Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17

bei uns veröffentlicht am18.04.2018

Tenor

1. Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 15.09.2017, Az. 3 Ca 1437/16, 3 Ca 166/17, 1 Ca 167/17, 1 Ca 168/17 und 3 Ca 169/17, werden zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufungsverfahren.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im bestehenden Arbeitsverhältnis um Annahmeverzugslohn für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2016 in Höhe von insgesamt 213.482,12 € in ursprünglich fünf Verfahren.

Das Landesarbeitsgericht hat die Verfahren 2 Sa 409/17 – 412/17 nach Anhörung der Parteien zum vorliegenden Verfahren mit Beschluss vom 08.02.2018 hinzuverbunden. Bereits erstinstanzlich war das Verfahren über die Änderungskündigung vom 30.03.2006 beigezogen worden (Arbeitsgericht Weiden – Kammer Schwandorf - Az. 5 Ca 468/06 bzw. LAG Nürnberg - 7 (2) Sa 229/07 bzw. BAG 2 AZR 68/16; künftig „beigezogene Akte“).

Der 1961 geborene und ledige Kläger ist seit 03.03.1997 bei der Beklagten als Elektrotechniker beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom gleichen Tag umschließt das Aufgabengebiet u.a. die Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrags wird auf Blatt 22 ff der Akten verwiesen.

Der Kläger schloss 1980 bzw. 1982 Ausbildungen zum Elektrogerätemechaniker und zum Energiegeräteelektroniker ab (Blatt 68 der beigezogenen Akte). Anschließend diente er mehrere Jahre als Soldat und wurde dort zum Flugsicherungsradarmechanikermeister ausgebildet. 1992 schloss er die Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker ab (Blatt 71 f der beigezogenen Akte).

Die Beklagte richtet im Geschäftsbereich Automation Robotik für ihre industriellen Kunden unter anderem die Sicherheitstechnik ein. Dort war der Kläger seit Beginn des Arbeitsverhältnisses als sog. SPS-Programmierer beschäftigt. Die Programmierung sorgt dafür, dass Personen- und Sachschäden vermieden werden, etwa durch Notabschaltungen der Roboter in bestimmten Situationen.

Am 23.11.2001 erlitt der Kläger bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall (Wegeunfall) ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.04.2002 nahm der Kläger im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.06.2002 vollschichtig. In der Folge stellte sich jedoch heraus, dass der Kläger in quantitativer Hinsicht erheblich leistungsgemindert war und in qualitativer Hinsicht untypische und in der Vergangenheit vor dem Unfall nicht aufgetretene Programmierfehler machte. So löschte der Kläger im Herbst/Winter 2003/2004 bei der Sicherheitssoftware für eine Lackieranlage eines großen süddeutschen Automobilproduzenten die Funktionalität des „Not-Aus“ aus der Software.

Die Beklagte stellte den Kläger daher ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Arbeitsleistung frei.

Mit Schreiben vom 02.09.2004 (Blatt 42 der beigezogenen Akte) teilte der Betriebsarzt der Beklagten mit, dass mehrere Gutachter einmütig eine Wesensveränderung wie auch eine Leistungseinschränkung bejahen. Im Nachgang dazu teilte der Betriebsarzt mit weiterem Schreiben vom 09.09.2004 (Blatt 43 der beigezogenen Akte) mit, dass im Rahmen einer Testaufgabe der Kläger für die gestellte Aufgabe knapp 140 Stunden für eine Station benötigte, ein unerfahrener Kollege dagegen nur 68 Stunden für 5 Stationen.

Nach dem Bescheid der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) vom 07.03.2006 (Blatt 23 der beigezogenen Akte) wurde als Unfallfolge unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung als Folge des Unfalls anerkannt. Für die Zeit vom 17.06.2002 bis 31.10.2004 wurde eine MdE von 40% und ab dem 01.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt.

Ferner war ab 01.11.2004 ein GdB von 30 nach § 69 Abs. 2 SGB IX (seit 01.01.2018 § 152 SGB IX) gegeben. Die am 10.04.2006 beantragte Gleichstellung nach § 68 Abs. 2 SGB IX (seit 01.01.2018 § 151 SGB IX) wurde abschlägig beschieden. Über die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht Regensburg bisher nicht entschieden.

Am 23.09.2004 sprach die Beklagte eine Beendigungskündigung zum 31.12.2004 aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer Schwandorf - machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.03.2005 (Blatt 160 und 163 der Akte) geltend:

„Aufgrund seiner Ausbildung wäre der Kläger daher jederzeit in der Lage, auch im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung bei der Beklagten beschäftigt zu werden. Diese Umstände müssten der Personalabteilung der Beklagten durchweg bekannt sein, da dieser auch diese Ausbildungszeugnisse bzw. -bescheinigungen vorliegen.“

Im Berufungsverfahren vor dem LAG Nürnberg machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 08.09.2005 (Blatt 167,172 der Akte) geltend:

„Die Beklagte übersieht hier völlig, dass der Kläger eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker sowie Energiegeräteelektroniker besitzt. In einer Weiterbildung wurde er zum Elektrotechniker ausgebildet. (…) Zumindest hätte eine Versetzungsmöglichkeit in diese Arbeitsbereiche, die die Beklagte auch unterhält, geprüft werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.“

Der Kündigungsschutzklage wurde mit Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 11.04.2005 stattgegeben. Ein Weiterbeschäftigungstitel ist im Teilurteil nicht enthalten. Die hiergegen gerichtete Berufung wurde mit Urteil des LAG Nürnberg vom 08.02.2006 rechtskräftig zurückgewiesen.

Am 19.07.2005 sprach die Beklagte eine Änderungskündigung zum 31.12.2005 aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer Schwandorf - machte der Kläger mit Klageschrift seines Prozessbevollmächtigten vom 01.08.2005 (Blatt 174, 177, 178 der Akte) geltend:

„Der Kläger ist jedenfalls in der Lage, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen“ … „Keinesfalls können dem Kläger in Anbetracht seiner Ausbildung und seiner Leistungsfähigkeit Lagerarbeiten zugewiesen werden. Sofern überhaupt eine Umsetzung des Klägers gerechtfertigt sein sollte, sind die unterschiedlichen Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen. Der Kläger könnte beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten. Es wird bestritten, dass die Beklagte weitere Umsetzungsmöglichkeiten geprüft hat. Die Beklagte missachtet den Grundsatz, dass der Arbeitgeber alle Anstrengungen zu unternehmen hat, um den Arbeitnehmer möglichst dauerhaft weiter zu beschäftigen.“

Auch dieser Änderungsschutzklage wurde mit Teilurteil des Arbeitsgerichts vom 27.03.2006 stattgegeben. Es wurde nach Rücknahme der Berufung der Beklagten rechtskräftig.

Ab 08.08.2005 wurde der Kläger im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses vorübergehend mit Übersetzungs- und Dokumentationsaufgaben betraut. Im Dezember 2005 führte die Beklagte mit dem Kläger einen Arbeitsversuch durch mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Programmiertätigkeit. Auch hier machte er mehrere sicherheitsrelevante Fehler.

Ab dem 01.01.2006 wurde der Kläger im Geschäftsbereich Automation Robotik als Lagerhelfer beschäftigt. Ab August 2006 wurde der Kläger weiter im Geschäftsbereich Automation Robotik als Helfer bei der Kalt-Brünier-Anlage in der Lackiererei beschäftigt. Ab Juli 2010 wurde der Kläger schließlich weiterhin im Bereich Automation Robotik in der CNC-Fräserei beschäftigt zum Umspannen von Serienteilen. Für diese Tätigkeiten ab 01.01.2006 erhielt der Kläger nicht mehr das arbeitsvertraglich vereinbarte Entgelt, sondern ein wegen der Helfertätigkeit deutlich niedrigeres Entgelt.

Unter dem 16.03.2006 erklärte die Beklagte eine weitere Änderungskündigung zum 30.06.2006. Auch insoweit war eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage erfolgreich.

Unter dem 30.03.2006 erklärte die Beklagte die bisher letzte Änderungskündigung zum 30.06.2006. Diese Änderungskündigung sollte zu einer Neubestimmung der vertraglichen Aufgaben des Klägers führen entsprechend der tatsächlichen Beschäftigung als Helfer und damit einhergehend zu einer erheblichen Reduzierung seiner Vergütung auf 8,50 € brutto in der Stunde. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und erhob Kündigungsschutzklage. Die Akten dieses Verfahrens sind die beigezogenen Akten.

In der Klageschrift vom 03.04.2006 (Blatt 7, 11 der beigezogenen Akte) hielt der Kläger daran fest, dass er die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung als SPS-Programmierer weiterhin ausüben könne und wiederholte sein Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 01.08.2005 im Vorverfahren. In dem weiteren Schriftsatz vom 14.07.2006 (Blatt 56, 64 der beigezogenen Akte) machte er geltend, er könne im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Nach Zeugeneinvernahme (Blatt 97 ff der beigezogenen Akte) wies das Arbeitsgericht die Änderungsschutzklage mit Urteil vom 18.12.2006 ab (Blatt 104 ff der beigezogenen Akte).

Hiergegen legte der Kläger Berufung ein. In der Berufungsbegründung vom 05.06.2007 (Blatt 145, 154, 155 der beigezogenen Akte) wies der Kläger darauf hin, dass er ab dem 08.08.2005 einer Prozessbeschäftigung nachgegangen sei mit Übersetzungs- und Dokumentationsarbeiten und im Anlagenbau bzw. der Anlagenfertigung arbeiten könne. Die Beklagte machte dazu geltend, dass es sich bei den Dokumentations- und Übersetzungsarbeiten nur um eine Prozessbeschäftigung gehandelt habe und ein Arbeitsplatz nicht dauerhaft zur Verfügung stünde. Die Dokumentationsarbeiten führten die Mitarbeiter in der Regel selbst durch. Dazu machte der Kläger mit Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 23.08.2007 (Blatt 176, 183 der beigezogenen Akte) geltend, dass eine externe Vergabe dieser Aufgaben erfolgt sei, es der Beklagten aber zuzumuten sei, diese Arbeiten nicht mehr fremd zu vergeben, sondern im eigenen Haus zu erledigen und hierfür den Kläger einzusetzen. Im Übrigen verwies der Kläger im beigezogenen Verfahren wiederholt auf verschiedene Arbeitsbereiche bei der Beklagten und vielfältige Stellenanzeigen der Beklagten. Er machte unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend, er könne in diesen Arbeitsbereichen und auf diesen ausgeschriebenen Stellen arbeiten.

Im Berufungsverfahren wurden mehrere ärztliche Gutachten eingeholt zur Frage der Befähigung des Klägers, nach dem Unfall noch als SPS-Programmierer bei der Beklagten tätig sein zu können. Die ersten drei Gutachter sahen sich nicht in der Lage, dies abschließend zu beurteilen. Wegen der Einzelheiten dieser Gutachten wird auf Blatt 296 ff, 326 ff und 340 ff der beigezogenen Akte verwiesen.

Auf Grund der Ausführungen des zuletzt eingeschalteten Sachverständigen, Prof. Dr. med. Dr. Dipl.-Ing. W… in seinem Gutachten vom 08.08.2013 (Blatt 491 ff der beigezogenen Akte) und seiner Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 02.04.2015 (Blatt 606 ff der beigezogenen Akte) kam das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass beim Kläger auf Grund des Unfalls eine irreversible hirnorganische Verletzung verblieben sei, die dazu führe, dass er die an sich geschuldeten Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen könne. Es seien zwei kognitive Funktionen des Gehirns beeinträchtigt, nämlich temporal das Gedächtnis und die exekutiven Funktionen, wozu beispielsweise Planung, Kontaktfähigkeit und Problemlösung gehörten. In den Bereichen Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit weise der Kläger deutliche Defizite auf. Die vom Sachverständigen festgestellte Leistungsminderung führe dazu, dass die erbrachten Leistungen nicht übernommen werden könnten, sondern von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssten. Auf Grund der bleibenden Verletzungen könne er auch im Anlagenbau bzw. der Anlagenfertigung nicht als Anlagenelektroniker eingesetzt werden, da auch dort selbständige Programmierarbeiten gefordert seien. Auch selbstständiges Installieren und Verdrahten von Komponenten und Geräten sei eine für den Kläger wegen der benötigten Gedächtnisleistung zu komplexe Tätigkeit. Mit Dokumentationsarbeiten habe der Kläger nicht betraut werden müssen, da insoweit ein Arbeitsplatz nicht von der Beklagten vorgehalten werde.

Das Landesarbeitsgericht wies daher die Berufung des Klägers mit Urteil vom 16.06.2015 zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Blatt 646 ff der beigezogenen Akte verwiesen.

Dagegen wandte sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde vom 26.10.2015 und begründete diese mit Schriftsatz vom 25.11.2015 (Blatt 726 ff der beigezogenen Akte) im Wesentlichen damit, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX verkannt hätte.

Mit Beschluss vom 19.01.2016 ließ das Bundesarbeitsgericht die Revision zu (Blatt 743 der beigezogenen Akte).

Mit Urteil vom 26.01.2017 (Az. 2 AZR 68/16) hob das Bundesarbeitsgericht das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf und gab der Änderungskündigungsschutzklage statt, da die dem Kläger angebotene Änderung des Arbeitsvertrags mehrere Auslegungsmöglichkeiten zuließen und das Angebot daher zu unbestimmt sei. Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht erfolgte nicht.

Der Kläger hat im Verlauf des langjährigen Kündigungsschutzverfahrens in verschiedenen beim Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer Schwandorf - anhängigen Verfahren zur Wahrung der in Ziffer 8 des Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussfristen den Differenzlohn zwischen der nach dem ursprünglich geschlossenen Vertrag geschuldeten Vergütung und der tatsächlich infolge der Änderungskündigung gezahlten Vergütung geltend gemacht.

In dem Verfahren 3 Ca 169/17 (= 2 Sa 412/17) macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2007 Differenzlohn geltend in Höhe von brutto 21.891,16 €. Die Klage wurde am 07.08.2008 zugestellt.

In dem Verfahren 3 Ca 166/17 (= 2 Sa 409/17) macht der Kläger für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.12.2008 Differenzlohn geltend in Höhe von brutto 28.004,14 €. Die Klage wurde am 22.11.2010 zugestellt.

In dem Verfahren 1 Ca 167/17 (= 2 Sa 410/17) macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 Differenzlohn geltend in Höhe von 45.360,77 € brutto. Die Klage wurde am 20.12.2012 zugestellt.

In dem Verfahren 1 Ca 168/17 (= 2 Sa 411/17) macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012 Differenzlohn geltend in Höhe von 37.078,89 € brutto. Die Klage wurde am 01.12.2014 zugestellt.

In dem Verfahren 3 Ca 1437/16 (= 2 Sa 408/17) macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2016 Differenzlohn geltend in Höhe von 81.147,16 € brutto. Die Klage wurde am 15.12.2016 zugestellt.

Diese Verfahren waren z.T. jahrelang nicht betrieben worden, um den Ausgang der verschiedenen Kündigungsschutzverfahren abzuwarten, und wurden erst nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom Januar 2017 wieder fortgeführt.

Die klägerischen Schriftsätze vom 23.06.2017 (vgl. Blatt 99, 102 der Akten) enthalten u.a. folgende Ausführungen:

„Im Übrigen ist ausdrücklich zu bestreiten und zurückzuweisen, dass der Kläger tatsächlich nicht mehr in der Lage wäre, die Tätigkeit als Elektrotechniker im Umgang wie vor dem Wegeunfall aus dem Jahre 2001 zu erbringen. … Vorsorglich ist jedoch weiterhin aufrecht zu erhalten, dass der Kläger durchweg in der Lage ist, die im Arbeitsvertrag festgelegte Arbeitstätigkeit zu erbringen.“

Der Kläger erhält wegen der Unfallfolgen von der Berufsgenossenschaft mit Wirkung vom 17.06.2002 Verletztenrente wegen unfallbedingter Minderung der Erwerbsfähigkeit. Die Rente betrug ab 01.11.2004 593,78 € und erhöhte sich sukzessive auf 699,16 € ab 01.07.2016 bzw. 712,44 ab 01.07.2017. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 209 der Akte verwiesen.

Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers erkennt die Haftung dem Grunde nach an, bestreitet aber derzeit einen Erwerbsausfallschaden.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der Antragstellung wird auf die Tatbestände in den Urteilen des Arbeitsgerichts (Blatt 213 ff der Akten; 250 ff der Akten 2 Sa 409/17; 271 ff der Akten 2 Sa 410/17; 251 ff der Akten 2 Sa 211/17; 306 ff der Akten 2 Sa 412/17) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klagen mit Urteilen vom 15.09.2017 abgewiesen. Die Beklagte habe sich nicht in Annahmeverzug befunden, da der Kläger leistungsunfähig im Sinne von § 297 BGB bezogen auf die ihm zugewiesene Tätigkeit als SPS-Programmierer sei. Ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Pflicht zur Zuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes sei zu verneinen, da der Kläger anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten lediglich im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in den Kündigungsschutzverfahren geltend gemacht habe. Dies sei keine ausreichend konkrete Geltendmachung einer leidensgerechten Beschäftigung. Die Initiativlast habe jedoch beim Kläger gelegen, da die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, ein Präventionsverfahren nach § 85 Abs. 1 SGB IX oder ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 85 Abs. 2 SGB IX durchzuführen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die jeweiligen Gründe in den Urteilen des Arbeitsgerichts verwiesen.

Gegen die dem Klägervertreter am 18.10.2017 (2 Sa 408/17, 2 Sa 409/17 und 2 Sa 412/17), am 02.11.2017 (2 Sa 410/17) und am 30.10.2017 (2 Sa 411/17) zugestellten Urteile legte dieser mit Schriftsätzen vom 20.11.2017, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am selben Tage, Berufung ein und begründete sie mit Schriftsätzen vom 29.12.2017, eingegangen am selben Tage, innerhalb der bis 02.01.2018 verlängerten Berufungsbegründungsfristen.

Der Kläger hält an seiner Ansicht fest, dass die Beklagte die eingeklagten Beträge aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges schulde, hilfsweise jedoch als Schadensersatz. Aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Vorprozess ergebe sich, dass allenfalls davon ausgegangen werden könne, dass der Kläger die geschuldeten Programmierarbeiten nicht mehr erledigen könne. Da dies aber nur einen Teilaspekt der arbeitsvertraglichen Leistungspflichten darstelle, sei für die Annahme einer generellen Leistungsunfähigkeit kein Raum. Ein Elektrotechniker könne in vielerlei Bereichen eingesetzt werden, auch wenn er nicht programmieren könne. Die konkret zuletzt zugewiesene Tätigkeit wäre nur dann der alleinige Bezugspunkt für die Frage der Arbeitsunfähigkeit, wenn hierdurch eine vertragsändernde Konkretisierung auf diese Position stattgefunden hätte. Dies sei durch die langjährige Zuweisung der Programmiertätigkeit mangels anderweitiger Umstände nicht geschehen. Wenn dem Kläger – wovon die Beklagte ausgehe – nur ein Teilbereich der geschuldeten Tätigkeit nicht mehr möglich sei, müsse sie, um Annahmeverzug zu vermeiden – dem Kläger eine andere Arbeit innerhalb des vertraglich vereinbarten Spektrums zuweisen.

Wäre Bezugspunkt für die Leistungsfähigkeit nur die zuletzt konkret zugewiesene Tätigkeit und würde damit die Unfähigkeit zu Programmiertätigkeiten zur Leistungsunfähigkeit führen, bestünde ein Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung eines adäquaten (leidensgerechten) Arbeitsplatzes. Durch die Klageerhebungen gegen die Kündigungen habe der Kläger deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Er habe daher davon ausgehen müssen, dass die Beklagte sich ernsthaft und endgültig weigerte, einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Im Übrigen habe der Kläger immer wieder in den Kündigungsschutzverfahren seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgemäßen und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht, insbesondere mit Dokumentationsaufgaben bzw. im Anlagenbau.

Der Kläger stellt daher im Berufungsverfahren folgende Anträge:

1. Die Urteile des Arbeitsgerichts Weiden – Kammer Schwandorf – vom 15.09.2017, Az. 3 Ca 1437/16, 3 Ca 166/17, 1 Ca 167/17, 1 Ca 168/17 und 3 Ca 169/17 werden abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 21.891,16 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 28.004,14 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 45.360,77 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 37.078,89 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 81.147,16 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 1.392,32 € seit 16.2.2013,

aus 1.641,08 € seit 16.3.2013,

aus 1.558,09 € seit 16.4.2013,

aus 1475,21 € seit 16.5.2013,

aus 1.392,32 € seit 16.6.2013,

aus 1.558,19 € seit 16.7.2013,

aus 1.440,09 € seit 16.8.2013,

aus 1.525,87 € seit 16.9.2013,

aus 1.611,44 € seit 16.10.2013,

aus 1.440,08 € seit 16.11.2013,

aus 1.611,44 € seit 16.12.2013,

aus 1.525,76 € seit 16.1.2014,

aus 1.440,07 € seit 16.2.2014,

aus 1.697,22 € seit 16.3.2014,

aus 1.611,43 € seit 16.4.2014,

aus 1.525,75 € seit 16.5.2014,

aus 1.549,76 € seit 16.6.2014,

aus 1.637,76 € seit 16.7.2014,

aus 1.461,76 € seit 16.8.2014,

aus 1.637,76 € seit 16.9.2014,

aus 1.549,76 € seit 16.10.2014,

aus 1.461,76 € seit 16.11.2014,

aus 1.725,76 € seit 16.12.2014,

aus 1.461,76 € seit 16.1.2015,

aus 1.549,76 € seit 16.2.2015,

aus 1.725,76 € seit 16.3.2015,

aus 1.749,76 € seit 16.4.2015,

aus 1.719,30 € seit 16.5.2015,

aus 1.694,10 € seit 16.6.2015,

aus 1.603,15 € seit 16.7.2015,

aus 1.512,19 € seit 16.8.2015,

aus 1.694,11 € seit 16.9.2015,

aus 1.603,16 € seit 16.10.2015,

aus 1.603,15 € seit 16.11.2015,

aus 1.694,11 € seit 16.12.2015,

aus 1.512,07 € seit 16.1.2016,

aus 1.694,11 € seit 16.2.2016,

aus 1.694,10 € seit 16.3.2016,

aus 1.512,19 € seit 16.4.2016,

aus 1.694,11 € seit 16.5.2016,

aus 1.603,16 € seit 16.6.2016,

aus 1.603,15 € seit 16.7.2016,

aus 1.741,38 € seit 16.8.2016,

aus 1.554,23 € seit 16.9.2016,

aus 1.647,75 € seit 16.10.2016,

aus 1.705,19 € seit 16.11.2016,

aus 1.705,19 € seit 16.12.2016

aus 1.705,19 € seit 16.1.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufungen zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Ersturteile. Insbesondere habe das Arbeitsgericht unter Berufung auf das Gutachten von Prof. Dr. Dr. W… ebenso wie das Landesarbeitsgericht im Vorprozess zu Recht festgestellt, dass der Kläger die ursprünglich geschuldete Programmiertätigkeit nicht mehr durchführen könne. Wegen der im Gutachten festgestellten Defizite könne der Kläger auch nicht im Bereich der Verdrahtung der Schaltschränke eingesetzt werden. Im vorliegenden Fall gehe es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeit. Entscheidend sei die konkret zugewiesene Tätigkeit als SPS-Programmierer. Damit entfalle die Leistungsfähigkeit iSv § 297 BGB.

Auf Grund der gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers könne er auch nicht im Anlagenbau bzw. der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Nach dem Anforderungsprofil für Anlagenelektroniker seien auch dort selbstständige Programmierarbeiten von Automatisierungssystemen zu erbringen. Dazu komme, dass auch selbstständiges Installieren und Verdrahten von Komponenten und Geräten zu verrichten sei. Hierbei seien – wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2018 ausführte - jeweils hunderte von Verdrahtungen vorzunehmen. Keine Verdrahtung sei wie die andere, da die kompletten Schaltelemente jeweils Einzelstücke für die jeweiligen Bedürfnisse des Kunden seien. Diese Arbeiten – auch die Programmierarbeiten - würden regelmäßig unter Zeitdruck stattfinden, häufig in kurzen Produktionspausen beim Kunden. Nach dem Gutachten von Prof. W… würden sich die Leistungsdefizite des Klägers unter Zeitdruck aber noch verstärken.

Ein konkretes Umsetzungsverlangen des Klägers liege nicht vor. Er sei nach wie vor der Auffassung, seine bisherige Tätigkeit als SPS-Programmierer durchführen zu können und akzeptiere die Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit nicht. Der Vortrag des Klägers in den Kündigungsschutzverfahren habe erkennbar kein konkretes Angebot auf Annahme eines leidensgerechten Arbeitsplatzes enthalten. Im streitgegenständlichen Zeitraum habe es keine freien Arbeitsplätze gegeben, die sich ausschließlich mit dokumentarischen Tätigkeiten hätten abdecken lassen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 18.04.2018 erklärten sich die Parteien mit der Verwertung der im beigezogenen Verfahren erstellten Gutachten und den darin enthaltenen Zeugenaussagen einverstanden (Blatt 322 der Akten) und stellten unstreitig, dass der Kläger aufgrund der Folgen des Unfalls nicht in der Lage war und ist, die Tätigkeiten eines SPS-Programmierers bei der Beklagten durchzuführen (Blatt 323 der Akten).

Weiterhin erklärte der Kläger, dass er sich hinsichtlich alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten ausschließlich auf die Tätigkeiten im Anlagenbau/Anlagenfertigung, insbesondere Schaltschränke bauen, sowie auf Tätigkeiten in der Dokumentation berufe (Blatt 323 der Akten).

Weiterhin erklärten die Parteien übereinstimmend, dass die Zuweisung von Dokumentationsaufgaben und von Tätigkeiten im Anlagenbau/Anlagenfertigung vom Arbeitsvertrag umfasst sei. Die ausschließliche Zuweisung von Dokumentationsaufgaben sei aller Voraussicht nach höher als Helfertätigkeiten, jedoch niedriger als die bisherige Tätigkeit des Klägers als Programmierer zu bewerten. Tätigkeiten im Anlagenbau/Anlagenfertigung ohne Programmierarbeiten seien ebenfalls niedriger zu bewerten (Blatt 322 f der Akten).

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die im wesentlichen gleichlautenden Schriftsätze des Klägers vom 29.12.2017 (Blatt 275 ff der Akten, 310 ff der Akte 2 Sa 409/17, 360 ff der Akte 2 Sa 410/17, 340 ff der Akte 2 Sa 411/17 und 368 ff der Akte 412/17), auf den Schriftsatz der Beklagten vom 16.02.2018 (Blatt 313 ff der Akten) sowie auf das Protokoll vom 18.04.2018 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässigen Berufungen waren zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche in den streitgegenständlichen Zeiträumen zwischen 01.01.2006 und 31.12.2016 zurückgewiesen.

I.

Die Berufungen sind zulässig. Sie sind jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufungen sind jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klagen zu Recht und mit im Wesentlichen zutreffender Begründung abgewiesen. Die Beklagte hat sich im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Annahmeverzug (§§ 293 ff BGB) befunden. Der Kläger war objektiv nicht in der Lage, die geschuldete Leistung zu erbringen, § 297 BGB. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den Kläger anderweitig behinderungsgerecht oder leidensgerecht zu beschäftigen, insbesondere nicht im Anlagenbau/Anlagenfertigung oder mit Dokumentationsarbeiten. Daher schuldet die Beklagte auch keinen Schadensersatz wegen Verletzung der Beschäftigungspflicht Schwerbehinderter (§ 280 Abs. 1 BGB iVm § 81 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX, ab 01.01.2018 § 164 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX) bzw. Verletzung der Fürsorgepflicht (§ 280 Abs. 1 iVm § 241 Abs. 2 BGB).

1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2016 Annahmeverzugslohn gem. §§ 611 (ab 1.4.2017 § 611a Abs. 2 BGB), 615 BGB in Höhe der Differenz zwischen dem ihm bezahlten und dem arbeitsvertraglich vereinbarten Entgelt zu bezahlen. Nach § 615 BGB kann der Arbeitnehmer für die in Folge des Annahmeverzugs des Arbeitgebers nicht geleistete Arbeit die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Zwar steht rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis durch keine der vorangegangenen Kündigungen beendet oder geändert wurde. Der Kläger war und ist jedoch nicht mehr in der Lage, die ihm kraft Direktionsrecht unstreitig zugewiesene Tätigkeit als SPS-Programmierer zu erbringen. Dies schließt nach § 297 BGB Annahmeverzug und damit einen entsprechenden Entgeltanspruch aus § 615 BGB aus.

a. Allerdings kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass der Kläger die Vergütungsdifferenz falsch berechnet hätte.

Der Kläger hat im Einzelnen dargelegt, welche Zahlungen er in den jeweiligen Jahren erhalten hat. Dem hat er die arbeitsvertragliche Vergütung als SPS-Programmierer unter Einbeziehung der jeweiligen Tariferhöhungen für die bayerische Metallindustrie gegenübergestellt. Zwar ist die Beklagte nicht tarifgebunden. Unstreitig lehnt sie sich jedoch an die Tarifverträge der bayerischen Metallindustrie an. Auch die dem Kläger gezahlte Helfervergütung wurde regelmäßig angehoben. Vor diesem Hintergrund hätte die Beklagte nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen darlegen müssen, dass und wie sich das Entgelt des Klägers anders als tariflich vorgesehen entwickelt hätte. Einfaches Bestreiten – wie erstinstanzlich noch geschehen – genügt insoweit nicht.

Zu Recht hat der Kläger auch die Differenzen zwischen den jeweiligen Bruttobeträgen seinen Berechnungen zu Grunde gelegt. Der anzurechnende anderweitige Verdienst für die Helfertätigkeiten (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 KSchG als lex specialis zu § 615 Satz 2 BGB) ist das erzielte Bruttoentgelt (ErfK-Preis, 18. Aufl., § 615 BGB, Rn 92).

Die Verletztenrente hat der Kläger zu Recht unberücksichtigt gelassen. Sie ist jedenfalls im Anwendungsbereich des § 11 KSchG nicht anzurechnen (BAG 24.09.2003 – 5 AZR 125/05 für die Berufsunfähigkeitsrente; ErfK-Preis a.a.O. Rn 94; Küttner, Personalbuch 2018, „Erwerbsminderung“ Rn 2). Die Verletztenrente gleicht den abstrakten Schaden des Arbeitsunfalls wegen Verlust an Erwerbsmöglichkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus und wird auch dann nicht gekürzt, wenn der Kläger seinen bisherigen Beruf bei gleichem Entgelt weiter ausübt (Küttner a.a.O., „Unfallversicherung“ Rn 55). Das Verletztengeld ist daher keine Lohnersatzleistung.

b. Die Beklagte hat sich im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Annahmeverzug befunden. Dies gilt unabhängig davon, dass die Unwirksamkeit sämtlicher vorausgegangener Kündigungen rechtskräftig feststeht, insbesondere auch der letzten Änderungskündigung vom 30.03.2006. Denn damit ist lediglich der Streit um die vertraglichen Leistungspflichten entschieden, nicht jedoch, ob der Kläger in der Lage ist, die geschuldete Leistung zu erbringen.

Nach § 297 BGB kommt der Arbeitgeber nicht in Verzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die (Arbeits-)Leistung zu bewirken, wenn er also nicht leistungsfähig ist. Die Leistungsfähigkeit ist eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss. Grundsätzlich hat bei Streit über die Leistungsfähigkeit der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung außerstande war (BAG 27.05.2015 – 5 AZR 16/14 Rn 15; BAG 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 Rn. 17). Das objektiv fehlende Leistungsvermögen kann dabei nicht durch die subjektive Einschätzung des Arbeitnehmers, leistungsfähig zu sein, ersetzt werden (BAG 29.10.1998 – 2 AZR 666/97 Rn 26).

c. Die vom Kläger während des streitgegenständlichen Zeitraums bekundete Bereitschaft, weiterhin als SPS-Programmierer beschäftigt zu werden, konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen. Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2018 vor dem Landesarbeitsgericht unstreitig gestellt, dass der Kläger aufgrund der Folgen des Unfalls aus dem Jahre 2001 nicht in der Lage war und ist, die Tätigkeiten eines SPS-Programmierers bei der Beklagten durchzuführen (Blatt 323 der Akten).

Im Übrigen ist auch das erkennende Gericht ebenso wie die Vorinstanz der Auffassung, dass sich dies eindeutig aus dem Gutachten und der Einvernahme von Prof. Dr. Dr. W… im beigezogenen Verfahren ergibt, dessen Verwertung die Parteien zugestimmt haben (Blatt 322 der Akten). Der Kläger ist nicht mehr in der Lage, komplexe Programmierarbeiten wie die SPS-Programmierung selbstständig durchzuführen. Die von Prof. Dr. Dr. W… festgestellte Leistungsminderung in seinem Tätigkeitsfeld um 30 - 40% bedingt, dass die erbrachten Leistungen nicht von der Beklagten übernommen werden können, sondern vorher von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssen. Das erkennende Gericht nimmt ausdrücklich Bezug auf die Ausführungen im Urteil des Arbeitsgerichts, Az. 1 Ca 167/17 (= 2 Sa 410/17) S. 18 f. und macht sich die dortigen Ausführungen zu eigen. Das Gutachten betrifft auch den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende 2016. Denn nach der Erläuterung zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. W… im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 02.04.2015 (Blatt 608 der beigezogenen Akte) war das Endstadium einer möglichen Besserung der Unfallfolgen bereits 2004 erreicht. Das Gutachten ist auch nicht auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt.

Die Rechtsprechung des BAG für die Fälle, in denen keine verminderte Leistungsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. BAG 09.04.2014 – 10 AZR 637/13 „Nachtdienst“), ist hier ohnehin nicht einschlägig. Denn im vorliegenden Fall ist der Kläger im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten erheblich eingeschränkt. Auch eine teilweise Leistungsunfähigkeit hindert aber den Annahmeverzug (Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, 4. Aufl., 2018, § 76 Rn 31).

d. Die vom Kläger im Rahmen der Kündigungsschutzklage benannten anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten konnten die Beklagte ebenfalls nicht in Annahmeverzug versetzen, weil sie nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung betrafen, § 294 BGB. Hierbei beruft sich der Kläger – wie er in der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2018 klargestellt hat – nur auf die Tätigkeiten im Anlagenbau/Anlagenfertigung, insbesondere Schaltschränke bauen, sowie Tätigkeiten in der Dokumentation (Blatt 323 der Akten).

aa. Ist die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen. Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten. Kann der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer anderen Tätigkeit ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist Sache des Arbeitgebers (BAG 27.05.2015 – 5 AZR 16/14 Rn 19 mwN). Bietet der Arbeitnehmer also eine Tätigkeit an, die zwar vom Arbeitsvertrag umfasst ist, diesem aber nicht zugewiesen ist, missachtet er das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Annahmeverzug kann das nicht auslösen (vgl. Kaiser, RdA 2015, 76).

bb. Der Kläger war (und ist) nach dem Arbeitsvertrag als Elektrotechniker bei der Beklagten eingestellt. Ihm war unstreitig und wirksam im Rahmen des Direktionsrechts die Tätigkeit eines SPS-Programmierers zugewiesen, bevor die Beklagte ihn wegen der Leistungseinschränkungen im Mai 2004 von der Arbeit freistellte.

cc. Dass der Kläger von August 2005 bis zum erneuten fehlgeschlagenen Arbeitsversuch als Programmierer im Dezember 2005 im Rahmen eines Prozessarbeitsverhältnisses Dokumentationsaufgaben erledigte, ändert hieran nichts. Denn insoweit wurde das Direktionsrecht bezogen auf das vorliegende Arbeitsverhältnis nicht wirksam ausgeübt.

(1) Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grundlage und Rechtfertigung im bestehenden Arbeitsvertrag, seine Ausübung setzt einen solchen voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, steht ihm mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Weisungsrecht nach § 106 GewO nicht mehr zu. Kommt zwischen den Parteien eine Vereinbarung über ein Prozessarbeitsverhältnis zustande, so handelt es sich grundsätzlich um ein anderes Rechtsverhältnis als der ursprüngliche Arbeitsvertrag. Aus diesem erwächst somit nur ein auf die Prozessbeschäftigung bezogenes Direktionsrecht (BAG 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 Rn 29; ErfK-Kiel, a.a.O., § 4 KSchG, Rn 48). Hiervon mag der Fall zu unterscheiden sein, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Weiterbeschäftigungstitel beschäftigt, weil hier kein neues Rechtsgeschäft abgeschlossen wird (vgl. BAG 14.06.2016 – 9 AZR 8/15 Rn 18). Dieser Fall liegt hier jedenfalls nicht vor.

Die Beklagte wurde vor der Beschäftigung des Klägers mit Dokumentations- und Übersetzungsaufgaben im August 2005 nicht zur Weiterbeschäftigung verurteilt. Mit dem Abschluss des Prozessarbeitsverhältnisses begründeten die Parteien daher in jedem Falle ein neues Rechtsverhältnis mit grundsätzlich eigenen Rechten und Pflichten. Mit der Zuweisung der Dokumentations- und Übersetzungstätigkeiten übte die Beklagte somit nicht ihr Weisungsrecht im Rahmen des zu diesem Zeitpunkt streitigen Bestands und Inhalts des Arbeitsvertrags aus, sondern allenfalls im Rahmen eines daneben vereinbarten Prozessarbeitsverhältnisses.

(2) Unabhängig davon hätte die Beklagte ihr arbeitsvertragliches Weisungsrecht mit der ausschließlichen Zuweisung von Dokumentations- und Übersetzungsaufgaben überschritten. Zwar gehört die Dokumentation unstreitig auch zu den arbeitsvertraglichen Aufgaben eines Elektrotechnikers oder Programmierers (Blatt 322 der Akten). Für Übersetzungsaufgaben kann das allerdings nicht angenommen werden. Im Arbeitsvertrag finden sich hierfür keine Anhaltspunkte. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr auf Übersetzungsaufgaben berufen. Hinzukommt, dass reine Dokumentationsarbeiten niedriger zu bewerten sind als die Tätigkeit als Elektrotechniker oder Programmierer. Dies hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt (Blatt 322 der Akten) und deckt sich auch mit der vom Kläger nicht bestrittenen Behauptung der Beklagten, dass Dokumentationsaufgaben nicht zu den Kernaufgaben eines Elektrotechnikers oder eines Programmierers gehören (Blatt 322 der Akten). Das Direktionsrecht umfasst aber nicht die Befugnis zur Versetzung des Arbeitnehmers auf einen Arbeitsplatz mit einer geringerwertigen Tätigkeit, und zwar auch dann nicht, wenn die bisher bezahlte Vergütung fortgezahlt wird (ErfK-Preis, a.a.O. § 106 GewO, Rn 22 mwN).

dd. Beschäftigungsmöglichkeiten im Anlagenbau/Anlagenfertigung konnten schon deshalb den Annahmeverzug nicht auslösen, da die Beklagte dem Kläger diese Tätigkeiten niemals im Rahmen ihres Direktionsrechts zugewiesen hatte, sondern eben die Tätigkeit als SPS-Programmierer. Dass die Beschäftigung im Anlagenbau/Anlagenfertigung vom Arbeitsvertrag grundsätzlich gedeckt ist („Inbetriebnahme“) ist nach den obigen Ausführungen für die Frage der Leistungsfähigkeit im Rahmen des § 297 BGB irrelevant.

Davon abgesehen fehlt dem Kläger das Leistungsvermögen, als Elektrotechniker im Anlagenbau/Anlagefertigung beschäftigt zu werden. Denn zu den Aufgaben eines Elektrotechnikers im Anlagenbau/Anlagenfertigung gehören nach dem Vortrag der Beklagten auch selbstständige Programmierarbeiten von Automatisierungssystemen und das selbstständige Installieren und Verdrahten unter Zeitdruck. Dieser Aufgabenbeschreibung ist der Kläger nicht entgegengetreten. Zu selbstständigen Programmierarbeiten, die eben grundsätzlich keiner weiteren Kontrolle durch Dritte bedürfen, ist der Kläger jedoch nicht in der Lage (s.o.). Soweit sich der Kläger auf Tätigkeiten im Anlagenbau ohne Programmierungsarbeiten beruft (insbesondere das Bauen von Schaltschränken), so wären diese Tätigkeiten nach übereinstimmender Aussage beider Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2018 (Blatt 323 der Akten) niedriger bewertet. Sie dürften dem Kläger daher im Rahmen des Direktionsrechts auf Dauer nicht zugewiesen werden, da es sich nicht um einen gleichwertigen Arbeitsplatz handelt.

Ohnehin ist das erkennende Gericht auch überzeugt, dass der Kläger die von ihm genannte Tätigkeit des Bauens von Schaltschränken ebenfalls nicht mehr selbstständig durchführen kann. Nach den Ausführungen von Prof. Dr. Dr. W… in der Sitzung des Landesarbeitsgerichts vom 02.04.2015 könnte der Kläger zwar Verdrahtungen als Elektriker machen, wenn sie nicht zu komplex seien, so dass er nicht aus dem Gleichgewicht komme. Der Kläger habe aber Schwierigkeiten, den Überblick zu behalten und vergesse Dinge, was sich unter Zeitdruck noch verstärke (Blatt 608 der beigezogenen Akte). Die Beklagte hat in der Sitzung vom 18.04.2018 ausführlich erläutert, dass hierbei jeweils hunderte von Verdrahtungen vorzunehmen seien. Keine Verdrahtung sei wie die andere, da die kompletten Schaltelemente jeweils Einzelstücke für die jeweiligen Bedürfnisse des Kunden seien. Diese Arbeiten – auch die Programmierarbeiten - würden regelmäßig unter Zeitdruck, häufig in kurzen Produktionspausen beim Kunden, stattfinden. Dieser Aufgabenbeschreibung ist der Kläger nicht entgegengetreten. Sie gilt daher als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Bei mehreren hundert Verdrahtungen, die für jeden Schaltschrank anders zu konfigurieren sind, handelt es sich nicht um bloße Routineaufgaben, die durch ständiges Wiederholen erlernt und dann selbstständig abgerufen werden können. Vielmehr ist jedesmal eine neue erhebliche Gedächtnisleistung erforderlich, bei der insbesondere Überblick gefordert ist. Gerade diese Fähigkeiten sind beim Kläger jedoch stark eingeschränkt, verstärkt unter Zeitdruck. Auch insoweit müsste die Beklagte die vom Kläger vorgenommenen Verdrahtungen von einem Dritten kontrollieren und revidieren lassen.

2. Der Kläger kann Ersatz des Entgeltausfallschadens nicht nach § 280 Abs. 1 BGB bzw. 823 Abs. 2 BGB iVm § 81 Abs. 4 SGB IX (seit 1.1.2018 § 164 Abs. 4 SGB IX) verlangen. Das Gericht konnte eine entsprechende Pflichtverletzung nicht feststellen. Außerdem hätte die Beklagte nicht schuldhaft gegen ihre Pflichten verstoßen.

a. § 81 Abs. 4 SGB IX (seit 1.1.2018 § 164 Abs. 4 SGB IX) gewährt jedem schwerbehinderten (§ 2 Abs. 2 SGB IX) oder diesem gleichgestellten (§ 2 Abs. 3 iVm § 68 Abs. 1 SGB IX, seit 1.1.2018 § 151 SGB IX) Arbeitnehmer, der wegen seiner Schwerbehinderung die geschuldete Arbeit nicht leisten kann, einen Anspruch auf behindertengerechte Beschäftigung, gegebenenfalls mit Hilfe einer Vertragsänderung (BAG 15.10.2013 –1 ABR 25/12 Rn 24; 14.03.2006 - 9 AZR 411/05 Rn 18). Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer schuldhaft keine behinderungsgerechte Arbeit zu, schuldet er Ersatz des Entgeltausfallschadens (BAG 27.07.2011 – 7 AZR 402/10 Rn 76 mwN; Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, 4. Aufl. 2014 § 81 SGB IX Rn 191).

b. Ob der Kläger unter den nach § 68 SGB IX (seit 01.01.2018 § 151 SGB IX) geschützten Personenkreis zumindest seit 10.04.2006 fällt, ist offen. Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum zwar nicht schwerbehindert. Bei ihm LAG und liegt nicht wenigstens ein GdB von 50 vor, sondern seit 01.11.2004 ein GdB von 30 (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Unstreitig hat der Kläger jedoch am 10.04.2006 einen Antrag auf Gleichstellung bei der Bundesagentur für Arbeit gestellt (§ 68 Abs. 2 SGB IX, seit 01.01.2018 § 151 Abs. 2 SGB IX). Nach § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX (ab 01.01.2018 § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX) wird die Gleichstellung mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Im Gegensatz zur bloß deklaratorischen Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft nach § 69 SGB IX (seit 01.01.2018 § 151 SGB IX) hat der Gleichstellungsbescheid konstitutive Wirkung, ist also materielle Voraussetzung für die Anwendung des Teils 2 (seit 01.01.2018 Teil 3) des SGB IX (BAG 10.04.2014 - 2 AZR 647/13 Rn 39; 31.07.2014 - 2 AZR 434/13 Rn 48). Der Antrag wurde jedoch abschlägig beschieden; das Verfahren vor dem Sozialgericht Regensburg ist noch nicht entschieden. Ein konstitutiver, für den Kläger positiver Anerkennungsbescheid liegt daher nicht vor, kann aber noch mit Rückwirkung erteilt werden.

c. Eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Gleichstellungsantrag war nicht veranlasst. Das Verfahren vor dem Sozialgericht ist nicht vorgreiflich. Denn selbst wenn man zu Gunsten des Klägers unterstellt, dass der Gleichstellungsantrag positiv verbeschieden wird, hatte der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch nach § 81 Abs. 4 SGB IX (ab 01.01.2018 § 164 Abs. 4 SGB IX) auf behinderungsgerechte Beschäftigung.

aa. Voraussetzung des Anspruchs ist, dass der Arbeitnehmer sein durch die Art und Schwere der festgestellten Behinderungen eingeschränktes Leistungsvermögen darlegt, seine Weiterbeschäftigung verlangt und die sich aus seiner Sicht ergebenden Beschäftigungsmöglichkeiten aufzeigt, die seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechen sollen. Der Arbeitgeber muss dann substantiiert darlegen, aus welchen Gründen die vom Arbeitnehmer vorgeschlagenen Beschäftigungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, insbesondere, weil solche Arbeitsplätze nicht vorhanden seien, das Anforderungsprofil nicht erfüllt werde, ein entsprechender Arbeitsplatz nicht frei sei und auch nicht freigemacht werden könnte oder aus anderen Gründen unzumutbar seien (BAG 10.05.2005 – 9 AZR 230/04 Rn 38 ff; Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, 4. Aufl. 2014 § 81 SGB IX Rn 187). Die Darlegungslast des Arbeitgebers verschärft sich, wenn er entgegen § 84 Abs. 1 oder 2 SGB IX (seit 01.01.2018 § 167 Abs. 1 und 2 SGB IX) ein Präventionsverfahren bzw. ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt hat. In diesem Fall kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, nicht zu wissen, wie ein behinderungsgerechter Arbeitsplatz in seinem Betrieb einzurichten und auszustatten ist (Dau/Düwell/Joussen a.a.O. Rn 188). In jedem Falle aber setzt die verschuldensabhängige Haftung des Arbeitgebers die vorherige ordnungsgemäße Geltendmachung des Anspruchs auf behinderungsgerechte Beschäftigung voraus (Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl. 2017, § 178, Rn 46).

bb. Der Kläger hat eine behinderungsgerechte Beschäftigung nicht verlangt, bzw. nicht ordnungsgemäß geltend gemacht.

Als behinderungsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten kommen nach den Klarstellungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung nur die Tätigkeiten in der Dokumentation und im Anlagenbau/Anlagenfertigung, insbesondere dem Bauen von Schaltschränken, in Betracht. Nur auf diese beruft sich der Kläger noch.

(1) Jedenfalls für den streitgegenständlichen Zeitraum und sogar noch in erster Instanz der vorliegenden Verfahren hat der Kläger daran festgehalten, die bisherige Tätigkeit als SPS-Programmierer weiterhin ausüben zu können. Erst in der mündlichen Verhandlung vom 18.04.2018 hat er unstreitig gestellt, die Tätigkeit eines SPS-Programmierers nach dem Unfall 2001 nicht mehr ausüben zu können. Im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende 2016 hat der Kläger damit gerade nicht verlangt, anderweitig behinderungsgerecht beschäftigt zu werden. Daran ändert nichts, dass der Kläger in den Kündigungsschutzverfahren die Tätigkeit in der Dokumentation und im Anlagenbau/Anlagenfertigung genannt hat. Dies ist keine ordnungsgemäße Geltendmachung des behinderungsgerechten Beschäftigungsanspruchs, sondern geschah nur, um die fehlende soziale Rechtfertigung durch die Nennung milderer Mittel darzulegen. Aus Sicht des Klägers waren diese Beschäftigungsmöglichkeiten gerade nicht behinderungsgerecht, da er hierbei seine Fähigkeiten und Kenntnisse eben nicht voll verwerten konnte (vgl. § 81 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX, seit 01.01.2018 § 164 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX).

(2) Der Kläger kann auch nicht damit gehört werden, dass die Beklagte ein Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX (seit 01.01.2018 § 167 Abs. 1 SGB IX) hätte durchführen müssen.

Zunächst steht derzeit nicht fest, ob der Kläger überhaupt einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, da eine entsprechende Entscheidung noch nicht ergangen ist. § 84 Abs. 1 SGB IX (seit 01.01.2018 § 167 Abs. 1 SGB IX) gilt aber nur für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen. Die Beklagte kann auch frühestens ab 10.04.2006, dem Zeitpunkt der Antragsstellung, zur Durchführung verpflichtet gewesen sein, nicht schon seit 01.01.2006. Sollte der Kläger rückwirkend ab 10.04.2006 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden (§ 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX, ab 01.01.2018 § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX), hätte die Beklagte allerdings ein Präventionsverfahren durchführen müssen. Das Risiko, die Pflichten der §§ 81 ff SGB IX (seit 01.01.2018 §§ 164 ff SGB IX) zu verletzen, obwohl über die Gleichstellung noch nicht entschieden ist, ist wegen der gesetzlich angeordneten Rückwirkung grundsätzlich dem Arbeitgeber zugewiesen.

Führt der Arbeitgeber das Präventionsverfahren nicht durch, führt das nur zu einer Verschärfung der Darlegungslast im Prozess. Der Arbeitgeber kann sich dann nicht darauf berufen, nicht zu wissen, wie ein behinderungsgerechter Arbeitsplatz im Betrieb einzurichten und auszustatten ist. Es enthebt den Arbeitnehmer aber nicht davon ordnungsgemäß geltend zu machen, leidensgerecht beschäftigt zu werden. Dazu gehört in jedem Fall, sein eingeschränktes Leistungsvermögen darzulegen und ggf. zu beweisen (LAG Hessen 05.11.2012 – 21 Sa 593/10). Den Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung muss der Arbeitnehmer unter Angabe seines Leistungsvermögens geltend machen (Schaub, 17. Aufl., 2017, § 178 Rn 46).

Der Arbeitgeber verletzt seine Pflicht zur behinderungsgerechten Beschäftigung daher nicht, wenn der Arbeitnehmer behinderungsbedingte Einschränkungen seines Leistungsvermögens negiert. Dies gilt erst recht, wenn mit der Zuweisung eine Änderung des Arbeitsvertrags verbunden sein müsste, die ja übereinstimmende Willenserklärungen erfordert.

(3) Nichts anderes würde gelten, wenn die Beklagte ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX (seit 01.01.2018 § 167 Abs. 2 SGB IX) nicht durchgeführt hätte. Dies hätte lediglich dieselben Auswirkungen auf die Darlegungslast wie die Nichtdurchführung eines Präventionsverfahrens (Dau/Düwell/Joussen a.a.O. Rn 188). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement überhaupt hätte werden müssen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum jemals mehr als 6 Wochen im Jahr arbeitsunfähig gewesen wäre. Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit ist dabei nicht die Unfähigkeit des Klägers als SPS-Programmierer beschäftigt zu werden, sondern die von ihm unter Vorbehalt angenommene Helfertätigkeit. Denn zu dieser hat er sich jedenfalls bis zum Ende des Änderungsschutzprozesses im Jahre 2017 verpflichtet.

cc. Darüber hinaus stellt die vom Kläger benannte Beschäftigungsmöglichkeit im Anlagenbau/Anlagenfertigung keine behinderungsgerechte Beschäftigung dar. Der Kläger ist nicht in der Lage, in diesem Bereich als Elektrotechniker mit Programmierarbeiten oder ohne Programmierarbeiten selbstständig tätig zu sein, insbesondere Schaltschränke zu bauen, d.h. die komplexen Verdrahtungen selbstständig vorzunehmen. Auf die Ausführungen unter II.1.c.dd. wird verwiesen. Ob und wann genau entsprechende freie Arbeitsplätze vorhanden waren – wovon auszugehen ist – ist daher nicht entscheidend.

dd. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, den Kläger mit Dokumentationsaufgaben zu beschäftigen.

(1) Für diese Tätigkeit liegt offensichtlich keine ordnungsgemäße Geltendmachung vor, da sie eine Vertragsänderung vorausgesetzt hätte. Die Parteien haben übereinstimmend bekundet, dass die reine Dokumentationstätigkeit niedriger zu bewerten ist als die Tätigkeit als SPS-Programmierer (Blatt 322 der Akten). Mit einer Vertragsänderung war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum jedoch nicht einverstanden. Er hat ja gerade die Beschäftigung als SPS-Programmierer als behinderungsgerecht angesehen.

(2) Ein freier Arbeitsplatz mit reinen Dokumentationstätigkeiten stand im streitgegenständlichen Zeitraum nicht zur Verfügung. Zwar beschäftigte die Beklagte den Kläger vom August bis Dezember 2005 im Rahmen des Prozessarbeitsverhältnisses mit solchen Tätigkeiten. Nach dem Vorbringen des Klägers hat sie die Arbeiten dann fremdvergeben, nach dem Vorbringen der Beklagten erledigen die Programmierer die Dokumentationsarbeiten selbst. Die Beklagte musste den Arbeitsplatz auch nicht über den 31.12.2005 zur Verfügung stellen, sondern durfte die Aufgaben anderweitig erledigen lassen, auch wenn es sich um einen behinderungsgerechten Arbeitsplatz gehandelt haben sollte. Sie war Ende 2015 gegenüber dem Kläger nicht nach § 81 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX (seit 01.01.2018 § 164 Abs. 4 Nr. 5 SGB IX) zu einer behinderungsgerechten Arbeitsorganisation verpflichtet. Denn die Pflicht zur behinderungsgerechten Beschäftigung und Arbeitsorganisation konnte frühestens mit dem Antrag auf Gleichstellung entstehen, also über 3 Monate später am 10.04.2006. Einen Anspruch darauf, dass ein neuer behinderungsgerechter Arbeitsplatz eingerichtet wird, hat der Schwerbehinderte jedoch nicht (BAG 04.10.2005 – 9 AZR 632/04 Rn 23 mwN; Schaub a.a.O. Rn 47).

3. Der Kläger kann Ersatz des Entgeltausfallschadens auch nicht nach § 280 Abs. 1 iVm § 241 Abs. 2 BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes verlangen.

Zwar ist nach § 241 Abs. 2 BGB jede Partei – auch der Arbeitgeber – verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei gesundheitlichen Problemen eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Diese Verpflichtung setzt aber ebenso wie der Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (BAG 27.05.2015 – 5 AZR 88/14; für die unmissverständliche Geltendmachung des Umfangs des Teilzeitanspruchs eines Schwerbehinderten vgl. BAG 17.03.2016 – 6 AZR 221/15 Rn 43). Das hat der Kläger nicht getan. Auf die Ausführungen unter II.2.c.bb. wird verwiesen.

Hinzukommt, dass der Arbeitgeber im Rahmen des § 241 Abs. 2 BGB allenfalls die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes über die Neuausübung des Direktionsrechts nach § 106 GewO schuldet, nicht jedoch eine Änderung des Arbeitsvertrags (BAG 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 Rn 26). Die Zuweisung einer reinen Dokumentationstätigkeit oder einer Tätigkeit im Anlagenbau/Anlagenfertigung ohne Programmierarbeiten wäre jedoch nur nach Vertragsänderung möglich. Auf die Ausführungen unter II.1.c.cc. und dd. wird verwiesen. Eine selbständige Tätigkeit mit Programmierarbeiten kann der Kläger nicht mehr erbringen. Auch die Schaffung eines neuen leidensgerechten Arbeitsplatzes kann der Arbeitnehmer nicht verlangen (BAG 28.06.2017 - 5 AZR 263/16 Rn 35 mwN).

4. Es kommt somit nicht darauf an, inwieweit die geltend gemachten Zinsansprüche zu korrigieren wären. Die Fälligkeit des Annahmeverzugslohns bzw. des Schadensersatzes bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, in dem der Lohn bei ordnungsgemäßer Abwicklung fällig geworden wäre (ErfK, 18. Aufl., § 615 BGB, Rn 80 mwN). Das ist nach Nr. 3 Abs. 3 des Arbeitsvertrags der 15. des Folgemonats. Dem Kläger stehen nach § 187 Abs. 1 BGB Verzugszinsen ab dem Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit zu. Soweit dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt, verschiebt sich der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten Werktag (BAG 13.01.2016 - 10 AZR 42/15 Rn 27). Dasselbe gilt auch für die geltend gemachten Prozesszinsen (Anträge zu 2. – 5.).

III.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der mit den Berufungen unterlegene Kläger zu tragen (§ 97 ZPO).

IV.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17 zitiert 30 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft m

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

Zivilprozessordnung - ZPO | § 148 Aussetzung bei Vorgreiflichkeit


(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 69 Kontinuität der Bemessungsgrundlage


Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnun

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 293 Annahmeverzug


Der Gläubiger kommt in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 84 Hilfsmittel


(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 193 Sonn- und Feiertag; Sonnabend


Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerk

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 81 Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten


Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Lei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 294 Tatsächliches Angebot


Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 85 Klagerecht der Verbände


Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selb

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 297 Unvermögen des Schuldners


Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611a Arbeitsvertrag


(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit bet

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 68 Berechnungsgrundlage in Sonderfällen


(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn1.die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,2

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 152 Feststellung der Behinderung, Ausweise


(1) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fest. Auf Antrag kann festgestel

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 11 Anrechnung auf entgangenen Zwischenverdienst


Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muß sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen, 1. was er durch anderweitige Arbeit verdi

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 164 Pflichten des Arbeitgebers und Rechte schwerbehinderter Menschen


(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 167 Prävention


(1) Der Arbeitgeber schaltet bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbe

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 151 Geltungsbereich


(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen. (2) Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Absatz 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 152

Referenzen - Urteile

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17 zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17 zitiert 17 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17

bei uns veröffentlicht am 18.04.2018

Tenor 1. Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 15.09.2017, Az. 3 Ca 1437/16, 3 Ca 166/17, 1 Ca 167/17, 1 Ca 168/17 und 3 Ca 169/17, werden zurückgewiesen. 2. Der Kläger

Arbeitsgericht Weiden Endurteil, 15. Sept. 2017 - 1 Ca 167/17

bei uns veröffentlicht am 15.09.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Der Streitwert wird festgesetzt auf 45.360,77 €. IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Tatbestand

Arbeitsgericht Weiden Endurteil, 15. Sept. 2017 - 3 Ca 166/17

bei uns veröffentlicht am 15.09.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 28.004,14 € festgesetzt. 4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Tatbestand

Arbeitsgericht Weiden Endurteil, 15. Sept. 2017 - 3 Ca 1437/16

bei uns veröffentlicht am 15.09.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 81.147,16 € festgesetzt. 4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Tatbestand

Arbeitsgericht Weiden Endurteil, 15. Sept. 2017 - 1 Ca 168/17

bei uns veröffentlicht am 15.09.2017

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. III. Der Streitwert wird festgesetzt auf 37.078,89 €. IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Tatbestand

Arbeitsgericht Weiden Endurteil, 15. Sept. 2017 - 3 Ca 169/17

bei uns veröffentlicht am 15.09.2017

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 21.891,16 € festgesetzt. 4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen. Tatbestand

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Juni 2017 - 5 AZR 263/16

bei uns veröffentlicht am 28.06.2017

Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Februar 2016 - 6 Sa 1084/15 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Jan. 2017 - 2 AZR 68/16

bei uns veröffentlicht am 26.01.2017

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2015 - 7 (2) Sa 229/07 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 14. Juni 2016 - 9 AZR 8/15

bei uns veröffentlicht am 14.06.2016

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. November 2014 - 17 Sa 406/14 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 17. März 2016 - 6 AZR 221/15

bei uns veröffentlicht am 17.03.2016

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 4. November 2014 - 7 Sa 29/14 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Jan. 2016 - 10 AZR 42/15

bei uns veröffentlicht am 13.01.2016

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 26. November 2014 - 6 Sa 17/14 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14

bei uns veröffentlicht am 27.05.2015

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. November 2013 - 3 Sa 423/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 31. Juli 2014 - 2 AZR 434/13

bei uns veröffentlicht am 31.07.2014

Tenor 1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 21. November 2012 - 8 Sa 627/12 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 10. Apr. 2014 - 2 AZR 647/13

bei uns veröffentlicht am 10.04.2014

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Januar 2013 - 7 Sa 1790/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Feb. 2012 - 5 AZR 249/11

bei uns veröffentlicht am 22.02.2012

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10

bei uns veröffentlicht am 27.07.2011

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. April 2010 - 8 Sa 68/10 - im Hauptausspruch teilweise aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09

bei uns veröffentlicht am 19.05.2010

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - auf
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17.

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 18. Apr. 2018 - 2 Sa 408/17

bei uns veröffentlicht am 18.04.2018

Tenor 1. Die Berufungen des Klägers gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 15.09.2017, Az. 3 Ca 1437/16, 3 Ca 166/17, 1 Ca 167/17, 1 Ca 168/17 und 3 Ca 169/17, werden zurückgewiesen. 2. Der Kläger

Referenzen

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 81.147,16 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung.

Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).

Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.

Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 23 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.

Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.

Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Januar 2013 bis Dezember 2016 geltend. Da die Kündigung vom 30.3.2006 unwirksam sei, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 5 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. xxx sowie des Prof. Dr. xxx sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 9, Bl. 110 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 152 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 156 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 81.147,16 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.392,32 € seit dem 16.2.2013,aus 1.641,08 € seit 16.3.2013,aus 1.558,09 € seit 16.4.2013,aus 1475,21 € seit 16.5.2013,aus 1.392,32 € seit 16.6.2013, aus 1.558,19 € seit

16.7.2013, aus 1.440,09 € seit 16.8.2013,aus 1.525,87 € seit 16.9.2013,aus 1.611,44 € seit 16.10.2013,aus 1.440,08 € seit 16.11.2013, aus 1.611,44 € seit

16.12.2013, aus 1.525,76 € seit 16.1.2014, aus 1.440,07 € seit 16.2.2014,aus

1.697.22 € seit 16.3.2014,aus 1.611,43 € seit 16.4.2014,aus 1.525,75 € seit

16.5.2014, aus 1.549,76 € seit 16.6.2014, aus 1.637,76 € seit 16.7.2014,aus 1.461,76 € seit 16.8.2014,aus 1.637,76 € seit 16.9.2014,aus 1.549,76 € seit

16.10.2014, aus 1.461,76 € seit 16.11.2014, aus 1.725,76 € seit 16.12.2014,aus 1.461,76 € seit 16.1.2015,aus 1.549,76 € seit 16.2.2015,aus 1.725,76 € seit

16.3.2015, aus 1.749,76 € seit 16.4.2015,aus 1.719,30 € seit 16.5.2015, aus 1.694,10 € seit 16.6.2015, aus 1.603,15 € seit 16.7.2015, aus 1.512,19 € seit

16.8.2015, aus 1.694,11 € seit 16.9.2015,aus 1.603,16 € seit 16.10.2015, aus 1.603,15 € seit 16.11.2015,aus 1.694,11 € seit 16.12.2015,aus 1.512,07 € seit

16.1.2016, aus 1.694,11 € seit 16.2.2016,aus 1.694,10 € seit 16.3.2016,aus 1.512,19 € seit 16.4.2016,aus 1.694,11 € seit 16.5.2016,aus 1.603,16 € seit 16.6.2016,aus 1.603,15 € seit 16.7.2016,aus 1.741,38 € seit 16.8.2016,aus

1.554.23 € seit 16.9.2016,aus 1.647,75 € seit 16.10.2016,aus 1.705,19 € seit 16.11.2016,aus 1.705,19 € seit 16.12.2016 sowie aus 1.705,19 € seit 16.1.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. Widder bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 74 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.

Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).

Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. xxx im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Dieser Befund bezieht sich auch auf den Streitzeitraum, da das 2013 erstellte Gutachten keine Einschränkungen enthält und das Endstadium einer möglichen Besserung bei den gesundheitlichen Einschränkungen nach der Erläuterung zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. xxx im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 2.4.2015 jedenfalls 2004 erreicht war (Bl. 608 d.b.A.). Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine bis zur Änderungskündigung verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.

Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. xxx, zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.

Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).

Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.

Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.

Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dem entsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.

Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.

Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).

Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht, § 64 III ArbGG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 28.004,14 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung.

Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).

Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.

Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 28 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.

Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.

Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Juni 2007 bis Dezember 2008 geltend. Da die Kündigung vom 30.3.2006 unwirksam sei, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 6 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. D. sowie des Prof. Dr. L. sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 15, Bl. 147 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 188 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 193 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 28.004,14 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag i.H. vom 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. W. bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 111 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.

Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).

Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. W1. im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine bis zur Änderungskündigung verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.

Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. W2., zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.

Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).

Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.

Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.

Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dementsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.

Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.

Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).

Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht,§ 64 III ArbGG.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Der Streitwert wird festgesetzt auf 45.360,77 €.

IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im bestehenden Arbeitsverhältnis um Annahmeverzugslohn.

Der 1961 geborene und ledige Kläger ist seit 03.03.1997 bei der Beklagten als Elektrotechniker beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom gleichen Tag umschloss das Aufgabengebiet u.a. die Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger erklärte sich darüber hinaus mit dem Einsatz auf Baustellen einverstanden. Die Beklagte lehnt sich an die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie an.

Der Kläger machte eine ausweislich seiner Prüfungszeugnisse vom 26.06.1980 und vom 04.02.1982 (Blatt 68 der Akte des beigezogenen Verfahrens) eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker und zum Energiegeräteelektroniker. Anschließend diente er mehrere Jahre als Soldat und wurde dort zum Flugsicherungsradarmechanikermeister ausgebildet. Nach der Militärzeit machte er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker ausweislich seines Abschlusszeugnisses vom 31.07.1992 (Blatt 71f der Akte des beigezogenen Verfahrens). In dem Fach Englisch zeigte er sehr gute Leistungen.

Die Beklagte richtet im Geschäftsbereich Automation Robotik für ihre industriellen Kunden unter anderem die Sicherheitstechnik ein. Dazu zählt unter anderem die „Einzäunung“ von Fertigungslinien, in denen Roboter arbeiten. Für die Sicherheit der Mitarbeiter des Kunden und von Servicefirmen muss auch umfangreiche Sicherheitssoftware programmiert werden, damit diese Mitarbeiter für notwendige Wartungs-, Umrüst- oder Reparaturarbeiten nicht in den Wirkbereich der Roboter kommen können, solange diese nicht zuverlässig stillstehen. Dazu zählen auch Notstopps der Fertigungsstraße, wenn Mitarbeiter des Kunden oder der Servicefirmen den Wirkbereich der Roboter während der laufenden Produktion betreten und dabei durch mit Lichtschranken geschützte Zugänge zu den Fertigungslinien gehen. Im Bereich der Programmierung dieser sogenannten Sicherheits-SPS war der Kläger seit seinem Eintritt bei der Beklagten beschäftigt.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 unverschuldet einen Verkehrsunfall, bei dem es zu einer schweren hirnorganischen Schädigung kam. Nach dem Bescheid der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) vom 07.03.2006 (Blatt 23 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wurde als Unfallfolge unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt. Für die Zeit vom 17.06.2002 bis 31.10.2004 wurde eine MdE von 40% und ab dem 01.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Ferner war ab 01.11.2004 ein GdB von 30 nach § 69 Abs. 2 SGB IX gegeben.

Am 10.04.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 Abs. 2 SGB IX.

Der Kläger erhält in Folge des Unfalles eine Erwerbsminderungsrente. Die Erwerbsminderungsrente des Klägers erhöhte sich

ab 01.07.2008 auf 609,83 €

ab 01.07.2009 auf 624,53 €

ab 01.07.2011 auf 630,71 € und

ab 01.07.2012 auf 644,46 €.

Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers streitet einen Erwerbsausfallschaden ab. Ab 15.04.2002 nahm der Kläger nach weniger als fünf Monaten nach dem Unfall im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.06.2002 war er vollschichtig tätig. Im Laufe der wieder aufgenommenen Beschäftigung stellte sich heraus, dass der Kläger in quantitativer Hinsicht erheblich leistungsgemindert war und in qualitativer Hinsicht untypische und in der Vergangenheit vor dem Unfall nicht aufgetretene Programmierfehler machte. Im Herbst/Winter 2003/2004 war vom Kläger bei der Sicherheitssoftware für eine Lackieranlage eines großen süddeutschen Automobilproduzenten die Funktionalität des „Not-Aus“ aus der Software gelöscht worden. Ab Mai 2004 beschäftigte die Beklagte den Kläger deshalb nicht mehr als Programmierer für SPS-Sicherheitssoftware.

