Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 14. Dez. 2017 - 2 O 3404/16

bei uns veröffentlicht am14.12.2017

Gericht

Landgericht Nürnberg-Fürth

Tenor

1. Die Beklagte hat dem Kläger rückständige Berufsunfähigkeitsrenten für den Zeitraum Februar 2016 bis inklusive Mai 2016 in Höhe von monatlich 204,00 €, mithin insgesamt 816,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 05.06.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger ab 01.06.2016, längstens bis zum 30.6.2047 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 204,00 €, monatlich im Voraus zu zahlen.

3. Die Beklagte hat den Versicherungsnehmer, Herrn G W, von seiner Beitragszahlungspflicht zum Rentenversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer 30 063 941 7 vom 01.02.2016 bis längstens zum 30.06.2047 freizustellen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren von 958,19 € zu erstatten.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.701,54 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Fortdauer der Leistungsverpflichtung der Beklagten aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

Der Kläger ist seit 1.4.2004 bei der Beklagten Versicherter einer Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Dem Vertrag liegen die als Anlage K 2 vorgelegten „Besondere Bedingungen für die Bausteine zur Berufsunfähigkeitsvorsorge: Beitragsbefreiung und Berufsunfähigkeitsrente“ (im Folgenden: BUZ) zugrunde.

Nach § 2 Abs. 1 BUZ iVm den zusätzlich vereinbarten „BV 3“ gilt:

„Ist die versicherte Person … außerstande, ihren Beruf auszuüben und übt sie auch keine andere Tätigkeit aus, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht, so gilt dieser Zustand von Beginn an als vollständige Berufsunfähigkeit. Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der zuletzt ausgeübte Beruf maßgebend…“

Nach § 7 Abs. 1 BUZ gilt:

„Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ausübt.“

Der Kläger hat eine Berufsausbildung als Koch abgeschlossen. Mitte 2010 erlitt der Kläger einen Fahrradunfall, bei dem es unter anderem zu einer Nervendurchtrennung im Gesicht kam, wodurch der Kläger seinen Geschmacks- und Geruchssinn verlor. Auf entsprechenden Leistungsantrag des Klägers erkannte die Beklagte mit Schreiben vom 19.3.2013 (Anlage BLD 4a) ihre Leistungsverpflichtung zum 1.8.2010 an. Die Beklagte erbrachte die vereinbarte monatliche BU-Rente in Höhe von 204,00 € und stellte den Kläger von der Beitragspflicht zum Versicherungsvertrag in Höhe von monatlich 31,37 € frei. Der Kläger hatte vor dem Unfall am 19.7.2010 mit jeweils kürzeren Phasen der Arbeitslosigkeit als Koch bei verschiedenen Gaststätten und Hotels gearbeitet. Im Juni 2014 schloss der Kläger eine Umschulung als Veranstaltungskaufmann ab. Seit Oktober 2015 arbeitet der Kläger als Betriebsleiter in einer Seniorenresidenz bei einem Monatsverdienst von 2.400,00 € brutto. Mit Schreiben vom 7.12.2015 (Anlage K 3) verwies die Beklagte den Kläger auf diese Tätigkeit als Betriebsleiter und vollzog die Leistungseinstellung zum 31.1.2016. Trotz Aufforderung durch Schreiben des Klägervertreters vom 18.1.2016 (Anlage K4) leistete die Beklagte keine weiteren Zahlungen.

Der Kläger ist der Ansicht, dass er aufgrund einer vom Versicherungsnehmer, seinem Vater, erklärten „Handlungsvollmacht“ zur Geltendmachung der Fortzahlungsansprüche berechtigt sei. Der Kläger hat seinen Fortzahlungsanspruch zunächst damit begründet, dass zwar die finanzielle Vergleichbarkeit seiner jetzigen Tätigkeit als Betriebsleiter gegenüber den bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübten Tätigkeiten durchaus gegeben sei, es sich bei der nunmehr ausgeübten Tätigkeit aber nicht um einen Ausbildungsberuf handele, wie bei seinem erlernten und zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf als Koch. Da ein Lehrberuf ein höheres Ansehen habe als ein solcher, der keine Lehre voraussetze, fehle es an der sozialen Vergleichbarkeit. Den jetzigen Beruf des Klägers könne jeder nach einer „vergleichsweisen kurzen Einarbeitungszeit“ ausüben. Zudem spreche gegen die Vergleichbarkeit, dass dem Kläger in seinem bisherigen Beruf offenstehende Aufstiegsmöglichkeiten zum Küchenchef genommen worden seien. So habe er u.a. noch nach dem Unfall in verschiedenen Hotels in der Schweiz gearbeitet, wo er erheblich mehr als nun als Betriebsleiter verdient habe. Nach Meinung des Klägers dürfe er nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen aber schon gar nicht auf von ihm neu erworbene Fähigkeiten verwiesen werden. Da sich hierzu in den Bedingungen kein Vorbehalt bzw. keine Regelung finde, seien neu erworbene Fähigkeiten nicht zu berücksichtigen. Die überobligatorische Umschulung des Klägers berechtige die Beklagte nicht zu einer konkreten Verweisung. Der Kläger habe zudem Anspruch auf Schadensersatz hinsichtlich seiner vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Die Beklagte hat dem Kläger rückständige Berufsunfähigkeitsrenten für den Zeitraum Februar 2016 bis inklusive Mai 2016 in Höhe von monatlich 204,00 €, mithin insgesamt 816,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

