht i.S.v. § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB auch auf die Gewährung von Naturalunterhalt beziehen (Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560). Eine schwere Verfehlung gemäß § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB kann regelmäßig nur bei einer tief greifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden. Dabei kann sich auch eine - durch Unterlassen herbeigeführte - Verletzung elterlicher Pflichten wie etwa der Aufsichtspflicht oder der Pflicht zu Beistand und Rücksicht i.S.v. § 1618 a BGB als Verfehlung gegen das Kind darstellen (Senatsurteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - FamRZ 2004, 1559, 1560).
33
bb) Dass das Berufungsgericht diese Voraussetzungen aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen nicht als gegeben angesehen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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(1) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen einer gröblichen Vernachlässigung der Unterhaltspflicht seitens Frau M. verneint. Nach seinen Feststellungen ist davon auszugehen, dass Frau M. ab dem neunten bzw. zehnten Lebensjahr des Beklagten krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war, die Kindesbetreuung sicherzustellen. Eine Verpflichtung der Mutter des Beklagten zur Betreuung und Pflege ihrer Kinder habe nur bis zu der Trennung der Eltern im Jahre 1972 bzw. 1973 und dem anschließenden Aufenthalt des Beklagten beim Vater bestanden.
35
Dass das Berufungsgericht auf Grundlage dieser - von der Revision nicht angegriffenen - Feststellungen eine gröbliche Vernachlässigung der Unterhaltspflicht verneint hat, ist vor dem Hintergrund der Erkrankung von Frau M., wegen derer sie sich ab 1971 mehrfach in längerfristige stationäre Behandlung begeben musste, nicht zu beanstanden. Denn da die Mutter krankheitsbedingt nicht in der Lage war, den Beklagten angemessen zu betreuen, war sie wegen dieser Einschränkungen - wie ein Barunterhalt schuldender Elternteil bei wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit - nicht zum Unterhalt verpflichtet; entsprechendes gilt für die nach der Trennung der Eltern eingetretene Barunterhaltspflicht. Damit kann nicht von einer gröblichen Vernachlässigung der Unterhaltspflicht ausgegangen werden.
36
(2) Zu Recht hat das Berufungsgericht zudem entschieden, dass sich Frau M. nicht vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Beklagten schuldig gemacht habe.
37
(a) Das Berufungsgericht hat bereits den objektiven Tatbestand als nicht erfüllt angesehen. Zutreffend hat es darauf hingewiesen, dass § 1611 BGB eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift ist. Wenn das Berufungsgericht unter dieser Prämisse das einmalige Zerschneiden der Kleidung der Kinder, die Ver- ursachung des Waschzwangs beim Beklagten und das mehrfache Aussperren der Kinder aus der Wohnung ohne Hinzutreten besonderer Umstände vor dem Hintergrund der psychischen Erkrankung der Mutter nicht als schwere Verfehlung qualifiziert, ist diese tatrichterliche Würdigung als vertretbar zu erachten.
38
Soweit der Beklagte seiner Mutter vorwirft, sie habe den Kontakt zu ihm nach der Trennung abgebrochen und dabei jedes Maß an emotionaler Zuneigung missen lassen, weist das Berufungsgericht zu Recht auf die Widersprüchlichkeit dieses Vortrages hin. Denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat seine Mutter im Jahr 1975 einen Antrag auf Regelung der Umgangskontakte gestellt. Zutreffend verweist es zudem darauf, dass der Antrag letztendlich am Willen des Beklagten gescheitert sei. Auch wenn der Grund für die Ablehnung der Umgangskontakte durch den Beklagten letztlich das damalige Verhalten seiner Mutter gewesen sein dürfte, ändert dies nichts an der Tatsache, dass sich seine Mutter im Rahmen ihrer Möglichkeiten um eine Fortführung des Mutter-Kind-Verhältnisses bemüht hat. Von einer schweren vorsätzlichen Verfehlung kann daher nicht gesprochen werden.
39
(b) Im Übrigen träfe die Mutter des Beklagten an einer schweren Verfehlung - was auch die Revision einräumt - kein Verschulden.
40
Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 1611 Abs. 1 Satz 1 Alt. 3 BGB setzt die Verwirkung voraus, dass der Unterhaltsberechtigte sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat. Deshalb setzt die Anwendung von § 1611 BGB insoweit - worauf die Revision zutreffend hinweist - ein Verschulden voraus (MünchKommBGB/Born 5. Aufl. § 1611 Rn. 27; Staudinger/Engler BGB Neubearb. 2000 § 1611 Rn. 25).
41
Soweit die Revision in Anlehnung an das Pflichtteilsrecht und unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2005 zu § 2333 Abs. 1 Nr. 1 BGB (FamRZ 2005, 872, 877) meint, ein Verschulden im rechtstechnischen Sinne sei nicht erforderlich, vielmehr genüge es, wenn der Unterhaltsberechtigte in einem natürlichen Sinne vorsätzlich handle , verkennt sie, dass in § 2333 Abs. 1 Nr. 1 BGB - anders als in § 1611 Abs. 1 BGB - ein schuldhaftes Verhalten als Tatbestandsmerkmal nicht aufgenommen worden ist; hierauf hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich abgestellt (BVerfG FamRZ 2005, 872, 877). Zwar hatte § 1611 Abs. 2 BGB in seiner bis zum 1. Juli 1970 geltenden Fassung für die Verwirkung u.a. auch auf die Pflichtteilsentziehungstatbestände verwiesen (vgl. Palandt/Lauterbach BGB 26. Aufl. § 1611 BGB). Jedoch war damals schon Voraussetzung für eine Verwirkung, dass sich der Unterhaltsberechtigte einer Verfehlung "schuldig" gemacht hatte, die den Unterhaltspflichtigen berechtigte, ihm den Pflichtteil zu entziehen. Im Übrigen hat der Gesetzgeber bei der Änderung des § 1611 BGB zum 1. Juli 1970, mit der er das Tatbestandsmerkmal des sittlichen Verschuldens um die weiteren - hier zu prüfenden - Verwirkungsgründe ergänzt hat, erläutert, dass auf die Pflichtteilsentziehungsgründe nicht mehr abgestellt werden solle, weil die Voraussetzungen für die Entziehung des Pflichtteils einerseits und für eine Beschränkung des Unterhalts andererseits nicht übereinzustimmen bräuchten (BT-Drucks. V/2370, S. 41).
42
d) Schließlich hat das Berufungsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung entschieden, dass § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII einem Anspruchsübergang auf die Klägerin nicht entgegensteht.
43
aa) Nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB XII geht der zivilrechtliche Unterhaltsanspruch eines Sozialhilfeberechtigten bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Gemäß § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII geht der Anspruch nicht über, soweit dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Es handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Anwendung der vollen Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 23. Juni 2010 - XII ZR 170/08 - FamRZ 2010, 1418 Rn. 32 und vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098 zu der entsprechenden Vorgängervorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG).
44
Während die Frage, ob der Unterhaltsanspruch nach § 1611 BGB verwirkt ist, rein zivilrechtlicher Natur ist, richtet sich die Frage des Anspruchsübergangs nach § 94 SGB XII nach öffentlichem Recht. Deshalb genügt eine zivilrechtlich einzuordnende Störung familiärer Beziehungen im Sinne des § 1611 BGB grundsätzlich nicht, um eine unbillige Härte im Sinne des § 94 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zu begründen und damit einen Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe auszuschließen (vgl. BVerwGE 58, 209, 214 zu § 91 Abs. 3 BSHG aF; Oestreicher/Decker SGB XII/SGB II Stand Dezember 2005 § 94 SGB XII Rn. 170; s. auch Klinkhammer FamRZ 2004, 1283). Vielmehr umfasst § 1611 BGB für die Prüfung einer etwaigen Verwirkung nur die für das zivilrechtlich zu beurteilende Familienverhältnis in Frage kommenden Tatbestandsmerkmale. Sind die Voraussetzungen für eine Verwirkung erfüllt, kommt § 94 SGB XII ohnehin nicht zum Tragen, weil es an einem Unterhaltsanspruch fehlt, der auf den Träger der Sozialhilfe übergehen könnte (Senatsurteile vom 23. Juni 2010 - XII ZR 170/08 - FamRZ 2010, 1418 Rn. 32 und vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098). Aber auch eine an sich unter § 1611 Abs. 1 BGB fallende Sachverhaltskonstellation, die jedoch nicht alle Tatbestandsmerkmale dieser Norm - wie etwa das Verschulden - erfüllt und deshalb nicht zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs führt, ist grundsätzlich nicht unter § 94 SGB XII zu subsumieren.
45
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der nach § 1611 BGB zu beurteilende Lebenssachverhalt aus Sicht des Sozialhilferechts auch soziale Belange er- fasst, die einen Übergang des Anspruches nach öffentlich-rechtlichen Kriterien ausschließen (vgl. BVerwGE 58, 209, 215 f.). Das Berufungsgericht hat dies zutreffend damit umschrieben, dass ein erkennbarer Bezug zum Sozialhilferecht , insbesondere ein kausaler Zusammenhang zu einem Handeln des Staates oder seiner Organe, vorliegen müsse. Dies zeichnet etwa den vom Senat im Jahr 2004 entschiedenen Fall aus (Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097). Zwar reichte dort das krankheitsbedingte Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten, das die Lockerung der Familienbande zur Folge hatte - ebenso wie hier - nicht dafür aus, den Anspruch gemäß § 1611 BGB als verwirkt anzusehen. Die der Vernachlässigung zugrunde liegende psychische Erkrankung war jedoch durch den - dem Staat zuzurechnenden - Kriegsdienst des Vaters verursacht worden.
46
Entscheidend ist nach alledem, ob aus der Sicht des Sozialhilferechts durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt werden. Die Härte kann in materieller oder immaterieller Hinsicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder in derjenigen des Hilfeempfängers vorliegen. Bei der Auslegung der Härteklausel ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen, daneben sind die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe zu beachten (Senatsurteile vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098 und vom 23. Juni 2010 - XII ZR 170/08 - FamRZ 2010, 1418 Rn. 33). Eine unbillige Härte liegt danach insbesondere vor, wenn und soweit der - öffentlich-rechtliche - Grundsatz der familiengerechten Hilfe, nach dem u.a. auf die Belange und Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen ist (vgl. § 16 SGB XII), einer Heranziehung entgegensteht. Weitere Gründe sind, dass die laufende Heranziehung in Anbetracht der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht auf die Höhe und Dauer des Bedarfs zu einer nachhaltigen und unzumutbaren Beeinträchtigung des Unterhaltspflichtigen und der übrigen Familienmitglieder führen würde, wenn die Ziel- setzung der Hilfe infolge des Übergangs gefährdet erscheint oder wenn der Unterhaltspflichtige den Sozialhilfeempfänger bereits vor Eintritt der Sozialhilfe über das Maß einer zumutbaren Unterhaltsverpflichtung hinaus betreut oder gepflegt hat (Senatsurteile vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098 und vom 23. Juni 2010 - XII ZR 170/08 - FamRZ 2010, 1418 Rn. 34 mwN).
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Soweit die Revision darauf hinweist, dass der Gesetzgeber in § 94 Abs. 2 SGB XII eine Sonderbehandlung von Eltern behinderter volljähriger Kinder dergestalt vorsieht, dass der Rückgriff auf bestimmte Höchstbeträge begrenzt ist (vgl. Senatsurteil vom 23. Juni 2010 - XII ZR 170/08 - FamRZ 2010, 1418 Rn. 22 ff.), beruht dies auf anderen gesetzgeberischen Erwägungen, die auf den Elternunterhalt nicht übertragbar sind.
48
bb) Das Berufungsgericht hat unter Beachtung dieser Anforderungen zu Recht einen Ausschluss des Anspruchübergangs verneint. Es hat darauf abgestellt , dass der Beklagte aufgrund seiner relativ hohen Einkünfte und dem Nichtbestehen weiterer Unterhaltsverpflichtungen wirtschaftlich ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung in der Lage sei, den begehrten Unterhalt zu leisten. Ebenso wenig sei eine nachhaltige Störung des Familienfriedens ersichtlich. Zudem habe der Beklagte seine Mutter vor Inanspruchnahme weder betreut noch gepflegt. Dass das Berufungsgericht dabei keine Umstände für gegeben erachtet hat, die es gerade aus dem Blickwinkel des Sozialrechts unzumutbar erscheinen lassen, den Beklagten zum Unterhalt für seine Mutter heranzuziehen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Vor allem ist nicht zu beanstanden und im Übrigen von der Revision auch nicht gerügt, dass das Berufungsgericht den Vortrag des Beklagten, wonach die Kriegserlebnisse seiner Mutter mitursächlich für ihre psychische Erkrankung an Schizophrenie gewesen seien, als Behauptung ins Blaue hinein qualifiziert hat.
49
Nach alledem ist nicht ersichtlich, weshalb der Beklagte aus der familiären Verantwortung gegenüber seiner Mutter entlassen werden sollte. Wäre der Staat für die Mutter nicht in Vorleistung getreten, hätte sie gegen den Beklagten ohnehin ihren Unterhaltsanspruch durchsetzen können. Wegen der vom Gesetz geforderten familiären Solidarität rechtfertigen die als schicksalsbedingt zu qualifizierende Krankheit der Mutter und deren Auswirkungen auf den Beklagten es nicht, die Unterhaltslast dem Staat aufzubürden. Hahne Dose Klinkhammer Schilling Günter
Vorinstanzen:
AG Bottrop, Entscheidung vom 14.11.2008 - 14 F 187/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 06.08.2009 - II-2 UF 241/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. Sept. 2010 - XII ZR 148/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. Sept. 2010 - XII ZR 148/09

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1601 Unterhaltsverpflichtete


Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.
Bundesgerichtshof Urteil, 15. Sept. 2010 - XII ZR 148/09 zitiert 9 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 94 Übergang von Ansprüchen gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen


(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1611 Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung


(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2333 Entziehung des Pflichtteils


(1) Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling1.dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,2.sich eines

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 16 Familiengerechte Leistungen


Bei Leistungen der Sozialhilfe sollen die besonderen Verhältnisse in der Familie der Leistungsberechtigten berücksichtigt werden. Die Sozialhilfe soll die Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und den Zusammenhalt der Familie festigen.

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Bundesgerichtshof Urteil, 15. Sept. 2010 - XII ZR 148/09 zitiert oder wird zitiert von 20 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Sept. 2010 - XII ZR 148/09 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 304/02 Verkündet am: 19. Mai 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Apr. 2004 - XII ZR 251/01

bei uns veröffentlicht am 21.04.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 251/01 Verkündet am: 21. April 2004 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02

bei uns veröffentlicht am 20.05.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 248/02 Verkündet am: 20. Mai 2003 Weber, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ______

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Juni 2010 - XII ZR 170/08

bei uns veröffentlicht am 23.06.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 170/08 Verkündet am: 23. Juni 2010 Breskic, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
15 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 15. Sept. 2010 - XII ZR 148/09.