Mit Schreiben vom 02.09.2004 (Blatt 42 der Akte des beigezogenen Verfahrens) teilte der Betriebsarzt mit, dass sich der Kläger bei ihm vorgestellt hatte und umfangreiche Unterlagen dabei hatte, aus denen hervorging, dass mehrere Gutachter einmütig eine Wesensveränderung wie auch eine Leistungseinschränkung bejahen. Im Nachgang dazu teilte der Betriebsarzt mit weiterem Schreiben vom 09.09.2004 (Blatt 43 der beigezogenen Akte) mit, dass im Rahmen einer Testaufgabe der Kläger für die gestellte Aufgabe knapp 140 Stunden für eine Station benötigte und ein unerfahrener Kollege dagegen nur 68 Stunden für 5 Stationen.

Die Beklagte sprach am 23.09.2004 eine Beendigungskündigung zum 31.12.2004 aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.03.2005 (Blatt 218, 221 der Akte) geltend:

„Aufgrund seiner Ausbildung wäre der Kläger daher jederzeit in der Lage, auch im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung bei der Beklagten beschäftigt zu werden. Diese Umstände müssten der Personalabteilung der Beklagten durchweg bekannt sein, da dieser auch diese Ausbildungszeugnisse bzw. -bescheinigungen vorliegen.“

Im Berufungsverfahren vor dem LAG Nürnberg machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 08.09.2005 (Blatt 225, 230 der Akte) geltend: „Die Beklagte übersieht hier völlig, dass der Kläger eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker sowie Energiegeräteelektroniker besitzt. In einer Weiterbildung wurde er zum Elektrotechniker ausgebildet. (…) Zumindest hätte eine Versetzungsmöglichkeit in diese Arbeitsbereiche, die die Beklagte auch unterhält, geprüft werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.“

Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Die Beklagte sprach am 19.07.2005 eine Änderungskündigung aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Klageschrift seines Prozessbevollmächtigten vom 01.08.2005 (Blatt 232, 235 der Akte) geltend:

„Der Kläger ist jedenfalls in der Lage, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.“

Er macht dort (Blatt 232, 236 der Akte) ferner geltend:

„Keinesfalls können dem Kläger in Anbetracht seiner Ausbildung und seiner Leistungsfähigkeit Lagerarbeiten zugewiesen werden.

Sofern überhaupt eine Umsetzung des Klägers gerechtfertigt sein sollte, sind die unterschiedlichen Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen. Der Kläger könnte beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten. Es wird bestritten, dass die Beklagte weitere Umsetzungsmöglichkeiten geprüft hat. Die Beklagte missachtet den Grundsatz, dass der Arbeitgeber alle Anstrengungen zu unternehmen hat, um den Arbeitnehmer möglichst dauerhaft weiter zu beschäftigen.“

Auch diese Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Am 08.08.2005 nahm der Kläger im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses seine Tätigkeit für die Beklagte wieder auf. Er wurde vorübergehend mit Übersetzungsund Dokumentationsaufgaben betraut. Im Dezember 2005 führte die Beklagte mit dem Kläger einen Arbeitsversuch durch mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Programmiertätigkeit. Auch hier machte er mehrere sicherheitsrelevante Fehler. Ab dem 01.01.2006 wurde der Kläger im Geschäftsbereich Automation Robotik als Lagerhelfer beschäftigt.

Ab August 2006 wurde der Kläger weiter im Geschäftsbereich Automation Robotik als Helfer bei der Kalt-Brünier-Anlage in der Lackiererei beschäftigt.

Ab Juli 2010 wurde der Kläger schließlich weiterhin im Bereich Automation Robotik in der CNC-Fräserei beschäftigt zum Umspannen von Serienteilen.

Unter dem 16.03.2006 erklärte die Beklagte ein weiteres Mal eine Änderungskündigung. Auch insoweit war eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage erfolgreich.

Unter dem 30.03.2006 erklärte die Beklagte eine weitere und bisher letzte Änderungskündigung zum 30.06.2006. Diese Änderungskündigung sollte zu einer Neubestimmung der vertraglichen Aufgaben des Klägers führen und damit einhergehend zu einer erheblichen Reduzierung seiner Vergütung. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und erhob Kündigungsschutzklage. Deren Akten wurden dem Verfahren beigezogen.

In der Klageschrift vom 03.04.2006 (Blatt 7, 11 der Akte des beigezogenen Verfahrens) hielt der Kläger daran fest, dass er die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung als SPS-Programmierer weiterhin ausüben könne und an seinem Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 01.08.2005 im Vorverfahren. In dem weiteren Schriftsatz vom 14.07.2006 (Blatt 56, 64 der Akte des beigezogenen Verfahrens) machte er geltend, er könne im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Nach Beweisaufnahme wurde die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

In der Berufungsbegründung vom 05.06.2007 (Blatt 145, 154, 155 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wies der Kläger darauf hin, dass er ab dem 08.08.2005 einer Prozessbeschäftigung nachging mit Übersetzungs- und Dokumentationsarbeiten und im Anlagenbau bzw. der Anlagenfertigung arbeiten könne. Die Beklagte machte dazu geltend, dass es sich bei den Dokumentations- und Übersetzungsarbeiten nur um eine Prozessbeschäftigung gehandelt habe und ein Arbeitsplatz nicht dauerhaft zur Verfügung stünde. Dazu machte der Kläger mit Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 23.08.2007 (Blatt 176, 183 der Akte des beigezogenen Verfahrens) geltend, dass eine externe Vergabe dieser Aufgaben erfolgt sei, es der Beklagten aber zuzumuten sei, diese Arbeiten nicht mehr fremd zu vergeben, sondern im eigenen Haus zu erledigen und hierfür den Kläger einzusetzen. Im Übrigen verwies der Kläger im beigezogenen Verfahren wiederholt auf verschiedene Arbeitsbereiche bei der Beklagten und vielfältige Stellenanzeigen der Beklagten. Er machte unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend, er könne in diesen Arbeitsbereichen und auf diesen ausgeschriebenen Stellen arbeiten.

Im Berufungsverfahren wurden mehrere ärztliche Gutachten eingeholt zu der Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers im Hinblick auf seine Befähigung, nach dem Unfall noch sicherheitsrelevante Software zu programmieren.

Der erste Gutachter Thomas Lippert teilte in dem psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010 (Blatt 326ff der beigezogenen Akte) mit, dass er sich im Ergebnis außerstande sieht, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten (Blatt 334 der beigezogenen Akte) und eine fachgerechte neuropsychologische Untersuchung erforderlich sei. Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 (Blatt 296ff der beigezogenen Akte) teilte der Gutachter Prof. Dr. med. Schwab mit, dass die Fragen des Gerichtes aus neuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden können, weil es dazu an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle (Blatt 323 der beigezogenen Akte).

Im weiteren Gutachten vom 12.03.2012 (Blatt 340ff der beigezogenen Akten) teilt der Gutachter Prof. Dr. med. Drexler abschließend mit, es sei schwer beurteilbar, ob weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden können, da es nicht möglich sei, dies vor Ort zu überprüfen (Blatt 359 der beigezogenen Akten).

Der letzte Gutachter Prof. Dr. med. Dr. Dipl.-Ing. Widder kommt mit Gutachten vom 08.08.2013 (Blatt 491ff der beigezogenen Akte) zu dem Ergebnis, er habe keinen vernünftigen Zweifel daran, „dass sich die erheblichen Defizite auf das Leistungsvermögen in dem komplexen und verantwortungsvollen Tätigkeitsfeld des SPS-Programmierers negativ auswirken. Dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, dass der Kläger noch in der Lage wäre, Programmierarbeiten zu erledigen. Soweit diese komplexer sind und unter Zeitdruck erfolgen, verliert der Kläger jedoch leicht die Übersicht, sodass dann in einem erheblich verstärkten Umfang die erbrachten Leistungen von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssten. Versuche ich dies zu quantifizieren, erachte ich die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30-40% gemindert.“ (Blatt 521 der beigezogenen Akte).

Diese Feststellungen führten im Ergebnis zur Zurückweisung der Berufung. Dagegen wandte sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und begründete diese damit, dass das Berufungsgericht mangels Schwerbehinderung oder Gleichstellung des Klägers weder eine Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX vor der Kündigung erkennen konnte noch mangels einer ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit des Klägers von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens nach § 84 Abs. 2 SGB IX. Insoweit liege eine Divergenz nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG vor zu BAG, Urteil vom 12.07.2007 - 2 AZR 716/06 - . Darüber hinaus habe die Frage grundsätzliche Bedeutung nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG, ob § 84 Abs. 2 SGB IX bei Arbeitnehmern mit einer einfachen Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX voraussetze, dass diese ebenfalls länger als sechs Wochen im Kalenderjahr arbeitsunfähig krank waren, um die Notwendigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements auszulösen. Mit Beschluss des BAG vom 19.01.2016 wurde die Revision entsprechend § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ohne Begründung zugelassen.

Mit Berichterstatterschreiben vom 16.11.2016 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass die Vorinstanzen die Frage der sozialen Rechtfertigung der Absenkung des Stundenlohnes auf 8,50 € brutto nicht geprüft hätten. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Binnen gesetzter Frist teilte die Beklagte Namen und Stundenverdienste der übrigen mit Lagerhelfertätigkeiten beschäftigten Mitarbeiter mit. Diesen Tatsachenvortrag bestritt der Kläger mit Nichtwissen.

Mit weiterem Berichterstatterschreiben vom 09.01.2017 wurden die Parteien mit folgenden Überlegungen bekannt gemacht: „In pp. dürfte das mit der Kündigung vom 30. März 2006 unterbreitete Änderungsangebot aus dem grundsätzlich maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Klägers mehrere Auslegungsmöglichkeiten hinsichtlich der fortan geschuldeten Arbeitsleistung zulassen, was möglicherweise zu Zweifeln an seiner Bestimmtheit, jedenfalls aber an seinem Inhalt und seiner sozialen Rechtfertigung führen könnte.

Musste der Kläger davon ausgehen, dass er nach Ablauf der Kündigungsfrist Tätigkeiten eines Elektrotechnikers unter Einschluss von Arbeiten im Lager verrichten sollte? Sollte er künftig als Elektrotechniker und zusätzlich als „Lagermitarbeiter“ eingesetzt werden können? Sollte er fortan ausschließlich mit Lagerarbeiten betraut werden können? Welchen Sinn hatten die Passagen, nach denen er als Elektrotechniker „eingestellt“ werde und sich mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden erkläre? Ist zwischen den Parteien im Vorfeld der Kündigung vom 30. März 2006 über den avisierten Aufgabenbereich gesprochen worden? Wenn dem Kläger nach Wirksamwerden der Änderungen nicht ausschließlich reine Lagertätigkeiten übertragen werden sollten: Wie ließe sich dies mit der angebotenen Vergütung vereinbaren?.“

Im Hinblick auf den bevorstehenden Termin zur Revisionsverhandlung wurden die Parteien um möglichst kurzfristige Stellungnahme gebeten. Die Parteien trugen ergänzend vor.

Der Änderungskündigungsschutzklage wurde nach mündlicher Verhandlung am 26.01.2017 schließlich mit BAG, Urteil vom 26.01.2017 - 2 AZR 68/16 - stattgegeben. Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht erfolgte nicht.

In der Begründung wird unter anderem Bezug genommen auf Sachvortrag der Beklagten, der erstmals im Verfahren vorgetragen wurde vor dem BAG mit Schreiben der beklagten Partei vom 12.12.2016 in Beantwortung des Schreibens des Berichterstatters vom 16.11.2016. In der Begründung wird ferner ausgeführt, entscheidungserheblicher weiterer Sachvortrag der Beklagten stehe nicht zu erwarten.

Der Kläger hat im Verlauf des langjährigen Kündigungsschutzverfahrens in verschiedenen beim Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - anhängigen Verfahren zur Wahrung der in Ziffer 8 des Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussfristen den Differenzlohn zwischen der nach dem ursprünglich geschlossenen Vertrag geschuldeten Vergütung und der tatsächlich infolge der Änderungskündigung gezahlten Vergütung geltend gemacht.

In dem Verfahren 3 Ca 169/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2007 Differenzlohn geltend in Höhe von 21.891,16 € brutto.

In dem Verfahren 3 Ca 166/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.12.2008 Differenzlohn geltend in Höhe von 28.004,14 € brutto.

In dem hier streitgegenständlichen Verfahren 1 Ca 167/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 Differenzlohn geltend in Höhe von 45.360,77 € brutto.

In dem Verfahren 1 Ca 168/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012 Differenzlohn geltend in Höhe von 37.078,89 € brutto.

In dem Verfahren 3 Ca 1437/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2016 Differenzlohn geltend in Höhe von 81.147,16 € brutto.

Insgesamt begehrt der Kläger eine Nachzahlung von 213.482,12 € brutto.

Der Kläger macht geltend:

Ihm stehe der Differenzlohn als Annahmeverzugslohn zu.

Dieser berechne sich unter Berücksichtigung der über die Jahre erfolgten Tariflohnerhöhungen wie folgt:

Für das Jahr 2009:

01.01.2009 2.954,05 € brutto

01.02. bis 31.12.2009; 11 x 3.016,09 € brutto = 36.176,99 € brutto

zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.111,26 € brutto

zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.809,65 € brutto

zuzüglich VWL 159,60 € brutto Summe: 40.211,55 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 17.721,00 € brutto,

sodass sich eine Nachforderung ergebe von 22.490,55 € brutto.

Und für das Jahr 2010:

01.01. bis 31.05.2010; 5 x 3.016,09 € brutto = 15.080,45 € brutto

01.06. bis 31.12.2010; 7 x 3.079,43 € brutto = 21.556,01 € brutto

zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.155,60 € brutto

zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.847,66 € brutto

zuzüglich VWL 159,60 € brutto

Summe: 40.799,32 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 17.929,10 € brutto,

sodass sich eine Nachforderung ergebe von 22.870,22 € brutto.

Für beide Jahre ergebe sich eine Nachforderung von 45.360,77 € brutto.

Daraus errechne sich die Klageforderung. Die Beklagte könne nicht einwenden, dass sie sich an die Branchentarifverträge nur anlehne. Es bestehe eine betriebsübliche betriebliche Übung, die Tarifabschlüsse zu übernehmen und an die Beschäftigten weiterzugeben.

Die Beklagte könne nach dem Urteil des BAG nicht mehr damit gehört werden, er, der Kläger, sei nicht leistungsfähig gewesen im Sinne des ursprünglichen Vertrages. Er sei aber auch unabhängig von dieser rechtlichen Überlegung leistungsfähig gewesen. Dies ergebe sich aus den vor dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. D2. und des Prof. Dr. L., deren Beiziehung zu Beweiszwecken zum vorliegenden Verfahren beantragt werde. Auch die Berufsgenossenschaft habe schon 2002 festgestellt, dass er wieder voll einsatzfähig sei ausweislich des Aktenvermerks der Berufshilfe vom 02.07.2002 (Blatt 173 der Akte).

Einer Beschäftigung auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz seien auch keine versicherungsrechtlichen oder arbeitsschutzrechtlichen Aspekte entgegengestanden. Das Vorbringen der Beklagten sei insoweit zu bestreiten.

Vorsorglich sei im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche in tatsächlicher Hinsicht geltend zu machen:

Darum gehe es gar nicht. Er habe nach der Wiedergenesung wieder erfolgreich auf der alten Stelle als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer gearbeitet.

Es sei der Beklagten jedenfalls möglich gewesen, ihn nicht nur als Lagerhelfer weiter zu beschäftigen mit einem Lohn von ursprünglich von 8,50 € brutto ab 01.07.2006. Dies ergebe sich schon aus dem tatsächlichen weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses nach der Wiedergenesung von dem Unfall und den verschiedenen ihm zugewiesenen Arbeitsplätzen und Arbeitsaufgaben.

Es hätte auch höherwertige Arbeitsplätze gegeben, wie die wiederholten Stellenausschreibungen bei der Beklagten in der Zeit danach gezeigt hätten. Es seien Projektleiter, Industriemechaniker/Schlosser, CNC-Fräser sowie Elektriker/Energieelektroniker gesucht worden. Solche seien auch eingestellt worden. Ihm sei dagegen keine solche Stelle angeboten worden. Selbst wenn er trotz seiner vielfachen Ausbildung auf diesen Stellen in Teilbereichen nicht einsetzbar gewesen wäre, so hätte er mit entsprechendem „learning on the job“ in die jeweilige Tätigkeit hineinfinden können. Entsprechende Nachqualifizierungsmaßnahmen seien für die Beklagte sogar kostenneutral möglich gewesen über die Berufsgenossenschaft.

Es sei pflichtwidrig keine Maßnahme nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchgeführt worden.

Es sei auch pflichtwidrig kein BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt worden. In einem solchen Verfahren hätte sich ebenfalls eine höherwertige Tätigkeit als nur Lagertätigkeit für den Kläger finden lassen, wenn er schon nicht mehr habe programmieren können.

In rechtlicher Hinsicht sei darauf zu verweisen, dass es einer Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB nicht bedurft habe nach der ernsthaften und endgültigen Weigerung der Beklagten, dem Kläger einen (soweit überhaupt erforderlich) leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Er habe wiederholt eine leidensgerechte Arbeit angeboten.

Auch ein Einsatz als Elektrotechniker sei möglich gewesen. Die Beklagte gehe selbst nach den Urteilsgründen des BAG im Kündigungsschutzverfahren davon aus, dass der Kläger zumindest auf Baustellen als Elektrotechniker hätte eingesetzt werden können.

Auch ein Einsatz im Bereich der technischen Dokumentation und der entsprechenden Übersetzung sei möglich gewesen. Diese Tätigkeit wäre auch auf dem Standard der vertraglich vereinbarten Tätigkeit gewesen. In dieser Position habe er auch gearbeitet ab dem 08.08.2005. Darauf habe er auch Bezug genommen in der Kündigungsschutzklage mit dem Hinweis, dass unterschiedliche Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen seien und er, der Kläger, beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten könne.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 45.360,77 € brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Differenzlohn aus Annahmeverzug. Die Berechnung des Klägers sei schon fehlerbehaftet.

Die Beklagte lehne sich nur an die Flächentarifverträge an. Tariflohnerhöhungen würden deshalb auch nicht 1:1 an die eigenen Mitarbeiter weitergegeben. Ferner beziehe der Kläger eine Teilerwerbsminderungsrente, die gegebenenfalls auf den Annahmeverzugsanspruch anzurechnen sei.

Der Anspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht.

Ansprüche aus Annahmeverzug setzten voraus, dass der Arbeitnehmer auch objektiv leistungsfähig sei. Dies sei der Kläger nicht gewesen. Nach Wiederaufnahme der Tätigkeit ab Sommer 2002 sei festgestellt worden, dass der Kläger die von der Beklagten erstellte Sicherheitssoftware nicht mehr fehlerfrei programmieren könne und die Leistung insgesamt um ca. 50% im Vergleich zur Normalleistung zurückgegangen sei. Darüber hinaus seien bei dem Programmiertest im Zusammenhang mit einem Projekt für den Autobauer Daimler massive Fehler gemacht worden. Die Programmierfehler des Klägers hätten zu unnötigen Bandstillegungen führen können wie bei dem Programmiertest für Daimler oder zu keinem Notstop der Roboter bei einem Betreten der Gefahrenzone durch Mitarbeiter des Kunden.

Ursächlich für die Programmierfehler des Klägers sei der Unfall gewesen und die dabei erlittenen dauerhaften gesundheitlichen Schäden, die den Kläger außerstande setzten, komplexe Aufgaben wie Programmiertätigkeiten strukturiert und konzentriert und im Ergebnis fehlerfrei abzuarbeiten. Dies ergebe sich aus dem von dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. W., dessen Beiziehung zum vorliegenden Verfahren beantragt werde.

Der Kläger habe im Bereich der Programmierung von Sicherheitssoftware wegen dieser organischen Hirnschädigungen nicht mehr beschäftigt werden können aus haftungsrechtlichen Gründen wie auch aus Gründen des Arbeitsschutzes. So habe die Betriebshaftpflicht der Beklagten bestätigt, dass bei arbeitgeberseitiger Vorkenntnis der fehlenden Verlässlichkeit des Mitarbeiters darauf zurückführende Schäden nach § 61 VVG und § 4 Abs. 2 Ziffer 1 AHB (1997) nicht versichert seien. Dies sei ein für die Beklagte nicht hinnehmbares Haftungsrisiko. Ferner dürfe die Beklagte aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen Mitarbeiter nicht mit Arbeiten betrauen, die diese nicht erledigen können ohne Gefahr für sich und andere, wie sich aus der einschlägigen berufsgenossenschaftlichen UVV zur Prävention, dort § 7 ergebe.

Die Beklagte habe dem Kläger auch im Laufe der Zeit höherwertige Tätigkeiten übertragen, soweit der Kläger dazu in der Lage gewesen sei. Ursprünglich sei der Kläger beschäftigt worden im Bereich Automation Robotik, dort im Bereich Lager als Lagerhelfer. Ab August 2006 sei der Kläger dann versetzt worden innerhalb des Bereiches als Helfer in der Lackiererei. Ab Juli 2010 sei er dann zum Einsatz gekommen in der CNC-Fräserei.

In den vom Kläger genannten Bereichen sei ein Einsatz jedoch nicht möglich. Der Kläger könne weder unter Zeitdruck arbeiten noch mit komplexeren Aufgaben wie Projektleitung oder Anlagenbau und Schaltschrankbau betraut werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 313 Abs. 2 ZPO. Die Kammer hat die Akten des Kündigungsschutzprozesses vor dem LAG - 7 (2) Sa 229/07 - und dem BAG - 2 AZR 68/16 - insbesondere hinsichtlich der Sachverständigengutachten Prof. Dr. med. Schwab (Blatt 297ff der dortigen Akte), Prof.

Dr. med. Drexler (Blatt 340ff der dortigen Akte) und Prof. Dr. med. Widder (Blatt 491ff der dortigen Akte) zu Beweiszwecken beigezogen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zum Arbeitsgericht ist eröffnet, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG i.V.m. den §§ 46, 48 ArbGG. Das Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - ist zur Entscheidung des Rechtsstreites auch örtlich zuständig, § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Nr.10, Art. 3 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 BayArbGOrgG.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Differenzlohn in geltend gemachter Höhe gegen die Beklagte aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach §§ 611, 615 BGB oder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Schadenersatzes nach § 280 Abs. 1 BGB.

A.

Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß §§ 611, 615 Satz 1 BGB besteht nicht, weil sich die Beklagte während des streitigen Klagezeitraums nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug befand.

1. Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit nicht willens ist, die geschuldete Leistung zu erbringen, oder aber objektiv außerstande ist, die Leistung zu bewirken, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris, in jüngerer Zeit auch BAG, Urteil vom 28.09.2016 -5 AZR 224/16 - dort Rdz. 23, zitiert nach juris.

a. Entfällt das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor, in und nach dem Verzugszeitraum. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann, BAG, Urteil vom 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 - dort Rdz. 17, zitiert nach juris.

b. Zu der Frage des objektiven Leistungs(un) vermögens hat das BAG eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt. Es ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer alle im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Es kommt vielmehr nur darauf, ob er noch objektiv in der Lage ist, die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesenen Arbeitsaufgaben zu erledigen.

Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ durch den Arbeitnehmer ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet, BAG, Urteil vom 30.04.2008 - 5 AZR 502/07 - dort Rdz. 24, zitiert nach juris. Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung, BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris und in jüngerer Zeit BAG, Urteil vom 27.05.2015 -5 AZR 88/14 - dort Rdz. 19, zitiert nach juris. Das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers muss insoweit gegeben sein, damit dem Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht § 297 BGB entgegensteht. Auf diese Tätigkeit muss sich auch der Leistungswille des Arbeitnehmers, also sein Arbeitsangebot beziehen, BAG, Urteil vom 27.08.2008 - 5 AZR 16/08 - dort Rdz. 14, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 21, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 09.04.2014 -10 AZR 637/13 - dort Rdz.37, zitiert nach juris. Dieser Rechtsprechung haben sich auch die Landesarbeitsgerichte angeschlossen, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.06.2012 - 4 Sa 2151/11 - dort 47, zitiert nach juris, LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.08.2013 - 2 Sa 248/13 - dort Rdz. 45.

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus:

a. Der Kläger wurde als Elektrotechniker bei der Beklagten eingestellt. Die Tätigkeit, die ihm nach seinem Arbeitsvertrag oblag, umfasste u.a. die Softwareerstellung, die Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Bei den Programmierarbeiten des Klägers handelte es sich ausschließlich um sog. Sicherheits-SPS (= speicherprogrammierbare Steuerung) bei Fertigungsanlagen. Dies ergibt sich aus dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten. Diese Tätigkeit war die zugewiesene Tätigkeit, hinsichtlich derer zur Begründung von Annahmeverzugsansprüchen objektive Leistungsfähigkeit und subjektiver Leistungswille erforderlich waren.

b. Die nach BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO für die Frage der objektiven Leistungsunfähigkeit maßgebliche vom Kläger geschuldete Tätigkeit war die des Programmierens von Sicherheits-SPS. Mit der Zuweisung dieser Tätigkeit bewegte sich die Beklagte im Rahmen ihres durch den Arbeitsvertrag umschriebenen

Direktionsrechtes. Damit wurde die dem Kläger obliegende Arbeit letztmals innerhalb des Direktionsrechtes der Beklagten konkretisiert. Diese zuletzt zugewiesene Tätigkeit des Programmierens von SPS-Sicherheitssoftware kann der Kläger seit seinem Unfall dauerhaft nicht mehr ausüben. Insoweit schließt sich das erkennende Gericht den überzeugenden Ausführungen des LAG Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters im Gutachten vom 08.08.2013 an. Nach diesem Gutachten, das zu Beweiszwecken beigezogen wurde, ist davon auszugehen, dass beim Kläger eine irreversible hirnorganische Verletzung vorliegt, die dazu führt, dass er die an sich geschuldeten komplexen Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen kann.

Nach dem Gutachten ist beim Kläger eine rechts im Frontalhirn gelegene Narbenzone vorhanden. Diese beeinträchtigt nach den Ausführungen des Gutachters zwei kognitive Funktionen des Gehirns, nämlich temporal das Gedächtnis und die exekutiven Funktionen, wobei zu letzteren beispielsweise Planung, Kontaktfähigkeit und Problemlösung gehören.

Nach dem Ergebnis der gutachterlichen Untersuchung weist der Kläger in den Bereichen Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit deutliche Defizite auf, die dazu führen, dass seine Leistungsfähigkeit in seinem Tätigkeitsfeld um 30 bis 40% gemindert ist. Diese Einschätzung beruht auf den vom Gutachter schriftlich dargestellten und nachvollziehbaren Testergebnissen. Die Leistungsminderung bedingt, dass die erbrachten Leistungen nicht von der Beklagten weiter übernommen werden können, sondern vorher von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssen. Die vorgängigen Gutachten der anderen Gutachter stehen dem Gutachten vom 08.08.2013 nicht entgegen.

Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 ist ausgeführt, dass es durchaus vorstellbar sei, dass der Kläger die frühere Tätigkeit wieder aufnehme. Diesbezüglich erfolgt eine Einschränkung, wenn im Ergebnis ausgeführt wird, es sei dem Kläger eine etwas längere Zeit zur Selbstkontrolle bzw. zur Zuhilfenahme von Gedächtnis- und Planungsstützen einzuräumen. Maßgebend ist indes die Feststellung auf Blatt 27 dieses Gutachtens, die Frage des Gerichtes, ob der Kläger wegen der beim Verkehrsunfall am 23.01.2001 erlittenen Hirnschädigung nicht mehr in der Lage sei, das ihm übertragene Aufgabengebiet zu bearbeiten, könne in dieser Form aus neurologischneuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden, weil es an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle, d.h., der Gutachter besaß keine konkrete Vorstellung davon, welche Arbeit der Kläger zu leisten hatte und welche Anforderungen neurologischer Art diese mit sich brachte.

Das Gleiche gilt im Ergebnis für das Gutachten vom 12.03.2012 und das psychiatrische Teilgutachten vom 12.08.2010. So wird im Gutachten vom 12.03.2012 auf Seite 20 (Bl. 359 der beigezogenen Akten) ausgeführt, inwieweit weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden könnten, sei von den Gutachtern schwer beurteilbar, da sie nicht in der Lage seien, dies vor Ort zu überprüfen. Der Ersteller des Gutachtens beantwortet die gestellte Beweisfrage also mit der Aussage, dass er dies in seinem Gutachten nicht abschließend beurteilen konnte. Dies entspricht der Kernaussage im psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010. Dort wird von dem Gutachter auf der vorletzten Seite (Bl. 371 der beigezogenen Akte) ausgeführt, der Unterzeichner sehe sich im Ergebnis außerstande, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass der Kläger nach dem Unfall die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesene Arbeit als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer als Unfallfolge nicht mehr ausüben konnte.

Dem Kläger stehen daher Ansprüche gegen die Beklagte aus Annahmeverzug nicht zu.

B.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat nicht schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt dadurch, dass sie dem Kläger nicht im Rahmen ihres Direktionsrechtes einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

1. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht.

Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur (Änderungs-)Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz und mit den bisherigen Arbeitsaufgaben, sondern auch einer vertragsgemäßen Beschäftigung an anderer Stelle und/oder mit anderen Aufgaben entgegensteht., also eine vertragsgemäße Beschäftigung nicht mehr möglich ist.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist, vergleiche oben zitierte Rechtsprechung, insbesondere BAG, Urteil vom 19.05.2010, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris und BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris. Insoweit unterscheidet das BAG unter Hervorhebung des Direktionsrechtes des Arbeitgebers nicht zwischen der Fallgestaltung, dass die zuletzt zugewiesene Arbeit nicht mehr ausgeübt werden kann, aber eine andere Arbeit ohne Änderung des Arbeitsvertrages zugewiesen werden könnte, so BAG, Urteile vom 19.05.2010 und vom 27.05.2015 oder keine vertraglich vereinbarte Tätigkeit mehr

ausgeübt werden kann, sondern nur eine Tätigkeit, die eine Änderung des Arbeitsvertrages voraussetzt, so BAG, Urteil vom 13.08.2009 - 6 AZR 330/08 - dort Rdz. 28 ff, zitiert nach juris.

In diesem Zusammenhang muss der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Darlegungslast konkret vortragen, mit welchen Aufgaben er in welchen Bereichen vertragsgerecht und leidensgerecht beschäftigt werden kann und wann er eine solche Tätigkeit von dem Arbeitgeber verlangt hat, BAG, Urteil vom 27.05.2017, aaO., Rdz. 35 bzw. wann er initiativ geworden ist und dem Arbeitgeber signalisiert hat, dass er im Rahmen einer leidensgerechten Beschäftigung auch konkrete andere Tätigkeiten außerhalb des arbeitsvertraglich geschuldeten Bereiches ausüben kann, BAG, Urteil vom 13.08.2009, aaO. Rdz. 30f.

2. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens ändert daran nichts.

Die Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX kann helfen, Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis zu beseitigen und eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Ein Präventionsverfahren ist geboten bei Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis von schwerbehinderten Menschen und im Hinblick auf § 68 Abs. 3 SGB III behinderten Menschen mit Gleichstellung, vergleiche Knittel, SGB IX, Kommentar, 7. Auflage, Rdz. 1.

Zu diesem Personenkreis zählte der Kläger nach seinem Vorbringen und nach Aktenlage jedenfalls bis zum Ausspruch der letzten Änderungskündigung vom 30.03.2006 nicht. Er beantragte erst am 10.04.2006 die Gleichstellung. Bei positivem Bescheid über die Gleichstellung wird diese erst wirksam mit dem Tag des Eingangs des Antrages bei der zuständigen Behörde, § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Es ist auch nicht aus der Akte ersichtlich, wann der Kläger der Beklagten Kenntnis davon verschafft hätte, dass und ab wann er gleichgestellt ist. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist deshalb vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 1 SGB IX nicht ersichtlich.

Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob eine etwaige Verletzung der Pflichten aus § 84 Abs. 1 SGB IX seitens der Beklagten überhaupt dazu führt, dass nicht mehr der Kläger eine konkrete leidensgerechte Beschäftigung anbieten müsste, sondern die Beklagte nunmehr von sich aus zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen die leidensgerechte Beschäftigung definieren und anbieten müsste. Denn dazu ist sie ohne nähere Sachverhaltskenntnis von den krankheitsbedingten Einschränkungen im Leistungsvermögen des Klägers auch weiterhin nicht in der Lage. Insoweit ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

3. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens ändert daran ebenfalls nichts.

Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kann helfen, einen leidensgerechten Arbeitsplatz innerhalb der Grenzen des bestehenden Arbeitsvertrages mit den notwendigen Hilfen einzurichten, wenn dies dem Arbeitgeber in organisatorischer wie auch finanzieller Hinsicht zumutbar ist. Unterlässt der Arbeitgeber es, ein gebotenes betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, so kann dies bei der Frage der Möglichkeit einer leidensgerechten Beschäftigung und einer im Sinne eines Verschuldens vorwerfbaren Verantwortung des Arbeitgebers dafür, dass es zu einer leidensgerechten Beschäftigung nicht gekommen ist, eine Rolle spielen. Allerdings ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagement nach der gesetzlichen Regelung nur dort geboten, wo der Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt ist.

Der Kläger hat nicht dazu vorgetragen, dass er in der Zeit vor dem 01.01.2009 einmal innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr länger als sechs Wochen wiederholt oder ununterbrochen arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Solche Fehlzeiten ergeben sich auch nicht aus der Akte. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich.

Nach Aktenlage ist nur eine längere Erkrankung des Klägers ersichtlich. Dabei handelt es sich um die längere Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit dem schweren Unfall des Klägers im Jahr 2001. Diese Arbeitsunfähigkeit hat eine Pflicht der Beklagten zur Einleitung eines BEM-Prozesses nicht auslösen können. Die Vorschrift zum BEM als „Jedermannparagraph“ ohne Beschränkung auf schwerbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit Gleichstellung in der aktuellen Fassung des § 84 Abs. 2 SGB IX ist erst neu und erstmals in Kraft getreten zum 01.05.2004. Nur Zeiten der ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten dieser Norm können deshalb die Pflicht zum BEM-Prozess auslösen.

Zu dem Personenkreis mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen in einem Jahr, bei dem der Arbeitgeber in der Pflicht ist, ein BEM anzubieten und bei Mitwirkungsbereitschaft des Arbeitnehmers durchzuführen, zählt der Kläger nach Aktenlage und nach seinem eigenen Vorbringen nicht. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich. Insoweit ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

4. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die Initiativlast beim Kläger lag, er also gehalten war, in einem ersten Schritt die ihm vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch mögliche Arbeiten im Rahmen oder außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages näher zu umschreiben und der Beklagten als seine ihm mögliche Arbeitsleistung anzubieten.

Er hat außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht aufgefordert, ihm eine andere Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsvertrages zuzuweisen wie Projektbetreuung, Inbetriebsetzung oder Kundenschulung. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Er hat auch außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass ihm eine andere Tätigkeit außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages als leidensgerechte Arbeit möglich wäre und welche Tätigkeit er sich in diesem Zusammenhang vorstelle. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen sowie nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt der Beklagten eine andere im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages mögliche Tätigkeit als leidensgerechte Tätigkeit mitgeteilt. Er hat konsequent darauf beharrt, seine bisherige Tätigkeit als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Nach dem Arbeitsvertrag war der Kläger eingestellt als Elektrotechniker. Zu seinem Aufgabengebiet als Elektrotechniker zählte u.a. Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger hat nach Aktenlage wie auch nach seinem eigenen Vorbringen gegenüber der Beklagten kein konkretes Angebot gemacht, welche Arbeiten er für die Beklagte künftig leidensgerecht noch ausüben könnte. Er hat in dem Kündigungsschutzverfahren konsequent daran festgehalten, dass er in der Lage ist, seine ursprünglich zugewiesene Arbeit als SPS-Programmierer ausüben zu können.

Soweit er im Kündigungsschutzverfahren auf andere vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Projektbetreuung, Projektabwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung hingewiesen hat, lag darin kein konkretes Arbeitsangebot, sondern nur der Hinweis auf die fehlende Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch die Beklagte bei Ausspruch der Änderungskündigung.

Soweit er auf andere nicht vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Anlagenbau und Anlagenfertigung verwiesen hat, ging es dem Kläger dabei ebenfalls nicht um die Darstellung und das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigungsmöglichkeit, sondern um die Darstellung von im Vergleich zu Helfertätigkeiten höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeiten wieder vor dem Hintergrund des im Kündigungsschutzrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten wie im Anlagenbau konnten von der Beklagten nicht im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages und in Ausübung des Weisungsrechtes realisiert werden, sondern nur durch einvernehmliche Vertragsänderung. Eine solche Vertragsänderung hat der Kläger ebenfalls nicht nachgesucht, da er im Grunde daran festgehalten hat, weiter als SPS-Programmierer arbeiten zu können. Abgesehen davon werden bei der Beklagten im Anlagenbau wie auch in der Anlagenfertigung verschiedene Arbeitsplätze für unterschiedlichste Ausbildungen und Qualifikationen angeboten. Eine entsprechende Konkretisierung seitens des Klägers, welcher Arbeitsplatz im Anlagenbau oder in der Anlagenfertigung leidensgerecht wäre, ist nicht ersichtlich.

5. Das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigung innerhalb des Direktionsrechtes des bestehenden Vertrages war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte, wie der Kläger unter Hinweis auf § 281 Abs. 2 BGB geltend macht.

Nach § 281 Abs. 2 BGB ist nur eine Fristsetzung zur Leistungserbringung durch den Schuldner unter den dort genannten Voraussetzungen entbehrlich, nicht aber die hier in Frage stehende Pflicht des Arbeitnehmers als Gläubiger, die vom Schuldner zu erbringende Leistung, den leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die leidensgerechte Beschäftigung zuzuweisen, in einem ersten Schritt zu konkretisieren. Erst wenn der Arbeitgeber mit dieser Konkretisierung durch den Arbeitnehmer weiß, was die von ihm zu erbringende Leistung iSd § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, kann er deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern iSd § 280 Abs. 2 BGB. Dies war der Beklagten hier schon deshalb nicht möglich, weil aus dem Vorbringen des Klägers in der Vergangenheit nicht konkret hervorging, ob die ihm noch mögliche Arbeitsleistung nach seiner Beurteilung innerhalb des Arbeitsvertrages möglich war oder eine Änderung des Arbeitsvertrages bedingte.

Die Klage war daher abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG gebotene Streitwertfestsetzung folgt § 3 ZPO.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen nach § 64 Abs. 2 a) ArbGG, da sie ohnehin zulässig ist nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG und die Zulassungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Der Streitwert wird festgesetzt auf 37.078,89 €.

IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im bestehenden Arbeitsverhältnis um Annahmeverzugslohn.

Der 1961 geborene und ledige Kläger ist seit 03.03.1997 bei der Beklagten als Elektrotechniker beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom gleichen Tag umschloss das Aufgabengebiet u.a. die Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger erklärte sich darüber hinaus mit dem Einsatz auf Baustellen einverstanden. Die Beklagte lehnt sich an die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie an.

Der Kläger machte eine ausweislich seiner Prüfungszeugnisse vom 26.06.1980 und vom 04.02.1982 (Blatt 68 der Akte des beigezogenen Verfahrens) eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker und zum Energiegeräteelektroniker. Anschließend diente er mehrere Jahre als Soldat und wurde dort zum Flugsicherungsradarmechanikermeister ausgebildet. Nach der Militärzeit machte er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker ausweislich seines Abschlusszeugnisses vom 31.07.1992 (Blatt 71f der Akte des beigezogenen Verfahrens). In dem Fach Englisch zeigte er sehr gute Leistungen.

Die Beklagte richtet im Geschäftsbereich Automation Robotik für ihre industriellen Kunden unter anderem die Sicherheitstechnik ein. Dazu zählt unter anderem die „Einzäunung“ von Fertigungslinien, in denen Roboter arbeiten. Für die Sicherheit der Mitarbeiter des Kunden und von Servicefirmen muss auch umfangreiche Sicherheitssoftware programmiert werden, damit diese Mitarbeiter für notwendige Wartungs-, Umrüst- oder Reparaturarbeiten nicht in den Wirkbereich der Roboter kommen können, solange diese nicht zuverlässig stillstehen. Dazu zählen auch Notstopps der Fertigungsstraße, wenn Mitarbeiter des Kunden oder der Servicefirmen den Wirkbereich der Roboter während der laufenden Produktion betreten und dabei durch mit Lichtschranken geschützte Zugänge zu den Fertigungslinien gehen. Im Bereich der Programmierung dieser sogenannten Sicherheits-SPS war der Kläger seit seinem Eintritt bei der Beklagten beschäftigt.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 unverschuldet einen Verkehrsunfall, bei dem es zu einer schweren hirnorganischen Schädigung kam. Nach dem Bescheid der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) vom 07.03.2006 (Blatt 23 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wurde als Unfallfolge unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt. Für die Zeit vom 17.06.2002 bis 31.10.2004 wurde eine MdE von 40% und ab dem 01.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Ferner war ab 01.11.2004 ein GdB von 30 nach § 69 Abs. 2 SGB IX gegeben.

Am 10.04.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 Abs. 2 SGB IX.

Der Kläger erhält in Folge des Unfalles eine Erwerbsminderungsrente. Die Erwerbsminderungsrente des Klägers erhöhte sich ab 01.07.2008 auf 609,83 € ab 01.07.2009 auf 624,53 € ab 01.07.2011 auf 630,71 € und ab 01.07.2012 auf 644,46 €.

Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers streitet einen Erwerbsausfallschaden ab. Ab 15.04.2002 nahm der Kläger nach weniger als fünf Monaten nach dem Unfall im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.06.2002 war er vollschichtig tätig. Im Laufe der wieder aufgenommenen Beschäftigung stellte sich heraus, dass der Kläger in quantitativer Hinsicht erheblich leistungsgemindert war und in qualitativer Hinsicht untypische und in der Vergangenheit vor dem Unfall nicht aufgetretene Programmierfehler machte. Im Herbst/Winter 2003/2004 war vom Kläger bei der Sicherheitssoftware für eine Lackieranlage eines großen süddeutschen Automobilproduzenten die Funktionalität des „Not-Aus“ aus der Software gelöscht worden. Ab Mai 2004 beschäftigte die Beklagte den Kläger deshalb nicht mehr als Programmierer für SPS-Sicherheitssoftware.

Mit Schreiben vom 02.09.2004 (Blatt 42 der Akte des beigezogenen Verfahrens) teilte der Betriebsarzt mit, dass sich der Kläger bei ihm vorgestellt hatte und umfangreiche Unterlagen dabei hatte, aus denen hervorging, dass mehrere Gutachter einmütig eine Wesensveränderung wie auch eine Leistungseinschränkung bejahen. Im Nachgang dazu teilte der Betriebsarzt mit weiterem Schreiben vom 09.09.2004 (Blatt 43 der beigezogenen Akte) mit, dass im Rahmen einer Testaufgabe der Kläger für die gestellte Aufgabe knapp 140 Stunden für eine Station benötigte und ein unerfahrener Kollege dagegen nur 68 Stunden für 5 Stationen.

Die Beklagte sprach am 23.09.2004 eine Beendigungskündigung zum 31.12.2004 aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.03.2005 (Blatt 198,, 201 der Akte) geltend:

„Aufgrund seiner Ausbildung wäre der Kläger daher jederzeit in der Lage, auch im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung bei der Beklagten beschäftigt zu werden. Diese Umstände müssten der Personalabteilung der Beklagten durchweg bekannt sein, da dieser auch diese Ausbildungszeugnisse bzw. -bescheinigungen vorliegen.“

Im Berufungsverfahren vor dem LAG Nürnberg machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 08.09.2005 (Blatt 205, 210 der Akte) geltend: „Die Beklagte übersieht hier völlig, dass der Kläger eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker sowie Energiegeräteelektroniker besitzt. In einer Weiterbildung wurde er zum Elektrotechniker ausgebildet. (…) Zumindest hätte eine Versetzungsmöglichkeit in diese Arbeitsbereiche, die die Beklagte auch unterhält, geprüft werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.“

Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Die Beklagte sprach am 19.07.2005 eine Änderungskündigung aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Klageschrift seines Prozessbevollmächtigten vom 01.08.2005 (Blatt 212, 215 der Akte) geltend:

„Der Kläger ist jedenfalls in der Lage, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.“

Er macht dort (Blatt 212, 216 der Akte) ferner geltend:

„Keinesfalls können dem Kläger in Anbetracht seiner Ausbildung und seiner Leistungsfähigkeit Lagerarbeiten zugewiesen werden.

Sofern überhaupt eine Umsetzung des Klägers gerechtfertigt sein sollte, sind die unterschiedlichen Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen. Der Kläger könnte beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten. Es wird bestritten, dass die Beklagte weitere Umsetzungsmöglichkeiten geprüft hat. Die Beklagte missachtet den Grundsatz, dass der Arbeitgeber alle Anstrengungen zu unternehmen hat, um den Arbeitnehmer möglichst dauerhaft weiter zu beschäftigen.“

Auch diese Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Am 08.08.2005 nahm der Kläger im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses seine Tätigkeit für die Beklagte wieder auf. Er wurde vorübergehend mit Übersetzungs- und Dokumentationsaufgaben betraut. Im Dezember 2005 führte die Beklagte mit dem Kläger einen Arbeitsversuch durch mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Programmiertätigkeit. Auch hier machte er mehrere sicherheitsrelevante Fehler. Ab dem 01.01.2006 wurde der Kläger im Geschäftsbereich Automation Robotik als Lagerhelfer beschäftigt.

Ab August 2006 wurde der Kläger weiter im Geschäftsbereich Automation Robotik als Helfer bei der Kalt-Brünier-Anlage in der Lackiererei beschäftigt.

Ab Juli 2010 wurde der Kläger schließlich weiterhin im Bereich Automation Robotik in der CNC-Fräserei beschäftigt zum Umspannen von Serienteilen.

Unter dem 16.03.2006 erklärte die Beklagte ein weiteres Mal eine Änderungskündigung. Auch insoweit war eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage erfolgreich.

Unter dem 30.03.2006 erklärte die Beklagte eine weitere und bisher letzte Änderungskündigung zum 30.06.2006. Diese Änderungskündigung sollte zu einer Neubestimmung der vertraglichen Aufgaben des Klägers führen und damit einhergehend zu einer erheblichen Reduzierung seiner Vergütung. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und erhob Kündigungsschutzklage. Deren Akten wurden dem Verfahren beigezogen.

In der Klageschrift vom 03.04.2006 (Blatt 7, 11 der Akte des beigezogenen Verfahrens) hielt der Kläger daran fest, dass er die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung als SPS-Programmierer weiterhin ausüben könne und an seinem Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 01.08.2005 im Vorverfahren. In dem weiteren Schriftsatz vom 14.07.2006 (Blatt 56, 64 der Akte des beigezogenen Verfahrens) machte er geltend, er könne im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Nach Beweisaufnahme wurde die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

In der Berufungsbegründung vom 05.06.2007 (Blatt 145, 154, 155 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wies der Kläger darauf hin, dass er ab dem 08.08.2005 einer Prozessbeschäftigung nachging mit Übersetzungs- und Dokumentationsarbeiten und im Anlagenbau bzw. der Anlagenfertigung arbeiten könne. Die Beklagte machte dazu geltend, dass es sich bei den Dokumentations- und Übersetzungsarbeiten nur um eine Prozessbeschäftigung gehandelt habe und ein Arbeitsplatz nicht dauerhaft zur Verfügung stünde. Dazu machte der Kläger mit Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 23.08.2007 (Blatt 176, 183 der Akte des beigezogenen Verfahrens) geltend, dass eine externe Vergabe dieser Aufgaben erfolgt sei, es der Beklagten aber zuzumuten sei, diese Arbeiten nicht mehr fremd zu vergeben, sondern im eigenen Haus zu erledigen und hierfür den Kläger einzusetzen. Im Übrigen verwies der Kläger im beigezogenen Verfahren wiederholt auf verschiedene Arbeitsbereiche bei der Beklagten und vielfältige Stellenanzeigen der Beklagten. Er machte unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend, er könne in diesen Arbeitsbereichen und auf diesen ausgeschriebenen Stellen arbeiten.

Im Berufungsverfahren wurden mehrere ärztliche Gutachten eingeholt zu der Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers im Hinblick auf seine Befähigung, nach dem Unfall noch sicherheitsrelevante Software zu programmieren.

Der erste Gutachter T. L. teilte in dem psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010 (Blatt 326ff der beigezogenen Akte) mit, dass er sich im Ergebnis außerstande sieht, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten (Blatt 334 der beigezogenen Akte) und eine fachgerechte neuropsychologische Untersuchung erforderlich sei. Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 (Blatt 296ff der beigezogenen Akte) teilte der Gutachter Prof. Dr. med. Sch. mit, dass die Fragen des Gerichtes aus neuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden können, weil es dazu an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle (Blatt 323 der beigezogenen Akte).

Im weiteren Gutachten vom 12.03.2012 (Blatt 340ff der beigezogenen Akten) teilt der Gutachter Prof. Dr. med. D. abschließend mit, es sei schwer beurteilbar, ob weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden können, da es nicht möglich sei, dies vor Ort zu überprüfen (Blatt 359 der beigezogenen Akten).

Der letzte Gutachter Prof. Dr. med. Dr. Dipl.-Ing. W. kommt mit Gutachten vom 08.08.2013 (Blatt 491ff der beigezogenen Akte) zu dem Ergebnis, er habe keinen vernünftigen Zweifel daran, „dass sich die erheblichen Defizite auf das Leistungsvermögen in dem komplexen und verantwortungsvollen Tätigkeitsfeld des SPS-Programmierers negativ auswirken. Dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, dass der Kläger noch in der Lage wäre, Programmierarbeiten zu erledigen. Soweit diese komplexer sind und unter Zeitdruck erfolgen, verliert der Kläger jedoch leicht die Übersicht, sodass dann in einem erheblich verstärkten Umfang die erbrachten Leistungen von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssten. Versuche ich dies zu quantifizieren, erachte ich die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30-40% gemindert.“ (Blatt 521 der beigezogenen Akte).

Diese Feststellungen führten im Ergebnis zur Zurückweisung der Berufung. Dagegen wandte sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und begründete diese damit, dass das Berufungsgericht mangels Schwerbehinderung oder Gleichstellung des Klägers weder eine Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX vor der Kündigung erkennen konnte noch mangels einer ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit des Klägers von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens nach § 84 Abs. 2 SGB IX. Insoweit liege eine Divergenz nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG vor zu BAG, Urteil vom 12.07.2007 - 2 AZR 716/06 - . Darüber hinaus habe die Frage grundsätzliche Bedeutung nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG, ob § 84 Abs. 2 SGB IX bei Arbeitnehmern mit einer einfachen Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX voraussetze, dass diese ebenfalls länger als sechs Wochen im Kalenderjahr arbeitsunfähig krank waren, um die Notwendigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements auszulösen. Mit Beschluss des BAG vom 19.01.2016 wurde die Revision entsprechend § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ohne Begründung zugelassen.

Mit Berichterstatterschreiben vom 16.11.2016 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass die Vorinstanzen die Frage der sozialen Rechtfertigung der Absenkung des Stundenlohnes auf 8,50 € brutto nicht geprüft hätten. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Binnen gesetzter Frist teilte die Beklagte Namen und Stundenverdienste der übrigen mit Lagerhelfertätigkeiten beschäftigten Mitarbeiter mit. Diesen Tatsachenvortrag bestritt der Kläger mit Nichtwissen.

Mit weiterem Berichterstatterschreiben vom 09.01.2017 wurden die Parteien mit folgenden Überlegungen bekannt gemacht: „In pp. dürfte das mit der Kündigung vom 30. März 2006 unterbreitete Änderungsangebot aus dem grundsätzlich maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Klägers mehrere Auslegungsmöglichkeiten hinsichtlich der fortan geschuldeten Arbeitsleistung zulassen, was möglicherweise zu Zweifeln an seiner Bestimmtheit, jedenfalls aber an seinem Inhalt und seiner sozialen Rechtfertigung führen könnte.

Musste der Kläger davon ausgehen, dass er nach Ablauf der Kündigungsfrist Tätigkeiten eines Elektrotechnikers unter Einschluss von Arbeiten im Lager verrichten sollte? Sollte er künftig als Elektrotechniker und zusätzlich als „Lagermitarbeiter“ eingesetzt werden können? Sollte er fortan ausschließlich mit Lagerarbeiten betraut werden können? Welchen Sinn hatten die Passagen, nach denen er als Elektrotechniker „eingestellt“ werde und sich mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden erkläre? Ist zwischen den Parteien im Vorfeld der Kündigung vom 30. März 2006 über den avisierten Aufgabenbereich gesprochen worden? Wenn dem Kläger nach Wirksamwerden der Änderungen nicht ausschließlich reine Lagertätigkeiten übertragen werden sollten: Wie ließe sich dies mit der angebotenen Vergütung vereinbaren?.“

Im Hinblick auf den bevorstehenden Termin zur Revisionsverhandlung wurden die Parteien um möglichst kurzfristige Stellungnahme gebeten. Die Parteien trugen ergänzend vor.

Der Änderungskündigungsschutzklage wurde nach mündlicher Verhandlung am 26.01.2017 schließlich mit BAG, Urteil vom 26.01.2017 - 2 AZR 68/16 - stattgegeben. Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht erfolgte nicht.

In der Begründung wird unter anderem Bezug genommen auf Sachvortrag der Beklagten, der erstmals im Verfahren vorgetragen wurde vor dem BAG mit Schreiben der beklagten Partei vom 12.12.2016 in Beantwortung des Schreibens des Berichterstatters vom 16.11.2016. In der Begründung wird ferner ausgeführt, entscheidungserheblicher weiterer Sachvortrag der Beklagten stehe nicht zu erwarten.

Der Kläger hat im Verlauf des langjährigen Kündigungsschutzverfahrens in verschiedenen beim Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - anhängigen Verfahren zur Wahrung der in Ziffer 8 des Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussfristen den Differenzlohn zwischen der nach dem ursprünglich geschlossenen Vertrag geschuldeten Vergütung und der tatsächlich infolge der Änderungskündigung gezahlten Vergütung geltend gemacht. In dem Verfahren 3 Ca 169/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2007 Differenzlohn geltend in Höhe von 21.891,16 € brutto. In dem Verfahren 3 Ca 166/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.12.2008 Differenzlohn geltend in Höhe von 28.004,14 € brutto. In dem hier streitgegenständlichen Verfahren 1 Ca 167/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 Differenzlohn geltend in Höhe von 45.360,77 € brutto.

In dem Verfahren 1 Ca 168/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012 Differenzlohn geltend in Höhe von 37.078,89 € brutto.

In dem Verfahren 3 Ca 1437/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2016 Differenzlohn geltend in Höhe von 81.147,16 € brutto.

Insgesamt begehrt der Kläger eine Nachzahlung von 213.482,12 € brutto.

Der Kläger macht geltend:

Ihm stehe der Differenzlohn als Annahmeverzugslohn zu.

Dieser berechne sich unter Berücksichtigung der über die Jahre erfolgten Tariflohnerhöhungen wie folgt: Für das Jahr 2011:

01.01. bis 31.12.2011 37.867,81 € brutto zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.213,81 € brutto zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.897,55 € brutto zuzüglich VWL 159,60 € brutto Summe: 42.138,77 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 23.798,31 € brutto, sodass sich eine Nachforderung ergebe von 18.340,46 € brutto.

Und für das Jahr 2012:

01.01. bis 31.12.2012; 39.038,88 € brutto zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.309,00 € brutto zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.979,14 € brutto zuzüglich VWL 159,60 € brutto Summe: 43.486,62 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 24.748,19 € brutto, sodass sich eine Nachforderung ergebe von 18.738,43 € brutto.

Für beide Jahre ergebe sich eine Nachforderung von 37.078,89 € brutto.

Daraus errechne sich die Klageforderung. Die Beklagte könne nicht einwenden, dass sie sich an die Branchentarifverträge nur anlehne. Es bestehe eine betriebsübliche betriebliche Übung, die Tarifabschlüsse zu übernehmen und an die Beschäftigten weiterzugeben.

Die Beklagte könne nach dem Urteil des BAG nicht mehr damit gehört werden, er, der Kläger, sei nicht leistungsfähig gewesen im Sinne des ursprünglichen Vertrages. Er sei aber auch unabhängig von dieser rechtlichen Überlegung leistungsfähig gewesen. Dies ergebe sich aus den vor dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. D2. und des Prof. Dr. L., deren Beiziehung zu Beweiszwecken zum vorliegenden Verfahren beantragt werde. Auch die Berufsgenossenschaft habe schon 2002 festgestellt, dass er wieder voll einsatzfähig sei ausweislich des Aktenvermerks der Berufshilfe vom 02.07.2002 (Blatt 150 der Akte).

Einer Beschäftigung auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz seien auch keine versicherungsrechtlichen oder arbeitsschutzrechtlichen Aspekte entgegengestanden. Das Vorbringen der Beklagten sei insoweit zu bestreiten.

Vorsorglich sei im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche in tatsächlicher Hinsicht geltend zu machen:

Darum gehe es gar nicht. Er habe nach der Wiedergenesung wieder erfolgreich auf der alten Stelle als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer gearbeitet.

Es sei der Beklagten jedenfalls möglich gewesen, ihn nicht nur als Lagerhelfer weiter zu beschäftigen mit einem Lohn von ursprünglich von 8,50 € brutto ab 01.07.2006. Dies ergebe sich schon aus dem tatsächlichen weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses nach der Wiedergenesung von dem Unfall und den verschiedenen ihm zugewiesenen Arbeitsplätzen und Arbeitsaufgaben.

Es hätte auch höherwertige Arbeitsplätze gegeben, wie die wiederholten Stellenausschreibungen bei der Beklagten in der Zeit danach gezeigt hätten. Es seien Projektleiter, Industriemechaniker/Schlosser, CNC-Fräser sowie Elektriker/Energieelektroniker gesucht worden. Solche seien auch eingestellt worden. Ihm sei dagegen keine solche Stelle angeboten worden. Selbst wenn er trotz seiner vielfachen Ausbildung auf diesen Stellen in Teilbereichen nicht einsetzbar gewesen wäre, so hätte er mit entsprechendem „learning on the job“ in die jeweilige Tätigkeit hineinfinden können. Entsprechende Nachqualifizierungsmaßnahmen seien für die Beklagte sogar kostenneutral möglich gewesen über die Berufsgenossenschaft.

Es sei pflichtwidrig keine Maßnahme nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchgeführt worden.

Es sei auch pflichtwidrig kein BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt worden. In einem solchen Verfahren hätte sich ebenfalls eine höherwertige Tätigkeit als nur Lagertätigkeit für den Kläger finden lassen, wenn er schon nicht mehr habe programmieren können.

In rechtlicher Hinsicht sei darauf zu verweisen, dass es einer Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB nicht bedurft habe nach der ernsthaften und endgültigen Weigerung der Beklagten, dem Kläger einen (soweit überhaupt erforderlich) leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Er habe wiederholt eine leidensgerechte Arbeit angeboten.

Auch ein Einsatz als Elektrotechniker sei möglich gewesen. Die Beklagte gehe selbst nach den Urteilsgründen des BAG im Kündigungsschutzverfahren davon aus, dass der Kläger zumindest auf Baustellen als Elektrotechniker hätte eingesetzt werden können.

Auch ein Einsatz im Bereich der technischen Dokumentation und der entsprechenden Übersetzung sei möglich gewesen. Diese Tätigkeit wäre auch auf dem Standard der vertraglich vereinbarten Tätigkeit gewesen. In dieser Position habe er auch gearbeitet ab dem 08.08.2005. Darauf habe er auch Bezug genommen in der Kündigungsschutzklage mit dem Hinweis, dass unterschiedliche Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen seien und er, der Kläger, beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten könne.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 37.078,89 € brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Differenzlohn aus Annahmeverzug. Die Berechnung des Klägers sei schon fehlerbehaftet.

Die Beklagte lehne sich nur an die Flächentarifverträge an. Tariflohnerhöhungen würden deshalb auch nicht 1:1 an die eigenen Mitarbeiter weitergegeben. Ferner beziehe der Kläger eine Teilerwerbsminderungsrente, die gegebenenfalls auf den Annahmeverzugsanspruch anzurechnen sei.

Der Anspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht.

Ansprüche aus Annahmeverzug setzten voraus, dass der Arbeitnehmer auch objektiv leistungsfähig sei. Dies sei der Kläger nicht gewesen. Nach Wiederaufnahme der Tätigkeit ab Sommer 2002 sei festgestellt worden, dass der Kläger die von der Beklagten erstellte Sicherheitssoftware nicht mehr fehlerfrei programmieren könne und die Leistung insgesamt um ca. 50% im Vergleich zur Normalleistung zurückgegangen sei. Darüber hinaus seien bei dem Programmiertest im Zusammenhang mit einem Projekt für den Autobauer Daimler massive Fehler gemacht worden. Die Programmierfehler des Klägers hätten zu unnötigen Bandstillegungen führen können wie bei dem Programmiertest für Daimler oder zu keinem Notstop der Roboter bei einem Betreten der Gefahrenzone durch Mitarbeiter des Kunden.

Ursächlich für die Programmierfehler des Klägers sei der Unfall gewesen und die dabei erlittenen dauerhaften gesundheitlichen Schäden, die den Kläger außerstande setzten, komplexe Aufgaben wie Programmiertätigkeiten strukturiert und konzentriert und im Ergebnis fehlerfrei abzuarbeiten. Dies ergebe sich aus dem von dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. W., dessen Beiziehung zum vorliegenden Verfahren beantragt werde.

Der Kläger habe im Bereich der Programmierung von Sicherheitssoftware wegen dieser organischen Hirnschädigungen nicht mehr beschäftigt werden können aus haftungsrechtlichen Gründen wie auch aus Gründen des Arbeitsschutzes. So habe die Betriebshaftpflicht der Beklagten bestätigt, dass bei arbeitgeberseitiger Vorkenntnis der fehlenden Verlässlichkeit des Mitarbeiters darauf zurückführende Schäden nach § 61 VVG und § 4 Abs. 2 Ziffer 1 AHB (1997) nicht versichert seien. Dies sei ein für die Beklagte nicht hinnehmbares Haftungsrisiko. Ferner dürfe die Beklagte aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen Mitarbeiter nicht mit Arbeiten betrauen, die diese nicht erledigen können ohne Gefahr für sich und andere, wie sich aus der einschlägigen berufsgenossenschaftlichen UVV zur Prävention, dort § 7 ergebe.

Die Beklagte habe dem Kläger auch im Laufe der Zeit höherwertige Tätigkeiten übertragen, soweit der Kläger dazu in der Lage gewesen sei. Ursprünglich sei der Kläger beschäftigt worden im Bereich Automation Robotik, dort im Bereich Lager als Lagerhelfer. Ab August 2006 sei der Kläger dann versetzt worden innerhalb des Bereiches als Helfer in der Lackiererei. Ab Juli 2010 sei er dann zum Einsatz gekommen in der CNC-Fräserei.

In den vom Kläger genannten Bereichen sei ein Einsatz jedoch nicht möglich. Der Kläger könne weder unter Zeitdruck arbeiten noch mit komplexeren Aufgaben wie Projektleitung oder Anlagenbau und Schaltschrankbau betraut werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 313 Abs. 2 ZPO. Die Kammer hat die Akten des Kündigungsschutzprozesses vor dem LAG - 7 (2) Sa 229/07 - und dem BAG - 2 AZR 68/16 - insbesondere hinsichtlich der Sachverständigengutachten Prof. Dr. med. Sch. (Blatt 297ff der dortigen Akte), Prof. Dr. med. D. (Blatt 340ff der dortigen Akte) und Prof. Dr. med. W. (Blatt 491ff der dortigen Akte) zu Beweiszwecken beigezogen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zum Arbeitsgericht ist eröffnet, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG i.V.m. den §§ 46, 48 ArbGG. Das Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - ist zur Entscheidung des Rechtsstreites auch örtlich zuständig, § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Nr.10, Art. 3 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 BayArbGOrgG.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Differenzlohn in geltend gemachter Höhe gegen die Beklagte aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach §§ 611, 615 BGB oder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Schadenersatzes nach § 280 Abs. 1 BGB.

A.

Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß §§ 611, 615 Satz 1 BGB besteht nicht, weil sich die Beklagte während des streitigen Klagezeitraums nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug befand.

1. Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit nicht willens ist, die geschuldete Leistung zu erbringen, oder aber objektiv außerstande ist, die Leistung zu bewirken, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris, in jüngerer Zeit auch BAG, Urteil vom 28.09.2016 -5 AZR 224/16 - dort Rdz. 23, zitiert nach juris.

a. Entfällt das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor, in und nach dem Verzugszeitraum. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann, BAG, Urteil vom 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 - dort Rdz. 17, zitiert nach juris.

b. Zu der Frage des objektiven Leistungs(un) vermögens hat das BAG eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt. Es ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer alle im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Es kommt vielmehr nur darauf, ob er noch objektiv in der Lage ist, die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesenen Arbeitsaufgaben zu erledigen.

Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ durch den Arbeitnehmer ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet, BAG, Urteil vom 30.04.2008 - 5 AZR 502/07 - dort Rdz. 24, zitiert nach juris. Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung, BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris und in jüngerer Zeit BAG, Urteil vom 27.05.2015 -5 AZR 88/14 - dort Rdz. 19, zitiert nach juris. Das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers muss insoweit gegeben sein, damit dem Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht § 297 BGB entgegensteht. Auf diese Tätigkeit muss sich auch der Leistungswille des Arbeitnehmers, also sein Arbeitsangebot beziehen, BAG, Urteil vom 27.08.2008 - 5 AZR 16/08 - dort Rdz. 14, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 21, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 09.04.2014 -10 AZR 637/13 - dort Rdz.37, zitiert nach juris. Dieser Rechtsprechung haben sich auch die Landesarbeitsgerichte angeschlossen, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.06.2012 - 4 Sa 2151/11 - dort 47, zitiert nach juris, LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.08.2013 - 2 Sa 248/13 - dort Rdz. 45.

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus:

a. Der Kläger wurde als Elektrotechniker bei der Beklagten eingestellt. Die Tätigkeit, die ihm nach seinem Arbeitsvertrag oblag, umfasste u.a. die Softwareerstellung, die Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Bei den Programmierarbeiten des Klägers handelte es sich ausschließlich um sog. Sicherheits-SPS (= speicherprogrammierbare Steuerung) bei Fertigungsanlagen. Dies ergibt sich aus dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten. Diese Tätigkeit war die zugewiesene Tätigkeit, hinsichtlich derer zur Begründung von Annahmeverzugsansprüchen objektive Leistungsfähigkeit und subjektiver Leistungswille erforderlich waren.

b. Die nach BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO für die Frage der objektiven Leistungsunfähigkeit maßgebliche vom Kläger geschuldete Tätigkeit war die des Programmierens von Sicherheits-SPS. Mit der Zuweisung dieser Tätigkeit bewegte sich die Beklagte im Rahmen ihres durch den Arbeitsvertrag umschriebenen Direktionsrechtes. Damit wurde die dem Kläger obliegende Arbeit letztmals innerhalb des Direktionsrechtes der Beklagten konkretisiert. Diese zuletzt zugewiesene Tätigkeit des Programmierens von SPS-Sicherheitssoftware kann der Kläger seit seinem Unfall dauerhaft nicht mehr ausüben. Insoweit schließt sich das erkennende Gericht den überzeugenden Ausführungen des LAG Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters im Gutachten vom 08.08.2013 an. Nach diesem Gutachten, das zu Beweiszwecken beigezogen wurde, ist davon auszugehen, dass beim Kläger eine irreversible hirnorganische Verletzung vorliegt, die dazu führt, dass er die an sich geschuldeten komplexen Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen kann.

Nach dem Gutachten ist beim Kläger eine rechts im Frontalhirn gelegene Narbenzone vorhanden. Diese beeinträchtigt nach den Ausführungen des Gutachters zwei kognitive Funktionen des Gehirns, nämlich temporal das Gedächtnis und die exekutiven Funktionen, wobei zu letzteren beispielsweise Planung, Kontaktfähigkeit und Problemlösung gehören.

Nach dem Ergebnis der gutachterlichen Untersuchung weist der Kläger in den Bereichen Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit deutliche Defizite auf, die dazu führen, dass seine Leistungsfähigkeit in seinem Tätigkeitsfeld um 30 bis 40% gemindert ist. Diese Einschätzung beruht auf den vom Gutachter schriftlich dargestellten und nachvollziehbaren Testergebnissen. Die Leistungsminderung bedingt, dass die erbrachten Leistungen nicht von der Beklagten weiter übernommen werden können, sondern vorher von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssen. Die vorgängigen Gutachten der anderen Gutachter stehen dem Gutachten vom 08.08.2013 nicht entgegen.

Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 ist ausgeführt, dass es durchaus vorstellbar sei, dass der Kläger die frühere Tätigkeit wieder aufnehme. Diesbezüglich erfolgt eine Einschränkung, wenn im Ergebnis ausgeführt wird, es sei dem Kläger eine etwas längere Zeit zur Selbstkontrolle bzw. zur Zuhilfenahme von Gedächtnis- und Planungsstützen einzuräumen. Maßgebend ist indes die Feststellung auf Blatt 27 dieses Gutachtens, die Frage des Gerichtes, ob der Kläger wegen der beim Verkehrsunfall am 23.01.2001 erlittenen Hirnschädigung nicht mehr in der Lage sei, das ihm übertragene Aufgabengebiet zu bearbeiten, könne in dieser Form aus neurologischneuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden, weil es an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle, d.h., der Gutachter besaß keine konkrete Vorstellung davon, welche Arbeit der Kläger zu leisten hatte und welche Anforderungen neurologischer Art diese mit sich brachte.

Das Gleiche gilt im Ergebnis für das Gutachten vom 12.03.2012 und das psychiatrische Teilgutachten vom 12.08.2010. So wird im Gutachten vom 12.03.2012 auf Seite 20 (Bl. 359 der beigezogenen Akten) ausgeführt, inwieweit weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden könnten, sei von den Gutachtern schwer beurteilbar, da sie nicht in der Lage seien, dies vor Ort zu überprüfen. Der Ersteller des Gutachtens beantwortet die gestellte Beweisfrage also mit der Aussage, dass er dies in seinem Gutachten nicht abschließend beurteilen konnte. Dies entspricht der Kernaussage im psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010. Dort wird von dem Gutachter auf der vorletzten Seite (Bl. 371 der beigezogenen Akte) ausgeführt, der Unterzeichner sehe sich im Ergebnis außerstande, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass der Kläger nach dem Unfall die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesene Arbeit als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer als Unfallfolge nicht mehr ausüben konnte.

Dem Kläger stehen daher Ansprüche gegen die Beklagte aus Annahmeverzug nicht zu.

B.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat nicht schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt dadurch, dass sie dem Kläger nicht im Rahmen ihres Direktionsrechtes einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

1. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht.

Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur (Änderungs-)Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz und mit den bisherigen Arbeitsaufgaben, sondern auch einer vertragsgemäßen Beschäftigung an anderer Stelle und/oder mit anderen Aufgaben entgegensteht., also eine vertragsgemäße Beschäftigung nicht mehr möglich ist.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist, vergleiche oben zitierte Rechtsprechung, insbesondere BAG, Urteil vom 19.05.2010, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris und BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris. Insoweit unterscheidet das BAG unter Hervorhebung des Direktionsrechtes des Arbeitgebers nicht zwischen der Fallgestaltung, dass die zuletzt zugewiesene Arbeit nicht mehr ausgeübt werden kann, aber eine andere Arbeit ohne Änderung des Arbeitsvertrages zugewiesen werden könnte, so BAG, Urteile vom 19.05.2010 und vom 27.05.2015 oder keine vertraglich vereinbarte Tätigkeit mehr ausgeübt werden kann, sondern nur eine Tätigkeit, die eine Änderung des Arbeitsvertrages voraussetzt, so BAG, Urteil vom 13.08.2009 - 6 AZR 330/08 - dort Rdz. 28 ff, zitiert nach juris.

In diesem Zusammenhang muss der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Darlegungslast konkret vortragen, mit welchen Aufgaben er in welchen Bereichen vertragsgerecht und leidensgerecht beschäftigt werden kann und wann er eine solche Tätigkeit von dem Arbeitgeber verlangt hat, BAG, Urteil vom 27.05.2017, aaO., Rdz. 35 bzw. wann er initiativ geworden ist und dem Arbeitgeber signalisiert hat, dass er im Rahmen einer leidensgerechten Beschäftigung auch konkrete andere Tätigkeiten außerhalb des arbeitsvertraglich geschuldeten Bereiches ausüben kann, BAG, Urteil vom 13.08.2009, aaO. Rdz. 30f.

2. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens ändert daran nichts.

Die Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX kann helfen, Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis zu beseitigen und eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Ein Präventionsverfahren ist geboten bei Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis von schwerbehinderten Menschen und im Hinblick auf § 68 Abs. 3 SGB III behinderten Menschen mit Gleichstellung, vergleiche Knittel, SGB IX, Kommentar, 7. Auflage, Rdz. 1.

Zu diesem Personenkreis zählte der Kläger nach seinem Vorbringen und nach Aktenlage jedenfalls bis zum Ausspruch der letzten Änderungskündigung vom 30.03.2006 nicht. Er beantragte erst am 10.04.2006 die Gleichstellung. Bei positivem Bescheid über die Gleichstellung wird diese erst wirksam mit dem Tag des Eingangs des Antrages bei der zuständigen Behörde, § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Es ist auch nicht aus der Akte ersichtlich, wann der Kläger der Beklagten Kenntnis davon verschafft hätte, dass und ab wann er gleichgestellt ist. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist deshalb vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 1 SGB IX nicht ersichtlich.

Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob eine etwaige Verletzung der Pflichten aus § 84 Abs. 1 SGB IX seitens der Beklagten überhaupt dazu führt, dass nicht mehr der Kläger eine konkrete leidensgerechte Beschäftigung anbieten müsste, sondern die Beklagte nunmehr von sich aus zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen die leidensgerechte Beschäftigung definieren und anbieten müsste. Denn dazu ist sie ohne nähere Sachverhaltskenntnis von den krankheitsbedingten Einschränkungen im Leistungsvermögen des Klägers auch weiterhin nicht in der Lage. Insoweit ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

3. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens ändert daran ebenfalls nichts.

Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kann helfen, einen leidensgerechten Arbeitsplatz innerhalb der Grenzen des bestehenden Arbeitsvertrages mit den notwendigen Hilfen einzurichten, wenn dies dem Arbeitgeber in organisatorischer wie auch finanzieller Hinsicht zumutbar ist. Unterlässt der Arbeitgeber es, ein gebotenes betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, so kann dies bei der Frage der Möglichkeit einer leidensgerechten Beschäftigung und einer im Sinne eines Verschuldens vorwerfbaren Verantwortung des Arbeitgebers dafür, dass es zu einer leidensgerechten Beschäftigung nicht gekommen ist, eine Rolle spielen. Allerdings ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagement nach der gesetzlichen Regelung nur dort geboten, wo der Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt ist.

Der Kläger hat nicht dazu vorgetragen, dass er in der Zeit vor dem 01.01.2009 einmal innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr länger als sechs Wochen wiederholt oder ununterbrochen arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Solche Fehlzeiten ergeben sich auch nicht aus der Akte. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich.

Nach Aktenlage ist nur eine längere Erkrankung des Klägers ersichtlich. Dabei handelt es sich um die längere Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit dem schweren Unfall des Klägers im Jahr 2001. Diese Arbeitsunfähigkeit hat eine Pflicht der Beklagten zur Einleitung eines BEM-Prozesses nicht auslösen können. Die Vorschrift zum BEM als „Jedermannparagraph“ ohne Beschränkung auf schwerbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit Gleichstellung in der aktuellen Fassung des § 84 Abs. 2 SGB IX ist erst neu und erstmals in Kraft getreten zum 01.05.2004. Nur Zeiten der ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten dieser Norm können deshalb die Pflicht zum BEM-Prozess auslösen.

Zu dem Personenkreis mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen in einem Jahr, bei dem der Arbeitgeber in der Pflicht ist, ein BEM anzubieten und bei Mitwirkungsbereitschaft des Arbeitnehmers durchzuführen, zählt der Kläger nach Aktenlage und nach seinem eigenen Vorbringen nicht. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich. Insoweit ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

4. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die Initiativlast beim Kläger lag, er also gehalten war, in einem ersten Schritt die ihm vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch mögliche Arbeiten im Rahmen oder außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages näher zu umschreiben und der Beklagten als seine ihm mögliche Arbeitsleistung anzubieten.

Er hat außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht aufgefordert, ihm eine andere Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsvertrages zuzuweisen wie Projektbetreuung, Inbetriebsetzung oder Kundenschulung. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Er hat auch außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass ihm eine andere Tätigkeit außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages als leidensgerechte Arbeit möglich wäre und welche Tätigkeit er sich in diesem Zusammenhang vorstelle. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen sowie nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt der Beklagten eine andere im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages mögliche Tätigkeit als leidensgerechte Tätigkeit mitgeteilt. Er hat konsequent darauf beharrt, seine bisherige Tätigkeit als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Nach dem Arbeitsvertrag war der Kläger eingestellt als Elektrotechniker. Zu seinem Aufgabengebiet als Elektrotechniker zählte u.a. Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger hat nach Aktenlage wie auch nach seinem eigenen Vorbringen gegenüber der Beklagten kein konkretes Angebot gemacht, welche Arbeiten er für die Beklagte künftig leidensgerecht noch ausüben könnte. Er hat in dem Kündigungsschutzverfahren konsequent daran festgehalten, dass er in der Lage ist, seine ursprünglich zugewiesene Arbeit als SPS-Programmierer ausüben zu können.

Soweit er im Kündigungsschutzverfahren auf andere vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Projektbetreuung, Projektabwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung hingewiesen hat, lag darin kein konkretes Arbeitsangebot, sondern nur der Hinweis auf die fehlende Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch die Beklagte bei Ausspruch der Änderungskündigung.

Soweit er auf andere nicht vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Anlagenbau und Anlagenfertigung verwiesen hat, ging es dem Kläger dabei ebenfalls nicht um die Darstellung und das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigungsmöglichkeit, sondern um die Darstellung von im Vergleich zu Helfertätigkeiten höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeiten wieder vor dem Hintergrund des im Kündigungsschutzrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten wie im Anlagenbau konnten von der Beklagten nicht im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages und in Ausübung des Weisungsrechtes realisiert werden, sondern nur durch einvernehmliche Vertragsänderung. Eine solche Vertragsänderung hat der Kläger ebenfalls nicht nachgesucht, da er im Grunde daran festgehalten hat, weiter als SPS-Programmierer arbeiten zu können. Abgesehen davon werden bei der Beklagten im Anlagenbau wie auch in der Anlagenfertigung verschiedene Arbeitsplätze für unterschiedlichste Ausbildungen und Qualifikationen angeboten. Eine entsprechende Konkretisierung seitens des Klägers, welcher Arbeitsplatz im Anlagenbau oder in der Anlagenfertigung leidensgerecht wäre, ist nicht ersichtlich.

5. Das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigung innerhalb des Direktionsrechtes des bestehenden Vertrages war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte, wie der Kläger unter Hinweis auf § 281 Abs. 2 BGB geltend macht.

Nach § 281 Abs. 2 BGB ist nur eine Fristsetzung zur Leistungserbringung durch den Schuldner unter den dort genannten Voraussetzungen entbehrlich, nicht aber die hier in Frage stehende Pflicht des Arbeitnehmers als Gläubiger, die vom Schuldner zu erbringende Leistung, den leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die leidensgerechte Beschäftigung zuzuweisen, in einem ersten Schritt zu konkretisieren. Erst wenn der Arbeitgeber mit dieser Konkretisierung durch den Arbeitnehmer weiß, was die von ihm zu erbringende Leistung iSd § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, kann er deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern iSd § 280 Abs. 2 BGB. Dies war der Beklagten hier schon deshalb nicht möglich, weil aus dem Vorbringen des Klägers in der Vergangenheit nicht konkret hervorging, ob die ihm noch mögliche Arbeitsleistung nach seiner Beurteilung innerhalb des Arbeitsvertrages möglich war oder eine Änderung des Arbeitsvertrages bedingte.

Die Klage war daher abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG gebotene Streitwertfestsetzung folgt § 3 ZPO.

V.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen nach § 64 Abs. 2 a) ArbGG, da sie ohnehin zulässig ist nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG und die Zulassungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 21.891,16 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung.

Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).

Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.

Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 28 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.

Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.

Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Januar 2006 bis Mai 2007 geltend. Da die Kündigungen unwirksam seien, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 6 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. D. sowie des Prof. Dr. L. sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 15, Bl. 147 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 244 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 248 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 21.891,16 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag i.H. von 5% über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. Widder bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 165 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.

Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).

Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. W1. im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Dies bezieht sich auf den gesamten Streitzeitraum, da das 2013 erstellte Gutachten insoweit keine Einschränkungen enthält und das Endstadium einer möglichen Besserung bei den gesundheitlichen Einschränkungen nach der Erläuterung zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. W1. im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 2.4.2015 jedenfalls 2004 erreicht war (Bl. 608 d.b.A.). Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine vormals verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.

Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. W2., zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.

Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).

Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.

Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.

Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dem entsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.

Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.

Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).

Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht, § 64 III ArbGG.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung zum Zeitpunkt der Antragstellung fest. Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein Grad der Behinderung oder gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, wenn dafür ein besonderes Interesse glaubhaft gemacht wird. Beantragt eine erwerbstätige Person die Feststellung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch (§ 2 Absatz 2), gelten die in § 14 Absatz 2 Satz 2 und 3 sowie § 17 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 genannten Fristen sowie § 60 Absatz 1 des Ersten Buches entsprechend. Das Gesetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung ist entsprechend anzuwenden, soweit nicht das Zehnte Buch Anwendung findet. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt. Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt. Durch Landesrecht kann die Zuständigkeit abweichend von Satz 1 geregelt werden.

(2) Feststellungen nach Absatz 1 sind nicht zu treffen, wenn eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad einer auf ihr beruhenden Erwerbsminderung schon in einem Rentenbescheid, einer entsprechenden Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung oder einer vorläufigen Bescheinigung der für diese Entscheidungen zuständigen Dienststellen getroffen worden ist, es sei denn, dass der behinderte Mensch ein Interesse an anderweitiger Feststellung nach Absatz 1 glaubhaft macht. Eine Feststellung nach Satz 1 gilt zugleich als Feststellung des Grades der Behinderung.

(3) Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Für diese Entscheidung gilt Absatz 1, es sei denn, dass in einer Entscheidung nach Absatz 2 eine Gesamtbeurteilung bereits getroffen worden ist.

(4) Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Absatz 1.

(5) Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die zuständigen Behörden auf Grund einer Feststellung der Behinderung einen Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, den Grad der Behinderung sowie im Falle des Absatzes 4 über weitere gesundheitliche Merkmale aus. Der Ausweis dient dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen, die schwerbehinderten Menschen nach diesem Teil oder nach anderen Vorschriften zustehen. Die Gültigkeitsdauer des Ausweises soll befristet werden. Er wird eingezogen, sobald der gesetzliche Schutz schwerbehinderter Menschen erloschen ist. Der Ausweis wird berichtigt, sobald eine Neufeststellung unanfechtbar geworden ist.

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen.

(2) Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Absatz 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 152 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Sie kann befristet werden.

(3) Auf gleichgestellte behinderte Menschen werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen mit Ausnahme des § 208 und des Kapitels 13 angewendet.

(4) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 2 Absatz 1) während der Zeit ihrer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen oder einer beruflichen Orientierung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Gleichstellung gilt nur für Leistungen des Integrationsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung im Sinne des § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 16. Juni 2015 - 7 (2) Sa 229/07 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 18. Dezember 2006 - 5 Ca 468/06 S - abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung der Beklagten vom 30. März 2006 sozial ungerechtfertigt ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, in deren Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind, seit März 1997 als Elektrotechniker tätig. Das vertraglich vereinbarte Aufgabengebiet umschloss ua. die Softwareerstellung.

3

Im November 2001 erlitt der Kläger bei einem Verkehrsunfall schwere Kopfverletzungen. Im Dezember 2005 führte die Beklagte einen Arbeitstest durch, bei dem der Kläger vorhandene Sicherheits-SPS anpassen sollte. Als Ergebnis des Tests hat die Beklagte gemeint, der Kläger könne keine komplexen Programmiertätigkeiten in diesem Bereich mehr durchführen. Unter dem 30. März 2006 erklärte sie eine Änderungskündigung. In dem Kündigungsschreiben heißt es auszugsweise:

        

„…    

        

Sehr geehrter [Kläger],

        

hiermit kündigen wir das Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgemäß zum 30.06.2006, gleichzeitig bieten wir Ihnen ein Arbeitsverhältnis an zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen mit folgenden Abweichungen:

        

Folgende Punkte werden abgeändert:

        

1. Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

[Der Kläger] (nachfolgend Arbeitnehmer genannt), tritt als Elektrotechniker in das Unternehmen ein. Das Aufgabengebiet umschließt die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung usw. In das Aufgabengebiet wird der Arbeitnehmer ca. ein halbes Jahr eingearbeitet. Der Arbeitnehmer erklärt sich im Rahmen seiner Tätigkeit mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden.

        

3. Bezüge

        

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit eine monatliche Vergütung von

        

brutto EUR 2.709,--

                 
        

und lautet neu:

        

1. Tätigkeit und Aufgabengebiet

        

[Der Kläger] (nachfolgend Arbeitnehmer genannt), tritt als Elektrotechniker in das Unternehmen ein. Das Aufgabengebiet umschließt alle Arbeiten im Lager, vorrangig Fahrer- und Kuriertätigkeiten, hierzu gehören ua. das Be- und Entladen von Baustellen- oder sonstigem Material in und von Transportfahrzeugen, Staplerfahren sowie allgemeine Lagertätigkeiten usw.

        

In das Aufgabengebiet wird [der Kläger] ca. einen Monat eingearbeitet. Der Arbeitnehmer erklärt sich im Rahmen seiner Tätigkeit mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden.

        

3. Bezüge

        

Der Arbeitnehmer erhält für seine Tätigkeit einen Stundenlohn von

        

brutto EUR 8,50

        

…“    

4

Der Kläger hat das mit der Kündigung verbundene Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu neuen Vertragsbedingungen rechtzeitig unter Vorbehalt angenommen und fristgerecht die vorliegende Klage erhoben. Er sei weiterhin in der Lage, den Arbeitsvertrag zu erfüllen. Das mit der Kündigung verbundene Angebot auf Abschluss eines neuen Vertrags sei nicht hinreichend bestimmt.

5

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 30. März 2006 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

6

Beide Vorinstanzen sind dem Klageabweisungsantrag der Beklagten gefolgt. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die mit der Kündigung der Beklagten vom 30. März 2006 erstrebte Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen ist sozial nicht gerechtfertigt.

8

A. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft.

9

I. Das Berufungsgericht hat - erstens - angenommen, der Kläger sei dauerhaft außer Stande, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Diese Annahme wird von seinen Feststellungen nicht getragen. Dass der Kläger „die an sich geschuldeten Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen“ und „auf dem arbeitsvertraglichen Arbeitsplatz“ nicht mehr eingesetzt werden kann, besagt für sich genommen lediglich, dass er einen Teilbereich des vereinbarten Leistungsspektrums nicht mehr abzudecken vermag. Ein solcher Sachverhalt ist nicht mit dem einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit vergleichbar, die es dem Arbeitnehmer unmöglich macht, die vertraglich festgelegte Arbeitsleistung überhaupt zu erbringen (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 550/14 - Rn. 29; 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 24, BAGE 148, 16).

10

II. Das Landesarbeitsgericht hat - zweitens - nicht geprüft, ob das mit der Kündigung verbundene Vertragsangebot so konkret gefasst war, dass es der Kläger ohne Weiteres annehmen konnte (§ 145 BGB, BAG 17. Februar 2016 - 2 AZR 613/14 - Rn. 18).

11

III. Das Berufungsgericht hat - drittens - nicht festgestellt, aufgrund welcher Umstände die mit einer Änderung des Aufgabenbereichs einhergehende Absenkung der Vergütung auf einen Stundenlohn von 8,50 Euro brutto sozial gerechtfertigt sein sollte (BAG 3. April 2008 - 2 AZR 500/06 - Rn. 25; 29. März 2007 - 2 AZR 31/06 - Rn. 32 ).

12

B. Die Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts zwingen nicht zu einer Zurückverweisung. Der Senat kann abschließend entscheiden, dass die von der Beklagten unter Geltung des Kündigungsschutzgesetzes (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1) erstrebte Änderung der Arbeitsbedingungen sozial nicht gerechtfertigt war. Der Kläger konnte nicht ausreichend erkennen, welche Arbeitsleistung er fortan schulden sollte.

13

I. Es kann unterstellt werden, dass dem Kläger aufgrund vorangegangener Erläuterungen klar sein musste, er solle überhaupt nicht mehr als Elektrotechniker eingesetzt werden und dass ein solcher Wille der Beklagten in dem Kündigungsschreiben hinreichenden Anklang gefunden hat (§ 623 BGB, BAG 25. April 2013 - 2 AZR 960/11 - Rn. 31; BGH 11. Februar 2010 - VII ZR 218/08 - Rn. 12). Für Tätigkeiten eines Elektrotechnikers wäre ein Stundenlohn von 8,50 Euro brutto nach dem frei ausgehandelten Gehaltsgefüge bei der Beklagten unstreitig deutlich zu niedrig.

14

II. Jedenfalls war das mit der Kündigung verbundene Fortsetzungsangebot hinsichtlich der ausdrücklich vorbehaltenen „Einsätze auf Baustellen“ nicht derart konkret gefasst, dass es der Kläger ohne Weiteres hätte annehmen können. Er konnte insoweit die für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist „versprochenen Dienste“ iSv. § 611 Abs. 1 BGB, die Art der geschuldeten Arbeitsleistung(en), nicht ausreichend erkennen.

15

1. Sollten Tätigkeiten eines Elektrotechnikers überhaupt nicht mehr zugewiesen werden können, musste dies auch für mögliche „Einsätze auf Baustellen“ gelten.

16

2. Dem Kündigungsschreiben ließ sich nicht entnehmen, der Kläger solle auch im Rahmen von „Einsätzen auf Baustellen“ mit den aufgeführten Hilfstätigkeiten befasst werden, die ausdrücklich als „Arbeiten im Lager“ bzw. „Lagertätigkeiten“ bezeichnet sind. Das gilt umso mehr, als nach dem ihm bekannten Sprachgebrauch bei der Beklagten mit „Baustellen“ alle auswärtigen Einsätze bei Kunden gemeint sind.

17

3. Schließlich konnte der Kläger aus dem festgelegten Stundenlohn nicht mittelbar auf die Art der ihm auf „Baustellen“ zuzuweisenden Tätigkeiten rückschließen, weil im Betrieb der Beklagten kein kollektives Entgeltschema bestand und damit nicht bestimmte Tätigkeiten oder doch Tätigkeitsmerkmale einer Entgeltgruppe zugeordnet waren (BAG 28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 19; 13. Juni 2012 - 7 AZR 169/11 - Rn. 20, 21).

18

4. Entscheidungserheblicher weiterer Vortrag der Beklagten steht nicht zu erwarten. Die Beklagte hat mit ihren auf die Hinweise des Senats vom 16. November 2016 und 9. Januar 2017 eingereichten Schriftsätzen vom 12. Dezember 2016 und 17. Januar 2017 nicht behauptet, dem Kläger sei vor Übergabe des Kündigungsschreibens vom 30. März 2006 erklärt worden, welche Arten von Aufgaben auf „Baustellen“ Gegenstand des Fortsetzungsangebots sein sollten. Vielmehr hat sie ausgeführt, dass ihm nach Möglichkeit „abwechslungsreichere und anspruchsvollere Tätigkeiten“ (nicht aber solche eines Elektrotechnikers oder gar Programmierers) zugewiesen werden sollten.

19

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Koch    

        

    Berger    

        

    Niemann    

        

        

        

    B. Schipp    

        

    Niebler    

                 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 21.891,16 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung.

Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).

Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.

Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 28 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.

Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.

Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Januar 2006 bis Mai 2007 geltend. Da die Kündigungen unwirksam seien, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 6 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. D. sowie des Prof. Dr. L. sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 15, Bl. 147 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 244 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 248 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 21.891,16 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag i.H. von 5% über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. Widder bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 165 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.

Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).

Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. W1. im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Dies bezieht sich auf den gesamten Streitzeitraum, da das 2013 erstellte Gutachten insoweit keine Einschränkungen enthält und das Endstadium einer möglichen Besserung bei den gesundheitlichen Einschränkungen nach der Erläuterung zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. W1. im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 2.4.2015 jedenfalls 2004 erreicht war (Bl. 608 d.b.A.). Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine vormals verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.

Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. W2., zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.

Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).

Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.

Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.

Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dem entsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.

Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.

Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).

Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht, § 64 III ArbGG.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Werden Menschen mit Behinderungen in ihren Rechten nach diesem Buch verletzt, können an ihrer Stelle und mit ihrem Einverständnis Verbände klagen, die nach ihrer Satzung Menschen mit Behinderungen auf Bundes- oder Landesebene vertreten und nicht selbst am Prozess beteiligt sind. In diesem Fall müssen alle Verfahrensvoraussetzungen wie bei einem Rechtsschutzersuchen durch den Menschen mit Behinderungen selbst vorliegen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 81.147,16 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung.

Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).

Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.

Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 23 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.

Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.

Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Januar 2013 bis Dezember 2016 geltend. Da die Kündigung vom 30.3.2006 unwirksam sei, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 5 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. xxx sowie des Prof. Dr. xxx sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 9, Bl. 110 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 152 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 156 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 81.147,16 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.392,32 € seit dem 16.2.2013,aus 1.641,08 € seit 16.3.2013,aus 1.558,09 € seit 16.4.2013,aus 1475,21 € seit 16.5.2013,aus 1.392,32 € seit 16.6.2013, aus 1.558,19 € seit

16.7.2013, aus 1.440,09 € seit 16.8.2013,aus 1.525,87 € seit 16.9.2013,aus 1.611,44 € seit 16.10.2013,aus 1.440,08 € seit 16.11.2013, aus 1.611,44 € seit

16.12.2013, aus 1.525,76 € seit 16.1.2014, aus 1.440,07 € seit 16.2.2014,aus

1.697.22 € seit 16.3.2014,aus 1.611,43 € seit 16.4.2014,aus 1.525,75 € seit

16.5.2014, aus 1.549,76 € seit 16.6.2014, aus 1.637,76 € seit 16.7.2014,aus 1.461,76 € seit 16.8.2014,aus 1.637,76 € seit 16.9.2014,aus 1.549,76 € seit

16.10.2014, aus 1.461,76 € seit 16.11.2014, aus 1.725,76 € seit 16.12.2014,aus 1.461,76 € seit 16.1.2015,aus 1.549,76 € seit 16.2.2015,aus 1.725,76 € seit

16.3.2015, aus 1.749,76 € seit 16.4.2015,aus 1.719,30 € seit 16.5.2015, aus 1.694,10 € seit 16.6.2015, aus 1.603,15 € seit 16.7.2015, aus 1.512,19 € seit

16.8.2015, aus 1.694,11 € seit 16.9.2015,aus 1.603,16 € seit 16.10.2015, aus 1.603,15 € seit 16.11.2015,aus 1.694,11 € seit 16.12.2015,aus 1.512,07 € seit

16.1.2016, aus 1.694,11 € seit 16.2.2016,aus 1.694,10 € seit 16.3.2016,aus 1.512,19 € seit 16.4.2016,aus 1.694,11 € seit 16.5.2016,aus 1.603,16 € seit 16.6.2016,aus 1.603,15 € seit 16.7.2016,aus 1.741,38 € seit 16.8.2016,aus

1.554.23 € seit 16.9.2016,aus 1.647,75 € seit 16.10.2016,aus 1.705,19 € seit 16.11.2016,aus 1.705,19 € seit 16.12.2016 sowie aus 1.705,19 € seit 16.1.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. Widder bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 74 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.

Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).

Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. xxx im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Dieser Befund bezieht sich auch auf den Streitzeitraum, da das 2013 erstellte Gutachten keine Einschränkungen enthält und das Endstadium einer möglichen Besserung bei den gesundheitlichen Einschränkungen nach der Erläuterung zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. xxx im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 2.4.2015 jedenfalls 2004 erreicht war (Bl. 608 d.b.A.). Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine bis zur Änderungskündigung verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.

Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. xxx, zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.

Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).

Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.

Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.

Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dem entsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.

Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.

Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).

Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht, § 64 III ArbGG.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 28.004,14 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung.

Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).

Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.

Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 28 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.

Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.

Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Juni 2007 bis Dezember 2008 geltend. Da die Kündigung vom 30.3.2006 unwirksam sei, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 6 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. D. sowie des Prof. Dr. L. sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 15, Bl. 147 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 188 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 193 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 28.004,14 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag i.H. vom 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. W. bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 111 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.

Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).

Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. W1. im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine bis zur Änderungskündigung verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.

Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. W2., zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.

Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).

Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.

Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.

Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dementsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.

Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.

Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).

Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht,§ 64 III ArbGG.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Der Streitwert wird festgesetzt auf 45.360,77 €.

IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im bestehenden Arbeitsverhältnis um Annahmeverzugslohn.

Der 1961 geborene und ledige Kläger ist seit 03.03.1997 bei der Beklagten als Elektrotechniker beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom gleichen Tag umschloss das Aufgabengebiet u.a. die Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger erklärte sich darüber hinaus mit dem Einsatz auf Baustellen einverstanden. Die Beklagte lehnt sich an die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie an.

Der Kläger machte eine ausweislich seiner Prüfungszeugnisse vom 26.06.1980 und vom 04.02.1982 (Blatt 68 der Akte des beigezogenen Verfahrens) eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker und zum Energiegeräteelektroniker. Anschließend diente er mehrere Jahre als Soldat und wurde dort zum Flugsicherungsradarmechanikermeister ausgebildet. Nach der Militärzeit machte er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker ausweislich seines Abschlusszeugnisses vom 31.07.1992 (Blatt 71f der Akte des beigezogenen Verfahrens). In dem Fach Englisch zeigte er sehr gute Leistungen.

Die Beklagte richtet im Geschäftsbereich Automation Robotik für ihre industriellen Kunden unter anderem die Sicherheitstechnik ein. Dazu zählt unter anderem die „Einzäunung“ von Fertigungslinien, in denen Roboter arbeiten. Für die Sicherheit der Mitarbeiter des Kunden und von Servicefirmen muss auch umfangreiche Sicherheitssoftware programmiert werden, damit diese Mitarbeiter für notwendige Wartungs-, Umrüst- oder Reparaturarbeiten nicht in den Wirkbereich der Roboter kommen können, solange diese nicht zuverlässig stillstehen. Dazu zählen auch Notstopps der Fertigungsstraße, wenn Mitarbeiter des Kunden oder der Servicefirmen den Wirkbereich der Roboter während der laufenden Produktion betreten und dabei durch mit Lichtschranken geschützte Zugänge zu den Fertigungslinien gehen. Im Bereich der Programmierung dieser sogenannten Sicherheits-SPS war der Kläger seit seinem Eintritt bei der Beklagten beschäftigt.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 unverschuldet einen Verkehrsunfall, bei dem es zu einer schweren hirnorganischen Schädigung kam. Nach dem Bescheid der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) vom 07.03.2006 (Blatt 23 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wurde als Unfallfolge unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt. Für die Zeit vom 17.06.2002 bis 31.10.2004 wurde eine MdE von 40% und ab dem 01.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Ferner war ab 01.11.2004 ein GdB von 30 nach § 69 Abs. 2 SGB IX gegeben.

Am 10.04.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 Abs. 2 SGB IX.

Der Kläger erhält in Folge des Unfalles eine Erwerbsminderungsrente. Die Erwerbsminderungsrente des Klägers erhöhte sich

ab 01.07.2008 auf 609,83 €

ab 01.07.2009 auf 624,53 €

ab 01.07.2011 auf 630,71 € und

ab 01.07.2012 auf 644,46 €.

Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers streitet einen Erwerbsausfallschaden ab. Ab 15.04.2002 nahm der Kläger nach weniger als fünf Monaten nach dem Unfall im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.06.2002 war er vollschichtig tätig. Im Laufe der wieder aufgenommenen Beschäftigung stellte sich heraus, dass der Kläger in quantitativer Hinsicht erheblich leistungsgemindert war und in qualitativer Hinsicht untypische und in der Vergangenheit vor dem Unfall nicht aufgetretene Programmierfehler machte. Im Herbst/Winter 2003/2004 war vom Kläger bei der Sicherheitssoftware für eine Lackieranlage eines großen süddeutschen Automobilproduzenten die Funktionalität des „Not-Aus“ aus der Software gelöscht worden. Ab Mai 2004 beschäftigte die Beklagte den Kläger deshalb nicht mehr als Programmierer für SPS-Sicherheitssoftware.

Mit Schreiben vom 02.09.2004 (Blatt 42 der Akte des beigezogenen Verfahrens) teilte der Betriebsarzt mit, dass sich der Kläger bei ihm vorgestellt hatte und umfangreiche Unterlagen dabei hatte, aus denen hervorging, dass mehrere Gutachter einmütig eine Wesensveränderung wie auch eine Leistungseinschränkung bejahen. Im Nachgang dazu teilte der Betriebsarzt mit weiterem Schreiben vom 09.09.2004 (Blatt 43 der beigezogenen Akte) mit, dass im Rahmen einer Testaufgabe der Kläger für die gestellte Aufgabe knapp 140 Stunden für eine Station benötigte und ein unerfahrener Kollege dagegen nur 68 Stunden für 5 Stationen.

Die Beklagte sprach am 23.09.2004 eine Beendigungskündigung zum 31.12.2004 aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.03.2005 (Blatt 218, 221 der Akte) geltend:

„Aufgrund seiner Ausbildung wäre der Kläger daher jederzeit in der Lage, auch im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung bei der Beklagten beschäftigt zu werden. Diese Umstände müssten der Personalabteilung der Beklagten durchweg bekannt sein, da dieser auch diese Ausbildungszeugnisse bzw. -bescheinigungen vorliegen.“

Im Berufungsverfahren vor dem LAG Nürnberg machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 08.09.2005 (Blatt 225, 230 der Akte) geltend: „Die Beklagte übersieht hier völlig, dass der Kläger eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker sowie Energiegeräteelektroniker besitzt. In einer Weiterbildung wurde er zum Elektrotechniker ausgebildet. (…) Zumindest hätte eine Versetzungsmöglichkeit in diese Arbeitsbereiche, die die Beklagte auch unterhält, geprüft werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.“

Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Die Beklagte sprach am 19.07.2005 eine Änderungskündigung aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Klageschrift seines Prozessbevollmächtigten vom 01.08.2005 (Blatt 232, 235 der Akte) geltend:

„Der Kläger ist jedenfalls in der Lage, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.“

Er macht dort (Blatt 232, 236 der Akte) ferner geltend:

„Keinesfalls können dem Kläger in Anbetracht seiner Ausbildung und seiner Leistungsfähigkeit Lagerarbeiten zugewiesen werden.

Sofern überhaupt eine Umsetzung des Klägers gerechtfertigt sein sollte, sind die unterschiedlichen Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen. Der Kläger könnte beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten. Es wird bestritten, dass die Beklagte weitere Umsetzungsmöglichkeiten geprüft hat. Die Beklagte missachtet den Grundsatz, dass der Arbeitgeber alle Anstrengungen zu unternehmen hat, um den Arbeitnehmer möglichst dauerhaft weiter zu beschäftigen.“

Auch diese Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Am 08.08.2005 nahm der Kläger im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses seine Tätigkeit für die Beklagte wieder auf. Er wurde vorübergehend mit Übersetzungsund Dokumentationsaufgaben betraut. Im Dezember 2005 führte die Beklagte mit dem Kläger einen Arbeitsversuch durch mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Programmiertätigkeit. Auch hier machte er mehrere sicherheitsrelevante Fehler. Ab dem 01.01.2006 wurde der Kläger im Geschäftsbereich Automation Robotik als Lagerhelfer beschäftigt.

Ab August 2006 wurde der Kläger weiter im Geschäftsbereich Automation Robotik als Helfer bei der Kalt-Brünier-Anlage in der Lackiererei beschäftigt.

Ab Juli 2010 wurde der Kläger schließlich weiterhin im Bereich Automation Robotik in der CNC-Fräserei beschäftigt zum Umspannen von Serienteilen.

Unter dem 16.03.2006 erklärte die Beklagte ein weiteres Mal eine Änderungskündigung. Auch insoweit war eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage erfolgreich.

Unter dem 30.03.2006 erklärte die Beklagte eine weitere und bisher letzte Änderungskündigung zum 30.06.2006. Diese Änderungskündigung sollte zu einer Neubestimmung der vertraglichen Aufgaben des Klägers führen und damit einhergehend zu einer erheblichen Reduzierung seiner Vergütung. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und erhob Kündigungsschutzklage. Deren Akten wurden dem Verfahren beigezogen.

In der Klageschrift vom 03.04.2006 (Blatt 7, 11 der Akte des beigezogenen Verfahrens) hielt der Kläger daran fest, dass er die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung als SPS-Programmierer weiterhin ausüben könne und an seinem Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 01.08.2005 im Vorverfahren. In dem weiteren Schriftsatz vom 14.07.2006 (Blatt 56, 64 der Akte des beigezogenen Verfahrens) machte er geltend, er könne im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Nach Beweisaufnahme wurde die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

In der Berufungsbegründung vom 05.06.2007 (Blatt 145, 154, 155 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wies der Kläger darauf hin, dass er ab dem 08.08.2005 einer Prozessbeschäftigung nachging mit Übersetzungs- und Dokumentationsarbeiten und im Anlagenbau bzw. der Anlagenfertigung arbeiten könne. Die Beklagte machte dazu geltend, dass es sich bei den Dokumentations- und Übersetzungsarbeiten nur um eine Prozessbeschäftigung gehandelt habe und ein Arbeitsplatz nicht dauerhaft zur Verfügung stünde. Dazu machte der Kläger mit Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 23.08.2007 (Blatt 176, 183 der Akte des beigezogenen Verfahrens) geltend, dass eine externe Vergabe dieser Aufgaben erfolgt sei, es der Beklagten aber zuzumuten sei, diese Arbeiten nicht mehr fremd zu vergeben, sondern im eigenen Haus zu erledigen und hierfür den Kläger einzusetzen. Im Übrigen verwies der Kläger im beigezogenen Verfahren wiederholt auf verschiedene Arbeitsbereiche bei der Beklagten und vielfältige Stellenanzeigen der Beklagten. Er machte unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend, er könne in diesen Arbeitsbereichen und auf diesen ausgeschriebenen Stellen arbeiten.

Im Berufungsverfahren wurden mehrere ärztliche Gutachten eingeholt zu der Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers im Hinblick auf seine Befähigung, nach dem Unfall noch sicherheitsrelevante Software zu programmieren.

Der erste Gutachter Thomas Lippert teilte in dem psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010 (Blatt 326ff der beigezogenen Akte) mit, dass er sich im Ergebnis außerstande sieht, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten (Blatt 334 der beigezogenen Akte) und eine fachgerechte neuropsychologische Untersuchung erforderlich sei. Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 (Blatt 296ff der beigezogenen Akte) teilte der Gutachter Prof. Dr. med. Schwab mit, dass die Fragen des Gerichtes aus neuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden können, weil es dazu an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle (Blatt 323 der beigezogenen Akte).

Im weiteren Gutachten vom 12.03.2012 (Blatt 340ff der beigezogenen Akten) teilt der Gutachter Prof. Dr. med. Drexler abschließend mit, es sei schwer beurteilbar, ob weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden können, da es nicht möglich sei, dies vor Ort zu überprüfen (Blatt 359 der beigezogenen Akten).

Der letzte Gutachter Prof. Dr. med. Dr. Dipl.-Ing. Widder kommt mit Gutachten vom 08.08.2013 (Blatt 491ff der beigezogenen Akte) zu dem Ergebnis, er habe keinen vernünftigen Zweifel daran, „dass sich die erheblichen Defizite auf das Leistungsvermögen in dem komplexen und verantwortungsvollen Tätigkeitsfeld des SPS-Programmierers negativ auswirken. Dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, dass der Kläger noch in der Lage wäre, Programmierarbeiten zu erledigen. Soweit diese komplexer sind und unter Zeitdruck erfolgen, verliert der Kläger jedoch leicht die Übersicht, sodass dann in einem erheblich verstärkten Umfang die erbrachten Leistungen von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssten. Versuche ich dies zu quantifizieren, erachte ich die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30-40% gemindert.“ (Blatt 521 der beigezogenen Akte).

Diese Feststellungen führten im Ergebnis zur Zurückweisung der Berufung. Dagegen wandte sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und begründete diese damit, dass das Berufungsgericht mangels Schwerbehinderung oder Gleichstellung des Klägers weder eine Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX vor der Kündigung erkennen konnte noch mangels einer ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit des Klägers von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens nach § 84 Abs. 2 SGB IX. Insoweit liege eine Divergenz nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG vor zu BAG, Urteil vom 12.07.2007 - 2 AZR 716/06 - . Darüber hinaus habe die Frage grundsätzliche Bedeutung nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG, ob § 84 Abs. 2 SGB IX bei Arbeitnehmern mit einer einfachen Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX voraussetze, dass diese ebenfalls länger als sechs Wochen im Kalenderjahr arbeitsunfähig krank waren, um die Notwendigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements auszulösen. Mit Beschluss des BAG vom 19.01.2016 wurde die Revision entsprechend § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ohne Begründung zugelassen.

Mit Berichterstatterschreiben vom 16.11.2016 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass die Vorinstanzen die Frage der sozialen Rechtfertigung der Absenkung des Stundenlohnes auf 8,50 € brutto nicht geprüft hätten. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Binnen gesetzter Frist teilte die Beklagte Namen und Stundenverdienste der übrigen mit Lagerhelfertätigkeiten beschäftigten Mitarbeiter mit. Diesen Tatsachenvortrag bestritt der Kläger mit Nichtwissen.

Mit weiterem Berichterstatterschreiben vom 09.01.2017 wurden die Parteien mit folgenden Überlegungen bekannt gemacht: „In pp. dürfte das mit der Kündigung vom 30. März 2006 unterbreitete Änderungsangebot aus dem grundsätzlich maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Klägers mehrere Auslegungsmöglichkeiten hinsichtlich der fortan geschuldeten Arbeitsleistung zulassen, was möglicherweise zu Zweifeln an seiner Bestimmtheit, jedenfalls aber an seinem Inhalt und seiner sozialen Rechtfertigung führen könnte.

Musste der Kläger davon ausgehen, dass er nach Ablauf der Kündigungsfrist Tätigkeiten eines Elektrotechnikers unter Einschluss von Arbeiten im Lager verrichten sollte? Sollte er künftig als Elektrotechniker und zusätzlich als „Lagermitarbeiter“ eingesetzt werden können? Sollte er fortan ausschließlich mit Lagerarbeiten betraut werden können? Welchen Sinn hatten die Passagen, nach denen er als Elektrotechniker „eingestellt“ werde und sich mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden erkläre? Ist zwischen den Parteien im Vorfeld der Kündigung vom 30. März 2006 über den avisierten Aufgabenbereich gesprochen worden? Wenn dem Kläger nach Wirksamwerden der Änderungen nicht ausschließlich reine Lagertätigkeiten übertragen werden sollten: Wie ließe sich dies mit der angebotenen Vergütung vereinbaren?.“

Im Hinblick auf den bevorstehenden Termin zur Revisionsverhandlung wurden die Parteien um möglichst kurzfristige Stellungnahme gebeten. Die Parteien trugen ergänzend vor.

Der Änderungskündigungsschutzklage wurde nach mündlicher Verhandlung am 26.01.2017 schließlich mit BAG, Urteil vom 26.01.2017 - 2 AZR 68/16 - stattgegeben. Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht erfolgte nicht.

In der Begründung wird unter anderem Bezug genommen auf Sachvortrag der Beklagten, der erstmals im Verfahren vorgetragen wurde vor dem BAG mit Schreiben der beklagten Partei vom 12.12.2016 in Beantwortung des Schreibens des Berichterstatters vom 16.11.2016. In der Begründung wird ferner ausgeführt, entscheidungserheblicher weiterer Sachvortrag der Beklagten stehe nicht zu erwarten.

Der Kläger hat im Verlauf des langjährigen Kündigungsschutzverfahrens in verschiedenen beim Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - anhängigen Verfahren zur Wahrung der in Ziffer 8 des Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussfristen den Differenzlohn zwischen der nach dem ursprünglich geschlossenen Vertrag geschuldeten Vergütung und der tatsächlich infolge der Änderungskündigung gezahlten Vergütung geltend gemacht.

In dem Verfahren 3 Ca 169/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2007 Differenzlohn geltend in Höhe von 21.891,16 € brutto.

In dem Verfahren 3 Ca 166/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.12.2008 Differenzlohn geltend in Höhe von 28.004,14 € brutto.

In dem hier streitgegenständlichen Verfahren 1 Ca 167/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 Differenzlohn geltend in Höhe von 45.360,77 € brutto.

In dem Verfahren 1 Ca 168/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012 Differenzlohn geltend in Höhe von 37.078,89 € brutto.

In dem Verfahren 3 Ca 1437/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2016 Differenzlohn geltend in Höhe von 81.147,16 € brutto.

Insgesamt begehrt der Kläger eine Nachzahlung von 213.482,12 € brutto.

Der Kläger macht geltend:

Ihm stehe der Differenzlohn als Annahmeverzugslohn zu.

Dieser berechne sich unter Berücksichtigung der über die Jahre erfolgten Tariflohnerhöhungen wie folgt:

Für das Jahr 2009:

01.01.2009 2.954,05 € brutto

01.02. bis 31.12.2009; 11 x 3.016,09 € brutto = 36.176,99 € brutto

zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.111,26 € brutto

zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.809,65 € brutto

zuzüglich VWL 159,60 € brutto Summe: 40.211,55 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 17.721,00 € brutto,

sodass sich eine Nachforderung ergebe von 22.490,55 € brutto.

Und für das Jahr 2010:

01.01. bis 31.05.2010; 5 x 3.016,09 € brutto = 15.080,45 € brutto

01.06. bis 31.12.2010; 7 x 3.079,43 € brutto = 21.556,01 € brutto

zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.155,60 € brutto

zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.847,66 € brutto

zuzüglich VWL 159,60 € brutto

Summe: 40.799,32 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 17.929,10 € brutto,

sodass sich eine Nachforderung ergebe von 22.870,22 € brutto.

Für beide Jahre ergebe sich eine Nachforderung von 45.360,77 € brutto.

Daraus errechne sich die Klageforderung. Die Beklagte könne nicht einwenden, dass sie sich an die Branchentarifverträge nur anlehne. Es bestehe eine betriebsübliche betriebliche Übung, die Tarifabschlüsse zu übernehmen und an die Beschäftigten weiterzugeben.

Die Beklagte könne nach dem Urteil des BAG nicht mehr damit gehört werden, er, der Kläger, sei nicht leistungsfähig gewesen im Sinne des ursprünglichen Vertrages. Er sei aber auch unabhängig von dieser rechtlichen Überlegung leistungsfähig gewesen. Dies ergebe sich aus den vor dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. D2. und des Prof. Dr. L., deren Beiziehung zu Beweiszwecken zum vorliegenden Verfahren beantragt werde. Auch die Berufsgenossenschaft habe schon 2002 festgestellt, dass er wieder voll einsatzfähig sei ausweislich des Aktenvermerks der Berufshilfe vom 02.07.2002 (Blatt 173 der Akte).

Einer Beschäftigung auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz seien auch keine versicherungsrechtlichen oder arbeitsschutzrechtlichen Aspekte entgegengestanden. Das Vorbringen der Beklagten sei insoweit zu bestreiten.

Vorsorglich sei im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche in tatsächlicher Hinsicht geltend zu machen:

Darum gehe es gar nicht. Er habe nach der Wiedergenesung wieder erfolgreich auf der alten Stelle als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer gearbeitet.

Es sei der Beklagten jedenfalls möglich gewesen, ihn nicht nur als Lagerhelfer weiter zu beschäftigen mit einem Lohn von ursprünglich von 8,50 € brutto ab 01.07.2006. Dies ergebe sich schon aus dem tatsächlichen weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses nach der Wiedergenesung von dem Unfall und den verschiedenen ihm zugewiesenen Arbeitsplätzen und Arbeitsaufgaben.

Es hätte auch höherwertige Arbeitsplätze gegeben, wie die wiederholten Stellenausschreibungen bei der Beklagten in der Zeit danach gezeigt hätten. Es seien Projektleiter, Industriemechaniker/Schlosser, CNC-Fräser sowie Elektriker/Energieelektroniker gesucht worden. Solche seien auch eingestellt worden. Ihm sei dagegen keine solche Stelle angeboten worden. Selbst wenn er trotz seiner vielfachen Ausbildung auf diesen Stellen in Teilbereichen nicht einsetzbar gewesen wäre, so hätte er mit entsprechendem „learning on the job“ in die jeweilige Tätigkeit hineinfinden können. Entsprechende Nachqualifizierungsmaßnahmen seien für die Beklagte sogar kostenneutral möglich gewesen über die Berufsgenossenschaft.

Es sei pflichtwidrig keine Maßnahme nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchgeführt worden.

Es sei auch pflichtwidrig kein BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt worden. In einem solchen Verfahren hätte sich ebenfalls eine höherwertige Tätigkeit als nur Lagertätigkeit für den Kläger finden lassen, wenn er schon nicht mehr habe programmieren können.

In rechtlicher Hinsicht sei darauf zu verweisen, dass es einer Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB nicht bedurft habe nach der ernsthaften und endgültigen Weigerung der Beklagten, dem Kläger einen (soweit überhaupt erforderlich) leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Er habe wiederholt eine leidensgerechte Arbeit angeboten.

Auch ein Einsatz als Elektrotechniker sei möglich gewesen. Die Beklagte gehe selbst nach den Urteilsgründen des BAG im Kündigungsschutzverfahren davon aus, dass der Kläger zumindest auf Baustellen als Elektrotechniker hätte eingesetzt werden können.

Auch ein Einsatz im Bereich der technischen Dokumentation und der entsprechenden Übersetzung sei möglich gewesen. Diese Tätigkeit wäre auch auf dem Standard der vertraglich vereinbarten Tätigkeit gewesen. In dieser Position habe er auch gearbeitet ab dem 08.08.2005. Darauf habe er auch Bezug genommen in der Kündigungsschutzklage mit dem Hinweis, dass unterschiedliche Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen seien und er, der Kläger, beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten könne.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 45.360,77 € brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Differenzlohn aus Annahmeverzug. Die Berechnung des Klägers sei schon fehlerbehaftet.

Die Beklagte lehne sich nur an die Flächentarifverträge an. Tariflohnerhöhungen würden deshalb auch nicht 1:1 an die eigenen Mitarbeiter weitergegeben. Ferner beziehe der Kläger eine Teilerwerbsminderungsrente, die gegebenenfalls auf den Annahmeverzugsanspruch anzurechnen sei.

Der Anspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht.

Ansprüche aus Annahmeverzug setzten voraus, dass der Arbeitnehmer auch objektiv leistungsfähig sei. Dies sei der Kläger nicht gewesen. Nach Wiederaufnahme der Tätigkeit ab Sommer 2002 sei festgestellt worden, dass der Kläger die von der Beklagten erstellte Sicherheitssoftware nicht mehr fehlerfrei programmieren könne und die Leistung insgesamt um ca. 50% im Vergleich zur Normalleistung zurückgegangen sei. Darüber hinaus seien bei dem Programmiertest im Zusammenhang mit einem Projekt für den Autobauer Daimler massive Fehler gemacht worden. Die Programmierfehler des Klägers hätten zu unnötigen Bandstillegungen führen können wie bei dem Programmiertest für Daimler oder zu keinem Notstop der Roboter bei einem Betreten der Gefahrenzone durch Mitarbeiter des Kunden.

Ursächlich für die Programmierfehler des Klägers sei der Unfall gewesen und die dabei erlittenen dauerhaften gesundheitlichen Schäden, die den Kläger außerstande setzten, komplexe Aufgaben wie Programmiertätigkeiten strukturiert und konzentriert und im Ergebnis fehlerfrei abzuarbeiten. Dies ergebe sich aus dem von dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. W., dessen Beiziehung zum vorliegenden Verfahren beantragt werde.

Der Kläger habe im Bereich der Programmierung von Sicherheitssoftware wegen dieser organischen Hirnschädigungen nicht mehr beschäftigt werden können aus haftungsrechtlichen Gründen wie auch aus Gründen des Arbeitsschutzes. So habe die Betriebshaftpflicht der Beklagten bestätigt, dass bei arbeitgeberseitiger Vorkenntnis der fehlenden Verlässlichkeit des Mitarbeiters darauf zurückführende Schäden nach § 61 VVG und § 4 Abs. 2 Ziffer 1 AHB (1997) nicht versichert seien. Dies sei ein für die Beklagte nicht hinnehmbares Haftungsrisiko. Ferner dürfe die Beklagte aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen Mitarbeiter nicht mit Arbeiten betrauen, die diese nicht erledigen können ohne Gefahr für sich und andere, wie sich aus der einschlägigen berufsgenossenschaftlichen UVV zur Prävention, dort § 7 ergebe.

Die Beklagte habe dem Kläger auch im Laufe der Zeit höherwertige Tätigkeiten übertragen, soweit der Kläger dazu in der Lage gewesen sei. Ursprünglich sei der Kläger beschäftigt worden im Bereich Automation Robotik, dort im Bereich Lager als Lagerhelfer. Ab August 2006 sei der Kläger dann versetzt worden innerhalb des Bereiches als Helfer in der Lackiererei. Ab Juli 2010 sei er dann zum Einsatz gekommen in der CNC-Fräserei.

In den vom Kläger genannten Bereichen sei ein Einsatz jedoch nicht möglich. Der Kläger könne weder unter Zeitdruck arbeiten noch mit komplexeren Aufgaben wie Projektleitung oder Anlagenbau und Schaltschrankbau betraut werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 313 Abs. 2 ZPO. Die Kammer hat die Akten des Kündigungsschutzprozesses vor dem LAG - 7 (2) Sa 229/07 - und dem BAG - 2 AZR 68/16 - insbesondere hinsichtlich der Sachverständigengutachten Prof. Dr. med. Schwab (Blatt 297ff der dortigen Akte), Prof.

Dr. med. Drexler (Blatt 340ff der dortigen Akte) und Prof. Dr. med. Widder (Blatt 491ff der dortigen Akte) zu Beweiszwecken beigezogen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zum Arbeitsgericht ist eröffnet, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG i.V.m. den §§ 46, 48 ArbGG. Das Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - ist zur Entscheidung des Rechtsstreites auch örtlich zuständig, § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Nr.10, Art. 3 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 BayArbGOrgG.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Differenzlohn in geltend gemachter Höhe gegen die Beklagte aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach §§ 611, 615 BGB oder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Schadenersatzes nach § 280 Abs. 1 BGB.

A.

Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß §§ 611, 615 Satz 1 BGB besteht nicht, weil sich die Beklagte während des streitigen Klagezeitraums nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug befand.

1. Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit nicht willens ist, die geschuldete Leistung zu erbringen, oder aber objektiv außerstande ist, die Leistung zu bewirken, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris, in jüngerer Zeit auch BAG, Urteil vom 28.09.2016 -5 AZR 224/16 - dort Rdz. 23, zitiert nach juris.

a. Entfällt das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor, in und nach dem Verzugszeitraum. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann, BAG, Urteil vom 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 - dort Rdz. 17, zitiert nach juris.

b. Zu der Frage des objektiven Leistungs(un) vermögens hat das BAG eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt. Es ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer alle im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Es kommt vielmehr nur darauf, ob er noch objektiv in der Lage ist, die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesenen Arbeitsaufgaben zu erledigen.

Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ durch den Arbeitnehmer ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet, BAG, Urteil vom 30.04.2008 - 5 AZR 502/07 - dort Rdz. 24, zitiert nach juris. Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung, BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris und in jüngerer Zeit BAG, Urteil vom 27.05.2015 -5 AZR 88/14 - dort Rdz. 19, zitiert nach juris. Das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers muss insoweit gegeben sein, damit dem Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht § 297 BGB entgegensteht. Auf diese Tätigkeit muss sich auch der Leistungswille des Arbeitnehmers, also sein Arbeitsangebot beziehen, BAG, Urteil vom 27.08.2008 - 5 AZR 16/08 - dort Rdz. 14, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 21, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 09.04.2014 -10 AZR 637/13 - dort Rdz.37, zitiert nach juris. Dieser Rechtsprechung haben sich auch die Landesarbeitsgerichte angeschlossen, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.06.2012 - 4 Sa 2151/11 - dort 47, zitiert nach juris, LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.08.2013 - 2 Sa 248/13 - dort Rdz. 45.

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus:

a. Der Kläger wurde als Elektrotechniker bei der Beklagten eingestellt. Die Tätigkeit, die ihm nach seinem Arbeitsvertrag oblag, umfasste u.a. die Softwareerstellung, die Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Bei den Programmierarbeiten des Klägers handelte es sich ausschließlich um sog. Sicherheits-SPS (= speicherprogrammierbare Steuerung) bei Fertigungsanlagen. Dies ergibt sich aus dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten. Diese Tätigkeit war die zugewiesene Tätigkeit, hinsichtlich derer zur Begründung von Annahmeverzugsansprüchen objektive Leistungsfähigkeit und subjektiver Leistungswille erforderlich waren.

b. Die nach BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO für die Frage der objektiven Leistungsunfähigkeit maßgebliche vom Kläger geschuldete Tätigkeit war die des Programmierens von Sicherheits-SPS. Mit der Zuweisung dieser Tätigkeit bewegte sich die Beklagte im Rahmen ihres durch den Arbeitsvertrag umschriebenen

Direktionsrechtes. Damit wurde die dem Kläger obliegende Arbeit letztmals innerhalb des Direktionsrechtes der Beklagten konkretisiert. Diese zuletzt zugewiesene Tätigkeit des Programmierens von SPS-Sicherheitssoftware kann der Kläger seit seinem Unfall dauerhaft nicht mehr ausüben. Insoweit schließt sich das erkennende Gericht den überzeugenden Ausführungen des LAG Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters im Gutachten vom 08.08.2013 an. Nach diesem Gutachten, das zu Beweiszwecken beigezogen wurde, ist davon auszugehen, dass beim Kläger eine irreversible hirnorganische Verletzung vorliegt, die dazu führt, dass er die an sich geschuldeten komplexen Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen kann.

Nach dem Gutachten ist beim Kläger eine rechts im Frontalhirn gelegene Narbenzone vorhanden. Diese beeinträchtigt nach den Ausführungen des Gutachters zwei kognitive Funktionen des Gehirns, nämlich temporal das Gedächtnis und die exekutiven Funktionen, wobei zu letzteren beispielsweise Planung, Kontaktfähigkeit und Problemlösung gehören.

Nach dem Ergebnis der gutachterlichen Untersuchung weist der Kläger in den Bereichen Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit deutliche Defizite auf, die dazu führen, dass seine Leistungsfähigkeit in seinem Tätigkeitsfeld um 30 bis 40% gemindert ist. Diese Einschätzung beruht auf den vom Gutachter schriftlich dargestellten und nachvollziehbaren Testergebnissen. Die Leistungsminderung bedingt, dass die erbrachten Leistungen nicht von der Beklagten weiter übernommen werden können, sondern vorher von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssen. Die vorgängigen Gutachten der anderen Gutachter stehen dem Gutachten vom 08.08.2013 nicht entgegen.

Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 ist ausgeführt, dass es durchaus vorstellbar sei, dass der Kläger die frühere Tätigkeit wieder aufnehme. Diesbezüglich erfolgt eine Einschränkung, wenn im Ergebnis ausgeführt wird, es sei dem Kläger eine etwas längere Zeit zur Selbstkontrolle bzw. zur Zuhilfenahme von Gedächtnis- und Planungsstützen einzuräumen. Maßgebend ist indes die Feststellung auf Blatt 27 dieses Gutachtens, die Frage des Gerichtes, ob der Kläger wegen der beim Verkehrsunfall am 23.01.2001 erlittenen Hirnschädigung nicht mehr in der Lage sei, das ihm übertragene Aufgabengebiet zu bearbeiten, könne in dieser Form aus neurologischneuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden, weil es an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle, d.h., der Gutachter besaß keine konkrete Vorstellung davon, welche Arbeit der Kläger zu leisten hatte und welche Anforderungen neurologischer Art diese mit sich brachte.

Das Gleiche gilt im Ergebnis für das Gutachten vom 12.03.2012 und das psychiatrische Teilgutachten vom 12.08.2010. So wird im Gutachten vom 12.03.2012 auf Seite 20 (Bl. 359 der beigezogenen Akten) ausgeführt, inwieweit weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden könnten, sei von den Gutachtern schwer beurteilbar, da sie nicht in der Lage seien, dies vor Ort zu überprüfen. Der Ersteller des Gutachtens beantwortet die gestellte Beweisfrage also mit der Aussage, dass er dies in seinem Gutachten nicht abschließend beurteilen konnte. Dies entspricht der Kernaussage im psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010. Dort wird von dem Gutachter auf der vorletzten Seite (Bl. 371 der beigezogenen Akte) ausgeführt, der Unterzeichner sehe sich im Ergebnis außerstande, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass der Kläger nach dem Unfall die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesene Arbeit als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer als Unfallfolge nicht mehr ausüben konnte.

Dem Kläger stehen daher Ansprüche gegen die Beklagte aus Annahmeverzug nicht zu.

B.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat nicht schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt dadurch, dass sie dem Kläger nicht im Rahmen ihres Direktionsrechtes einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

1. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht.

Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur (Änderungs-)Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz und mit den bisherigen Arbeitsaufgaben, sondern auch einer vertragsgemäßen Beschäftigung an anderer Stelle und/oder mit anderen Aufgaben entgegensteht., also eine vertragsgemäße Beschäftigung nicht mehr möglich ist.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist, vergleiche oben zitierte Rechtsprechung, insbesondere BAG, Urteil vom 19.05.2010, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris und BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris. Insoweit unterscheidet das BAG unter Hervorhebung des Direktionsrechtes des Arbeitgebers nicht zwischen der Fallgestaltung, dass die zuletzt zugewiesene Arbeit nicht mehr ausgeübt werden kann, aber eine andere Arbeit ohne Änderung des Arbeitsvertrages zugewiesen werden könnte, so BAG, Urteile vom 19.05.2010 und vom 27.05.2015 oder keine vertraglich vereinbarte Tätigkeit mehr

ausgeübt werden kann, sondern nur eine Tätigkeit, die eine Änderung des Arbeitsvertrages voraussetzt, so BAG, Urteil vom 13.08.2009 - 6 AZR 330/08 - dort Rdz. 28 ff, zitiert nach juris.

In diesem Zusammenhang muss der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Darlegungslast konkret vortragen, mit welchen Aufgaben er in welchen Bereichen vertragsgerecht und leidensgerecht beschäftigt werden kann und wann er eine solche Tätigkeit von dem Arbeitgeber verlangt hat, BAG, Urteil vom 27.05.2017, aaO., Rdz. 35 bzw. wann er initiativ geworden ist und dem Arbeitgeber signalisiert hat, dass er im Rahmen einer leidensgerechten Beschäftigung auch konkrete andere Tätigkeiten außerhalb des arbeitsvertraglich geschuldeten Bereiches ausüben kann, BAG, Urteil vom 13.08.2009, aaO. Rdz. 30f.

2. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens ändert daran nichts.

Die Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX kann helfen, Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis zu beseitigen und eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Ein Präventionsverfahren ist geboten bei Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis von schwerbehinderten Menschen und im Hinblick auf § 68 Abs. 3 SGB III behinderten Menschen mit Gleichstellung, vergleiche Knittel, SGB IX, Kommentar, 7. Auflage, Rdz. 1.

Zu diesem Personenkreis zählte der Kläger nach seinem Vorbringen und nach Aktenlage jedenfalls bis zum Ausspruch der letzten Änderungskündigung vom 30.03.2006 nicht. Er beantragte erst am 10.04.2006 die Gleichstellung. Bei positivem Bescheid über die Gleichstellung wird diese erst wirksam mit dem Tag des Eingangs des Antrages bei der zuständigen Behörde, § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Es ist auch nicht aus der Akte ersichtlich, wann der Kläger der Beklagten Kenntnis davon verschafft hätte, dass und ab wann er gleichgestellt ist. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist deshalb vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 1 SGB IX nicht ersichtlich.

Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob eine etwaige Verletzung der Pflichten aus § 84 Abs. 1 SGB IX seitens der Beklagten überhaupt dazu führt, dass nicht mehr der Kläger eine konkrete leidensgerechte Beschäftigung anbieten müsste, sondern die Beklagte nunmehr von sich aus zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen die leidensgerechte Beschäftigung definieren und anbieten müsste. Denn dazu ist sie ohne nähere Sachverhaltskenntnis von den krankheitsbedingten Einschränkungen im Leistungsvermögen des Klägers auch weiterhin nicht in der Lage. Insoweit ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

3. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens ändert daran ebenfalls nichts.

Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kann helfen, einen leidensgerechten Arbeitsplatz innerhalb der Grenzen des bestehenden Arbeitsvertrages mit den notwendigen Hilfen einzurichten, wenn dies dem Arbeitgeber in organisatorischer wie auch finanzieller Hinsicht zumutbar ist. Unterlässt der Arbeitgeber es, ein gebotenes betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, so kann dies bei der Frage der Möglichkeit einer leidensgerechten Beschäftigung und einer im Sinne eines Verschuldens vorwerfbaren Verantwortung des Arbeitgebers dafür, dass es zu einer leidensgerechten Beschäftigung nicht gekommen ist, eine Rolle spielen. Allerdings ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagement nach der gesetzlichen Regelung nur dort geboten, wo der Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt ist.

Der Kläger hat nicht dazu vorgetragen, dass er in der Zeit vor dem 01.01.2009 einmal innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr länger als sechs Wochen wiederholt oder ununterbrochen arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Solche Fehlzeiten ergeben sich auch nicht aus der Akte. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich.

Nach Aktenlage ist nur eine längere Erkrankung des Klägers ersichtlich. Dabei handelt es sich um die längere Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit dem schweren Unfall des Klägers im Jahr 2001. Diese Arbeitsunfähigkeit hat eine Pflicht der Beklagten zur Einleitung eines BEM-Prozesses nicht auslösen können. Die Vorschrift zum BEM als „Jedermannparagraph“ ohne Beschränkung auf schwerbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit Gleichstellung in der aktuellen Fassung des § 84 Abs. 2 SGB IX ist erst neu und erstmals in Kraft getreten zum 01.05.2004. Nur Zeiten der ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten dieser Norm können deshalb die Pflicht zum BEM-Prozess auslösen.

Zu dem Personenkreis mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen in einem Jahr, bei dem der Arbeitgeber in der Pflicht ist, ein BEM anzubieten und bei Mitwirkungsbereitschaft des Arbeitnehmers durchzuführen, zählt der Kläger nach Aktenlage und nach seinem eigenen Vorbringen nicht. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich. Insoweit ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

4. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die Initiativlast beim Kläger lag, er also gehalten war, in einem ersten Schritt die ihm vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch mögliche Arbeiten im Rahmen oder außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages näher zu umschreiben und der Beklagten als seine ihm mögliche Arbeitsleistung anzubieten.

Er hat außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht aufgefordert, ihm eine andere Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsvertrages zuzuweisen wie Projektbetreuung, Inbetriebsetzung oder Kundenschulung. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Er hat auch außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass ihm eine andere Tätigkeit außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages als leidensgerechte Arbeit möglich wäre und welche Tätigkeit er sich in diesem Zusammenhang vorstelle. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen sowie nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt der Beklagten eine andere im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages mögliche Tätigkeit als leidensgerechte Tätigkeit mitgeteilt. Er hat konsequent darauf beharrt, seine bisherige Tätigkeit als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Nach dem Arbeitsvertrag war der Kläger eingestellt als Elektrotechniker. Zu seinem Aufgabengebiet als Elektrotechniker zählte u.a. Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger hat nach Aktenlage wie auch nach seinem eigenen Vorbringen gegenüber der Beklagten kein konkretes Angebot gemacht, welche Arbeiten er für die Beklagte künftig leidensgerecht noch ausüben könnte. Er hat in dem Kündigungsschutzverfahren konsequent daran festgehalten, dass er in der Lage ist, seine ursprünglich zugewiesene Arbeit als SPS-Programmierer ausüben zu können.

Soweit er im Kündigungsschutzverfahren auf andere vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Projektbetreuung, Projektabwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung hingewiesen hat, lag darin kein konkretes Arbeitsangebot, sondern nur der Hinweis auf die fehlende Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch die Beklagte bei Ausspruch der Änderungskündigung.

Soweit er auf andere nicht vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Anlagenbau und Anlagenfertigung verwiesen hat, ging es dem Kläger dabei ebenfalls nicht um die Darstellung und das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigungsmöglichkeit, sondern um die Darstellung von im Vergleich zu Helfertätigkeiten höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeiten wieder vor dem Hintergrund des im Kündigungsschutzrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten wie im Anlagenbau konnten von der Beklagten nicht im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages und in Ausübung des Weisungsrechtes realisiert werden, sondern nur durch einvernehmliche Vertragsänderung. Eine solche Vertragsänderung hat der Kläger ebenfalls nicht nachgesucht, da er im Grunde daran festgehalten hat, weiter als SPS-Programmierer arbeiten zu können. Abgesehen davon werden bei der Beklagten im Anlagenbau wie auch in der Anlagenfertigung verschiedene Arbeitsplätze für unterschiedlichste Ausbildungen und Qualifikationen angeboten. Eine entsprechende Konkretisierung seitens des Klägers, welcher Arbeitsplatz im Anlagenbau oder in der Anlagenfertigung leidensgerecht wäre, ist nicht ersichtlich.

5. Das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigung innerhalb des Direktionsrechtes des bestehenden Vertrages war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte, wie der Kläger unter Hinweis auf § 281 Abs. 2 BGB geltend macht.