  • 2.Die Beklagte hat dem Kläger ab 01.06.2016, längstens bis zum 01.07.2047 eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von monatlich 204,00 €, monatlich im Voraus zu zahlen.

  • 3.Die Beklagte hat den Versicherungsnehmer, Herrn Gert Wenzel, von seiner Beitragszahlungspflicht zum Rentenversicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer 30 063 941 7 vom 01.02.2016 bis längstens zum 01.07.2047 freizustellen.

  • 4.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren von 958,19 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Ansicht, nach wirksamer Leistungseinstellung nicht mehr zur Leistung verpflichtet zu sein. Der Kläger müsse sich auf die nunmehr konkret ausgeübte Tätigkeit als Betriebsleiter verweisen lassen. Diese sei sowohl in finanzieller als auch sozialer Hinsicht der zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls im Juli bzw. August 2010 für eine Zeitarbeitsfirma ausgeübten Tätigkeit als „Mann am Grill“ in einem Biergarten in jeder Hinsicht vergleichbar. Auf etwaige Tätigkeiten in verschiedenen Hotels in der Schweiz könne sich der Kläger zum Vergleich nicht berufen, da diese allesamt nach dem Unfall und damit nach dem Eintritt des Versicherungsfalls ausgeübt worden seien. Nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen komme es zudem im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens lediglich darauf an, dass der neue Beruf der bisherigen Lebensstellung des Klägers entspreche. Die Kriterien „Ausbildung und Fähigkeiten“ seien insoweit ohne Bedeutung. Finanziell verdiene der Kläger – insoweit unstreitig – jetzt mehr als zuvor. Da nicht auf die Ausbildung, sondern die ausgeübte Tätigkeit abzustellen sei, sei auch hinsichtlich der sozialen Wertschätzung Vergleichbarkeit gegeben: Während der Kläger zuvor in wechselnden Tätigkeiten ohne „herausragende kochende Wertschätzung“ tätig gewesen sei, die er jeweils kurz nach oder schon in der Probezeit beendet habe, sei er nunmehr berufen, für 250 Heimbewohner den reibungslosen Ablauf deren Versorgung sicherzustellen. Diese Tätigkeit könne er nur ausüben, weil er kaufmännische Kenntnisse durch seine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann erlangt habe. Da zudem die tatsächliche Ausübung eines neuen Berufes die Wahrung seiner Lebensstellung indiziere, habe der Kläger keinen Anspruch auf Fortführung der Leistungen.

Die Klage ist der Beklagten am 04.06.2016 zugestellt worden. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Der Kläger wurde informatorisch angehört. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 15.09.2016 und 20.09.2017 sowie im Übrigen zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen. Mit Beschluss vom 08.06.2017 hat die Kammer den Rechtsstreit nach § 348a Abs. 2 S. 2 ZPO übernommen. Mit weiterem Beschluss vom 19.10.2017 hat die Kammer mit Zustimmung der Parteien die Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet, wobei die Frist zur Einreichung von Schriftsätzen auf den 16.11.2017 bestimmt war.

Gründe

A.

Die zulässige Klage ist (fast) in vollem Umfang begründet.

I.

Der Kläger kann als versicherte Person die Leistungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend machen.

Ausweislich des als Anlage K6 vorgelegten und unwidersprochen gebliebenen Schreibens des Versicherungsnehmers vom 18.02.2016 („Handlungsvollmacht“) hat dieser als Vater den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag für seinen Sohn bei Beginn dessen Berufsausbildung im Jahr 2004 abgeschlossen. Der Kläger war damals 17 Jahre alt.

Eine Bezugsberechtigung des Klägers aus dem Versicherungsvertrag ist nicht vorgetragen (vgl. § 9 Abs. 2 ALB). Die vorstehende „Handlungsvollmacht“ kann auch nicht als Abtretung der Leistungsansprüche aus dem Versicherungsvertrag verstanden werden. Eine Abtretung von Ansprüchen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung verstößt gegen § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO - unabhängig davon, ob der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Abtretung bereits eingetreten war oder nicht (BGH 18.11.2009 – IV ZR 39/08, r+s 2010, 71). Eine nach § 400 BGB damit einhergehende Unwirksamkeit der Abtretung kann vom Versicherungsnehmer bzw. Kläger als versicherter Person aber nicht gewollt gewesen sein.