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juni 2013 - XII ZR 50/12

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 251/01 Verkündet am:
21. April 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 1601; BSHG § 91 Abs. 2 Satz 2
Der Übergang des Unterhaltsanspruchs eines Elternteils auf den Träger der Sozialhilfe
kann wegen unbilliger Härte ausgeschlossen sein, wenn der Elternteil wegen
einer auf seine Kriegserlebnisse zurückzuführenden psychischen Erkrankung nicht in
der Lage war, für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind zu sorgen
(im Anschluß an Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003,
1468).
BGH, Urteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Groß-Gerau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. August 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die am 13. Februar 1939 geborene Beklagte ist das einzige noch lebende Kind aus der seit dem 7. Dezember 1971 geschiedenen Ehe ihrer Eltern. Ihre Mutter ist verstorben. Die Beklagte ist verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie ist Rentnerin und verfügte in dem Zeitraum ab Mai 2000 über Einkünfte aus zwei Renten, die sich nach Abzug der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung auf monatlich insgesamt 2.482,09 DM beliefen. Außerdem erzielte sie Zinseinkünfte von monatlich 11,30 DM. Die Beklagte bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann eine Wohnung in dem der gemeinsamen Tochter gehörenden Haus, an der den Ehegatten ein dingliches Wohnrecht zusteht. Mit Darlehensvertrag vom 8. Mai 2000
hat die Beklagte ein Darlehen über 30.000 DM aufgenommen, das sie in Raten von monatlich 530 DM zurückzahlt. Das Darlehen diente teilweise der Ablösung anderer Verbindlichkeiten. Der Ehemann der Beklagten hatte ab Mai 2000 Renteneinkünfte in Höhe von 2.158,96 DM sowie Zinseinkünfte von 11,30 DM - jeweils monatlich -. Der Vater der Beklagten diente als Soldat der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg. Er kam nach mehreren Lazarettaufenthalten psychisch erkrankt aus dem Krieg zurück und befand sich seit August 1949 ununterbrochen in einer psychiatrischen Klinik. Seit 1998 lebt er in einem Alten- und Pflegeheim. Bis Mai 2000 war ein Sparguthaben des Vaters abgesehen von einem Betrag von 4.500 DM aufgebraucht. Seitdem erbringt der Kläger für den Vater Sozialhilfeleistungen in Höhe der nicht durch dessen eigene Einkünfte und die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckten Heimkosten. In den Monaten Mai bis August 2000 hat er monatlich Beträge zwischen 1.368,22 DM und 1.838 DM gezahlt. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 10. Mai 2000, der Beklagten zugestellt am 12. Mai 2000, teilte der Kläger dieser die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihren Vater mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse auf. Mit seiner Klage machte der Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche des Vaters für die Zeit von Mai bis einschließlich August 2000 in Höhe von monatlich 1.031 DM, insgesamt von 4.124 DM zuzüglich Zinsen, geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt hat, blieb erfolglos. Dagegen richtet sich dessen - zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR-Frankfurt 2002, 25 ff. veröffentlicht ist, hat angenommen, daß ein nach § 1601 BGB bestehender Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Beklagte nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht auf den Kläger übergegangen sei, weil dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Zur Begründung hat es ausgeführt: Eine Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift liege vor, wenn durch die Heranziehung des Unterhaltspflichtigen soziale Belange vernachlässigt werden müßten. Auch wenn der vorliegende Fall sich nicht einer der hierzu in der Rechtsprechung erörterten Fallgruppe zuordnen lasse, sei er dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Heranziehung der Beklagten soziale Belange in ähnlicher Weise beeinträchtigt würden. Das folge daraus, daß ihr bereits ein besonderes Opfer dadurch auferlegt worden sei, daß sie aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen gewesen sei, während eines erheblichen Zeitraums ihrer Kindheit emotionale und materielle Zuwendung seitens des Vaters habe entbehren müssen. Es sei zwar für die Generation der Beklagten nichts Ungewöhnliches, daß sie den Vater über Jahre hinweg wegen dessen Teilnahme am zweiten Weltkrieg habe entbehren müssen. Die Situation der Beklagten sei aber zusätzlich dadurch gekennzeichnet , daß ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückgekommen sei, die Familie nicht habe versorgen und der Beklagten die Zuwendung habe zukommen lassen können, die ein Kind unter gewöhnlichen Umständen von seinem Vater erfahre. Mit Rücksicht hierauf sei es sozial ungerechtfertigt, wenn die Beklagte heute von der öffentlichen Hand für den Unterhalt ihres Vaters in Anspruch genommen werde, nachdem der damalige Unrechtsstaat ihr die Zuwendung und Versorgung durch den Vater in wesentlichen Teilen genommen habe. Daran, daß die Kriegserlebnisse des Vaters für dessen psychische Er-
krankung ursächlich gewesen seien, bestehe aufgrund des zeitlichen Ablaufs nach der Lebenserfahrung kein Zweifel. Diese Beurteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BSHG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (FKBG, BGBl. I S. 944) bzw. nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist der Übergang des Unterhaltsanspruchs gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen , wenn dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Das genannte Beurteilungskriterium stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung der vollen Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003, 1468, 1470 m.w.N.). Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, unterliegt den sich wandelnden Anschauungen in der Gesellschaft. Was in früheren Zeiten im Rahmen eines Familienverbandes als selbstverständlicher Einsatz der Mitglieder der Familie ohne weiteres verlangt wurde, wird heute vielfach als Härte empfunden. Dabei kann diese Härte in materieller oder immaterieller Hinsicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder in derjenigen des Hilfeempfängers vorliegen. Bei der Auslegung der Härteklausel ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen, daneben sind auch die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe zu beachten. Darüber hinaus ist auf die Belange und die Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen. Neben den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Beteiligten zueinander kommt es auf die soziale Lage an. Eine Härte liegt deshalb vor, wenn mit dem Anspruchsübergang soziale Belange vernachlässigt würden (Senatsurteil aaO S. 1470).
Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung sowie den vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge herausgegebenen Empfehlungen für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe kann eine unbillige Härte, die sozialhilferechtlich zum Ausschluß des Anspruchsübergangs führt, insbesondere angenommen werden, wenn und soweit der Grundsatz der familiengerechten Hilfe (§ 7 BSHG) ein Absehen von der Heranziehung geboten erscheinen läßt, die laufende Heranziehung in Anbetracht der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht auf die Höhe und Dauer des Bedarfs zu einer nachhaltigen und unzumutbaren Beeinträchtigung des Unterhaltspflichtigen und der übrigen Familienmitglieder führen würde, die Zielsetzung der Hilfe im Frauenhaus in der Gewährung von Schutz und Zuflucht vor dem gewalttätigen Ehemann besteht und diese durch die Mitteilung der Hilfe an den Unterhaltspflichtigen gefährdet erscheint oder der Unterhaltspflichtige vor Eintreten der Sozialhilfe über das Maß seiner zumutbaren Unterhaltsverpflichtung hinaus den Hilfeempfänger betreut und gepflegt hat (vgl. BVerwGE 58, 209, 216; Schellhorn BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 87 f.; derselbe in FuR 1993, 261, 266; Schaefer/Wolf in Fichtner BSHG 2. Aufl. § 91 Rdn. 41 f.; Mergler/Zink BSHG 4. Aufl. § 91 Rdn. 77; Münder in LPK-BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 42). Der vorliegende Fall läßt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, in keine dieser Fallgruppen einordnen. Daraus folgt indessen nicht, daß keine unbillige Härte vorliegt. Denn eine solche ist auch in anderen Fallgestaltungen denkbar. Entscheidend ist insoweit, ob im Rahmen der umfassenden Prüfung der Gesamtsituation des Falles aus der Sicht des Sozialhilferechts durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt werden (BVerwG aaO S. 215 f.). Das ist hier der Fall.
b) Zwar sind die Unterhaltsansprüche des Vaters der Beklagten dieser gegenüber nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Voraussetzungen, unter denen nach der
vorgenannten Bestimmung ein Unterhaltsanspruch nur in eingeschränktem Umfang besteht oder eine Unterhaltsverpflichtung ganz entfällt, nicht erfüllt. Umstände , die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen indessen ohnehin nicht als - den Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe ausschließende - Härtegründe im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 bzw. § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen. Der vorliegende Fall ist nach den von Berufungsgericht getroffenen Feststellungen dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagte nicht nur während der Kriegsteilnahme ihres Vaters dessen emotionale und materielle Zuwendung entbehren mußte, sondern daß sie auch in der Folgezeit nicht die unter normalen Umständen zu erwartende väterliche Zuwendung erfahren hat, weil ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückkehrte und der Familie keine Fürsorge zuteil werden lassen konnte. Er war von 1949 an fast 50 Jahre in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und lebt seit 1998 in einem Alten- und Pflegeheim. Aufgrund dieser Umstände war die Beklagte bereits in den Jahren ihrer Kindheit in starkem Maße belastet. Im weiteren Verlauf, insbesondere nach der 1971 erfolgten Scheidung der Ehe der Eltern, haben zwischen der Beklagten und dem Vater offensichtlich keine Beziehungen mehr bestanden, so daß die Familienbande zumindest stark gelockert waren, falls insoweit nicht sogar eine völlige Entfremdung eingetreten ist. Wenn die Beklagte gleichwohl von dem Träger der Sozialhilfe auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen werden könnte, würden dadurch soziale Belange vernachlässigt. Angesichts der Einbußen , die die Beklagte aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen war, zu tragen hatte und der weiteren Entwicklung der Beziehungen zu diesem
kann von ihr nicht erwartet werden, im Hinblick auf dessen Unterhaltsanspruch von der öffentlichen Hand in die Pflicht genommen zu werden. Deshalb würde der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe eine unbillige Härte bedeuten (ebenso Schaefer/Wolf aaO § 91 Rdn. 42; vgl. auch Münder aaO § 91 Rdn. 41; BVerwG NDV 1973, 139, 140 für den Fall der Inanspruchnahme eines Großvaters für den Unterhalt eines Enkelkindes, zu dessen Mutter dieser jahrelang keine Verbindung mehr hatte).
c) Die Revision hält diesem Ergebnis entgegen, die Feststellung des Berufungsgerichts , die Kriegserlebnisse des Vaters seien für dessen psychische Erkrankung ursächlich gewesen, sei verfahrensfehlerhaft. Der Kläger habe nur zugestanden, daß der Vater der Beklagten krankheitsbedingt und damit unverschuldet nicht in der Lage gewesen sei, kontinuierlich zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Er habe nicht zugestanden, daß die psychische Erkrankung des Vaters durch den Krieg verursacht worden sei. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Der Kläger hat die von der Beklagten geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Vaters durch die Kriegsgeschehnisse nicht in Abrede gestellt, sondern allein darauf abgehoben, daß der Vater unverschuldet in die Lage geraten sei, für seine Familie nicht sorgen zu können. Deshalb durfte das Berufungsgericht, auch unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung, davon ausgehen, daß die psychische Erkrankung des Vaters auf dessen Kriegserlebnisse zurückzuführen war.
d) Bei der gegebenen Sachlage begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht eine unbillige Härte in vollem Umfang der Inanspruchnahme angenommen hat. Nach den getroffenen Feststellungen lebt die Beklagte nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen, bei denen sie durch Unter-
haltsleistungen für den Vater nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 248/02 Verkündet am:
20. Mai 2003
Weber,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
ZPO n.F. § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2
Eine unwirksame Beschränkung der Zulassung einer Revision durch das
Berufungsgericht führt auch nach § 543 ZPO n.F. dazu, daß allein die
Beschränkung, nicht aber die Zulassung der Revision unwirksam ist mit
der Folge, daß die Revision unbeschränkt zugelassen ist.
BGB a.F. § 276 (Fb)
Eine etwa gegebene Aufklärungspflichtverletzung der Bank, die es unterlassen
hat, den Darlehensnehmer über die Nachteile einer Finanzierung
mittels Festkredit und Kapitallebensversicherung zu unterrichten,
rechtfertigt keinen Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückabwicklung
des Darlehensvertrages, sondern nur auf Ersatz der durch die
gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten.
BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 20. Mai 2003 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die
Richter Dr. Joeres, Dr. Wassermann, die Richterin Mayen und den
Richter Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Januar 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger verlangt von der beklagten Bank die Rückabwicklung eines Realkreditvertrages, den er mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zur Finanzierung des Kaufpreises einer Eigentumswohnung geschlossen hat. Er begehrt die Erstattung gezahlter Zinsen und entstandener Aufwendungen in Höhe von insgesamt 37.500,25 (= 73.344,12 DM) nebst Zinsen, die Freistellung von allen Verpflichtungen aus dem Darlehen, die Rückabtretung der Rechte aus einer Kapitallebensversicherung sowie die Feststellung, daß die Beklagte ihm alle weiteren im Zusammenhang mit dem Kauf und der Finanzierung der Ei-
gentumswohnung entstandenen Schäden zu ersetzen hat. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Zur Finanzierung des Kaufpreises von 69.215 DM für eine im November 1990 zu Steuersparzwecken erworbene Eigentumswohnung, von 14.542 DM für einen Tiefgaragenplatz und der Nebenkosten nahm der Kläger mit Vertrag vom 19./22. November 1990 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ein Darlehen über 102.000 DM auf. Die Tilgung des Festdarlehens war zunächst ausgesetzt und sollte über eine gleichzeitig abgeschlossene Kapitallebensversicherung erfolgen. Eine Widerrufsbelehrung im Sinne des Haustürwiderrufsgesetzes wurde dem Kläger nicht erteilt.
Seit Januar 2001 leistet der Kläger auf das Darlehen keine Zahlungen mehr. Er hat seine am 19. November 1990 in den Geschäftsräumen der Beklagten abgegebene auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.) widerrufen und macht geltend, der Vermittler W. B. habe ihn Ende Oktober 1990 mehrfach in seiner Privatwohnung aufgesucht und zum Abschluß der Verträge überredet. Außerdem treffe die Beklagte ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden. Insbesondere habe sie es pflichtwidrig unterlassen , auf die sittenwidrige Überteuerung des Kaufpreises, die darin "versteckte Innenprovision" sowie auf die Nachteile hinzuweisen, die sich aus einer Finanzierung durch Festkredit und Kapitallebensversicherung ergäben.
Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Re- vision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


A.


Die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Klägers ist insgesamt statthaft (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Zulassung der Revision nicht auf etwaige Ansprüche, die dem Kläger aus einem wirksamen Widerruf des Darlehensvertrages nach § 3 HWiG zustehen können, beschränkt.
Zwar hat das Berufungsgericht die im Tenor nicht eingeschränkte Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen ausschließlich damit begründet, daß sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) möglicherweise Auswirkungen auf den Anwendungsbereich der nationalen Regelung des § 1 Abs. 1 HWiG ergeben könnten. Zu Recht weist die Revisionserwiderung auch darauf hin, daß sich eine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur aus dem Urteilstenor, sondern auch aus der Begründung ergeben kann, die für die Zulassung gegeben wird (BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urteil vom 9. März 2000 - III ZR 356/98, NJW 2000, 1794, 1796, m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 144, 59 nicht abgedruckt ). Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung enthalten
die Urteilsgründe hier aber jedenfalls keine wirksame Beschränkung der Revisionszulassung.
Die Zulassung der Revision kann nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein könnte oder auf den der Revisionskläger selbst seine Revision beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (BGHZ 101, 276, 278; 111, 158, 166; jeweils m.w.Nachw.). Danach scheidet hier die Beschränkung der Zulassung auf Ansprüche aus § 3 HWiG aus, da es sich insoweit nur um eine von mehreren möglichen Anspruchsgrundlagen für den geltend gemachten Zahlungs- und Freistellungsanspruch handelt.
Bei einer unzulässigen Beschränkung der Revisionszulassung muß das angefochtene Urteil in vollem Umfang überprüft werden (BGH, Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82, NJW 1984, 615 m.w.Nachw., insoweit in BGHZ 88, 85 ff. nicht abgedruckt). An diesem Grundsatz ist auch nach der Änderung des Rechtsmittelrechts festzuhalten. Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision daher unbeschränkt zugelassen (MünchKomm-Wenzel, ZPO 2. Aufl., Aktualisierungsband § 543 Rdn. 29; Musielak/Ball, ZPO 3. Aufl. § 543 Rdn. 16). Dies folgt schon daraus, daß das Revisionsgericht an die Zulassung, soweit sie reicht, gebunden ist (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO), auch wenn sich die Entscheidung des Berufungsgerichts als fehlerhaft erweist (MünchKommWenzel aaO Rdn. 44).

B.


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Ein Widerruf gemäß § 1 HWiG a.F. scheide aus, da bei Abschluß des Darlehensvertrages eine zum Widerruf berechtigende Haustürsituation im Sinne des § 1 HWiG a.F. nicht mehr vorgelegen habe. Aufklärungspflichten habe die Beklagte nicht verletzt. Ein etwaiges Fehlverhalten des Vermittlers müsse sie sich nicht über § 278 BGB zurechnen lassen. Auch ein Einwendungsdurchgriff scheide aus, da Kaufvertrag und Darlehensvertrag kein verbundenes Geschäft seien.

II.


Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt , daß der Kläger seine zum Abschluß des Darlehensvertrages führende Willenserklärung nicht wirksam gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. widerrufen hat.


a) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht einem Widerruf allerdings nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (Senatsurteil vom 6. Dezember 1988 - XI ZR 19/88, WM 1989, 354, 355; BGH, Urteil vom 14. November 2002 - VII ZR 23/02, NJW 2003, 824; jeweils m.w. Nachw.). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Schützenswertes Vertrauen in den Bestand eines die Voraussetzungen des § 1 HWiG a.F. erfüllenden Darlehensvertrages kann bei dem Kreditgeber nicht entstehen, wenn dem Kunden - wie hier - keine Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz erteilt worden ist (vgl. Senatsurteil vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 63). Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, läßt keinen Schluß darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen.

b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden sind jedoch die Ausführungen des Berufungsgerichts, der Kläger habe den Darlehensvertrag nicht in einer Haustürsituation geschlossen. Es fehle angesichts des zeitlichen Abstands von rund drei Wochen zwischen den Besuchen des Vermittlers in der Privatwohnung des Klägers im Oktober 1990 und dem in den Räumen der Bank gestellten Antrag auf Gewährung eines Darlehens am 19. November 1990 sowie angesichts des zwischenzeitlich vom Kläger abgegebenen notariell beurkundeten Angebots zum Abschluß des
Kaufvertrages an der Fortdauer des Überrumpelungseffekts, vor dem das Haustürwiderrufsgesetz schützen wolle.
Zwar setzt § 1 Abs. 1 HWiG a.F. nicht den Abschluß des Vertrages in der Haustürsituation voraus, sondern es genügt eine Haustürsituation bei der Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluß ursächlich war. Auch wird ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen der mündlichen Verhandlung gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. und der Vertragserklärung vom Gesetz nicht gefordert. Bei zunehmendem zeitlichen Abstand wird aber die Indizwirkung für die Kausalität entfallen (BGHZ 131, 385, 392 m.w.Nachw.). Ob sich der Darlehensnehmer auch bei einem größeren zeitlichen Abstand zwischen der mündlichen Verhandlung und dem Vertragsschluß durch einen Verstoß gegen § 1 HWiG a.F. in einer Lage befindet, in der er in seiner Entschließungsfreiheit beeinträchtigt ist, den ihm später angebotenen Vertrag zu schließen oder davon Abstand zu nehmen (BGHZ 123, 380, 393 m.w.Nachw.), ist eine Frage der Würdigung des Einzelfalles (Senatsurteile vom 21. Januar 2003 - XI ZR 125/02, WM 2003, 483, 484 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921) und vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise verneint worden. Einen konkreten Verfahrensfehler zeigt die Revision nicht auf, sondern wendet sich unbehelflich gegen die tatrichterliche Würdigung.
Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) ist insoweit ohne Bedeutung. Der Europäische Gerichtshof hat darin zu den Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 1 der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäfts-
räumen geschlossenen Verträgen (85/577/EWG, ABl. Nr. L 372/31 vom 31. Dezember 1985) keine Stellung genommen, sondern eine Haustürsituation im Sinne dieser Richtlinie vorausgesetzt (aaO S. 2436).
2. Rechtlich nicht zu beanstanden sind auch die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten verneint hat.

a) Eine kreditgebende Bank ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei steuersparenden Bauherren-, Bauträgerund Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, daß die Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Nur ausnahmsweise können sich Aufklärungs- und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehen begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit der Kreditgewährung sowohl an den Bauträger als auch an die einzelnen Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urteil vom 18. April 1988 - II ZR 251/87, WM 1988, 895, 898; Senatsurteile
vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, WM 1992, 133, vom 17. Dezember 1991 - XI ZR 8/91, WM 1992, 216, 217, vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 902, vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 und vom 12. November 2002 - XI ZR 25/00, ZIP 2003, 160, 161).

b) Das Berufungsgericht hat zu Recht keine Umstände festgestellt, die ausnahmsweise die Annahme einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten rechtfertigen würden. Auch die Revision zeigt solche Umstände nicht auf.
aa) Ihr Einwand, das Berufungsgericht hätte angesichts eines weit überteuerten Kaufpreises, der doppelt so hoch wie der Wert der Wohnung gewesen sei, eine Aufklärungspflicht der Beklagten wegen eines - für sie erkennbaren - konkreten Wissensvorsprungs bejahen müssen, greift nicht. Wie auch die Revision nicht verkennt, begründet ein Wissensvorsprung der Bank darüber, daß der vom Erwerber zu zahlende Kaufpreis in keinem angemessenen Verhältnis zum Wert des zu erwerbenden Objekts steht, nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich keine Aufklärungspflicht (vgl. BGH, Urteile vom 15. Oktober 1987 - III ZR 235/86, WM 1987, 1426, 1428, vom 21. Januar 1988 - III ZR 179/86, WM 1988, 561, 563, vom 11. Februar 1999 - IX ZR 352/97, WM 1999, 678, 679 und Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1246 sowie vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Denn es gehört zu den eigenen Aufgaben des Käufers, auch wenn der Kauf kreditfinanziert wird, die Angemessenheit des Kaufpreises zu prüfen.

Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt danach nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Bank bei einem Vergleich von Kaufpreis und Wert des Objekts von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 18. April 2000 - XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247 m.w.Nachw., vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Das ist hier entgegen der Auffassung der Revision aber nicht der Fall. Nicht jedes , auch nicht jedes auffällige Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung führt zur Sittenwidrigkeit eines Rechtsgeschäfts. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann von einem besonders groben Mißverhältnis, das eine Vermutung für die subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit begründet, vielmehr erst ausgegangen werden, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGHZ 146, 298, 302 ff. m.w.Nachw.; Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Ein solches Mißverhältnis bestand hier aber nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht verwiesen hat, schon nach dem eigenen Sachvortrag des Klägers nicht. Einem Wert der Eigentumswohnung von mindestens 38.000 DM stand danach ein Kaufpreis von 69.215 DM gegenüber. Die hieraus folgende Überteuerung von rund 80% genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Feststellung der Sittenwidrigkeit allein nicht (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 18. März 2003 - XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 921). Der Hinweis der Revision auf den Gesamtkaufpreis von 83.757 DM rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Von diesem Betrag entfielen nämlich ausweislich des
notariellen Kaufvertrages 14.542 DM auf den Kauf eines Tiefgaragenstellplatzes.
bb) Die Beklagte war auch nicht wegen einer im Kaufpreis enthal- tenen "versteckten Innenprovision" aufklärungspflichtig. Bei steuersparenden Bauherren- und Erwerbermodellen ist das finanzierende Kreditinstitut grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über eine im finanzierten Kaufpreis enthaltene "versteckte Innenprovision" aufzuklären. Eine Aufklärungspflicht der Bank über die Unangemessenheit des Kaufpreises kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Innenprovision zu einer so wesentlichen Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert beiträgt, daß die Bank - anders als hier - von einer sittenwidrigen Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muß (Senatsurteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/02, Umdruck S. 8 ff.; so für den Immobilienverkäufer auch BGH, Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, Umdruck S. 5 ff.).
Der Hinweis der Revision auf das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 9. März 1999 (1 StR 50/99, NStZ 1999, 555 f.) geht fehl. Der 1. Strafsenat hat dort lediglich eine Verurteilung von Vertriebsmitarbeitern wegen Betrugs aufgehoben, weil ein Vermögensschaden der Anleger nicht ordnungsgemäß festgestellt worden war. Für die Aufklärungspflicht einer kreditgebenden Bank ist die Entscheidung ohne Bedeutung, so daß eine von der Revision angeregte Anrufung der Vereinigten Großen Senate nicht in Betracht kommt.
cc) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Beklagte ihre Auf- klärungspflichten auch nicht dadurch verletzt, daß sie nicht auf etwaige wirtschaftliche Nachteile der Finanzierung des Kaufpreises durch Festkredit kombiniert mit einer neu abgeschlossenen Lebensversicherung hingewiesen hat.
Die Bank ist im Regelfall nicht gehalten, den Kreditsuchenden von sich aus auf mögliche Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der von ihm gewählten Kreditart hinzuweisen. Zwar gilt dies nicht in den Fällen, in denen sie dem Kunden anstelle eines von ihm gewünschten üblichen Ratenkredits einen mit einer Kapitallebensversicherung verbundenen Kreditvertrag anbietet, obwohl ein Versicherungsbedürfnis nicht besteht und die Vertragskombination für den Kunden wirtschaftlich ungünstiger ist als ein marktüblicher Ratenkredit, mit dem der verfolgte Zweck ebensogut erreichbar ist (Senatsurteil BGHZ 111, 117, 120; BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, WM 1989, 665, 666). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Abgesehen davon hat der insoweit darlegungs - und beweispflichtige Kläger die wirtschaftlichen Nachteile gegenüber einem herkömmlichen Annuitätenkredit nicht substantiiert dargetan (zu dieser Voraussetzung vgl. OLG Köln WM 2000, 127, 129). Die pauschale , ohne jeden Bezug zum konkreten Fall aufgestellte Behauptung, die gewählte Finanzierung sei um 1/3 teurer als ein Annuitätendarlehen, reicht hierfür nicht.
Überdies könnte eine etwaige schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten grundsätzlich nicht zu der vom Kläger begehrten Rückabwicklung des Darlehensvertrages, sondern nur zum Ersatz der Vermögensdifferenz, also des Schadens führen, dessen Eintritt die Ein-
haltung der Pflicht verhindern sollte (Senatsurteile BGHZ 116, 209, 213 und vom 29. April 2003 - XI ZR 201/01, Umdruck S. 10; BGH, Urteil vom 13. Februar 2003 - IX ZR 62/02, ZIP 2003, 806 f. m.w.Nachw.). Der Klä- ger könnte danach allenfalls die durch eine ungünstige Finanzierung entstandenen Mehrkosten ersetzt verlangen (BGH, Urteil vom 9. März 1989 - III ZR 269/87, aaO S. 667).
3. Die Beklagte muß sich - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auch nicht ein Fehlverhalten des Vermittlers B. durch unrichtige Erklärungen über den Wert und die Rentabilität der Eigentumswohnung gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

III.


Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Nobbe Joeres Wassermann Mayen Appl

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 155/01 Verkündet am:
10. Dezember 2003
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Vollstreckbarkeit eines Unterhaltsvergleichs, der eine Anpassung der Unterhaltsrente
nach einer Wertsicherungsklausel vorsieht, die auf einen vom Statistischen
Bundesamt erstellten Preisindex für die Lebenshaltungskosten Bezug
nimmt.

b) Zur Verwirkung nachehelicher Unterhaltsansprüche, die erst nach ihrer Titulierung
in einem gerichtlichen Vergleich fällig geworden sind.
BGH, Urteil vom 10. Dezember 2003 - XII ZR 155/01 - OLG Hamburg
AG Hamburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Dezember 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 11. Mai 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien, geschiedene Eheleute, streiten im Rahmen einer Vollstrekkungsgegenklage um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung von Unterhaltsrückständen aus einem Vergleich. Die Parteien schlossen 1990 einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich der Kläger verpflichtete, an die Beklagte einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 3.200 DM zu zahlen. Grundlage hierfür waren ein monatliches Nettoeinkommen des Klägers von ca. 13.000 DM und ein solches der Beklagten von ca. 2.200 DM sowie weitere Unterhaltsverpflichtungen des Klägers. Nach Ziff. 4 des Vergleichs sollte der monatliche Unterhalt an den Lebenshaltungskostenindex für einen Vier-Personen-Arbeitnehmerhaushalt mit mittlerem Einkommen im Jahresdurchschnitt ohne Aufforderung bis spätestens 30. März ei-
nes jeden Jahres angepaßt werden. Grundlage war das Jahr 1990, Basisjahr das Jahr 1980. Der Kläger zahlte der Beklagten, nachdem er im September 1991 zu einer Anpassung auf 3.273,60 DM aufgefordert worden war, monatlich Unterhalt von 3.256,96 DM. Weitere Anpassungen nahm er in der Folgezeit nicht vor. Am 2. September 1999 erwirkte die Beklagte gegen den Kläger einen Pfändungsund Überweisungsbeschluß über 31.073,28 DM wegen der rückständigen, nicht vorgenommenen Anpassungszahlungen für die Zeit vom 1. Januar 1994 bis 30. Juni 1999. Der Kläger zahlte daraufhin der Beklagten für die Zeit von Juli 1998 bis Juni 1999 einen Rückstand von 6.026,88 DM. Die vor Juli 1998 aufgelaufenen Rückstände hielt er für verwirkt, weshalb er Vollstreckungsgegenklage mit dem Ziel erhob, daß die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich insoweit für unzulässig erklärt werde. Das Familiengericht gab der Klage im wesentlichen statt. Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Berufung ein, soweit die Zwangsvollstreckung für die Zeit ab 1. Januar 1995 für unzulässig erklärt worden war. Das Oberlandesgericht änderte daraufhin das amtsgerichtliche Urteil ab und erklärte die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich lediglich insoweit für unzulässig, als die Beklagte für die Zeit bis 30. Juni 1999 mehr als 21.499,74 DM an Rückstand vollstreckt. Dabei gingen das Oberlandesgericht und die Parteien davon aus, daß sich die wegen der fehlenden Anpassungen aufgelaufenen Unterhaltsbeträge für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 30. Januar 1999 rechnerisch auf insgesamt 27.526,62 DM beliefen, so daß sich nach Zahlung von 6.026,88 DM noch eine Differenz von 21.499,74 DM errechnete. Die weitergehende Klage wies es ab. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. 1. Zu Recht ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, daß der Klage nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Kläger kann nämlich sein Ziel, die Vollstreckung der Rückstände aus der Wertsicherungsklausel zu verhindern, nicht in einfacherer Weise mit der Erinnerung nach §§ 732 oder 766 ZPO erreichen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Vergleich hinsichtlich der Mehrbeträge aus der Wertsicherungsklausel dem Bestimmtheitserfordernis nicht genügte , das an einen Vollstreckungstitel zu stellen ist. Zwar werden in der Literatur Wertsicherungsklauseln zum Teil allgemein nicht für vollstreckbar gehalten (vgl. Thomas/Putzo ZPO 25. Aufl. Rdn. 16 vor § 704 ZPO). Der Senat hat diese Frage bisher offengelassen (Urteil vom 7. Dezember 1988 - IVb ZR 49/88 - FamRZ 1989, 267, 268). Er schließt sich jedoch nunmehr der Ansicht an, wonach Wertsicherungsklauseln, die wie die vorliegende auf den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltungskosten abstellen , hinreichend bestimmt sind und aus ihnen somit vollstreckt werden kann (vgl. Zöller/Stöber ZPO 24. Aufl. § 794 Rdn. 26 b; Musielak/Lackmann ZPO 3. Aufl. § 704 Rdn. 7; Stein/Jonas/Münzberg ZPO 13. Aufl. vor § 704 Rdn. 153; Zimmermann ZPO 6. Aufl. § 704 Rdn. 2; MünchKomm/Krüger ZPO 2. Aufl. § 704 Rdn. 9 m.w.N.). Entscheidend ist, daß die in Bezug genommenen Daten, nämlich die Indizes des Statistischen Bundesamtes, leicht und zuverlässig feststellbar sind. Sie werden veröffentlicht im Bundesanzeiger, im Statistischen Jahrbuch, in den Monats- und Jahresberichten des Statistischen Bundesamtes Fachserie 17, Reihe 7 sowie unter anderem auch in der Neuen Juristischen Wochenschrift. Die Daten sind damit offenkundig im Sinne von § 291 ZPO (vgl. BGH Urteil vom 24. April 1992 - V ZR 52/91 - NJW 1992, 2088). Daß der von den Parteien in Bezug genommene Preisindex ab dem Jahr 2003 nicht mehr
erstellt wird (vgl. hierzu Kemnade/Scholz/Zieroth Daten und Tabellen zum Familienrecht 4. Aufl. S. 520 ff.), ist unerheblich, da es vorliegend nur um die Vollstreckbarkeit bis zum Jahre 1999 geht. 2. Zum Verwirkungseinwand des Klägers hat das Oberlandesgericht ausgeführt: Die Beklagte könne die ab Januar 1995 bis zum 30. Juni 1999 fälligen Unterhaltserhöhungsbeträge, die sie zutreffend errechnet habe, vollstrekken. Der Unterhaltsanspruch sei insoweit nicht verwirkt. Zwar könnten Unterhaltsansprüche schon vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist von vier Jahren (§§ 218 Abs. 2, 197 BGB a.F.) verwirkt werden. Bei titulierten Ansprüchen seien jedoch höhere Anforderungen an den Eintritt der Verwirkung zu stellen als bei Unterhaltsansprüchen, für die kein Titel existiere. Hierfür sei entscheidend, daß der Schuldner eines titulierten Anspruchs in erheblich geringerem Maße schutzwürdig sei als der eines nicht titulierten Anspruchs. Deshalb halte es - im Gegensatz zum Amtsgericht - auch eine analoge Anwendung des § 1585 b Abs. 3 BGB nicht für angebracht. Die kurze Zeitspanne von einem Jahr passe nur für das erstmalige Einklagen eines Unterhaltsanspruchs, nicht jedoch für einen bestehenden Titel, auf den sich der Schuldner einstellen könne. Daher sei das Zeitmoment vor Ablauf von vier Jahren grundsätzlich nicht erfüllt. Besondere Umstände, die eine kürzere Verwirkungszeit rechtfertigen könnten, seien vorliegend nicht ersichtlich. Vielmehr sei der Kläger durch den Lauf der Verjährungsfristen hinreichend geschützt. Darüber hinaus sei auch das Umstandsmoment nicht erfüllt. Dem Vergleich liege ein Nettoeinkommen des Klägers von monatlich 13.000 DM zugrunde, das dieser jedenfalls bis 1997 nach seinem eigenen Vortrag erzielt habe. Bei dieser Sachlage könne nicht ohne nähere Darlegungen seitens des Klägers davon ausgegangen werden, daß er sich in seiner Lebensführung darauf eingerichtet habe, die Unterhaltserhöhungen , die die Beklagte nunmehr vollstreckt, nicht mehr zahlen zu müssen, zumal es sich auch nur um eine Unterhaltsspitze gehandelt habe.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung im Ergebnis stand. Die Verwirkung ist ein Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens. Sie setzt voraus, daß der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht, obwohl er dazu in der Lage wäre (sog. Zeitmoment) und der Verpflichtete sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und sich darauf eingerichtet hat, dieser werde sein Recht auch künftig nicht mehr geltend machen (sog. Umstandsmoment ; BGHZ 146, 217, 220 m.N.). Insofern gilt für Unterhaltsrückstände nichts anderes als für andere in der Vergangenheit fällig gewordene Ansprüche (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 - XII ZR 266/99 - FamRZ 2002, 1698). Wie der Senat bereits wiederholt zu nicht titulierten Unterhaltsrückständen entschieden hat (vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 2002 aaO, 1699), spricht viel dafür, bei derartigen Ansprüchen an das Zeitmoment der Verwirkung keine strengen Anforderungen zu stellen. Von einem Unterhaltsgläubiger muß eher als von einem Gläubiger anderer Forderungen erwartet werden, daß er sich zeitnah um die Durchsetzung des Anspruchs bemüht. Anderenfalls können Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. Abgesehen davon sind im Unterhaltsrechtstreit die für die Bemessung des Unterhalts maßgeblichen Einkommensverhältnisse der Parteien nach längerer Zeit oft nur schwer aufklärbar. Diese Gründe, die eine möglichst zeitnahe Geltendmachung von Unterhalt nahelegen, sind so gewichtig, daß das Zeitmoment der Verwirkung auch dann erfüllt sein kann, wenn die Rückstände Zeitabschnitte betreffen , die etwas mehr als ein Jahr zurückliegen. Denn nach den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 1585 b Abs. 3, 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB verdient der Ge-
sichtspunkt des Schuldnerschutzes bei Unterhaltsrückständen für eine mehr als ein Jahr zurückliegende Zeit besondere Beachtung. Diese Erwägungen treffen im wesentlichen auch auf titulierte Unterhaltsansprüche zu, die, wie im vorliegenden Fall, erst nach ihrer Titulierung fällig geworden sind. Zwar spielt es, sobald Unterhaltsansprüche tituliert sind, keine Rolle, daß die Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ablauf längerer Zeit oft nur schwer aufklärbar sind. Dabei handelt es sich aber nicht um ein besonders gewichtiges Argument, das für eine Verkürzung des Zeitmoments der Verwirkung bei nicht titulierten Unterhaltsforderungen spricht. Entscheidend ist vielmehr der Schuldnerschutz. Von einem Unterhaltsgläubiger, dessen Ansprüche bereits vor ihrer Fälligkeit tituliert sind, kann mindestens ebenso wie von einem Berechtigten, der über keinen Titel verfügt, erwartet werden, daß er seine Ansprüche zeitnah durchsetzt (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Juni 1999 - XII ZA 3/99 - FamRZ 1999, 1422). In beiden Fällen können ansonsten Unterhaltsrückstände zu einer erdrückenden Schuldenlast anwachsen. Der Schuldnerschutz verdient es somit auch im Falle der Titulierung künftig fällig werdender Unterhaltsforderungen, besonders beachtet zu werden, weshalb auch in diesen Fällen das Zeitmoment bereits nach dem Verstreichenlassen einer Frist von etwas mehr als einem Jahr als erfüllt anzusehen sein kann. Dieser Bewertung entspricht auch die gesetzliche Regelung der Verjährung von Unterhaltsansprüchen , die wie die Verwirkung unter anderem dem Schuldnerschutz dient. Danach verbleibt es nämlich gemäß § 218 Abs. 2 i.V. mit § 197 BGB a.F. (jetzt § 197 Abs. 2 BGB i.V. mit § 195 BGB) auch im Falle der Titulierung von zukünftig fälligen Unterhaltsansprüchen bei der kurzen Verjährungsfrist des § 197 BGB a.F., um das Anwachsen von Rückständen zu verhindern, die den Schuldner wirtschaftlich gefährden würden, was der Fall wäre, wenn auch diese künftigen Ansprüche der gewöhnlichen 30-jährigen Verjährung titulierter Ansprüche unterlägen.
Auch soweit danach von der Erfüllung des Zeitmoments ausgegangen werden könnte, führt dies nicht zu einer Aufhebung des oberlandesgerichtlichen Urteils. Denn das Umstandsmoment der Verwirkung ist nicht erfüllt. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, es sei nicht ersichtlich, daß der Kläger angesichts der Höhe seines monatlichen Nettoeinkommens von 13.000 DM seine Lebensführung tatsächlich darauf ausgerichtet habe, von der Beklagten nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision führt hiergegen nichts ins Feld.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Ahlt