Nach § 281 Abs. 2 BGB ist nur eine Fristsetzung zur Leistungserbringung durch den Schuldner unter den dort genannten Voraussetzungen entbehrlich, nicht aber die hier in Frage stehende Pflicht des Arbeitnehmers als Gläubiger, die vom Schuldner zu erbringende Leistung, den leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die leidensgerechte Beschäftigung zuzuweisen, in einem ersten Schritt zu konkretisieren. Erst wenn der Arbeitgeber mit dieser Konkretisierung durch den Arbeitnehmer weiß, was die von ihm zu erbringende Leistung iSd § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, kann er deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern iSd § 280 Abs. 2 BGB. Dies war der Beklagten hier schon deshalb nicht möglich, weil aus dem Vorbringen des Klägers in der Vergangenheit nicht konkret hervorging, ob die ihm noch mögliche Arbeitsleistung nach seiner Beurteilung innerhalb des Arbeitsvertrages möglich war oder eine Änderung des Arbeitsvertrages bedingte.

Die Klage war daher abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG gebotene Streitwertfestsetzung folgt § 3 ZPO.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen nach § 64 Abs. 2 a) ArbGG, da sie ohnehin zulässig ist nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG und die Zulassungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

III. Der Streitwert wird festgesetzt auf 37.078,89 €.

IV. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im bestehenden Arbeitsverhältnis um Annahmeverzugslohn.

Der 1961 geborene und ledige Kläger ist seit 03.03.1997 bei der Beklagten als Elektrotechniker beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom gleichen Tag umschloss das Aufgabengebiet u.a. die Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger erklärte sich darüber hinaus mit dem Einsatz auf Baustellen einverstanden. Die Beklagte lehnt sich an die Tarifverträge der bayerischen Metall- und Elektroindustrie an.

Der Kläger machte eine ausweislich seiner Prüfungszeugnisse vom 26.06.1980 und vom 04.02.1982 (Blatt 68 der Akte des beigezogenen Verfahrens) eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker und zum Energiegeräteelektroniker. Anschließend diente er mehrere Jahre als Soldat und wurde dort zum Flugsicherungsradarmechanikermeister ausgebildet. Nach der Militärzeit machte er eine Ausbildung zum staatlich geprüften Elektrotechniker ausweislich seines Abschlusszeugnisses vom 31.07.1992 (Blatt 71f der Akte des beigezogenen Verfahrens). In dem Fach Englisch zeigte er sehr gute Leistungen.

Die Beklagte richtet im Geschäftsbereich Automation Robotik für ihre industriellen Kunden unter anderem die Sicherheitstechnik ein. Dazu zählt unter anderem die „Einzäunung“ von Fertigungslinien, in denen Roboter arbeiten. Für die Sicherheit der Mitarbeiter des Kunden und von Servicefirmen muss auch umfangreiche Sicherheitssoftware programmiert werden, damit diese Mitarbeiter für notwendige Wartungs-, Umrüst- oder Reparaturarbeiten nicht in den Wirkbereich der Roboter kommen können, solange diese nicht zuverlässig stillstehen. Dazu zählen auch Notstopps der Fertigungsstraße, wenn Mitarbeiter des Kunden oder der Servicefirmen den Wirkbereich der Roboter während der laufenden Produktion betreten und dabei durch mit Lichtschranken geschützte Zugänge zu den Fertigungslinien gehen. Im Bereich der Programmierung dieser sogenannten Sicherheits-SPS war der Kläger seit seinem Eintritt bei der Beklagten beschäftigt.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 unverschuldet einen Verkehrsunfall, bei dem es zu einer schweren hirnorganischen Schädigung kam. Nach dem Bescheid der Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) vom 07.03.2006 (Blatt 23 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wurde als Unfallfolge unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt. Für die Zeit vom 17.06.2002 bis 31.10.2004 wurde eine MdE von 40% und ab dem 01.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Ferner war ab 01.11.2004 ein GdB von 30 nach § 69 Abs. 2 SGB IX gegeben.

Am 10.04.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 Abs. 2 SGB IX.

Der Kläger erhält in Folge des Unfalles eine Erwerbsminderungsrente. Die Erwerbsminderungsrente des Klägers erhöhte sich ab 01.07.2008 auf 609,83 € ab 01.07.2009 auf 624,53 € ab 01.07.2011 auf 630,71 € und ab 01.07.2012 auf 644,46 €.

Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers streitet einen Erwerbsausfallschaden ab. Ab 15.04.2002 nahm der Kläger nach weniger als fünf Monaten nach dem Unfall im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.06.2002 war er vollschichtig tätig. Im Laufe der wieder aufgenommenen Beschäftigung stellte sich heraus, dass der Kläger in quantitativer Hinsicht erheblich leistungsgemindert war und in qualitativer Hinsicht untypische und in der Vergangenheit vor dem Unfall nicht aufgetretene Programmierfehler machte. Im Herbst/Winter 2003/2004 war vom Kläger bei der Sicherheitssoftware für eine Lackieranlage eines großen süddeutschen Automobilproduzenten die Funktionalität des „Not-Aus“ aus der Software gelöscht worden. Ab Mai 2004 beschäftigte die Beklagte den Kläger deshalb nicht mehr als Programmierer für SPS-Sicherheitssoftware.

Mit Schreiben vom 02.09.2004 (Blatt 42 der Akte des beigezogenen Verfahrens) teilte der Betriebsarzt mit, dass sich der Kläger bei ihm vorgestellt hatte und umfangreiche Unterlagen dabei hatte, aus denen hervorging, dass mehrere Gutachter einmütig eine Wesensveränderung wie auch eine Leistungseinschränkung bejahen. Im Nachgang dazu teilte der Betriebsarzt mit weiterem Schreiben vom 09.09.2004 (Blatt 43 der beigezogenen Akte) mit, dass im Rahmen einer Testaufgabe der Kläger für die gestellte Aufgabe knapp 140 Stunden für eine Station benötigte und ein unerfahrener Kollege dagegen nur 68 Stunden für 5 Stationen.

Die Beklagte sprach am 23.09.2004 eine Beendigungskündigung zum 31.12.2004 aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 22.03.2005 (Blatt 198,, 201 der Akte) geltend:

„Aufgrund seiner Ausbildung wäre der Kläger daher jederzeit in der Lage, auch im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung bei der Beklagten beschäftigt zu werden. Diese Umstände müssten der Personalabteilung der Beklagten durchweg bekannt sein, da dieser auch diese Ausbildungszeugnisse bzw. -bescheinigungen vorliegen.“

Im Berufungsverfahren vor dem LAG Nürnberg machte der Kläger mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 08.09.2005 (Blatt 205, 210 der Akte) geltend: „Die Beklagte übersieht hier völlig, dass der Kläger eine Ausbildung zum Elektrogerätemechaniker sowie Energiegeräteelektroniker besitzt. In einer Weiterbildung wurde er zum Elektrotechniker ausgebildet. (…) Zumindest hätte eine Versetzungsmöglichkeit in diese Arbeitsbereiche, die die Beklagte auch unterhält, geprüft werden müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen.“

Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Die Beklagte sprach am 19.07.2005 eine Änderungskündigung aus. In dem darum geführten Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - machte der Kläger mit Klageschrift seines Prozessbevollmächtigten vom 01.08.2005 (Blatt 212, 215 der Akte) geltend:

„Der Kläger ist jedenfalls in der Lage, die von ihm arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.“

Er macht dort (Blatt 212, 216 der Akte) ferner geltend:

„Keinesfalls können dem Kläger in Anbetracht seiner Ausbildung und seiner Leistungsfähigkeit Lagerarbeiten zugewiesen werden.

Sofern überhaupt eine Umsetzung des Klägers gerechtfertigt sein sollte, sind die unterschiedlichen Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen. Der Kläger könnte beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten. Es wird bestritten, dass die Beklagte weitere Umsetzungsmöglichkeiten geprüft hat. Die Beklagte missachtet den Grundsatz, dass der Arbeitgeber alle Anstrengungen zu unternehmen hat, um den Arbeitnehmer möglichst dauerhaft weiter zu beschäftigen.“

Auch diese Kündigungsschutzklage war erfolgreich.

Am 08.08.2005 nahm der Kläger im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses seine Tätigkeit für die Beklagte wieder auf. Er wurde vorübergehend mit Übersetzungs- und Dokumentationsaufgaben betraut. Im Dezember 2005 führte die Beklagte mit dem Kläger einen Arbeitsversuch durch mit der von ihm arbeitsvertraglich geschuldeten Programmiertätigkeit. Auch hier machte er mehrere sicherheitsrelevante Fehler. Ab dem 01.01.2006 wurde der Kläger im Geschäftsbereich Automation Robotik als Lagerhelfer beschäftigt.

Ab August 2006 wurde der Kläger weiter im Geschäftsbereich Automation Robotik als Helfer bei der Kalt-Brünier-Anlage in der Lackiererei beschäftigt.

Ab Juli 2010 wurde der Kläger schließlich weiterhin im Bereich Automation Robotik in der CNC-Fräserei beschäftigt zum Umspannen von Serienteilen.

Unter dem 16.03.2006 erklärte die Beklagte ein weiteres Mal eine Änderungskündigung. Auch insoweit war eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage erfolgreich.

Unter dem 30.03.2006 erklärte die Beklagte eine weitere und bisher letzte Änderungskündigung zum 30.06.2006. Diese Änderungskündigung sollte zu einer Neubestimmung der vertraglichen Aufgaben des Klägers führen und damit einhergehend zu einer erheblichen Reduzierung seiner Vergütung. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an und erhob Kündigungsschutzklage. Deren Akten wurden dem Verfahren beigezogen.

In der Klageschrift vom 03.04.2006 (Blatt 7, 11 der Akte des beigezogenen Verfahrens) hielt der Kläger daran fest, dass er die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung als SPS-Programmierer weiterhin ausüben könne und an seinem Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 01.08.2005 im Vorverfahren. In dem weiteren Schriftsatz vom 14.07.2006 (Blatt 56, 64 der Akte des beigezogenen Verfahrens) machte er geltend, er könne im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Nach Beweisaufnahme wurde die Kündigungsschutzklage abgewiesen.

In der Berufungsbegründung vom 05.06.2007 (Blatt 145, 154, 155 der Akte des beigezogenen Verfahrens) wies der Kläger darauf hin, dass er ab dem 08.08.2005 einer Prozessbeschäftigung nachging mit Übersetzungs- und Dokumentationsarbeiten und im Anlagenbau bzw. der Anlagenfertigung arbeiten könne. Die Beklagte machte dazu geltend, dass es sich bei den Dokumentations- und Übersetzungsarbeiten nur um eine Prozessbeschäftigung gehandelt habe und ein Arbeitsplatz nicht dauerhaft zur Verfügung stünde. Dazu machte der Kläger mit Schriftsatz im Berufungsverfahren vom 23.08.2007 (Blatt 176, 183 der Akte des beigezogenen Verfahrens) geltend, dass eine externe Vergabe dieser Aufgaben erfolgt sei, es der Beklagten aber zuzumuten sei, diese Arbeiten nicht mehr fremd zu vergeben, sondern im eigenen Haus zu erledigen und hierfür den Kläger einzusetzen. Im Übrigen verwies der Kläger im beigezogenen Verfahren wiederholt auf verschiedene Arbeitsbereiche bei der Beklagten und vielfältige Stellenanzeigen der Beklagten. Er machte unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geltend, er könne in diesen Arbeitsbereichen und auf diesen ausgeschriebenen Stellen arbeiten.

Im Berufungsverfahren wurden mehrere ärztliche Gutachten eingeholt zu der Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers im Hinblick auf seine Befähigung, nach dem Unfall noch sicherheitsrelevante Software zu programmieren.

Der erste Gutachter T. L. teilte in dem psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010 (Blatt 326ff der beigezogenen Akte) mit, dass er sich im Ergebnis außerstande sieht, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten (Blatt 334 der beigezogenen Akte) und eine fachgerechte neuropsychologische Untersuchung erforderlich sei. Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 (Blatt 296ff der beigezogenen Akte) teilte der Gutachter Prof. Dr. med. Sch. mit, dass die Fragen des Gerichtes aus neuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden können, weil es dazu an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle (Blatt 323 der beigezogenen Akte).

Im weiteren Gutachten vom 12.03.2012 (Blatt 340ff der beigezogenen Akten) teilt der Gutachter Prof. Dr. med. D. abschließend mit, es sei schwer beurteilbar, ob weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden können, da es nicht möglich sei, dies vor Ort zu überprüfen (Blatt 359 der beigezogenen Akten).

Der letzte Gutachter Prof. Dr. med. Dr. Dipl.-Ing. W. kommt mit Gutachten vom 08.08.2013 (Blatt 491ff der beigezogenen Akte) zu dem Ergebnis, er habe keinen vernünftigen Zweifel daran, „dass sich die erheblichen Defizite auf das Leistungsvermögen in dem komplexen und verantwortungsvollen Tätigkeitsfeld des SPS-Programmierers negativ auswirken. Dies schließt zwar nicht grundsätzlich aus, dass der Kläger noch in der Lage wäre, Programmierarbeiten zu erledigen. Soweit diese komplexer sind und unter Zeitdruck erfolgen, verliert der Kläger jedoch leicht die Übersicht, sodass dann in einem erheblich verstärkten Umfang die erbrachten Leistungen von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssten. Versuche ich dies zu quantifizieren, erachte ich die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30-40% gemindert.“ (Blatt 521 der beigezogenen Akte).

Diese Feststellungen führten im Ergebnis zur Zurückweisung der Berufung. Dagegen wandte sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde und begründete diese damit, dass das Berufungsgericht mangels Schwerbehinderung oder Gleichstellung des Klägers weder eine Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX vor der Kündigung erkennen konnte noch mangels einer ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit des Klägers von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens nach § 84 Abs. 2 SGB IX. Insoweit liege eine Divergenz nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG vor zu BAG, Urteil vom 12.07.2007 - 2 AZR 716/06 - . Darüber hinaus habe die Frage grundsätzliche Bedeutung nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG, ob § 84 Abs. 2 SGB IX bei Arbeitnehmern mit einer einfachen Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX voraussetze, dass diese ebenfalls länger als sechs Wochen im Kalenderjahr arbeitsunfähig krank waren, um die Notwendigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements auszulösen. Mit Beschluss des BAG vom 19.01.2016 wurde die Revision entsprechend § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG ohne Begründung zugelassen.

Mit Berichterstatterschreiben vom 16.11.2016 wurden die Parteien darauf hingewiesen, dass die Vorinstanzen die Frage der sozialen Rechtfertigung der Absenkung des Stundenlohnes auf 8,50 € brutto nicht geprüft hätten. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme. Binnen gesetzter Frist teilte die Beklagte Namen und Stundenverdienste der übrigen mit Lagerhelfertätigkeiten beschäftigten Mitarbeiter mit. Diesen Tatsachenvortrag bestritt der Kläger mit Nichtwissen.

Mit weiterem Berichterstatterschreiben vom 09.01.2017 wurden die Parteien mit folgenden Überlegungen bekannt gemacht: „In pp. dürfte das mit der Kündigung vom 30. März 2006 unterbreitete Änderungsangebot aus dem grundsätzlich maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont des Klägers mehrere Auslegungsmöglichkeiten hinsichtlich der fortan geschuldeten Arbeitsleistung zulassen, was möglicherweise zu Zweifeln an seiner Bestimmtheit, jedenfalls aber an seinem Inhalt und seiner sozialen Rechtfertigung führen könnte.

Musste der Kläger davon ausgehen, dass er nach Ablauf der Kündigungsfrist Tätigkeiten eines Elektrotechnikers unter Einschluss von Arbeiten im Lager verrichten sollte? Sollte er künftig als Elektrotechniker und zusätzlich als „Lagermitarbeiter“ eingesetzt werden können? Sollte er fortan ausschließlich mit Lagerarbeiten betraut werden können? Welchen Sinn hatten die Passagen, nach denen er als Elektrotechniker „eingestellt“ werde und sich mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden erkläre? Ist zwischen den Parteien im Vorfeld der Kündigung vom 30. März 2006 über den avisierten Aufgabenbereich gesprochen worden? Wenn dem Kläger nach Wirksamwerden der Änderungen nicht ausschließlich reine Lagertätigkeiten übertragen werden sollten: Wie ließe sich dies mit der angebotenen Vergütung vereinbaren?.“

Im Hinblick auf den bevorstehenden Termin zur Revisionsverhandlung wurden die Parteien um möglichst kurzfristige Stellungnahme gebeten. Die Parteien trugen ergänzend vor.

Der Änderungskündigungsschutzklage wurde nach mündlicher Verhandlung am 26.01.2017 schließlich mit BAG, Urteil vom 26.01.2017 - 2 AZR 68/16 - stattgegeben. Eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht erfolgte nicht.

In der Begründung wird unter anderem Bezug genommen auf Sachvortrag der Beklagten, der erstmals im Verfahren vorgetragen wurde vor dem BAG mit Schreiben der beklagten Partei vom 12.12.2016 in Beantwortung des Schreibens des Berichterstatters vom 16.11.2016. In der Begründung wird ferner ausgeführt, entscheidungserheblicher weiterer Sachvortrag der Beklagten stehe nicht zu erwarten.

Der Kläger hat im Verlauf des langjährigen Kündigungsschutzverfahrens in verschiedenen beim Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - anhängigen Verfahren zur Wahrung der in Ziffer 8 des Arbeitsvertrages vereinbarten Ausschlussfristen den Differenzlohn zwischen der nach dem ursprünglich geschlossenen Vertrag geschuldeten Vergütung und der tatsächlich infolge der Änderungskündigung gezahlten Vergütung geltend gemacht. In dem Verfahren 3 Ca 169/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.05.2007 Differenzlohn geltend in Höhe von 21.891,16 € brutto. In dem Verfahren 3 Ca 166/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.06.2007 bis 31.12.2008 Differenzlohn geltend in Höhe von 28.004,14 € brutto. In dem hier streitgegenständlichen Verfahren 1 Ca 167/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 Differenzlohn geltend in Höhe von 45.360,77 € brutto.

In dem Verfahren 1 Ca 168/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.12.2012 Differenzlohn geltend in Höhe von 37.078,89 € brutto.

In dem Verfahren 3 Ca 1437/17 macht der Kläger für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.12.2016 Differenzlohn geltend in Höhe von 81.147,16 € brutto.

Insgesamt begehrt der Kläger eine Nachzahlung von 213.482,12 € brutto.

Der Kläger macht geltend:

Ihm stehe der Differenzlohn als Annahmeverzugslohn zu.

Dieser berechne sich unter Berücksichtigung der über die Jahre erfolgten Tariflohnerhöhungen wie folgt: Für das Jahr 2011:

01.01. bis 31.12.2011 37.867,81 € brutto zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.213,81 € brutto zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.897,55 € brutto zuzüglich VWL 159,60 € brutto Summe: 42.138,77 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 23.798,31 € brutto, sodass sich eine Nachforderung ergebe von 18.340,46 € brutto.

Und für das Jahr 2012:

01.01. bis 31.12.2012; 39.038,88 € brutto zuzüglich vertragliches Urlaubsgeld 2.309,00 € brutto zuzüglich vertragliches Weihnachtsgeld 1.979,14 € brutto zuzüglich VWL 159,60 € brutto Summe: 43.486,62 € brutto.

Darauf sei von der Beklagten bezahlt worden 24.748,19 € brutto, sodass sich eine Nachforderung ergebe von 18.738,43 € brutto.

Für beide Jahre ergebe sich eine Nachforderung von 37.078,89 € brutto.

Daraus errechne sich die Klageforderung. Die Beklagte könne nicht einwenden, dass sie sich an die Branchentarifverträge nur anlehne. Es bestehe eine betriebsübliche betriebliche Übung, die Tarifabschlüsse zu übernehmen und an die Beschäftigten weiterzugeben.

Die Beklagte könne nach dem Urteil des BAG nicht mehr damit gehört werden, er, der Kläger, sei nicht leistungsfähig gewesen im Sinne des ursprünglichen Vertrages. Er sei aber auch unabhängig von dieser rechtlichen Überlegung leistungsfähig gewesen. Dies ergebe sich aus den vor dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. D2. und des Prof. Dr. L., deren Beiziehung zu Beweiszwecken zum vorliegenden Verfahren beantragt werde. Auch die Berufsgenossenschaft habe schon 2002 festgestellt, dass er wieder voll einsatzfähig sei ausweislich des Aktenvermerks der Berufshilfe vom 02.07.2002 (Blatt 150 der Akte).

Einer Beschäftigung auf dem ursprünglichen Arbeitsplatz seien auch keine versicherungsrechtlichen oder arbeitsschutzrechtlichen Aspekte entgegengestanden. Das Vorbringen der Beklagten sei insoweit zu bestreiten.

Vorsorglich sei im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche in tatsächlicher Hinsicht geltend zu machen:

Darum gehe es gar nicht. Er habe nach der Wiedergenesung wieder erfolgreich auf der alten Stelle als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer gearbeitet.

Es sei der Beklagten jedenfalls möglich gewesen, ihn nicht nur als Lagerhelfer weiter zu beschäftigen mit einem Lohn von ursprünglich von 8,50 € brutto ab 01.07.2006. Dies ergebe sich schon aus dem tatsächlichen weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses nach der Wiedergenesung von dem Unfall und den verschiedenen ihm zugewiesenen Arbeitsplätzen und Arbeitsaufgaben.

Es hätte auch höherwertige Arbeitsplätze gegeben, wie die wiederholten Stellenausschreibungen bei der Beklagten in der Zeit danach gezeigt hätten. Es seien Projektleiter, Industriemechaniker/Schlosser, CNC-Fräser sowie Elektriker/Energieelektroniker gesucht worden. Solche seien auch eingestellt worden. Ihm sei dagegen keine solche Stelle angeboten worden. Selbst wenn er trotz seiner vielfachen Ausbildung auf diesen Stellen in Teilbereichen nicht einsetzbar gewesen wäre, so hätte er mit entsprechendem „learning on the job“ in die jeweilige Tätigkeit hineinfinden können. Entsprechende Nachqualifizierungsmaßnahmen seien für die Beklagte sogar kostenneutral möglich gewesen über die Berufsgenossenschaft.

Es sei pflichtwidrig keine Maßnahme nach § 84 Abs. 1 SGB IX durchgeführt worden.

Es sei auch pflichtwidrig kein BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt worden. In einem solchen Verfahren hätte sich ebenfalls eine höherwertige Tätigkeit als nur Lagertätigkeit für den Kläger finden lassen, wenn er schon nicht mehr habe programmieren können.

In rechtlicher Hinsicht sei darauf zu verweisen, dass es einer Fristsetzung nach § 281 Abs. 2 BGB nicht bedurft habe nach der ernsthaften und endgültigen Weigerung der Beklagten, dem Kläger einen (soweit überhaupt erforderlich) leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

Er habe wiederholt eine leidensgerechte Arbeit angeboten.

Auch ein Einsatz als Elektrotechniker sei möglich gewesen. Die Beklagte gehe selbst nach den Urteilsgründen des BAG im Kündigungsschutzverfahren davon aus, dass der Kläger zumindest auf Baustellen als Elektrotechniker hätte eingesetzt werden können.

Auch ein Einsatz im Bereich der technischen Dokumentation und der entsprechenden Übersetzung sei möglich gewesen. Diese Tätigkeit wäre auch auf dem Standard der vertraglich vereinbarten Tätigkeit gewesen. In dieser Position habe er auch gearbeitet ab dem 08.08.2005. Darauf habe er auch Bezug genommen in der Kündigungsschutzklage mit dem Hinweis, dass unterschiedliche Versetzungsmöglichkeiten unter Beachtung der Vorschrift des § 84 SGB IX zu prüfen seien und er, der Kläger, beispielsweise ggf. in der Dokumentation weiterarbeiten könne.

Der Kläger beantragt zuletzt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 37.078,89 € brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Differenzlohn aus Annahmeverzug. Die Berechnung des Klägers sei schon fehlerbehaftet.

Die Beklagte lehne sich nur an die Flächentarifverträge an. Tariflohnerhöhungen würden deshalb auch nicht 1:1 an die eigenen Mitarbeiter weitergegeben. Ferner beziehe der Kläger eine Teilerwerbsminderungsrente, die gegebenenfalls auf den Annahmeverzugsanspruch anzurechnen sei.

Der Anspruch bestehe schon dem Grunde nach nicht.

Ansprüche aus Annahmeverzug setzten voraus, dass der Arbeitnehmer auch objektiv leistungsfähig sei. Dies sei der Kläger nicht gewesen. Nach Wiederaufnahme der Tätigkeit ab Sommer 2002 sei festgestellt worden, dass der Kläger die von der Beklagten erstellte Sicherheitssoftware nicht mehr fehlerfrei programmieren könne und die Leistung insgesamt um ca. 50% im Vergleich zur Normalleistung zurückgegangen sei. Darüber hinaus seien bei dem Programmiertest im Zusammenhang mit einem Projekt für den Autobauer Daimler massive Fehler gemacht worden. Die Programmierfehler des Klägers hätten zu unnötigen Bandstillegungen führen können wie bei dem Programmiertest für Daimler oder zu keinem Notstop der Roboter bei einem Betreten der Gefahrenzone durch Mitarbeiter des Kunden.

Ursächlich für die Programmierfehler des Klägers sei der Unfall gewesen und die dabei erlittenen dauerhaften gesundheitlichen Schäden, die den Kläger außerstande setzten, komplexe Aufgaben wie Programmiertätigkeiten strukturiert und konzentriert und im Ergebnis fehlerfrei abzuarbeiten. Dies ergebe sich aus dem von dem LAG Nürnberg im Kündigungsschutzverfahren eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten des Prof. Dr. W., dessen Beiziehung zum vorliegenden Verfahren beantragt werde.

Der Kläger habe im Bereich der Programmierung von Sicherheitssoftware wegen dieser organischen Hirnschädigungen nicht mehr beschäftigt werden können aus haftungsrechtlichen Gründen wie auch aus Gründen des Arbeitsschutzes. So habe die Betriebshaftpflicht der Beklagten bestätigt, dass bei arbeitgeberseitiger Vorkenntnis der fehlenden Verlässlichkeit des Mitarbeiters darauf zurückführende Schäden nach § 61 VVG und § 4 Abs. 2 Ziffer 1 AHB (1997) nicht versichert seien. Dies sei ein für die Beklagte nicht hinnehmbares Haftungsrisiko. Ferner dürfe die Beklagte aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen Mitarbeiter nicht mit Arbeiten betrauen, die diese nicht erledigen können ohne Gefahr für sich und andere, wie sich aus der einschlägigen berufsgenossenschaftlichen UVV zur Prävention, dort § 7 ergebe.

Die Beklagte habe dem Kläger auch im Laufe der Zeit höherwertige Tätigkeiten übertragen, soweit der Kläger dazu in der Lage gewesen sei. Ursprünglich sei der Kläger beschäftigt worden im Bereich Automation Robotik, dort im Bereich Lager als Lagerhelfer. Ab August 2006 sei der Kläger dann versetzt worden innerhalb des Bereiches als Helfer in der Lackiererei. Ab Juli 2010 sei er dann zum Einsatz gekommen in der CNC-Fräserei.

In den vom Kläger genannten Bereichen sei ein Einsatz jedoch nicht möglich. Der Kläger könne weder unter Zeitdruck arbeiten noch mit komplexeren Aufgaben wie Projektleitung oder Anlagenbau und Schaltschrankbau betraut werden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Sitzungsprotokoll verwiesen, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 313 Abs. 2 ZPO. Die Kammer hat die Akten des Kündigungsschutzprozesses vor dem LAG - 7 (2) Sa 229/07 - und dem BAG - 2 AZR 68/16 - insbesondere hinsichtlich der Sachverständigengutachten Prof. Dr. med. Sch. (Blatt 297ff der dortigen Akte), Prof. Dr. med. D. (Blatt 340ff der dortigen Akte) und Prof. Dr. med. W. (Blatt 491ff der dortigen Akte) zu Beweiszwecken beigezogen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zum Arbeitsgericht ist eröffnet, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a) ArbGG i.V.m. den §§ 46, 48 ArbGG. Das Arbeitsgericht Weiden - Außenkammer B-Stadt - ist zur Entscheidung des Rechtsstreites auch örtlich zuständig, § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Nr.10, Art. 3 Abs. 1 Nr. 8, Abs. 2 BayArbGOrgG.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keine Ansprüche auf Differenzlohn in geltend gemachter Höhe gegen die Beklagte aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzuges nach §§ 611, 615 BGB oder aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Schadenersatzes nach § 280 Abs. 1 BGB.

A.

Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß §§ 611, 615 Satz 1 BGB besteht nicht, weil sich die Beklagte während des streitigen Klagezeitraums nach § 297 BGB nicht in Annahmeverzug befand.

1. Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 BGB zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit nicht willens ist, die geschuldete Leistung zu erbringen, oder aber objektiv außerstande ist, die Leistung zu bewirken, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris, in jüngerer Zeit auch BAG, Urteil vom 28.09.2016 -5 AZR 224/16 - dort Rdz. 23, zitiert nach juris.

a. Entfällt das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Da er über den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor, in und nach dem Verzugszeitraum. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann, BAG, Urteil vom 24.09.2014 - 5 AZR 611/12 - dort Rdz. 17, zitiert nach juris.

b. Zu der Frage des objektiven Leistungs(un) vermögens hat das BAG eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt. Es ist nach der Rechtsprechung des BAG nicht darauf abzustellen, ob der Arbeitnehmer alle im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebenen Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann. Es kommt vielmehr nur darauf, ob er noch objektiv in der Lage ist, die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesenen Arbeitsaufgaben zu erledigen.

Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ durch den Arbeitnehmer ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet, BAG, Urteil vom 30.04.2008 - 5 AZR 502/07 - dort Rdz. 24, zitiert nach juris. Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung, BAG, Urteil vom 19.05.2010 - 5 AZR 162/09 - dort Rdz. 16, zitiert nach juris und in jüngerer Zeit BAG, Urteil vom 27.05.2015 -5 AZR 88/14 - dort Rdz. 19, zitiert nach juris. Das objektive Leistungsvermögen des Arbeitnehmers muss insoweit gegeben sein, damit dem Anspruch auf Annahmeverzugslohn nicht § 297 BGB entgegensteht. Auf diese Tätigkeit muss sich auch der Leistungswille des Arbeitnehmers, also sein Arbeitsangebot beziehen, BAG, Urteil vom 27.08.2008 - 5 AZR 16/08 - dort Rdz. 14, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - dort Rdz. 21, zitiert nach juris, BAG, Urteil vom 09.04.2014 -10 AZR 637/13 - dort Rdz.37, zitiert nach juris. Dieser Rechtsprechung haben sich auch die Landesarbeitsgerichte angeschlossen, LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 06.06.2012 - 4 Sa 2151/11 - dort 47, zitiert nach juris, LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.08.2013 - 2 Sa 248/13 - dort Rdz. 45.

2. Für den vorliegenden Fall ergibt sich hieraus:

a. Der Kläger wurde als Elektrotechniker bei der Beklagten eingestellt. Die Tätigkeit, die ihm nach seinem Arbeitsvertrag oblag, umfasste u.a. die Softwareerstellung, die Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Bei den Programmierarbeiten des Klägers handelte es sich ausschließlich um sog. Sicherheits-SPS (= speicherprogrammierbare Steuerung) bei Fertigungsanlagen. Dies ergibt sich aus dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten. Diese Tätigkeit war die zugewiesene Tätigkeit, hinsichtlich derer zur Begründung von Annahmeverzugsansprüchen objektive Leistungsfähigkeit und subjektiver Leistungswille erforderlich waren.

b. Die nach BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO für die Frage der objektiven Leistungsunfähigkeit maßgebliche vom Kläger geschuldete Tätigkeit war die des Programmierens von Sicherheits-SPS. Mit der Zuweisung dieser Tätigkeit bewegte sich die Beklagte im Rahmen ihres durch den Arbeitsvertrag umschriebenen Direktionsrechtes. Damit wurde die dem Kläger obliegende Arbeit letztmals innerhalb des Direktionsrechtes der Beklagten konkretisiert. Diese zuletzt zugewiesene Tätigkeit des Programmierens von SPS-Sicherheitssoftware kann der Kläger seit seinem Unfall dauerhaft nicht mehr ausüben. Insoweit schließt sich das erkennende Gericht den überzeugenden Ausführungen des LAG Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters im Gutachten vom 08.08.2013 an. Nach diesem Gutachten, das zu Beweiszwecken beigezogen wurde, ist davon auszugehen, dass beim Kläger eine irreversible hirnorganische Verletzung vorliegt, die dazu führt, dass er die an sich geschuldeten komplexen Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen kann.

Nach dem Gutachten ist beim Kläger eine rechts im Frontalhirn gelegene Narbenzone vorhanden. Diese beeinträchtigt nach den Ausführungen des Gutachters zwei kognitive Funktionen des Gehirns, nämlich temporal das Gedächtnis und die exekutiven Funktionen, wobei zu letzteren beispielsweise Planung, Kontaktfähigkeit und Problemlösung gehören.

Nach dem Ergebnis der gutachterlichen Untersuchung weist der Kläger in den Bereichen Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit deutliche Defizite auf, die dazu führen, dass seine Leistungsfähigkeit in seinem Tätigkeitsfeld um 30 bis 40% gemindert ist. Diese Einschätzung beruht auf den vom Gutachter schriftlich dargestellten und nachvollziehbaren Testergebnissen. Die Leistungsminderung bedingt, dass die erbrachten Leistungen nicht von der Beklagten weiter übernommen werden können, sondern vorher von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssen. Die vorgängigen Gutachten der anderen Gutachter stehen dem Gutachten vom 08.08.2013 nicht entgegen.

Im neurologischen Zusatzgutachten vom 17.01.2011 ist ausgeführt, dass es durchaus vorstellbar sei, dass der Kläger die frühere Tätigkeit wieder aufnehme. Diesbezüglich erfolgt eine Einschränkung, wenn im Ergebnis ausgeführt wird, es sei dem Kläger eine etwas längere Zeit zur Selbstkontrolle bzw. zur Zuhilfenahme von Gedächtnis- und Planungsstützen einzuräumen. Maßgebend ist indes die Feststellung auf Blatt 27 dieses Gutachtens, die Frage des Gerichtes, ob der Kläger wegen der beim Verkehrsunfall am 23.01.2001 erlittenen Hirnschädigung nicht mehr in der Lage sei, das ihm übertragene Aufgabengebiet zu bearbeiten, könne in dieser Form aus neurologischneuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden, weil es an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle, d.h., der Gutachter besaß keine konkrete Vorstellung davon, welche Arbeit der Kläger zu leisten hatte und welche Anforderungen neurologischer Art diese mit sich brachte.

Das Gleiche gilt im Ergebnis für das Gutachten vom 12.03.2012 und das psychiatrische Teilgutachten vom 12.08.2010. So wird im Gutachten vom 12.03.2012 auf Seite 20 (Bl. 359 der beigezogenen Akten) ausgeführt, inwieweit weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden könnten, sei von den Gutachtern schwer beurteilbar, da sie nicht in der Lage seien, dies vor Ort zu überprüfen. Der Ersteller des Gutachtens beantwortet die gestellte Beweisfrage also mit der Aussage, dass er dies in seinem Gutachten nicht abschließend beurteilen konnte. Dies entspricht der Kernaussage im psychiatrischen Teilgutachten vom 12.08.2010. Dort wird von dem Gutachter auf der vorletzten Seite (Bl. 371 der beigezogenen Akte) ausgeführt, der Unterzeichner sehe sich im Ergebnis außerstande, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass der Kläger nach dem Unfall die ihm im Rahmen des Direktionsrechtes zugewiesene Arbeit als SPS-Sicherheitssoftware-Programmierer als Unfallfolge nicht mehr ausüben konnte.

Dem Kläger stehen daher Ansprüche gegen die Beklagte aus Annahmeverzug nicht zu.

B.

Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat nicht schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt dadurch, dass sie dem Kläger nicht im Rahmen ihres Direktionsrechtes einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

1. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht.

Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinem bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur (Änderungs-)Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer vertragsgemäßen Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz und mit den bisherigen Arbeitsaufgaben, sondern auch einer vertragsgemäßen Beschäftigung an anderer Stelle und/oder mit anderen Aufgaben entgegensteht., also eine vertragsgemäße Beschäftigung nicht mehr möglich ist.

Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist, vergleiche oben zitierte Rechtsprechung, insbesondere BAG, Urteil vom 19.05.2010, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris und BAG, Urteil vom 27.05.2015, aaO, Rdz. 26, zitiert nach juris. Insoweit unterscheidet das BAG unter Hervorhebung des Direktionsrechtes des Arbeitgebers nicht zwischen der Fallgestaltung, dass die zuletzt zugewiesene Arbeit nicht mehr ausgeübt werden kann, aber eine andere Arbeit ohne Änderung des Arbeitsvertrages zugewiesen werden könnte, so BAG, Urteile vom 19.05.2010 und vom 27.05.2015 oder keine vertraglich vereinbarte Tätigkeit mehr ausgeübt werden kann, sondern nur eine Tätigkeit, die eine Änderung des Arbeitsvertrages voraussetzt, so BAG, Urteil vom 13.08.2009 - 6 AZR 330/08 - dort Rdz. 28 ff, zitiert nach juris.

In diesem Zusammenhang muss der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Darlegungslast konkret vortragen, mit welchen Aufgaben er in welchen Bereichen vertragsgerecht und leidensgerecht beschäftigt werden kann und wann er eine solche Tätigkeit von dem Arbeitgeber verlangt hat, BAG, Urteil vom 27.05.2017, aaO., Rdz. 35 bzw. wann er initiativ geworden ist und dem Arbeitgeber signalisiert hat, dass er im Rahmen einer leidensgerechten Beschäftigung auch konkrete andere Tätigkeiten außerhalb des arbeitsvertraglich geschuldeten Bereiches ausüben kann, BAG, Urteil vom 13.08.2009, aaO. Rdz. 30f.

2. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines Präventionsverfahrens ändert daran nichts.

Die Durchführung eines Präventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX kann helfen, Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis zu beseitigen und eine dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Ein Präventionsverfahren ist geboten bei Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis von schwerbehinderten Menschen und im Hinblick auf § 68 Abs. 3 SGB III behinderten Menschen mit Gleichstellung, vergleiche Knittel, SGB IX, Kommentar, 7. Auflage, Rdz. 1.

Zu diesem Personenkreis zählte der Kläger nach seinem Vorbringen und nach Aktenlage jedenfalls bis zum Ausspruch der letzten Änderungskündigung vom 30.03.2006 nicht. Er beantragte erst am 10.04.2006 die Gleichstellung. Bei positivem Bescheid über die Gleichstellung wird diese erst wirksam mit dem Tag des Eingangs des Antrages bei der zuständigen Behörde, § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX. Es ist auch nicht aus der Akte ersichtlich, wann der Kläger der Beklagten Kenntnis davon verschafft hätte, dass und ab wann er gleichgestellt ist. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist deshalb vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 1 SGB IX nicht ersichtlich.

Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob eine etwaige Verletzung der Pflichten aus § 84 Abs. 1 SGB IX seitens der Beklagten überhaupt dazu führt, dass nicht mehr der Kläger eine konkrete leidensgerechte Beschäftigung anbieten müsste, sondern die Beklagte nunmehr von sich aus zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen die leidensgerechte Beschäftigung definieren und anbieten müsste. Denn dazu ist sie ohne nähere Sachverhaltskenntnis von den krankheitsbedingten Einschränkungen im Leistungsvermögen des Klägers auch weiterhin nicht in der Lage. Insoweit ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

3. Der Hinweis des Klägers auf die Notwendigkeit eines BEM-Verfahrens ändert daran ebenfalls nichts.

Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kann helfen, einen leidensgerechten Arbeitsplatz innerhalb der Grenzen des bestehenden Arbeitsvertrages mit den notwendigen Hilfen einzurichten, wenn dies dem Arbeitgeber in organisatorischer wie auch finanzieller Hinsicht zumutbar ist. Unterlässt der Arbeitgeber es, ein gebotenes betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen, so kann dies bei der Frage der Möglichkeit einer leidensgerechten Beschäftigung und einer im Sinne eines Verschuldens vorwerfbaren Verantwortung des Arbeitgebers dafür, dass es zu einer leidensgerechten Beschäftigung nicht gekommen ist, eine Rolle spielen. Allerdings ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagement nach der gesetzlichen Regelung nur dort geboten, wo der Mitarbeiter innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig erkrankt ist.

Der Kläger hat nicht dazu vorgetragen, dass er in der Zeit vor dem 01.01.2009 einmal innerhalb eines Zeitraumes von einem Jahr länger als sechs Wochen wiederholt oder ununterbrochen arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Solche Fehlzeiten ergeben sich auch nicht aus der Akte. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich.

Nach Aktenlage ist nur eine längere Erkrankung des Klägers ersichtlich. Dabei handelt es sich um die längere Zeit der Arbeitsunfähigkeit im Zusammenhang mit dem schweren Unfall des Klägers im Jahr 2001. Diese Arbeitsunfähigkeit hat eine Pflicht der Beklagten zur Einleitung eines BEM-Prozesses nicht auslösen können. Die Vorschrift zum BEM als „Jedermannparagraph“ ohne Beschränkung auf schwerbehinderte Menschen oder behinderte Menschen mit Gleichstellung in der aktuellen Fassung des § 84 Abs. 2 SGB IX ist erst neu und erstmals in Kraft getreten zum 01.05.2004. Nur Zeiten der ununterbrochenen oder wiederholten Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten dieser Norm können deshalb die Pflicht zum BEM-Prozess auslösen.

Zu dem Personenkreis mit einer krankheitsbedingten Fehlzeit von mehr als sechs Wochen in einem Jahr, bei dem der Arbeitgeber in der Pflicht ist, ein BEM anzubieten und bei Mitwirkungsbereitschaft des Arbeitnehmers durchzuführen, zählt der Kläger nach Aktenlage und nach seinem eigenen Vorbringen nicht. Ein pflichtwidriges Handeln der Beklagten ist vor dem Hintergrund des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht ersichtlich. Insoweit ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte in einer Initiativlast gewesen wäre, für den Kläger von sich aus im Rahmen des Arbeitsvertrages eine andere Tätigkeit zuzuweisen wie Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung, usw.

4. Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus, dass die Initiativlast beim Kläger lag, er also gehalten war, in einem ersten Schritt die ihm vor dem Hintergrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen noch mögliche Arbeiten im Rahmen oder außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages näher zu umschreiben und der Beklagten als seine ihm mögliche Arbeitsleistung anzubieten.

Er hat außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht aufgefordert, ihm eine andere Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsvertrages zuzuweisen wie Projektbetreuung, Inbetriebsetzung oder Kundenschulung. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Er hat auch außerhalb der Prozessakte des Kündigungsschutzverfahrens die Beklagte nicht darauf hingewiesen, dass ihm eine andere Tätigkeit außerhalb des Rahmens des Arbeitsvertrages als leidensgerechte Arbeit möglich wäre und welche Tätigkeit er sich in diesem Zusammenhang vorstelle. Dazu hat er nach den gerichtlichen Hinweisen im Termin zur streitigen Verhandlung in dem nachgelassenen Schriftsatz nichts vorgetragen. Entsprechende Aufforderungen finden sich auch nicht im Akt oder in der beigezogenen Akte.

Der Kläger hat nach seinem eigenen Vorbringen sowie nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt der Beklagten eine andere im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages mögliche Tätigkeit als leidensgerechte Tätigkeit mitgeteilt. Er hat konsequent darauf beharrt, seine bisherige Tätigkeit als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Nach dem Arbeitsvertrag war der Kläger eingestellt als Elektrotechniker. Zu seinem Aufgabengebiet als Elektrotechniker zählte u.a. Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Der Kläger hat nach Aktenlage wie auch nach seinem eigenen Vorbringen gegenüber der Beklagten kein konkretes Angebot gemacht, welche Arbeiten er für die Beklagte künftig leidensgerecht noch ausüben könnte. Er hat in dem Kündigungsschutzverfahren konsequent daran festgehalten, dass er in der Lage ist, seine ursprünglich zugewiesene Arbeit als SPS-Programmierer ausüben zu können.

Soweit er im Kündigungsschutzverfahren auf andere vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Projektbetreuung, Projektabwicklung, Inbetriebsetzung und Kundenschulung hingewiesen hat, lag darin kein konkretes Arbeitsangebot, sondern nur der Hinweis auf die fehlende Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch die Beklagte bei Ausspruch der Änderungskündigung.

Soweit er auf andere nicht vertragsgerechte Beschäftigungsmöglichkeiten wie Anlagenbau und Anlagenfertigung verwiesen hat, ging es dem Kläger dabei ebenfalls nicht um die Darstellung und das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigungsmöglichkeit, sondern um die Darstellung von im Vergleich zu Helfertätigkeiten höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeiten wieder vor dem Hintergrund des im Kündigungsschutzrecht geltenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Diese Beschäftigungsmöglichkeiten wie im Anlagenbau konnten von der Beklagten nicht im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrages und in Ausübung des Weisungsrechtes realisiert werden, sondern nur durch einvernehmliche Vertragsänderung. Eine solche Vertragsänderung hat der Kläger ebenfalls nicht nachgesucht, da er im Grunde daran festgehalten hat, weiter als SPS-Programmierer arbeiten zu können. Abgesehen davon werden bei der Beklagten im Anlagenbau wie auch in der Anlagenfertigung verschiedene Arbeitsplätze für unterschiedlichste Ausbildungen und Qualifikationen angeboten. Eine entsprechende Konkretisierung seitens des Klägers, welcher Arbeitsplatz im Anlagenbau oder in der Anlagenfertigung leidensgerecht wäre, ist nicht ersichtlich.

5. Das Angebot einer konkreten leidensgerechten Beschäftigung innerhalb des Direktionsrechtes des bestehenden Vertrages war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte, wie der Kläger unter Hinweis auf § 281 Abs. 2 BGB geltend macht.

Nach § 281 Abs. 2 BGB ist nur eine Fristsetzung zur Leistungserbringung durch den Schuldner unter den dort genannten Voraussetzungen entbehrlich, nicht aber die hier in Frage stehende Pflicht des Arbeitnehmers als Gläubiger, die vom Schuldner zu erbringende Leistung, den leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und die leidensgerechte Beschäftigung zuzuweisen, in einem ersten Schritt zu konkretisieren. Erst wenn der Arbeitgeber mit dieser Konkretisierung durch den Arbeitnehmer weiß, was die von ihm zu erbringende Leistung iSd § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, kann er deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern iSd § 280 Abs. 2 BGB. Dies war der Beklagten hier schon deshalb nicht möglich, weil aus dem Vorbringen des Klägers in der Vergangenheit nicht konkret hervorging, ob die ihm noch mögliche Arbeitsleistung nach seiner Beurteilung innerhalb des Arbeitsvertrages möglich war oder eine Änderung des Arbeitsvertrages bedingte.

Die Klage war daher abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG gebotene Streitwertfestsetzung folgt § 3 ZPO.

V.

Die Berufung war nicht gesondert zuzulassen nach § 64 Abs. 2 a) ArbGG, da sie ohnehin zulässig ist nach § 64 Abs. 2 b) ArbGG und die Zulassungsvoraussetzungen des § 64 Abs. 3 ArbGG nicht vorliegen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 21.891,16 € festgesetzt.

4. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Vergütung.

Der 1961 geborene ledige Kläger ist seit 3.3.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Aufgabengebiet als Elektrotechniker umschließt nach dem Anstellungsvertrag vom 3.3.1997 die Software-Erstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung.

Der Kläger erlitt am 23.11.2001 bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma. Am 15.4.2002 nahm er im Rahmen einer Wiedereingliederung seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.6.2002 vollschichtig. Nachdem es aus Sicht der Beklagten aber zu Problemen mit der Arbeitsleistung des Klägers gekommen ist und trotz Unterstützungsleistungen durch Kollegen immer wieder zu korrigierende Fehler bei der Programmiertätigkeit des Klägers aufgetreten seien, stellte die Beklagte den Kläger ab Mai 2004 unter Fortzahlung der Vergütung von der Erbringung der Arbeitsleistung frei und kündigte das Arbeitsverhältnis erstmals mit Schreiben vom 23.9.2004 wegen Unzumutbarkeit der weiteren Entgegennahme der klägerischen Minder- und Schlechtleistung. Diese Kündigung zum 31.12.2004 wurde durch die Arbeitsgerichtsbarkeit rechtskräftig für unwirksam erklärt. Die nachfolgende Änderungskündigung der Beklagten vom 19.7.2005 wurde ebenfalls rechtskräftig für unwirksam erklärt, auch die weitere Änderungskündigung der Beklagten vom 16.3.2006 und zuletzt auch die weitere Änderungskündigung vom 30.3.2006 zum 30.6.2006 (vgl. BAG vom 26.1.2017, 2 AZR 68/16).

Diese letzte Änderungskündigung sollte zu einer Neufestlegung der Arbeitspflichten unter Berücksichtigung der beklagtenseits angenommenen gesundheitlichen Einschränkungen bei einer gleichzeitigen erheblichen Vergütungsreduzierung führen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Die Akten dieses Kündigungsrechtsstreits wurden mitsamt den dort eingeholten Gutachten beigezogen. Bezüglich des genauen Inhalts der Gutachten wird insbesondere auf Bl. 297 ff., 340 ff. und 491 ff. d.A. des beigezogenen Verfahrens verwiesen.

Als Unfallfolgen wurden durch die zuständige Berufsgenossenschaft für Feinmechanik und Elektrotechnik am 7.3.2006 unter anderem eine leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung anerkannt (Bl. 23 f. d.A. des beigezogenen Verfahrens). Für die Zeit ab 17.6.2002 wurde eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 40%, ab 1.11.2004 eine MdE von 30% anerkannt. Danach bestand beim Kläger ab 1.11.2004 auch ein Grad der Behinderung (GdB) von 30%, vgl. § 69 II SGB IX. Am 10.4.2006 beantragte der Kläger die Gleichstellung nach § 68 II SGB IX (Bl. 22 d.A. d.b.V.). Ab 17.6.2002 erhält der Kläger von seiner Berufsgenossenschaft monatlich eine Erwerbsminderungsrente, nach der klägerseits vorgelegten Aufstellung in Höhe von zuletzt 712,44 € (pro Monat), vgl. Anlage K 28 zum letzten Schriftsatz vom 1.9.2017.

Der Kläger hat in mehreren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden Differenzlohn zwischen der nach dem Arbeitsvertrag geschuldeten und der tatsächlich infolge der (letzten) Änderungskündigung gezahlten Vergütung eingeklagt. Diese Verfahren wurden von den Parteien bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Wirksamkeit der (letzten) Änderungskündigung vom 30.3.2006 durch das Bundesarbeitsgericht nicht betrieben.

Vorliegend macht der Kläger den Differenzlohn für den Zeitraum Januar 2006 bis Mai 2007 geltend. Da die Kündigungen unwirksam seien, schulde die Beklagte ihm die Differenz zwischen vertraglich geschuldetem und tatsächlich nur gezahltem Lohn als Annahmeverzug. Zur Berechnung der Forderung wird bezüglich aller Details auf die Klageschrift und dort auf Bl. 6 ff. d.A. verwiesen. Die Beklagte orientiere sich an den Tarifabschlüssen der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie, es gebe hier eine betriebliche Übung zur Übernahme der Tarifabschlüsse. Die Beklagte könne sich nicht auf eine - ohnehin nicht gegebene - mangelnde Leistungsfähigkeit des Klägers berufen. Darüber sei schon im Kündigungsschutzverfahren zu Gunsten des Klägers befunden worden. Die Leistungsfähigkeit für die Tätigkeiten gem. Arbeitsvertrag würde durch die Gutachten des Prof. Dr. D. sowie des Prof. Dr. L. sowie die Feststellung der Berufsgenossenschaft (über die Besprechung vom 14.6.2002, Anlage K 15, Bl. 147 d.A.) belegt. Eine weitere Beweiserhebung durch Zeugen oder Sachverständige sei hier weder geboten noch notwendig. Der Beklagten wäre es auch jederzeit möglich gewesen, den Kläger auf einem anderen, ggf. seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz einzusetzen. Die Beklagte hätte auch im Rahmen eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweisen müssen, was aber entgegen der gesetzlichen Regelung unterblieben sei. Einer Fortbeschäftigung auf seinem bisherigen Arbeitsplatz stünden keine versicherungsrechtlichen Gründe entgegen. Vorsorglich sei jedoch auch im Hinblick auf etwaige Schadensersatzansprüche vorzutragen. Zwar habe grundsätzlich keine Veranlassung bestanden, die Beklagte zur Zuweisung einer leidensgerechten Tätigkeit aufzufordern, da er nach Wiedergenesung wieder erfolgreich auf seiner alten Stelle gearbeitet habe. Durch die Klageerhebungen habe er aber gezeigt, dass er eine Versetzung ins Lager nicht akzeptiere. Die Beklagte habe durch die immer neuen Kündigungen gezeigt, dass sie die Zurverfügungstellung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes ebenso wie eine dauerhafte Rückkehr in die ursprüngliche Tätigkeit ernsthaft und endgültig verweigere. Auch habe er immer wieder seinen Anspruch auf Zuweisung einer vertragsgerechten und ggf. leidensgerechten Tätigkeit geltend gemacht. Aufgrund seiner Qualifikationen hätte die Beklagte ihn höherwertiger als im Lager einsetzen können und müssen, worauf er in den Kündigungsschutzverfahren immer wieder hingewiesen habe. Insbesondere im Bereich Anlagenbau bzw. Anlagenfertigung wäre er einsetzbar gewesen. Die Beklagte habe ausweislich ihrer Stellenausschreibungen laufend Industriemechaniker, Elektrotechniker, staatl. geprüfte Techniker, Elektroinstallateure, Maschinenbautechniker, Energieelektroniker, auch Projektleiter, Industriemechaniker, CNC-Fräser usw. gesucht und eingestellt (Bl. 244 f. d.A.). Selbst wenn er hierfür nicht vollumfänglich qualifiziert gewesen sein sollte, so wäre ein „learning on the job“ möglich und zumutbar gewesen. Erforderliche Nachqualifizierungen hätten sogar für die Beklagte kostenneutral über die Berufsgenossenschaft erfolgen können. Die Beklagte habe dies aber ebenso blockiert wie die Möglichkeit, über § 84 I oder § 84 II SGB IX einen leidensgerechten Arbeitsplatz zu finden. Der Kläger hätte schließlich auch wie bereits 2005 im Bereich der technischen Dokumentation eingesetzt werden können, was nicht mit einem dermaßen drastischen sozialen Abstieg verbunden gewesen wäre wie die Versetzung auf die Position eines Lagerarbeiters (Bl. 248 f. d.A.). Wegen aller weiteren Einzelheiten des Klägervortrages wird ergänzend und bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 21.891,16 brutto nebst Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag i.H. von 5% über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt hingegen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags macht die Beklagte geltend, dass der Kläger einen Differenzlohn weder unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges noch als Schadensersatz verlangen könne. Durch den Unfall habe der Kläger eine Hirnschädigung erlitten, die es ihm unmöglich machte, seine an sich geschuldeten Tätigkeiten oder ähnlich komplexe Tätigkeiten zu verrichten. Dies werde durch das Gutachten des Prof. Dr. med. Dr. Dipl. Ing. Widder bestätigt. Aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen könne der Kläger auch nicht im Anlagenbau bzw. in der Anlagenfertigung oder als Elektrotechniker beschäftigt werden. Mangels Leistungsfähigkeit sei ein Annahmeverzug nicht möglich. Die Beklagte dürfe den Kläger auch weder im bisherigen noch in ähnlich komplexen Bereichen beschäftigen, um Gefahren für Mensch und Maschinen zu vermeiden. Eine Entgeltdifferenz könne der Kläger nach Berücksichtigung seiner Teilerwerbsunfähigkeitsrente beim Drittschädiger bzw. bei seiner Haftpflichtversicherung einfordern. Einen höherwertigen leidensgerechten Arbeitsplatz als den vom Kläger letztlich eingenommenen im Lager gebe es bei der Beklagten nicht, der Kläger trage hierzu nichts Konkretes vor. Seit der letzten Änderungskündigung sei die Beklagte auch bemüht, dem Kläger anspruchsvollere bzw. abwechslungsreichere Tätigkeiten anzubieten. So sei der Kläger bereits seit August 2006 in den Bereich Robotik gewechselt und ab Juli 2010 in die CNC-Fräserei (Bl. 165 f. d.A.). Die Klage könne auch der Höhe nach keinen Erfolg haben, da die Beklagte nicht tarifgebunden sei und sich nur an den Tarifabschlüssen orientiere. Die Zahlen des Klägers seien daher unzutreffend. Wegen weiterer Einzelheiten zum Beklagtenvortrag wird bezüglich aller Details auf die hierzu eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen noch auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn gem. §§ 8 KSchG, 611 a II, 615 S.1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag, da der Kläger im Streitzeitraum nicht leistungsfähig gem. § 297 BGB war.

Nach § 297 BGB sind Annahmeverzugsansprüche ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu erbringen. Dabei geht es um die konkret zugewiesene Tätigkeit - hier u.a. Programmierarbeiten von Sicherheits-SPS bei Fertigungsanlagen - und nicht um sämtliche nach dem Arbeitsvertrag möglichen Tätigkeiten (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09). Zudem ist der Annahmeverzug wegen § 297 BGB nicht nur bei vollständiger Leistungsunfähigkeit, sondern bereits dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer lediglich Teile der konkret zugewiesenen Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht (mehr) erbringen kann, weil eine Teilarbeitsunfähigkeit nach der Rechtsprechung nicht existiert (vgl. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13).

Danach erachtet die erkennende Kammer den Kläger als leistungsunfähig i.S.d. § 297 BGB in Bezug auf die ihm konkret zugewiesenen Tätigkeiten. Das Gericht schließt sich hier den überzeugenden Ausführungen des Landesarbeitsgerichts Nürnberg im Berufungsurteil zu den Feststellungen des letzten Gutachters Prof. Dr. Dr. W1. im Gutachten vom 8.8.2013 an. Danach ist die Leistungsfähigkeit des Klägers in seinem konkreten Tätigkeitsfeld um in jedem Fall 30 bis 40% gemindert. Dies bezieht sich auf den gesamten Streitzeitraum, da das 2013 erstellte Gutachten insoweit keine Einschränkungen enthält und das Endstadium einer möglichen Besserung bei den gesundheitlichen Einschränkungen nach der Erläuterung zum Gutachten von Prof. Dr. Dr. W1. im Termin vor dem Landesarbeitsgericht am 2.4.2015 jedenfalls 2004 erreicht war (Bl. 608 d.b.A.). Ein abweichender Befund in den hier entscheidenden Fragen findet sich auch in den übrigen Gutachten nicht. Danach ist der Kläger jedenfalls zu einem erheblichen Teil nicht mehr in der Lage, seine vormals verrichteten Tätigkeiten u.a. als Programmierer im sicherheitsrelevanten Bereich auszuführen.

Das führt dazu, dass Annahmeverzugsansprüche hier ausgeschlossen sind. Zu keinem anderen Ergebnis führt auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in Fällen, in denen keine verminderte Arbeitsfähigkeit vorliegt, sondern der Arbeitnehmer eine volle Arbeitsleistung erbringen kann und lediglich gehindert ist, (noch) der gesamten Bandbreite der arbeitsvertraglich an sich möglichen Leistungsbestimmungen gerecht zu werden (vgl. z.B. BAG vom 9.4.2014, 10 AZR 637/13). Ein solcher Fall liegt hier nämlich nicht vor. Das BAG geht davon aus, dass dann nur eine - für § 297 BGB unrelevante - eingeschränkte Verwendungsmöglichkeit in Abgrenzung zu einer tatsächlich verminderten Arbeitsfähigkeit vorliegt, wenn es nur um die Frage der zeitlichen Lage der ansonsten aber weiter in vollem Umfang zu erbringenden Arbeitsleistung geht oder wenn es nur um eine untergeordnet wichtige, gar nicht vertraglich schriftlich fixierte Tätigkeit geht, die nicht mehr erbracht werden kann (vgl. BAG vom 9.4.2014 a.a.O. und Anmerkung dazu von Prof. Dr. W2., zitiert nach beckonline). Das ist im vorliegenden Fall ersichtlich anders. Hier geht es um erhebliche Einschränkungen des Klägers im Kernbereich seiner schriftlich im Arbeitsvertrag fixierten und tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten.

Auch ein Schadensersatzanspruch gem. § 280 I BGB wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes steht dem Kläger nicht zu.

Zwar ist nach § 241 II BGB jede Partei - auch der Arbeitgeber - verpflichtet, auf die Rechte und Interessen des Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Dazu kann u.U. bei gesundheitlichen Problemen des Arbeitnehmers auch gehören, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine anderweitige geeignete Arbeit zuweist, damit dieser seine Leistung wieder erbringen kann. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber auch mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG vom 27.5.2015, 5 AZR 88/14). Ein danach erforderliches Umsetzungsverlangen muss auch in zeitlicher Hinsicht konkret sein (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09).

Auch bei einem Schwerbehinderten gilt grundsätzlich nichts anderes, auch hier muss der Arbeitnehmer schlüssig darlegen und im Bestreitensfall nachweisen, dass es anderweitige geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und er diese auch geltend gemacht hat (vgl. BAG vom 4.10.2005, 9 AZR 632/04, zitiert nach juris, Rn. 28; vgl. auch Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 17. Aufl., § 178 Rn. 49). Auch der Schwerbehinderte muss eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit aufzeigen und konkret einfordern (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 42: „Verlangen des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf anderweitige Beschäftigung“; vgl. LAG Hessen vom 5.11.2012, 21 Sa 593/10; vgl. auch Dau/ Düwell/ Joussen SGB IX, 4. Aufl., § 81 Rn. 187). Erleichterungen bei dieser Darlegungs- und Beweislast können zu Gunsten des Arbeitnehmers nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber gegen eine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens gem. § 84 I SGB IX oder eines Betrieblichen Eingliederungsverhältnisses gem. § 84 II SGB IX verstoßen hat. Davon kann hier aber nicht ausgegangen werden.

Ein Präventionsverfahren setzt Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis voraus, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können (§ 84 I SGB IX). Nach dem Bundesarbeitsgericht geht es hier um aufgetretene Unzuträglichkeiten, aus denen ein Kündigungsgrund und damit eine Bestandsgefährdung entstehen kann (vgl. BAG vom 7.12.2006, 2 AZR 182/06). Diese Voraussetzung ist aus Sicht der Kammer nicht erfüllt. Der Kläger hat nach seinem Unfall erfreulich bald wieder bei der Beklagten angefangen zu arbeiten. Im Streitzeitraum haben die Parteien zwar darum gestritten, mit welchen Tätigkeiten der Kläger noch beschäftigt werden kann. Dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses an sich aber gefährdet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Gegenteil arbeiten die Parteien trotz ihrer unterschiedlichen Auffassungen über die Unfallfolgen beim Kläger nach wie vor weiter zusammen. Aus Sicht des Gerichts ist darüber hinaus unklar, ob sich der Kläger überhaupt auf § 84 I SGB IX berufen kann. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass und ggf. ab wann er tatsächlich einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt wurde und wann er dies ggf. der Beklagten mitgeteilt hat. Daher bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines Präventionsverfahrens.

Auch die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements gem. § 84 II SGB IX sind nicht erfüllt. Es ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass der Kläger nach seinem Unfall im Jahre 2001 und seit dem Inkrafttreten des § 84 SGB IX am 1.5.2004 innerhalb eines Jahres einmal länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Damit aber bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Durchführung eines BEM.

Damit verbleibt es hier - auch im Falle einer Gleichstellung - bei der aufgezeigten Darlegungs- und Beweislast des Klägers für die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs. Selbst wenn die Beklagte ein Präventionsverfahren oder BEM hätte durchführen müssen und dem Kläger damit Erleichterungen bei seiner Darlegungslast zugute kommen würden, müsste er für einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtzuweisung einer leidensgerechten Beschäftigung aber weiterhin jedenfalls vortragen, dass ihm die Erbringung der bislang geleisteten Arbeit nicht mehr möglich ist und unter Hinweis auf ärztliche Bescheinigungen widerspruchsfrei geltend machen, welche Fähigkeiten ihm noch verblieben sind (vgl. BAG vom 10.5.2005, 9 AZR 230/04, zitiert nach juris, Rn. 44 ff.; explizit auch: Boecken/ Düwell/ Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, § 82 SGB IX Rn. 19). Mit anderen Worten: Die Initiativlast für die Zuweisung einer anderweitigen leidensgerechten Tätigkeit liegt in jedem Fall beim Kläger (vgl. auch BAG vom 13.8.2009, 6 AZR 330/08, Rn. 34 f.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich hier, dass den Akten ein erfolgloses Umsetzungsverlangen oder auch eine Initiative des Klägers im beschriebenen Sinn zur Zuweisung einer im Verhältnis zur ursprünglichen Tätigkeit anderweitigen Arbeit nicht entnommen werden kann. Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, seine bis zum Unfall ausgeübte Tätigkeit u.a. als Programmierer von SPS-Sicherheitssoftware weiter ausüben zu können. Eine nach Auffassung des Gerichts (s.o.) gegebene Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit akzeptiert der Kläger nicht und hat daher zu keiner Zeit bei seinem Arbeitgeber die Zuweisung einer dem entsprechenden leidensgerechten anderen Tätigkeit verlangt. Entsprechende Aufforderungen finden sich weder in der Streitakte noch in der beigezogenen Akte. Insbesondere hat der Kläger dazu keinen entscheidenden Sachvortrag im zur Frage eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichtzuweisung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes nachgelassenen Schriftsatz erbracht. Der Vortrag in den Kündigungsschutzverfahren war erkennbar kein konkretes Arbeitsangebot bzw. Verlangen nach Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit, sondern ein Vortrag zur Begründung der Unwirksamkeit der jeweiligen Kündigung wegen eines Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Bestehen irgendeiner bzw. einer höherwertigen Beschäftigungsmöglichkeit). Ein Verlangen nach Zuweisung einer (auch) vom Kläger als leidensgerecht angesehenen anderweitigen Beschäftigung kann darin nicht erkannt werden. Das gilt schließlich auch für die Dokumentation. Der Kläger hat bis zuletzt daran festgehalten, als Programmierer auch im sicherheitsrelevanten Bereich fortbeschäftigt zu werden und die eingeholten Gutachten anders als die Beklagte und die Gerichte verstanden. Andere Arbeitsmöglichkeiten - auch die Dokumentation - wurden daher klägerseits auch nur unter dem Vorbehalt genannt, dass eine Umsetzung überhaupt gerechtfertigt ist (vgl. S. 5 der Klage im beigezogenen Verfahren). Darin aber liegt kein Verlangen nach anderer Arbeit im aufgezeigten Sinn, da der Kläger ja eigentlich gar keine Veränderung hin zu einer leidensgerechten Beschäftigung möchte.

Ein Schadensersatz wegen Nichtzuweisung einer solchen leidensgerechten Beschäftigung scheidet daher hier ebenfalls aus.

Am gefundenen Ergebnis ändert sich auch bei Berücksichtigung der Argumentation des Klägers nichts, wonach ein Angebot einer leidensgerechten Beschäftigung gem. § 281 II BGB entbehrlich gewesen sei, weil die Beklagte eine solche Beschäftigung von vorneherein abgelehnt hätte. Bei § 281 II BGB geht es um die Entbehrlichkeit einer Fristsetzung u.a. bei ernsthafter und endgültiger Erfüllungsverweigerung. An eine solche Erfüllungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH vom 12.2.2014, XII ZR 76/13). Hier geht es jedoch gar nicht um eine erforderliche und nur ggf. entbehrliche Fristsetzung, sondern darum, ob der Kläger die von der Beklagten als Schuldnerin zu erbringende Leistung, nämlich die Zurverfügungstellung einer die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers berücksichtigenden und eben leidensgerechten Beschäftigung, geltend gemacht hat, was wie aufgezeigt gerade nicht der Fall ist. Erst nach Geltendmachung einer anderweitigen, die bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen berücksichtigenden Tätigkeit könnte die Beklagte deren Erfüllung ernsthaft und endgültig verweigern (vgl. BAG vom 19.5.2010, 5 AZR 162/09, Rn. 34).

Die Klage konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt § 91 I ZPO.

Der Streitwert wurde gem. §§ 61 I ArbGG, 3 ZPO festgesetzt.

Ein gesetzlich begründeter Anlass für eine gesonderte Berufungszulassung bestand nicht, § 64 III ArbGG.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit betreffen. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.

(2) Der Arbeitgeber ist zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muß sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen,

1.
was er durch anderweitige Arbeit verdient hat,
2.
was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen,
3.
was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder der Sozialhilfe für die Zwischenzeit gezahlt worden ist. Diese Beträge hat der Arbeitgeber der Stelle zu erstatten, die sie geleistet hat.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, so muß sich der Arbeitnehmer auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, anrechnen lassen,

1.
was er durch anderweitige Arbeit verdient hat,
2.
was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen,
3.
was ihm an öffentlich-rechtlichen Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Sozialversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder der Sozialhilfe für die Zwischenzeit gezahlt worden ist. Diese Beträge hat der Arbeitgeber der Stelle zu erstatten, die sie geleistet hat.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Die Leistung muss dem Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. August 2010 - 16 Sa 532/10, 16 Sa 637/10, 16 Sa 1405/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Annahmeverzugsvergütung nach unwirksamer Arbeitgeberkündigung sowie Schadensersatz nach § 717 Abs. 2 ZPO.