Beim streitgegenständlichen Versicherungsvertrag handelt es sich jedoch um eine Versicherung für fremde – des Klägers – Rechnung. Da der Kläger beim Abschluss des Versicherungsvertrages – für die Beklagte erkennbar (vgl. dazu Langheid/Rixecker/Rixecker, 5. Aufl., VVG § 43 Rn. 19) - eine Lehre mit Ausbildungsvergütung begann, sollte jedenfalls auch sein Interesse am Erhalt einer Einkommensquelle zur Sicherung seines Lebensunterhalts versichert werden (vgl. § 43 Abs. 1, 2 VVG). Im Übrigen kann eine Fremdversicherung auch nachträglich eintreten, etwa mit Abschluss der Ausbildung (Langheid/Rixecker/Rixecker, 5. Aufl., VVG § 43 Rn. 1). Nach § 44 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 VVG stehen bei der Versicherung für fremde Rechnung die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu. Dieser kann sie dann mit – der in der „Handlungsvollmacht“ liegenden - Zustimmung des Versicherungsnehmers auch gerichtlich geltend machen.

Selbst wenn man schließlich von einer ausschließlich materiellen Berechtigung des Versicherungsnehmers ausginge, könnte der Kläger die Rechte aus dem Versicherungsvertrag im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen. Eine gewillkürte Prozessstandschaft ist zulässig, wenn der Prozessführende vom Rechtsinhaber zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt worden ist und er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an ihr hat. Ein schutzwürdiges Interesse ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessführungsbefugten hat. Es kann auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden. Schutzwürdig ist ein Interesse des Klägers nur, wenn der Beklagte durch die gewählte Art der Prozessführung nicht unbillig benachteiligt wird. Darüber hinaus muss sich der Prozessführende im Rechtsstreit grundsätzlich auf die ihm erteilte Ermächtigung berufen und zum Ausdruck bringen, wessen Recht er geltend macht (zu alledem BGH 7.3.2017 – VI ZR 125/16, r+s 2017, 326).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Insbesondere liegt mit der „Handlungsvollmacht“ eine offen gelegte Ermächtigung vor und ist durch die Leistungsansprüche die eigene wirtschaftliche und rechtliche Position des Klägers als versicherter Person berührt. In diesem Zusammenhang ist abschließend noch festzuhalten, dass die Beklagte der Berechtigung des Klägers zur Geltendmachung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag weder vorgerichtlich, noch im Rechtsstreit substantiiert entgegengetreten ist, sondern lediglich auf die „Handlungsvollmacht“ Bezug genommen hat (Klageerwiderung S. 4 u.).

II.

Dem Kläger stehen die geltend gemachten vertraglichen Ansprüche auf Rente und Beitragsfreistellung weiterhin zu (§ 1 Abs. 1, 2 BUZ).

Unstreitig lagen zum 1.8.2010 die Voraussetzungen des Versicherungsfalls „Berufsunfähigkeit“ vor. Die Beklagte hat dem durch ihr Anerkenntnis vom 19.3.2013 (Anlage BLD 4a) Rechnung getragen. Die Beklagte hat im Weiteren mit ihrem Schreiben vom 7.12.2015 als Ergebnis des durchgeführten Nachprüfungsverfahrens ihre Leistungspflicht jedoch nicht wirksam beendet.

1. Nach § 7 Abs. 1 S. 1 BUZ ist die Beklagte nach Anerkennung ihrer Leistungspflicht berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Dabei kann die Beklagte nach § 7 Abs. 1 S. 2 BUZ erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 BUZ ausübt.

a) Im Nachprüfungsverfahren ist es Sache des Versicherers zu beweisen, dass die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit nicht mehr gegeben sind (BGH 24.2.2010 – IV ZR 119/09, VersR 2010, 619; BGH 17.2.1993 – IV ZR 206/91, VersR 1993, 562).

Maßgebend ist bei der Nachprüfung der Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt. Geht es um die Leistungseinstellung wegen neu erworbener beruflicher Fähigkeiten, kommt es auf einen Vergleich der vor dem Anerkenntnis zuletzt ausgeübten mit der anderen Tätigkeit an, auf die die versicherte Person verwiesen werden soll (BGH 30.1.2008 – IV ZR 48/06, VersR 2008, 521). Im Falle einer wirksamen und erfolgreichen Nachprüfung lässt erst die zugegangene Mitteilung die Eintrittspflicht wieder entfallen, nicht schon zuvor der Eintritt von Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen des Versicherten (BGH 17.2.1993 – IV ZR 206/91, VersR 1993, 562).

b) Die Einstellungsmitteilung der Beklagten vom 7.12.2015 entspricht – wenngleich knapp gehalten - (noch) den formalen Anforderungen.