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 304/02 Verkündet am:
19. Mai 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Verwirkung von Elternunterhalt, wenn eine Mutter ihr später auf Unterhalt in Anspruch
genommenes Kind im Kleinkindalter bei den Großeltern zurückgelassen und
sich in der Folgezeit nicht mehr in nennenswertem Umfang um dieses gekümmert
hat.
BGH, Urteil vom 19. Mai 2004 - XII ZR 304/02 - OLG Frankfurt am Main
AG Hanau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Mai 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 14. November 2002 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht als Trägerin der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die 1934 geborene Mutter der Beklagten bezog seit November 1998 Sozialhilfe in Form der Hilfe zum Lebensunterhalt, da sie mit ihren geringen Renteneinkünften nicht in der Lage war, ihre Lebensführung zu bestreiten. In der Zeit von November 1998 bis August 2000 gewährte ihr die Klägerin Leistungen in Höhe von insgesamt 6.512,01 DM. Die 1956 geborene Beklagte ist das älteste von insgesamt fünf Kindern ihrer Mutter. Sie lebte bis zum Alter von 1 bis 1 ½ Jahren zusammen mit ihrer Mutter bei deren Eltern und wurde in deren Obhut zurückgelassen, als die Mutter zu ihrem Ehemann, dem Vater der Beklagten, zog. Zu persönlichen Kontak-
ten zwischen der Mutter und der Beklagten kam es in der Folgezeit kaum noch. Die Ehe der Eltern wurde etwa im Jahre 1959 geschieden. In der Zeit von 1963 bis 1966 gebar die Mutter drei weitere Kinder, die bei ihr lebten. Im August 1966 wanderte sie - zusammen mit diesen Kindern - in die USA aus und heiratete erneut. 1968 wurde das fünfte Kind geboren. Im Jahre 1974 kehrte die Mutter - nach der Scheidung ihrer zweiten Ehe - mit den Kindern nach Deutschland zurück; zwei Kinder übersiedelten später jedoch wieder zu ihrem - inzwischen verstorbenen - Vater in die USA und leben heute noch dort. Die in Deutschland lebenden Kinder der Mutter sind zur Zahlung von Elternunterhalt finanziell nicht in der Lage. Die Beklagte, für die die Mutter zu keiner Zeit Unterhaltsleistungen erbracht hat, verblieb bei ihren Großeltern mütterlicherseits. Sie absolvierte eine Ausbildung als Kinderkrankenschwester und ist in diesem Beruf tätig. Ihr durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen beläuft sich auf ca. 3.486 DM; bereinigt um berufsbedingte Aufwendungen, Lebensversicherungsprämie und eine Darlehensrate verbleiben monatlich rund 2.700 DM. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 2. November 1998 teilte die Klägerin der Beklagten die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihre Mutter mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf. Mit ihrer Klage machte die Klägerin übergegangene Unterhaltsansprüche der Mutter für die Zeit von November 1998 bis August 2000 in Höhe ihrer Gesamtaufwendungen von 6.512,01 DM zuzüglich Zinsen geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß ein Unterhaltsanspruch der Mutter gegen die Beklagte nicht bestehe, weil deren Inanspruchnahme grob unbillig sei. Dazu hat es ausgeführt: Der Mutter könne zwar nicht vorgeworfen werden, durch ein sittliches Verschulden unterhaltsbedürftig geworden zu sein. Daß sie sich vor ihrer Übersiedlung in die USA ihre in Deutschland erworbenen Rentenanwartschaften habe auszahlen lassen, erfülle nicht die Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB. Auch von einer gröblichen Vernachlässigung der Barunterhaltspflicht seitens der Mutter im Sinne der 2. Alt. der genannten Bestimmung könne nicht ausgegangen werden. Da sie noch vier weitere Kinder habe betreuen müssen, könne nicht angenommen werden, daß sie zur Zahlung von Unterhalt für die Beklagte in der Lage gewesen sei. Die Mutter habe sich jedoch einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte schuldig gemacht (§ 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB). Wie von der Mutter bei ihrer Vernehmung selbst eingeräumt worden sei, habe über viele Jahre kein Kontakt zwischen ihr und der Beklagten bestanden. Zwar habe sie letztere vor ihrer ersten Scheidung einmal für einige Monate in ihren Haushalt geholt. Dort habe die Großmutter das Kind aber wieder herausnehmen müssen, weil der Aufenthalt dessen Entwicklung abträglich gewesen sei. Die Beklagte habe gestottert, weshalb die Mutter selbst eingesehen habe, daß es besser sei, wenn die Tochter bei der Großmutter lebe. Im Zuge der Scheidung sei schließlich die elterliche Sorge für die Beklagte den - als nicht erziehungsgeeignet angesehenen - Eltern entzogen und den Großeltern übertragen worden. Danach habe sich die Mutter nicht mehr um die Beklagte gekümmert. Von einem Aufenthalt der Beklagten in den USA abgesehen, der zu einer Zeit stattgefunden habe, als die Mutter an Krebs erkrankt gewesen sei, habe letztere von Anfang der 60er Jahre an von
sich aus den Kontakt zur Beklagten nicht nachdrücklich gesucht. Sofern es hierzu gleichwohl gekommen sei, habe dies auf den Bemühungen der Großeltern beruht. Auch heute noch ergäben sich Kontakte eher zufällig, wenn die Beklagte ihre Schwester besuche. Insgesamt werde in dem Verhalten der Mutter ein so grober Mangel an verwandtschaftlicher Gesinnung und menschlicher Rücksichtnahme deutlich, daß von einer vollständigen Verwirkung der Unterhaltsansprüche gegen die Beklagte auszugehen sei. Diese Beurteilung begegnet im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB braucht der Unterhaltspflichtige nur einen Beitrag in der der Billigkeit entsprechenden Höhe zum Unterhalt des Berechtigten zu leisten, wenn dieser unter anderem seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt (2. Alt.) oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht hat (3. Alt.). Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre (§ 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB). aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann bereits nicht ausgeschlossen werden, daß die Voraussetzungen der 2. Alt. des § 1611 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt sein können. Das Berufungsgericht hat insofern allein auf eine Verletzung der Barunterhaltspflicht abgestellt und eine solche mangels Leistungsfähigkeit der Mutter verneint. Eltern schulden ihren Kindern indessen entweder Bar- oder Naturalunterhalt (§ 1612 Abs. 2 BGB), zu dem - als Teil der Unterhaltspflicht - auch die Betreuung gehört (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB). Eine Vernachlässigung der Betreuung ist grundsätzlich ebenfalls geeignet, die Rechtswirkungen des § 1611 Abs. 1 BGB auszulösen (ebenso Staudinger /Engler BGB - 2000 - § 1611 Rdn. 18; Günther Münchner Anwaltshandbuch § 12 Rdn. 111; a.A. MünchKomm/Born 4. Aufl. § 1611 Rdn. 14), auch wenn die
Betreuung nicht in vollem Umfang persönlich erbracht werden muß. Für eine Beschränkung des § 1611 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB auf eine Verletzung der Barunterhaltspflicht sind dem Gesetz keine Anhaltspunkte zu entnehmen. Im vorliegenden Fall kommt eine Verletzung der Naturalunterhaltspflicht in der Zeit bis zur Übertragung der elterlichen Sorge für die Beklagte auf die Großeltern in Betracht. Zwar brauchte die Mutter die Betreuung nicht uneingeschränkt selbst zu übernehmen, sondern durfte sich hierbei auch der Mithilfe anderer bedienen. Das ändert aber nichts daran, daß die Verantwortung für das Kind in erster Linie bei den Eltern, und damit auch bei der Mutter, lag. Diese Aufgabe durfte sie nicht in vollem Umfang delegieren, indem sie die Betreuung ohne jedweden eigenen Einsatz allein den Großeltern überließ. Ob insoweit bereits von einer gröblichen Vernachlässigung der Unterhaltspflicht ausgegangen werden kann, bedarf indessen keiner Entscheidung. In jedem Fall hat das Berufungsgericht nämlich die Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB rechtsfehlerfrei bejaht. bb) Eine schwere Verfehlung im Sinne der vorgenannten Bestimmung kann regelmäßig nur bei einer tiefgreifenden Beeinträchtigung schutzwürdiger wirtschaftlicher Interessen oder persönlicher Belange des Pflichtigen angenommen werden (MünchKomm/Born aaO § 1611 Rdn. 23; Luthin/Schumacher Handbuch des Unterhaltsrechts 9. Aufl. Rdn. 3234; OLG Celle FamRZ 1993, 1235, 1236; OLG München FamRZ 1992, 595, 597). Als Begehungsformen kommen aktives Tun und Unterlassen in Betracht, letzteres allerdings nur, wenn der Berechtigte dadurch eine Rechtspflicht zum Handeln verletzt (MünchKomm /Born aaO § 1611 Rdn. 23). Mit Rücksicht darauf kann sich auch eine Verletzung elterlicher Pflichten durch Unterlassen als Verfehlung gegen das Kind darstellen. Das gilt nicht nur für die besonders geregelte Vernachlässigung der Unterhaltspflicht, sondern etwa auch für die dauernde grobe Vernachlässigung und Verletzung der Aufsichtspflicht und für die Verletzung der Pflicht zu
Beistand und Rücksicht, die in der durch das Sorgerechtsgesetz von 1979 eingefügten Vorschrift des § 1618 a BGB auch zum Ausdruck gebracht worden ist (Staudinger/Engler aaO § 1611 Rdn. 29). Hierbei handelt es sich um das ElternKind -Verhältnis prägende Rechtspflichten, deren Verletzung unter den Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 Satz 1 3. Alt. BGB Bedeutung zukommen kann. cc) Danach hat sich die Mutter nach den getroffenen Feststellungen auch nach Auffassung des Senats einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte schuldig gemacht. Dies ergibt die gebotene umfassende Abwägung aller maßgeblichen Umstände (vgl. hierzu Senatsurteil vom 25. Januar 1995 - XII ZR 240/93 - FamRZ 1995, 475, 476). Auch wenn ihr die elterliche Sorge nicht mehr zustand und ihr deshalb nicht mehr die Pflege und Erziehung der Beklagten oblag, gehörte es zu den Pflichten der Mutter, sich weiterhin um ihr Kind zu kümmern, Anteil an seinem Leben und seiner Entwicklung zu nehmen, ihm bei auftretenden Problemen und Schwierigkeiten zur Seite zu stehen und ihm insgesamt die Gewißheit zu vermitteln, daß ein ihm in Liebe und Zuneigung verbundener Elternteil für es da ist. Daran hat es die Mutter jedenfalls von der Zeit an, in der sie die Beklagte im Alter von 1 bis 1 ½ Jahren in der Obhut der Großeltern zurückgelassen hat, fast durchgehend fehlen lassen. Sie hat sich trotz der Fürsorgebedürftigkeit des Kindes - mit Ausnahme von dessen kurzfristiger Aufnahme in den elterlichen Haushalt - nicht mehr persönlich um dieses gekümmert und - von der Ermöglichung eines Besuches des Kindes in den USA abgesehen - von sich aus noch nicht einmal versucht, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus hat sie die Beklagte - im Gegensatz zu ihren anderen Kindern - bei ihrer Auswanderung in die USA in Deutschland zurückgelassen und dem Kind so den Eindruck der Zurücksetzung durch die Mutter und deren Interessenlosigkeit an seiner Person vermittelt. Dem steht - entgegen der Auffassung der Revision - nicht entgegen, daß die Mutter das Kind bei ihren
Eltern gut versorgt wußte und die Beklagte sich im Haushalt der Großeltern gut entwickelt hat. Dadurch war die Mutter nicht der Pflicht enthoben, sich weiterhin um ihr Kind zu kümmern, mit ihm brieflich oder telefonisch Kontakt zu halten und an seiner Entwicklung und an seinem Leben Anteil zu nehmen. Daß entsprechende Bemühungen dem Kindeswohl ausnahmsweise geschadet hätten, hätte die Klägerin darlegen müssen. Das hat sie nicht getan. Das Unterlassen der Mutter, an dem sich in der Folgezeit nichts geändert hat, offenbart einen so groben Mangel an elterlicher Verantwortung und menschlicher Rücksichtnahme , daß nach Abwägung aller Umstände in diesem besonders gelagerten Fall von einer schweren Verfehlung gegen die Beklagte auszugehen ist (vgl. insofern auch Staudinger/Engler aaO § 1611 Rdn. 29; Erman/Holzhauer BGB 10. Aufl. § 1611 Rdn. 5; Palandt/Diederichsen BGB 63. Aufl. § 1611 Rdn. 5; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 8. Aufl. Rdn. 1053 b; Wendl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 2 Rdn. 626; Günther aaO § 12 Rdn. 113; LG Hannover FamRZ 1991, 1094, 1095; AG Helmstedt FamRZ 2001, 1395; AG Leipzig FamRZ 1997, 965). Nach der Lebenswirklichkeit war der Mutter ihr Verhalten auch bewußt, so daß sie vorsätzlich gehandelt hat. dd) Bei der gegebenen Sachlage erscheint es auch rechtsbedenkenfrei, daß das Berufungsgericht den Unterhalt nicht nur herabgesetzt, sondern die Voraussetzungen eines vollständigen Wegfalls der Unterhaltspflicht der Beklagten bejaht hat. Zwar kommt ein solcher nur unter den in § 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten engen Voraussetzungen, nämlich bei Vorliegen grober Unbilligkeit der Inanspruchnahme, in Betracht. Von dieser ist auszugehen, wenn die Gewährung von Unterhalt dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (MünchKomm/Born aaO § 1611 Rdn. 37; Soergel /Häberle BGB 12. Aufl. § 1611 Rdn. 7; Günther aaO § 12 Rdn. 114; vgl.
auch Senatsurteil vom 18. März 1992 - XII ZR 262/90 - FamRZ 1992, 787, 788 für das Leistungsverweigerungsrecht nach § 1381 BGB). Das wäre hier indessen - wie eine Würdigung aller maßgeblichen Umstände ergibt - der Fall. Dabei verkennt der Senat nicht, daß bei der Frage, inwieweit Ansprüche auf Elternunterhalt verwirkt sind, die gebotene Berücksichtigung auch der Belange des Unterhaltsberechtigten es regelmäßig erfordert, dessen - trotz der Verfehlung vorliegende - Unterhaltsleistungen in die Würdigung einzubeziehen, wenn er - wie zumeist - über lange Jahre hinweg für sein Kind gesorgt und sich zu dessen Gunsten in seiner eigenen Lebensführung eingeschränkt hat (vgl. Finger FamRZ 1995, 969, S. 974 f.). Dieser Gesichtspunkt kommt hier indessen nicht zum Tragen. Eigene Leistungen der Mutter für die Beklagte sind in nennenswertem Umfang nie erfolgt. Dagegen kommt der Verfehlung der Mutter ein solches Gewicht zu, daß es mit dem Rechtsempfinden schlechthin nicht zu vereinbaren wäre, wenn die Beklagte, nachdem sie die Mutter praktisch immer entbehren mußte und sie deshalb als Fremde empfinden mußte und durfte, nunmehr für deren Unterhalt aufkommen müßte, zumal
sie nach den getroffenen Feststellungen nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, bei denen sie durch Unterhaltsleistungen nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Der Erblasser kann einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling

1.
dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachtet,
2.
sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen eine der in Nummer 1 bezeichneten Personen schuldig macht,
3.
die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht böswillig verletzt oder
4.
wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung rechtskräftig verurteilt wird und die Teilhabe des Abkömmlings am Nachlass deshalb für den Erblasser unzumutbar ist. Gleiches gilt, wenn die Unterbringung des Abkömmlings in einem psychiatrischen Krankenhaus oder in einer Entziehungsanstalt wegen einer ähnlich schwerwiegenden vorsätzlichen Tat rechtskräftig angeordnet wird.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Entziehung des Eltern- oder Ehegattenpflichtteils.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

32
a) Die Vorschrift schließt einen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger aus, wenn dies eine unbillige Härte für die Unterhaltspflichtigen bedeuten würde. Der unbestimmte Rechtsbegriff der unbilligen Härte belässt dem Sozialhilfeträger keinen Ermessensspielraum, sondern unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (Schellhorn/Schellhorn/Hohm aaO § 94 Rdn. 101). Der Begriff ist durch das Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23. Juni 1993 - BGBl. I S. 944, 952) in das Überleitungsrecht eingeführt worden. Nach den damaligen Gesetzesmaterialien sollte eine Anpassung an die Sprachregelung des Unterhaltsrechts, etwa an die Vorschriften der §§ 1577 Abs. 3 und 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB, bewirkt werden (Grube/Warendorf aaO § 94 Rdn. 28). Nach der Rechtsprechung des Senats kommen Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise einer Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, nicht als Härtegrund i. S. des § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen (Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098). Die Bedeutung der unbilligen Härte im Sinne der Übergangsvorschrift muss deswegen darüber hinausgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 251/01 Verkündet am:
21. April 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 1601; BSHG § 91 Abs. 2 Satz 2
Der Übergang des Unterhaltsanspruchs eines Elternteils auf den Träger der Sozialhilfe
kann wegen unbilliger Härte ausgeschlossen sein, wenn der Elternteil wegen
einer auf seine Kriegserlebnisse zurückzuführenden psychischen Erkrankung nicht in
der Lage war, für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind zu sorgen
(im Anschluß an Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003,
1468).
BGH, Urteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Groß-Gerau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. August 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die am 13. Februar 1939 geborene Beklagte ist das einzige noch lebende Kind aus der seit dem 7. Dezember 1971 geschiedenen Ehe ihrer Eltern. Ihre Mutter ist verstorben. Die Beklagte ist verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie ist Rentnerin und verfügte in dem Zeitraum ab Mai 2000 über Einkünfte aus zwei Renten, die sich nach Abzug der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung auf monatlich insgesamt 2.482,09 DM beliefen. Außerdem erzielte sie Zinseinkünfte von monatlich 11,30 DM. Die Beklagte bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann eine Wohnung in dem der gemeinsamen Tochter gehörenden Haus, an der den Ehegatten ein dingliches Wohnrecht zusteht. Mit Darlehensvertrag vom 8. Mai 2000
hat die Beklagte ein Darlehen über 30.000 DM aufgenommen, das sie in Raten von monatlich 530 DM zurückzahlt. Das Darlehen diente teilweise der Ablösung anderer Verbindlichkeiten. Der Ehemann der Beklagten hatte ab Mai 2000 Renteneinkünfte in Höhe von 2.158,96 DM sowie Zinseinkünfte von 11,30 DM - jeweils monatlich -. Der Vater der Beklagten diente als Soldat der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg. Er kam nach mehreren Lazarettaufenthalten psychisch erkrankt aus dem Krieg zurück und befand sich seit August 1949 ununterbrochen in einer psychiatrischen Klinik. Seit 1998 lebt er in einem Alten- und Pflegeheim. Bis Mai 2000 war ein Sparguthaben des Vaters abgesehen von einem Betrag von 4.500 DM aufgebraucht. Seitdem erbringt der Kläger für den Vater Sozialhilfeleistungen in Höhe der nicht durch dessen eigene Einkünfte und die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckten Heimkosten. In den Monaten Mai bis August 2000 hat er monatlich Beträge zwischen 1.368,22 DM und 1.838 DM gezahlt. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 10. Mai 2000, der Beklagten zugestellt am 12. Mai 2000, teilte der Kläger dieser die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihren Vater mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse auf. Mit seiner Klage machte der Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche des Vaters für die Zeit von Mai bis einschließlich August 2000 in Höhe von monatlich 1.031 DM, insgesamt von 4.124 DM zuzüglich Zinsen, geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt hat, blieb erfolglos. Dagegen richtet sich dessen - zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR-Frankfurt 2002, 25 ff. veröffentlicht ist, hat angenommen, daß ein nach § 1601 BGB bestehender Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Beklagte nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht auf den Kläger übergegangen sei, weil dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Zur Begründung hat es ausgeführt: Eine Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift liege vor, wenn durch die Heranziehung des Unterhaltspflichtigen soziale Belange vernachlässigt werden müßten. Auch wenn der vorliegende Fall sich nicht einer der hierzu in der Rechtsprechung erörterten Fallgruppe zuordnen lasse, sei er dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Heranziehung der Beklagten soziale Belange in ähnlicher Weise beeinträchtigt würden. Das folge daraus, daß ihr bereits ein besonderes Opfer dadurch auferlegt worden sei, daß sie aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen gewesen sei, während eines erheblichen Zeitraums ihrer Kindheit emotionale und materielle Zuwendung seitens des Vaters habe entbehren müssen. Es sei zwar für die Generation der Beklagten nichts Ungewöhnliches, daß sie den Vater über Jahre hinweg wegen dessen Teilnahme am zweiten Weltkrieg habe entbehren müssen. Die Situation der Beklagten sei aber zusätzlich dadurch gekennzeichnet , daß ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückgekommen sei, die Familie nicht habe versorgen und der Beklagten die Zuwendung habe zukommen lassen können, die ein Kind unter gewöhnlichen Umständen von seinem Vater erfahre. Mit Rücksicht hierauf sei es sozial ungerechtfertigt, wenn die Beklagte heute von der öffentlichen Hand für den Unterhalt ihres Vaters in Anspruch genommen werde, nachdem der damalige Unrechtsstaat ihr die Zuwendung und Versorgung durch den Vater in wesentlichen Teilen genommen habe. Daran, daß die Kriegserlebnisse des Vaters für dessen psychische Er-
krankung ursächlich gewesen seien, bestehe aufgrund des zeitlichen Ablaufs nach der Lebenserfahrung kein Zweifel. Diese Beurteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BSHG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (FKBG, BGBl. I S. 944) bzw. nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist der Übergang des Unterhaltsanspruchs gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen , wenn dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Das genannte Beurteilungskriterium stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung der vollen Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003, 1468, 1470 m.w.N.). Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, unterliegt den sich wandelnden Anschauungen in der Gesellschaft. Was in früheren Zeiten im Rahmen eines Familienverbandes als selbstverständlicher Einsatz der Mitglieder der Familie ohne weiteres verlangt wurde, wird heute vielfach als Härte empfunden. Dabei kann diese Härte in materieller oder immaterieller Hinsicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder in derjenigen des Hilfeempfängers vorliegen. Bei der Auslegung der Härteklausel ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen, daneben sind auch die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe zu beachten. Darüber hinaus ist auf die Belange und die Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen. Neben den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Beteiligten zueinander kommt es auf die soziale Lage an. Eine Härte liegt deshalb vor, wenn mit dem Anspruchsübergang soziale Belange vernachlässigt würden (Senatsurteil aaO S. 1470).
Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung sowie den vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge herausgegebenen Empfehlungen für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe kann eine unbillige Härte, die sozialhilferechtlich zum Ausschluß des Anspruchsübergangs führt, insbesondere angenommen werden, wenn und soweit der Grundsatz der familiengerechten Hilfe (§ 7 BSHG) ein Absehen von der Heranziehung geboten erscheinen läßt, die laufende Heranziehung in Anbetracht der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht auf die Höhe und Dauer des Bedarfs zu einer nachhaltigen und unzumutbaren Beeinträchtigung des Unterhaltspflichtigen und der übrigen Familienmitglieder führen würde, die Zielsetzung der Hilfe im Frauenhaus in der Gewährung von Schutz und Zuflucht vor dem gewalttätigen Ehemann besteht und diese durch die Mitteilung der Hilfe an den Unterhaltspflichtigen gefährdet erscheint oder der Unterhaltspflichtige vor Eintreten der Sozialhilfe über das Maß seiner zumutbaren Unterhaltsverpflichtung hinaus den Hilfeempfänger betreut und gepflegt hat (vgl. BVerwGE 58, 209, 216; Schellhorn BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 87 f.; derselbe in FuR 1993, 261, 266; Schaefer/Wolf in Fichtner BSHG 2. Aufl. § 91 Rdn. 41 f.; Mergler/Zink BSHG 4. Aufl. § 91 Rdn. 77; Münder in LPK-BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 42). Der vorliegende Fall läßt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, in keine dieser Fallgruppen einordnen. Daraus folgt indessen nicht, daß keine unbillige Härte vorliegt. Denn eine solche ist auch in anderen Fallgestaltungen denkbar. Entscheidend ist insoweit, ob im Rahmen der umfassenden Prüfung der Gesamtsituation des Falles aus der Sicht des Sozialhilferechts durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt werden (BVerwG aaO S. 215 f.). Das ist hier der Fall.
b) Zwar sind die Unterhaltsansprüche des Vaters der Beklagten dieser gegenüber nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Voraussetzungen, unter denen nach der
vorgenannten Bestimmung ein Unterhaltsanspruch nur in eingeschränktem Umfang besteht oder eine Unterhaltsverpflichtung ganz entfällt, nicht erfüllt. Umstände , die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen indessen ohnehin nicht als - den Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe ausschließende - Härtegründe im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 bzw. § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen. Der vorliegende Fall ist nach den von Berufungsgericht getroffenen Feststellungen dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagte nicht nur während der Kriegsteilnahme ihres Vaters dessen emotionale und materielle Zuwendung entbehren mußte, sondern daß sie auch in der Folgezeit nicht die unter normalen Umständen zu erwartende väterliche Zuwendung erfahren hat, weil ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückkehrte und der Familie keine Fürsorge zuteil werden lassen konnte. Er war von 1949 an fast 50 Jahre in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und lebt seit 1998 in einem Alten- und Pflegeheim. Aufgrund dieser Umstände war die Beklagte bereits in den Jahren ihrer Kindheit in starkem Maße belastet. Im weiteren Verlauf, insbesondere nach der 1971 erfolgten Scheidung der Ehe der Eltern, haben zwischen der Beklagten und dem Vater offensichtlich keine Beziehungen mehr bestanden, so daß die Familienbande zumindest stark gelockert waren, falls insoweit nicht sogar eine völlige Entfremdung eingetreten ist. Wenn die Beklagte gleichwohl von dem Träger der Sozialhilfe auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen werden könnte, würden dadurch soziale Belange vernachlässigt. Angesichts der Einbußen , die die Beklagte aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen war, zu tragen hatte und der weiteren Entwicklung der Beziehungen zu diesem
kann von ihr nicht erwartet werden, im Hinblick auf dessen Unterhaltsanspruch von der öffentlichen Hand in die Pflicht genommen zu werden. Deshalb würde der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe eine unbillige Härte bedeuten (ebenso Schaefer/Wolf aaO § 91 Rdn. 42; vgl. auch Münder aaO § 91 Rdn. 41; BVerwG NDV 1973, 139, 140 für den Fall der Inanspruchnahme eines Großvaters für den Unterhalt eines Enkelkindes, zu dessen Mutter dieser jahrelang keine Verbindung mehr hatte).
c) Die Revision hält diesem Ergebnis entgegen, die Feststellung des Berufungsgerichts , die Kriegserlebnisse des Vaters seien für dessen psychische Erkrankung ursächlich gewesen, sei verfahrensfehlerhaft. Der Kläger habe nur zugestanden, daß der Vater der Beklagten krankheitsbedingt und damit unverschuldet nicht in der Lage gewesen sei, kontinuierlich zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Er habe nicht zugestanden, daß die psychische Erkrankung des Vaters durch den Krieg verursacht worden sei. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Der Kläger hat die von der Beklagten geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Vaters durch die Kriegsgeschehnisse nicht in Abrede gestellt, sondern allein darauf abgehoben, daß der Vater unverschuldet in die Lage geraten sei, für seine Familie nicht sorgen zu können. Deshalb durfte das Berufungsgericht, auch unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung, davon ausgehen, daß die psychische Erkrankung des Vaters auf dessen Kriegserlebnisse zurückzuführen war.
d) Bei der gegebenen Sachlage begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht eine unbillige Härte in vollem Umfang der Inanspruchnahme angenommen hat. Nach den getroffenen Feststellungen lebt die Beklagte nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen, bei denen sie durch Unter-
haltsleistungen für den Vater nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