2

Der 1959 geborene Kläger, Diplom-Kaufmann mit Lehrbefähigung für die Unterrichtsfächer Sport und Wirtschaftslehre, ist seit Oktober 1998 beim beklagten Land als Lehrer beschäftigt. Er unterrichtete zuletzt an der A-Oberschule im Bezirk C (im Folgenden: OSZ Sozialwesen). Zum 1. August 2006 setzte ihn das beklagte Land an das Oberstufenzentrum Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (OSZ St) um, das der Kläger erstmals am 22. oder 24. August 2006 aufsuchte. Dabei wurde er vom dortigen Schulleiter in die Räumlichkeiten und den Aufgabenbereich eingewiesen. Am 23. August 2006 und vom 25. August bis zum 29. September 2006 meldete sich der Kläger arbeitsunfähig krank.

3

Am 25. August 2006 schrieb der Kläger an die zuständige Senatsverwaltung:

        

„Sehr geehrte Damen und Herren,

        

leider habe ich bis heute auf mein Schreiben vom 31. Juli 2006 an das Referat II D keine Antwort(en) erhalten.

        

Aber dies passt wiederum ins Bild. Diese Umsetzung ist ein Akt von Willkür.

        

…       

        

Ich betrachte das OSZ-Sozialwesen weiterhin als meine aktuelle Dienststelle.

        

(Unter Vorbehalt bin ich am OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung in St erschienen.)

        

Da ich anscheinend weiter der Willkür von Vorgesetzten ausgeliefert sein soll, widerspreche ich der Umsetzung ans OSZ St ausdrücklich.

        

Sollte die Umsetzung nicht bis 1. September rückgängig gemacht werden, müssen Sie damit rechnen, dass ich mich selbst vor der Willkür von Vorgesetzten schützen werde, indem ich am OSZ St keinen Unterricht mehr erteile und/oder den Vorgang gerichtlich überprüfen lassen werde.

        

Hochachtungsvoll

        

…“    

4

Nach den Herbstferien (2. bis 14. Oktober 2006) erschien der Kläger nicht im OSZ St. Ab dem 26. Oktober 2006 meldete er sich wiederum arbeitsunfähig krank.

5

Am 31. Oktober 2006 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Beschäftigung als Lehrer am OSZ Sozialwesen ein, den er in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2006 zurücknahm. Am 17. November 2006 erhob der Kläger Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der „Versetzung“ an das OSZ St, der das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 18. April 2007 - 96 Ca 20973/06 - stattgab. In der Berufungsverhandlung am 2. November 2007 nahm der Kläger nach dem gerichtlichen Hinweis, eine Entscheidung sei kein Präjudiz für einen Kündigungsschutzprozess, auf Vorschlag des Berufungsgerichts (- 13 Sa 1257/07 -) die Klage zurück. Zwischenzeitlich hatte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 6. Februar 2007 wegen Arbeitsverweigerung zum 30. Juni 2007 gekündigt. Die dagegen erhobene, mit einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag verbundene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 12. März 2008 - 60 Ca 3331/07 - ab, das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gab ihr mit Urteil vom 26. November 2008 - 23 Sa 1175/08 - statt. Am 11. Dezember 2009 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.

6

Nach Ausspruch der ordentlichen Kündigung und nach der erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung teilte das beklagte Land dem Kläger mit Schreiben vom 9. August 2007 mit:

        

„Sehr geehrter Herr R,

        

aufgrund der Entscheidung des Arbeitsgerichts werden Sie mit Wirkung vom 1. August 2007 vom OSZ Bürowirtschaft und Verwaltung im Bezirk St (Schul-Nr. 2) mit voller Stundenzahl, zurzeit 26 Wochenstunden, an die A-Oberschule im Bezirk C (Schul-Nr. 5) umgesetzt.

        

Bis zur Rechtskraft des Urteils ist dieser Bescheid vorläufig. Ein endgültiger Bescheid wird dann zu gegebener Zeit erlassen.“

7

Mit der vorliegenden, am 19. Juni 2009 eingereichten Klage hat der Kläger Annahmeverzugsvergütung für die Zeit vom 2. Juli 2007 bis zum 10. Dezember 2008 unter Abzug bezogenen Arbeitslosengelds und erhaltener Leistungen nach dem SGB II geltend gemacht und die Auffassung vertreten, das beklagte Land habe sich aufgrund der unwirksamen Kündigung im streitbefangenen Zeitraum im Annahmeverzug befunden, ohne dass es eines Arbeitsangebots bedurft hätte. Mit der Erhebung der Kündigungsschutzklage habe er zum Ausdruck gebracht, an dem Arbeitsverhältnis festhalten zu wollen und leistungswillig zu sein. Er hat behauptet, ab dem 2. Juli 2007 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

1.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger 73.931,64 Euro brutto abzüglich 16.894,54 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Differenzbetrag ab dem 2. Juli 2009 zu zahlen;

        

2.    

das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung bis zum 1. Juli 2009 zu zahlen.

9

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, nicht in Annahmeverzug geraten zu sein, weil der Kläger bereits vor Ausspruch der Kündigung nicht willens gewesen sei, die ihm wirksam zugewiesene Tätigkeit am OSZ St zu verrichten.

10

In der Berufungsinstanz hat das beklagte Land widerklagend Schadensersatz wegen der Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht und beantragt,

        

den Kläger zu verurteilen, an das beklagte Land 53.106,26 Euro zuzüglich weiterer 2.719,04 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

11

Der Kläger hat die Abweisung der Widerklage beantragt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Ausnahme von Annahmeverzugsvergütung für den Monat Juli 2007 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Berufung des beklagten Landes die Klage insgesamt abgewiesen sowie der Widerklage stattgegeben. Mit der vom Senat für den Kläger zugelassenen Revision verfolgt dieser seine zuletzt gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann die Klage nicht abgewiesen und der Widerklage nicht stattgegeben werden. Ob und ggf. für welchen Zeitraum der Kläger Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 Abs. 1 BGB hat, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

14

I. Dem Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung steht ein fehlendes Angebot des Klägers nicht entgegen. Nach einer unwirksamen Arbeitgeberkündigung bedarf es zur Begründung des Annahmeverzugs eines Angebots des Arbeitnehmers nicht (st. Rspr., zuletzt BAG 17. November 2011 - 5 AZR 564/10 - Rn. 13, NZA 2012, 260; 27. August 2008 - 5 AZR 16/08 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26). Das beklagte Land hat den Kläger auch nicht - insbesondere nicht mit dem Schreiben vom 9. August 2007 - zur Wiederaufnahme der Arbeit unter unmissverständlicher Klarstellung, es habe zu Unrecht gekündigt, aufgefordert (vgl. dazu BAG 24. September 2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27; 7. November 2002 - 2 AZR 650/00 - zu B I 1 b der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1; ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 67; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 60 - jeweils mwN).

15

II. Das beklagte Land hätte sich aber nicht im Annahmeverzug befunden, wenn der Kläger im streitbefangenen Zeitraum nicht leistungsfähig oder leistungswillig war, § 297 BGB.

16

1. Nach dieser Vorschrift kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außer Stande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Neben der (tatsächlichen oder rechtlichen) Leistungsfähigkeit umfasst § 297 BGB auch die nicht ausdrücklich genannte Leistungswilligkeit. Dies folgt daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außer Stande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die objektive Leistungsfähigkeit und der subjektive Leistungswille sind von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzungen, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen müssen (BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 15 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34).

17

2. Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung objektiv außer Stande oder subjektiv nicht bereit war. Dies ergibt sich aus der Fassung des § 297 BGB(BAG 17. August 2011 - 5 AZR 251/10 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 615 Nr. 34; vgl. auch ErfK/Preis 12. Aufl. § 615 BGB Rn. 109; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 54 f.). Wendet der Arbeitgeber die fehlende Leistungsfähigkeit oder den fehlenden Leistungswillen des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum ein, reicht es zunächst aus, dass er Indizien vorträgt, aus denen hierauf geschlossen werden kann. Sodann ist es Sache des Arbeitnehmers, die Indizwirkung zu erschüttern. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig bzw. leistungsunwillig gewesen, als zugestanden. Andernfalls ist der Arbeitgeber für die die fehlende Leistungsfähigkeit bzw. den fehlenden Leistungswillen begründenden Tatsachen beweispflichtig.

18

3. Nach diesen Grundsätzen gilt vorliegend Folgendes:

19

a) Das beklagte Land hat behauptet, der Kläger sei auch über den Ablauf der Kündigungsfrist am 30. Juni 2007 hinaus weiter arbeitsunfähig und damit leistungsunfähig gewesen. Die Koinzidenz zwischen dem Ablauf der Kündigungsfrist und dem behaupteten Ende der Arbeitsunfähigkeit nach einer mehrmonatigen Erkrankung, deren Beginn in engem zeitlichen Zusammenhang mit der vom Kläger als „Akt der Willkür“ empfundenen Umsetzung stand, reicht zur Begründung der Indizwirkung aus (vgl. allg. zur Indizwirkung von Krankheitszeiten BAG 5. November 2003 - 5 AZR 562/02 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2). Weitergehender Vortrag war dem beklagten Land nicht möglich, weil ihm keine Erkenntnisse zur Erkrankung des Klägers vorliegen. Es ist Sache des Klägers, die Indizwirkung im weiteren Berufungsverfahren zu erschüttern. Lässt er sich zu seiner Erkrankung und deren Ausheilung gerade zum Ablauf der Kündigungsfrist - ggf. unter Entbindung der behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht - nicht substantiiert ein, gilt die Behauptung des beklagten Landes, der Kläger sei während des Verzugszeitraums leistungsunfähig gewesen, als zugestanden, § 138 Abs. 3 ZPO.

20

b) Ob der Kläger im Annahmeverzugszeitraum leistungswillig war, hängt davon ab, an welcher Schule er seine Tätigkeit - die Kündigung hinweggedacht - zu erbringen hatte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Leistungswille des Klägers müsse sich auf eine Tätigkeit am OSZ St beziehen, wird durch die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht hinreichend getragen.

21

aa) Nach § 297 BGB muss der Arbeitnehmer außer Stande sein, „die Leistung zu bewirken“. Für den Annahmeverzug ist damit ein auf die vertraglich geschuldete Tätigkeit gerichteter Leistungswille erforderlich (vgl. BAG 13. Juli 2005 - 5 AZR 578/04 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 115, 216). Ist die geschuldete Arbeitsleistung nur rahmenmäßig umschrieben (hier: „Lehrer“), obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. nur BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, BAGE 134, 296; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11; Schaub/Linck 14. Aufl. § 95 Rn. 25a). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten.

22

bb) Ob das beklagte Land mit der Umsetzung des Klägers an das OSZ St zum 1. August 2006 ihr Direktionsrecht wirksam ausgeübt hat, kann der Senat aufgrund fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

23

(1) Aus dem Rechtsstreit über die Umsetzung kann dafür nichts hergeleitet werden. Wegen der Klagerücknahme im dortigen Verfahren ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen und das zu Gunsten des Klägers ergangene erstinstanzliche Urteil wirkungslos, § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Das Landesarbeitsgericht ist zwar nach eigener Prüfung von der Wirksamkeit der Umsetzung an das OSZ St ausgegangen, seine bisherigen Feststellungen tragen diese Annahme jedoch nicht und lassen den Sachvortrag des Klägers dazu außer Betracht. Der unterstützende Hinweis auf das Berufungsurteil im Kündigungsschutzprozess ist schon deshalb unbehelflich, weil die 23. Kammer des Berufungsgerichts lediglich erkannt hat, die Kündigung wäre auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Kläger „vom Vortrag des beklagten Landes ausgehend“ wirksam umgesetzt worden sei. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren der vom Kläger aufgeworfenen Frage nach der Unwirksamkeit der Umsetzung wegen fehlender bzw. fehlerhafter Beteiligung des Personalrats nachzugehen haben. Erweist sich danach die Umsetzung als unwirksam, musste sich der Leistungswille des Klägers (nur) auf die zuvor zugewiesene Tätigkeit am OSZ Sozialwesen richten. Für das Fehlen eines derartigen Leistungswillens hat das beklagte Land keine Indiztatsachen vorgetragen.

24

(2) Entgegen der Auffassung des Klägers ist es allerdings für die Frage des (fehlenden) Leistungswillens unerheblich, ob die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St billigem Ermessen entsprach. Die unbillige Leistungsbestimmung ist nicht nichtig, sondern nur unverbindlich, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB. Entsteht Streit über die Verbindlichkeit, entscheidet nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB das Gericht. Deshalb darf sich der Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Direktionsrechts - sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist - nicht hinwegsetzen, sondern muss entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen. Wegen der das Arbeitsverhältnis prägenden Weisungsgebundenheit (vgl. dazu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17) ist der Arbeitnehmer an die durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgte Konkretisierung ua. des Inhalts der Arbeitsleistung vorläufig gebunden, bis durch ein rechtskräftiges Urteil (etwa aufgrund einer Klage auf Beschäftigung mit der früheren Tätigkeit) die Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung feststeht (vgl. zur Gestaltungswirkung des Urteils nach § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB und der vorläufigen Bindung an die Leistungsbestimmung BAG 16. Dezember 1965 - 5 AZR 304/65 - zu 4 der Gründe, BAGE 18, 54; 28. Juli 2011 - 3 AZR 859/09 - Rn. 32, AP BetrAVG § 16 Nr. 74 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 60; BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - Rn. 22, BGHZ 167, 139; MünchKommBGB/Gottwald 5. Aufl. § 315 Rn. 45, 47 ff.; Erman/Hager 13. Aufl. § 315 BGB Rn. 22; Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 315 BGB Rn. 16 f. - jeweils mwN; vgl. zur Verbindlichkeit einer Weisung und der möglichen Verpflichtung des Arbeitgebers, einzelne Weisungen wegen eines Gewissenskonflikts des Arbeitnehmers durch Neuausübung des Direktionsrechts zu verändern, BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 25, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 28).

25

cc) Stellt das Landesarbeitsgericht im weiteren Berufungsverfahren die Bindung des Klägers an die Zuweisung der Tätigkeit am OSZ St fest, musste sich sein Leistungswille darauf richten. Ein solcher Wille des Klägers ist nach den bisherigen Feststellungen nicht erkennbar.

26

(1) Der Kläger hatte mit seinem Schreiben vom 25. August 2006 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er am OSZ St keinen Unterricht erteilen werde, und diese Absicht auch in die Tat umgesetzt. Er ist der Arbeit am OSZ St nach Ende seiner Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 17. bis zum 25. Oktober 2006 unentschuldigt ferngeblieben, bevor er sich erneut krankmeldete. Dieses Verhalten begründet ein ausreichendes Indiz für den fehlenden Leistungswillen.

27

(2) Die Erhebung der Kündigungsschutzklage und auch der allgemeine Weiterbeschäftigungsantrag entkräften die Indizwirkung nicht. Der Leistungswille ist eine innere Tatsache. Der vor Ausspruch der Kündigung leistungsunwillige, die Arbeit verweigernde Arbeitnehmer muss deshalb einen wieder gefassten Leistungswillen nach außen gegenüber dem Arbeitgeber kundtun. Dazu reicht ein „Lippenbekenntnis“ nicht aus (vgl. BAG 19. Mai 2004 - 5 AZR 434/03 - zu II 2 b bb der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 108 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 6). Vielmehr ist es regelmäßig erforderlich, den neu gewonnenen Leistungswillen im Rahmen des Zumutbaren durch ein tatsächliches Arbeitsangebot zu dokumentieren.

28

(3) Die Indizwirkung ist auch nicht durch das Schreiben des beklagten Landes vom 9. August 2007 dadurch entfallen, dass sich der Leistungswille des Klägers wieder auf eine Tätigkeit am OSZ Sozialwesen hätte richten dürfen. Die vorläufige (Rück-)Umsetzung an das OSZ Sozialwesen war lediglich der zwischenzeitlich ergangenen erstinstanzlichen Entscheidung im Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Umsetzung geschuldet, der das beklagte Land vorläufig nachkommen wollte. Eine Neuausübung des Direktionsrechts mit der Folge, dass die vom Kläger bei Hinwegdenken der Kündigung zu bewirkende Arbeitsleistung neu bestimmt worden wäre und er wieder am OSZ Sozialwesen unterrichten sollte, war damit nicht verbunden. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers findet seine Grundlage und Rechtfertigung im bestehenden Arbeitsvertrag, seine Ausübung setzt einen solchen voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich, steht ihm mit Ablauf der Kündigungsfrist ein Weisungsrecht nicht mehr zu. Er kann lediglich dem Arbeitnehmer eine Prozessbeschäftigung anbieten, aus deren Rechtsgrundlage ein auf die Prozessbeschäftigung bezogenes Direktionsrecht erwächst. Dass das beklagte Land mit dem Schreiben vom 9. August 2007 dem Kläger eine Prozessbeschäftigung nicht angeboten hat, steht zwischen den Parteien außer Streit.

29

III. Sofern der Kläger Annahmeverzugsvergütung beanspruchen kann, stehen ihm auch für die Zeit bis zum 1. Juli 2009 Verzugszinsen entgegen dem bisherigen Antrag jeweils nur abzüglich der monatlich erhaltenen Sozialleistungen zu (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 253/09 - Rn. 16 mwN, AP BGB § 310 Nr. 13 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 10).

30

IV. Die Entscheidung über die Widerklage ist abhängig vom Erfolg der Klage.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Reinders    

        

    Ilgenfritz-Donné    

                 

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. November 2014 - 17 Sa 406/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Inhalt eines Arbeitszeugnisses.

2

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Dezember 1994 als Flugbegleiter, zuletzt in der Funktion eines Pursers beschäftigt. Mit Schreiben vom 16. November 2011, dem Kläger am 17. November 2011 zugegangen, erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage des Klägers mit Urteil vom 21. Juni 2012 (- 11 Ca 8050/11 -) statt. Es stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch eine in der Folgezeit erklärte weitere Kündigung vom 2. Januar 2012 beendet wurde, und verurteilte die Beklagte, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Die Beklagte beschäftigte den Kläger zur Vermeidung von Vollstreckungsmaßnahmen ab dem 21. Juni 2012 bis einschließlich 23. Januar 2013 weiter. In der Zeit vom 18. November 2011 bis zum 20. Juni 2012 wurde der Kläger nicht beschäftigt. Auf die Berufung der Beklagten änderte das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 21. Januar 2013 (- 17 Sa 904/12 -) die Entscheidung des Arbeitsgerichts und wies die Kündigungsschutzklage des Klägers ab. Die gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom Kläger eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2013 (- 2 AZN 372/13 -), dem Kläger am 1. Juli 2013 zugestellt, zurückgewiesen.

3

Mit Schreiben vom 28. Februar 2013 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Arbeitszeugnis. Dort heißt es im ersten Absatz wie folgt:

        

„Herr S, geboren am 1971, war vom 1. Dezember 1994 bis zum 17. November 2011 in unserem Unternehmen als Flugbegleiter und Purser tätig.“

4

Im vorletzten Absatz des erteilten Zeugnisses heißt es:

        

„Das Arbeitsverhältnis endet am 17. November 2011.“

5

Das Zeugnis enthält das Ausstellungdatum 17. November 2011.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Zeugnis mit teilweise geändertem Text zu erteilen. Er hat dabei den vollständigen Zeugnistext im Klageantrag wiedergegeben. Hinsichtlich des ersten Absatzes („bis zum … als Flugbegleiter und Purser tätig“), des vorletzten Absatzes („Das Arbeitsverhältnis endet am …“) und des Ausstellungsdatums hat der Kläger das Datum 17. November 2011 im Hauptantrag ersetzt durch das Datum 30. Juni 2013 und im Hilfsantrag durch das Datum 28. Juni 2013. Im äußersten Hilfsantrag ist das Datum 17. November 2011 angegeben. Darüber hinaus hat er hinsichtlich des weiteren Zeugnistextes Änderungen geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 30. Januar 2014 schlossen die Parteien einen Teilvergleich. Dort heißt es, soweit maßgeblich, wie folgt:

        

„1.     

Die Beklagte verpflichtet sich, in Abänderung des bereits erteilten Zeugnisses vom 17. November 2011 folgendes Zeugnis zu erteilen:

                 

Herr S, geboren 1971, war vom 1. Dezember 1994 bis zum 17. November 2011 in unserem Unternehmen als Flugbegleiter und Purser tätig. …

                 

…       

                 

Das Arbeitsverhältnis endet am 17. November 2011.

                 

…       

                 

Frankfurt am Main, 17. November 2011

        

2.    

Die Parteien sind sich einig, dass mit der Erfüllung des Vergleichs zu Ziffer 1 sämtliche Änderungsverlangen des Klägers erledigt sind, mit Ausnahme des Beendigungsdatums und des Ausstellungsdatums.“

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe Anspruch auf Aufnahme des 30. Juni 2013 als Beendigungs- und Ausstellungsdatum des Arbeitszeugnisses. Das Arbeitsverhältnis habe erst mit der Zustellung des die Nichtzulassungsbeschwerde zurückweisenden Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts sein Ende gefunden. Durch das Ausstellungsdatum 17. November 2011 werde er erheblich in seinem beruflichen Fortkommen behindert. Der Zeugnisanspruch schließe auch die Zeiten seiner Prozessbeschäftigung mit ein. Er habe auch in dieser Zeit seine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht. Zumindest habe er Anspruch auf Aufnahme des 23. Januar 2013 als Beendigungs- und Ausstellungsdatum. Zu diesem Zeitpunkt habe seine Prozessbeschäftigung geendet.

8

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, im Zeugnis das Beendigungsdatum im ersten und im vorletzten Absatz und das Ausstellungsdatum vom 17. November 2011 in 30. Juni 2013, hilfsweise in 28. Juni 2013, äußerst hilfsweise in 23. Januar 2013 abzuändern.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, das Datum 17. November 2011 sei zutreffend im Zeugnis wiedergegeben. Das Arbeitsverhältnis habe rechtlich, wie gerichtlich festgestellt, am 17. November 2011 geendet. Dies sei auch das für die Ausstellung des Zeugnisses maßgebliche Datum. Die Prozessbeschäftigung über diesen Zeitraum hinaus habe für den Zeugnisanspruch keine Bedeutung.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

11

A. Die zulässige Revision des Klägers ist insgesamt unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

12

I. Der Kläger hat nach § 109 Abs. 1 GewO keinen Anspruch auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses mit den begehrten Daten.

13

II. Ein Arbeitgeber erfüllt den Zeugnisanspruch, wenn das von ihm erteilte Zeugnis nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen des § 109 GewO entspricht. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss sich das Zeugnis auf Führung (Verhalten) und Leistung erstrecken (qualifiziertes Zeugnis), § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO. Dabei richtet sich der gesetzlich geschuldete Inhalt des Zeugnisses nach den mit ihm verfolgten Zwecken. Es dient dem Arbeitnehmer regelmäßig als Bewerbungsunterlage und ist insoweit Dritten, insbesondere möglichen künftigen Arbeitgebern, Grundlage für ihre Personalauswahl. Dem Arbeitnehmer gibt es zugleich Aufschluss darüber, wie der Arbeitgeber seine Leistung beurteilt. Daraus ergeben sich als inhaltliche Anforderungen der Grundsatz der Zeugniswahrheit und der in § 109 Abs. 2 GewO auch ausdrücklich normierte Grundsatz der Zeugnisklarheit(vgl. BAG 15. November 2011 - 9 AZR 386/10 - Rn. 9 mwN, BAGE 140, 15).

14

III. Es kann dahinstehen, ob das dem Kläger von der Beklagten erteilte Zeugnis diesen Anforderungen genügt. Jedenfalls hat dieser keinen Anspruch auf die verlangten Änderungen der im Zeugnis enthaltenen Daten. Dies widerspräche dem Grundsatz der Zeugniswahrheit.

15

1. Die Klageanträge bedürfen zunächst der Auslegung. Der Kläger begehrt eine Änderung der Daten im ersten und im vorletzten Absatz des erteilten Zeugnisses sowie eine Änderung des Ausstellungsdatums. Die Auslegung ergibt, dass die Beklagte an diesen drei Textstellen des Zeugnisses zwar ein geändertes, aber einheitliches Datum eintragen soll. Denn der Kläger hat vor Abschluss des gerichtlichen Teilvergleichs in seine Klageanträge aus den Schriftsätzen vom 27. September 2013, 6. Dezember 2013 und 28. Januar 2014 den vollständigen Text des begehrten Zeugnisses aufgenommen. Dort war an den betreffenden Textstellen jeweils dasselbe Datum wiedergegeben. Auch der im gerichtlichen Teilvergleich vom 30. Januar 2014 niedergelegte Zeugnistext enthält an diesen Textstellen jeweils dasselbe Datum (17. November 2011). Nach Ziff. 2 des Teilvergleichs sollten nur Beendigungs- und Ausstellungsdatum weiter streitig sein. Deshalb hat der Kläger zuletzt beantragt, diese Daten auf den 30. Juni 2013, hilfsweise den 28. Juni 2013 und äußerst hilfsweise auf den 23. Januar 2013 abzuändern. Der Kläger begehrt damit nicht die Erteilung eines Zeugnisses, bei dem an den betreffenden Textstellen unterschiedliche Daten eingetragen werden, etwa die Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30. Juni 2013 (vorletzter Absatz des Zeugnisses) und als Ausstellungsdatum der 23. Januar 2013. Das von der Beklagten an diesen Textstellen eingetragene Datum 17. November 2011 soll vielmehr insgesamt ersetzt werden durch den 30. Juni 2013, hilfsweise durch den 28. Juni 2013 und äußerst hilfsweise durch den 23. Januar 2013. Damit kann die Klage nur Erfolg haben, wenn die Beklagte verpflichtet wäre, die vom Kläger begehrten Daten einheitlich an allen drei Textstellen des Zeugnisses einzutragen. Eine nur teilweise Abänderung von Daten wird nicht beantragt.

16

2. Das Zeugnis muss in erster Linie wahr sein. Als Bewerbungsunterlage des Arbeitnehmers und Entscheidungsgrundlage für die Personalauswahl künftiger Arbeitgeber muss das Zeugnis inhaltlich wahr und zugleich von verständigem Wohlwollen gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein. Es darf dessen weiteres Fortkommen nicht unnötig erschweren (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 44/00 - Rn. 17, BAGE 97, 57). Die Wahrheitspflicht umfasst alle Fragen des Zeugnisrechts und damit den gesamten Inhalt eines Zeugnisses. Zwar soll ein Zeugnis das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig erschweren. Es kann aber nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein (BAG 9. September 1992 - 5 AZR 509/91 - zu III der Gründe).

17

3. Der Kläger hat schon keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm im vorletzten Absatz des Zeugnisses bescheinigt, das Arbeitsverhältnis habe am 30. Juni 2013, am 28. Juni 2013 oder am 23. Januar 2013 geendet. Damit verstieße sie gegen ihre Wahrheitspflicht, denn mit der die Kündigungsschutzklage abweisenden, rechtskräftig gewordenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 21. Januar 2013 steht fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Zugang der außerordentlichen Kündigung beim Kläger am 17. November 2011 endete. Entgegen der Auffassung der Revision ändert sich dies nicht durch die Prozessbeschäftigung des Klägers in der Zeit vom 21. Juni 2012 bis zum 23. Januar 2013.

18

a) Mit der Prozessbeschäftigung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung wird kein Arbeitsverhältnis begründet oder die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Wird dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung gegen seinen Willen und unter Beeinträchtigung seiner Vertragsfreiheit aufgezwungen, schließen die Parteien regelmäßig nicht durch neue Willenserklärungen ein eigenständiges Rechtsgeschäft. Es wird vielmehr ein faktisches Beschäftigungsverhältnis begründet, welches entfällt, sobald das die Weiterbeschäftigungspflicht aussprechende Urteil aufgehoben wird (BAG 8. April 2014 - 9 AZR 856/11 - Rn. 28 und 39).

19

b) Das Landesarbeitsgericht hat insoweit zutreffend angenommen, dass der vorletzte Absatz des Zeugnisses („Das Arbeitsverhältnis endet am 17. November 2011“) nicht die tatsächliche Beschäftigung ausdrückt, sondern auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses abstellt. Dies zeigt auch der Vergleich zum ersten Absatz des Zeugnisses („war vom 1. Dezember 1994 bis zum 17. November 2011 in unserem Unternehmen … tätig“). Dort wird im Unterschied zum vorletzten Absatz der Zeitraum der tatsächlichen Tätigkeit/Beschäftigung beschrieben und nicht zwangsläufig der Zeitraum des rechtlichen Bestands des Arbeitsverhältnisses.

20

c) Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte wegen ihrer Wahrheitspflicht auch bei der vom Kläger geforderten Berücksichtigung der Zeiten der Prozessbeschäftigung nicht das Ende des seit dem 1. Dezember 1994 bestehenden Arbeitsverhältnisses zu einem der vom Kläger begehrten Daten im Jahr 2013 bescheinigen darf. Denn die Prozessbeschäftigung begann erst ab dem 21. Juni 2012. Trotz der Unterbrechung seit dem Zugang der außerordentlichen Kündigung am 17. November 2011 würde die Beklagte dem Zeugnisleser wahrheitswidrig suggerieren, der Kläger habe seit dem 1. Dezember 1994 bis zu einem der von ihm begehrten Beendigungsdaten im Jahr 2013 in einem ununterbrochenen Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis zur Beklagten gestanden.

21

B. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    H. Anthonisen    

        

    Neumann-Redlin    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Der Gläubiger kommt nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des § 296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außerstande ist, die Leistung zu bewirken.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen.

(2) Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Absatz 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 152 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Sie kann befristet werden.

(3) Auf gleichgestellte behinderte Menschen werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen mit Ausnahme des § 208 und des Kapitels 13 angewendet.

(4) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 2 Absatz 1) während der Zeit ihrer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen oder einer beruflichen Orientierung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Gleichstellung gilt nur für Leistungen des Integrationsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung im Sinne des § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. April 2010 - 8 Sa 68/10 - im Hauptausspruch teilweise aufgehoben.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 8. September 2009 - 3 Ca 1359/08 - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit dem 31. Januar 2009, sondern erst mit dem 14. Februar 2009 endete.

Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten zuletzt noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund auflösender Bedingung endete, über Zahlungs- und Abrechnungsansprüche wegen unterbliebener Beschäftigung und Ansprüche aus Annahmeverzug.

2

Die 1952 geborene Klägerin wurde von der Beklagten seit 1987 als Postzustellerin beschäftigt, zuletzt in der Betriebsstätte H (Niederlassung Brief) mit Einsatzort B. Im Arbeitsvertrag wurde auf die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeiter der Deutschen Bundespost (TV Arb) und der sonstigen Tarifverträge für die Arbeiter der Deutschen Bundespost in ihrer jeweiligen Fassung verwiesen. Die Klägerin war bei einer Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden in Entgeltgruppe 3 der Anlage 1 des Entgelttarifvertrags für Arbeitnehmer der Deutschen Post AG (ETV-DP AG) eingruppiert.

3

Die Klägerin erlitt Anfang 2006 einen Arbeitsunfall, als sie während einer Postzustellung auf Glatteis ausrutschte. In der Folge einigten sich die Parteien durch gerichtlichen Vergleich darauf, dass die Klägerin nur 85 % der sonst zugrunde gelegten Normalleistung zu erbringen habe.

4

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2006 wurde bei der Klägerin ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt, der auf orthopädischen Beschwerden beruhte. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 wurde die Klägerin einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.

5

Im Jahr 2007 trat in einem der zu Fuß zu erreichenden Innenstadtbezirke die Zustellerin K in den Ruhestand. In diesem Bezirk waren häufig mehr als zehn Treppenstufen hintereinander zu bewältigen. Die Kollegin der Klägerin P wurde befristet bis 31. Dezember 2010 in den Innendienst versetzt. Dort war sie im Bereich der Zustellungsvorbereitung tätig, in dem Sendungen unter hohem Zeitdruck sortiert werden.

6

Die Parteien schlossen für den Zeitraum von Mai 2009 bis April 2014 einen Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell. Danach sollten ua. die Regelungen des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer der Deutschen Post AG vom 18. Juni 2003 (MTV-DP AG) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden.

7

In der Zeit vom 25. September 2008 bis 27. Oktober 2008 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Im Oktober 2008 erstellte die Beklagte einen neuen Begehungsplan. Daraus ergaben sich weitere 15 Treppenstufen, die die Klägerin zu bewältigen hatte. Die Klägerin legte der Beklagten ein Attest ihres Orthopäden vor. Danach leidet sie an beidseitigen Kniegelenksarthrosen und einem chronischen Rückenschmerzsyndrom. Sie soll deshalb möglichst wenige Treppen steigen. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Untersuchung durch den Postbetriebsarzt. Er teilte unter dem 28. Oktober 2008 mit, die Klägerin sei postbeschäftigungsunfähig und empfahl eine Untersuchung nach 24 Monaten, um zu klären, ob die Klägerin wieder postbeschäftigungsfähig sei. Der Postbetriebsarzt erläuterte während dieses Rechtsstreits mit Schreiben vom 12. März 2009 die von ihm getroffene Feststellung und wies auf die Gefahr hin, dass sich das Leiden der Klägerin verschlimmere.

8

Nach § 3 des Tarifvertrags zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung(TV BZV) Tarifvertrag Nr. 18 - Abschnitt IV - vom 28. Februar 1997 wird dem Beschäftigten ua. wegen Postbeschäftigungsunfähigkeit eine Betriebsrente gezahlt. In § 3 Buchst. c TV BZV heißt es:

        

„... Postbeschäftigungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Betriebs- oder Amtsarzt feststellt, dass der Arbeitnehmer infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft unfähig ist. Dies kann auch dann gegeben sein, wenn der Betriebs- oder Amtsarzt feststellt, dass der Arbeitnehmer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten mehr als drei Monate arbeitsunfähig erkrankt war und keine Aussicht besteht, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll arbeitsfähig wird. Die Feststellung der Postbeschäftigungsunfähigkeit erfolgt auf Veranlassung des Arbeitgebers oder auf Antrag des Arbeitnehmers unter Vorlage eines ärztlichen Attestes.“

9

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 19. November 2008 ließ die Klägerin gegenüber der Beklagten einen Rentenantrag „unter Vorbehalt“ ankündigen und mitteilen, sie werde zeitnah Klage beim Arbeitsgericht einreichen, die darauf gerichtet sei, das Arbeitsverhältnis weiter vertragsgemäß abzuwickeln.

10

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, diese sei mit Schreiben vom 5. November 2008 darüber informiert worden, dass sie nach dem Untersuchungsergebnis des Betriebsarztes vom 28. Oktober 2008 postbeschäftigungsunfähig sei. Nach § 34 Abs. 4 MTV-DP AG sei die Klägerin verpflichtet, einen Antrag auf Betriebsrente nach dem TV BZV zu stellen. § 34 Abs. 4 MTV-DP AG lautet:

        

„Bei andauernder Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit eines von Abs. 1 erfassten Arbeitnehmers ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer Ansprüche auf Betriebsrente mit Besitzstandswahrungskomponente gemäß Tarifvertrag zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung bei dem Leistungsfall ‚Postbeschäftigungsunfähigkeit’ geltend machen kann. Trifft dies zu und hat der Arbeitnehmer einen entsprechenden Antrag nicht gestellt und stellt er einen solchen Antrag nach Aufforderung durch die zuständige Stelle innerhalb einer Frist von 4 Wochen nicht, kann diesem Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende ordentlich gekündigt werden.“

11

In § 37 Abs. 4 MTV-DP AG ist geregelt:

        

„Das Arbeitsverhältnis endet nach Zugang der Mitteilung zur Betriebsrente gemäß Tarifvertrag zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung, die aufgrund des Leistungsfalls gemäß § 3 Buchstabe c) des Tarifvertrages zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung gewährt wird, mit Ablauf des Vormonats des ersten Rentenzahlmonats laut der Mitteilung zur Betriebsrente.

        

Erlischt bei dem Arbeitnehmer der Anspruch auf die Betriebsrente gemäß § 3 Buchstabe c) des Tarifvertrages zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung, weil die Voraussetzungen zum Bezug dieser Rente nicht mehr vorliegen, ist er auf seinen Antrag unverzüglich und nach Möglichkeit zu gleichwertigen Bedingungen wiedereinzustellen. War dieser Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits von dem besonderen Kündigungsschutz für ältere Arbeitnehmer erfasst, ist er zu gleichwertigen Bedingungen wiedereinzustellen.“

12

Die Beklagte teilte der Klägerin im Hinblick auf eine bevorstehende VAP-Rentenbewilligung mit Schreiben vom 27. Januar 2009 mit, das Arbeitsverhältnis ende mit dem 31. Januar 2009. Die Parteien haben in der Revisionsverhandlung übereinstimmend erklärt, dieses Schreiben sei der Klägerin am 31. Januar 2009 zugegangen. Die VAP-Rente wurde unter dem 30. Januar 2009 bewilligt. Die Klägerin erhält keine Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung. Ihr auf Veranlassung der Beklagten gestellter Antrag wurde mit Bescheid vom 5. Mai 2009 zurückgewiesen. Ihr Leistungsvermögen sei zwar gesundheitsbedingt herabgesetzt. Sie sei jedoch in der Lage, noch mindestens sechs Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts tätig zu werden.

13

Mit ihrer am 26. November 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin zunächst Beschäftigung und die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten verlangt. Sie hat im April 2009 stattdessen den Hauptantrag auf Feststellung angekündigt, dass sie nicht postbeschäftigungsunfähig sei. Die Anträge aus der Klageschrift sollten nur noch hilfsweise gestellt werden. Im August 2009 hat sie die Klage um Zahlungsanträge erweitert. Sie lässt sich auf die beanspruchten Beträge zeitlich im Einzelnen zugeordnete Leistungen der Deutschen BKK und der Beklagten anrechnen.

14

Mit einem am 16. März 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin klageerweiternd beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten nicht aufgelöst sei, sondern zu den Bedingungen der bisherigen Arbeitsverträge fortbestehe.

15

Die Klägerin hat behauptet, sie sei trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der Lage, ihre vertraglich geschuldete Tätigkeit in einem Zustellbezirk auszuüben, wie sie ihn vor dem Arbeitsunfall innegehabt habe. Der im Oktober 2008 erstellte neue Begehungsplan sei schikanös. Sie könne mithilfe eines betrieblichen Eingliederungsmanagements wie ihre sozial weniger schutzwürdige Kollegin P in den Innendienst versetzt werden. Die Klägerin hat gemeint, das Arbeitsverhältnis bestehe fort, weil sie nicht postbeschäftigungsunfähig sei. Die Beklagte sei ihr zu Schadensersatz verpflichtet, weil sie sich geweigert habe, der Klägerin einen leidensgerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.

16

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Bedeutung, zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten nicht aufgelöst ist, sondern zu den Bedingungen der bisherigen Arbeitsverträge, zuletzt der Altersteilzeitvereinbarung aus Mai 2007, unverändert fortbesteht;

        

2.    

a)    

die Beklagte zu verurteilen, an sie 15.205,80 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 3.041,16 Euro seit 1. Januar, 1. Februar, 1. März, 1. April und 1. Mai 2009 zu zahlen;

                 

b)    

die Beklagte zu verurteilen, ihr Gehalt für die Zeit ab 1. Mai 2009 auf der Basis der vereinbarten Altersteilzeit abzurechnen und den sich hieraus ergebenden Nettobetrag an sie auszuzahlen, jeweils mit Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen monatlichen Bruttogehalt seit 1. Juni, 1. Juli, 1. August und 1. September 2009 abzüglich in der Zeit vom 6. November 2008 bis 5. März 2009 von der Deutschen BKK in 38439 Wolfsburg zur Versicherungsnummer IK gezahlter 5.789,50 Euro netto und abzüglich von der Deutschen Post AG - Niederlassung Renten - in 70442 Stuttgart zum Bearbeitungszeichen G in der Zeit von März 2009 bis einschließlich August 2009 gezahlter 6.880,45 Euro netto;

        

3.    

hilfsweise

                 

a)    

festzustellen, dass sich die Beklagte seit 1. Februar 2009 im Hinblick auf die Leistungen der Klägerin in Annahmeverzug befindet;

                 

b)    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Arbeitslohn der Klägerin so abzurechnen und auszuzahlen, als wenn diese seit Annahmeverzug durchgehend gearbeitet hätte.

17

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin habe weder im Zustellbereich noch außerhalb des Zustellbereichs weiterbeschäftigt werden können. Das Treppensteigen beschränke sich nicht auf zehn Stufen je Schicht, zumal nicht nur die Außentreppen zu berücksichtigen seien, sondern auch die Stufen innerhalb von Gebäuden, wenn eine Sendung an der Wohnungstür übergeben werden müsse. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aufgrund von § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG ende das Arbeitsverhältnis bei Postbeschäftigungsunfähigkeit ohne Handlungsspielraum des Arbeitgebers. Die vorherige Zustimmung des Integrationsamts zur Beendigung nach § 92 Satz 1 SGB IX sei nicht erforderlich, weil die Vorschrift auf den Fall der Postbeschäftigungsunfähigkeit nicht anwendbar sei. Für eine einzelfallbezogene Verhältnismäßigkeitsprüfung oder ein betriebliches Eingliederungsmanagement sei kein Raum. Zudem sei ein ausreichendes betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt worden. Das ergebe sich schon daraus, dass das Zustellpensum um ca. 15 % verringert worden sei.

18

Das Arbeitsgericht hat den bei ihm anhängigen Hauptanträgen stattgegeben, nachdem es ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Es hat festgestellt, dass die Klägerin nicht postbeschäftigungsunfähig sei, und nach den Zahlungsanträgen erkannt. Die Beklagte hat sich dagegen mit der Berufung gewandt. Die Klägerin hat innerhalb der bis 17. März 2010 verlängerten Berufungserwiderungsfrist mit Schriftsatz vom 15. März 2010, der am 16. März 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, klageerweiternd beantragt festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten nicht aufgelöst sei, sondern zu den Bedingungen der bisherigen Arbeitsverträge fortbestehe. Das Landesarbeitsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert, die Klage abgewiesen und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich der Zahlungsanträge und die mit der Anschlussberufung erstrebte Feststellung. Hilfsweise verfolgt sie die Anträge zu 3 a und b weiter.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision der Klägerin ist überwiegend unbegründet. Abweichend von der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist lediglich festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht schon mit dem 31. Januar 2009, sondern erst mit dem 14. Februar 2009 endete.

20

A. Die in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfenden Prozessfortführungsvoraussetzungen sind auch im Hinblick auf den mit der Anschlussberufung gestellten Antrag zu 1. erfüllt (vgl. zu diesem Erfordernis zB BAG 18. November 2008 - 3 AZR 192/07 - Rn. 12, EzA BGB 2002 § 307 Nr. 42). Die in der Klageerweiterung liegende Anschlussberufung ist zulässig. Die Klägerin hat die Anschlussberufung form- und fristgerecht innerhalb der verlängerten Berufungserwiderungsfrist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO eingelegt. Dass die Klägerin den Schriftsatz vom 15. März 2010 nicht ausdrücklich als Anschlussberufung bezeichnet hat, ist unschädlich. Das Anschlussrechtsmittel muss nicht als solches bezeichnet werden. Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils zugunsten des Rechtsmittelbeklagten zu erreichen. Diesen Anforderungen ist genügt, wenn der Rechtsmittelbeklagte die Klage erweitert. Eine Beschwer ist für die Anschlussberufung nicht erforderlich (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

21

B. Die Revision der Klägerin bleibt in der Sache überwiegend erfolglos. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der auflösenden Bedingung in § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG endete. Die Beendigungswirkung trat wegen §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG allerdings nicht schon mit dem 31. Januar 2009, sondern erst mit dem 14. Februar 2009 ein. Die auf Annahmeverzug und Schadensersatz gestützten Leistungsanträge sind unbegründet. Soweit sie Zeiträume nach dem 14. Februar 2009 betreffen, bestand zwischen den Parteien nicht länger ein Arbeitsverhältnis. Bis zum 14. Februar 2009 war die Klägerin außerstande, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestanden nicht. Die für den Fall des Obsiegens der Klägerin mit dem Antrag zu 1. gestellten Hilfsanträge fallen nicht zur Entscheidung des Senats an.

22

I. Der Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst ist, sondern zu den Bedingungen der bisherigen Arbeitsverträge fortbesteht, ist zulässig, aber überwiegend unbegründet.

23

1. Der Antrag zu 1. ist zulässig, wenn auch auslegungsbedürftig. Der zu 1. gestellte Antrag ist als Bedingungskontrollantrag iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen. Zwischen den Parteien besteht kein Streit über andere Beendigungstatbestände als die von der Beklagten geltend gemachte auflösende Bedingung nach § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG (vgl. zu einer ähnlichen Fallgestaltung BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 11, NZA 2011, 854; zu einem abweichend davon ausdrücklich verfolgten allgemeinen Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 13, EzA-SD 2011 Nr. 18, 5). Dem steht nicht entgegen, dass sich die Klägerin ausschließlich darauf beruft, die auflösende Bedingung des § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG sei nicht eingetreten, und nicht darauf, diese Regelung sei unwirksam. Auch der unterbliebene Eintritt einer Bedingung ist nach der neueren Senatsrechtsprechung mit einer Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG und nicht mit einer allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen(vgl. ausführlich BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 18 ff. mwN zu der früheren Rspr., aaO ). Ob die auflösende Bedingung eingetreten ist, hängt idR von der Auslegung der tariflichen oder einzelvertraglichen Bedingungsabrede ab. Die Frage des Eintritts der auflösenden Bedingung ist deswegen häufig nahezu unlösbar mit der Beurteilung der Rechtswirksamkeit der Bedingungsabrede verknüpft. So kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei auflösenden Bedingungen, die an eine Rentengewährung wegen Erwerbsminderung anknüpfen, vor allem aus verfassungsrechtlichen Gründen eine einschränkende Auslegung geboten sein. Sie dient der Wirksamkeit der Bedingungsabrede. Die Wirksamkeit der Bedingung korrespondiert mit ihren Voraussetzungen. Die Auslegung und die Prüfung der Wirksamkeit tariflicher auflösender Bedingungen wie der des § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG sind ineinander verschränkt. Die Auslegung der Bedingungsabrede ist maßgeblich dafür, ob die Bedingung eingetreten ist (vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 21 mwN, aaO). Wegen des fast untrennbaren Zusammenhangs der Wirksamkeit und des Eintritts der auflösenden Bedingung sind beide Fragen Gegenstand der Bedingungskontrollklage.

24

2. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend erkannt, dass der Bedingungskontrollantrag überwiegend unbegründet ist. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist aufgrund des Eintritts der auflösenden Bedingung des § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG beendet. Es endete wegen §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG allerdings nicht schon mit dem 31. Januar 2009, sondern erst mit dem 14. Februar 2009. Die Klägerin hat die dreiwöchige Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nicht gewahrt. Dem steht nicht entgegen, dass das Integrationsamt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugestimmt hat. § 92 Satz 1 SGB IX und § 4 Satz 4 KSchG finden keine analoge Anwendung. Der Senat kann jedoch unterstellen, dass die Klägerin die verlängerte Anrufungsfrist der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG, § 6 Satz 1 KSchG eingehalten hat. Die auflösende Bedingung des § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG ist wirksam und eingetreten.

25

a) Die Klägerin hat mit ihrer zunächst auf Beschäftigung und Feststellung des Annahmeverzugs gerichteten Klage die Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nicht gewahrt.

26

aa) Die Klagefrist ist auch dann einzuhalten, wenn nicht die Wirksamkeit der Bedingung, sondern ihr tatsächlicher Eintritt geklärt werden soll. Die entgegenstehende frühere Rechtsprechung hat der Senat mit Urteil vom 6. April 2011 aufgrund einer anderen Auslegung des Klagefristerfordernisses anhand seines Wortlauts, seines Zusammenhangs und seines Zwecks aufgegeben (vgl. oben B I 1 und im Einzelnen BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 16 ff. mwN, EzA-SD 2011 Nr. 18, 5).

27

bb) Die Dreiwochenfrist begann hier mit Zugang der Beendigungsmitteilung vom 27. Januar 2009 am 31. Januar 2009 und endete am 23. Februar 2009 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1, § 193 BGB). Die von § 21 TzBfG vorgegebene entsprechende Anwendung der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG knüpft an das vereinbarte Ende des auflösend bedingten Arbeitsvertrags an. Das vereinbarte Ende meint den Eintritt der auflösenden Bedingung. Das Arbeitsverhältnis endet nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG aber frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses Zweiwochenzeitraums ein, endet das Arbeitsverhältnis erst nach Bedingungseintritt, also nach dem vereinbarten Ende iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG. Das Arbeitsverhältnis wird nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, ohne dass ein Fall der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gegeben wäre. Auf diese Konstellation ist die Bestimmung des § 17 Satz 3 TzBfG zugeschnitten, die in § 21 TzBfG ebenfalls für entsprechend anwendbar erklärt ist. Danach beginnt die Dreiwochenfrist in Fällen, in denen das Arbeitsverhältnis nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt wird, mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung beendet sei. Bei einem Streit über den Bedingungseintritt beginnt die Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG damit in entsprechender Anwendung nach § 21 TzBfG mit Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, EzA-SD 2011 Nr. 18, 5; ebenso Preis/Gotthardt DB 2001, 145, 151 f.).

28

cc) Der Zugang der Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 27. Januar 2009 am 31. Januar 2009 setzte die Klagefrist in Lauf. Auf die auflösende Bedingung in § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG ist § 92 Satz 1 SGB IX nicht analog anzuwenden. Deshalb kommt auch keine weitere Analogie zu § 4 Satz 4 KSchG in Betracht.

29

(1) Der Senat hat mit Urteil vom 9. Februar 2011 erkannt, dass die Klagefrist für die Bedingungskontrollklage nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nicht beginnt, wenn der Arbeitgeber weiß, dass der Arbeitnehmer schwerbehindert ist, und das Integrationsamt der erstrebten Beendigung durch auflösende Bedingung nicht zugestimmt hat(vgl. näher BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 18 ff., NZA 2011, 854). Das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamts in § 92 Satz 1 SGB IX gilt unmittelbar aber nur für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung, wenn teilweise Erwerbsminderung, Erwerbsminderung auf Zeit, Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit auf Zeit eintreten. Die Norm ist bei Eintritt dauernder voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI nicht anzuwenden(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 25, EzA-SD 2011 Nr. 18, 5).

30

(2) § 92 Satz 1 SGB IX ist in den Fällen der Postbeschäftigungsunfähigkeit nicht analog anzuwenden. Daher scheidet auch eine weitere Analogie zu § 4 Satz 4 KSchG aus(vgl. demgegenüber zu der gebotenen Analogie zu § 4 Satz 4 KSchG in Fällen der unmittelbaren Anwendbarkeit von § 92 Satz 1 SGB IX BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 18 ff., NZA 2011, 854). Der Senat kann offenlassen, ob eine unbeabsichtigte Regelungslücke besteht. Jedenfalls ist die Interessenlage in Fällen der Postbeschäftigungsunfähigkeit nicht vergleichbar mit den Konstellationen, die § 92 Satz 1 SGB IX ausdrücklich regelt.

31

(a) Für den Gesetzgeber des am 1. Juli 2001 in Kraft getretenen § 92 Satz 1 SGB IX war erkennbar, dass eine Vielzahl - vor allem tariflicher - Vorschriften besteht, die für den Eintritt einer auflösenden Bedingung nicht an die Gewährung gesetzlicher Erwerbsminderungsrente anknüpfen. Zu denken ist nicht nur an die Postbeschäftigungsunfähigkeit, sondern zB auch an die Flugdienstuntauglichkeit. Vor diesem Hintergrund sind die Integrationsämter in der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen der Ansicht, dass nach der Feststellung der Flugdienstuntauglichkeit keine Zustimmung des Integrationsamts nach § 92 Satz 1 SGB IX erforderlich sei(vgl. Kayser br 2008, 153, 154, die diese Beurteilung auf die Postbeschäftigungsunfähigkeit überträgt; ebenso wohl Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 92 Rn. 4; vgl. auch das nach der Beendigungsmitteilung vom 27. Januar 2009 von der Beklagten eingeholte verspätete „Negativattest“ des Integrationsamts Westfalen vom 20. Oktober 2009).

32

(b) Die Frage einer unbewussten Regelungslücke kann im Ergebnis auf sich beruhen. Für die Postbeschäftigungsunfähigkeit besteht jedenfalls keine den Tatbeständen der befristeten und teilweisen Erwerbsminderung, der sog. Berufsunfähigkeit und der sog. Erwerbsunfähigkeit auf Zeit (vgl. § 92 Satz 1 SGB IX) vergleichbare Interessenlage.

33

(aa) Zweck des § 92 Satz 1 SGB IX ist die Prüfung des Integrationsamts, ob der schwerbehinderte Mensch mithilfe einer Änderung der Arbeitsbedingungen, einer Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz oder anderer Maßnahmen weiterbeschäftigt werden kann. Die verlangte Zustimmung des Integrationsamts beruht hinsichtlich der Erwerbsminderung auf Zeit und der sog. Erwerbsunfähigkeit auf Zeit darauf, dass hier häufig zu erwarten ist, dass sich die Erwerbsfähigkeit des Arbeitnehmers in kurzer Zeit erheblich bessert (vgl. BT-Drucks. 8/2696 S. 17). Dagegen ist das Ausscheiden eines Arbeitnehmers aufgrund des Eintritts voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB VI nicht zustimmungsbedürftig, weil der Arbeitnehmer in diesem Fall überhaupt nicht mehr beschäftigt werden kann und die Zustimmung des Integrationsamts auf jeden Fall erteilt werden müsste(vgl. BT-Drucks. 7/656 S. 31).

34

(bb) Das (Kontroll-)Korrektiv der Zustimmung des Integrationsamts ist nicht nötig, wenn der schwerbehinderte Arbeitnehmer durch einen der Wiedereinstellungsansprüche geschützt ist, die in § 37 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 1 und Satz 2 MTV-DP AG enthalten sind (aA Düwell in LPK-SGB IX 3. Aufl. § 92 Rn. 12). Er hat eine andere Sicherung. Ein Wiedereinstellungsanspruch macht zwar deutlich, dass der Zustand der Postbeschäftigungsunfähigkeit ggf. nur zeitweilig ist. Der Zweck der Zustimmung des Integrationsamts besteht nach § 92 Satz 1 SGB IX darin, den schwerbehinderten Arbeitnehmer bei nur zeitweiligen Veränderungen vor dem endgültigen Verlust des Arbeitsplatzes besonders zu schützen. Nach § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG endet das Arbeitsverhältnis nach Zugang der Betriebsrentenmitteilung mit Ablauf des Vormonats des ersten Rentenzahlmonats laut der Mitteilung zur Betriebsrente. Das Arbeitsverhältnis ruht also nicht nur in den Hauptleistungspflichten, sondern es endet. Das Korrektiv der Wiedereinstellungsansprüche aus § 37 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 1 oder Satz 2 MTV-DP AG schließt dennoch eine den Fällen des § 92 Satz 1 SGB IX vergleichbare Interessenlage aus. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer braucht den Sonderbeendigungsschutz der Zustimmung durch das Integrationsamt nicht, weil er durch einen der beiden Wiedereinstellungsansprüche besonders geschützt ist. Bei ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern bleibt im Wiedereinstellungsfall sogar der tarifliche Sonderkündigungsschutz erhalten. In diesem Fall ist der ordentlich unkündbare Arbeitnehmer nach § 37 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 2 MTV-DP AG zu gleichwertigen Bedingungen wiedereinzustellen. Eine vergleichbare Interessenlage, die eine Analogie zu § 92 Satz 1 SGB IX verlangte, besteht auch nicht deshalb, weil die Wiedereinstellungsansprüche aus § 37 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 1 oder Satz 2 MTV-DP AG durchgesetzt werden müssen und nicht nur schwerbehinderten Arbeitnehmern zustehen. Der schwerbehinderte Mensch hat es wie jeder Arbeitnehmer selbst in der Hand, mithilfe des Wiedereinstellungsanspruchs ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen. Er ist daher auf den für Fälle der nur zeitweiligen Veränderung der Erwerbsfähigkeit vorgesehenen besonderen Beendigungsschutz des § 92 Satz 1 SGB IX durch Zustimmung des Integrationsamts nicht angewiesen.

35

dd) Mit ihrer zunächst erhobenen Klage hat die Klägerin die Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG nicht gewahrt. Sie handelte bei Klageerhebung zunächst nicht mit Blick auf die auflösende Bedingung. Auf deren Wirksamkeit und Eintritt hatte sich die Beklagte bei Eingang und Zustellung der ursprünglich auf Beschäftigung und Feststellung des Annahmeverzugs gerichteten Klage am 26. November 2008 und 5. Dezember 2008 noch nicht berufen. Eine Auslegung der ursprünglichen Klageanträge nach dem Zweck der §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG ist daher nicht möglich. Das Erfordernis der fristgebundenen Klage schützt die Interessen des Arbeitgebers und des Rechtsverkehrs an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit (vgl. nur BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 21, EzA-SD 2011 Nr. 18, 5; 9. Februar 2011 - 7 AZR 221/10 - Rn. 21 und 25, NZA 2011, 854). Aufgrund des Schreibens des früheren Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 6. Februar 2009 war der beklagten Arbeitgeberin zwar klar, dass die Klägerin die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht hinnehmen wollte. Das Schreiben war aber nicht an das Arbeitsgericht gerichtet. Das Erfordernis einer erhobenen Klage war damit nicht gewahrt.

36

b) Der Senat kann offenlassen, ob die Klägerin mit dem in zweiter Instanz durch Anschlussberufung gestellten Bedingungskontrollantrag die verlängerte Anrufungsfrist der §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG, § 6 Satz 1 KSchG gewahrt hat.

37

aa) Nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG ist § 6 KSchG entsprechend anzuwenden. Die entsprechende Anwendung des § 6 Satz 1 KSchG nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG hat zur Folge, dass der Arbeitnehmer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz die Unwirksamkeit der Bedingung aus anderen Gründen als denjenigen geltend machen kann, die er innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist benannt hat. Auch im Bedingungskontrollrecht muss der Arbeitnehmer alle anderen Unwirksamkeitsgründe grundsätzlich im ersten Rechtszug geltend machen. Eine andere Würdigung als im Kündigungsschutzrecht ist wegen des identischen Zwecks der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG und der entsprechenden Anwendung der verlängerten Anrufungsfrist nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG, § 6 Satz 1 KSchG nicht geboten(vgl. für die Befristungskontrolle BAG 4. Mai 2011 - 7 AZR 252/10 - Rn. 16, EzA-SD 2011 Nr. 20, 3). Welche Anforderungen an die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Bedingung zu stellen sind, ist noch nicht abschließend geklärt (vgl. dazu im Kündigungsschutzrecht die strengen Anforderungen von BAG 8. November 2007 - 2 AZR 314/06 - Rn. 18 ff., BAGE 124, 367). Nach § 6 Satz 2 KSchG soll das Arbeitsgericht den Arbeitnehmer auf die verlängerte Anrufungsfrist des § 6 Satz 1 KSchG hinweisen. Der Senat hat mit Urteil vom 4. Mai 2011 entschieden, dass bei einem Verstoß des Arbeitsgerichts gegen die Hinweispflicht keine Zurückverweisungspflicht des Landesarbeitsgerichts besteht (vgl. im Einzelnen BAG 4. Mai 2011 - 7 AZR 252/10 - Rn. 15 ff. mwN, aaO).

38

bb) Hier kann dahinstehen, ob die Klägerin den unterbliebenen Eintritt der Bedingung im ersten Rechtszug geltend gemacht und das Arbeitsgericht gegen seine Hinweispflicht verstoßen hat. Sollte das Arbeitsgericht seine Hinweispflicht aus §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG, § 6 Satz 2 KSchG verletzt haben, wäre die Klägerin damit ausgeschlossen, sich auf die Unwirksamkeit oder den unterbliebenen Eintritt der Bedingung zu berufen. Der Senat kann jedoch zugunsten der Klägerin unterstellen, dass das Arbeitsgericht seine Hinweispflicht verletzt hat. Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Fall zu Recht in eigener Prüfungskompetenz angenommen, die Bedingung in § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG sei wirksam und eingetreten. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts trat die Beendigungswirkung allerdings nicht schon mit dem 31. Januar 2009, sondern erst mit dem 14. Februar 2009 ein.

39

cc) Die auflösende Bedingung des § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG ist wirksam.

40

(1) Nach § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG endet das Arbeitsverhältnis „nach Zugang der Mitteilung zur Betriebsrente gemäß Tarifvertrag zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung, die aufgrund des Leistungsfalls gemäß § 3 Buchstabe c) des Tarifvertrages zur Regelung des Besitzstandes aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung gewährt wird, mit Ablauf des Vormonats des ersten Rentenzahlmonats laut der Mitteilung zur Betriebsrente“. § 3 Buchst. c Satz 1 TV BZV bestimmt, dass Betriebsrente nach diesem Tarifvertrag gezahlt wird wegen Postbeschäftigungsunfähigkeit. Postbeschäftigungsunfähigkeit liegt nach § 3 Buchst. c Satz 2 TV BZV vor, wenn der Betriebs- oder Amtsarzt feststellt, dass der Arbeitnehmer infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten dauerhaft unfähig ist.

41

(2) § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG dient ebenso wie zB § 59 Abs. 1 BAT dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr imstande ist, seine bisherige Tätigkeit zu versehen, und bei dem die Gefahr besteht, dass sich sein Gesundheitszustand verschlechtert, wenn er seine Tätigkeit fortsetzt. Ferner will die Tarifvorschrift dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, sich von einem Arbeitnehmer zu trennen, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Diese berechtigten Interessen beider Arbeitsvertragsparteien sind grundsätzlich geeignet, einen sachlichen Grund für die auflösende Bedingung abzugeben (vgl. zu der Vorgängernorm des § 25 II Abs. 1 TV Arb BAG 6. Dezember 2000 - 7 AZR 302/99 - zu B II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Post Nr. 3 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 16).

42

(3) Sinn und Zweck der Tarifvorschrift sowie verfassungsrechtliche Gesichtspunkte verlangen jedoch insofern eine einschränkende Auslegung, als eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich dann nicht eintritt, wenn der Arbeitnehmer noch auf seinem oder einem anderen, ihm nach seinem Leistungsvermögen zumutbaren freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte (vgl. zu der Vorgängerbestimmung des § 25 II Abs. 1 TV Arb näher BAG 6. Dezember 2000 - 7 AZR 302/99 - zu B II 3 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Post Nr. 3 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 16).

43

(4) Grundsätzlich ist erst die mit dem Bezug dauerhafter Rentenleistungen verbundene wirtschaftliche Absicherung des Arbeitnehmers geeignet, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund auflösender Bedingung zu rechtfertigen. Eine Rentenbewilligung, die zu keiner rentenrechtlichen Absicherung des Arbeitnehmers führt, ist daher als Auflösungstatbestand ungeeignet. Eine rentenrechtliche Absicherung ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die Rente der Höhe nach eine wirtschaftliche Absicherung darstellt, der Arbeitnehmer die einmal bezahlte Rente auch behalten darf, wenn die Anspruchsvoraussetzungen später entfallen, und seine Interessen in diesem Fall auch im Übrigen hinreichend berücksichtigt sind (vgl. im Einzelnen BAG 6. Dezember 2000 - 7 AZR 302/99 - zu B II 4 a der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Post Nr. 3 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 16).

44

(5) Der in § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG enthaltene Auflösungstatbestand der Bewilligung einer Betriebsrente aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung ist mit einer ausreichenden rentenrechtlichen Absicherung des Arbeitnehmers verbunden. Das gilt auch in den Fällen, in denen die Betriebsrente nicht aufgrund eines durch Bescheid des Rentenversicherungsträgers belegten Versicherungsfalls, sondern - wie hier - nach § 3 Buchst. c Satz 1 TV BZV aufgrund des Eintritts des Versicherungsfalls bewilligt wurde, der durch den Betriebs- oder Amtsarzt festgestellt wurde (vgl. zu der Vorgängerbestimmung des § 25 II Abs. 1 TV Arb detailliert BAG 6. Dezember 2000 - 7 AZR 302/99 - zu B II 4 b der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Post Nr. 3 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 16).

45

(6) Die Tarifvertragsparteien haben die Interessen des Arbeitnehmers auch dann hinreichend berücksichtigt, wenn die VAP-Rente später erlischt. Die in § 37 Abs. 4 Unterabs. 2 MTV-DP AG normierten Wiedereinstellungsansprüche werden dem Bestandsschutzinteresse der Arbeitnehmer gerecht. Sie sind unbedingt ausgestaltet und setzen nicht voraus, dass ein freier Arbeitsplatz besteht. Nicht zu beanstanden ist auch, dass die Tarifvertragsparteien den unterschiedlichen Bestandsschutz von ordentlich kündbaren und ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern verschieden berücksichtigt haben. Nur Arbeitnehmer, die bei ihrem Ausscheiden ordentlich unkündbar sind, sind nach § 37 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 2 MTV-DP AG zu gleichwertigen Bedingungen wiedereinzustellen (vgl. zu der Vorgängernorm des § 25 II Abs. 1 TV Arb näher BAG 6. Dezember 2000 - 7 AZR 302/99 - zu B II 4 b cc der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Post Nr. 3 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 16).

46

dd) Die auflösende Bedingung des § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG ist eingetreten.

47

(1) Der Klägerin wurde mit Schreiben der Niederlassung Renten Service vom 30. Januar 2009 eine Betriebsrente aus der bisherigen VAP-Zusatzversorgung iSv. § 37 Abs. 4 Unterabs. 1 MTV-DP AG und zusätzlich eine der sog. Versicherungsrente entsprechende Leistung bewilligt. Die zusätzliche Leistung beruht auf der Protokollnotiz zu § 2 Abs. 4 TV BZV viertletzter Abs. Danach wird zusätzlich ein Aufstockungsbetrag multipliziert mit einem Dynamisierungsfaktor gezahlt, solange der Betriebsrentenempfänger keine Leistungen auf Altersrente oder volle Erwerbsminderungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält.

48

(2) Dem Eintritt der auflösenden Bedingung steht nicht entgegen, dass die Rente als vorläufige Betriebsrentenleistung bezeichnet wurde und die Zahlung unter dem Vorbehalt zu viel gezahlter Beträge erfolgte. Wie sich aus dem Schreiben vom 30. Januar 2009 ergibt, bezogen sich die Vorläufigkeit und der Vorbehalt nicht auf die Bewilligung selbst, sondern lediglich darauf, dass eine endgültige Festsetzung der Höhe nach zunächst nicht möglich war. Es fehlten noch Daten für die endgültige Berechnung der betrieblichen Altersversorgung (vgl. zu dem Problem auch BAG 6. Dezember 2000 - 7 AZR 302/99 - zu B III 1 der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Deutsche Post Nr. 3 = EzA BGB § 620 Bedingung Nr. 16).

49

(3) Der Senat ist nicht an einer abschließenden Entscheidung gehindert, obwohl der Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vom 30. Januar 2009, mit dem die Rente bewilligt wurde, nicht feststeht. Die Tatsache des Zugangs ist festgestellt. Der erste Rentenzahlmonat war der Februar 2009.

50

(4) Die Würdigung des vom Arbeitsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens durch das Berufungsgericht dahin, die Klägerin habe nicht anderweitig beschäftigt werden können, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

51

(a) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme ist durch das Revisionsgericht nur begrenzt überprüfbar. Das Revisionsgericht kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist nur, ob das Berufungsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt ist und sie rechtlich möglich ist. Es genügt, dass das Berufungsgericht insgesamt widerspruchsfrei und umfassend zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen hat. Zu verlangen ist allerdings, dass alle wesentlichen Aspekte der Ausführungen des Sachverständigen in der Begründung des Gerichts erwähnt und gewürdigt worden sind (vgl. BAG 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - Rn. 28 mwN, PatR 2008, 34).

52

(b) Das Landesarbeitsgericht hat den gesamten Inhalt des Gutachtens umfassend, widerspruchsfrei und frei von Denkfehlern gewürdigt.

53

(aa) Das Berufungsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise darauf hingewiesen, dass der Sachverständige ausgeführt habe, aufgrund des aktuellen Kniebefunds sei ein Bezirk, der überhaupt keine Stufen enthalte, noch ausreichend zu bewältigen. Das Erfordernis, mehr als zehn Treppenstufen pro Tour bewältigen zu müssen, sei für die Klägerin aufgrund der Kniebefunde zu vermeiden. Daraus hat das Landesarbeitsgericht den Schluss gezogen, dass nicht nur die mit der Änderung des Zustellbezirks verbundene Mehrbelastung ab Oktober 2008 mit dem festgestellten Krankheitsbild unvereinbar sei, sondern die Klägerin die geschuldete Arbeitsleistung als Zustellerin insgesamt nicht mehr erbringen könne. Die Argumentation des Berufungsgerichts, die vom Sachverständigen angegebene Grenze von zehn Stufen könne in keinem Zustellbezirk eingehalten werden, weil die Klägerin nicht nur Außen-, sondern auch Innentreppen steigen müsse, um eine ordnungsgemäße Zustellung zu bewirken, lässt weder Denkfehler noch Widersprüche erkennen, sondern ist plausibel und naheliegend. Gleiches gilt für die Erwägung des Landesarbeitsgerichts, dass deshalb auch eine Beschäftigung der Klägerin in dem früheren Bezirk von Frau K ausgeschlossen sei, weil auch hier häufig mehr als zehn Treppenstufen hintereinander zu bewältigen seien.