Teilt der Versicherer dem Versicherungsnehmer mit, dass er seine Leistungen wegen einer positiven Nachprüfung einstellen will, muss der Versicherungsnehmer dieser Mitteilung entnehmen können, worauf die Einstellung gegründet ist – auch um etwa sein Prozessrisiko abschätzen zu können. Die Versichererentscheidung muss anhand der gegebenen Begründung für den Versicherungsnehmer nachvollziehbar sein. Dies bedeutet v.a. eine detaillierte Gegenüberstellung des ursprünglichen mit dem nunmehrigen Gesundheitszustand bzw. berufskundlichen Sachverhalt, also die Nachvollziehbarkeit der Änderung der Umstände (zu allem BGH 21.8.2010 – IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023; BGH 3.11.1999 – IV ZR 155/98, VersR 2000, 171; BGH 17.2.1993 – IV ZR 162/91, VersR 1993, 559).

Hier stellt die Beklagte im Schreiben vom 7.12.2015 die Ausgangslage in beruflicher und finanzieller Hinsicht derjenigen mit Aufnahme der Tätigkeit des Klägers als Betriebsleiter gegenüber. Die Darstellung erfolgt knapp, ist vor dem Hintergrund der dem Kläger allerdings insoweit in jeder Hinsicht bekannten Tatsachengrundlage nach Ansicht der Kammer noch ausreichend.

2. Die Leistungseinstellung scheitert aber in materieller Hinsicht daran, dass die Beklagte den Kläger auf seine nunmehr ausgeübte Tätigkeit (als Betriebsleiter) verweisen will, obwohl die Voraussetzungen für die vereinbarte konkrete Verweisung nicht vorliegen.

a) Alleine die Tatsache, dass der Kläger nunmehr in einem Beruf tätig ist, für den – was letztlich offenbleiben kann - eine Ausbildung nicht zwingend erforderlich ist, hinderte die konkrete Verweisung jedoch nicht.

So ist mit der Verweisung eines „Gelernten“ auf eine Tätigkeit in einem Beruf, der keine Ausbildung voraussetzt, nicht von vornherein ein Abstieg in der sozialen Wertschätzung des Versicherungsnehmers verbunden (BGH 21.4.2010 – IV ZR 8/08, r+s 2010, 294; OLG Hamm 4.7.2016 - 6 U 222/15, VersR 2016, 1361). Unabhängig davon stellt das Erfordernis einer abgeschlossenen Berufsausbildung einen bedeutenden Faktor dar, der bei der Vergleichsbetrachtung zu berücksichtigen ist. Berufliche Tätigkeiten erfahren regelmäßig durch eine Ausbildung eine erhebliche Steigerung des sozialen Ansehens (BGH aaO). Letztlich bedarf es jedoch stets einer auf den Einzelfall abstellenden Wertung (BGH 11.11.1987 – IVa ZR 240/86, r+s 1988, 123).

In diesem Zusammenhang ist zu sehen, dass es sich bei der vom Kläger nach Anerkenntnis des Versicherungsfalls abgeschlossenen Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf handelt (vgl. Prüfungszeugnis der IHK Anlage BKD 5b). In tatsächlicher Hinsicht ist insoweit außerdem davon auszugehen, dass der Kläger die nun vom ihm ausgeübte Tätigkeit als Betriebsleiter in einer Seniorenresidenz nicht ohne seine Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann oder zumindest die dabei erworbenen Fähigkeiten ausüben könnte. Zwar hat der Kläger zunächst vorgetragen, dass die Tätigkeit als Betriebsleiter „jeder ausführen“ könne, „nach einer vergleichsweise kurzen Einarbeitungszeit“ (Schriftsatz v. 5.9.2016 S. 2; Gerichtsakte S. 32). Dem ist die Beklagte jedoch entgegengetreten mit dem Vortrag, dass „der Kläger seine konkrete Tätigkeit nur ausüben kann, weil er kaufmännische Kenntnisse durch die Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann – Ausbildungsberuf – erlangte“ (Schriftsatz v. 14.9.2016 S. 2; Gerichtsakte S. 34). Der Kläger hat im Rahmen seiner Anhörung am 15.9.2016 (Prot. S. 2) hierzu folgendes angegeben:

„Ich habe die Umschulung zum Veranstaltungskaufmann auf entsprechendes Anraten der Bundesagentur gemacht. Ich habe bei der IHK einen Abschluss als Veranstaltungskaufmann, das ist ein anerkannter Ausbildungsberuf. Ich war da bei der Fa. Schuler Catering angestellt. Ich habe wegen meiner Reha-Maßnahme eine Lehrzeitverkürzung auf 2 Jahre. Ich habe die Lehre aber gut abgeschlossen mit 85 von 100 Punkten. Deshalb habe ich dann auch die gute Anstellung bekommen. Die Umschulung ist über die BA finanziert worden, zugunsten des Arbeitgebers Schuler Catering.“

