Landgericht München I Endurteil, 10. Mai 2016 - 13 S 13503/15

bei uns veröffentlicht am10.05.2016

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 24.06.2015, Az. 113 C 27219/14, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.150,57 € festgesetzt.

Tatbestand

I.

1. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Endurteil wird Bezug genommen.

2. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte den erstinstanzlich gestellten Antrag auf Klageabweisung weiter, die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

3. Die Beklagte ist der Auffassung, ein fahrlässiges Verhalten liege nicht vor, da es zum Schadenszeitpunkt dunkel gewesen wie, begleitet von starkem Schneetreiben, so dass der Hinweis auf dem Tankdeckel nicht zu erkennen gewesen sei. Außerdem sei ein Mitverschulden auf Seiten der Klagepartei in Ansatz zu bringen, wegen des angeblichen Hinweises eines Mitarbeiters der Klägerin, dass die beiden Fahrzeuge gleich zu bedienen seien.

4. In der mündlichen Verhandlung am 26.04.2014 wurde die Klägerin persönlich angehört. Insoweit wird auf das Protokoll vom 26.04.2016 Bezug genommen.

Gründe

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 535 Abs. 1 BGB ist begründet. Insoweit wird zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Endurteils Bezug genommen (dort 1. a) und b).

2. Die Beklagte hat die Pflichtverletzung zu vertreten, §§ 280 Abs. 1, 278 Abs. 1 BGB.

Die im Mietvertrag vereinbarte Haftungsfreistellung deckt den streitgegenständlichen Schaden infolge der Falschbetankung nicht ab. Die Haftungsfreistellung orientiert sich am Leitbild der Kaskoversicherung und umfasst lediglich unfallbedingte Schäden, nicht jedoch Betriebsschäden (Ziffer I Nr. 4 der Allgemeinen Vermietbedingungen: „Brems-, Betriebs-, und reine Bruchschäden sind keine Unfallschäden“). Der durch die Wahl des falschen Kraftstoffs entstandene Motorschaden ist kein Unfallschaden, sondern ein Betriebsschaden, der nicht der vertraglichen Haftungsfreistellung unterfällt (vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2003 – IV ZR 322/02).

Die Beklagte haftet daher gemäß § 276 BGB bereits für einfache Fahrlässigkeit. Eine Haftungsprivilegierung auf grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz ist nicht gegeben. Die Beklagte hat hier jedenfalls fahrlässig gehandelt, da sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat (§ 276 Abs. 2 BGB). Erforderlich ist das Maß an Umsicht und Sorgfalt, das nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger des in Betracht kommenden Verkehrskreises zu beachten ist (BGH NJW 72, 151; Palandt/Grünenberg, BGB, § 276, Rn. 16). Die Beklagte handelte fahrlässig, indem sie sich nicht des benötigten Kraftstoffes vergewisserte, bevor sie tankte. Die Rechtsprechung geht bei der Betankung eines Leihfahrzeugs mit dem falschen Kraftstoff regelmäßig von einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aus. In Anbetracht der allgemeinen Verbreitung sowohl diesel- als auch benzin-getriebener Personenkraftwagen ist es für jeden Autofahrer eine offenkundig auf der Hand liegende Selbstverständlichkeit sich vor dem Betanken jedenfalls eines fremden, erstmals von ihm benutzten Kraftfahrzeugs zu vergewissern, welches der geeignete Kraftstoff für das Fahrzeug ist. In diesem Sinn handelt es sich bei dem fehlerhaften Betanken eines fremden Fahrzeugs um ein besonders leichtfertiges Vernachlässigen einer naheliegenden, Jedermann einleuchtenden und zumutbaren Sorgfalt. Dies gilt erst recht, wenn auf der Innenseite des Tankdeckels des Fahrzeugs – wie hier – ein entsprechender ausdrücklicher Hinweis angebracht ist (vgl. VG Osnabrück, Urteil vom 30.03.2006 – 3 A 100/04 = BeckRS 2006, 22507; OVG Koblenz, Beschluss vom 26.02.2004 – 2 A 11982/03 = NVwZ-RR 2004, 366). Das Fahrzeug wurde hier von der Beklagten trotz deutlicher Hinweise sowohl auf dem Tankdeckel aus auch auf dem Tankverschluss mit Benzin statt mit Diesel betankt. Selbst wenn es bei dem Tankvorgang Nacht war und Schneetreiben herrschte bzw. es graupelte – wie die Beklagte in der Anhörung angab – ist angesichts der auffälligen Farbe und Beschriftung des Tankdeckels davon auszugehen, dass die Beklagte die angebrachten Hinweise erkennen hätte können, zumal Tankstellen in der Nacht beleuchtet sind. Es muss als fernliegend angesehen werden, dass die Betankung des Fahrzeugs bei solcher Dunkelheit und schlechtem Wetter überhaupt hätte durchgeführt werden können, die das Erkennen der Hinweise unmöglich gemacht hätte. Denn in diesem Falle ließe sich kaum erklären, wie der richtige Treibstoff überhaupt ausgewählt und in die Tanköffnung getroffen worden sein soll.