54

(bb) Die Revision hat dagegen keine erheblichen Rügen erhoben. Soweit sie beanstandet, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass der Gutachter lediglich Empfehlungen ausgesprochen habe, trifft das nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Gutachter einen absoluten Grenzwert an Treppenstufen festgelegt hat, den die Klägerin noch bewältigen kann. Er hat jedenfalls deutlich zum Ausdruck gebracht, dass jegliches Treppensteigen für die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen problematisch ist und mehr als zehn Stufen aus medizinischer Sicht unzumutbar sind.

55

(cc) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist auch nicht deswegen unvollständig, weil es nicht oder unzutreffend berücksichtigt hat, dass der Sachverständige ausgeführt hat, es sei aus medizinischer Sicht ausreichend wahrscheinlich, dass die Klägerin die Arbeitssituation wie in der Zeit vor 2006 noch ausreichend bewältigen könne. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, diese Aussage sei unter Verkennung der realen Gegebenheiten erfolgt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht entgegen der Auffassung der Revision nicht auf der unzutreffenden Unterstellung des Berufungsgerichts, der Sachverständige sei hinsichtlich der vor 2006 zugewiesenen Zustellbezirke allein von den falschen tatsächlichen Schilderungen der Klägerin ausgegangen. Der Sachverständige legt in seinem Gutachten ausdrücklich seine tatsächlichen Annahmen dar. Danach ist er davon ausgegangen, die Klägerin habe in der konkreten Arbeitssituation vor 2006 am Anfang der Tour überhaupt keine Stufen gehen müssen. In der Mitte der Tour habe es ein Haus mit neun Stufen gegeben und darüber hinaus gelegentlich auch ein Haus mit einer Stufe. Er nahm also an, in dem früheren Bezirk sei nur einmal eine größere Zahl von Stufen angefallen und das auch nur in der Mitte der Tour. Dieser Ausgangspunkt ist nach den getroffenen Feststellungen schon deshalb unzutreffend, weil wegen der dabei nicht berücksichtigten Innentreppen auch in dem damaligen Zustellbezirk mehr als zehn Treppenstufen zu bewältigen waren. Das Landesarbeitsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass jedenfalls einige Male im Monat zuzustellende Schriftstücke persönlich übergeben werden müssten und die Zahl von zehn Stufen dann erheblich überschritten werde. Auf die Frage, ob es sich um Außen- oder Innentreppenstufen handelt, kommt es nicht an.

56

(dd) Nicht zu beanstanden ist ferner die Argumentation des Berufungsgerichts, der Beklagten könne nicht zugemutet werden, auf eine persönliche Zustellung zu verzichten oder persönlich auszuhändigende Schriftstücke von einem anderen Zusteller austragen zu lassen. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht.

57

(5) Das Landesarbeitsgericht ist frei von Rechtsfehlern davon ausgegangen, dass andere als die vertraglichen, dem Leistungsvermögen der Klägerin angepassten Beschäftigungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Es hat zu Recht angenommen, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit fehlt, obwohl die Beklagte kein ausreichendes betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt hat. Die Beklagte ist ihrer deswegen gesteigerten Darlegungslast für fehlende anderweitige leidensgerechte Einsatzmöglichkeiten nachgekommen. Die Klägerin hätte nun ihrerseits darlegen müssen, wie sie sich ihre Weiterbeschäftigung vorstellt.

58

(a) Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen gegenüber ihrem Arbeitgeber Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung, damit sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Der Arbeitgeber erfüllt diesen Anspruch regelmäßig, wenn er dem Arbeitnehmer die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zuweist. Kann der schwerbehinderte oder gleichgestellte Arbeitnehmer die damit verbundenen Tätigkeiten wegen seiner Schwerbehinderung oder Gleichstellung nicht mehr ausführen, führt dieser Verlust nach der Konzeption der §§ 81 ff. SGB IX nicht ohne Weiteres dazu, dass der Beschäftigungsanspruch entfällt. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer kann vielmehr Anspruch auf anderweitige Beschäftigung haben. Der Arbeitgeber ist nicht zur anderweitigen Beschäftigung des schwerbehinderten oder gleichgestellten Menschen verpflichtet, wenn eine anderweitige Beschäftigung zwar in Betracht kommt, sie ihm aber unzumutbar oder mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen verbunden ist (§ 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX). Der Arbeitgeber ist auch nicht gehalten, für den schwerbehinderten Menschen einen zusätzlichen Arbeitsplatz einzurichten (vgl. BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 23, BAGE 116, 121).

59

(b) Der Arbeitnehmer, der Ansprüche aus § 81 Abs. 4 SGB IX geltend macht, hat nach allgemeinen Regeln grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen. Dem Arbeitgeber obliegt es, die anspruchshindernden Umstände vorzutragen. Etwas anderes gilt aber, wenn der Arbeitgeber seinen Pflichten zur rechtzeitigen Beteiligung des Integrationsamts und der Schwerbehindertenvertretung im Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX nicht nachgekommen ist. § 84 Abs. 1 SGB IX verlangt dem Arbeitgeber ab, bei personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten, die das Arbeitsverhältnis gefährden können, unter Beteiligung des Integrationsamts und der Schwerbehindertenvertretung nach Lösungen zu suchen, um die Schwierigkeiten zu beseitigen. Die Beteiligung dieser Stellen soll gewährleisten, dass alle Möglichkeiten zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses fachkundig untersucht werden und deren technische und wirtschaftliche Realisierbarkeit geprüft wird. Verletzt der Arbeitgeber seine gesetzlichen Erörterungspflichten und verhindert er damit die Durchführung des Präventionsverfahrens, hat das Folgen für die Darlegungslast. Hat der Arbeitgeber seine Pflichten aus § 84 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllt, kann er sich nicht darauf berufen, er habe nicht gewusst, wie er einen behinderungsgerechten Arbeitsplatz habe ausstatten sollen(vgl. BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 30, BAGE 116, 121).

60

(c) Auch die Verletzung der Verpflichtung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX führt zu einer veränderten Darlegungslast. Wäre ein positives Ergebnis des betrieblichen Eingliederungsmanagements möglich gewesen, kann sich der Arbeitgeber nicht darauf beschränken vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den beeinträchtigten Arbeitnehmer und es gebe keine leidensgerechten Arbeitsplätze, die dieser trotz seiner Erkrankung noch einnehmen könne. Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer bereits benannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen sowohl eine Anpassung des bisherigen Arbeitsplatzes als auch die Beschäftigung auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz ausscheiden (vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 35, EzA SGB IX § 84 Nr. 7; 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 19, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement entbehrlich war, weil es wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers unter keinen Umständen ein positives Ergebnis hätte erbringen können, trägt der Arbeitgeber. Die objektive Nutzlosigkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements schränkt die Pflicht des Arbeitgebers aus § 84 Abs. 2 SGB IX ein, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen. Es obliegt daher dem Arbeitgeber, die tatsächlichen Umstände im Einzelnen darzulegen und zu beweisen, aufgrund derer ein betriebliches Eingliederungsmanagement wegen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers kein positives Ergebnis hätte erbringen können. Dazu muss er umfassend und konkret vortragen, weshalb weder der weitere Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz noch dessen leidensgerechte Anpassung und Veränderung möglich war und der Arbeitnehmer auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit hätte eingesetzt werden können. Erst dann ist es Sache des Arbeitnehmers, sich darauf substantiiert einzulassen und darzulegen, wie er sich eine leidensgerechte Beschäftigung vorstellt (vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 36, aaO).

61

(d) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, die Beklagte habe zwar nicht das erforderliche Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX und auch kein ausreichendes betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX durchgeführt, sie habe aber ihrer sich daraus ergebenden gesteigerten Darlegungslast genügt.

62

(aa) Die Voraussetzungen für die Durchführung des Präventionsverfahrens und des betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX waren gegeben. Die Klägerin war aus personenbedingten Gründen nicht mehr in der Lage, ihre vertraglich geschuldete Arbeitspflicht zu erfüllen. Das gefährdete ihr Arbeitsverhältnis. Die Klägerin war innerhalb eines Jahres mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Das betriebliche Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist auch dann durchzuführen, wenn keine betriebliche Interessenvertretung iSv. § 93 SGB IX gebildet ist(vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 28, EzA SGB IX § 84 Nr. 7). Es ist deshalb unschädlich, dass das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat.

63

(bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte ihre aus § 84 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX folgenden Pflichten verletzt hat. Die Erfüllung dieser Pflichten setzt im Sinne einer Mindestanforderung voraus, dass die zu beteiligenden Stellen, Ämter und Personen einbezogen worden sind, keine vernünftigerweise in Betracht zu ziehende Anpassungs- und Änderungsmöglichkeit ausgeschlossen wurde und die von den Teilnehmern eingebrachten Vorschläge sachlich erörtert wurden (vgl. BAG 10. Dezember 2009 - 2 AZR 400/08 - Rn. 21, AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 48 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 56). Ein solches Verfahren wurde nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht durchgeführt.

64

(cc) Die Beklagte hat aber, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, ihrer daraus folgenden gesteigerten Darlegungslast hinsichtlich anderweitiger Einsatzmöglichkeiten genügt und hinreichend vorgetragen, dass auch bei vollständiger Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements keine anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit festgestellt worden wäre. Sie hat sowohl zu den der Entgeltgruppe 3 zugeordneten Positionen als auch zu niedriger eingruppierten Tätigkeiten Stellung genommen. Dabei hat sie sich im Einzelnen mit den Positionen eines Paketzustellers, einer Schalterkraft im Filialbereich, eines Führers von Kraftfahrzeugen über 7,5 Tonnen und unter 7,5 Tonnen, einer „Servicekraft“ und eines „Mitarbeiters Verkauf 1“, eines „Mitarbeiters Verkauf 2“, den Positionen in der Abteilung Großeinlieferung, den in der Abteilung Stationäre Arbeiten angesiedelten Tätigkeiten des Sortierens und Codierens, der Tätigkeit als „Verlader mit Gruppenführertätigkeit“ sowie den Positionen von Hausarbeitern, Lagerarbeitern und Verladekräften auseinandergesetzt. Bezogen auf die von Frau P ausgeübte Tätigkeit hat die Beklagte vorgetragen, dass die Klägerin Sendungen unter hohem Zeitdruck aus gesundheitlichen Gründen nicht sortieren könne.

65

(dd) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, dass die Klägerin entweder fachlich oder körperlich außerstande sei, solche Aufgaben zu übernehmen, und alle anderen Arbeitsplätze besetzt seien, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Revision rügt, dieser Vortrag der Beklagten sei nicht einlassungsfähig, ist das nicht nachzuvollziehen. Die Klägerin hätte darlegen können, sie fühle sich etwa zur Sortierarbeit, wie sie vorübergehend Frau P übertragen wurde, in der Lage oder verfüge über ausreichende Kenntnisse, um als Schalterkraft tätig zu werden. Das Berufungsgericht hat auch nicht, wie die Revision meint, verkannt, dass der Arbeitgeber prüfen muss, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf Arbeitsplätzen besteht, die durch Umsetzungsketten frei zu machen sind. Das Landesarbeitsgericht ist vielmehr davon ausgegangen, dass die Klägerin entweder fachlich oder gesundheitlich nicht in der Lage war, eine der von der Beklagten genannten Tätigkeiten auf einem freien oder besetzten Arbeitsplatz auszuüben.

66

ee) Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zwei Wochen nach dem Zugang der Beendigungsmitteilung am 31. Januar 2009 mit dem 14. Februar 2009.

67

(1) Das Arbeitsverhältnis endet nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Bedingungseintritts. Tritt die Bedingung vor dem Ende dieses Zweiwochenzeitraums ein, endet das Arbeitsverhältnis erst nach Bedingungseintritt, also nach dem vereinbarten Ende iSv. §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG. Das Arbeitsverhältnis wird nach dem vereinbarten Ende fortgesetzt, ohne dass ein Fall der §§ 21, 15 Abs. 5 TzBfG gegeben wäre(vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, EzA-SD 2011 Nr. 18, 5).

68

(2) Das Arbeitsverhältnis endete hier deswegen mit dem 14. Februar 2009. § 193 BGB findet keine Anwendung(vgl. bspw. ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 3 mwN).

69

II. Die zu 2. gestellten Leistungsanträge sind zulässig, aber unbegründet.

70

1. Die Anträge sind zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Nettobeträge, die sich die Klägerin anrechnen lässt, können einzelnen Zeitabschnitten zugeordnet werden.

71

2. Die Anträge zu 2. sind unbegründet.

72

a) Das folgt für die Zeiträume, die länger als zwei Wochen nach Zugang der Beendigungsmitteilung am 31. Januar 2009 liegen, schon daraus, dass der Bedingungskontrollantrag in der Sache erfolglos ist. Nach dem 14. Februar 2009 bestand nicht länger ein Arbeitsverhältnis der Parteien.

73

b) Der Klägerin kommen auch für die Zeit bis 14. Februar 2009 weder Ansprüche aus Annahmeverzug nach § 611 Abs. 1, §§ 615, 293 ff. BGB zu noch Schadensersatzansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB, jeweils iVm. § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 SGB IX.

74

aa) Die Klägerin hat keine Ansprüche aus Annahmeverzug. Sie war nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht imstande, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen (§ 297 BGB). Dem Arbeitnehmer muss es möglich sein, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Unmöglichkeit und Annahmeverzug schließen sich aus (vgl. BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 12 mwN, BAGE 116, 121).

75

bb) Der Klägerin stehen auch keine Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener behinderungsgerechter Beschäftigung zu.

76

(1) Versäumt der Arbeitgeber schuldhaft, die behinderungsgerechte Beschäftigung eines schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeitnehmers nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 SGB IX zu ermöglichen, hat dieser einen Schadensersatzanspruch in Höhe der ihm entgangenen Vergütung aus § 280 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 5 SGB IX(vgl. BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 22, BAGE 116, 121). Nach § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX haben schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Menschen gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung, damit sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Der Arbeitgeber erfüllt diesen Anspruch regelmäßig, wenn er dem Arbeitnehmer die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit zuweist. Der schwerbehinderte oder gleichgestellte Arbeitnehmer kann aber Anspruch darauf haben, anderweitig beschäftigt zu werden (vgl. BAG 4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 23, aaO).

77

(2) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte ihrer gesteigerten Darlegungslast gerecht geworden ist, die im Hinblick auf anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten aus dem fehlenden Präventionsverfahren nach § 84 Abs. 1 SGB IX und dem nicht durchgeführten betrieblichen Eingliederungsmanagement nach § 84 Abs. 2 SGB IX folgt. Die Klägerin hätte auch nicht anderweitig beschäftigt werden können, wenn das Präventionsverfahren und das betriebliche Eingliederungsmanagement durchgeführt worden wären.

78

III. Die zu 3. gestellten Hilfsanträge auf Feststellung, dass die Beklagte sich in Annahmeverzug befindet und verpflichtet ist, das Arbeitsentgelt der Klägerin abzurechnen und auszuzahlen, als ob diese durchgehend gearbeitet hätte, fallen nicht zur Entscheidung des Senats an. Sie sind für den Fall des Obsiegens mit dem Bedingungskontrollantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

79

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    Schuh    

        

    Hansen    

                 

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen.

(2) Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Absatz 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 152 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Sie kann befristet werden.

(3) Auf gleichgestellte behinderte Menschen werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen mit Ausnahme des § 208 und des Kapitels 13 angewendet.

(4) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 2 Absatz 1) während der Zeit ihrer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen oder einer beruflichen Orientierung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Gleichstellung gilt nur für Leistungen des Integrationsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung im Sinne des § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen.

(2) Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Absatz 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 152 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Sie kann befristet werden.

(3) Auf gleichgestellte behinderte Menschen werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen mit Ausnahme des § 208 und des Kapitels 13 angewendet.

(4) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 2 Absatz 1) während der Zeit ihrer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen oder einer beruflichen Orientierung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Gleichstellung gilt nur für Leistungen des Integrationsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung im Sinne des § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c.

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen.

(2) Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Absatz 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 152 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Sie kann befristet werden.

(3) Auf gleichgestellte behinderte Menschen werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen mit Ausnahme des § 208 und des Kapitels 13 angewendet.

(4) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 2 Absatz 1) während der Zeit ihrer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen oder einer beruflichen Orientierung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Gleichstellung gilt nur für Leistungen des Integrationsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung im Sinne des § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen.

(2) Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Absatz 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 152 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Sie kann befristet werden.

(3) Auf gleichgestellte behinderte Menschen werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen mit Ausnahme des § 208 und des Kapitels 13 angewendet.

(4) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 2 Absatz 1) während der Zeit ihrer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen oder einer beruflichen Orientierung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Gleichstellung gilt nur für Leistungen des Integrationsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung im Sinne des § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 14. Januar 2013 - 7 Sa 1790/11 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ erklärten Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt einen Büromarkt. Der 1964 geborene Kläger war bei ihr seit dem 26. Juli 2000 als Servicetechniker beschäftigt. Außer ihm war eine weitere Mitarbeiterin tätig. Im Arbeitsvertrag vom 26. Juli 2000 war ua. bestimmt:

        

㤠3

Dauer des Vertrages

                 

…       

        
                 

(2) Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann von beiden Vertragspartnern 4 Wochen zum Quartal gekündigt werden.

                 

…       

        

§ 4

Schlußbestimmung

                 

…       

        
                 

(4) Dem Arbeitsvertrag werden die Bestimmungen des Gehalts- und Lohntarifvertrages und des Manteltarifvertrages des Hessischen Einzelhandels zugrunde gelegt.“

3

Im Jahre 2007 traten bei der Beklagten wirtschaftliche Probleme auf. In deren Verlauf schlug ihr Geschäftsführer der H KG (im Folgenden: KG) den Kläger als Mitarbeiter vor. Diese arbeitete im Rahmen des technischen Kundenservice in der Weise mit der Beklagten und anderen Unternehmen zusammen, dass sie die Kundenaufträge annahm, zentral koordinierte und zu ihrer Ausführung ihre eigenen Servicetechniker entsandte, während die Kunden die Rechnung mit einem Briefkopf des für sie zuständigen Service-Unternehmens - etwa der Beklagten - erhielten. Unter dem 25. Juni 2007 schloss der Kläger einen Arbeitsvertrag mit der KG. Danach war er für diese ab dem 1. Juli 2007 als Positions-/Servicetechniker tätig. Die KG beschäftigte rund 30 Servicetechniker.

4

Die Beklagte händigte dem Kläger in der Folge ein Zeugnis, den Sozialversicherungsnachweis und die Lohnsteuerkarte aus.

5

Der Kläger erhielt einzelne Arbeitsanweisungen weiterhin vom Geschäftsführer der Beklagten. Diese beschäftigte seit Juni 2011 zwei weitere Mitarbeiter. Unter dem 29. Juni 2011 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Kündigungsschreiben. Darin heißt es:

        

„... hiermit kündigen wir vorsorglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt den Arbeitsvertrag ..., obwohl wir der Meinung sind, dass das Arbeitsverhältnis bereits in 2007 beendet wurde.“

6

Der Kläger hat sich gegen die Kündigung rechtzeitig mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil sie kein konkretes Beendigungsdatum enthalte. Außerdem habe es sich um ein einheitliches Arbeitsverhältnis mehrerer Arbeitgeber gehandelt. Zum Zeitpunkt der Kündigung habe er zwei Arbeitgeberinnen gehabt, welche je für sich das Weisungsrecht eines Arbeitgebers beansprucht hätten. Die Beklagte und die KG führten einen Gemeinschaftsbetrieb, so dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finde. Die Kündigung sei überdies deshalb unwirksam, weil es die Beklagte unterlassen habe, ihn zuvor anzuhören, und weil sie eine Maßregelung nach § 612a BGB darstelle. Sie sei ausgesprochen worden, nachdem er Vergütungsansprüche eingeklagt habe. Schließlich fehle es an der notwendigen Beteiligung des Integrationsamts. Der Kläger hat behauptet, er habe die Beklagte mit Telefax vom 18. Juli 2011 davon in Kenntnis gesetzt, dass er - im März 2011 - einen Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt habe. Das Versorgungsamt habe mit Bescheid vom 7. September 2011 einen Grad der Behinderung von 30 festgestellt. Daraufhin habe er einen Antrag auf Gleichstellung gestellt. Dass er dies nicht schon vor Ausspruch der Kündigung habe tun können, habe nicht er zu vertreten. Durch Bescheid vom 24. September 2013 sei er mittlerweile mit Wirkung vom 12. September 2011 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29. Juni 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Endzeugnis zu erteilen, das sich auf Leistung und Verhalten erstreckt;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits als Büromaschinenmechaniker weiter zu beschäftigen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei unter allen aufgeführten Gesichtspunkten wirksam.

9

Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Erteilung eines Endzeugnisses verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt dieser sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen (I.). Die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den - echten - Hilfsantrag auf Erteilung eines Endzeugnisses hat damit Bestand (II.). Der auf Weiterbeschäftigung während des laufenden Rechtsstreits gerichtete - unechte - Hilfsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

11

I. Die Kündigungsschutzklage ist unbegründet. Die Kündigung der Beklagten vom 29. Juni 2011 ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Wirkung zum 30. November 2011 aufgelöst.

12

1. Die Kündigung enthält keine Bedingung, die ihrer Wirksamkeit im Wege stünde. Auch eine „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung drückt den Willen des Arbeitgebers aus, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Der Zusatz „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ macht lediglich deutlich, dass der Arbeitgeber sich in erster Linie auf einen anderen Beendigungstatbestand beruft, auf dessen Rechtswirkungen er nicht verzichten will (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 44; 12. Oktober 1954 - 2 AZR 36/53  - zu III der Gründe, BAGE 1, 110 ). Die „hilfsweise“ oder „vorsorglich“ erklärte Kündigung steht unter einer - zulässigen ( BAG 21. November 2013 - 2 AZR 474/12 - Rn. 19; 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - aaO) - auflösenden Rechtsbedingung iSv. § 158 Abs. 2 BGB. Ihre Wirkung endigt, wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst worden ist ( BAG 21. November 2013 - 2 AZR 474/12 - Rn. 20; 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - aaO). Diese Bedingung ist im Streitfall nicht eingetreten. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist nicht bereits durch einen anderen Beendigungstatbestand aufgelöst worden. Der Abschluss des Arbeitsvertrags mit der KG hat nicht zur Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten geführt. Der Arbeitsvertrag mit der KG enthielt keine dem Formerfordernis des § 623 BGB genügende Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien(vgl. dazu BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1078/12 - Rn. 26).

13

2. Die Kündigung ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht deshalb unwirksam, weil im Kündigungsschreiben ein konkretes Beendigungsdatum nicht ausdrücklich genannt ist. Einer solchen Angabe bedurfte es nicht.

14

a) Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Aus der Erklärung oder den Umständen muss sich deshalb zumindest ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist (BAG 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - Rn. 46; 15. Dezember 2005 - 2 AZR 148/05 - Rn. 20, BAGE 116, 336). Ob dies hinreichend deutlich wird, richtet sich nach den Verhältnissen bei Ausspruch der Kündigung (BAG 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - aaO; 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79 - zu I der Gründe).

15

b) Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 14; vgl. auch 5. Februar 2009 - 6 AZR 151/08  - Rn. 30 mwN, BAGE 129, 265 ).

16

c) Das Erfordernis der Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung verlangt vom Kündigenden nicht, den Beendigungstermin als konkretes kalendarisches Datum ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist (BAG 23. Mai 2013 2 AZR 54/12 - Rn. 47; vgl. auch APS/Preis 4. Aufl. Grundlagen D Rn. 20; APS/Linck 4. Aufl. § 622 BGB Rn. 66c; HaKo-KSchR/Fiebig/Mestwerdt 4. Aufl. Einl. Rn. 18; MüKoBGB/Hesse 6. Aufl. § 620 Rn. 78; Staudinger/Oetker (2012) Vorb. zu §§ 620 ff. Rn. 125; Eisemann NZA 2011, 601; Muthers RdA 2012, 172, 176; Fleddermann ArbRAktuell 2011, 347; Raab RdA 2004, 321, 326).

17

aa) Auch eine Kündigung „zum nächstzulässigen Termin“ ist hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 15; vgl. auch Muthers Anm. RdA 2012, 172, 176 ; Raab RdA 2004, 321, 326 ). Sie ist typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - Rn. 49; 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 12, BAGE 135, 278). Der vom Erklärenden gewollte Beendigungstermin ist damit objektiv eindeutig bestimmbar. Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 54/12 - aaO). Ob es anderenfalls an der hinreichenden Bestimmtheit der Kündigung fehlte, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

18

bb) Eine Kündigung ist nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (BAG 20. Juni 2013 - 6 AZR 805/11 - Rn. 15; vgl. auch 21. Oktober 1981 - 7 AZR 407/79  - zu I der Gründe).

19

d) Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich die Kündigungserklärung der Beklagten vom 29. Juni 2011 als ordentliche Kündigung zum 30. November 2011.

20

aa) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, die Beklagte habe mit dem Schreiben vom 29. Juni 2011 eine ordentliche Kündigung erklärt. Die Formulierung, es werde „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ gekündigt, lässt - ohne dass es Anhaltspunkte dafür gäbe, der Arbeitgeber wolle sich auf einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB berufen - nicht erkennen, die Kündigung solle als außerordentliche (fristlos) erklärt werden. Die Wendung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ spricht dafür, dass die Kündigung zu einem erst in der Zukunft liegenden, sich aus der zutreffenden Kündigungsfrist ergebenden Termin wirken solle. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund müsste für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei die Absicht des Erklärenden erkennen lassen, von der sich aus § 626 Abs. 1 BGB ergebenden besonderen Kündigungsbefugnis Gebrauch zu machen(BAG 13. Januar 1982 - 7 AZR 757/79 - zu II 1 der Gründe, BAGE 37, 267). Sie kann sich aus einer entsprechenden Bezeichnung - etwa als fristlose Kündigung - oder aus sonstigen Umständen der Erklärung, insbesondere einer beigefügten Begründung ergeben (BAG 13. Januar 1982 - 7 AZR 757/79 - aaO). An beidem fehlt es hier.

21

bb) Auch der angestrebte Beendigungstermin war für den Kläger zweifelsfrei bestimmbar. Er errechnete sich aus der maßgeblichen, vom Arbeitsvertrag in Bezug genommenen tariflichen Frist von fünf Monaten zum Monatsende.

22

(1) Gemäß § 4 Abs. 4 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 26. Juli 2000 waren die Bestimmungen ua. des Manteltarifvertrags des Hessischen Einzelhandels (MTV) in Bezug genommen. Nach § 16 Nr. 5 Abs. 2 MTV - sowohl in der bei Vertragsschluss geltenden Fassung vom 24. September 1996 als auch in der bei Kündigungszugang geltenden Fassung vom 4. August 2008 - beträgt die tarifliche Kündigungsfrist nach einer Beschäftigungszeit von zehn Jahren fünf Monate zum Monatsende. Die gesetzliche Frist gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BGB hätte nur vier Monate zum Monatsende betragen. Schon deshalb galt die für den Kläger günstigere tarifliche Frist. § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags kam bei zutreffendem Verständnis nicht zur Anwendung. Er regelt allein die zu Beginn des Arbeitsverhältnisses geltende Grundkündigungsfrist. Diese weicht in zulässiger Weise zugunsten des Klägers von der gesetzlichen Grundkündigungsfrist des § 622 Abs. 1 BGB ab. Dagegen kann den Parteien nicht unterstellt werden, sie hätten in § 3 Abs. 2 des Arbeitsvertrags eine von § 622 Abs. 2 BGB zulasten des Klägers abweichende und damit unzulässige Regelung treffen wollen.

23

(2) Die objektiv maßgebliche Kündigungsfrist war für den Kläger ohne Schwierigkeiten zu ermitteln. Der Arbeitsvertrag, der auf den MTV verwies, war ihm bekannt. Unerheblich ist, ob ihm die Tarifverträge, auf die in § 4 Abs. 4 des Arbeitsvertrags Bezug genommen ist, ausgehändigt worden waren. Es ist ausreichend, dass er ihren Inhalt problemlos hätte in Erfahrung bringen können. Sonstige Umstände, die zu Zweifeln daran hätten Anlass geben können, dass die Beklagte mit der rechtlich zutreffenden tariflichen Frist hat kündigen wollen, sind weder vom Kläger vorgetragen noch objektiv ersichtlich.

24

(a) Rechtliche Unklarheiten bei der Fristberechnung kann es auch mit Blick auf Beschäftigungszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahrs nicht gegeben haben (zur Unionsrechtswidrigkeit und Unanwendbarkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB vgl. EuGH 19. Januar 2010 - C-555/07 - [Kücükdeveci] Slg. 2010, I-365; BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - BAGE 135, 278; zur Unwirksamkeit entsprechender tarifvertraglicher Regelungen BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 16 ff.). Die in § 16 Nr. 5 Abs. 3 MTV enthaltene Bestimmung, die solche Zeiten bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer ausnimmt, fand auf den Kläger schon tatsächlich keine Anwendung. Er war bei Vertragsschluss älter als 25 Jahre.

25

(b) Entgegen der Auffassung des Klägers musste die Beklagte im Kündigungsschreiben nicht angeben, welche Dauer der Betriebszugehörigkeit ihrer Ansicht nach der Berechnung der Kündigungsfrist zugrunde zu legen war. Die Beklagte hatte die Kündigung ausdrücklich für den Fall erklärt, dass das Arbeitsverhältnis nicht schon im Jahre 2007 geendet, es also bis zum Kündigungszeitpunkt fortbestanden habe. Es gab keinen Grund für die Annahme, die Beklagte wolle - sofern die Kündigung zum Tragen komme - das Arbeitsverhältnis mit einer Frist beenden, die nicht die gesamte Dauer der Betriebszugehörigkeit des Klägers berücksichtigte. Dass die Anrechnung anderweitiger Vorbeschäftigungszeiten oder eine zeitweilige Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses streitig gewesen sei, hat der Kläger nicht behauptet.

26

3. Die Kündigung vom 29. Juni 2011 ist nicht deshalb rechtsunwirksam, weil die Beklagte sie nur gemeinsam mit der KG hätte erklären können. Es lag kein einheitliches, zu ihr und der KG gemeinsam bestehendes Arbeitsverhältnis vor.

27

a) Ebenso wie auf Arbeitnehmerseite können auf Arbeitgeberseite mehrere rechtlich selbständige Personen an demselben Arbeitsverhältnis beteiligt sein ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - Rn. 16; 15. Dezember 2011 - 8 AZR 692/10  - Rn. 30 ). Stehen mehrere natürliche oder juristische Personen in arbeitsrechtlichen Beziehungen zu demselben Arbeitnehmer, liegen nicht notwendig mehrere getrennte Arbeitsverhältnisse vor. Vielmehr kann auch ein einheitliches Arbeitsverhältnis gegeben sein. Erforderlich ist ein rechtlicher Zusammenhang der arbeitsvertraglichen Beziehungen des Arbeitnehmers zu den einzelnen Arbeitgebern, der es verbietet, diese Beziehungen rechtlich getrennt zu behandeln ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - aaO; 5. März 1987 -  2 AZR 623/85  - zu B III 5 der Gründe, BAGE 55, 117 ). Der rechtliche Zusammenhang kann sich insbesondere aus einer Auslegung des Vertragswerks der Parteien ergeben ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - aaO; 27. März 1981 -  7 AZR 523/78  - zu I 2 b der Gründe, BAGE 37, 1). Nach Maßgabe von §§ 133, 157 BGB ist zu prüfen, ob nach den Vorstellungen der Vertragschließenden die einzelnen Vereinbarungen nur gemeinsam gelten und zusammen durchgeführt werden, dh. Teile eines einzigen Gesamtgeschäfts sein sollten. Ist dies zu bejahen, kann ein solches einheitliches Arbeitsverhältnis im Regelfall nur von und gegenüber allen auf einer Vertragsseite Beteiligten gekündigt werden ( BAG 19. April 2012 - 2 AZR 186/11 - aaO; 27. März 1981 - 7 AZR 523/78  - zu II 1 der Gründe, aaO).

28

b) Danach lag im Streitfall ein einheitliches Arbeitsverhältnis nicht vor. Es gibt keine Grundlage für die Annahme, die KG habe als weitere Arbeitgeberin zu dem mit der Beklagten schon bestehenden Arbeitsverhältnis hinzutreten und dieses habe nunmehr im Sinne eines rechtlich untrennbaren Zusammenhangs mit beiden Arbeitgeberinnen fortgesetzt werden sollen. Es sind keine Umstände festgestellt oder vom Kläger vorgetragen, aufgrund derer darauf zu schließen wäre, seine arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, das eine Mal mit der Beklagten, das andere Mal mit der KG, hätten nur gemeinsam gelten und durchgeführt werden und damit bloß Teile eines einzigen Gesamtgeschäfts sein sollen.

29

4. Die Kündigung ist nicht mangels sozialer Rechtfertigung unwirksam. Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes fand auf das Arbeitsverhältnis der Parteien gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 bis 4 KSchG keine Anwendung. Im Betrieb der Beklagten waren im Kündigungszeitpunkt schon nicht mehr als fünf Arbeitnehmer regelmäßig beschäftigt. Die Arbeitnehmer der KG waren für die Bestimmung der Betriebsgröße nicht mitzuzählen. Die Beklagte und die KG haben keinen gemeinsamen Betrieb geführt. Andere Gründe für eine Hinzurechnung sind nicht ersichtlich.

30

a) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen liegt vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen zu arbeitstechnischen Zwecken zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat betriebsbezogen gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, so dass der Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1057/12 - Rn. 51; 9. Juni 2011 - 6 AZR 132/10 - Rn. 16 mwN, BAGE 138, 116). Diese Voraussetzung trifft nicht schon dann zu, wenn die Unternehmen unternehmerisch zusammenarbeiten (BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 20, BAGE 142, 36; 5. November 2009 - 2 AZR 383/08 - Rn. 14 mwN).

31

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass im Kündigungszeitpunkt ein gemeinsamer Betrieb bestanden hat, trägt der Arbeitnehmer (BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1057/12 - Rn. 52; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 21, BAGE 142, 36). Mit Rücksicht auf seine typischerweise mangelhafte Kenntnis vom Inhalt der zwischen den beteiligten Unternehmen getroffenen vertraglichen Vereinbarungen kommen ihm dabei Erleichterungen zugute. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast in einem ersten Schritt, wenn er äußere Umstände aufzeigt, die für die Annahme sprechen, dass sich mehrere Unternehmen über die gemeinsame Führung eines Betriebs unter einem einheitlichen Leitungsapparat geeinigt haben. Darauf hat der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu erwidern und darzulegen, welche rechtserheblichen Umstände gegen die Annahme eines einheitlichen Betriebs sprechen sollen(BAG 24. Oktober 2013 - 2 AZR 1057/12 - aaO; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - aaO).

32

c) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Er hat selbst äußere Umstände, die für das Vorliegen einer Vereinbarung zur gemeinsamen Führung eines Betriebs unter einem einheitlichen Leitungsapparat sprächen, nicht aufgezeigt. Weder sein Vorbringen zur Zusammenarbeit von Beklagter und KG im Bereich Kundenservice, noch sein Vorbringen zu den Anweisungen, die er auch nach Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der KG vom Geschäftsführer der Beklagten erhalten habe, und zur weiteren Überlassung des Dienstfahrzeugs lassen den Schluss darauf zu, der Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich sei für beide Unternehmen gemeinsam von derselben institutionellen Leitung ausgeübt worden.

33

5. Die Kündigung der Beklagten ist nicht deshalb gemäß § 242 BGB unwirksam, weil der Kläger vor ihrem Ausspruch nicht angehört worden ist. Die Anhörung des Arbeitnehmers vor einer Kündigung ist - außer bei der Verdachtskündigung - de lege lata keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Der gegenteiligen Ansicht des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen (17. März 2010 - 2 Ca 319/10 -) fehlt die gesetzliche Grundlage. Dass hier einzel- oder tarifvertraglich etwas anderes gegolten hätte, ist nicht ersichtlich. Auch aus § 82 Abs. 1 Satz 1 BetrVG folgt nichts anderes. Nach dieser Bestimmung hat der Arbeitnehmer ein Recht darauf, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, angehört zu werden. Selbst wenn man zu diesen Angelegenheiten auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung rechnet, ergibt sich daraus nicht, dass umgekehrt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor dem Ausspruch einer Kündigung anhören müsste und dass diese Anhörung Voraussetzung für die Wirksamkeit der Kündigung wäre. Das in § 82 Abs. 1 Satz 2 BetrVG vorgesehene Recht, zu ihn betreffenden Maßnahmen des Arbeitgebers Stellung zu nehmen, bedeutet ebenfalls nicht, dass der Arbeitnehmer schon vor deren Durchführung Stellung nehmen können muss.

34

6. Die Kündigung ist nicht gemäß § 612a BGB iVm. § 134 BGB rechtsunwirksam. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es fehle an der notwendigen Kausalität zwischen der Erhebung von Vergütungsansprüchen und der Kündigung, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe sich zur - vorsorglichen - Kündigung entschlossen, nachdem sie im Zusammenhang mit den Entgeltforderungen habe erkennen müssen, dass das in ihren Augen längst beendete Arbeitsverhältnis rechtlich womöglich noch fortbestehe. Mit der sich dagegen wendenden Behauptung, die Beklagte habe ihn mit der Kündigung sehr wohl sanktionieren wollen, zeigt der Kläger keinen Rechtsfehler auf. Den zeitlichen Zusammenhang zwischen Rechtsverfolgung und Kündigung hat das Landesarbeitsgericht angesichts des Umstands, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien schon seit Jahren nicht mehr gelebt worden war, als Indiz für eine Maßregelungsabsicht der Beklagten zu Recht nicht ausreichen lassen. Zulässige Verfahrensrügen hat der Kläger nicht erhoben.

35

7. Die Kündigung vom 29. Juni 2011 ist nicht nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB unwirksam. Es bedurfte zu ihrer Wirksamkeit keiner Zustimmung des Integrationsamts.

36

a) Der Kläger ist nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad seiner Behinderung beträgt nach dem Bescheid des Versorgungsamts vom 7. September 2011 lediglich 30. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob er der Beklagten rechtzeitig nach Zugang der Kündigung Mitteilung von seinem im März 2011 gestellten Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gemacht hat.

37

b) Der Kläger war zum Zeitpunkt der Kündigung einem schwerbehinderten Menschen nicht gleichgestellt. Die nach seinem Vorbringen mittlerweile erfolgte Gleichstellung wirkt nur bis auf den Tag der Antragstellung zurück. Dies war der 12. September 2011.

38

aa) Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf auch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Gemäß § 68 Abs. 2 SGB IX erfolgt die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen auf Grund einer Feststellung nach § 69 SGB IX auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit.

39

bb) Die Gleichstellung wird gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Der betreffende Verwaltungsakt ist für die Rechtsposition des Betroffenen konstitutiv. Im Unterschied zu den kraft Gesetzes geschützten Personen, bei denen durch die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch ein bestehender Rechtsschutz nur festgestellt wird, wird der Schutz des Behinderten durch die Gleichstellung erst begründet (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - zu B II 1 a der Gründe). Die erst nach Zugang einer Kündigung beantragte Gleichstellung hat für die Wirksamkeit der Kündigung keine Bedeutung mehr (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - aaO).

40

cc) Der Kläger hat den Antrag auf Gleichstellung erst am 12. September 2011 und damit nach Zugang der Kündigung gestellt. Im Verhältnis zur Beklagten ist es unerheblich, ob er ihn bei schnellerer Bescheidung seines Antrags auf Anerkennung als Schwerbehinderter schon früher gestellt hätte.

41

c) Die kündigungsrechtlich unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 und schwerbehinderten Arbeitnehmern iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX stellt keine Diskriminierung der weniger stark behinderten Arbeitnehmer nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. Nr. L 303 S. 16) dar. Die weniger stark behinderten Arbeitnehmer erfahren nicht „wegen ihrer Behinderung“ eine ungünstigere Behandlung. Sie werden nicht weniger günstig als nicht behinderte Arbeitnehmer behandelt, sondern weniger günstig als stärker behinderte.

42

II. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts über den (echten) Hilfsantrag auf Erteilung eines Endzeugnisses hat Bestand. Die Kündigungsschutzklage ist rechtskräftig abgewiesen. Damit hat das Arbeitsgericht zu Recht über den Hilfsantrag entschieden. In der Sache ist der Kläger durch die dem Antrag stattgebende Entscheidung nicht beschwert. Er fiel dem Senat folglich nicht zur Entscheidung an.

43

III. Über den Weiterbeschäftigungsantrag hat der Senat ebenso wenig zu entscheiden. Er ist auf eine Beschäftigung für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits gerichtet. Dieser Streit ist rechtskräftig abgeschlossen.

44

IV. Die Kosten seiner erfolglosen Revision hat nach § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Beckerle    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 21. November 2012 - 8 Sa 627/12 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 3. Juli 2012 - 31 Ca 13956/11 - wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen den Feststellungsausspruch richtet.

3. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und einen Auflösungsantrag der Beklagten.

2

Die Beklagte, ein US-amerikanisches Unternehmen, produziert und vertreibt medizinische Produkte. Sie hat in Deutschland eine Niederlassung mit ca. 130 Arbeitnehmern. Die 1968 geborene Klägerin trat im Januar 2005 in ihre Dienste. Seit November 2009 war die Klägerin als „Direct Marketing Supervisor“ tätig. In dieser Funktion leitete sie ein Team von acht Mitarbeitern. Ihre Arbeitsaufgaben ergaben sich aus einer „Stellen-/Positionsbeschreibung“ und aus jährlich getroffenen Zielvereinbarungen.

3

In der Zeit von Ende August bis Mitte Oktober 2011 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Am 8. September 2011 beantragte sie beim Versorgungsamt ihre Anerkennung als schwerbehinderter Mensch. Kurz darauf unterrichtete sie davon die Beklagte. Am 17. Oktober 2011 - dem Tag der Wiederaufnahme ihrer Arbeit - wurde ihr in einem Personalgespräch eröffnet, sie sei bis auf Weiteres gegenüber den Mitarbeitern ihres Teams nicht mehr weisungsberechtigt. Außerdem wurde ihr - anders als zuvor - ein Einzelbüro zugewiesen. Am 19., 20. und am 25. Oktober 2011 arbeitete sie auf Weisung der Beklagten eine Kollegin in das „Reporting“ über „Direktmarketing(DM)-Aktivitäten“ ein.

4

Am 28. Oktober 2011 beantragte die Klägerin beim Arbeitsgericht, die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verpflichten, sie als „Direct Marketing Supervisor“ einzusetzen und tätig werden zu lassen. Hilfsweise begehrte sie die Zuweisung von Tätigkeiten, die in ihrer Wertigkeit dieser Position entsprächen. Dem Gesuch fügte sie - neben ihrem Arbeitsvertrag und der „Stellen-/Positionsbeschreibung“ - eine eidesstattliche Versicherung vom 27. Oktober 2011 bei. Darin heißt es:

        

„In Kenntnis und im Bewusstsein der Tatsache, dass die vorsätzliche und fahrlässige Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung strafbar ist und diese eidesstattliche Versicherung Behörden und Gerichten vorgelegt wird, versichere ich […]:

        

…       

        

Am 17.10.2011 fand ein Gespräch zwischen der Geschäftsleitung, der Personalleitung und mir statt, in welchem mir durch den Managing Director / Country Manager Herrn Dr. […] mitgeteilt wurde, dass mir die Teamleitung entzogen und ich in ein Einzelbüro versetzt werde. Am Abend dieses Tages erhielt ich per E-Mail die Anordnung von Herrn Dr. […], dass ich mich ab sofort morgens und abends an der Rezeption an- und abzumelden habe. Bei [der Beklagten] gibt es kein Zeiterfassungssystem. …

        

Am 19., 20. und 25.10.2011 musste ich meine Mitarbeiterin […] in meine bisherigen Tätigkeiten einarbeiten. Am 21.10.2011 habe ich die offizielle Anordnung erhalten, ab sofort direkt an Herrn Dr. […] zu berichten. Gleichzeitig wurde mir mitgeteilt, dass das Direct-Marketing Team ab sofort bis auf weiteres von Frau […] geleitet wird. …

        

Faktisch werden mir seit dem 17.10.2011 keine Aufgaben mehr übertragen. Vielmehr wurden mir sämtliche Aufgaben und Verantwortung entzogen. Ich sitze in einem „leeren Büro“ und darf keinen Kontakt zu meinen Mitarbeitern und Kollegen haben und ihnen keine Weisungen mehr erteilen.“

5

Am 4. November 2011 schlossen die Parteien zur Beendigung des Verfahrens einen gerichtlichen Vergleich. Die Beklagte verpflichtete sich, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß der Stellenbeschreibung mit der Einschränkung zu beschäftigen, dass es beim Entzug der Weisungsberechtigung verbleibe. Diese Abrede sollte längstens bis zum 15. Dezember 2011 gelten.

6

Mit Schreiben vom 30. November 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Januar 2012. Sie hielt der Klägerin vor, bei Gericht eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben zu haben. Dagegen erhob die Klägerin fristgerecht die vorliegende Klage.

7

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 stellte das Versorgungsamt bei der Klägerin eine Behinderung mit einem Grad von 30 fest. Am 26. Juli 2012 beantragte diese bei der Bundesagentur für Arbeit ihre Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Mit Bescheid vom 18. September 2012 sicherte die Bundesagentur die Gleichstellung für den Fall zu, dass im Zuge ihrer Vermittlungsbemühungen oder eigener Bemühungen der Klägerin um einen Arbeitsplatz ein Arbeitgeber die Einstellung vom Vorliegen einer Schwerbehinderung abhängig machen sollte.

8

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigung sei schon deshalb unwirksam, weil die Beklagte - unstreitig - eine Zustimmung des Integrationsamts nicht eingeholt habe. Jedenfalls sei die Kündigung sozial ungerechtfertigt. Der Vorwurf, sie habe ihre Vertragspflichten durch ihre eidesstattliche Erklärung verletzt, sei unberechtigt. Sie habe den Sachverhalt aus ihrer damaligen Perspektive zutreffend dargestellt. Mit dem Ausdruck „leeres Büro“ habe sie - erkennbar - ein „menschen- und aufgabenleeres Büro“ gemeint. Die einer Kollegin übertragene Aufgabe des „Reporting“ über „DM-Aktivitäten“ habe neben der Personalführung den Schwerpunkt ihrer Tätigkeit ausgemacht. Die betreffenden Anordnungen habe sie deshalb als den Entzug sämtlicher Aufgaben empfunden. Konkrete Arbeitsanweisungen seien ihr in der fraglichen Zeit nicht erteilt worden. Der Auswertung von Patientendatenbanken habe sie sich nur gewidmet, um nicht mit dem Vorwurf einer Arbeitsverweigerung konfrontiert zu werden. Sie sei vom innerbetrieblichen E-Mail-Verkehr abgeschnitten gewesen. Auch sonstige Post habe sie nicht mehr erreicht. Sie sei nicht zu „DM-Konferenzen“ eingeladen worden, auch nicht zur Weihnachtsfeier oder anderen Treffen im Kollegenkreis. Mit ihr sei kaum mehr gesprochen worden. Sie habe davon ausgehen müssen, dies gehe auf die Beklagte zurück, nachdem diese sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt darum gebeten habe, mit einer Kollegin während schwebender Auseinandersetzungen keinen Umgang zu pflegen.

9

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung vom 30. November 2011 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen als „Direct Marketing Supervisor“ weiter zu beschäftigen.

10

Die Beklagte hat zuletzt beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise,

        

das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, die 15.000,00 Euro brutto nicht überschreiten möge, zum 31. Januar 2012 aufzulösen.

11

Die Beklagte hat gemeint, die Kündigung sei durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt. Diese habe in dem vorausgegangenen Verfahren vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Das „Reporting“ und die Anleitung des nachgeordneten Bereichs hätten nur einen Teil ihrer Tätigkeiten ausgemacht. Alle sonstigen in der Stellenbeschreibung genannten Aufgaben aus dem Bereich „Daily business tasks DM Team“ seien der Klägerin - bis auf die Teilnahme an Messen und Kongressen - geblieben. Die Behauptungen, sie habe eine Kollegin in „ihre bisherigen Aufgaben einarbeiten [müssen]“ und ihr seien „sämtliche Aufgaben und Verantwortung entzogen [worden]“, seien deshalb objektiv falsch. Ebenso falsch sei die mit dem Hinweis auf ein „leeres Büro“ verbundene Behauptung, untätig zu sein. Die Klägerin habe sich mit der Auswertung von Patientendatenbanken einer ihr originär übertragenen Arbeitsaufgabe gewidmet. Das ihr zugewiesene Büro sei voll ausgestattet gewesen. Die räumliche Veränderung sei ausschließlich durch den Wechsel von Mitarbeitern einer Schwesterfirma zu ihr - der Beklagten - bedingt gewesen. Es habe auch kein Verbot bestanden, mit Arbeitskollegen Kontakt zu pflegen. Soweit sich die Klägerin auf gegenteilige subjektive Einschätzungen berufe, handele es sich um Schutzbehauptungen. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft. Die Klägerin habe versucht, durch eine verzerrende Darstellung der betrieblichen Verhältnisse einen Prozesserfolg zu ihrem - der Beklagten - Nachteil zu erzielen.

12

Zumindest sei der Auflösungsantrag begründet. Eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit mit der Klägerin sei nicht mehr zu erwarten. Man führe mittlerweile mehrere Rechtsstreitigkeiten gegeneinander, in denen die Klägerin bewusst falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt habe. Ihr fehle zudem die Bereitschaft, ihre neue Vorgesetzte zu akzeptieren.

13

Die Klägerin hat beantragt, den Auflösungsantrag abzuweisen.

14

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; ihren Auflösungsantrag hatte die Beklagte erstinstanzlich noch nicht gestellt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt die Klägerin auch mit Blick auf den Auflösungsantrag die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und im Umfang des Feststellungsbegehrens zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO). Im Übrigen war die Sache mangels Entscheidungsreife an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

16

A. Die Revision ist zulässig. Dass sie vor Zustellung des Berufungsurteils eingelegt wurde, ist unerheblich. Es genügt, dass im Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung - wie hier - die angefochtene Entscheidung bereits verkündet war (vgl. BAG 26. Juli 2012 - 6 AZR 52/11 - Rn. 18 mwN). Die Revisionsbegründungsfrist (§ 74 Abs. 1 Satz 1 bis 3 ArbGG) ist gewahrt.

17

B. Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Kündigung vom 30. November 2011 ist unwirksam (I.). Ob der damit zur Entscheidung angefallene Auflösungsantrag der Beklagten begründet ist, steht noch nicht fest (II.). Der insoweit gebotenen Zurückverweisung unterliegt auch der Antrag der Klägerin auf vorläufige Weiterbeschäftigung (III.).

18

I. Die Kündigung ist unwirksam. Sie ist nicht durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt und deshalb sozial ungerechtfertigt (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG).

19

1. Eine Kündigung ist iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 684/13 - Rn. 13; 3. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 20 mwN).

20

2. Gibt der Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit mit dem Arbeitgeber vorsätzlich eine falsche eidesstattliche Versicherung ab, kann dies die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses - womöglich gar die außerordentliche - rechtfertigen (st. Rspr., BAG 24. November 2005 - 2 ABR 55/04 - Rn. 23; 20. November 1987 - 2 AZR 266/87 - zu II 2 a der Gründe mwN). Ein solches Verhalten stellt - unabhängig von seiner Strafbarkeit - eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffenden Nebenpflicht dar, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie in zumutbarem Umfang zu wahren. Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer in einem Gerichtsverfahren mit dem Arbeitgeber leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellt, deren Unhaltbarkeit auf der Hand liegt (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 37; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22).

21

3. Ein Arbeitnehmer kann sich für falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Unrichtige Angaben sind vom Schutzbereich des Grundrechts nicht umfasst (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19). Anderes gilt für Äußerungen, die ein Werturteil enthalten. Sie können zum einen - ebenso wie rechtliche Schlussfolgerungen oder die Wiedergabe subjektiver Einschätzungen - nicht tauglicher Gegenstand einer eidesstattlichen Versicherung sein (vgl. MünchKommStGB/Müller 2. Aufl. § 156 Rn. 60). Im Zivilprozess können lediglich tatsächliche Behauptungen durch Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht werden (§ 294 Abs. 1 ZPO). Werturteile fallen zum anderen in den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 GG. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 18; 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 21).

22

4. Eine Tatsachenbehauptung zeichnet sich dadurch aus, dass die Erklärung einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 35; BGH 22. Februar 2011 - VI ZR 120/10 - Rn. 22; jeweils mwN). Falsch ist eine Behauptung, wenn sie im Hinblick auf ihren Gegenstand der Wahrheit nicht entspricht, also die Wirklichkeit unzutreffend wiedergibt. Das ist der Fall, wenn der Inhalt der Aussage mit der objektiven Sachlage nicht übereinstimmt. Auch das Verschweigen von Tatsachen macht eine Behauptung falsch, wenn die spezifische Unvollständigkeit nicht offenbart, sondern die Aussage als vollständige ausgegeben wird und dadurch ihr Gegenstand in einem falschen Licht erscheint (BGH 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - zu II 2 a der Gründe mwN; Cramer Jura 1998, 337). Dabei ist freilich zu berücksichtigen, dass jede Äußerung in ihrem Kontext zu sehen ist und nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden darf (BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - Rn. 40; BGH 26. Oktober 1999 - VI ZR 322/98 - zu II 2 der Gründe). Das gilt auch im Rahmen der Beurteilung, ob eine Äußerung als Tatsachenbehauptung oder als Werturteil anzusehen ist (vgl. BVerfG 24. Juli 2013 - 1 BvR 444/13, 1 BvR 1 BvR 527/13 - Rn. 18; BAG 29. August 2013 - 2 AZR 419/12 - aaO). Die jeweilige Einstufung durch das Berufungsgericht unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Kontrolle (vgl. BGH 16. November 2004 - VI ZR 298/03 - zu II 2 a aa der Gründe; zum Fehlen einer Bindung an die Feststellungen der Tatsachengerichte siehe auch BVerfG 19. April 1990 - 1 BvR 40/86, 1 BvR 42/86 - zu B II 1 der Gründe, BVerfGE 82, 43).

23

5. Danach war eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien nicht gerechtfertigt.

24

a) Die Beklagte stützt ihre Kündigung auf die eidesstattliche Versicherung der Klägerin vom 27. Oktober 2011. Diese scheidet nicht deshalb als Kündigungsgrund aus, weil sich die Parteien in dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf einen Vergleich verständigt haben. Dadurch hat die Beklagte nicht zum Ausdruck gebracht, sie werde aus dem vorausgegangenen Verhalten der Klägerin keine nachteiligen Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses mehr ableiten. Mit der Kündigung hat sich die Beklagte auch nicht in einen nach § 242 BGB beachtlichen Widerspruch zu den materiellen Regelungen des Vergleichs gesetzt. Die Verständigung über die Modalitäten einer Beschäftigung der Klägerin bezieht sich auf das ungekündigte Arbeitsverhältnis. Die Regelungen sollten überdies allenfalls bis zum 15. Dezember 2011 gelten und hatten dementsprechend nur vorläufigen Charakter. Jedenfalls an einer ordentlichen, für einen späteren Zeitpunkt erklärten Kündigung war die Beklagte aufgrund des Vergleichs nicht gehindert. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

25

b) Nicht frei von Rechtsfehlern ist seine Würdigung, die eidesstattliche Erklärung enthalte in allen beanstandeten Punkten falsche Tatsachenbehauptungen.

26

aa) Bei der Äußerung der Klägerin, sie habe eine Kollegin in „ihre bisherigen Tätigkeiten“ einarbeiten müssen, mag es sich zwar um eine Tatsachenbehauptung handeln. Diese ist aber nicht deshalb objektiv falsch, weil die Klägerin ihre Kollegin - unstreitig - lediglich in die „Patientenselektion der Datenbank“ und das monatliche Berichtswesen, demnach nur in einem Teil ihrer Arbeitsaufgaben einweisen musste. Soweit das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Klägerin habe in ihrer Versicherung - fälschlich - zum Ausdruck gebracht, sie habe die Kollegin in sämtliche ihrer Tätigkeiten einarbeiten müssen, übersieht es, dass die beanstandete Aussage einen solchen Sinn schon dem Wortlaut nach nicht enthält.

27

bb) Ein solches Verständnis ist nicht deshalb geboten, weil die Klägerin im letzten Absatz ihrer Versicherung angegeben hat, ihr seien „sämtliche Aufgaben und Verantwortung entzogen worden“. Die Äußerung schließt sich unmittelbar an die Behauptung an, ihr seien seit dem 17. Oktober 2011 „faktisch“ keine Aufgaben mehr übertragen worden. Das lässt zum einen die Interpretation zu, dass sie mit der beanstandeten Aussage - erneut - nur auf das Fehlen konkreter Arbeitsaufgaben hat hinweisen wollen. Der aufgezeigte Kontext spricht zum anderen - ausgehend vom verständigen Empfängerhorizont - dafür, dass die Klägerin mit ihrer Aussage einen wertenden, von ihrem subjektiven Dafürhalten und Meinen geprägten Schluss hat ziehen wollen, der auf dem Ausbleiben von Aufgabenzuweisungen beruhte. Darauf, ob diese Wertung objektiv vertretbar war, kommt es nicht an. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, wird dadurch die Äußerung nicht zu einer reinen Tatsachenbehauptung.

28

cc) Ob es sich bei den Ausführungen zum „faktischen“ Fehlen einer Aufgabenübertragung um eine Tatsachenbehauptung oder um ein Werturteil handelt, kann dahinstehen. Die Beklagte hat für den erstgenannten Fall nicht dargetan, die Aussage sei erweislich falsch. Sie hat lediglich auf die Stellenbeschreibung und der Klägerin darin übertragene Arbeitsaufgaben verwiesen. Darauf kommt es ebenso wenig an wie auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob zu diesen der Klägerin allgemein übertragenen Tätigkeiten die Auswertung von Patientendatenbanken zählte. Die fragliche Äußerung in der eidesstattlichen Versicherung hebt erkennbar auf das - unstreitige - Ausbleiben einer Zuweisung spezifischer zu erledigender Arbeiten in der Zeit nach dem 17. Oktober 2011 ab.

29

dd) Soweit die Klägerin versichert hat, sie sitze in einem „leeren Büro“, sprechen schon die von ihr gesetzten Anführungszeichen deutlich dafür, dass es sich insoweit um eine Wertung und nicht um eine Tatsachenbehauptung handelt. Umstände, die einem solchen Verständnis widersprechen, sind nicht ersichtlich. Die beanstandete Aussage kann nicht tauglicher Inhalt einer eidesstattlichen Versicherung sein. Das gilt unabhängig davon, ob die Äußerung sich auf die technische Ausstattung des Büros oder darauf bezog, dieses sei „leer“ an Aufgaben und anderen Menschen.

30

ee) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe mit der Äußerung, sie „dürfe“ keinen Kontakt zu Mitarbeitern und Kollegen haben, objektiv und wahrheitswidrig behauptet, die Beklagte habe ihr gegenüber ein entsprechendes Verbot ausgesprochen, liegt fern. Zwar schließt der Wortlaut der Erklärung eine solche Deutung nicht gänzlich aus. Sie kann aber ebenso gut als wertende Beschreibung eines tatsächlichen Zustands verstanden werden. Im Ergebnis liegt ein solches Verständnis näher. Zum einen schließt sich die Aussage unmittelbar an die Ausführungen zur „Leere“ des zugewiesenen Büros an. Zum anderen hat die Klägerin, wenn sie bestimmte konkrete Anordnungen und Weisungen seitens der Beklagten behauptet hat, dies jedes Mal - insbesondere durch zeitliche Eingrenzung - eigens deutlich gemacht.

31

c) Die Kündigung ist selbst dann nicht durch Gründe iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt, wenn zugunsten der Beklagten angenommen wird, jedenfalls die Äußerung der Klägerin, ihr seien „sämtliche Aufgaben […] entzogen [worden]“, stelle eine unzutreffende, die wahren Gegebenheiten verzerrende Tatsachenbehauptung dar. Die im Berufungsurteil getroffenen Feststellungen tragen nicht das Ergebnis, die Klägerin habe insoweit vorsätzlich falsche Angaben gemacht.

32

aa) Vorsatz besteht im Wissen und Wollen der Tatbestandsverwirklichung. Bedingter Vorsatz reicht dafür aus (BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 22; 28. April 2011 - 8 AZR 769/09 - Rn. 50; für den Anwendungsbereich von § 156 StGB vgl. Fischer StGB 61. Aufl. § 156 Rn. 17; MünchKommStGB/Müller § 156 Rn. 79). Der an Eides statt Erklärende muss demnach wissen, welche Tatsachen seine Erklärungspflicht begründen. Er muss zudem die Unrichtigkeit seiner Behauptungen erkennen und deren Unwahrheit in seinen Erklärungswillen aufnehmen. Er muss die Unvollständigkeit und Unrichtigkeit zumindest für möglich halten und billigend in Kauf nehmen (BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - aaO).

33

bb) Die Bewertung eines Fehlverhaltens als vorsätzlich oder fahrlässig liegt im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet. Sie ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung iSv. § 286 ZPO. Das Revisionsgericht kann die Feststellung innerer Tatsachen nur daraufhin prüfen, ob das Tatsachengericht von den richtigen Beurteilungsmaßstäben ausgegangen ist, die wesentlichen Umstände berücksichtigt und keine Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat (BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 24; 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 16).

34

cc) Die angefochtene Entscheidung hält auch dieser eingeschränkten Überprüfung nicht stand.

35

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe die Unwahrheit ihrer Aussage erkannt und in ihren Willen aufgenommen. Die behaupteten Umstände seien Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen und es gebe keine Anhaltspunkte für die Annahme, sie habe bei der Abfassung der eidesstattlichen Erklärung nicht genügend Sorgfalt walten lassen.

36

(2) Diese Beurteilung lässt außer Acht, dass der Klägerin mit ihren Weisungsbefugnissen und dem Berichtswesen wesentliche, für ihre Leitungstätigkeit charakteristische Aufgaben entzogen worden waren. Unabhängig vom zeitlichen Umfang dieser Tätigkeiten ist es nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin in ihnen subjektiv den Kern ihrer Tätigkeit erblickt hat. Da ihr nach dem 17. Oktober 2011 bis auf die Einarbeitung einer Kollegin keine anderen konkrete Arbeitsanweisungen mehr erteilt worden waren, mag bei ihr durchaus der Eindruck entstanden sein, sie habe „nichts mehr zu tun“ und dies sei auch so gewollt. Dem steht die Aufgabe, Patientendaten auszuwerten, nicht zwingend entgegen. Die Klägerin rechnete diese Tätigkeit nicht zu ihrem originären Zuständigkeitsbereich. Selbst wenn sie insoweit geirrt haben sollte, bedeutet dies nicht, es könne sich bei ihrer Einlassung, sie habe den Sachverhalt aus ihrer damaligen subjektiven Sicht zutreffend geschildert, nur um eine Schutzbehauptung handeln.

37

(3) Unabhängig davon liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, die Klägerin habe gemeint, die ihr angelasteten Übertreibungen seien erforderlich gewesen, um das angestrebte Verfahrensziel - eine tatsächliche Beschäftigung als „Direct Marketing Supervisor“ - zu erreichen. Als wesentlichen Kern ihrer Leitungstätigkeit hat sie die ihr entzogenen Weisungsbefugnisse gegenüber nachgeordneten Mitarbeitern und das monatliche Reporting über „DM-Aktivitäten“ angesehen. Ob dies ausgereicht hätte, den geltend gemachten Beschäftigungsanspruch vor Gericht durchzusetzen, kann dahinstehen. Jedenfalls muss die Klägerin nicht etwa notwendig davon ausgegangen sein, sie habe auf die Rechtssache durch die Behauptung, ihr seien „sämtliche“ Aufgaben entzogen worden, ein völlig falsches Licht geworfen.

38

d) Der Senat konnte über den Kündigungsschutzantrag selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Eine weitere Sachaufklärung wäre auch nach einer Zurückverweisung nicht zu erwarten. Gegen die Klägerin kann allenfalls der Vorwurf erhoben werden, sie habe die eidesstattliche Erklärung nicht vorsichtig genug formuliert und habe in Teilen leichtfertig falsche Angaben gemacht. Angesichts dessen ist die Kündigung unverhältnismäßig. Als Mittel zur Herbeiführung künftiger Vertragstreue hätte eine Abmahnung ausgereicht.

39

aa) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist(vgl. BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 21; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11 - Rn. 16).

40

bb) Im Streitfall wiegt das Verhalten der Klägerin nicht so schwer, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre. Zwar mag die Klägerin einer Fehlvorstellung Vorschub geleistet haben, soweit sie behauptet und durch ihre eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat, ihr seien „sämtliche Aufgaben entzogen [worden]“. Auch mag das dieser Äußerung innewohnende überschießende Element für sie leicht erkennbar gewesen sein. Ihr kann aber mangels entsprechender Anhaltspunkte nicht unterstellt werden, sie habe durch eine verzerrende Darstellung den Ausgang des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entscheidend zu ihren Gunsten beeinflussen wollen. Auch hatte sie ihrem Antrag eine Stellenbeschreibung beigefügt, aus der sich der Umfang der ihr obliegenden Arbeitsaufgaben ergab. Danach und angesichts ihrer Behauptung, ihr sei mit dem Entzug der Teamleitung gleichzeitig aufgegeben worden, zukünftig unmittelbar an den „Managing Director/Country Manager“ zu berichten - was einer gänzlichen Beschäftigungslosigkeit widersprach - musste ihre Behauptung, ihr seien „sämtliche Aufgaben […] entzogen [worden]“, wenn nicht als substanzlos, so doch als erläuterungsbedürftig erscheinen. Dies hat das Arbeitsgericht, das im Ursprungsverfahren Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt hatte, ersichtlich nicht anders bewertet. Überdies war die Klägerin durch den unvermittelten Entzug der Führungsverantwortung emotional stark belastet. Die Beklagte hatte die Maßnahme der Klägerin gegenüber nicht näher begründet. Auch im vorliegenden Rechtsstreit hat sie keine konkreten Vorfälle benannt, die ihr Anlass gegeben hätten, der Klägerin Führungsqualitäten und/oder teamorientiertes Arbeiten abzusprechen. Dies vermag deren hier zu beurteilendes Verhalten zwar nicht gänzlich zu entschuldigen. Es lässt ihr Vorgehen aber in einem milderen Licht erscheinen.

41

cc) Ob die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, das maßgeblich auf die Strafbarkeit des in Rede stehenden Verhaltens abgestellt hat, auch deshalb keinen Bestand haben kann, weil das Amtsgericht gegenüber der Klägerin den Erlass eines Strafbefehls wegen falscher eidesstattlicher Versicherung mittlerweile abgelehnt hat, bedarf keiner Erörterung (zur grundsätzlichen Verpflichtung der Gerichte für Arbeitssachen, den Sachverhalt selbst aufzuklären vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 25 mwN).

42

II. Wegen ihres Unterliegens im Kündigungsrechtsstreit fällt der Hilfsantrag der Beklagten zur Entscheidung an. Dazu war die Sache mangels Entscheidungsreife an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

43

1. Der Auflösungsantrag der Beklagten ist aufgrund des Rechtsmittels der Klägerin in die Revision gelangt, auch wenn das Landesarbeitsgericht über ihn folgerichtig nicht entschieden hat. Einer Anschlussrevision der Beklagten bedurfte es nicht (vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu A I der Gründe; 20. August 1997 - 2 AZR 620/96 - zu II 4 der Gründe).

44

2. Die Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber berechtigt ist, den Auflösungsantrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG zu stellen, liegen im Streitfall vor. Die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 30. November 2011 beruht allein auf ihrer Sozialwidrigkeit (zu dieser Voraussetzung BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 19 mwN, BAGE 140, 47). Sie ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - nicht nach § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB unwirksam. Einer Zustimmung des Integrationsamts bedurfte es nicht.

45

a) Die Klägerin ist nicht schwerbehindert iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX. Der Grad ihrer Behinderung beträgt gemäß dem Bescheid des Versorgungsamts vom 17. Juli 2012 lediglich 30.

46

b) Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Kündigung einem schwerbehinderten Menschen nicht gleichgestellt. Eine Gleichstellung ist auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Durch Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 18. September 2012 ist ihr eine Gleichstellung lediglich für den Fall zugesichert worden, dass ein Arbeitgeber ihre Einstellung von einer solchen Gleichstellung abhängig mache. Selbst wenn ein solcher „Zusicherungsbescheid“ (zu den Voraussetzungen vgl. LSG Hessen 11. Juli 2007 - L 7 AL 61/06 -) kündigungsrechtlich wie eine Gleichstellung zu behandeln sein sollte, wirkte er frühestens auf den Tag der Antragstellung - den 26. Juli 2012 - zurück. Vor diesem Zeitpunkt kommt ein Sonderkündigungsschutz der Klägerin nicht in Betracht.

47

aa) Nach § 85 SGB IX iVm. § 68 Abs. 1 und 3, § 2 Abs. 3 SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers, der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Gemäß § 68 Abs. 2 SGB IX erfolgt die Gleichstellung eines behinderten Menschen mit schwerbehinderten Menschen auf dessen Antrag durch eine Feststellung nach § 69 SGB IX seitens der Bundesagentur für Arbeit.