Im Weiteren hat der Kläger auch entsprechend vortragen lassen, dass die aktuell ausgeübte Tätigkeit „denknotwendig eine Umschulung voraussetzte“ (Schriftsatz v. 3.2.2017 S. 2, Gerichtsakte S. 61). Mit seinen persönlichen Angaben bekräftigt der Kläger letztlich die Einschätzung der Beklagten: So wäre auch für die Kammer schlicht nicht nachvollziehbar, dass ohne eine fundierte Ausbildung im Bereich „organisatorische Fähigkeiten und kaufmännisches Denken und Sorgfalt“ (vgl. BERUFENET der Arbeitsagentur, Steckbrief „Veranstaltungskaufmann/-frau“, Anlage BLD 9b, auf deren Verwertung die Kammer mit Verfügung vom 11.1.2017 hingewiesen hat) das Managen der Versorgung von 250 Heimbewohnern ohne eine entsprechende Ausbildung in diesem Bereich möglich sein soll. Eine derartige Tätigkeit ist sicherlich nicht „jedem“ „nach einer vergleichsweise kurzen Einarbeitungszeit“ möglich. Eine etwaige - sofern überhaupt mögliche - „Einarbeitung“ würde einen zeitlichen Umfang zum Erwerb der erforderlichen (kaufmännischen) Fähigkeiten erfordern, dass eben nicht mehr von einer Einarbeitung, sondern einer Umschulung zu sprechen wäre (vgl. OLG Nürnberg 9.1.1992 – 8 U 2890/91, r+s 1992, 177; OLG München 25.10.1984 – 1 U 2989/84, VersR 1986, 669). Genau dies stellt aber die vom Kläger abgeschlossene Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann dar.

Kann nach alledem nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seine jetzige Stelle als Betriebsleiter ohne kaufmännische (Zusatz-)Kenntnisse erlangt hätte und ausüben könnte, steht der Aspekt „Ausbildungsberuf“ der Verweisung nicht entgegen.

b) Die Verweisung scheitert auch nicht an einer maßgeblichen Verschlechterung der bisherigen Lebensstellung des Klägers in finanzieller Hinsicht.

Vergleicht man die im Zeitpunkt des Unfalls/Versicherungsfalls erzielten Einkünfte mit den jetzigen, hat sich der Kläger keinesfalls verschlechtert, sondern im Zweifel verbessert. Darin sind sich die Parteien letztlich einig.

Mit dem Hinweis auf ein höheres Einkommen während seiner drei Tätigkeiten in der Schweiz kann der Kläger in diesem Zusammenhang nicht durchdringen: Nach der Rechtsprechung des BGH ist maßgebend der Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (BGH 30.1.2008 – IV ZR 48/06, VersR 2008, 521). Stichtag ist also insoweit der anerkannte Eintritt des Versicherungsfalls zum 1.8.2010. Ausweislich der schließlich vorgelegten Arbeitsverträge und Einkommensnachweise K9 bis K12 arbeitete der Kläger jedoch – insoweit im Widerspruch zu seinen eigenen Angaben in der Verhandlung vom 15.09.2016 - erst ab 2011 in der Schweiz. Das dabei erzielte Einkommen kann demnach schon in zeitlicher Hinsicht nicht prägend gewirkt haben.

c) Auch der vom Kläger im Weiteren erhobene Einwand, ihm seien in seiner jetzigen Tätigkeit die ihm in seinem bisherigen Beruf offenstehenden Aufstiegsmöglichkeiten zum Küchenchef genommen worden, greift nicht durch:

Bei der Berücksichtigung von bloßen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, Perspektiven und Aufstiegschancen ist zu unterscheiden: Hinreichend gesicherte Aufstiegschancen gehören zum Berufsbild und sind zu berücksichtigen (OLG Frankfurt 20.2.2007 – 14 U 225/05, r+s 2008, 252). Sind solche Perspektiven aber lediglich vage, ohne eine konkrete und belastbare Aussage zu ihrer Realisierung binnen eines zumutbaren Zeitraums zuzulassen, können sie mit ihrem zukünftigen (finanziellen) Wert keine Berücksichtigung finden (Ähnlich Langheid/Rixecker/Rixecker, 5. Aufl., VVG § 172 Rn. 57). So ist etwa die bloße Chance und Hoffnung auf Gründung eines selbständigen Betriebes nicht geschützt (OLG Saarbrücken 30.9.2008 – 5 U 156/08, VersR 2009, 917), ebenso wenig wie die bloße Hoffnung, als angestellter Sohn einmal den väterlichen Betrieb zu übernehmen, wenn die Nachfolge nicht sicher vorauszusehen ist (OLG Düsseldorf 9.11.2010 - 4 U 51/10, r+s 2011, 524 m. Anm. Schubach, jurisPR-VersR 1/2011 Anm. 5). Zulässig und geboten kann es aber auch sein, das unterhalb einer finanziellen Chance liegende Potential eines Berufes zu würdigen. Die Aussichten müssen jedoch konkret sein. Es darf nicht offen sein, ob sie sich hätten verwirklichen können (OLG Saarbrücken 28.6.2006 – 5 U 52/06, VersR 2004, 54; OLG Saarbrücken 26.2.1992 – 5 U 65/91, VersR 1992, 1388; vgl. OLG München 12.7.1993 – 26 U 3586/92, r+s 1996, 502). Erforderliche Fähigkeiten, Verdienstmöglichkeiten und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten, wie sie sich real darstellen, sind also allesamt im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung der Wahrung der Lebensstellung zu würdigen (BGH 23.11.2016 – IV ZR 502/15, r+s 2017, 202; BGH 21.4.2010 – IV ZR 8/08, r+s 2010, 294).

Im Streitfall hat der Kläger jedoch außer allgemeinen und pauschalen Möglichkeiten zu einem Aufstieg zum Chefkoch nichts substantiiert vorgetragen. Will aber der Versicherte geltend machen, die von ihm neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht seiner bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll. Das gilt auch und gerade dann, wenn er sich auf solche Umstände stützen will, die sich aus der Art und Ausgestaltung der früheren Tätigkeit ergeben (BGH 21.4.2010 – IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023). Angesichts des bis zum Eintritt des Versicherungsfalls doch sehr wechselhaften beruflichen Werdegangs des Klägers ist auch nicht zu erkennen, dass gerade er konkrete Aussichten auf einen Aufstieg zum Chefkoch gehabt haben soll.

d) Die konkrete Verweisung auf die Tätigkeit als Betriebsleiter scheitert aber daran, dass diese Tätigkeit Kenntnisse bzw. Fähigkeiten voraussetzt (dazu oben unter II.2.a), die der Kläger erst nach Eintritt des Versicherungsfalls erworben hat.

aa) Nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen – konkret § 7 Abs. 1 S. 2 BUZ – muss sich der Kläger Kenntnisse bzw. Fähigkeiten, die er erst nach Eintritt des Versicherungsfalls erworben hat, im Rahmen einer konkreten Verweisung nicht entgegenhalten lassen. Dies ergibt die Auslegung des § 7 Abs. 1 S. 2 iVm § 2 Abs. 1 BUZ iVm „BV 3“.

(1) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach st. Rspr. des BGH nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der Klausel auszugehen. Der mit ihr verfolgte Zweck und ihr Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer – ggf. auch den Versicherten (vgl. BGH 8.5.2013 – IV ZR 233/11, VersR 2013, 853) - erkennbar sind (st. Rspr. BGH 23.6.1993 – IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 86 und aus jüngerer Zeit z.B. BGH 18.10.2017 – IV ZR 188/16, VersR 2017, 1386). Versicherungsbedingungen sind dabei aus sich heraus zu interpretieren ohne vergleichende Betrachtungen mit anderen Versicherungsbedingungen, die dem Versicherungsnehmer regelmäßig nicht bekannt sind und auch nicht bekannt sein müssen, so dass ihm eine bedingungsübergreifende Würdigung deshalb von vornherein verschlossen bleibt. Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen - und erst recht ihre spätere Entwicklung in nachfolgenden Fassungen - hat daher außer Betracht zu bleiben. Es geht allein darum, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die einschlägige Klausel bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (BGH 15.12.2010 – IV ZR 24/10, r+s 2011, 79).

(2) Im konkreten Fall wird ein solchermaßen verständiger Versicherungsnehmer den maßgeblichen § 2 Abs. 1 BUZ iVm „BV 3“ und § 7 Abs. 1 BUZ zunächst entnehmen, dass er sich im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens auf eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 BUZ verweisen lassen muss, sofern er diese konkret ausübt; eine ausdrückliche Regelung für den Fall nachträglich erworbener Kenntnisse und/oder Fähigkeiten wird er in diesem Zusammenhang nicht finden.