Die Beklagte hat in der Verhandlung vor dem Amtsgericht selbst eingeräumt, dass sie sich beim Tanken keine Gedanken gemacht habe.

Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht darauf berufen, ihr sei bei Fahrzeugübergabe von einem Mitarbeiter der Klägerin mitgeteilt worden, sie bekäme ein gleichwertiges bzw. gleiches Fahrzeug wie das vorige, es funktioniere genauso wie das andere (so ihre Einlassung in der Anhörung vor der Kammer). Zum einen hat sie selbst eingeräumt eine B-Klasse statt wie zuvor eine A-Klasse bekommen zu haben, so dass ihr bewusst war, dass es sich gerade nicht um das gleiche Fahrzeug handelte. Dass ein Fahrzeug genauso funktioniert bzw. zu bedienen ist wie ein anderes, lässt noch keinen Rückschluss auf die Kraftstoffart zu. An der Funktionsweise des Fahrzeugs ändert sich für den Fahrer nichts dadurch, welchen Kraftstoff er an der Tankstelle auszuwählen hat. Es war die Pflicht der Beklagten als Mieterin eines Fahrzeuges, sich mit der Handhabung und den notwendigen Betriebsmitteln wie die Kraftstoffart des Fahrzeugs vertraut zu machen. Insbesondere hätte sie sich vor dem Tanken des benötigten Kraftstoffes vergewissern müssen. Wie bereits das Amtsgericht dargelegt hat, ist es seine Selbstverständlichkeit, sich vor dem Tankvorgang eines fremden, nur vorübergehend gemieteten Fahrzeugs über den zulässigen Kraftstoff zu informieren bzw. zu vergewissern, dass dass der richtige Kraftstoff getankt wird (vgl. VG Kassel, Urteil vom 08.03.2007 – 1 E 889/06 und OVG Koblenz, Beschluss vom 26.02.2001, a.a.O.).

Auch die von der Beklagten in der Anhörung geschilderte persönliche Situation und die angeblich mangelnde Erfahrung mit Kraftfahrzeugen können den Fahrlässigkeitsvorwurf nicht ausräumen, da es sich um einen auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteten objektiv- abstrakten Sorgfaltsmaßstab handelt.

3. Der Klägerin ist ein Schaden in Höhe von 1.150,57 € entstanden. Insoweit wird auf diezutreffenden Gründe des angegriffenen Urteils (dort 1.d) Bezug genommen. Die Berufung wendet sich nicht gegen die Schadenshöhe und die diesbezüglichen Ausführungen des Amtsgerichts.

4. Ein Mitverschulden der Klagepartei nach § 254 BGB war hier nicht in Ansatz zu bringen. Wie oben ausgeführt war es die Pflicht der Beklagten als Mieterin eines Fahrzeuges, sich mit der Handhabung und den notwendigen Betriebsmitteln wie die Kraftstoffart des Fahrzeugs vertraut zu machen. Die angebliche Aussage eines Mitarbeiters der Klägerin, sie bekomme ein gleichwertiges Fahrzeug wie das vorher angemietete, es funktioniere genauso bzw. sei genauso zu bedienen, lässt wie bereits dargelegt, keinen Rückschluss auf die erforderliche Kraftstoffart zu. Dass ein Fahrzeug genauso funktioniert bzw. zu bedienen ist, besagt keinesfalls, dass auch der gleiche Kraftstoff zu verwenden ist. Jedenfalls entbindet eine solche Aussage die Beklagte als Mieterin nicht, sich vor dem Betanken des benötigten Kraftstoffes zu vergewissern. Tatsächlich hat sie sich jedoch nach eigener Einlassung keine Gedanken mehr gemacht. Über die Betankung wurde auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht konkret gesprochen und sie hat auch nicht behauptet, danach gefragt zu haben. Nachdem sich auf dem Tankdeckel und Tankverschluss eindeutige Hinweise zur Kraftstoffart „Diesel“ befanden, bestand auch keine Veranlassung für die Klagepartei, darauf nochmals ausdrücklich hinzuweisen. Nicht zuletzt aufgrund dieser eindeutigen Hinweise, welche die Beklagte beim Tanken ohne weiteres erkennen können hätte, da sie ja den Tankdeckel zum Tanken abschrauben musste, kommt ein anzurechnendes Mitverschulden nicht in Betracht.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 713 ZPO.

3. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um einen Einzelfall, der keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft.

Urteilsbesprechung zu Landgericht München I Endurteil, 10. Mai 2016 - 13 S 13503/15

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem
Landgericht München I Endurteil, 10. Mai 2016 - 13 S 13503/15 zitiert 8 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners


(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 535 Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrags


(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und s

Zivilprozessordnung - ZPO | § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen


Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Juni 2003 - IV ZR 322/02

bei uns veröffentlicht am 25.06.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 322/02 Verkündet am: 25. Juni 2003 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________

Referenzen

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 322/02 Verkündet am:
25. Juni 2003
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AKB § 12 Abs. 1 II e
Der durch die Wahl des falschen Kraftstoffs (hier: Benzin statt Diesel) entstandene
Motorschaden ist kein versicherter Unfallschaden, sondern ein nicht versicherter Betriebsschaden
i.S. von § 12 Abs. 1 II e AKB.
BGH, Urteil vom 25. Juni 2003 - IV ZR 322/02 - LG Stade
AG Zeven
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin Ambrosius
und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Juni 2003

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 2. August 2002 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Zahlung in Höhe von 8.242,43 DM nebst Zinsen aus einer bei der Beklagten genommenen Fahrzeugvollversicherung mit 650 DM Selbstbeteiligung für einen von ihr gehaltenen Mercedes Benz Diesel. Der Vollkaskoversicherung liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) zugrunde.
Am 23. Dezember 2000 füllte der Ehemann der Klägerin versehentlich Benzin-Kraftstoff in den Tank des Mercedes Diesel. Dadurch wurden unmittelbar nach Fortsetzung der Fahrt Teile des Motors beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf 8.892,43 DM ohne Mehrwertsteuer.

Die Beklagte verweigert Versicherungsleistungen, weil es sich um einen gemäß § 12 Abs. 1 II e Halbs. 2 AKB nicht versicherten Betriebsschaden handele.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer zur Fortbildung des Rechts gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


Das Rechtsmittel der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Auffassung der Vorinstanzen, bei dem Betanken des Kraftfahrzeugs mit einem falschen Kraftstoff handele es sich um einen Bedienungsfehler , der nicht zu einem Unfallschaden, sondern zu einem Betriebsschaden i.S. von § 12 Abs. 1 II e AKB geführt habe, hält rechtlicher Nachprüfung stand.
1. Rechtsfehlerhaft enthält das Berufungsurteil allerdings keinen

Tatbestand.


Finden für ein Berufungsverfahren wie hier die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften Anwendung, bedarf es im Berufungsurteil auch dann der Darstellung eines Tatbestandes nach § 543 ZPO a.F., wenn das Revisionsverfahren nach dem ab 1. Januar 2002 geltenden Prozeßrecht durchzuführen ist (BGH, Urteil vom 19. Februar 2003 - VIII

ZR 205/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Danach durfte die Dar- stellung eines Tatbestandes nicht unterbleiben, weil kraft ausdrücklicher Zulassung durch das Berufungsgericht die Revision gegen das zweitinstanzliche Urteil statthaft war (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO a.F.).
Von der aus diesem Grund grundsätzlich gebotenen Aufhebung des Berufungsurteils (vgl. BGHZ 73, 248, 249 ff. und ständig) kann aber ausnahmsweise abgesehen werden. Die notwendigen tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung ergeben sich hinreichend deutlich aus den Urteilsgründen, so daß sich das Ziel, die Anwendung des Rechts auf den festgestellten Sachverhalt nachzuprüfen, erreichen läßt (vgl. BGH aaO und Urteil vom 15. April 1999 - II ZR 83/97 - BGHR ZPO § 543 Abs. 2 Tatbestand, fehlender 14 jeweils m.w.N.). Zur revisionsrechtlichen Überprüfung steht die Versagung des begehrten Vollkaskoversicherungsschutzes für Motorschäden, die durch die Wahl des falschen Kraftstoffes unmittelbar im Anschluß an den Tankvorgang hervorgerufen worden sind. Dieser einfache Sachverhalt und das darauf gestützte Klagebegehren ist, auch wenn nicht einmal die Klageanträge erwähnt werden (vgl. zu diesen Anforderungen nach der Neufassung des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02 - für BGHZ vorgesehen ) den Entscheidungsgründen in dem für die revisionsrechtliche Beurteilung ausreichenden Umfang zu entnehmen.
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist in der Sache auch keine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO erforderlich. Dieser Zulassungsgrund , der sich weitgehend mit dem der Grundsatzbedeutung deckt (vgl. Ullmann, WRP 2002, 597), setzt voraus, daß der Einzelfall Veran-