48

bb) Die Gleichstellung wird gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Die behördliche Entscheidung ist für die Rechtsposition des Betroffenen konstitutiv. Im Unterschied zu den kraft Gesetzes geschützten Personen, bei denen durch die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch der gesetzlich bestehende Rechtsschutz nur festgestellt wird, wird der Schutz des Behinderten durch die Gleichstellung erst begründet (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 647/13 - Rn. 39; 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - zu B II 1 a der Gründe). Die Bundesagentur für Arbeit darf die Gleichstellung rückwirkend nicht über den Tag des Eingangs des Antrags hinaus aussprechen (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 12. Aufl. § 68 Rn. 24). Einer erst nach Zugang der Kündigung beantragten Gleichstellung kommt demzufolge für die Wirksamkeit der Kündigung - selbst bei einem positiven Bescheid - keine Bedeutung zu (vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 647/13 - aaO; 24. November 2005 - 2 AZR 514/04 - aaO).

49

cc) Die Klägerin hat ihren Antrag auf Gleichstellung erst am 26. Juli 2012 und damit nach Zugang der Kündigung gestellt. Im Verhältnis zur Beklagten ist es unerheblich, ob sie ihn, wäre ihr Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch schneller beschieden worden, schon früher gestellt hätte. Der Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch wiederum enthält - anders als die Klägerin meint - nicht zugleich einen Antrag auf Gleichstellung für den Fall, dass ein Grad der Behinderung von weniger als 50, aber mindestens 30 festgestellt werden sollte.

50

(1) Die Klägerin hat nicht behauptet, sie habe schon beim Versorgungsamt einen solchen (Hilfs-)Antrag ausdrücklich angebracht.

51

(2) Ohne entsprechende Erklärung wiederum kann in dem Anerkennungsantrag nicht zugleich ein (vorsorglicher) Antrag auf Gleichstellung erblickt werden. Dies folgt schon daraus, dass für die Anträge unterschiedliche Behörden zuständig sind. Die Entscheidung über die Anerkennung obliegt den zuständigen Versorgungsämtern oder den durch Landesrecht bestimmten Behörden (§ 69 Abs. 1 SGB IX)bzw. den in § 69 Abs. 2 SGB IX genannten Dienststellen. Die Entscheidung über die Gleichstellung fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der Bundesagentur für Arbeit (§ 68 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Unabhängig davon sind die Feststellung einer Schwerbehinderung und die Gleichstellung an unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen gebunden, die zu unterschiedlichen Prüfungen der jeweils zuständigen Stellen führen. Im Übrigen kann nicht als selbstverständlich unterstellt werden, dass ein behinderter Mensch für den Fall der Erfolglosigkeit eines Anerkennungsantrags seine Gleichstellung beantragen will.

52

(3) Die Trennung der Verfahren erschwert es Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 nicht in unzumutbarer Weise, Sonderkündigungsschutz zu erlangen. Sie können vielmehr beide Verfahren von Beginn an parallel betreiben, insbesondere den Gleichstellungsantrag bei der Bundesanstalt vorsorglich für den Fall stellen, dass der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft wegen eines GdB unter 50 beim Versorgungsamt erfolglos bleiben sollte (Dau in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 68 Rn. 11). Auch wenn die Versorgungsämter gehalten sein sollten, auf die Möglichkeit einer vorsorglichen Antragstellung bei der Bundesanstalt hinzuweisen (vgl. dazu Dau in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 68 Rn. 10, 11; Lampe in Großmann GK-SGB IX § 90 Rn. 65, 103; Schorn in Müller-Wenner/Schorn SGB IX Teil 2 § 68 Rn. 34), folgte daraus selbst bei einer Verletzung der Hinweispflicht nicht, dass einer Gleichstellung Wirkung auf einen Zeitpunkt vor Eingang des Antrags bei der Bundesagentur für Arbeit zukommen könnte. Für die bloße Zusicherung einer erforderlich werdenden Gleichstellung gilt nichts anderes.

53

c) Die kündigungsrechtlich unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50 und schwerbehinderten Arbeitnehmern iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX stellt keine Diskriminierung der weniger stark behinderten Arbeitnehmer nach Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) dar. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG vor. Die weniger stark behinderten Arbeitnehmer erfahren nicht „wegen ihrer Behinderung“ eine ungünstigere Behandlung. Sie werden nicht weniger günstig als nicht behinderte Arbeitnehmer behandelt, sondern weniger günstig als stärker behinderte (vgl. BAG 10. April 2014 - 2 AZR 647/13 - Rn. 39).

54

3. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Auflösungsantrag im Übrigen begründet ist. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob Gründe vorliegen, die einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit der Parteien entgegenstehen. Es hat sich mit den dafür behaupteten Tatsachen nicht befasst und insoweit keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachholen müssen.

55

III. Der Zurückverweisung unterliegt auch der Antrag der Klägerin auf vorläufige Weiterbeschäftigung. Er ist darauf gerichtet, die Beklagte zu verurteilen, sie „bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens“ in der zuletzt ausgeübten Funktion weiter zu beschäftigen. Zum Kündigungsschutzverfahren zählt der Auflösungsantrag der Beklagten. Aus diesem Grund ist der von der Klägerin aufrechterhaltene Weiterbeschäftigungsantrag als unechter Hilfsantrag zu verstehen, über den nur unter der Voraussetzung zu entscheiden ist, dass sie mit ihrem Feststellungsantrag obsiegt und der Auflösungsantrag der Beklagten abgewiesen wird. Keine dieser Prämissen ist bislang erfüllt. Ob ein Antrag nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, solange er nicht abschlägig beschieden worden ist, ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers zu begründen vermag(vgl. BAG 16. November 1995 - 8 AZR 864/93 - zu E der Gründe, BAGE 81, 265), bedarf deshalb keiner Entscheidung.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Berger    

        

        

        

    Bartz    

        

    Alex    

                 

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Der Arbeitgeber schaltet bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt ein, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder sonstige Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.

(2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Beschäftigte können zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen. Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Absatz 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.

(3) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter können Arbeitgeber, die ein betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Der Arbeitgeber schaltet bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt ein, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder sonstige Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.

(2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Beschäftigte können zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen. Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Absatz 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.

(3) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter können Arbeitgeber, die ein betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Der Arbeitgeber schaltet bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt ein, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder sonstige Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.

(2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Beschäftigte können zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen. Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Absatz 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.

(3) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter können Arbeitgeber, die ein betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern.

(1) Für die Berechnung des Übergangsgeldes während des Bezuges von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben werden 65 Prozent eines fiktiven Arbeitsentgelts zugrunde gelegt, wenn

1.
die Berechnung nach den §§ 66 und 67 zu einem geringeren Betrag führt,
2.
Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen nicht erzielt worden ist oder
3.
der letzte Tag des Bemessungszeitraums bei Beginn der Leistungen länger als drei Jahre zurückliegt.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Leistungsempfänger der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die seiner beruflichen Qualifikation entspricht. Dafür gilt folgende Zuordnung:

1.
für eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung (Qualifikationsgruppe 1) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
für einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung (Qualifikationsgruppe 2) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
für eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf (Qualifikationsgruppe 3) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße und
4.
bei einer fehlenden Ausbildung (Qualifikationsgruppe 4) ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.
Maßgebend ist die Bezugsgröße, die für den Wohnsitz oder für den gewöhnlichen Aufenthaltsort der Leistungsempfänger im letzten Kalendermonat vor dem Beginn der Leistung gilt.

(1) Die Regelungen dieses Teils gelten für schwerbehinderte und diesen gleichgestellte behinderte Menschen.

(2) Die Gleichstellung behinderter Menschen mit schwerbehinderten Menschen (§ 2 Absatz 3) erfolgt auf Grund einer Feststellung nach § 152 auf Antrag des behinderten Menschen durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Gleichstellung wird mit dem Tag des Eingangs des Antrags wirksam. Sie kann befristet werden.

(3) Auf gleichgestellte behinderte Menschen werden die besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen mit Ausnahme des § 208 und des Kapitels 13 angewendet.

(4) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind auch behinderte Jugendliche und junge Erwachsene (§ 2 Absatz 1) während der Zeit ihrer Berufsausbildung in Betrieben und Dienststellen oder einer beruflichen Orientierung, auch wenn der Grad der Behinderung weniger als 30 beträgt oder ein Grad der Behinderung nicht festgestellt ist. Der Nachweis der Behinderung wird durch eine Stellungnahme der Agentur für Arbeit oder durch einen Bescheid über Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Gleichstellung gilt nur für Leistungen des Integrationsamtes im Rahmen der beruflichen Orientierung und der Berufsausbildung im Sinne des § 185 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c.

(1) Die Leistungen umfassen Hilfsmittel, die erforderlich sind, um eine durch die Behinderung bestehende Einschränkung einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft auszugleichen. Hierzu gehören insbesondere barrierefreie Computer.

(2) Die Leistungen umfassen auch eine notwendige Unterweisung im Gebrauch der Hilfsmittel sowie deren notwendige Instandhaltung oder Änderung.

(3) Soweit es im Einzelfall erforderlich ist, werden Leistungen für eine Doppelausstattung erbracht.

(1) Der Arbeitgeber schaltet bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt ein, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder sonstige Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.

(2) Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (betriebliches Eingliederungsmanagement). Beschäftigte können zusätzlich eine Vertrauensperson eigener Wahl hinzuziehen. Soweit erforderlich, wird der Werks- oder Betriebsarzt hinzugezogen. Die betroffene Person oder ihr gesetzlicher Vertreter ist zuvor auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Kommen Leistungen zur Teilhabe oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht, werden vom Arbeitgeber die Rehabilitationsträger oder bei schwerbehinderten Beschäftigten das Integrationsamt hinzugezogen. Diese wirken darauf hin, dass die erforderlichen Leistungen oder Hilfen unverzüglich beantragt und innerhalb der Frist des § 14 Absatz 2 Satz 2 erbracht werden. Die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 176, bei schwerbehinderten Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung, können die Klärung verlangen. Sie wachen darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach dieser Vorschrift obliegenden Verpflichtungen erfüllt.

(3) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter können Arbeitgeber, die ein betriebliches Eingliederungsmanagement einführen, durch Prämien oder einen Bonus fördern.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 6. November 2013 - 3 Sa 423/13 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung für den Zeitraum 1. Februar 2006 bis 31. Juli 2013.

2

Der im Jahr 1959 geborene Kläger wurde von der Beklagten auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 4. Januar 1990 als „vollzeitbeschäftigter Angestellter“ eingestellt und zunächst „in Vergütungsgruppe Vb BAT“ eingruppiert. Er war seit Januar 1990 im Bundesamt für Verfassungsschutz (im Folgenden BfV) in K als „fremdsprachlicher Vorauswerter“ für den russischen Sprachraum tätig und mit der Vorauswertung von Informationsmaterial befasst, das bei Telefonüberwachungsmaßnahmen anfiel. Seit 1996 setzte ihn die Beklagte zusätzlich - auch auf Auslandsdienstreisen des Amtsleiters des BfV - als Dolmetscher für Russisch ein. Er wurde zuletzt nach Entgeltgruppe 11 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (Bund und Kommunen; im Folgenden TVöD) vergütet.

3

Bei Dienstantritt wurde dem Kläger eine Ermächtigung zum Umgang mit Verschlusssachen (im Folgenden VS-Ermächtigung) gemäß dem Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (SÜG) erteilt, die für jede Tätigkeit beim BfV erforderlich ist.

4

Im August 2002 erhielt das BfV Kenntnis über laufende Ermittlungen gegen eine Tätergruppe aus dem Bereich der russischen organisierten Kriminalität wegen Geldwäsche, schweren Menschenhandels, bandenmäßig betriebener illegaler Einschleusung von Ausländern in die Bundesrepublik und Urkundenfälschung. Als einer der Hauptverdächtigen galt der Schwager des Klägers. Dieser war bereits wegen einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Haftstrafe verurteilt worden, hatte sich dem Vollzug der Haft jedoch durch Flucht in das osteuropäische Ausland entzogen. Nachdem bekannt geworden war, dass der Kläger Kontakt zu seinem Schwager hielt, stellte ihn die Beklagte am 3. Dezember 2002 unter Fortzahlung seiner Vergütung von der Arbeitsleistung frei. Am 11. August 2003 hob der Geheimschutzbeauftragte die VS-Ermächtigung des Klägers mit sofortiger Wirkung auf. Die vom Kläger hiergegen gerichtete Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Den Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, lehnte das OVG Münster ab.

5

Mit Schreiben vom 30. Januar 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Auf die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage stellte das Arbeitsgericht fest, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde. Den Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers wies das Arbeitsgericht ab. Das Landesarbeitsgericht Köln wies die Berufung des Klägers zurück. Seine Nichtzulassungsbeschwerde blieb erfolglos.

6

Am 25. September 2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. März 2007. Die Kündigungsschutzklage des Klägers wies das Arbeitsgericht ab. Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung. Auf die Revision des Klägers hob das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts mit Urteil vom 26. November 2009 (- 2 AZR 272/08 - BAGE 132, 299) auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurück. Im erneuten Berufungsverfahren stellte das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 17. Januar 2012 (- 12 Sa 1502/10 -) fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 25. September 2006 nicht aufgelöst worden sei, und verurteilte die Beklagte, „den Kläger über den 31.03.2007 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen gemäß Arbeitsvertrag als Angestellten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen“. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wurde vom Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 23. August 2012 (- 8 AZN 722/12 -), der Beklagten zugestellt am 7. September 2012, zurückgewiesen.

7

Zum 1. August 2013 ordnete die Beklagte den Kläger zur Bundespolizeiabteilung S ab. Die Vergütung des Klägers trägt weiterhin das BfV.

8

Mit der vorliegenden am 22. Dezember 2010 eingereichten, mehrfach erweiterten Klage begehrt der Kläger Vergütung wegen Annahmeverzugs, hilfsweise als Schadensersatz für den Zeitraum Februar 2006 bis Juli 2013. Er hat geltend gemacht, die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit sei nicht auf eine solche beim BfV beschränkt. § 4 Abs. 1 TVöD enthalte eine umfassende Versetzungsklausel. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihm eine in Ausübung ihres Direktionsrechts neu zu bestimmende Tätigkeit zuzuweisen. Ihr Festhalten an der bisherigen Weisung habe nicht billigem Ermessen entsprochen. Die Beklagte habe ihre vertraglichen Rücksichtnahmepflichten verletzt, indem sie es unterlassen habe, ihm eine andere Beschäftigung zuzuweisen. Er habe deshalb jedenfalls einen Anspruch auf Schadensersatz. Mit Erhebung der Kündigungsschutzklagen und seinem Weiterbeschäftigungsbegehren habe er seine Bereitschaft zum Ausdruck gebracht, bei der Beklagten weiterzuarbeiten und jede beliebige andere Tätigkeit übernehmen zu wollen. Das Bundesamt für Güterverkehr (BfG) habe mit der Einführung der LKW-Maut Mitarbeiter, zB „Mautkontrolleure“ gesucht. Beschäftigungsmöglichkeiten hätten auch bei anderen Bundesbehörden in Nordrhein-Westfalen und im Bereich der gesamten Gebietskörperschaft der Beklagten und bei der Deutschen Bundesbank bestanden. Auf eine fehlende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit könne sich die Beklagte aufgrund der im vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren getroffenen Feststellungen nicht berufen. Die rechtskräftige Verurteilung der Beklagten, ihn weiter zu beschäftigen, habe präjudizielle Wirkung. Die Beklagte trage die Darlegungslast für das Nichtbestehen einer Beschäftigungsmöglichkeit in sämtlichen Geschäftsbereichen ihres territorialen Einflussbereichs. Es sei ihr zumutbar gewesen, zur Ermittlung freier Stellen auf die für Jedermann einsehbaren Stellenbörsen zurückzugreifen. Der bloßen Behauptung, es gebe bei keiner Behörde eine freie Stelle, für die er über die erforderlichen Qualifikationen verfüge, habe er nicht im Einzelnen entgegentreten können.

9

Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 391.518,87 Euro brutto abzüglich Zwischenverdienstes iHv. 82.230,04 Euro brutto und abzüglich der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit iHv. 75.015,08 Euro nebst Zinsen in gestaffelter Höhe zu zahlen.

10

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kläger habe aufgrund des Entzugs der VS-Ermächtigung nicht mehr beschäftigt werden können. Eine Möglichkeit, ihn außerhalb des BfV anderweitig zu beschäftigen, habe, wie Anfragen bei anderen Behörden ergeben hätten, mangels freier, der Qualifikation des Klägers entsprechender Stellen nicht bestanden. Die Stellen von „Mautkontrolleuren“ beim Bundesamt für Güterverkehr seien vor dem Streitzeitraum mit Einführung der LKW-Maut „aus Personalüberhängen der Post und Bahn“ besetzt worden. Selbst bei Annahme einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit könne ihr ein Verschulden frühestens ab dem 23. August 2012 zur Last gelegt werden, weil zunächst beide Tatsacheninstanzen ihre Rechtsauffassung, das Arbeitsverhältnis sei wirksam gekündigt, bestätigt hätten. Etwaige Ansprüche des Klägers für das Jahr 2006 seien insgesamt, für die Jahre 2007 und 2008 zum Teil verjährt.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen und die Klage im Übrigen insgesamt abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger kann von der Beklagten für den streitbefangenen Zeitraum keine Vergütung wegen Annahmeverzugs oder als Schadensersatz wegen Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten verlangen. Die Anspruchsvoraussetzungen sind nicht erfüllt. Auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung kommt es deshalb nicht an.

13

A. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung wegen Annahmeverzugs nach § 615 Satz 1 iVm. § 611 BGB ist nicht gegeben.

14

I. Unbeschadet der sonstigen Anspruchsvoraussetzungen kommt der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Leistung zu bewirken, § 297 BGB.

15

1. Die Leistungsfähigkeit ist eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss. Grundsätzlich hat bei Streit über die Leistungsfähigkeit der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen, dass der Arbeitnehmer zur Leistung außer Stande war (vgl. BAG 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 17).

16

2. Der Kläger war im Streitzeitraum außerstande, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.

17

Für die bis Dezember 2002 ausgeübte Tätigkeit fehlte ihm, nach Entzug der für jede Tätigkeit beim BfV entsprechend den Bestimmungen des SÜG zwingend erforderlichen VS-Ermächtigung, im gesamten Streitzeitraum die subjektive Leistungsfähigkeit (vgl. zum Entzug der kanonischen Beauftragung BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 67).

18

II. Die vom Kläger bekundete Bereitschaft, jede andere ggf. auch geringer vergütete Tätigkeit als Angestellter im gesamten Bundesgebiet auszuüben, konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, weil sie nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung betraf, § 294 BGB.

19

1. Ist die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 16, BAGE 134, 296). Die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die zu bewirkende Arbeitsleistung. Auf sie muss sich der Leistungswille des Arbeitnehmers richten (vgl. BAG 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 21, BAGE 141, 34). Kann der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer anderen Tätigkeit ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Andernfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist Sache des Arbeitgebers (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 16, aaO).

20

2. Der Kläger war vor dem Streitzeitraum ausschließlich beim BfV und dort als fremdsprachlicher Vorauswerter für den russischen Sprachraum und Dolmetscher für Russisch eingesetzt. Durch die Zuweisung dieser Tätigkeiten hat die Beklagte den Inhalt der Arbeitsleistung gem. § 106 Satz 1 GewO näher bestimmt. Die Wirksamkeit der Weisung steht zwischen den Parteien außer Streit. Das Angebot einer anderen Tätigkeit betraf deshalb nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung.

21

B. Dem Kläger steht auch kein Schadensersatz wegen entgangener Vergütung infolge einer Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten durch die Beklagte zu.

22

I. Ob das Landesarbeitsgericht an einer Entscheidung über den vom Kläger - erstmals im Berufungsverfahren - geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten durch unterlassene Zuweisung einer anderweitigen Beschäftigung gehindert war, ist einer Überprüfung in der Revision entzogen.

23

1. Das Arbeitsgericht hat, indem es mit der Abweisung eines erstinstanzlich nicht geltend gemachten Schadensersatzanspruchs über den vom Kläger in das Verfahren eingeführten Streitgegenstand hinausgegangen ist, gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Danach ist ein Gericht nicht befugt, abschlägig über einen Antrag zu entscheiden, den die Partei nicht gestellt hat. Ein Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten(vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 AZR 460/04 - Rn. 10, BAGE 117, 137). Die arbeitsgerichtliche Entscheidung über diesen Anspruch ist gegenstandslos.

24

2. Allerdings hat der Kläger die Klage mit der Berufungsbegründung erweitert, indem er das Klagebegehren hilfsweise auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung vertraglicher Rücksichtnahmepflichten gestützt hat. Das Landesarbeitsgericht hat über diesen Streitgegenstand sachlich entschieden und damit die Voraussetzungen einer Klageänderung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG stillschweigend bejaht. Die Zulässigkeit der Klageänderung ist in der Revisionsinstanz in entsprechender Anwendung von § 268 ZPO nicht mehr zu prüfen(vgl. BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 111/09 - Rn. 22; 9. Dezember 2014 - 1 AZR 146/13 - Rn. 24).

25

II. Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben. Die Beklagte hat, indem sie dem Kläger keine andere Tätigkeit zuwies, nicht schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt.

26

1. Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird(BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 26, 27, BAGE 134, 296; 15. Oktober 2013 - 1 ABR 25/12 - Rn. 24). Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 28 ff., aaO).

27

2. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Beklagten innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens eine Beschäftigung möglich gewesen wäre und er eine solche von der Beklagten verlangt hätte.

28

a) Der Kläger ist nach allgemeinen Regeln für die den Schadensersatzanspruch begründenden Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet (vgl. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - Rn. 49, BAGE 142, 188). Abweichende Beweislastregeln greifen zu seinen Gunsten nicht ein.

29

Entgegen der Ansicht des Klägers gelten im Schadensersatzprozess nicht die Grundsätze der Darlegungslast für den Nachweis der Wirksamkeit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung. Der Anwendungsbereich der speziellen Beweislastregel des § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, der zu Folge der Arbeitgeber das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit als Teil des Kündigungsgrundes darzulegen und bei erheblichem Bestreiten zu beweisen hat, ist auf den Kündigungsschutzprozess beschränkt. Ebenso wenig können die im Kündigungsschutzprozess für die Prüfung der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers geltenden Grundsätze der Darlegungslast herangezogen werden. Die prozessualen Anforderungen an den Umfang der Darlegungen des Arbeitgebers entsprechen hier den hohen materiell-rechtlichen Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB(vgl. BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 21; 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 41; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 36, BAGE 145, 265).

30

b) Etwas anderes ergibt sich vorliegend auch nicht aus den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast.

31

aa) Kann die darlegungspflichtige Partei, obwohl sie alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, ihrer primären Darlegungslast nicht nachkommen, weil sie außerhalb des für ihren Anspruch erheblichen Geschehensablaufs steht, genügt nach den Grundsätzen der sekundären Behauptungslast das einfache Bestreiten des Gegners der primär darlegungspflichtigen Partei nicht, wenn er die wesentlichen Tatsachen kennt und ihm nähere Angaben zuzumuten sind. Hier kann von ihm das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - Rn. 53, BAGE 133, 265; 18. September 2014 - 6 AZR 145/13 - Rn. 29).

32

bb) Einer weitergehenden sekundären Darlegungslast der Beklagten steht vorliegend bereits entgegen, dass der Kläger seine Informationsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat. Dem Kläger war es nach eigenem Vortrag möglich, in die Stellenbörsen der Beklagten Einblick zu nehmen. Er hat nicht dargelegt, diese Möglichkeit ergebnislos genutzt zu haben. Der Kläger hätte zudem zumindest konkret angeben müssen, an welche Behörde bzw. welche Dienststelle er denkt, welche Art der Beschäftigung er meint, weshalb es ihm unter Berücksichtigung seiner Qualifikation möglich gewesen wäre, eine entsprechende Tätigkeit auszuüben, und weshalb bei Nichtvorhandensein freier Stellen ein Austausch mit anderen Arbeitnehmern im Wege der Umsetzung in Betracht gekommen wäre (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 30; 24. Mai 2012 - 2 AZR 62/11 - Rn. 28, BAGE 142, 36; 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 47). Erst dann wäre sein Vortrag für die Beklagte überhaupt weiter einlassungsfähig gewesen. Die Beklagte konnte sich deshalb darauf beschränken vorzutragen, die Anfragen bei Behörden wegen einer für den Kläger möglicherweise bestehenden Beschäftigungsmöglichkeit seien erfolglos geblieben, weil offene, der Qualifikation des Klägers entsprechende Stellen nicht zur Verfügung gestanden hätten.

33

3. Indem der Kläger lediglich pauschal behauptet hat, der Beklagten sei es angesichts der Vielzahl im gesamten Bundesgebiet in ihren Geschäftsbereichen beschäftigten Angestellten möglich gewesen, ihn anderweitig zu beschäftigen, hat er seiner Darlegungslast nicht genügt.

34

a) Soweit sich der Kläger auf die Möglichkeit einer Beschäftigung als „Mautkontrolleur“ beim BfG berufen hat, ist er dem Vortrag der Beklagten, die Stellen seien vor dem Streitzeitraum mit Einführung der LKW-Maut „aus Personalüberhängen der Post und Bahn“ besetzt worden, nicht entgegengetreten, so dass dieser gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Der Kläger hat nicht behauptet, eine Umsetzung der dort beschäftigten Arbeitnehmer im Austausch mit ihm sei möglich gewesen. Seinem Vortrag ist zudem mangels Angaben zur auszuübenden Tätigkeit nicht zu entnehmen, ob es sich um eine vertragsgerechte oder vertragsfremde Beschäftigung gehandelt hätte. Eine Verpflichtung zu einer vertragsfremden Beschäftigung begründet das Gebot der Rücksichtnahme nicht (BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 26, 27, BAGE 134, 296; 15. Oktober 2013 - 1 ABR 25/12 - Rn. 24).

35

b) Der Vortrag des Klägers, seine Beschäftigung sei der Beklagten in den in der Revisionsbegründung genannten Geschäftsbereichen möglich gewesen, ist unsubstantiiert. Der Kläger hat lediglich einzelne Geschäftsbereiche benannt. Er hat jedoch nicht dargelegt, mit welchen Aufgaben er in den von ihm genannten Bereichen vertragsgerecht hätte beschäftigt werden können und wann er im Streitzeitraum von der Beklagten eine entsprechende Beschäftigung verlangt hätte. Nicht entscheidungserheblich ist deshalb, dass neuer Tatsachenvortrag in der Revision zudem nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO unbeachtlich ist(vgl. BAG 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 25).

36

4. Weiterer Sachvortrag des Klägers war auch nicht im Hinblick auf das der Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Januar 2012 (- 12 Sa 1502/10 -) entbehrlich. Die Entscheidung hat hinsichtlich der Möglichkeit, den Kläger im Streitzeitraum zu beschäftigen, keine präjudizielle Wirkung.

37

a) Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden nur dann iSv. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst Streitgegenstand waren. Es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden war (vgl. BGH 21. April 2010 - VIII ZR 6/09 - Rn. 9; 7. Juli 1993 - VIII ZR 103/92 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 123, 137; Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. vor § 322 Rn. 34; Musielak/Voit/Musielak ZPO 12. Aufl. § 322 Rn. 17). Einzelne Begründungselemente nehmen grundsätzlich nicht an der materiellen Rechtskraft teil (vgl. BAG 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 27; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 16, BAGE 135, 239; 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 23; BGH 26. Juni 2003 - I ZR 269/00 - zu II 1 a der Gründe).

38

b) Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers bei der Beklagten nicht festgestellt, sondern lediglich eine non-liquet-Entscheidung getroffen.

39

5. Auch indem das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 17. Januar 2012 (- 12 Sa 1502/10 -) dem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers entsprochen hat, ist für das vorliegende Verfahren eine Möglichkeit und Verpflichtung der Beklagten, den Kläger im Streitzeitraum zu beschäftigen, nicht bindend festgestellt.

40

a) Der Umfang der materiellen Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO ist aus dem Urteil und den dazu ergangenen Gründen zu bestimmen(BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 29). Der Titel muss aus sich heraus einen bestimmten oder zumindest bestimmbaren Inhalt haben (vgl. BAG 31. Mai 2012 - 3 AZB 29/12 - Rn. 15). Das Erfordernis der - von Amts wegen zu prüfenden - Bestimmtheit des Urteilsausspruchs dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Der Umfang der materiellen Rechtskraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO und damit die Entscheidungswirkungen müssen festgestellt werden können(vgl. BAG 15. Oktober 2013 - 9 AZR 564/12 - Rn. 23). Andernfalls würden Unklarheiten über den Inhalt der Verpflichtung aus dem Erkenntnisverfahren in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden, dessen Aufgabe es nicht ist zu klären, worin die festgelegte Verpflichtung des Schuldners besteht (BAG 28. Februar 2003 - 1 AZB 53/02 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 105, 195; 31. Mai 2012 - 3 AZB 29/12 - Rn. 15).

41

b) Die vom Landesarbeitsgericht Köln mit der Entscheidung vom 17. Januar 2012 (- 12 Sa 1502/10 -) in Ziffer 1b des Tenors ausgeurteilte Verpflichtung der Beklagten entfaltet keine Bindungswirkung. Der Weiterbeschäftigungsausspruch ist der Rechtskraft nicht fähig. Er ist nicht hinreichend bestimmt.

42

aa) Der Entscheidung ist schon nicht mit der erforderlichen Bestimmtheit zu entnehmen, ab welchem Zeitpunkt eine Verpflichtung der Beklagten bestehen soll. Das Landesarbeitsgericht tenorierte, der Kläger sei „über den 31.03.2007 hinaus“ bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter zu beschäftigen. Dies umfasste die Verurteilung der Beklagten zu einer von vornherein unmöglichen Beschäftigung des Klägers vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung am 17. Januar 2012 auch in der Vergangenheit ab dem 1. April 2007. Im Widerspruch hierzu stehen die Entscheidungsgründe des Urteils. Das Landesarbeitsgericht nimmt darin auf die in der Entscheidung des Großen Senats vom 27. Februar 1985 (- GS 1/84 - BAGE 48, 122) aufgestellten Grundsätze Bezug. Danach ist Voraussetzung für eine dem Weiterbeschäftigungsantrag stattgebende Entscheidung ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Instanzurteil (vgl. BAG GS 27. Februar 1985 - GS 1/84 - zu C II 3 c der Gründe, aaO). Eine der Kündigungsschutzklage stattgebende Entscheidung war jedoch vor dem 17. Januar 2012 nicht ergangen. Die Entscheidungsgründe sind mit dem Tenor nicht in Einklang zu bringen. Der Umfang der materiellen Rechtskraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO lässt sich damit schon in zeitlicher Hinsicht nicht ermitteln.

43

bb) Ebenso wenig lässt sich der Inhalt der ausgeurteilten Beschäftigungspflicht mit der erforderlichen Bestimmtheit feststellen.

44

(1) Bei der Titulierung des dem Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen während des Laufs eines Kündigungsschutzprozesses zustehenden Anspruchs auf Weiterbeschäftigung (vgl. BAG GS 27. Februar 1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122) muss der Vollstreckungstitel verdeutlichen, um welche Art von Beschäftigung es geht. Für den Schuldner muss aus rechtsstaatlichen Gründen erkennbar sein, in welchen Fällen er mit einem Zwangsmittel zu rechnen hat (vgl. BAG 28. Februar 2003 - 1 AZB 53/02 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 105, 195). Andererseits erfordern das Rechtsstaatsprinzip und das daraus folgende Gebot effektiven Rechtsschutzes (BVerfG 12. Februar 1992 - 1 BvL 1/89 - zu C I der Gründe, BVerfGE 85, 337), dass materiell-rechtliche Ansprüche effektiv durchgesetzt werden können. Bei im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschriebener Arbeitspflicht kann der Titel aus materiell-rechtlichen Gründen nicht so genau sein, dass er auf eine ganz bestimmte im Einzelnen beschriebene Tätigkeit oder Stelle zugeschnitten ist. Darauf hat der Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch, weil das Weisungsrecht nach § 106 GewO dem Arbeitgeber zusteht. Um diesen Gesichtspunkten gerecht zu werden, ist es jedenfalls erforderlich, dass die Art der ausgeurteilten Beschäftigung des Arbeitnehmers aus dem Titel ersichtlich ist. Einzelheiten hinsichtlich der Art der Beschäftigung oder sonstigen Arbeitsbedingungen muss der Titel demgegenüber nicht enthalten. Dafür reicht es aus, wenn sich aus dem Titel das Berufsbild, mit dem der Arbeitnehmer beschäftigt werden soll, ergibt oder diesem zu entnehmen ist, worin die ihm zuzuweisende Tätigkeit bestehen soll (BAG 15. April 2009 - 3 AZB 93/08 - Rn. 19, BAGE 130, 195).

45

(2) Auch unter Berücksichtigung dieser Anforderungen an die Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungstitels erschließt sich der Inhalt einer Beschäftigungspflicht der Beklagten aus der Entscheidung nicht.

46

Die Art und Weise der von der Beklagten vorzunehmenden Beschäftigung des Klägers ergibt sich aus dem Titel nicht. Verwertbare Angaben zur Art seiner Beschäftigung sind ihm nicht zu entnehmen. Diese ergeben sich insbesondere nicht aus der Formulierung „gemäß Arbeitsvertrag“. Zwar kann eine Bezugnahme auf einen Arbeitsvertrag, vorausgesetzt dessen Inhalt lässt sich anhand des Tenors und der Entscheidungsgründe des Urteils eindeutig feststellen, für die Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungstitels ausreichen. Vorliegend enthält die Bezugnahme jedoch, indem sie mit dem Zusatz „zu unveränderten Arbeitsbedingungen“ verbunden ist, Einschränkungen, die zur Unbestimmtheit führen. Der Zusatz steht im Widerspruch zur Feststellung des Landesarbeitsgerichts, einer Tätigkeit des Klägers zu den bisherigen Bedingungen beim BfV, wie „im sicherheitsrelevanten Bereich“ insgesamt, stehe der Entzug der VS-Ermächtigung entgegen. Auf eine konkrete andere Beschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen nimmt die Entscheidung nicht Bezug. Der Inhalt der „unveränderten Arbeitsbedingungen“ ist der Entscheidung damit nicht einmal rahmenmäßig zu entnehmen. Zumal der Titel wörtlich genommen auf eine der Beklagten nach dem SÜG verbotene Handlung gerichtet ist.

47

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Weber    

        

    Volk    

        

        

        

    Dittrich     

        

    S. Röth-Ehrmann    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 4. November 2014 - 7 Sa 29/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit ruhte.

2

Die Klägerin ist bei der beklagten Landeshauptstadt als Schulhausmeisterin mit einem Arbeitszeitanteil von 60 % einer Vollzeitbeschäftigten entsprechend 23,5 Wochenstunden beschäftigt. Nach Feststellung des Arbeitsgerichts findet kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

3

Mit Bescheid vom 11. Juni 2013 wurde der Klägerin auf ihren Antrag eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von 364,24 Euro monatlich bewilligt, die auf die Zeit bis zum 30. Juni 2015 befristet war. Der Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung wurde abgelehnt, weil die Klägerin nach den Feststellungen des Rentenversicherungsträgers noch mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein konnte und einen entsprechenden Arbeitsplatz innehatte. Seit dem 1. Juli 2015 arbeitet die Klägerin nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wieder auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz.

4

Mit Schreiben vom 18. Juli 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Arbeitsverhältnis gemäß § 33 Abs. 2 TVöD-AT während des Bezugs der Rente ruhe. Bis zum 19. oder 20. Juli 2013 erbrachte die Klägerin ihre vertraglich geschuldete Arbeitsleistung. Sie legte erst mit Schreiben vom 21. August 2013 „Widerspruch“ gegen das Ruhen des Arbeitsverhältnisses ein. Dies hielt die Beklagte ausweislich ihres Schreibens vom 11. September 2013 für unbeachtlich, weil die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung nicht fristgerecht beantragt habe. Darum ruhe das Arbeitsverhältnis bis zum 30. Juni 2015. Während des Ruhens des Arbeitsverhältnisses bezog die Klägerin neben der Erwerbsminderungsrente nach ihrer Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat noch eine Zusatzversorgungsrente von rund 70,00 Euro monatlich.

5

§ 33 TVöD-AT bestimmt:

        

„…    

        

(2) 1Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. … 5Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. 6In diesem Fall ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird; ...

        

(3) Im Fall teilweiser Erwerbsminderung endet bzw. ruht das Arbeitsverhältnis nicht, wenn die/der Beschäftigte nach ihrem/seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf ihrem/seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und die/der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids ihre/seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

        

(4) Verzögert die/der Beschäftigte schuldhaft den Rentenantrag …, so tritt an die Stelle des Rentenbescheids das Gutachten einer Amtsärztin/eines Amtsarztes oder einer/eines nach § 3 Abs. 4 Satz 2 bestimmten Ärztin/Arztes. Das Arbeitsverhältnis endet in diesem Fall mit Ablauf des Monats, in dem der/dem Beschäftigten das Gutachten bekannt gegeben worden ist.

        

…“    

6

Die Klägerin wehrt sich gegen das Ruhen des Arbeitsverhältnisses. Soweit für die Revision noch von Belang, hat sie geltend gemacht, es verstoße gegen Treu und Glauben, dass sich die Beklagte auf das Ruhen des Arbeitsverhältnisses berufe, weil das Arbeitsverhältnis über den 1. Juli 2013 hinaus durch die Weiterarbeit der Klägerin konkludent fortgesetzt worden sei.

7

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2015 nicht nach § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT geruht hat.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 16. April 2015 (- 6 AZN 1066/14 -) zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

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A. Der negative Feststellungsantrag ist zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO besteht ungeachtet der zwischenzeitlich eingetretenen Beendigung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses fort. Ist eine Feststellungsklage wie hier in zulässiger Weise erhoben worden, ist der Kläger nicht gehalten, zur Leistungsklage überzugehen, wenn der Schaden während des Rechtsstreits bezifferbar wird. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bezifferung lange vor Abschluss der ersten Instanz möglich und deshalb ohne Verzögerung der Sachentscheidung und ohne Instanzverlust ein Übergang zur Leistungsklage möglich ist (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 172/10 - Rn. 14 f.). Das ist hier nicht der Fall.

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B. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien vom 1. Juli 2013 bis 30. Juni 2015 ruhte. Entgegen der Ansicht der Revision ist die Ruhensanordnung des § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT mit höherrangigem Recht, insbesondere Verfassungsrecht, vereinbar.

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I. § 33 Abs. 2 TVöD-AT berührt den Schutzbereich der von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsfreiheit. Das gilt nicht nur für die Beendigungsanordnung in § 33 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT, sondern auch für die Anordnung des Ruhens des Arbeitsverhältnisses in § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT.

12

1. Art. 12 Abs. 1 GG schützt mit der Freiheit der Arbeitsplatzwahl die Entscheidung für ein bestimmtes Arbeitsverhältnis sowie die Entscheidung, die konkrete Beschäftigung beizubehalten oder aufzugeben. Die Berufsausübungsfreiheit erfolgt am gewählten Arbeitsplatz und umfasst Form, Mittel und Umfang der Ausgestaltung der Betätigung (vgl. BVerfG 24. April 1991 - 1 BvR 1341/90 - zu C III 1 der Gründe, BVerfGE 84, 133; zum Eingriff in den Schutz der Freiheit der Berufsausübung durch die Beendigungsanordnung des § 33 Abs. 2 TVöD-AT vgl. zuletzt BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 55, BAGE 148, 357). In beide Teilgarantien des Art. 12 Abs. 1 GG greift die Ruhensanordnung des § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT ein. Dem Beschäftigten wird dadurch die Möglichkeit der konkreten Beschäftigung im gewählten Beruf entzogen, weil die wechselseitigen Hauptpflichten ruhen. Ihm wird damit zugleich die Betätigung auf dem gewählten Arbeitsplatz unmöglich gemacht und das Recht genommen, über die Fortführung der von ihm gewählten Tätigkeit zu entscheiden (vgl. BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 34).

13

2. Allerdings sind die Tarifvertragsparteien nicht unmittelbar grundrechtsgebunden (st. Rspr. des Senats seit BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - BAGE 111, 8). Die staatlichen Gerichte müssen jedoch aufgrund der Schutzpflichtfunktion der Grundrechte, die sich auch auf die Freiheitsrechte des Grundgesetzes und damit auf Art. 12 Abs. 1 GG bezieht(vgl. BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II 2 c der Gründe, aaO), Grundrechtsverletzungen entgegenwirken und solchen Regelungen die Durchsetzung verweigern, die die Berufsfreiheit verletzen (vgl. für das Verbot gleichheitswidriger Regelungen oder von Regelungen, die die von Art. 6 GG geschützten Belange vernachlässigen BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 20 f., BAGE 129, 93; vgl. für die Beendigungsanordnung des § 59 Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1 BAT aF BAG 11. März 1998 - 7 AZR 101/97 - zu 2 c der Gründe).

14

II. Bei verfassungskonformer Auslegung der Reichweite des Weiterbeschäftigungsanspruchs nach § 33 Abs. 3 TVöD-AT sowie aufgrund des durch höherrangiges, nicht tarifdispositiven Gesetzesrecht begrenzten Anwendungsbereichs der Ruhensanordnung in § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT schränkt diese Anordnung die Möglichkeit der Beschäftigten, die eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit beziehen, durch die Fortsetzung des aktiven Arbeitsverhältnisses ihr Einkommen zu sichern, nicht so stark ein, dass ihre durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit verletzt ist.

15

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beruht § 33 Abs. 2 TVöD-AT - ebenso wie die Vorgängerregelung in § 59 Abs. 1 BAT - auf der Annahme der Tarifvertragsparteien, der Arbeitnehmer werde im Fall der Erwerbsminderung künftig die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung nicht mehr erbringen können. Die an die teilweise Erwerbsminderung anknüpfende auflösende Bedingung des § 33 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT diene einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten, und bei dem bei einer Fortsetzung der Tätigkeit die Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes bestehe. Andererseits solle dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung getragen werden, sich von einem Arbeitnehmer trennen zu können, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage sei, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen (zuletzt BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 51, BAGE 148, 357). Mit der Ruhensanordnung in § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT tragen die Tarifvertragsparteien der höchstrichterlichen Rechtsprechung Rechnung, wonach eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen des Bezugs einer Erwerbsminderungsrente nur bei voraussichtlich dauerhaftem Rentenbezug in Betracht kommt(für § 33 TV-L BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 52, aaO; für § 59 BAT BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 22, BAGE 117, 255). Sie ordnen darum bei Bezug einer Erwerbsminderungsrente auf Zeit nur das Ruhen des Arbeitsverhältnisses als milderes Mittel gegenüber der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an.

16

2. Die Ruhensanordnung in § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT greift unabhängig von der Höhe der Erwerbsminderungsrente. Gleichwohl ist sie verfassungskonform. Die Klägerin berücksichtigt bei ihrer Annahme, das Ruhen des Arbeitsverhältnisses sei nur gerechtfertigt, soweit sichergestellt sei, dass die betroffenen Beschäftigten durch die Rente wirtschaftlich abgesichert seien, die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis dieser Beschäftigten nicht hinreichend. Zudem übersieht sie, dass bereits die tarifliche Regelung mit § 33 Abs. 3 TVöD-AT diesem Personenkreis die Möglichkeit eröffnet, auch während des Rentenbezugs weiterhin Arbeitsentgelt zu erzielen.

17

a) Wird dem Beschäftigten Erwerbsminderungsrente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung - wie gesetzlich in § 102 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB VI als Regelfall vorgesehen - auf Zeit bewilligt, besteht nach dem Willen der Tarifvertragsparteien eine ausreichende rentenrechtliche Absicherung, die grundsätzlich zu einem Ruhen des Arbeitsverhältnisses führt, wenn kein erfolgreicher Weiterbeschäftigungsantrag nach § 33 Abs. 3 TVöD-AT gestellt wird.

18

aa) Auf die tatsächliche Höhe der Versorgung stellt § 33 Abs. 2 TVöD-AT weder für die Beendigungs- noch für die Ruhensanordnung ab. Die Rechtsfolgen des § 33 Abs. 2 TVöD-AT hängen nicht von der individuellen Erwerbsbiografie und den individuellen Verhältnissen der Beschäftigten ab, die eine Rente wegen Erwerbsminderung beziehen(vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand September 2015 § 33 Rn. 48c). Maßgeblich ist allein die Anbindung an eine (dauerhafte) rentenrechtliche Versorgung (vgl. für § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 52, BAGE 148, 357).

19

bb) Aus der von der Revision angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 43) folgt nichts anderes. Dort ist zwar eine rentenrechtliche Absicherung nur dann als ausreichend angesehen worden, wenn die Rente der Höhe nach eine wirtschaftliche Absicherung darstelle, der Arbeitnehmer die einmal gezahlte Rente auch dann behalten dürfe, wenn die Anspruchsvoraussetzungen später entfielen, und seine Interessen in diesem Fall auch im Übrigen hinreichend berücksichtigt seien. Diese Ausführungen beziehen sich jedoch auf die dieser Entscheidung zugrunde liegende besondere Konstellation, in der keine rentenrechtliche Absicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung vorlag, sondern eine Betriebsrente zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führte. Außerhalb dieser besonderen Konstellation genügt für die Rechtsfolgen des § 33 Abs. 2 TVöD-AT die Absicherung durch die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, ohne dass es auf deren konkrete Höhe ankommt(vgl. für eine Erwerbsminderungsrente von 225,82 Euro brutto BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 52, BAGE 148, 357).

20

cc) Eine an die Höhe der Rente anknüpfende Regelung wäre auch nicht praktikabel, weil sich nicht abstrakt festlegen lässt, ab wann eine Rente eine wirtschaftliche Absicherung sicherstellt. Die Beklagte wirft zu Recht die Frage auf, ob es insoweit auf die subjektive Einschätzung des Beschäftigten, auf die von der Klägerin herangezogene Grundsicherung nach dem SGB II, auf einen bestimmten Prozentsatz des letzten Nettoeinkommens oder auf das individuelle Sicherungsbedürfnis des Beschäftigten unter Berücksichtigung seiner Unterhaltspflichten und -ansprüche ankommen soll. Zudem weist die Beklagte zutreffend auf das Anschlussproblem hin, wie zu verfahren wäre, wenn bei einer geringfügigen oder Teilzeitbeschäftigung bereits das reguläre Arbeitseinkommen für eine wirtschaftliche Absicherung nicht ausreichte. Eine derartige, nicht praktikable Regelung haben die Tarifvertragsparteien offenkundig nicht gewollt.

21

b) Die Annahme der Tarifvertragsparteien, bei Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit liege unabhängig von der Höhe dieser Rente eine ausreichende wirtschaftliche Absicherung vor, die das Ruhen des Arbeitsverhältnisses rechtfertige, ist im Hinblick auf die sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Beschäftigten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

22

aa) Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Außerdem liegt volle Erwerbsminderung vor, wenn der Versicherte nach seinem Leistungsvermögen zwar noch zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, aber dafür der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist. Der Teilzeitarbeitsmarkt gilt als nicht verschlossen, wenn der Versicherte einen zumutbaren Arbeitsplatz hat (sog. Arbeitsmarktrente gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB VI, vgl. BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 32; KassKomm/Gürtner Stand April 2010 § 43 SGB VI Rn. 31, 35).

23

bb) Erwerbsminderungsrente wird nur auf Antrag gewährt (KassKomm/Gürtner Stand April 2010 § 43 SGB VI Rn. 88). Stellt der Beschäftigte diesen Antrag und wird ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit bewilligt, kann er aus dem Rentenbescheid deren Höhe erkennen. Sieht er sich dadurch als nicht ausreichend wirtschaftlich gesichert an, kann er den Antrag jedenfalls bis zum Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist des § 84 Abs. 1 SGG noch zurücknehmen und so - sei es durch einen späteren Rentenantrag mit anderen sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen, sei es durch Weiterarbeit - ein für ihn günstigeres wirtschaftliches Ergebnis erreichen. Macht er von dieser sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis Gebrauch, verliert der Rentenbescheid seine Wirksamkeit (vgl. BAG 11. März 1998 - 7 AZR 101/97 - zu 2 c der Gründe; BSG 9. August 1995 - 13 RJ 43/94 - juris-Rn. 20, 24, BSGE 76, 218). Das Arbeitsverhältnis ruht dann nicht. Sind bereits die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 6 Halbs. 2 TVöD-AT eingetreten, etwa weil die Rentenbewilligung kurz vor Monatsende erfolgte, lebt das Arbeitsverhältnis am Tag der Rücknahme des Antrags, der den Rentenbescheid sofort wirkungslos macht, wieder auf. Der Arbeitnehmer ist vertragsgemäß weiterzubeschäftigen (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand April 2012 § 33 Rn. 259). Ist eine solche Beschäftigung nicht möglich, hat der Arbeitgeber unter den Voraussetzungen des § 84 Abs. 2 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement (bEM) durchzuführen(zu den diesbezüglichen Anforderungen vgl. zuletzt BAG 20. November 2014 - 2 AZR 755/13 - Rn. 30 ff., BAGE 150, 117).

24

cc) Die Tarifvertragsparteien durften bei typisierender Betrachtung davon ausgehen, dass ein Beschäftigter, der von dieser Dispositionsbefugnis keinen Gebrauch macht, sich durch die Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit ihrer Bewilligung als ausreichend abgesichert ansieht und grundsätzlich kein Interesse an seiner tatsächlichen Weiterbeschäftigung hat, sondern zumindest zunächst mit dem Ruhen des Arbeitsverhältnisses einverstanden ist (vgl. für die Beendigungsanordnung BAG 9. August 2000 - 7 AZR 749/98 - zu A II 2 c aa der Gründe). Sie durften deshalb an die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit in § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT die Rechtsfolge des Ruhens des Arbeitsverhältnisses knüpfen, ohne dies von der Rentenhöhe abhängig zu machen.

25

c) Bei verfassungskonformer Auslegung des § 33 Abs. 3 TVöD-AT ist auch die Ruhensanordnung des § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT bei Bewilligung einer Rente wegenteilweiser Erwerbsminderung auf Zeit nicht zu beanstanden.

26

aa) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, die aber unter diesen Bedingungen noch mehr als drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

27

bb) Bei einer solchen Rente wird weitaus häufiger eine Fortsetzung des aktiven Arbeitsverhältnisses in Betracht kommen als bei Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Das gilt besonders bei Beschäftigten, die wie die Klägerin ohnehin teilzeitbeschäftigt sind. Dabei ist zu beachten, dass sich der sozialversicherungsrechtliche Begriff der Erwerbsminderung und der arbeitsrechtliche Begriff der Arbeitsunfähigkeit nicht decken (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 21; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 100/03 - zu B II 4 a der Gründe, BAGE 108, 77; 7. Juni 1990 - 6 AZR 52/89 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 65, 187; Kamprad in Hauck/Noftz SGB VI Stand Mai 2008 K § 43 Rn. 17; zur Definition der Arbeitsunfähigkeit vgl. BAG 9. April 2014 - 10 AZR 637/13 - Rn. 21, BAGE 148, 16). Darum kann abhängig von den tatsächlichen Verhältnissen am Arbeitsplatz sogar ein vollerwerbsgeminderter Arbeitnehmer noch in der Lage sein, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung uneingeschränkt zu erbringen (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 21; KassKomm/Gürtner Stand April 2010 § 43 SGB VI Rn. 29).

28

cc) Vor diesem Hintergrund bedarf das bei der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit in § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT angeordnete Ruhen des Arbeitsverhältnisses eines verfassungsrechtlichen Korrektivs. Die bloße, auch bei Bewilligung einer solchen Rente bestehende und auch insoweit für die Wirksamkeit der Ruhensanordnung essenzielle sozialrechtliche Dispositionsbefugnis des Beschäftigten allein genügt insoweit nicht zur Rechtfertigung des Eingriffs in die Berufsausübungsfreiheit des erwerbsgeminderten Beschäftigten.

29

dd) Das verfassungsrechtlich gebotene Korrektiv haben die Tarifvertragsparteien mit dem in § 33 Abs. 3 TVöD-AT normierten Weiterbeschäftigungsanspruch geschaffen(vgl. für die Beendigungsanordnung in § 33 Abs. 2 Satz 1 TV-L BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 62, BAGE 148, 357). Sie durften bei typisierender Betrachtung davon ausgehen, dass eine auf Zeit bewilligte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung unabhängig von ihrer konkreten Höhe aufgrund der durch § 33 Abs. 3 TVöD-AT ermöglichten Weiterbeschäftigung zu einer ausreichenden Absicherung des Beschäftigten führt(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand September 2015 § 33 Rn. 48c).

30

(1) Mit § 33 Abs. 3 TVöD-AT haben die Tarifvertragsparteien dem Beschäftigten, der nur eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bezieht, die Möglichkeit eröffnet, sein Einkommen durch den Einsatz des verbliebenen Leistungsvermögens im bestehenden Arbeitsverhältnis zu erhöhen. Dies wird dem Zweck der Erwerbsminderungsrente gerecht, die einen Lohnausgleich darstellen soll (Kamprad in Hauck/Noftz SGB VI Stand Mai 2008 K § 43 Rn. 1).

31

(2) In der Gesamtschau der bei verfassungskonformer Auslegung bestehenden tariflichen Anforderungen an Form und Frist des Weiterbeschäftigungsantrags des Beschäftigten und an die vom Arbeitgeber zu verlangenden Anstrengungen, diesem Antrag gerecht zu werden, ist § 33 Abs. 3 TVöD-AT noch das verfassungsrechtlich gebotene Korrektiv, um die Ruhensanordnung des § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT, die wegen der damit verbundenen Einkommenseinbußen von existentieller Bedeutung für die betroffenen Beschäftigten ist, zu rechtfertigen. Das folgt im Besonderen daraus, dass § 33 Abs. 3 TVöD-AT die Prüfung aller ihm zumutbaren Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten verlangt, die einen Einsatz des Beschäftigten mit dem diesem verbliebenen Leistungsvermögen erlauben.

32

(a) An das Weiterbeschäftigungsverlangen sind inhaltlich keine besonderen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn sich ihm mit hinreichender Deutlichkeit der Wille entnehmen lässt, das Arbeitsverhältnis fortsetzen zu wollen. Der Beschäftigte muss also keinen bestimmten Arbeitsplatz verlangen (vgl. BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 73, BAGE 148, 357). Zwar kann der Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit regelmäßig erst dann prüfen, wenn ihm das konkret verbliebene Leistungsvermögen des erwerbsgeminderten Arbeitnehmers bekannt ist (vgl. BAG 9. August 2000 - 7 AZR 749/98 - zu A II 2 c aa der Gründe). Die dafür benötigten Angaben muss er jedoch ggf. beim Beschäftigten abfragen.

33

(b) Die Form- und Fristanforderungen des § 33 Abs. 3 TVöD-AT, die Klarstellungs- und Beweisfunktion haben, sind verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden(vgl. BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 30, BAGE 117, 255; 1. Dezember 2004 - 7 AZR 135/04 - zu I 4 b bb (1) der Gründe, BAGE 113, 64). Die Frist beginnt bei verfassungskonformer Auslegung erst mit dem Zugang der Ruhensmitteilung zu laufen und ist darum nicht unangemessen kurz (vgl. für die Beendigungsmitteilung BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 70, BAGE 148, 357).

34

(c) Eine Pflicht des Arbeitgebers, den Beschäftigten auf die Möglichkeit eines Weiterbeschäftigungsantrags nach § 33 Abs. 3 TVöD-AT und die dafür tariflich vorgesehene Frist und Form hinzuweisen, besteht nicht(BAG zuletzt 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 66, BAGE 148, 357). Ebenso wie bei tariflichen Ausschlussfristen läuft die Frist des § 33 Abs. 3 TVöD-AT ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Beschäftigten von dieser Frist. Ihm ist zuzumuten, sich über den Tarifvertrag, dem er unterfällt, zu unterrichten (vgl. für die tarifliche Ausschlussfrist Schaub/Treber ArbR-HdB 16. Aufl. § 209 Rn. 32).

35

(d) Gemäß § 33 Abs. 3 TVöD-AT kann der Arbeitgeber den form- und fristgerecht gestellten Weiterbeschäftigungsantrag nur ablehnen, wenn der Weiterbeschäftigung „dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe“ entgegenstehen. Entgegen der Befürchtung der Klägerin steht damit der Eintritt des Ruhens des Arbeitsverhältnisses nicht im Belieben des Arbeitgebers (vgl. zu bei einer derartigen Auslegung bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken bereits BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 62, BAGE 848, 357). Unter Beachtung des Wortlauts des § 33 Abs. 3 TVöD-AT darf der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung vielmehr nur ablehnen, wenn ihr zwingende Gründe entgegenstehen. Das ist aufgrund der insoweit bestehenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nur der Fall, wenn keine dem Arbeitgeber zumutbare Möglichkeit besteht, den Beschäftigten auf einem freien Arbeitsplatz zu beschäftigen, dessen Anforderungen dieser nach seinem verbliebenen Leistungsvermögen genügt (vgl. BAG 22. Januar 2013 - 6 AZR 392/11 - Rn. 37; Weinmann in Burger TVöD/TV-L 3. Aufl. § 33 Rn. 39; BeckOK TV-L/Kuner Stand 1. März 2014 § 33 Rn. 9a). Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass die Tarifvertragsparteien diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen Rechnung tragen wollten. Damit stellt § 33 Abs. 3 TVöD-AT für den von § 84 Abs. 1 SGB IX erfassten Personenkreis den Gleichlauf mit dem tariflich nicht abdingbaren bEM sicher, zu dem auch die Prävention durch Änderung der Arbeitsbedingungen gehört(Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 84 Rn. 46).

36

(aa) „Dringende“ Gründe, die gegen eine Weiterbeschäftigung sprechen, liegen nur vor, wenn ihr zwingende Belange des Arbeitgebers entgegenstehen (vgl. Duden Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort „dringend“). Die entgegenstehenden betrieblichen oder dienstlichen Belange müssen also zwingende Hindernisse für die beantragte Weiterbeschäftigung darstellen (vgl. zu § 9 TzBfG BAG 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 37, BAGE 127, 353 sowie zu § 15b BAT BAG 18. März 2003 - 9 AZR 126/02 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 105, 248).

37

(bb) Aus der Entstehungsgeschichte des § 33 Abs. 3 TVöD-AT ergibt sich, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien zwingende Gründe, die die Ablehnung eines ordnungsgemäßen Weiterbeschäftigungsantrags ermöglichen, nur vorliegen sollen, wenn keine dem Arbeitgeber zumutbare Möglichkeit zu einer Weiterbeschäftigung nach Maßgabe des verbliebenen Leistungsvermögens des Beschäftigten besteht(vgl. zur Heranziehung der Entstehungsgeschichte, insbesondere eines Vorgängertarifvertrags, für die Auslegung tariflicher Normen: BAG 17. Juni 2015 - 10 AZR 518/14 - Rn. 34 mwN; 21. November 2012 - 4 AZR 139/11 - Rn. 22; grundsätzliche Bedenken hingegen in einem obiter dictum BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 503/12 - Rn. 22, BAGE 150, 184).

38

(aaa) Aus verfassungsrechtlichen Gründen kann grundsätzlich weder eine Beendigung noch das Ruhen des Arbeitsverhältnisses eintreten, wenn der Arbeitnehmer mit seinem verbliebenen Leistungsvermögen auf einem freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann (vgl. BAG 9. August 2000 - 7 AZR 214/99 - zu II 3 der Gründe, BAGE 95, 264). Darum hatte das Bundesarbeitsgericht die auflösende Bedingung des § 59 Abs. 1 iVm. Abs. 2 BAT auf die Fälle beschränkt, in denen es an einer solchen Beschäftigungsmöglichkeit fehlte (BAG 28. Juni 1995 - 7 AZR 555/94 - zu I 3 c der Gründe; vgl. auch 1. Dezember 2004 - 7 AZR 135/04 - zu I 4 b aa der Gründe, BAGE 113, 64). Der Arbeitgeber musste also auf Verlangen des Beschäftigten vor Eintritt der Beendigung oder des Ruhens des Arbeitsverhältnisses schon nach der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechtslage prüfen, ob eine solche Beschäftigungsmöglichkeit bestand. Dies haben die Tarifvertragsparteien mit § 59 Abs. 3 BAT idF des 77. Tarifvertrags zur Änderung des BAT mit Wirkung zum 1. Januar 2002 sowie mit dem inhaltsgleichen § 33 Abs. 3 TVöD-AT lediglich normiert und damit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Rechnung getragen(vgl. für § 59 Abs. 3 BAT BAG 1. Dezember 2004 - 7 AZR 135/04 - aaO).

39

(bbb) Aus dieser Entstehungsgeschichte ergibt sich mit der erforderlichen Eindeutigkeit, dass § 33 Abs. 3 TVöD-AT Ausdruck des Willens der Tarifvertragsparteien ist, die nur teilweise erwerbsgeminderten Beschäftigten so weit als möglich im aktiven Arbeitsverhältnis zu halten. Sie wollen den Arbeitgeber verpflichten, auf Verlangen dieser Beschäftigten das Bestehen von Beschäftigungsmöglichkeiten auf einem freien Arbeitsplatz zu prüfen, die ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien mit § 33 Abs. 3 TVöD-AT hinter den verfassungsrechtlichen Anforderungen zurückbleiben und damit eine rechtswidrige Bestimmung schaffen wollten(zur Vermutung eines gesetzes- und verfassungskonformen Regelungswillens vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 524/11 - Rn. 19, BAGE 144, 263).

40

(e) Ein Arbeitsplatz ist „frei“ und darum dem Beschäftigten auf dessen form- und fristgerecht gestellten Antrag anzubieten, wenn dieser nach seinem verbliebenen Leistungsvermögen darauf eingesetzt werden kann und wenn der Arbeitsplatz im Zeitpunkt des Weiterbeschäftigungsantrags unbesetzt ist oder wenn zu diesem Zeitpunkt feststeht, dass er bis zum Ablauf der Frist des § 33 Abs. 3 TVöD-AT oder in absehbarer Zeit danach frei wird und es dem Arbeitgeber zumutbar ist, diesen Zeitraum zu überbrücken(vgl. BAG 28. Juni 1995 - 7 AZR 555/94 - zu I 4 der Gründe). Der Arbeitgeber muss dagegen grundsätzlich nicht erst einen Arbeitsplatz schaffen, um ihn dann dem Beschäftigten anbieten zu können (vgl. BAG 21. Januar 2009 - 7 AZR 843/07 - Rn. 26; 9. August 2000 - 7 AZR 749/98 - zu A II 2 d der Gründe). Er ist aber gehalten, durch zumutbare Umsetzungen einen Arbeitsplatz freizumachen (Weinmann in Burger TVöD/TV-L 3. Aufl. § 33 Rn. 39; aA Künzl in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2012 E § 33 Rn. 189).

41

3. Die Revision übersieht zudem bei ihrer Annahme, die Ruhensanordnung in § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT sei unwirksam, dass der tatsächliche Anwendungsbereich der Ruhensanordnung sowohl bei Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit als auch bei Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit durch höherrangiges Recht erheblich eingeschränkt ist. Den Beschäftigten verbleiben darum auch dann, wenn sie Frist und/oder Form des § 33 Abs. 3 TVöD-AT versäumen, noch vielfache Möglichkeiten, ihre tatsächliche Beschäftigung zu erreichen und damit ihr Einkommen zu steigern. Die Frist des § 33 Abs. 3 TVöD-AT verliert dadurch wesentlich an Wirkung. Soweit ein Hinzuverdienst zur Kürzung oder bei entsprechender Höhe des Zuverdienstes auch zum völligen Ruhen der Rente nach § 96a SGB VI führt(vgl. Kamprad in Hauck/Noftz SGB VI Stand Mai 2008 K § 43 Rn. 3; zur Wirkungsweise des § 96a SGB VI vgl. BAG 22. Januar 2013 - 6 AZR 392/11 - Rn. 28), beruht dies auf der freien Entscheidung der Beschäftigten.

42

a) Die Tarifvertragsparteien können durch tarifliche Bestimmungen die sich aus dem Schwerbehindertenrecht ergebenden gesetzlichen Schutzvorschriften nicht unterschreiten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 230/04 - zu B III 2 der Gründe, BAGE 114, 299).

43

aa) Der schwerbehinderte Mensch kann gemäß § 81 Abs. 5 Satz 3 iVm. Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX jederzeit ohne Bindung an Formen und Fristen verlangen, in einem seiner Behinderung Rechnung tragenden zeitlichen Umfang eingesetzt zu werden. Das gilt unabhängig davon, ob der Beschäftigte die Verringerung nicht nur für die Dauer des Rentenbezugs, sondern unbefristet verlangt, und sich für sein Begehren auf die Anspruchsgrundlagen des SGB IX beruft. Allerdings muss der Beschäftigte für den schwerbehinderungsrechtlichen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung den Umfang der behinderungsbedingten Kürzung der Arbeitszeit unmissverständlich angeben. Darüber hinaus muss die verlangte Beschäftigung dem Arbeitgeber zumutbar sein. Wird aufgrund eines solchen Verlangens des Beschäftigten die vertraglich geschuldete Arbeitszeit verkürzt, besteht ein dem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechender Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung. Soweit § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 iVm. Abs. 3 TVöD-AT dem entgegensteht, ist die tarifliche Regelung wegen Verstoßes gegen höherrangiges Gesetzesrecht nichtig (vgl. für die inhaltsgleiche Regelung in § 55 Abs. 1 des Tarifvertrags über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes vom 31. Januar 1984 [DRK-TV] BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 100/03 - zu B II 3 bb (2) und B II 4 b der Gründe, BAGE 108, 77; Rambach/Feldmann ZTR 2012, 671, 676 f.).

44

bb) Aus vorstehend dargelegten Gründen ist § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 iVm. Abs. 3 TVöD-AT auch nichtig, soweit dadurch der in § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX normierte Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung(vgl. dazu BAG 14. März 2006 - 9 AZR 411/05 - Rn. 18 f.; 10. Mai 2005 - 9 AZR 230/04 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 114, 299) vereitelt wird (Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 92 Rn. 23; offengelassen von BAG 21. Januar 2009 - 7 AZR 843/07 - Rn. 27).

45

b) Darüber hinaus kann jeder Beschäftigte, der eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit bezieht, während des von § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT angeordneten Ruhens des Arbeitsverhältnisses unter Umständen eine (erneute) Prüfung der Möglichkeit seiner Beschäftigung unter Berücksichtigung seines verbliebenen Leistungsvermögens verlangen. Das wird vor allem bei Beschäftigten, die wie die Klägerin nur teilweise erwerbsgemindert sind, in Betracht kommen.

46

aa) Während des Ruhens eines Arbeitsverhältnisses entfallen nach allgemeiner Auffassung lediglich die sich aus dem Arbeitsverhältnis wechselseitig ergebenden Hauptleistungspflichten. Dagegen bleiben die sich aus dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses ergebenden Nebenpflichten bestehen (BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 100/03 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 108, 77; 7. Juni 1990 - 6 AZR 52/89 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 65, 187), sind allerdings an die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse anzupassen (BAG 30. Mai 2006 - 3 AZR 205/05 - Rn. 17). Das gilt jedenfalls dann, wenn das Arbeitsverhältnis nicht nur noch rein formaler Natur ist, weil seine Aktivierung nicht mehr zu erwarten steht (vgl. BAG 15. März 2000 - 10 AZR 115/99 - zu II 2 der Gründe). Die Ruhensanordnung des § 33 Abs. 2 Satz 5 und Satz 6 TVöD-AT beruht gerade auf der Erwartung, dass mit der Wiederherstellung des vollen Leistungsvermögens und deshalb mit der Fortsetzung des aktiven Arbeitsverhältnisses gerechnet werden kann(vgl. BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 29, BAGE 117, 255). Darum sind während des durch diese Bestimmung angeordneten Ruhens die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten weiterhin zu beachten (für die Ruhensanordnung in einem Tarifvertrag im Allgemeinen BAG 10. Mai 1989 - 6 AZR 660/87 - zu B II 1 f der Gründe, BAGE 62, 35; für den mit § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT im Wesentlichen inhaltsgleichen DRK-TV vgl. BAG 14. Oktober 2003 - 9 AZR 100/03 - aaO).

47

bb) Zu den im ruhenden Arbeitsverhältnis weitergeltenden Pflichten gehört auch die in § 241 Abs. 2 BGB verankerte Rücksichtnahmepflicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann es diese Pflicht gebieten, dass der Arbeitgeber gegenüber einem Arbeitnehmer, der aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage ist, die vom Arbeitgeber aufgrund des Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglichen Rahmens erneut konkretisiert, so dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitteilt, wie er sich seine weitere Beschäftigung vorstellt. Unter Umständen kann es geboten sein, auf den Wunsch des Beschäftigten nach einer Vertragsanpassung einzugehen. Das gilt insbesondere dann, wenn anderenfalls dem Beschäftigten die Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht mehr möglich ist (zuletzt BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 26; 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 26 ff., BAGE 134, 296; vgl. bereits 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31 ff., BAGE 131, 325; vgl. für ein Ruhen aufgrund einer Entlassungsanordnung der Militärregierung BAG 3. September 1963 - 3 AZR 115/62 - BAGE 14, 343).