(a) Als weiteren Ausgangspunkt wird der Versicherungsnehmer seinen Verständnisbemühungen zugrundlegen, dass er nach den vereinbarten Versicherungsbedingungen weder verpflichtet ist, noch ihn eine dahingehende Obliegenheit trifft, sich nach Eintritt des Versicherungsfalls umschulen zu lassen oder sonst fortzubilden. Dies ist bereits höchstrichterlich – zutreffend - entschieden (BGH 11.12.1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436; BGH 3.11.1999 – IV ZR 155/98, VersR 2000, 171; ebenso Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Kap. M. Rn. 40; Prölss/Martin/Lücke, 29. Aufl., VVG § 174 Rn. 17). Zwar ging es in den vorgenannten Entscheidungen jeweils um eine abstrakte Verweisung mit „Berücksichtigungsvorbehalt“, doch ist nicht zu erkennen, dass die dortigen Aussagen für die streitgegenständliche Konstellation einer konkreten Verweisung ohne Berücksichtigungsvorbehalt nicht in gleicher Weise gelten müssten:

„Auch die Bestimmung des § 7 (1) B-BUZ begründet für den Versicherten keine Verpflichtung zur Umschulung oder Fortbildung. Zwar sind von ihm neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen, eine Obliegenheit, solche zu erwerben, folgt daraus aber nicht. Selbst wenn sich dem Versicherten aufgrund neu erworbener Fähigkeiten die Möglichkeit eröffnet, einer anderen beruflichen Tätigkeit nachzugehen, ist das für die Leistungseinstellung durch den Versicherer wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit erst dann relevant, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die der bisherigen Lebensstellung des Versicherten entspricht (§ 2 (1) B-BUZ). Fehlt es an letzterem, weil der Versicherte erst nach längerer beruflicher oder betrieblicher Praxis einer seiner früheren Tätigkeit entsprechende Lebensstellung erreichen kann, er diese Praxis aber nicht aufweist, fehlt es demgemäß auch an einer Verweisungsmöglichkeit des Versicherers.“ (BGH 11.12.1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436)

Werden - wie in den streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen - neu erworbene berufliche Fähigkeiten nun aber überhaupt nicht einmal erwähnt, kann eine Obliegenheit zum Erwerb eben solcher neuer beruflicher Fähigkeiten als den Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person erheblich belastende Pflicht oder Obliegenheit nach Überzeugung der Kammer keinesfalls bejaht werden.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen hat der BGH folgerichtig bei einer abstrakten Verweisungsklausel mit Berücksichtigungsvorbehalt im Nachprüfungsverfahren nach freiwilligem Erwerb neuer beruflicher Fähigkeiten eine Verweisungsmöglichkeit nach Treu und Glauben auch nur dann bejaht, wenn die versicherte Person einen Arbeitsplatz in einem Vergleichsberuf tatsächlich erlangt hat oder sich um einen solchen nicht in zumutbarer Weise bemüht (BGH 3.11.1999 - IV ZR 155/98, VersR 2000, 171, 173). Liegt dem Versicherungsvertrag im Nachprüfungsverfahren eine abstrakte Verweisungsklausel ohne Berücksichtigungsklausel zugrunde, sind nach überzeugender Rspr. des BGH neu erworbene Fähigkeiten ohnehin nicht zu berücksichtigen (BGH 13.5.1987 – IVa ZR 8/86, r+s 1987, 267).

Die Kammer ist sich bewusst, dass die letzten beiden Erwägungen in die Überlegungen eines verständigen Versicherungsnehmers so nicht einfließen werden, da dieser eben keine Vergleiche mit anderen, abweichend formulierten Bedingungswerken ziehen kann. Ungeachtet dessen wird der Versicherungsnehmer jedenfalls den streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen eine Obliegenheit zum Erwerb neuer beruflicher Fähigkeiten und – noch viel weniger - daran anknüpfende für ihn nachteilige Konsequenzen zunächst nicht entnehmen können.

(b) Richtet der Versicherungsnehmer sodann seinen Blick auf die einschlägigen Regelungen der § 2 Abs. 1 BUZ iVm „BV 3“ und § 7 Abs. 1 BUZ wird er unschwer erkennen, dass eine im Nachprüfungsverfahren im Raum stehende konkrete Tätigkeit eine solche „im Sinne von § 2 Abs. 1“ sein muss. In § 2 Abs. 1 BUZ wiederum wird die Verweisungstätigkeit als eine beschrieben, die seiner „bisherigen Lebensstellung entspricht“. Dies stimmt mit dem vom BGH erhobenen Befund überein, dass der Begriff der Berufsunfähigkeit in Erst- und Nachprüfungsverfahren grundsätzlich inhaltlich deckungsgleich ist (BGH 7.12.2016 – IV ZR 434/15, r+s 2017, 87).

Der Begriff der „bisherigen Lebensstellung“ kann in der Rechtsprechung des BGH im Verständnis für den verständigen Versicherungsnehmer als geklärt angesehen werden:

„Diese [bisherige Lebensstellung] wird vor allem durch die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich - ebenso wie die Vergütung dieser Tätigkeit - wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt“ (BGH 7.12.2016 – IV ZR 434/15, r+s 2017, 87 m.w.N.)