32
a) Die Vorschrift schließt einen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger aus, wenn dies eine unbillige Härte für die Unterhaltspflichtigen bedeuten würde. Der unbestimmte Rechtsbegriff der unbilligen Härte belässt dem Sozialhilfeträger keinen Ermessensspielraum, sondern unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (Schellhorn/Schellhorn/Hohm aaO § 94 Rdn. 101). Der Begriff ist durch das Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23. Juni 1993 - BGBl. I S. 944, 952) in das Überleitungsrecht eingeführt worden. Nach den damaligen Gesetzesmaterialien sollte eine Anpassung an die Sprachregelung des Unterhaltsrechts, etwa an die Vorschriften der §§ 1577 Abs. 3 und 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB, bewirkt werden (Grube/Warendorf aaO § 94 Rdn. 28). Nach der Rechtsprechung des Senats kommen Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise einer Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, nicht als Härtegrund i. S. des § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen (Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098). Die Bedeutung der unbilligen Härte im Sinne der Übergangsvorschrift muss deswegen darüber hinausgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 251/01 Verkündet am:
21. April 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 1601; BSHG § 91 Abs. 2 Satz 2
Der Übergang des Unterhaltsanspruchs eines Elternteils auf den Träger der Sozialhilfe
kann wegen unbilliger Härte ausgeschlossen sein, wenn der Elternteil wegen
einer auf seine Kriegserlebnisse zurückzuführenden psychischen Erkrankung nicht in
der Lage war, für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind zu sorgen
(im Anschluß an Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003,
1468).
BGH, Urteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Groß-Gerau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. August 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die am 13. Februar 1939 geborene Beklagte ist das einzige noch lebende Kind aus der seit dem 7. Dezember 1971 geschiedenen Ehe ihrer Eltern. Ihre Mutter ist verstorben. Die Beklagte ist verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie ist Rentnerin und verfügte in dem Zeitraum ab Mai 2000 über Einkünfte aus zwei Renten, die sich nach Abzug der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung auf monatlich insgesamt 2.482,09 DM beliefen. Außerdem erzielte sie Zinseinkünfte von monatlich 11,30 DM. Die Beklagte bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann eine Wohnung in dem der gemeinsamen Tochter gehörenden Haus, an der den Ehegatten ein dingliches Wohnrecht zusteht. Mit Darlehensvertrag vom 8. Mai 2000
hat die Beklagte ein Darlehen über 30.000 DM aufgenommen, das sie in Raten von monatlich 530 DM zurückzahlt. Das Darlehen diente teilweise der Ablösung anderer Verbindlichkeiten. Der Ehemann der Beklagten hatte ab Mai 2000 Renteneinkünfte in Höhe von 2.158,96 DM sowie Zinseinkünfte von 11,30 DM - jeweils monatlich -. Der Vater der Beklagten diente als Soldat der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg. Er kam nach mehreren Lazarettaufenthalten psychisch erkrankt aus dem Krieg zurück und befand sich seit August 1949 ununterbrochen in einer psychiatrischen Klinik. Seit 1998 lebt er in einem Alten- und Pflegeheim. Bis Mai 2000 war ein Sparguthaben des Vaters abgesehen von einem Betrag von 4.500 DM aufgebraucht. Seitdem erbringt der Kläger für den Vater Sozialhilfeleistungen in Höhe der nicht durch dessen eigene Einkünfte und die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckten Heimkosten. In den Monaten Mai bis August 2000 hat er monatlich Beträge zwischen 1.368,22 DM und 1.838 DM gezahlt. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 10. Mai 2000, der Beklagten zugestellt am 12. Mai 2000, teilte der Kläger dieser die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihren Vater mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse auf. Mit seiner Klage machte der Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche des Vaters für die Zeit von Mai bis einschließlich August 2000 in Höhe von monatlich 1.031 DM, insgesamt von 4.124 DM zuzüglich Zinsen, geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt hat, blieb erfolglos. Dagegen richtet sich dessen - zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR-Frankfurt 2002, 25 ff. veröffentlicht ist, hat angenommen, daß ein nach § 1601 BGB bestehender Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Beklagte nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht auf den Kläger übergegangen sei, weil dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Zur Begründung hat es ausgeführt: Eine Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift liege vor, wenn durch die Heranziehung des Unterhaltspflichtigen soziale Belange vernachlässigt werden müßten. Auch wenn der vorliegende Fall sich nicht einer der hierzu in der Rechtsprechung erörterten Fallgruppe zuordnen lasse, sei er dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Heranziehung der Beklagten soziale Belange in ähnlicher Weise beeinträchtigt würden. Das folge daraus, daß ihr bereits ein besonderes Opfer dadurch auferlegt worden sei, daß sie aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen gewesen sei, während eines erheblichen Zeitraums ihrer Kindheit emotionale und materielle Zuwendung seitens des Vaters habe entbehren müssen. Es sei zwar für die Generation der Beklagten nichts Ungewöhnliches, daß sie den Vater über Jahre hinweg wegen dessen Teilnahme am zweiten Weltkrieg habe entbehren müssen. Die Situation der Beklagten sei aber zusätzlich dadurch gekennzeichnet , daß ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückgekommen sei, die Familie nicht habe versorgen und der Beklagten die Zuwendung habe zukommen lassen können, die ein Kind unter gewöhnlichen Umständen von seinem Vater erfahre. Mit Rücksicht hierauf sei es sozial ungerechtfertigt, wenn die Beklagte heute von der öffentlichen Hand für den Unterhalt ihres Vaters in Anspruch genommen werde, nachdem der damalige Unrechtsstaat ihr die Zuwendung und Versorgung durch den Vater in wesentlichen Teilen genommen habe. Daran, daß die Kriegserlebnisse des Vaters für dessen psychische Er-
krankung ursächlich gewesen seien, bestehe aufgrund des zeitlichen Ablaufs nach der Lebenserfahrung kein Zweifel. Diese Beurteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BSHG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (FKBG, BGBl. I S. 944) bzw. nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist der Übergang des Unterhaltsanspruchs gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen , wenn dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Das genannte Beurteilungskriterium stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung der vollen Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003, 1468, 1470 m.w.N.). Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, unterliegt den sich wandelnden Anschauungen in der Gesellschaft. Was in früheren Zeiten im Rahmen eines Familienverbandes als selbstverständlicher Einsatz der Mitglieder der Familie ohne weiteres verlangt wurde, wird heute vielfach als Härte empfunden. Dabei kann diese Härte in materieller oder immaterieller Hinsicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder in derjenigen des Hilfeempfängers vorliegen. Bei der Auslegung der Härteklausel ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen, daneben sind auch die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe zu beachten. Darüber hinaus ist auf die Belange und die Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen. Neben den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Beteiligten zueinander kommt es auf die soziale Lage an. Eine Härte liegt deshalb vor, wenn mit dem Anspruchsübergang soziale Belange vernachlässigt würden (Senatsurteil aaO S. 1470).
Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung sowie den vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge herausgegebenen Empfehlungen für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe kann eine unbillige Härte, die sozialhilferechtlich zum Ausschluß des Anspruchsübergangs führt, insbesondere angenommen werden, wenn und soweit der Grundsatz der familiengerechten Hilfe (§ 7 BSHG) ein Absehen von der Heranziehung geboten erscheinen läßt, die laufende Heranziehung in Anbetracht der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht auf die Höhe und Dauer des Bedarfs zu einer nachhaltigen und unzumutbaren Beeinträchtigung des Unterhaltspflichtigen und der übrigen Familienmitglieder führen würde, die Zielsetzung der Hilfe im Frauenhaus in der Gewährung von Schutz und Zuflucht vor dem gewalttätigen Ehemann besteht und diese durch die Mitteilung der Hilfe an den Unterhaltspflichtigen gefährdet erscheint oder der Unterhaltspflichtige vor Eintreten der Sozialhilfe über das Maß seiner zumutbaren Unterhaltsverpflichtung hinaus den Hilfeempfänger betreut und gepflegt hat (vgl. BVerwGE 58, 209, 216; Schellhorn BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 87 f.; derselbe in FuR 1993, 261, 266; Schaefer/Wolf in Fichtner BSHG 2. Aufl. § 91 Rdn. 41 f.; Mergler/Zink BSHG 4. Aufl. § 91 Rdn. 77; Münder in LPK-BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 42). Der vorliegende Fall läßt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, in keine dieser Fallgruppen einordnen. Daraus folgt indessen nicht, daß keine unbillige Härte vorliegt. Denn eine solche ist auch in anderen Fallgestaltungen denkbar. Entscheidend ist insoweit, ob im Rahmen der umfassenden Prüfung der Gesamtsituation des Falles aus der Sicht des Sozialhilferechts durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt werden (BVerwG aaO S. 215 f.). Das ist hier der Fall.
b) Zwar sind die Unterhaltsansprüche des Vaters der Beklagten dieser gegenüber nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Voraussetzungen, unter denen nach der
vorgenannten Bestimmung ein Unterhaltsanspruch nur in eingeschränktem Umfang besteht oder eine Unterhaltsverpflichtung ganz entfällt, nicht erfüllt. Umstände , die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen indessen ohnehin nicht als - den Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe ausschließende - Härtegründe im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 bzw. § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen. Der vorliegende Fall ist nach den von Berufungsgericht getroffenen Feststellungen dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagte nicht nur während der Kriegsteilnahme ihres Vaters dessen emotionale und materielle Zuwendung entbehren mußte, sondern daß sie auch in der Folgezeit nicht die unter normalen Umständen zu erwartende väterliche Zuwendung erfahren hat, weil ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückkehrte und der Familie keine Fürsorge zuteil werden lassen konnte. Er war von 1949 an fast 50 Jahre in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und lebt seit 1998 in einem Alten- und Pflegeheim. Aufgrund dieser Umstände war die Beklagte bereits in den Jahren ihrer Kindheit in starkem Maße belastet. Im weiteren Verlauf, insbesondere nach der 1971 erfolgten Scheidung der Ehe der Eltern, haben zwischen der Beklagten und dem Vater offensichtlich keine Beziehungen mehr bestanden, so daß die Familienbande zumindest stark gelockert waren, falls insoweit nicht sogar eine völlige Entfremdung eingetreten ist. Wenn die Beklagte gleichwohl von dem Träger der Sozialhilfe auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen werden könnte, würden dadurch soziale Belange vernachlässigt. Angesichts der Einbußen , die die Beklagte aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen war, zu tragen hatte und der weiteren Entwicklung der Beziehungen zu diesem
kann von ihr nicht erwartet werden, im Hinblick auf dessen Unterhaltsanspruch von der öffentlichen Hand in die Pflicht genommen zu werden. Deshalb würde der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe eine unbillige Härte bedeuten (ebenso Schaefer/Wolf aaO § 91 Rdn. 42; vgl. auch Münder aaO § 91 Rdn. 41; BVerwG NDV 1973, 139, 140 für den Fall der Inanspruchnahme eines Großvaters für den Unterhalt eines Enkelkindes, zu dessen Mutter dieser jahrelang keine Verbindung mehr hatte).
c) Die Revision hält diesem Ergebnis entgegen, die Feststellung des Berufungsgerichts , die Kriegserlebnisse des Vaters seien für dessen psychische Erkrankung ursächlich gewesen, sei verfahrensfehlerhaft. Der Kläger habe nur zugestanden, daß der Vater der Beklagten krankheitsbedingt und damit unverschuldet nicht in der Lage gewesen sei, kontinuierlich zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Er habe nicht zugestanden, daß die psychische Erkrankung des Vaters durch den Krieg verursacht worden sei. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Der Kläger hat die von der Beklagten geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Vaters durch die Kriegsgeschehnisse nicht in Abrede gestellt, sondern allein darauf abgehoben, daß der Vater unverschuldet in die Lage geraten sei, für seine Familie nicht sorgen zu können. Deshalb durfte das Berufungsgericht, auch unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung, davon ausgehen, daß die psychische Erkrankung des Vaters auf dessen Kriegserlebnisse zurückzuführen war.
d) Bei der gegebenen Sachlage begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht eine unbillige Härte in vollem Umfang der Inanspruchnahme angenommen hat. Nach den getroffenen Feststellungen lebt die Beklagte nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen, bei denen sie durch Unter-
haltsleistungen für den Vater nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 251/01 Verkündet am:
21. April 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 1601; BSHG § 91 Abs. 2 Satz 2
Der Übergang des Unterhaltsanspruchs eines Elternteils auf den Träger der Sozialhilfe
kann wegen unbilliger Härte ausgeschlossen sein, wenn der Elternteil wegen
einer auf seine Kriegserlebnisse zurückzuführenden psychischen Erkrankung nicht in
der Lage war, für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind zu sorgen
(im Anschluß an Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003,
1468).
BGH, Urteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Groß-Gerau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. August 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die am 13. Februar 1939 geborene Beklagte ist das einzige noch lebende Kind aus der seit dem 7. Dezember 1971 geschiedenen Ehe ihrer Eltern. Ihre Mutter ist verstorben. Die Beklagte ist verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie ist Rentnerin und verfügte in dem Zeitraum ab Mai 2000 über Einkünfte aus zwei Renten, die sich nach Abzug der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung auf monatlich insgesamt 2.482,09 DM beliefen. Außerdem erzielte sie Zinseinkünfte von monatlich 11,30 DM. Die Beklagte bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann eine Wohnung in dem der gemeinsamen Tochter gehörenden Haus, an der den Ehegatten ein dingliches Wohnrecht zusteht. Mit Darlehensvertrag vom 8. Mai 2000
hat die Beklagte ein Darlehen über 30.000 DM aufgenommen, das sie in Raten von monatlich 530 DM zurückzahlt. Das Darlehen diente teilweise der Ablösung anderer Verbindlichkeiten. Der Ehemann der Beklagten hatte ab Mai 2000 Renteneinkünfte in Höhe von 2.158,96 DM sowie Zinseinkünfte von 11,30 DM - jeweils monatlich -. Der Vater der Beklagten diente als Soldat der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg. Er kam nach mehreren Lazarettaufenthalten psychisch erkrankt aus dem Krieg zurück und befand sich seit August 1949 ununterbrochen in einer psychiatrischen Klinik. Seit 1998 lebt er in einem Alten- und Pflegeheim. Bis Mai 2000 war ein Sparguthaben des Vaters abgesehen von einem Betrag von 4.500 DM aufgebraucht. Seitdem erbringt der Kläger für den Vater Sozialhilfeleistungen in Höhe der nicht durch dessen eigene Einkünfte und die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckten Heimkosten. In den Monaten Mai bis August 2000 hat er monatlich Beträge zwischen 1.368,22 DM und 1.838 DM gezahlt. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 10. Mai 2000, der Beklagten zugestellt am 12. Mai 2000, teilte der Kläger dieser die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihren Vater mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse auf. Mit seiner Klage machte der Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche des Vaters für die Zeit von Mai bis einschließlich August 2000 in Höhe von monatlich 1.031 DM, insgesamt von 4.124 DM zuzüglich Zinsen, geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt hat, blieb erfolglos. Dagegen richtet sich dessen - zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR-Frankfurt 2002, 25 ff. veröffentlicht ist, hat angenommen, daß ein nach § 1601 BGB bestehender Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Beklagte nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht auf den Kläger übergegangen sei, weil dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Zur Begründung hat es ausgeführt: Eine Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift liege vor, wenn durch die Heranziehung des Unterhaltspflichtigen soziale Belange vernachlässigt werden müßten. Auch wenn der vorliegende Fall sich nicht einer der hierzu in der Rechtsprechung erörterten Fallgruppe zuordnen lasse, sei er dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Heranziehung der Beklagten soziale Belange in ähnlicher Weise beeinträchtigt würden. Das folge daraus, daß ihr bereits ein besonderes Opfer dadurch auferlegt worden sei, daß sie aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen gewesen sei, während eines erheblichen Zeitraums ihrer Kindheit emotionale und materielle Zuwendung seitens des Vaters habe entbehren müssen. Es sei zwar für die Generation der Beklagten nichts Ungewöhnliches, daß sie den Vater über Jahre hinweg wegen dessen Teilnahme am zweiten Weltkrieg habe entbehren müssen. Die Situation der Beklagten sei aber zusätzlich dadurch gekennzeichnet , daß ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückgekommen sei, die Familie nicht habe versorgen und der Beklagten die Zuwendung habe zukommen lassen können, die ein Kind unter gewöhnlichen Umständen von seinem Vater erfahre. Mit Rücksicht hierauf sei es sozial ungerechtfertigt, wenn die Beklagte heute von der öffentlichen Hand für den Unterhalt ihres Vaters in Anspruch genommen werde, nachdem der damalige Unrechtsstaat ihr die Zuwendung und Versorgung durch den Vater in wesentlichen Teilen genommen habe. Daran, daß die Kriegserlebnisse des Vaters für dessen psychische Er-
krankung ursächlich gewesen seien, bestehe aufgrund des zeitlichen Ablaufs nach der Lebenserfahrung kein Zweifel. Diese Beurteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BSHG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (FKBG, BGBl. I S. 944) bzw. nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist der Übergang des Unterhaltsanspruchs gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen , wenn dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Das genannte Beurteilungskriterium stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung der vollen Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003, 1468, 1470 m.w.N.). Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, unterliegt den sich wandelnden Anschauungen in der Gesellschaft. Was in früheren Zeiten im Rahmen eines Familienverbandes als selbstverständlicher Einsatz der Mitglieder der Familie ohne weiteres verlangt wurde, wird heute vielfach als Härte empfunden. Dabei kann diese Härte in materieller oder immaterieller Hinsicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder in derjenigen des Hilfeempfängers vorliegen. Bei der Auslegung der Härteklausel ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen, daneben sind auch die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe zu beachten. Darüber hinaus ist auf die Belange und die Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen. Neben den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Beteiligten zueinander kommt es auf die soziale Lage an. Eine Härte liegt deshalb vor, wenn mit dem Anspruchsübergang soziale Belange vernachlässigt würden (Senatsurteil aaO S. 1470).
Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung sowie den vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge herausgegebenen Empfehlungen für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe kann eine unbillige Härte, die sozialhilferechtlich zum Ausschluß des Anspruchsübergangs führt, insbesondere angenommen werden, wenn und soweit der Grundsatz der familiengerechten Hilfe (§ 7 BSHG) ein Absehen von der Heranziehung geboten erscheinen läßt, die laufende Heranziehung in Anbetracht der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht auf die Höhe und Dauer des Bedarfs zu einer nachhaltigen und unzumutbaren Beeinträchtigung des Unterhaltspflichtigen und der übrigen Familienmitglieder führen würde, die Zielsetzung der Hilfe im Frauenhaus in der Gewährung von Schutz und Zuflucht vor dem gewalttätigen Ehemann besteht und diese durch die Mitteilung der Hilfe an den Unterhaltspflichtigen gefährdet erscheint oder der Unterhaltspflichtige vor Eintreten der Sozialhilfe über das Maß seiner zumutbaren Unterhaltsverpflichtung hinaus den Hilfeempfänger betreut und gepflegt hat (vgl. BVerwGE 58, 209, 216; Schellhorn BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 87 f.; derselbe in FuR 1993, 261, 266; Schaefer/Wolf in Fichtner BSHG 2. Aufl. § 91 Rdn. 41 f.; Mergler/Zink BSHG 4. Aufl. § 91 Rdn. 77; Münder in LPK-BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 42). Der vorliegende Fall läßt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, in keine dieser Fallgruppen einordnen. Daraus folgt indessen nicht, daß keine unbillige Härte vorliegt. Denn eine solche ist auch in anderen Fallgestaltungen denkbar. Entscheidend ist insoweit, ob im Rahmen der umfassenden Prüfung der Gesamtsituation des Falles aus der Sicht des Sozialhilferechts durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt werden (BVerwG aaO S. 215 f.). Das ist hier der Fall.
b) Zwar sind die Unterhaltsansprüche des Vaters der Beklagten dieser gegenüber nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Voraussetzungen, unter denen nach der
vorgenannten Bestimmung ein Unterhaltsanspruch nur in eingeschränktem Umfang besteht oder eine Unterhaltsverpflichtung ganz entfällt, nicht erfüllt. Umstände , die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen indessen ohnehin nicht als - den Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe ausschließende - Härtegründe im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 bzw. § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen. Der vorliegende Fall ist nach den von Berufungsgericht getroffenen Feststellungen dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagte nicht nur während der Kriegsteilnahme ihres Vaters dessen emotionale und materielle Zuwendung entbehren mußte, sondern daß sie auch in der Folgezeit nicht die unter normalen Umständen zu erwartende väterliche Zuwendung erfahren hat, weil ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückkehrte und der Familie keine Fürsorge zuteil werden lassen konnte. Er war von 1949 an fast 50 Jahre in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und lebt seit 1998 in einem Alten- und Pflegeheim. Aufgrund dieser Umstände war die Beklagte bereits in den Jahren ihrer Kindheit in starkem Maße belastet. Im weiteren Verlauf, insbesondere nach der 1971 erfolgten Scheidung der Ehe der Eltern, haben zwischen der Beklagten und dem Vater offensichtlich keine Beziehungen mehr bestanden, so daß die Familienbande zumindest stark gelockert waren, falls insoweit nicht sogar eine völlige Entfremdung eingetreten ist. Wenn die Beklagte gleichwohl von dem Träger der Sozialhilfe auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen werden könnte, würden dadurch soziale Belange vernachlässigt. Angesichts der Einbußen , die die Beklagte aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen war, zu tragen hatte und der weiteren Entwicklung der Beziehungen zu diesem
kann von ihr nicht erwartet werden, im Hinblick auf dessen Unterhaltsanspruch von der öffentlichen Hand in die Pflicht genommen zu werden. Deshalb würde der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe eine unbillige Härte bedeuten (ebenso Schaefer/Wolf aaO § 91 Rdn. 42; vgl. auch Münder aaO § 91 Rdn. 41; BVerwG NDV 1973, 139, 140 für den Fall der Inanspruchnahme eines Großvaters für den Unterhalt eines Enkelkindes, zu dessen Mutter dieser jahrelang keine Verbindung mehr hatte).
c) Die Revision hält diesem Ergebnis entgegen, die Feststellung des Berufungsgerichts , die Kriegserlebnisse des Vaters seien für dessen psychische Erkrankung ursächlich gewesen, sei verfahrensfehlerhaft. Der Kläger habe nur zugestanden, daß der Vater der Beklagten krankheitsbedingt und damit unverschuldet nicht in der Lage gewesen sei, kontinuierlich zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Er habe nicht zugestanden, daß die psychische Erkrankung des Vaters durch den Krieg verursacht worden sei. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Der Kläger hat die von der Beklagten geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Vaters durch die Kriegsgeschehnisse nicht in Abrede gestellt, sondern allein darauf abgehoben, daß der Vater unverschuldet in die Lage geraten sei, für seine Familie nicht sorgen zu können. Deshalb durfte das Berufungsgericht, auch unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung, davon ausgehen, daß die psychische Erkrankung des Vaters auf dessen Kriegserlebnisse zurückzuführen war.
d) Bei der gegebenen Sachlage begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht eine unbillige Härte in vollem Umfang der Inanspruchnahme angenommen hat. Nach den getroffenen Feststellungen lebt die Beklagte nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen, bei denen sie durch Unter-
haltsleistungen für den Vater nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose

(1) Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber ihren minderjährigen Kindern nicht anzuwenden.

(3) Der Bedürftige kann wegen einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 251/01 Verkündet am:
21. April 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 1601; BSHG § 91 Abs. 2 Satz 2
Der Übergang des Unterhaltsanspruchs eines Elternteils auf den Träger der Sozialhilfe
kann wegen unbilliger Härte ausgeschlossen sein, wenn der Elternteil wegen
einer auf seine Kriegserlebnisse zurückzuführenden psychischen Erkrankung nicht in
der Lage war, für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind zu sorgen
(im Anschluß an Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003,
1468).
BGH, Urteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Groß-Gerau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. August 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die am 13. Februar 1939 geborene Beklagte ist das einzige noch lebende Kind aus der seit dem 7. Dezember 1971 geschiedenen Ehe ihrer Eltern. Ihre Mutter ist verstorben. Die Beklagte ist verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie ist Rentnerin und verfügte in dem Zeitraum ab Mai 2000 über Einkünfte aus zwei Renten, die sich nach Abzug der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung auf monatlich insgesamt 2.482,09 DM beliefen. Außerdem erzielte sie Zinseinkünfte von monatlich 11,30 DM. Die Beklagte bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann eine Wohnung in dem der gemeinsamen Tochter gehörenden Haus, an der den Ehegatten ein dingliches Wohnrecht zusteht. Mit Darlehensvertrag vom 8. Mai 2000
hat die Beklagte ein Darlehen über 30.000 DM aufgenommen, das sie in Raten von monatlich 530 DM zurückzahlt. Das Darlehen diente teilweise der Ablösung anderer Verbindlichkeiten. Der Ehemann der Beklagten hatte ab Mai 2000 Renteneinkünfte in Höhe von 2.158,96 DM sowie Zinseinkünfte von 11,30 DM - jeweils monatlich -. Der Vater der Beklagten diente als Soldat der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg. Er kam nach mehreren Lazarettaufenthalten psychisch erkrankt aus dem Krieg zurück und befand sich seit August 1949 ununterbrochen in einer psychiatrischen Klinik. Seit 1998 lebt er in einem Alten- und Pflegeheim. Bis Mai 2000 war ein Sparguthaben des Vaters abgesehen von einem Betrag von 4.500 DM aufgebraucht. Seitdem erbringt der Kläger für den Vater Sozialhilfeleistungen in Höhe der nicht durch dessen eigene Einkünfte und die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckten Heimkosten. In den Monaten Mai bis August 2000 hat er monatlich Beträge zwischen 1.368,22 DM und 1.838 DM gezahlt. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 10. Mai 2000, der Beklagten zugestellt am 12. Mai 2000, teilte der Kläger dieser die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihren Vater mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse auf. Mit seiner Klage machte der Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche des Vaters für die Zeit von Mai bis einschließlich August 2000 in Höhe von monatlich 1.031 DM, insgesamt von 4.124 DM zuzüglich Zinsen, geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt hat, blieb erfolglos. Dagegen richtet sich dessen - zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR-Frankfurt 2002, 25 ff. veröffentlicht ist, hat angenommen, daß ein nach § 1601 BGB bestehender Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Beklagte nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht auf den Kläger übergegangen sei, weil dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Zur Begründung hat es ausgeführt: Eine Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift liege vor, wenn durch die Heranziehung des Unterhaltspflichtigen soziale Belange vernachlässigt werden müßten. Auch wenn der vorliegende Fall sich nicht einer der hierzu in der Rechtsprechung erörterten Fallgruppe zuordnen lasse, sei er dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Heranziehung der Beklagten soziale Belange in ähnlicher Weise beeinträchtigt würden. Das folge daraus, daß ihr bereits ein besonderes Opfer dadurch auferlegt worden sei, daß sie aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen gewesen sei, während eines erheblichen Zeitraums ihrer Kindheit emotionale und materielle Zuwendung seitens des Vaters habe entbehren müssen. Es sei zwar für die Generation der Beklagten nichts Ungewöhnliches, daß sie den Vater über Jahre hinweg wegen dessen Teilnahme am zweiten Weltkrieg habe entbehren müssen. Die Situation der Beklagten sei aber zusätzlich dadurch gekennzeichnet , daß ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückgekommen sei, die Familie nicht habe versorgen und der Beklagten die Zuwendung habe zukommen lassen können, die ein Kind unter gewöhnlichen Umständen von seinem Vater erfahre. Mit Rücksicht hierauf sei es sozial ungerechtfertigt, wenn die Beklagte heute von der öffentlichen Hand für den Unterhalt ihres Vaters in Anspruch genommen werde, nachdem der damalige Unrechtsstaat ihr die Zuwendung und Versorgung durch den Vater in wesentlichen Teilen genommen habe. Daran, daß die Kriegserlebnisse des Vaters für dessen psychische Er-
krankung ursächlich gewesen seien, bestehe aufgrund des zeitlichen Ablaufs nach der Lebenserfahrung kein Zweifel. Diese Beurteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BSHG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (FKBG, BGBl. I S. 944) bzw. nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist der Übergang des Unterhaltsanspruchs gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen , wenn dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Das genannte Beurteilungskriterium stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung der vollen Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003, 1468, 1470 m.w.N.). Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, unterliegt den sich wandelnden Anschauungen in der Gesellschaft. Was in früheren Zeiten im Rahmen eines Familienverbandes als selbstverständlicher Einsatz der Mitglieder der Familie ohne weiteres verlangt wurde, wird heute vielfach als Härte empfunden. Dabei kann diese Härte in materieller oder immaterieller Hinsicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder in derjenigen des Hilfeempfängers vorliegen. Bei der Auslegung der Härteklausel ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen, daneben sind auch die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe zu beachten. Darüber hinaus ist auf die Belange und die Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen. Neben den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Beteiligten zueinander kommt es auf die soziale Lage an. Eine Härte liegt deshalb vor, wenn mit dem Anspruchsübergang soziale Belange vernachlässigt würden (Senatsurteil aaO S. 1470).
Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung sowie den vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge herausgegebenen Empfehlungen für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe kann eine unbillige Härte, die sozialhilferechtlich zum Ausschluß des Anspruchsübergangs führt, insbesondere angenommen werden, wenn und soweit der Grundsatz der familiengerechten Hilfe (§ 7 BSHG) ein Absehen von der Heranziehung geboten erscheinen läßt, die laufende Heranziehung in Anbetracht der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht auf die Höhe und Dauer des Bedarfs zu einer nachhaltigen und unzumutbaren Beeinträchtigung des Unterhaltspflichtigen und der übrigen Familienmitglieder führen würde, die Zielsetzung der Hilfe im Frauenhaus in der Gewährung von Schutz und Zuflucht vor dem gewalttätigen Ehemann besteht und diese durch die Mitteilung der Hilfe an den Unterhaltspflichtigen gefährdet erscheint oder der Unterhaltspflichtige vor Eintreten der Sozialhilfe über das Maß seiner zumutbaren Unterhaltsverpflichtung hinaus den Hilfeempfänger betreut und gepflegt hat (vgl. BVerwGE 58, 209, 216; Schellhorn BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 87 f.; derselbe in FuR 1993, 261, 266; Schaefer/Wolf in Fichtner BSHG 2. Aufl. § 91 Rdn. 41 f.; Mergler/Zink BSHG 4. Aufl. § 91 Rdn. 77; Münder in LPK-BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 42). Der vorliegende Fall läßt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, in keine dieser Fallgruppen einordnen. Daraus folgt indessen nicht, daß keine unbillige Härte vorliegt. Denn eine solche ist auch in anderen Fallgestaltungen denkbar. Entscheidend ist insoweit, ob im Rahmen der umfassenden Prüfung der Gesamtsituation des Falles aus der Sicht des Sozialhilferechts durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt werden (BVerwG aaO S. 215 f.). Das ist hier der Fall.
b) Zwar sind die Unterhaltsansprüche des Vaters der Beklagten dieser gegenüber nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Voraussetzungen, unter denen nach der
vorgenannten Bestimmung ein Unterhaltsanspruch nur in eingeschränktem Umfang besteht oder eine Unterhaltsverpflichtung ganz entfällt, nicht erfüllt. Umstände , die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen indessen ohnehin nicht als - den Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe ausschließende - Härtegründe im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 bzw. § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen. Der vorliegende Fall ist nach den von Berufungsgericht getroffenen Feststellungen dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagte nicht nur während der Kriegsteilnahme ihres Vaters dessen emotionale und materielle Zuwendung entbehren mußte, sondern daß sie auch in der Folgezeit nicht die unter normalen Umständen zu erwartende väterliche Zuwendung erfahren hat, weil ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückkehrte und der Familie keine Fürsorge zuteil werden lassen konnte. Er war von 1949 an fast 50 Jahre in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und lebt seit 1998 in einem Alten- und Pflegeheim. Aufgrund dieser Umstände war die Beklagte bereits in den Jahren ihrer Kindheit in starkem Maße belastet. Im weiteren Verlauf, insbesondere nach der 1971 erfolgten Scheidung der Ehe der Eltern, haben zwischen der Beklagten und dem Vater offensichtlich keine Beziehungen mehr bestanden, so daß die Familienbande zumindest stark gelockert waren, falls insoweit nicht sogar eine völlige Entfremdung eingetreten ist. Wenn die Beklagte gleichwohl von dem Träger der Sozialhilfe auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen werden könnte, würden dadurch soziale Belange vernachlässigt. Angesichts der Einbußen , die die Beklagte aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen war, zu tragen hatte und der weiteren Entwicklung der Beziehungen zu diesem
kann von ihr nicht erwartet werden, im Hinblick auf dessen Unterhaltsanspruch von der öffentlichen Hand in die Pflicht genommen zu werden. Deshalb würde der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe eine unbillige Härte bedeuten (ebenso Schaefer/Wolf aaO § 91 Rdn. 42; vgl. auch Münder aaO § 91 Rdn. 41; BVerwG NDV 1973, 139, 140 für den Fall der Inanspruchnahme eines Großvaters für den Unterhalt eines Enkelkindes, zu dessen Mutter dieser jahrelang keine Verbindung mehr hatte).
c) Die Revision hält diesem Ergebnis entgegen, die Feststellung des Berufungsgerichts , die Kriegserlebnisse des Vaters seien für dessen psychische Erkrankung ursächlich gewesen, sei verfahrensfehlerhaft. Der Kläger habe nur zugestanden, daß der Vater der Beklagten krankheitsbedingt und damit unverschuldet nicht in der Lage gewesen sei, kontinuierlich zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Er habe nicht zugestanden, daß die psychische Erkrankung des Vaters durch den Krieg verursacht worden sei. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Der Kläger hat die von der Beklagten geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Vaters durch die Kriegsgeschehnisse nicht in Abrede gestellt, sondern allein darauf abgehoben, daß der Vater unverschuldet in die Lage geraten sei, für seine Familie nicht sorgen zu können. Deshalb durfte das Berufungsgericht, auch unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung, davon ausgehen, daß die psychische Erkrankung des Vaters auf dessen Kriegserlebnisse zurückzuführen war.
d) Bei der gegebenen Sachlage begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht eine unbillige Härte in vollem Umfang der Inanspruchnahme angenommen hat. Nach den getroffenen Feststellungen lebt die Beklagte nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen, bei denen sie durch Unter-
haltsleistungen für den Vater nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose
32
a) Die Vorschrift schließt einen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger aus, wenn dies eine unbillige Härte für die Unterhaltspflichtigen bedeuten würde. Der unbestimmte Rechtsbegriff der unbilligen Härte belässt dem Sozialhilfeträger keinen Ermessensspielraum, sondern unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (Schellhorn/Schellhorn/Hohm aaO § 94 Rdn. 101). Der Begriff ist durch das Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23. Juni 1993 - BGBl. I S. 944, 952) in das Überleitungsrecht eingeführt worden. Nach den damaligen Gesetzesmaterialien sollte eine Anpassung an die Sprachregelung des Unterhaltsrechts, etwa an die Vorschriften der §§ 1577 Abs. 3 und 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB, bewirkt werden (Grube/Warendorf aaO § 94 Rdn. 28). Nach der Rechtsprechung des Senats kommen Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise einer Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, nicht als Härtegrund i. S. des § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen (Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098). Die Bedeutung der unbilligen Härte im Sinne der Übergangsvorschrift muss deswegen darüber hinausgehen.