48

cc) Bei behinderten Menschen (vgl. dazu BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 56 ff., BAGE 147, 60) ist bei der Anwendung des § 241 Abs. 2 BGB auch die in Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf normierte Verpflichtung des Arbeitgebers, angemessene Vorkehrungen zu treffen, die den behinderten Menschen die weitere aktive Ausübung ihres Berufes ermöglichen, zu berücksichtigen (BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53 f., aaO; zu den Anforderungen an angemessene Vorkehrungen BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42, BAGE 148, 158; EUArbR/Mohr RL 2000/78/EG Art. 5 Rn. 9 ff.).

49

4. Der öffentliche Arbeitgeber kann sich also bei entsprechender Initiative des Beschäftigten nicht auf die tarifliche Ruhensanordnung zurückziehen, sondern muss nach Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten - sei es zu den bisherigen, sei es zu geänderten Bedingungen - suchen. Das gilt auch dann, wenn der Beschäftigte seine Weiterbeschäftigung nicht in der Form bzw. innerhalb der Frist des § 33 Abs. 3 TVöD-AT beantragt hat. Bei der Prüfung des Weiterbeschäftigungsverlangens sind die gegenläufigen Interessen von Arbeitgeber und Beschäftigten in Ausgleich zu bringen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 98/11 - Rn. 50).

50

III. Hier ruhte das Arbeitsverhältnis der Parteien in der Zeit vom 1. Juli 2013 bis zum 30. Juni 2015. Das hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt.

51

1. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe innerhalb der Frist des § 33 Abs. 3 TVöD-AT keinen Antrag auf Weiterbeschäftigung gestellt, wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen. Zwar wird - wie ausgeführt - die Zweiwochenfrist des § 33 Abs. 3 TVöD-AT erst durch die Beendigungsmitteilung des Arbeitgebers in Lauf gesetzt. Die Beklagte hat jedoch der Klägerin mit Schreiben vom 18. Juli 2013 mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis ruhe. Die Klägerin beruft sich nicht darauf, dass dieses Schreiben sie erst am 7. August 2013 oder später erreicht habe, so dass ihr „Widerspruch“ mit Schreiben vom 21. August 2013 noch fristgerecht erfolgt sei. Soweit die Revision geltend macht, aus dem Rentenbescheid und der Beschäftigung der Klägerin bis zum 19. oder 20. Juli 2013 ergebe sich, dass die von § 33 Abs. 3 TVöD-AT vorausgesetzte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestanden habe, ersetzt dieses Vorbringen ein fristgerecht gestelltes Weiterbeschäftigungsverlangen nicht.

52

2. Eine Wiedereinsetzung in die Frist des § 33 Abs. 3 TVöD-AT hat die Klägerin nicht beantragt. Es kann darum dahinstehen, ob unter analoger Anwendung des § 233 ZPO oder des § 5 Abs. 1 KSchG eine Wiedereinsetzungsmöglichkeit bestünde(offengelassen bereits von BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 70, BAGE 148, 357; zur Analogiefähigkeit von Wiedereinsetzungsvorschriften BAG 18. November 2004 - 6 AZR 651/03 - zu 4 b bb der Gründe, BAGE 112, 351), oder ob aus der Beschränkung der Wiedereinsetzungsmöglichkeit auf die in § 233 ZPO bzw. § 5 KSchG genannten gesetzlichen Fristen deutlich wird, dass der Gesetzgeber eine Wiedereinsetzung bei der Versäumung tarifvertraglicher oder vertraglicher Ausschlussfristen ausschließen wollte(in diesem Sinne BAG 18. November 2004 - 6 AZR 651/03 - zu 4 b cc der Gründe, aaO). Ohnehin schließt die bei der Klägerin offenkundig vorliegende Unkenntnis der tariflichen Frist das Verschulden an der Versäumung einer Frist grundsätzlich nicht aus. Das ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG 22. Januar 1999 - 2 BvR 729/96 - zu B II 2 der Gründe).

53

3. Auf höhere Gewalt beruft sich die Klägerin nicht. Darum kann dahinstehen, ob in einem solchen Fall § 206 BGB analog herangezogen werden könnte (vgl. für die Vorgängerbestimmung in § 203 Abs. 2 BGB BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 4 a der Gründe).

54

4. Die Klägerin macht nicht geltend, schwerbehindert zu sein. Weder der „Widerspruch“ der Klägerin vom 21. August 2013 noch die vorliegende Klage stellten ein ausreichendes Verlangen dar, ungeachtet des Ruhens des Arbeitsverhältnisses eine Weiterbeschäftigung der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Rücksichtnahmepflicht zu prüfen. Eine aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX oder § 241 Abs. 2 BGB erwachsende Pflicht, zu prüfen, ob durch Ausübung ihres Direktionsrechts oder durch Angebot einer Vertragsänderung eine weitere aktive Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses möglich war, traf die Beklagte darum nicht.

55

a) Die Pflicht der Beklagten aus § 241 Abs. 2 BGB wäre nur ausgelöst worden, wenn die Klägerin der Beklagten nach Ablauf der Frist des § 33 Abs. 3 TVöD-AT mitgeteilt hätte, wie sie sich ungeachtet der durch den Rentenbescheid belegten Beeinträchtigung ihres Leistungsvermögens ihre Weiterbeschäftigung vorstellt. Dieser Anforderung genügten weder der völlig unbestimmte „Widerspruch“ noch das Vorbringen der Klägerin im Prozess. Der Hinweis, die Klägerin könne ausweislich des Rentenbescheids die bisherige Tätigkeit im bisherigen Umfang weiter ausüben, reicht nicht, weil der Rentenbescheid sich, wie ausgeführt, auf die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und nicht auf den konkreten Arbeitsplatz bezog. Soweit die Klägerin in der Klageschrift vorgetragen hat, ihre Gewerkschaft habe anlässlich der Aufforderung ihrer Vorgesetzten, den Arbeitsplatz zu verlassen, mehrere Gespräche mit der Beklagten geführt bzw. versucht, solche Gespräche aufzunehmen, lässt sich dem weder entnehmen, ob es solche Gespräche mit der Beklagten überhaupt gegeben hat, noch welchen Inhalt und welches Ziel diese hatten.

56

b) Darüber hinaus hätte eine schuldhafte Verletzung der Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB nicht den von der Klägerin angestrebten ununterbrochenen Bestand des aktiven Arbeitsverhältnisses, sondern allein einen Anspruch auf Schadenersatz zur Folge(vgl. BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 25). Darum ist eine Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht, um der Klägerin Gelegenheit zu geben, ihren Vortrag zu konkretisieren bzw. erstmals zur Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung unter Berücksichtigung der Rücksichtnahmepflicht vorzutragen, nicht erforderlich.

57

5. Entgegen der in den Tatsacheninstanzen vertretenen Ansicht der Klägerin ist das Arbeitsverhältnis nicht über den Rentenbeginn hinaus konkludent als aktives Arbeitsverhältnis fortgesetzt worden, weil die Klägerin bis zum 19. oder 20. Juli 2013 weitergearbeitet hat. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass auf Seiten der Beklagten deren gesetzlicher Vertreter oder die zuständigen Personen eine positive Kenntnis über die Weiterbeschäftigung gehabt hätten. Dies greift die Revision nicht an. Darum kann dahinstehen, welche Rechtsfolgen eine mit Einverständnis der entsprechend vertretungsberechtigten Personen erfolgte Weiterbeschäftigung für das Ruhen des Arbeitsverhältnisses hätte.

58

6. Darauf, ob die in § 33 Abs. 4 TVöD-AT für den Fall der Verzögerung des Rentenantrags getroffene Regelung verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet(dazu BAG in st. Rspr. seit 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 60, BAGE 148, 357; zuletzt 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 35), kommt es nicht an. Die Klägerin macht nicht geltend, den Rentenantrag unter dem Druck des Verfahrens nach § 33 Abs. 4 TVöD-AT gestellt zu haben.

59

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Uwe Zabel     

        

    Matiaske     

                 

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 19. November 2008 - 6 Sa 1291/07 - aufgehoben, soweit es über die Vergütung für Januar bis Dezember 2006 in Höhe von 17.040,00 Euro brutto nebst Zinsen und über die Kosten entschieden hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche des Klägers für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006.

2

Die Beklagte, ein Unternehmen im Konzern der Deutschen Bahn AG, erbringt Serviceleistungen entlang des Schienennetzes der DB Netz AG. Der 1960 geborene Kläger stand bei ihr von September 2002 bis zum 30. April 2007 in einem Arbeitsverhältnis. Im Arbeitsvertrag vom 30. August 2002 vereinbarten die Parteien ua.:


        

        
Der Arbeitnehmer wird als gewerblicher Mitarbeiter der Niederlassung Mitte, Zuständigkeitsbereich Stützpunkt Fulda, eingestellt und mit den einschlägigen Tätigkeiten (Sipo, Sakra, AzF, Büp etc.) nach Weisung seiner Vorgesetzten beschäftigt, soweit er hierzu die Befähigung besitzt.
        
Er ist verpflichtet, auf Anweisung auch andere zumutbare Tätigkeiten zu verrichten.
        
Die BRG kann den Arbeitnehmer jederzeit an einem anderen Einsatzort oder Dienststelle innerhalb oder außerhalb des dem Arbeitnehmer zugewiesenen Bereiches zum Einsatz bringen bzw. dorthin versetzen.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wird in die Entgeltgruppe L 3 (Hessen) nach dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der für die BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, eingestuft. Darüber hinaus finden die im o. g. Tarifvertrag vereinbarten Grundsätze für die Eingruppierung Anwendung.
        
Die Nebenleistungen ergeben sich aus dem jeweils geltenden Entgelttarifvertrag der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste.
        
        
Auf diesen Vertrag finden die Bestimmungen des geltenden Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer/innen der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste, sowie die ihn ergänzenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
        
...
        
        
Der Arbeitnehmer wurde ausdrücklich auf die Folgen von Alkohol- und Drogenkonsum während der Ausübung der Tätigkeit hingewiesen. Der Arbeitnehmer darf weder alkoholisiert noch unter Drogen stehend zur Arbeit erscheinen noch während der Arbeitszeit und der Pausen alkoholische Getränke oder Drogen zu sich nehmen.
        
Ein Verstoß gegen diese Regelung kann arbeitsrechtliche Schritte bis zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages durch die BRG zur Folge haben.
        
…“   
3

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses war der Kläger als Sicherungsposten(Sipo) /Sicherungsaufsichtskraft (Sakra) eingesetzt und erhielt zuletzt eine monatliche Grundvergütung von 1.420,00 Euro brutto. Wegen Drogenabhängigkeit unterzog er sich vom 25. September 2003 bis zum 28. Januar 2004 einer stationären Entwöhnungsbehandlung und war anschließend - mit Ausnahme eines Einsatzes als Bahnübergangsposten (Büp) vom 15. bis zum 17. Juni 2004 - arbeitsunfähig krankgeschrieben bis zum 24. Januar 2005. Danach hat der Kläger mit eigenen und Schreiben verschiedener Rechtsanwälte der Beklagten mehrfach seine Arbeitsleistung angeboten, ab dem 16. Dezember 2005 auch unter Bezugnahme auf eine Einsatzmöglichkeit im Bereich Vegetationsarbeiten. Seine Beschäftigung lehnte die Beklagte wegen fehlender Bahndiensttauglichkeit ab.

4

Mit seiner am 7. Februar 2007 erhobenen Klage hat der Kläger Vergütung für den Zeitraum 25. Januar 2005 bis 31. Dezember 2006 in Höhe von 1.420,00 Euro brutto monatlich aus den Rechtsgründen des Annahmeverzugs und des Schadensersatzes geltend gemacht und die Auffassung vertreten, die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit sei nicht auf eine solche als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten beschränkt. Wenn er diese Arbeiten nicht mehr verrichten könne, sei die Beklagte verpflichtet, ihn in der Vegetation einzusetzen. Er hat vorgetragen, bei einer Untersuchung durch den Bahnarzt Dr. S am 23. Dezember 2005 habe dieser auf Befragen des Betriebsratsvorsitzenden erklärt, der Kläger sei für Vegetationsarbeiten tauglich. Dabei sei auch eine körperliche Untersuchung erfolgt, die ergeben habe, dass keinerlei gesundheitliche Bedenken gegen eine Beschäftigung als Vegetationsarbeiter bestünden. Im Jahr 2005 habe die Beklagte mehrere Arbeitsplätze in der Vegetation mit Neueinstellungen besetzt. Zumindest könne er die Tätigkeiten der dort als Landschaftspfleger beschäftigten Arbeitnehmer M und P R übernehmen, denen die Beklagte per Direktionsrecht eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft zuweisen dürfe.

5

Der Kläger hat beantragt,


        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.990,48 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.
6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, der Kläger sei weder fachlich noch aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen in der Lage, Vegetationsarbeiten zu verrichten. Zudem sei in der fraglichen Zeit in der Vegetation ein Arbeitsplatz nicht frei gewesen, zu einem Austausch des Klägers insbesondere mit den Arbeitnehmern R habe keine Verpflichtung bestanden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des Klägers ist teilweise begründet.

9

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die Klage für den Zeitraum 25. Januar bis 31. Dezember 2005 unbegründet ist. Insoweit war die Revision zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

10

Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 begründet ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

11

I. Der Kläger hat für die Zeit vom 25. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2006 keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung gem. § 615 Satz 1 in Verb. mit § 611 Abs. 1 BGB. Die Beklagte befand sich während des streitigen Klagezeitraums nicht im Annahmeverzug.

12

1. Das Angebot der Erbringung der vor dem streitigen Klagezeitraum ausgeübten Tätigkeiten als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, § 297 BGB. Danach kommt der Gläubiger nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Leistung zu bewirken. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts war der Kläger im streitigen Klagezeitraum aus in seiner Person liegenden Gründen nicht in der Lage, eine Tätigkeit als Sicherungsposten, Sicherungsaufsichtskraft oder Bahnübergangsposten zu verrichten.

13

2. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation konnte die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzen, weil es nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung betraf, § 294 BGB.

14

a) Nach dieser Vorschrift setzt der Annahmeverzug des Arbeitgebers voraus, dass der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung so anbietet, wie sie zu bewirken ist. Die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung ist(nur dann) identisch mit der arbeitsvertraglich vereinbarten, wenn die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag konkret bestimmt ist. Ist dagegen - wie hier - die vom Arbeitnehmer zu erbringende Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben, obliegt es nach § 106 Satz 1 GewO dem Arbeitgeber, den Inhalt der zu leistenden Arbeit näher zu bestimmen(ganz herrschende Meinung, vgl. nur ErfK/Preis 10. Aufl. § 106 GewO Rn. 2, 11). Erst die durch die wirksame Ausübung des Direktionsrechts näher bestimmte Tätigkeit ist die iSv. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung.

15

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Kläger vor dem streitigen Klagezeitraum ausschließlich als Sicherungsposten/Sicherungsaufsichtskraft und nach seiner Entwöhnungsbehandlung drei Tage als Bahnübergangsposten eingesetzt war. Durch die Zuweisung dieser Tätigkeiten hat die Beklagte den Inhalt der Arbeitsleistung gem. § 106 Satz 1 GewO näher bestimmt. Das Angebot einer Tätigkeit in der Vegetation betraf deshalb - unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen für ein wirksames, den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzendes Angebot - nicht die zu bewirkende Arbeitsleistung.

16

b) Kann der Arbeitnehmer, dessen Tätigkeit im Arbeitsvertrag nur rahmenmäßig umschrieben ist, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO wirksam näher bestimmte Tätigkeit aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben, aber eine andere, im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung liegende Tätigkeit verrichten, ist das Angebot einer „leidensgerechten Arbeit“ ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch eine Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der iSv. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat. Anderenfalls könnte der Arbeitnehmer den Inhalt der arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebenen Arbeitsleistung selbst konkretisieren. Das widerspräche § 106 Satz 1 GewO. Die Konkretisierung der Arbeitspflicht ist nach § 106 Satz 1 GewO Sache des Arbeitgebers. Verlangt der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeit in rechtlich einwandfreier Art und Weise, kommt er nicht in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer diese Arbeit ablehnt und stattdessen eine andere, ebenfalls vertragsgemäße Arbeit anbietet(Senat 30. April 2008 - 5 AZR 502/07 - Rn. 24, BAGE 126, 316). Mit der Ausübung des Direktionsrechts wird die vertraglich geschuldete Tätigkeit näher bestimmt und ist ab diesem Zeitpunkt bis zur - wirksamen - Neuausübung des Direktionsrechts die konkret geschuldete Leistung (so schon BAG 27. April 1960 - 4 AZR 584/58 - AP BGB § 615 Nr. 10).

17

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 296 BGB. Die Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers besteht darin, dem Arbeitnehmer überhaupt die Arbeitsmöglichkeit zu eröffnen, den Arbeitsablauf fortlaufend zu planen und die Arbeitsmittel bereitzustellen(vgl. ErfK/Preis § 615 BGB Rn. 40; MünchKommBGB/Henssler 5. Aufl. § 615 Rn. 22). Aus § 296 BGB lässt sich aber keine Verpflichtung des Arbeitgebers herleiten, die von ihm wirksam konkretisierte Arbeitspflicht nach den Wünschen des Arbeitnehmers neu zu bestimmen. Davon zu trennen ist die Frage, ob die vom Arbeitgeber unterlassene Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz begründen kann (dazu unter II).

18

c) Allerdings hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. November 2006(- 5 AZR 51/06 - Rn. 16, AP BGB § 615 Nr. 120 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 17) ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse. Dem lag aber der Fall einer Lehrerin zugrunde, deren Tätigkeit im Arbeitsvertrag mit „Lehrer im Angestelltenverhältnis“ umschrieben war und die vom Arbeitgeber zunächst als Sportlehrerin eingesetzt wurde, später neben Sport auch die Fächer Textilgestaltung und Kunst unterrichtete und zuletzt ausschließlich Unterricht in diesen Fächern erteilte. Damit hatte der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebene Tätigkeit zuletzt gem. § 106 Satz 1 GewO auf Unterricht in den Fächern Textilgestaltung und Kunst konkretisiert. Der Verlust der Eignung für eine Tätigkeit als Sportlehrerin war deshalb für die Leistungsfähigkeit (§ 297 BGB) ohne Belang.

19

In seiner Entscheidung vom 27. August 2008(- 5 AZR 16/08 - Rn. 13, AP BGB § 615 Nr. 124 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 26)hat der Senat zwar angenommen, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers stünde dem Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht entgegen, wenn dieser die ihm mögliche und zumutbare Zuweisung leidensgerechter und vertragsgemäßer Arbeit unterlasse, zugleich aber betont, die Konkretisierung der Arbeitspflicht nach § 106 Satz 1 GewO sei Sache des Arbeitgebers.

20

Soweit die letztgenannte Entscheidung dahingehend verstanden werden könnte, das Angebot einer anderen als der vom Arbeitgeber nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmten Leistung könne den Arbeitgeber in Annahmeverzug versetzen, hält der Senat daran nicht fest.

21

d) Dem steht die Rechtsprechung des Sechsten und Neunten Senats nicht entgegen.

22

Der Sechste Senat hat in seiner Entscheidung vom 13. August 2009(- 6 AZR 330/08 - Rn. 15, AP BGB § 241 Nr. 4) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Fünften Senats ausgeführt, die Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers schließe den Annahmeverzug des Arbeitgebers nicht aus, wenn es dem Arbeitgeber möglich und zumutbar sei, dem krankheitsbedingt nur eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer leistungsgerechte und vertragsgemäße Arbeit zuzuweisen und er dies unterlasse. Der Entscheidung lag jedoch die besondere Fallkonstellation zugrunde, dass der klagende Arbeitnehmer tarifliche Ansprüche auf Umsetzung und Einkommenssicherung geltend machte. Die Ausführungen zum Annahmeverzug bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit waren nicht tragend.

23

Der Neunte Senat hat im Falle eines schwerbehinderten Arbeitnehmers erkannt, dessen Einschränkung der Leistungsfähigkeit aufgrund der Behinderung stehe dem Annahmeverzug des Arbeitgebers bei unbilliger Ausübung des Direktionsrechts nicht entgegen(4. Oktober 2005 - 9 AZR 632/04 - Rn. 14, BAGE 116, 121). Bei beschränkter Leistungsfähigkeit aufgrund einer Behinderung sei der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO verpflichtet, im Rahmen der Ausübung seines Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Ob dem zu folgen ist, kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, denn der Kläger ist nicht behindert iSd. Gesetzes.

24

II. Es kommt ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung in Betracht.

25

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB zu, wenn die Beklagte schuldhaft ihre Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB dadurch verletzt hätte, dass sie dem Kläger nicht durch Neuausübung ihres Direktionsrechts einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuwies.

26

a) Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks(BAG 10. September 2009 - 2 AZR 257/08 - Rn. 20, EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des Leistungsinteresses zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrags zu schaffen, Erfüllungshindernisse nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht kann es auch geboten sein, auf den Wunsch nach Vertragsanpassung als Reaktion auf unerwartete Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse einzugehen, insbesondere wenn anderenfalls in Dauerschuldverhältnissen Unvermögen des Schuldners droht (BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31, AP BGB § 241 Nr. 4; vgl. auch MünchKommBGB/Roth 5. Aufl. § 241 Rn. 60, 63).

27

b) Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Dementsprechend ist kündigungsrechtlich der Arbeitgeber auch bei dauernder Unmöglichkeit, den Arbeitnehmer in seinen bisherigen Tätigkeitsbereich zu beschäftigen, erst dann zur Kündigung berechtigt, wenn das aus der persönlichen Sphäre des Arbeitnehmers resultierende Hindernis nicht nur einer Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz, sondern auch einer Beschäftigung an anderer Stelle entgegensteht(st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 34 mwN, NZA 2010, 628).

28

aa) Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist.

29

bb) Zumutbar ist dem Arbeitgeber die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn dem keine betrieblichen Gründe, zu denen auch wirtschaftliche Erwägungen zählen können, oder die Rücksichtnahmepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern entgegenstehen.

30

Betriebliche Gründe werden in der Regel der Zuweisung einer anderweitigen Tätigkeit nicht entgegenstehen, wenn ein entsprechender Arbeitsplatz frei ist und der Arbeitgeber Bedarf für die Tätigkeit hat.

31

Ist ein entsprechender Arbeitsplatz nicht frei, kann also die Zuweisung einer anderen Tätigkeit nur durch den Austausch mit anderen Arbeitnehmern erfolgen, ist weiter zu prüfen, ob einer Umsetzung neben betrieblichen Gründen die dem Arbeitgeber gegenüber allen Arbeitnehmern obliegende Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB entgegensteht. Letzteres ist anzunehmen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, der den anderweitigen Arbeitsplatz inne hat, nicht im Wege des Direktionsrechts eine andere Tätigkeit zuweisen kann oder die Neuausübung des Direktionsrechts diesem Arbeitnehmer gegenüber nicht billigem Ermessen entsprechen würde. Unzumutbar ist ein Austausch ferner dann, wenn der auszutauschende Arbeitnehmer einem Arbeitsplatzwechsel seine Zustimmung verweigert und der Arbeitgeber Gefahr liefe, bei Ausübung seines Direktionsrechts einem Prozess über die Wirksamkeit der Maßnahme ausgesetzt zu sein. Die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verlangt vom Arbeitgeber nicht, die Belange eines Arbeitnehmers unter Hintanstellung eigener Belange oder solcher anderer Arbeitnehmer durchzusetzen. Der Arbeitgeber braucht deshalb das Risiko, dass ein „zwangsweise“ ausgetauschter Arbeitnehmer die Wirksamkeit der(Neu-)Ausübung des Direktionsrechts gerichtlich überprüfen lässt, nicht einzugehen.

32

cc) Rechtlich möglich ist die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn ihr keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Insbesondere kann die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten, sich betriebsverfassungswidrig zu verhalten. Stimmt der Betriebsrat den mit einem Austausch von Arbeitnehmern verbundenen Versetzungen(§ 95 Abs. 3 BetrVG) nicht gem. § 99 Abs. 1 BetrVG zu, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, dem seine bisherige Tätigkeit nicht mehr verrichten könnenden Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Ebenso wenig verlangt die Rücksichtnahmepflicht vom Arbeitgeber, ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen(zur krankheitsbedingten Kündigung im Ergebnis ebenso BAG 29. Januar 1997 - 2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107).

33

2. Nach diesen Grundsätzen kommt ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen entgangener Vergütung in Betracht, allerdings erst für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006.

34

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger erstmals mit Schreiben vom 16. Dezember 2005 auf seinen möglichen Einsatz mit Vegetationsarbeiten Bezug genommen und damit frühestens zu diesem Zeitpunkt die Umsetzung auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz verlangt. Selbst wenn die Beklagte im Anschluss daran verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger eine Tätigkeit im Bereich Landschaftspflege zuzuweisen, muss der Beklagten eine gewisse Zeit zur Prüfung, insbesondere der dem Verlangen des Klägers möglicherweise entgegenstehenden eigenen Belange oder von Belangen anderer Arbeitnehmer zugestanden werden. Unter Berücksichtigung des Erfordernisses der Zustimmung des Betriebsrats und dessen Stellungnahmefrist nach § 99 Abs. 3 BetrVG kommt deshalb ein Verschulden der Beklagten vor dem 1. Januar 2006 nicht in Betracht. Insoweit war die Revision des Klägers zurückzuweisen(§ 561 ZPO).

35

b) Für den Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 kann der Senat auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts nicht entscheiden, ob und in welchem Umfang die Klage begründet ist. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und - im Umfang der Aufhebung - zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

36

aa) Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger für Arbeiten im Bereich der Landschaftspflege überhaupt fachlich und gesundheitlich geeignet war und ist. Feststellungen dazu hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.

37

bb) Im Rahmen des Direktionsrechts können - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - selbst bei einer Versetzungsklausel nur gleichwertige Tätigkeiten zugewiesen werden. Die Gleichwertigkeit orientiert sich bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems in der Regel an diesem System. Der Arbeitgeber kann deshalb dem Arbeitnehmer keine niedriger zu bewertende Tätigkeit im Wege des Direktionsrechts zuweisen, selbst wenn er die höhere Vergütung, die der bisherigen Tätigkeit entspricht, weiterzahlen würde(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 26, AP BGB § 241 Nr. 4; 30. August 1995 - 1 AZR 47/95 - zu II 2 b der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 44 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 14). Eine höherwertige Tätigkeit muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht zuweisen, weil sie einer Beförderung gleichkäme, auf die kein Anspruch besteht (BAG 16. September 2008 - 9 AZR 781/07 - Rn. 23, BAGE 127, 353; 31. Oktober 1985 - 6 AZR 129/83 - zu II 1 der Gründe, AP BPersVG § 46 Nr. 5, jeweils mwN) und zu der auch die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB den Arbeitgeber nicht verpflichten kann. In Betracht kommt deshalb als anderweitige (leidensgerechte) Tätigkeit des Klägers nur die eines Landschaftspflegers. Diese ist tariflich derselben Entgeltgruppe zugeordnet wie die vom Kläger früher ausgeübte Tätigkeit eines Sicherungspostens bzw. einer Sicherungsaufsichtskraft. Dagegen wird die Tätigkeit eines Landschaftspflegehelfers tariflich niedriger, die eines Landschaftstechnikers tariflich höher bewertet.

38

cc) Ein Arbeitsplatz als Landschaftspfleger war im Zeitraum 1. Januar bis 31. Dezember 2006 nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht frei. Ein Austausch des Klägers mit dem ausschließlich als Landschaftspfleger tätigen Arbeitnehmer R wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die Zuweisung der bisherigen Tätigkeit des Klägers an den Arbeitnehmer R möglich, dieser insbesondere für die Tätigkeit geeignet gewesen wäre, die Zuweisung billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO entsprochen und der Arbeitnehmer R den Arbeitsplatzwechsel hingenommen hätte. Dazu fehlt es bislang an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Einen Austausch des Klägers mit dem zweiten Arbeitnehmer gleichen Namens, der nicht ausschließlich als Landschaftspfleger, sondern nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aufgrund seiner Kenntnisse im EDV-Bereich auch im Innendienst mit vorbereitender Fakturierung, Angebotserstellung, Auswertung der Einsatzwechseltätigkeit und Bedarfsanforderung eingesetzt wird, brauchte die Beklagte nicht in Betracht zu ziehen. Der Kläger hat weder eine Tätigkeit im Innendienst verlangt noch dargetan, dass er fachlich in der Lage wäre, diese(Teil-) Aufgaben dieses Arbeitnehmers zu übernehmen.

39

dd) Ob betriebliche Gründe einem Austausch entgegenstanden, kann anhand der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenso wenig abschließend geprüft werden, wie die Frage, ob und ab welchem Zeitpunkt ein Unterlassen des Austausches schuldhaft gewesen wäre. Allein die Erfordernisse einer bahnärztlichen Untersuchung des Arbeitnehmers R auf dessen Eignung für eine Tätigkeit als Sicherungsposten oder Sicherungsaufsichtskraft und einer vom Landesarbeitsgericht nicht näher konkretisierten „kurzfristigen Qualifizierung“ reichen nicht aus, die einem Austausch entgegenstehenden betrieblichen Gründe anzunehmen.

40

ee) Nicht aufgeklärt ist, ob die Beklagte den Betriebsrat beteiligt hat. Sollte sie im streitgegenständlichen Zeitraum bis zum 31. Dezember 2006 beim Betriebsrat nicht die Zustimmung zu einer Versetzung des Klägers und des Arbeitnehmers R nach § 99 Abs. 1 BetrVG beantragt haben, obwohl sie zu einem Austausch der Arbeitnehmer verpflichtet gewesen wäre, könnte sich die Beklagte im Rahmen des Schadensersatzanspruchs nicht auf die fehlende Zustimmung des Betriebsrats berufen.

41

ff) Bejaht das Landesarbeitsgericht einen Schadensersatzanspruch dem Grunde nach, wird es aufzuklären haben, ob dem Kläger bei der Entstehung des Schadens ein Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) vorzuwerfen ist. Das könnte der Fall sein, wenn ihn an dem Unvermögen, die bisherige Tätigkeit auszuüben, ein Verschulden trifft (vgl. zur kündigungsrechtlichen Berücksichtigung des Verschuldens eines Arbeitnehmers an der Unmöglichkeit, ihn mit seinen bisherigen Aufgaben weiter zu betrauen BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 38, NZA 2010, 628).


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Rolf Steinmann    

        

    Ilgenfritz-Donné    
                 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Februar 2016 - 6 Sa 1084/15 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzugs, hilfsweise Schadensersatz.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. Januar 2003 bei dem Beklagten beschäftigt. Arbeitsvertraglich war zunächst eine Tätigkeit als „Altenpflegerin in der stationären Pflege“ vereinbart. Als solche arbeitete die Klägerin zunächst in dem vom Beklagten betriebenen Altenpflegeheim L.

3

Aufgrund von Rückenbeschwerden erkrankte die Klägerin im Jahr 2007 für längere Zeit arbeitsunfähig. Mit Schreiben vom 4. Januar 2008 teilte sie dem Beklagten mit:

        

„Werter Herr D,

        

hiermit möchte ich Sie informieren, dass ich bis zum 16.01.08 weiterhin noch arbeitsunfähig geschrieben bin. Im Abschlussgespräch meines Kuraufenthaltes wurde mir mitgeteilt, dass ich meine alte Tätigkeit im stationären Bereich nicht mehr ausführen darf. Jedoch eine Tätigkeit im teilstationären Bereich, z. B. Tagespflege zumutbar sein würde. Da ich weiterhin sehr gerne für das D arbeiten möchte, bitte ich Sie um eine Umsetzung.“

4

Daraufhin vereinbarten die Parteien unter dem 28. März 2008 eine „2. Änderung zum Arbeitsvertrag“, in der es heißt:

        

„Frau Dü wird bis zur Genesung von Frau O als Pflegefachkraft in der ambulanten Pflege Team W umgesetzt.

        

Nach Wiedereintritt von Frau O endet die Umsetzung und Frau Dü tritt ihre Tätigkeit im Pflegeheim wieder an.“

5

In der Folgezeit arbeitete die Klägerin im Team W und war dort auch in der ambulanten Pflege von Bewohnern der Seniorenwohnanlage „H“ eingesetzt.

6

Im Juli 2012 erkrankte die Klägerin erneut und war durchgehend bis zum 9. Dezember 2013 arbeitsunfähig. Ohne Erfolg kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2012. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2012 teilte er der Klägerin mit:

        

„Sehr geehrte Frau Dü,

        

am 24.10.2012 wird über Ihre Klage gegen die ausgesprochene Kündigung entschieden. Für den Fall, dass die Kammer in der Sache Ihrer Klage stattgibt, besteht das Arbeitsverhältnis über den 30.11.2012 fort.

        

Sie wurden mit der 2. Änderung zum Arbeitsvertrag vom 28.03.2008 in die ambulante Pflege, Team W, umgesetzt. Ein Verbleiben in diesem Team, aber auch an dem Standort W, ist aus meiner Sicht nicht möglich.

        

Insofern habe ich beim Betriebsrat im entsprechenden Anhörungsverfahren eine Umsetzung beantragt. Dieser Umsetzung ist von Seiten des Betriebsrats zugestimmt worden.

        

Bitte melden Sie sich am Tag nach Ihrer AU um 09.00 Uhr bei unserer Einrichtungsleiterin Frau Hü (…).“

7

Unter dem 6. Februar 2013 wandte sich die Klägerin an den Beklagten wie folgt:

        

„Werter Herr D,

        

heute möchte ich Sie bezüglich meines Gesundheitszustands darüber informieren, dass ich meine Tätigkeit bzgl. der Grundpflege nicht mehr ausüben kann. Andere leichtere Tätigkeiten, wie die Behandlungspflege oder ein anderer Arbeitsplatz, für Bürotätigkeiten möglich wären.

        

…“    

8

Am 3. Juni 2013 fand ein sog. BEM-Gespräch statt. In dem darüber erstellten Protokoll heißt es zur Vorstellung der Klägerin für die weitere Tätigkeit: „reine Behandlungspflege, nichts heben“. Nach Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit und eines sich anschließenden Urlaubs erschien die Klägerin am 31. Januar 2014 weisungsgemäß im Altenpflegeheim L und bot ihre Arbeitskraft an. Nach Klärung ihrer Einsatzmöglichkeiten schickte die Hausleitung die Klägerin nach Hause. Mit Schreiben vom 12. Februar 2014 wandte sich die Klägerin über ihre Gewerkschaft an den Beklagten wie folgt:

        

„Sehr geehrter Herr St,

        

in oben genannter Sache teile ich Ihnen mit, dass Frau Dü ihre Arbeitskraft in dem ihr möglichen, eingeschränkten Umfang weiter anbietet.

        

(…)     

        

Frau Dü hat sich bereits mehrfach bereit erklärt, eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, deren Anforderungen mit ihrer Leistungsfähigkeit vereinbar sind. (…)“

9

Am 3. April 2014 teilte die Betriebsärztin des Beklagten diesem mit:

        

„Sehr geehrter Herr D,

        

am 27.02.2014 führte ich in Ihrem Auftrag ein Wiedereingliederungsgespräch mit Frau Dü durch. Nach ausführlichem Gespräch sowie Einsehen von medizinischen Unterlagen schließe ich mich meinen Kollegen von der Deutschen Rentenversicherung an und kann für Frau Dü nur leichte körperliche Tätigkeiten (wie Bürotätigkeit, Richten von Medikamenten, Beschäftigungstherapie für Heimbewohner, Verbandwechsel, Infusionsvorbereitung) empfehlen.

        

Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn-See würde die Kosten für die notwendigen Umschulungsmaßnahmen übernehmen (zum Bsp. Stoma-Pflege, PEG-Pflege, Port-Pflege kämen hier in Frage).“

10

Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 28. Februar 2014 das Arbeitsverhältnis der Parteien personenbedingt zum 30. Juli 2014 gekündigt hatte, schlossen die Parteien im Kündigungsschutzprozess am 11. Juni 2014 einen gerichtlichen Vergleich, in dem sie vereinbarten, das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juni 2014 zu geänderten Bedingungen fortzusetzen. Seither arbeitet die Klägerin als Verwaltungskraft.

11

Mit der am 17. Dezember 2014 eingereichten und dem Beklagten am 20. Dezember 2014 zugestellten Klage hat die Klägerin Vergütung wegen Annahmeverzugs für die Monate Februar bis Mai 2014, hilfsweise Schadensersatz verlangt. Sie sei zumindest für Tätigkeiten in der ambulanten Behandlungspflege, insbesondere in der Seniorenwohnanlage „H“, leistungsfähig gewesen. Jedenfalls hätte sie der Beklagte auf einen leidensgerechten Arbeitsplatz umsetzen können. So wäre für sie die freie Stelle einer Teamleiterin in P in Betracht gekommen, auch eine Beschäftigung in der Verwaltung sei nicht erst ab Juni, sondern schon seit Februar 2014 möglich gewesen.

12

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.221,68 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

13

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klägerin sei gesundheitsbedingt weder in der stationären noch mit allen anfallenden Tätigkeiten in der ambulanten Altenpflege einsetzbar gewesen. Zu einer Umorganisation zu Lasten der anderen Pflegekräfte sei er nicht verpflichtet. Die Beschäftigungsmöglichkeit in der Verwaltung habe nicht schon seit Februar 2014 bestanden.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr unter dem Gesichtspunkt der Vergütung wegen Annahmeverzugs stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Er hatte der Klägerin vor Einlegung der Revision mitgeteilt, ihr seien „in Erfüllung“ des Berufungsurteils mit der Gehaltszahlung März 2016 7.221,88 Euro brutto gezahlt worden.

Entscheidungsgründe

15

I. Die Revision ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt es nicht an der Beschwer des Beklagten.

16

1. Ein Rechtsmittelverfahren soll dem Rechtsmittelkläger Gelegenheit geben, eine ihm ungünstige vorinstanzliche Entscheidung durch Inanspruchnahme einer weiteren Instanz überprüfen zu lassen. Der Rechtsmittelkläger muss deshalb bei der Einlegung und noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel beschwert sein. Bei einer zur Zahlung verurteilten Partei ist dies nicht (mehr) der Fall, wenn sie den Urteilsbetrag nicht nur zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil bezahlt, sondern den Klageanspruch aus freien Stücken ohne Vorbehalt endgültig erfüllen will (BAG 21. März 2012 - 5 AZR 320/11 - Rn. 11 f. mwN).

17

2. Eine das Fehlen oder den Wegfall der Beschwer bedingende vorbehaltlose Zahlung des Beklagten hat die Klägerin nicht dargetan. Für eine solche reicht es nicht aus, wenn - wie hier - eine noch nicht rechtskräftig verurteilte Partei vor Ablauf der Rechtsmittelfrist der Gegenseite Zahlung des ausgeurteilten Betrags „in Erfüllung des Urteils“ ankündigt. Dies allein rechtfertigt für den Zahlungsempfänger nicht den Schluss, der Zahlende wolle sich des möglichen Rechtsmittels begeben und den Klageanspruch aus freien Stücken endgültig erfüllen.

18

II. Die Revision des Beklagten ist erfolgreich. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts kann der Klage nicht stattgegeben werden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs. Ob und ggf. in welcher Höhe die Klage unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

19

1. Die Klägerin hat für die streitgegenständlichen Monate Februar bis Mai 2014 keinen Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzugs.

20

a) Allerdings scheitert der Annahmeverzug des Beklagten nicht am Angebot der geschuldeten Arbeitsleistung durch die Klägerin.

21

aa) Nach § 293 BGB kommt der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn er im erfüllbaren Arbeitsverhältnis die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Leistung tatsächlich anbieten, § 294 BGB. Ein wörtliches Angebot (§ 295 BGB) genügt (nur), wenn der Arbeitgeber ihm erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder sei nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer in einem die tatsächliche Heranziehung übersteigenden Umfang zu beschäftigen (BAG 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 19, BAGE 153, 85). Dabei ist die Arbeitsleistung so anzubieten, wie sie zu bewirken ist, also am rechten Ort, zur rechten Zeit und in der rechten Art und Weise entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bzw. deren Konkretisierung kraft Weisung nach § 106 Satz 1 GewO(BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 14, BAGE 134, 296; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 37, BAGE 149, 144).

22

bb) Die iSv. § 294 BGB von der Klägerin zu bewirkende Arbeitsleistung war zuletzt die mit der zweiten Änderung zum Arbeitsvertrag vom 28. März 2008 vereinbarte Tätigkeit als Pflegekraft in der ambulanten Pflege Team W.

23

(1) Die Voraussetzungen für ein Wiederaufleben der arbeitsvertraglich ursprünglich vereinbarten Tätigkeit als Altenpflegerin in der stationären Pflege lagen zum Zeitpunkt des Arbeitsantritts der Klägerin nach dem Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit nicht vor. Die Beschäftigte O, die die Klägerin vertreten sollte, war nicht wieder eingetreten im Sinne der arbeitsvertraglichen Vereinbarung, sondern ausgeschieden.

24

(2) Die einseitige Rückumsetzung in das Altenpflegeheim L, die der Beklagte mit seinem Schreiben vom 17. Oktober 2012 anordnen wollte, war unwirksam. Mit der zweiten Änderung zum Arbeitsvertrag haben die Parteien eine konkret bestimmte Tätigkeit und deren Dauer vereinbart und iSd. § 106 Satz 1 GewO „durch den Arbeitsvertrag (…) festgelegt“. Der Beklagte konnte daher die Tätigkeit der Klägerin nicht mehr einseitig durch Weisung bestimmen. § 106 Satz 1 GewO eröffnet dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht nur innerhalb, aber nicht außerhalb der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen.

25

cc) Tatsächlich angeboten hat die Klägerin am 31. Januar 2014 mit ihrem Erscheinen im Altenpflegeheim L nur die ursprünglich dort zu erbringende Arbeit als Altenpflegerin in der stationären Pflege.

26

(1) Das von § 294 BGB verlangte tatsächliche Angebot ist ein Realakt. Es bedeutet, dass der Arbeitnehmer sich am Arbeitsort oder am Arbeitsplatz einfindet, um mit der Arbeitsleistung zu beginnen (vgl. nur ErfK/Preis 17. Aufl. § 615 BGB Rn. 17; MüKoBGB/Henssler 7. Aufl. § 615 BGB Rn. 18; HWK/Krause 7. Aufl. § 615 BGB Rn. 27 f.).

27

(2) Dass die Klägerin bei dieser Gelegenheit zudem wörtlich (§ 295 BGB) die geschuldete Arbeitsleistung in der ambulanten Pflege im Team W angeboten hätte, konnte sie nach den Senat bindender (§ 559 ZPO) Feststellung des Landesarbeitsgerichts nicht beweisen.

28

dd) Indes ist die Klägerin mit dem abgegebenen tatsächlichen Angebot der Weisung des Beklagten, sie solle sich nach dem Ende ihrer Arbeitsunfähigkeit bei der Leiterin des Altenpflegeheims L melden, nachgekommen. Deshalb ist sie so zu stellen, als hätte sie die geschuldete Arbeitsleistung ordnungsgemäß angeboten, § 242 BGB. Verlangt der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer eine bestimmte Arbeitsleistung und bietet der Arbeitnehmer diese an, widerspräche es den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Arbeitnehmer vorzuhalten, er habe nicht das objektiv Geschuldete angeboten.

29

b) Der Beklagte geriet gleichwohl nicht in Annahmeverzug, weil die Klägerin im Streitzeitraum außerstande war, die geschuldete Leistung zu bewirken, § 297 BGB.

30

aa) Die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers ist eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss (BAG 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 22, BAGE 153, 85, st. Rspr.). Fehlt sie, gerät der Arbeitgeber nicht in Annahmeverzug.

31

bb) Die Klägerin war nach ihrem Vorbringen im Streitzeitraum aus gesundheitlichen Gründen nicht nur außerstande, eine Arbeit als Altenpflegerin in der stationären Pflege zu erbringen, sondern auch, alle in der ambulanten Pflege im Team W anfallenden Arbeiten zu verrichten. Letzteres hat das Landesarbeitsgericht zwar offengelassen, die Klägerin hat dies indes in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt.

32

cc) Leistungsfähig soll die Klägerin nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts für eine „Tätigkeit als Altenpflegerin in der Seniorenwohnanlage H“ sein, allerdings - so die Klägerin selbst - nur in der reinen Behandlungs- und nicht in der Grundpflege. Unbeschadet der Frage, ob die Klägerin eine solche eingeschränkte Tätigkeit am 31. Januar 2014 oder danach überhaupt ordnungsgemäß angeboten hat, ist diese nicht die arbeitsvertraglich geschuldete und damit iSd. § 294 BGB zu bewirkende Arbeitsleistung, sondern nur ein Teil davon.

33

2. Ob der Klägerin die Klageforderung unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zusteht, weil der Beklagte es schuldhaft unterlassen hat, der Klägerin ab dem 1. Februar 2014 eine andere, ihren gesundheitlichen Einschränkungen entsprechende Tätigkeit zuzuweisen (zu den Voraussetzungen im Einzelnen: BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 27 ff., BAGE 134, 296; 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 26, BAGE 152, 1) kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

34

a) Die Klägerin stellt sich eine Beschäftigung in der ambulanten Behandlungspflege der Bewohner der Seniorenwohnanlage „H“ vor. Ob es innerhalb des Teams W einen solchen Arbeitsplatz überhaupt gibt und er im Streitzeitraum frei oder unschwer frei zu machen gewesen wäre (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 30 f., BAGE 134, 296), lässt sich den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entnehmen. Der Sachvortrag der Parteien gibt Anlass zu der Annahme, dass die Versorgung der Bewohner dieser Seniorenwohnanlage nur Teil der vom Team W zu verrichtenden Aufgaben ist.

35

aa) Geht es nicht um die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes, sondern darum, die Arbeitsplätze der im Team W Beschäftigten insgesamt anders zuzuschneiden und für die Klägerin einen Arbeitsplatz zu schaffen, der - aus ihrer Sicht - nur „nicht-schwere“ Tätigkeiten in der Seniorenwohnanlage „H“ umfasst, wäre der Beklagte dazu aus § 241 Abs. 2 BGB nicht verpflichtet. Der Arbeitgeber muss zwar bei einer ermessengerechten Ausübung seines Weisungsrechts nicht nur auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen (so ausdrücklich § 106 Satz 3 GewO), sondern im Rahmen des ihm Zumutbaren auch auf krankheitsbedingte Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Er ist aber nicht verpflichtet, einen „leidensgerechten Arbeitsplatz“ erst zu schaffen. Denn es obliegt seiner unternehmerischen Entscheidung und Planungshoheit, wie er den Betrieb und die zu verrichtende Arbeit organisiert und welche Arbeitsplätze er hierfür einrichtet. Die Planung der Arbeitsplätze unterliegt nur der Mitwirkung des Betriebsrats (§ 90 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG), nicht aber der Arbeitsgerichte. Diese haben die planerischen Erwägungen des Arbeitgebers zu respektieren und nicht - wie es das Landesarbeitsgericht letztlich unternimmt - durch eigene Organisationsvorstellungen zu ersetzen. Auch kündigungsrechtlich ist der Arbeitgeber als milderes Mittel gegenüber der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ggf. zur Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder zur Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen, durch Umsetzung „freizumachenden“ Arbeitsplatz verpflichtet (BAG 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 28 mwN; zur Anpassung des Arbeitsplatzes mit zumutbaren Anstrengungen bei behinderten Arbeitnehmern sh. BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 54 ff., BAGE 147, 60), nicht jedoch zur Schaffung eines eigens auf den eingeschränkt leistungsfähigen Arbeitnehmer zugeschnittenen Arbeitsplatzes.

36

bb) Anderes gölte indes, wenn den im Team W beschäftigten Arbeitnehmern, deren Anzahl das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt hat, keine inhaltlich klar definierten Arbeitsplätze zugewiesen wären, sondern der Beklagte anhand der jeweils ambulant zu versorgenden Patienten in gewissen Zeitabständen zB „Touren“ festlegt, nach denen bestimmte Arbeitnehmer bestimmte Patienten in bestimmter Reihenfolge zu versorgen haben. Schneidet der Arbeitgeber gleichsam die Arbeitsplätze immer wieder neu zu, gebietet § 241 Abs. 2 BGB, dabei jeweils im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren auf die gesundheitlichen Einschränkungen der Beschäftigten Rücksicht zu nehmen. Entscheidend wäre in einem solchen Falle, ob der Beklagte im Streitzeitraum für den Einsatz der gesundheitlich beeinträchtigten Klägerin im arbeitsvertraglich vereinbarten zeitlichen Umfang ausreichend Patienten hatte, bei denen nur Behandlungspflege anfiel, und Patienten mit weiter gehenden Bedarf ohne nennenswerten zusätzlichen Aufwand von anderen Beschäftigten mitversorgt werden konnten.

37

b) Darüber hinaus hat sich die Klägerin auf am 1. Februar 2014 freie Arbeitsplätze außerhalb der Pflege bzw. ohne Pflegetätigkeiten berufen, auf denen sie aus ihrer Sicht hätte eingesetzt werden können. Dem ist das Landesarbeitsgericht nicht nachgegangen. Das wird, war die Zuweisung einer sich auf Behandlungspflege beschränkenden Tätigkeit dem Beklagten nicht möglich oder zumutbar (dazu BAG 19. Mai 2010 - 5 AZR 162/09 - Rn. 29 ff., BAGE 134, 296), im erneuten Berufungsverfahren nachzuholen sein.

        

    Koch    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Prinz    

        

    Felstehausen    

                 

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

Ist an einem bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der Frist auf einen Sonntag, einen am Erklärungs- oder Leistungsort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 26. November 2014 - 6 Sa 17/14 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm - Kammern Ravensburg - vom 17. Januar 2014 - 6 Ca 222/13 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Zinsen erst ab dem 4. Dezember 2012 zu zahlen sind.

3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechnung der Höhe der betrieblichen Sonderzahlung und der Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2012 und in diesem Zusammenhang über die Einbeziehung tariflicher Ausgleichszahlungen zur Verdienstsicherung älterer Arbeitnehmer.

2

Der 1952 geborene Kläger ist Mitglied der Industriegewerkschaft Metall (IGM) und seit 1973 bei der Beklagten beschäftigt, die ihrerseits Mitglied des Verbands der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg e. V. ist. Der Manteltarifvertrag für Beschäftigte in der Metall- und Elektroindustrie in Südwürttemberg-Hohenzollern vom 14. Juni 2005 (im Folgenden MTV) gewährt Arbeitnehmern, die das 54. Lebensjahr vollendet haben, in § 6 einen Anspruch auf Verdienstsicherung. Die Vorschrift lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 6 Alterssicherung

        

6.1     

Beschäftigte, die das 54. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb oder Unternehmen mindestens ein Jahr angehören, haben Anspruch auf Verdienstsicherung.

                 

Die tarifliche Verdienstsicherung bezieht sich nicht auf das Tarifentgelt, sondern auf das Effektiventgelt und wird wie folgt verwirklicht:

        

6.1.1 

Der Alterssicherungsbetrag … wird als Mindestverdienst garantiert.

        

6.1.2 

Der laufende Verdienst innerhalb des nach § 6.9 zu regelnden Vergleichszeitraums wird mit dem Alterssicherungsbetrag verglichen.

        

6.1.3 

Ist der laufende Verdienst niedriger als der Alterssicherungsbetrag, so ist ein Ausgleich bis zur Höhe des Alterssicherungsbetrages zu bezahlen.

        

…       

        
        

6.3     

Zusammensetzung und Errechnung des Alterssicherungsbetrages

                 

Der Alterssicherungsbetrag errechnet sich wie folgt:

        

6.3.1 

aus dem Monatsgrundentgelt der Entgeltgruppe zu Beginn der Verdienstsicherung

        

6.3.2 

aus den in den letzten 12 Monaten vor Beginn der Verdienstsicherung durchschnittlich erzielten leistungsabhängigen variablen Bestandteilen

        

6.3.3 

der Belastungszulage zu Beginn der Verdienstsicherung

        

6.3.4 

aus der übertariflichen Zulage zu Beginn der Verdienstsicherung

        

6.3.5 

aus den in den letzten zwölf Kalendermonaten vor Beginn der Verdienstsicherung erzielten (tariflichen und/oder übertariflichen) durchschnittlichen Zuschlägen für Sonn-, Feiertags-, Spät-, Nacht-(Schicht-), Montagearbeit sowie Erschwerniszulagen gemäß § 8 BMTV, …

        

…       

        
        

6.5     

Nicht in den Alterssicherungsbetrag einzubeziehen sind:

                 

Zuschläge für Mehrarbeit und sonstige unregelmäßige Bezüge, vermögenswirksame Leistungen, Auslösungen, Gratifikationen, zusätzliche Urlaubsvergütung und andere einmalige Zuwendungen.

        

6.6     

Alterssicherungsbetrag

                 

Durch die Berechnung gemäß §§ 6.3 und 6.4.2 ergibt sich der Alterssicherungsbetrag als durchschnittlicher Monatsverdienst, bezogen auf die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit … zu Beginn der Alterssicherung.

        

…       

        
        

6.7     

Festschreibung des Alterssicherungsbetrages

                 

Der sich aus der Berechnung nach §§ 6.3 und 6.4.2 ergebende Alterssicherungsbetrag ist mit den dort genannten Entgeltbestandteilen aufgegliedert festzuschreiben. Die Mindestverdienstgarantie (§ 6.1.1) bezieht sich auch auf diese Entgeltbestandteile.

        

…       

        
        

6.9     

Durchführung der Verdienstsicherung

                 

Der Verdienstausgleich gemäß § 6.1 ist monatlich (Vergleichsmonat) vorzunehmen.

                 

…       

                 

Der Vergleichszeitraum ist mit dem Betriebsrat festzulegen. Er darf einschließlich des Vergleichsmonats drei Monate nicht übersteigen. …

                 

Ausgleichszahlungen zum Zwecke der Verdienstsicherung sind in den laufenden Verdienst des Vergleichszeitraums einzubeziehen.“

3

Nach § 2.1 iVm. § 2.2 des Tarifvertrags über die tarifliche Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie in den Tarifgebieten Südbaden und Südwürttemberg-Hohenzollern vom 14. Juni 2005 (im Folgenden TV SoZa) haben Beschäftigte, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis stehen, nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit Anspruch auf eine betriebliche Sonderzahlung in Höhe von 60 % eines Monatsverdienstes je Kalenderjahr. Zur Berechnung bestimmt § 2.4 TV SoZa:

        

„2.4   

Für die Berechnung eines Monatsverdienstes sind zugrunde zu legen:

                 

-       

die festen und leistungsabhängigen variablen Bestandteile des Monatsentgelts und

                 

-       

die zeitabhängigen variablen Bestandteile des Monatsentgelts der letzten abgerechneten drei Monate vor Auszahlung der Sonderzahlung einschließlich aller Zulagen und Zuschläge in dem betreffenden Zeitraum, soweit diese nicht in den festen Bestandteilen des Monatsentgelts enthalten sind, jedoch ohne Mehrarbeitsgrundvergütung und Mehrarbeitszuschläge, Auslösungen und ähnliche Zahlungen (Reisespesen, Trennungsentschädigungen), Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Krankengeldzuschüsse, Urlaubsvergütung, die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers sowie einmalige Zuwendungen, geteilt durch die Anzahl der in diesem Zeitraum bezahlten Tage ohne Krankheits- und Urlaubstage. Der sich hieraus ergebende Betrag ist mit dem Faktor 21,75 zu multiplizieren.

                                   
                 

Protokollnotiz zu § 2.4:

                 

Für die Berechnung des Monatsverdienstes nach § 2.4 sind die Grundsätze, wie sie für die Berechnung der Urlaubsvergütung gelten, maßgebend.“

4

Beschäftigte der Beklagten mit mindestens 15-jähriger Firmenzugehörigkeit hatten nach Maßgabe der „MITTEILUNG PERS 2002 - NR. 22“ vom 16. Oktober 2012 darüber hinaus Anspruch auf eine Weihnachtsgratifikation iHv. 40 % des Monatsentgelts. Zur Berechnung heißt es in der Mitteilung, es seien „grundsätzlich die unmittelbar anwendbaren oder in Bezug genommenen tariflichen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Danach sind … die festen und leistungsabhängigen Bestandteile des laufenden Monatsentgelts sowie die zeitabhängigen variablen Bestandteile der letzten drei abgerechneten Monate … (August, September, Oktober) zugrunde zu legen. Eine etwaige Mehrarbeitsvergütung ... ist … nicht in den durchschnittlichen Arbeitsverdienst einzubeziehen.“

5

Mit der Vergütung für November 2012 zahlte die Beklagte an den Kläger 2.442,18 Euro brutto als betriebliche Sonderzahlung und weitere 1.632,82 Euro brutto als Weihnachtsgratifikation aus. Bei der Berechnung dieser Zahlungen berücksichtigte die Beklagte nicht die Ausgleichszahlungen zum Zwecke der Verdienstsicherung, die der Kläger in den letzten drei abgerechneten Monaten vor Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung erhalten hatte. Die Einbeziehung dieser Ausgleichszahlungen hätte zu einer Erhöhung der Sonderzahlung um 87,74 Euro brutto und der Weihnachtsgratifikation um 53,80 Euro brutto geführt. Diese Differenzbeträge hat der Kläger mit Schreiben vom 24. Januar 2013 gegenüber der Beklagten geltend gemacht.

6

Der Kläger hat gemeint, die Ausgleichszahlungen seien in die Berechnung des Monatsverdienstes nach § 2.1 TV SoZa und dementsprechend auch in die Berechnung der Weihnachtsgratifikation einzubeziehen. Der Alterssicherungsbetrag sei nach § 6.1.1 MTV als Mindestverdienst garantiert und werde gemäß § 6.7 MTV mit den dort näher bezeichneten Entgeltbestandteilen aufgegliedert festgeschrieben, auf die sich die Mindestverdienstgarantie ebenfalls beziehe. Damit sei der Alterssicherungsbetrag Bestandteil des „Monatsverdienstes“ iSv. § 2.4 TV SoZa.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 141,54 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und gemeint, die Ausgleichszahlungen seien keine Bestandteile des Monatsentgelts iSv. § 2.4 TV SoZa. Es handele sich auch nicht um eine Zulage oder einen Zuschlag, sondern vielmehr um eine Vergütungskomponente sui generis, die bei der Berechnung des Monatsverdienstes nach § 2.4 TV SoZa nicht zu berücksichtigen sei.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zu Unrecht entsprochen. Der Kläger hat Anspruch auf die von ihm begehrte Zahlung.

11

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 2.1 Satz 1 iVm. § 2.2 TV SoZa Anspruch auf die der Höhe nach unstreitige restliche betriebliche Sonderzahlung von 87,74 Euro brutto für das Kalenderjahr 2012.

12

1. Der TV SoZa fand im Kalenderjahr 2012 aufgrund beiderseitiger Tarifbindung auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG).

13

2. Nach § 2.1 Satz 1 iVm. § 2.2 TV SoZa haben Beschäftigte, die am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis stehen, nach einer Betriebszugehörigkeit von 36 Monaten Anspruch auf eine Sonderzahlung in Höhe von 60 % eines Monatsverdienstes. Diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt der Kläger.

14

3. Der Monatsverdienst iSv. § 2.2 TV SoZa schließt die in den letzten drei abgerechneten Monaten vor Auszahlung der betrieblichen Sonderzahlung erbrachten Ausgleichszahlungen zum Zwecke der Verdienstsicherung ein. Das ergibt die Auslegung der einschlägigen Tarifvorschriften.

15

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mitzuberücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG 28. August 2013 - 10 AZR 701/12 - Rn. 13 mwN). Die Auslegung eines Tarifvertrags durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 11. November 2015 - 10 AZR 719/14 - Rn. 17).

16

b) Bei der Wortlautauslegung ist, wenn die Tarifvertragsparteien einen Begriff nicht eigenständig definieren, erläutern oder einen feststehenden Rechtsbegriff verwenden, vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen. Wird ein Fachbegriff verwendet, der in allgemeinen oder in den fachlichen Kreisen eine bestimmte Bedeutung hat, ist davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien mit diesem Begriff den allgemein üblichen Sinn verbinden wollten, wenn nicht sichere Anhaltspunkte für eine abweichende Auslegung gegeben sind, die aus dem Tarifwortlaut oder anderen aus dem Tarifvertrag selbst ersichtlichen Gründen erkennbar sein müssen (BAG 8. Juli 2009 - 10 AZR 672/08 - Rn. 23 mwN). Wird ein bestimmter Begriff mehrfach in einem Tarifvertrag verwendet, ist im Zweifel weiter davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Begriff im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags stets die gleiche Bedeutung beimessen wollen (vgl. BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 936/07 - Rn. 15, BAGE 133, 62).

17

c) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hält die Auslegung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Sie ergibt vielmehr, dass der in § 2.2 TV SoZa verwendete Begriff „Monatsverdienst“ in einem umfassenden Sinn zu verstehen ist (so bereits BAG 28. März 2007 - 10 AZR 66/06 - Rn. 18 f.) und damit dem nach § 6.1.1 MTV als „Mindestverdienst“ garantierten Alterssicherungsbetrag entspricht, wenn und soweit der laufende Verdienst niedriger als der Alterssicherungsbetrag ist.

18

aa) § 2.2 TV SoZa stellt für die Berechnung der Höhe der betrieblichen Sonderzahlung auf die Betriebszugehörigkeit und den „Monatsverdienst“ ab. Dabei haben die Tarifvertragsparteien den Begriff „Monatsverdienst“ im TV SoZa nicht selbst bestimmt, so dass davon auszugehen ist, dass sie diesen Tarifbegriff in seiner allgemeinen Bedeutung verstanden wissen wollen. Danach ist der Verdienst das durch Arbeit erworbene Geld, das dadurch erzielte Einkommen oder auch das Entgelt für eine Tätigkeit, der Lohn, das Gehalt oder eine sonstige Vergütung (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 66/06 - Rn. 20 mwN). Auf diesem weiten Verständnis beruhen ersichtlich auch die Regelungen in § 11.3 MTV. Bereits dies spricht dafür, den in § 6.1.1 MTV als Mindestverdienst garantierten Alterssicherungsbetrag als Monatsverdienst iSd. § 2.2 TV SoZa anzusehen.

19

bb) Die mit § 2.2 TV SoZa systematisch zusammenhängende Regelung in § 2.4 TV SoZa, nach der alle in § 11.3.1 und § 11.3.2 MTV genannten Vergütungsbestandteile mit Ausnahme der „sonstigen variablen Bestandteile“ für die Berechnung eines Monatsverdienstes zu berücksichtigen sind, bestätigt dieses dem Wortlaut entnommene Auslegungsergebnis. Der Alterssicherungsbetrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ein „fester Bestandteil“ des Monatsentgelts iSv. § 2.4 TV SoZa und kein „sonstiger variabler Bestandteil“ des Monatsentgelts. Er wird nach § 6.6 und § 6.7 MTV als durchschnittlicher Monatsverdienst festgeschrieben. Auch die Regelung in § 6.10 Abs. 5 MTV, nach der zur Fortschreibung des Alterssicherungsbetrags von dessen Festschreibung nach § 6.7 MTV auszugehen ist, bestätigt dessen Charakter als festen Bestandteil des Monatsverdienstes. Dass die von der Höhe des laufenden Verdienstes abhängige Ausgleichszahlung (§ 6.1.3 MTV) variieren kann, ändert daran nichts. Entscheidend ist vielmehr, dass der Alterssicherungsbetrag gemäß § 6.1.1 MTV als fester Mindestverdienst garantiert ist. Die tarifliche Alterssicherung beinhaltet mithin nach der Tarifsystematik eine Verdienstsicherung (§ 6.1 Abs. 2 MTV) bzw. einen Verdienstausgleich (§ 6.9 Abs. 1 MTV) für die Vergütungsbestandteile, die ein nicht altersgesicherter Arbeitnehmer allein durch Verwertung seiner Arbeitskraft erwirtschaften kann und für die er durch die betriebliche Sonderzahlung nach § 2 TV SoZa honoriert werden soll. Die Nichtberücksichtigung dieser Verdienstsicherung bei der Berechnung des für die betriebliche Sonderzahlung maßgeblichen Monatsverdienstes würde zu einer mit der tariflichen Systematik nicht zu vereinbarenden Reduzierung der Sonderzahlung bei altersgesicherten Beschäftigten führen.

20

cc) Die tarifsystematische Bestätigung der mit dem Wortlaut übereinstimmenden Auslegung des Begriffs „Monatsverdienst“ in § 2.2 TV SoZa wird durch die in § 6.5 und § 6.9 MTV enthaltenen Regelungen nicht infrage gestellt. Soweit § 6.5 MTV Sonderzahlungen bei der Berechnung der Alterssicherung ausnimmt, belegt dies lediglich, dass diese hierbei nicht zu berücksichtigen sind. Daraus ergibt sich jedoch kein Anhaltspunkt dafür, eine durch die Alterssicherung bedingte Ausgleichszahlung ihrerseits bei der Berechnung der Sonderzahlung nicht zu berücksichtigen. § 6.9 Abs. 5 MTV verlangt ebenfalls keine andere Auslegung. Es handelt sich dabei lediglich um eine abrechnungstechnische Durchführungsvorschrift zur Berechnung des Verdienstes im Vergleichszeitraum.

21

dd) Für das hier zugrunde gelegte Normverständnis spricht schließlich der Sinn und Zweck der in § 6 MTV geregelten Alterssicherung. Sie ist erkennbar darauf ausgerichtet, Beschäftigte vor einem durch das altersbedingte Nachlassen ihrer körperlichen Kräfte bedingten Einkommensverlust zu bewahren. Die Nichtberücksichtigung der Alterssicherungsbeträge bei der Berechnung der betrieblichen Sonderzahlung würde dieses System konterkarieren, weil sie zu dem mit diesem Alterssicherungsgedanken nicht zu vereinbarenden Ergebnis führte, dass altersgesicherte Beschäftigte finanzielle Einbußen erleiden, vor denen sie durch das detaillierte Regelungswerk in § 6 MTV explizit bewahrt werden sollen.

22

4. Da die Beklagte den Alterssicherungsbetrag bei der Berechnung der betrieblichen Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2012 zu Unrecht außer Acht gelassen hat, kann der Kläger die Zahlung der rechnerisch unumstrittenen Differenz in Höhe von 87,74 Euro brutto von der Beklagten verlangen.

23

II. Der Kläger hat aus Ziff. 1.1 iVm. Ziff. 1.2 der „Mitteilung Nr. 22“ einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer 53,80 Euro brutto als Weihnachtsgratifikation für das Kalenderjahr 2012.

24

1. Die „Mitteilung Nr. 22“ ist eine Gesamtzusage, aus der dem Kläger dem Grunde nach ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung einer Weihnachtsgratifikation für das Kalenderjahr 2012 gegen die Beklagte zusteht (zum Charakter von Gesamtzusagen als Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB und zu ihrer Auslegung vgl. BAG 7. Juli 2015 - 10 AZR 260/14 - Rn. 18 f. mwN).

25

2. Der Kläger erfüllte im Kalenderjahr 2012 die in der „Mitteilung Nr. 22“ beschriebenen Anspruchsvoraussetzungen für eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 40 % des Monatsentgelts. Er stand am Auszahlungstag in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Beklagten und war zu diesem Zeitpunkt mehr als 15 Jahre bei ihr beschäftigt. Da der Monatsverdienst iSv. § 2.2 TV SoZa dem Alterssicherungsbetrag gemäß § 6.1.1 MTV entspricht, wenn und soweit der laufende Verdienst der letzten abgerechneten drei Monate vor Auszahlung der Sonderzahlung niedriger als der Alterssicherungsbetrag ist, gilt dies aufgrund der Bezugnahme in der „Mitteilung Nr. 22“ auch für das Monatsentgelt, auf dessen Grundlage die Weihnachtsgratifikation berechnet wird. Nachdem die Beklagte den Alterssicherungsbetrag bei der Berechnung der Weihnachtsgratifikation zu Unrecht nicht berücksichtigt hat, kann der Kläger von der Beklagten die Zahlung des rechnerisch unumstrittenen Differenzbetrags in Höhe von 53,80 Euro brutto verlangen.

26

3. Der Zinsausspruch beruht auf § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB.

27

a) Dem Kläger stehen nach § 187 Abs. 1 BGB Verzugszinsen ab dem Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit zu(vgl. BAG 8. Oktober 2008 - 5 AZR 715/07 - Rn. 27 mwN). Soweit dieser Tag auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt, verschiebt sich der Zeitpunkt der Fälligkeit nach § 193 BGB auf den nächsten Werktag(BAG 19. November 2014 - 5 AZR 121/13 - Rn. 32).

28

b) Nach § 3.2 TV SoZa ist Auszahlungsstichtag für die betriebliche Sonderzahlung der 1. Dezember des jeweiligen Jahres. Einen davon abweichenden Fälligkeitstag hat der Kläger nicht behauptet. Nach Ziff. 1.3 Abs. 2 der „Mitteilung Nr. 22“ gilt dieser Stichtag auch für die Weihnachtsgratifikation. Der 1. Dezember 2012 war ein Samstag. Die betriebliche Sonderzahlung und die Weihnachtsgratifikation waren daher am Montag, den 3. Dezember 2012, fällig. Zinsen schuldet die Beklagte mithin erst ab Dienstag, den 4. Dezember 2012.

29

III. Die Kostentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO. Soweit der Kläger Zinsen bereits ab dem 1. Dezember 2012 begehrt hat, handelt es sich um eine geringfügige Zuvielforderung iSv. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

    D. Kiel    

        

    Züfle    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.