lassung gibt, Leitsätze für die Auslegung und Anwendung des materiellen und formellen Rechts aufzustellen oder Lücken auszufüllen, weil es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02 - VersR 2003, 222 unter 2, demnächst in BGHZ 151, 221 und vom 25. März 2003 - VI ZR 355/02 - zur Veröffentlichung vorgesehen, jeweils m.w.N.). Ob es sich nach den Versicherungsbedingungen um einen versicherten Unfallschaden oder um einen nicht versicherten Betriebsschaden im Sinne von § 12 Abs. 1 II e AKB handelt, ist - wie stets bei begrifflichen Abgrenzungen dieser Art - zunächst anhand der Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Die Klausel ist gerade auch mit Blick auf diese Abgrenzung Gegenstand einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen gewesen (vgl. nur Prölss/Martin/Knappmann, VVG 26. Aufl. § 12 AKB Rdn. 45 ff. und 55 ff.). Die Entscheidung des Berufungsgerichts läßt keine Notwendigkeit erkennen für weitere über die bisher dafür herausgearbeiteten Grundsätze hinausgehende sachverhaltsbezogene Leitlinien. Der bloße Hinweis, die Entscheidung befasse sich mit dem Unfallbegriff und es bestehe ein allgemeines Interesse an der Definition dieses Begriffes , trägt die Zulassung nicht. In der Sache ist das Erkenntnis jedoch nicht zu beanstanden.
3. Für die Auslegung von § 12 Abs. 1 II e AKB ist auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen (BGH, Urteil vom 5. November 1997 - IV ZR 1/97 - VersR 1998, 179 unter I 2 a und ständig). Ein solcher Versicherungsnehmer geht vom Wortlaut der Klausel aus. Danach erkennt er einerseits, daß das versicherte Unfallrisiko in

Halbsatz 1 der Klausel begrifflich näher eingegrenzt wird und daß ande- rerseits von dem so festgelegten Umfang des Versicherungsschutzes für Unfallschäden in Halbsatz 2 bestimmte Schäden ausgegrenzt werden, selbst wenn ein Ereignis Merkmale eines Unfalls aufweist. Bei den genannten Betriebsschäden wird ihm ferner deutlich, daß Schäden, die im Zusammenhang mit Betriebsvorgängen durch normale Abnutzung, Material - oder Bedienungsfehler an dem Fahrzeug oder seinen Teilen entstehen , nicht versichert sind (vgl. BGH, Urteile vom 6. März 1996 - IV ZR 275/96 - VersR 1996, 622 unter 3 b; 23. Oktober 1968 - IV ZR 515/68 - VersR 1969, 32, 33 und vom 6. Februar 1954 - II ZR 65/53 - VersR 1954, 113 unter 2 a; OLG Hamm VersR 1990, 85).
Die Versorgung eines Kraftfahrzeugs mit den für die Fortsetzung der Fahrt notwendigen Betriebsmitteln gehört zu den Bedienungsvorgängen. Die Wahl des falschen Kraftstoffs erweist sich daher als Bedienungsfehler , der gleich nach dem Neustart die Beschädigung der Motorteile herbeigeführt hat. Dafür besteht bedingungsgemäß kein Deckungsschutz. Entgegen der Auffassung der Revision ist für die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 5 AGBG (jetzt § 305c Abs. 2 BGB) kein

Raum. Revisionsrechtlich ist insoweit nichts weiter abzuklären. Insbesondere gibt der Fall keinen Anlaß zu weiteren Abgrenzungen in bezug auf Schäden, die zwar auf einer Einwirkung mechanischer Gewalt beruhen , aber zum normalen Betrieb des Kraftfahrzeugs gehören (vgl. BGH aaO VersR 1969, 32, 33).
Terno Dr. Schlichting Ambrosius
Wendt Felsch

(1) Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses, insbesondere aus der Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos, zu entnehmen ist. Die Vorschriften der §§ 827 und 828 finden entsprechende Anwendung.

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.