Bei Leistungen der Sozialhilfe sollen die besonderen Verhältnisse in der Familie der Leistungsberechtigten berücksichtigt werden. Die Sozialhilfe soll die Kräfte der Familie zur Selbsthilfe anregen und den Zusammenhalt der Familie festigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 251/01 Verkündet am:
21. April 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 1601; BSHG § 91 Abs. 2 Satz 2
Der Übergang des Unterhaltsanspruchs eines Elternteils auf den Träger der Sozialhilfe
kann wegen unbilliger Härte ausgeschlossen sein, wenn der Elternteil wegen
einer auf seine Kriegserlebnisse zurückzuführenden psychischen Erkrankung nicht in
der Lage war, für das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind zu sorgen
(im Anschluß an Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003,
1468).
BGH, Urteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - OLG Frankfurt am Main
AG Groß-Gerau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. April 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 30. August 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht als Träger der Sozialhilfe aus übergegangenem Recht Ansprüche auf Elternunterhalt geltend. Die am 13. Februar 1939 geborene Beklagte ist das einzige noch lebende Kind aus der seit dem 7. Dezember 1971 geschiedenen Ehe ihrer Eltern. Ihre Mutter ist verstorben. Die Beklagte ist verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann im Güterstand der Gütergemeinschaft. Sie ist Rentnerin und verfügte in dem Zeitraum ab Mai 2000 über Einkünfte aus zwei Renten, die sich nach Abzug der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung auf monatlich insgesamt 2.482,09 DM beliefen. Außerdem erzielte sie Zinseinkünfte von monatlich 11,30 DM. Die Beklagte bewohnt zusammen mit ihrem Ehemann eine Wohnung in dem der gemeinsamen Tochter gehörenden Haus, an der den Ehegatten ein dingliches Wohnrecht zusteht. Mit Darlehensvertrag vom 8. Mai 2000
hat die Beklagte ein Darlehen über 30.000 DM aufgenommen, das sie in Raten von monatlich 530 DM zurückzahlt. Das Darlehen diente teilweise der Ablösung anderer Verbindlichkeiten. Der Ehemann der Beklagten hatte ab Mai 2000 Renteneinkünfte in Höhe von 2.158,96 DM sowie Zinseinkünfte von 11,30 DM - jeweils monatlich -. Der Vater der Beklagten diente als Soldat der Deutschen Wehrmacht im zweiten Weltkrieg. Er kam nach mehreren Lazarettaufenthalten psychisch erkrankt aus dem Krieg zurück und befand sich seit August 1949 ununterbrochen in einer psychiatrischen Klinik. Seit 1998 lebt er in einem Alten- und Pflegeheim. Bis Mai 2000 war ein Sparguthaben des Vaters abgesehen von einem Betrag von 4.500 DM aufgebraucht. Seitdem erbringt der Kläger für den Vater Sozialhilfeleistungen in Höhe der nicht durch dessen eigene Einkünfte und die Leistungen der Pflegeversicherung gedeckten Heimkosten. In den Monaten Mai bis August 2000 hat er monatlich Beträge zwischen 1.368,22 DM und 1.838 DM gezahlt. Mit Rechtswahrungsanzeige vom 10. Mai 2000, der Beklagten zugestellt am 12. Mai 2000, teilte der Kläger dieser die Gewährung von Sozialhilfeleistungen für ihren Vater mit und forderte sie zur Auskunft über ihre Einkommensund Vermögensverhältnisse auf. Mit seiner Klage machte der Kläger übergegangene Unterhaltsansprüche des Vaters für die Zeit von Mai bis einschließlich August 2000 in Höhe von monatlich 1.031 DM, insgesamt von 4.124 DM zuzüglich Zinsen, geltend. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt hat, blieb erfolglos. Dagegen richtet sich dessen - zugelassene - Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist nicht begründet. 1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in OLGR-Frankfurt 2002, 25 ff. veröffentlicht ist, hat angenommen, daß ein nach § 1601 BGB bestehender Unterhaltsanspruch des Vaters gegen die Beklagte nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG nicht auf den Kläger übergegangen sei, weil dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Zur Begründung hat es ausgeführt: Eine Härte im Sinne der vorgenannten Vorschrift liege vor, wenn durch die Heranziehung des Unterhaltspflichtigen soziale Belange vernachlässigt werden müßten. Auch wenn der vorliegende Fall sich nicht einer der hierzu in der Rechtsprechung erörterten Fallgruppe zuordnen lasse, sei er dadurch gekennzeichnet, daß bei einer Heranziehung der Beklagten soziale Belange in ähnlicher Weise beeinträchtigt würden. Das folge daraus, daß ihr bereits ein besonderes Opfer dadurch auferlegt worden sei, daß sie aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen gewesen sei, während eines erheblichen Zeitraums ihrer Kindheit emotionale und materielle Zuwendung seitens des Vaters habe entbehren müssen. Es sei zwar für die Generation der Beklagten nichts Ungewöhnliches, daß sie den Vater über Jahre hinweg wegen dessen Teilnahme am zweiten Weltkrieg habe entbehren müssen. Die Situation der Beklagten sei aber zusätzlich dadurch gekennzeichnet , daß ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückgekommen sei, die Familie nicht habe versorgen und der Beklagten die Zuwendung habe zukommen lassen können, die ein Kind unter gewöhnlichen Umständen von seinem Vater erfahre. Mit Rücksicht hierauf sei es sozial ungerechtfertigt, wenn die Beklagte heute von der öffentlichen Hand für den Unterhalt ihres Vaters in Anspruch genommen werde, nachdem der damalige Unrechtsstaat ihr die Zuwendung und Versorgung durch den Vater in wesentlichen Teilen genommen habe. Daran, daß die Kriegserlebnisse des Vaters für dessen psychische Er-
krankung ursächlich gewesen seien, bestehe aufgrund des zeitlichen Ablaufs nach der Lebenserfahrung kein Zweifel. Diese Beurteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. 2. a) Nach § 91 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BSHG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung des Föderalen Konsolidierungsprogramms vom 23. Juni 1993 (FKBG, BGBl. I S. 944) bzw. nach § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung ist der Übergang des Unterhaltsanspruchs gegen einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen ausgeschlossen , wenn dies eine unbillige Härte bedeuten würde. Das genannte Beurteilungskriterium stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Anwendung der vollen Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteil vom 23. Juli 2003 - XII ZR 339/00 - FamRZ 2003, 1468, 1470 m.w.N.). Was unter dem Begriff der unbilligen Härte zu verstehen ist, unterliegt den sich wandelnden Anschauungen in der Gesellschaft. Was in früheren Zeiten im Rahmen eines Familienverbandes als selbstverständlicher Einsatz der Mitglieder der Familie ohne weiteres verlangt wurde, wird heute vielfach als Härte empfunden. Dabei kann diese Härte in materieller oder immaterieller Hinsicht bestehen und entweder in der Person des Unterhaltspflichtigen oder in derjenigen des Hilfeempfängers vorliegen. Bei der Auslegung der Härteklausel ist in erster Linie die Zielsetzung der Hilfe zu berücksichtigen, daneben sind auch die allgemeinen Grundsätze der Sozialhilfe zu beachten. Darüber hinaus ist auf die Belange und die Beziehungen in der Familie Rücksicht zu nehmen. Neben den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der Beteiligten zueinander kommt es auf die soziale Lage an. Eine Härte liegt deshalb vor, wenn mit dem Anspruchsübergang soziale Belange vernachlässigt würden (Senatsurteil aaO S. 1470).
Nach der in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassung sowie den vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge herausgegebenen Empfehlungen für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe kann eine unbillige Härte, die sozialhilferechtlich zum Ausschluß des Anspruchsübergangs führt, insbesondere angenommen werden, wenn und soweit der Grundsatz der familiengerechten Hilfe (§ 7 BSHG) ein Absehen von der Heranziehung geboten erscheinen läßt, die laufende Heranziehung in Anbetracht der sozialen und wirtschaftlichen Lage des Unterhaltspflichtigen mit Rücksicht auf die Höhe und Dauer des Bedarfs zu einer nachhaltigen und unzumutbaren Beeinträchtigung des Unterhaltspflichtigen und der übrigen Familienmitglieder führen würde, die Zielsetzung der Hilfe im Frauenhaus in der Gewährung von Schutz und Zuflucht vor dem gewalttätigen Ehemann besteht und diese durch die Mitteilung der Hilfe an den Unterhaltspflichtigen gefährdet erscheint oder der Unterhaltspflichtige vor Eintreten der Sozialhilfe über das Maß seiner zumutbaren Unterhaltsverpflichtung hinaus den Hilfeempfänger betreut und gepflegt hat (vgl. BVerwGE 58, 209, 216; Schellhorn BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 87 f.; derselbe in FuR 1993, 261, 266; Schaefer/Wolf in Fichtner BSHG 2. Aufl. § 91 Rdn. 41 f.; Mergler/Zink BSHG 4. Aufl. § 91 Rdn. 77; Münder in LPK-BSHG 16. Aufl. § 91 Rdn. 42). Der vorliegende Fall läßt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, in keine dieser Fallgruppen einordnen. Daraus folgt indessen nicht, daß keine unbillige Härte vorliegt. Denn eine solche ist auch in anderen Fallgestaltungen denkbar. Entscheidend ist insoweit, ob im Rahmen der umfassenden Prüfung der Gesamtsituation des Falles aus der Sicht des Sozialhilferechts durch den Anspruchsübergang soziale Belange berührt werden (BVerwG aaO S. 215 f.). Das ist hier der Fall.
b) Zwar sind die Unterhaltsansprüche des Vaters der Beklagten dieser gegenüber nicht nach § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Voraussetzungen, unter denen nach der
vorgenannten Bestimmung ein Unterhaltsanspruch nur in eingeschränktem Umfang besteht oder eine Unterhaltsverpflichtung ganz entfällt, nicht erfüllt. Umstände , die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise der Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, kommen indessen ohnehin nicht als - den Anspruchsübergang auf den Träger der Sozialhilfe ausschließende - Härtegründe im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. BSHG in der Fassung vom 23. Juni 1993 bzw. § 91 Abs. 2 Satz 2 BSHG in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen. Der vorliegende Fall ist nach den von Berufungsgericht getroffenen Feststellungen dadurch gekennzeichnet, daß die Beklagte nicht nur während der Kriegsteilnahme ihres Vaters dessen emotionale und materielle Zuwendung entbehren mußte, sondern daß sie auch in der Folgezeit nicht die unter normalen Umständen zu erwartende väterliche Zuwendung erfahren hat, weil ihr Vater psychisch gestört aus dem Krieg zurückkehrte und der Familie keine Fürsorge zuteil werden lassen konnte. Er war von 1949 an fast 50 Jahre in einer psychiatrischen Klinik untergebracht und lebt seit 1998 in einem Alten- und Pflegeheim. Aufgrund dieser Umstände war die Beklagte bereits in den Jahren ihrer Kindheit in starkem Maße belastet. Im weiteren Verlauf, insbesondere nach der 1971 erfolgten Scheidung der Ehe der Eltern, haben zwischen der Beklagten und dem Vater offensichtlich keine Beziehungen mehr bestanden, so daß die Familienbande zumindest stark gelockert waren, falls insoweit nicht sogar eine völlige Entfremdung eingetreten ist. Wenn die Beklagte gleichwohl von dem Träger der Sozialhilfe auf Unterhalt für ihren Vater in Anspruch genommen werden könnte, würden dadurch soziale Belange vernachlässigt. Angesichts der Einbußen , die die Beklagte aufgrund der Kriegsfolgen, von denen ihr Vater betroffen war, zu tragen hatte und der weiteren Entwicklung der Beziehungen zu diesem
kann von ihr nicht erwartet werden, im Hinblick auf dessen Unterhaltsanspruch von der öffentlichen Hand in die Pflicht genommen zu werden. Deshalb würde der Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Träger der Sozialhilfe eine unbillige Härte bedeuten (ebenso Schaefer/Wolf aaO § 91 Rdn. 42; vgl. auch Münder aaO § 91 Rdn. 41; BVerwG NDV 1973, 139, 140 für den Fall der Inanspruchnahme eines Großvaters für den Unterhalt eines Enkelkindes, zu dessen Mutter dieser jahrelang keine Verbindung mehr hatte).
c) Die Revision hält diesem Ergebnis entgegen, die Feststellung des Berufungsgerichts , die Kriegserlebnisse des Vaters seien für dessen psychische Erkrankung ursächlich gewesen, sei verfahrensfehlerhaft. Der Kläger habe nur zugestanden, daß der Vater der Beklagten krankheitsbedingt und damit unverschuldet nicht in der Lage gewesen sei, kontinuierlich zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Er habe nicht zugestanden, daß die psychische Erkrankung des Vaters durch den Krieg verursacht worden sei. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Der Kläger hat die von der Beklagten geltend gemachte Beeinträchtigung ihres Vaters durch die Kriegsgeschehnisse nicht in Abrede gestellt, sondern allein darauf abgehoben, daß der Vater unverschuldet in die Lage geraten sei, für seine Familie nicht sorgen zu können. Deshalb durfte das Berufungsgericht, auch unter Berücksichtigung der Lebenserfahrung, davon ausgehen, daß die psychische Erkrankung des Vaters auf dessen Kriegserlebnisse zurückzuführen war.
d) Bei der gegebenen Sachlage begegnet es auch keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht eine unbillige Härte in vollem Umfang der Inanspruchnahme angenommen hat. Nach den getroffenen Feststellungen lebt die Beklagte nicht in wirtschaftlichen Verhältnissen, bei denen sie durch Unter-
haltsleistungen für den Vater nicht in spürbarer Weise in ihrer Lebensführung beeinträchtigt würde. Hahne Sprick Weber-Monecke
Wagenitz Dose
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a) Die Vorschrift schließt einen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger aus, wenn dies eine unbillige Härte für die Unterhaltspflichtigen bedeuten würde. Der unbestimmte Rechtsbegriff der unbilligen Härte belässt dem Sozialhilfeträger keinen Ermessensspielraum, sondern unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (Schellhorn/Schellhorn/Hohm aaO § 94 Rdn. 101). Der Begriff ist durch das Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23. Juni 1993 - BGBl. I S. 944, 952) in das Überleitungsrecht eingeführt worden. Nach den damaligen Gesetzesmaterialien sollte eine Anpassung an die Sprachregelung des Unterhaltsrechts, etwa an die Vorschriften der §§ 1577 Abs. 3 und 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB, bewirkt werden (Grube/Warendorf aaO § 94 Rdn. 28). Nach der Rechtsprechung des Senats kommen Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise einer Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, nicht als Härtegrund i. S. des § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen (Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098). Die Bedeutung der unbilligen Härte im Sinne der Übergangsvorschrift muss deswegen darüber hinausgehen.

(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.

(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.

(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.

(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit

1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder
2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
Der Träger der Sozialhilfe hat die Einschränkung des Übergangs nach Satz 1 zu berücksichtigen, wenn er von ihren Voraussetzungen durch vorgelegte Nachweise oder auf andere Weise Kenntnis hat.

(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.

(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.

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a) Die Vorschrift schließt einen Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Sozialhilfeträger aus, wenn dies eine unbillige Härte für die Unterhaltspflichtigen bedeuten würde. Der unbestimmte Rechtsbegriff der unbilligen Härte belässt dem Sozialhilfeträger keinen Ermessensspielraum, sondern unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (Schellhorn/Schellhorn/Hohm aaO § 94 Rdn. 101). Der Begriff ist durch das Gesetz zur Umsetzung des föderalen Konsolidierungsprogramms (FKPG vom 23. Juni 1993 - BGBl. I S. 944, 952) in das Überleitungsrecht eingeführt worden. Nach den damaligen Gesetzesmaterialien sollte eine Anpassung an die Sprachregelung des Unterhaltsrechts, etwa an die Vorschriften der §§ 1577 Abs. 3 und 1611 Abs. 1 Satz 2 BGB, bewirkt werden (Grube/Warendorf aaO § 94 Rdn. 28). Nach der Rechtsprechung des Senats kommen Umstände, die bereits nach bürgerlichem Recht ganz oder teilweise einer Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs entgegenstehen, nicht als Härtegrund i. S. des § 94 Abs. 3 Nr. 2 SGB XII in Betracht. Denn soweit ein Unterhaltsanspruch nicht besteht, kann er auch nicht auf den Träger der Sozialhilfe übergehen (Senatsurteil vom 21. April 2004 - XII ZR 251/01 - FamRZ 2004, 1097, 1098). Die Bedeutung der unbilligen Härte im Sinne der Übergangsvorschrift muss deswegen darüber hinausgehen.