Es kann demnach keinen Zweifeln unterliegen, dass die bisherige Lebensstellung durch Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrung maßgeblich (mit) geprägt wird. Unter „Kenntnissen und Erfahrungen“ kann aber letztlich nichts anderes verstanden werden als „Ausbildung und Fähigkeiten“ (Langheid/Rixecker/Rixecker, 5. Aufl. 2016, VVG § 172 Rn. 45).

Die Kammer sieht wohl, dass die vorgenannte Auslegung der „bisherigen Lebensstellung“ durch den BGH maßgeblich von dem Bemühen geprägt ist, eine „Untergrenze“ der Verweisung zu ziehen (vgl. dazu OLG München 7.5.2015 – 14 U 4138/14, VersR 2016, 384, nachgehend BGH 11.11.2015, IV ZR 252/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen ebenso Prölss/Martin/Lücke, 29. Aufl., BuVAB § 2 Rn. 41 f.). Der verständige Versicherungsnehmer wird aber Klauseln, die – wie im Streitfall – eine durch die Kriterien der „Ausbildung und Fähigkeiten“ gezogene Obergrenze (dazu OLG München und Lücke aaO) für die Verweisung gar nicht formulieren kaum dahingehend verstehen, dass er nun auch auf - überobligatorisch - ausgeübte Tätigkeiten verwiesen werden kann, die er aufgrund fehlender Ausbildung und Fähigkeiten an sich gar nicht sachgerecht auszuüben in der Lage ist. Umso mehr wird er die Bedeutung von „Ausbildung und Fähigkeiten“ als Verweisungskriterium für Konstellationen wie die streitgegenständliche auch im Merkmal der „bisherigen Lebensstellung“ sehen.

Folglich kommen auch namhafte Kommentatoren (z.B. Rixecker/Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 46 Rn. 192; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Kap. M Rn. 42; Prölss/Martin/Lücke, 29. Aufl., VVG § 174 Rn. 16 Langheid/Wandt/Dörner, 2. Aufl. 2017, VVG § 174 Rn. 14) zu dem Ergebnis, dass für den Fall, dass die Versicherungsbedingungen eine Berücksichtigung neu erworbener Fähigkeiten nicht vorsehen, diese unberücksichtigt bleiben müssen und der Versicherer sich nicht darauf berufen darf.

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 174 Abs. 1 VVG, wonach der Versicherer nach der Feststellung leistungsfrei wird, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht entfallen sind (dazu Neuhaus aaO m.w.N.). Dies im Streitfall schon deshalb, da es sich bei dem 2004 geschlossenen Versicherungsvertrag um einen Altvertrag i.S.d. Art. 1 Abs. 1 EGVVG handelt, für den nach der besonderen Übergangsvorschrift des Art. 4 Abs. 3 EGVVG die Geltung der §§ 172 ff. VVG 2008 – abgesehen von § 173 (Anerkenntnis) – ausgeschlossen ist.

(c) Ausgangspunkt der Vergleichsprüfung im Nachprüfungsverfahren ist damit die durch Kenntnisse und Fähigkeiten (o.ä.) mitgeprägte bisherige Lebensstellung im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls, mithin der Maßstab der Erstprüfung. Die „damalige“ bisherige Lebensstellung wiederum war – als solche „im Sinne von § 2 Abs. 1“ (so § 7 Abs. 1 S. 2 BUZ) – durch das Vorhandensein einer Ausbildung als Koch und eben das Fehlen von kaufmännischen Fähigkeiten bzw. einer Ausbildung zum Veranstaltungskaufmann gekennzeichnet. Mit dem damaligen Kenntnis- und Ausbildungsstand wäre dem Kläger die ihm nun angesonnene Tätigkeit als Betriebsleiter aber nicht möglich gewesen (s.o. II.2.a).

Entsprechend hat der BGH bei Vereinbarung einer abstrakten Verweisung im Nachprüfungsverfahren ohne Berücksichtigungsklausel festgestellt, dass auch die Nachprüfung der Erfahrung und Ausbildung des Versicherten auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles bezogen zu erfolgen habe (BGH 13.5.1987 – IVa ZR 8/86, r+s 1987, 267). Dass die hiesigen Bedingungen für die Verweisungsklausel im Rahmen der Erstprüfung auf die Benennung von „Ausbildung und Erfahrung“ (so die Formulierung in BGH aaO) verzichten und sich auf die Formulierung der „bisherigen Lebensstellung“ beschränken, schadet nicht, da diese – wie vorstehend ausgeführt – maßgeblich durch „Ausbildung und Erfahrung“ geprägt wird.

Dass es für die Beklagte nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand oder Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre, eine ihren „Verweisungsvorstellungen“ im Nachprüfungsverfahren gerecht werdende Formulierung zu wählen, zeigt die im Fall des OLG Frankfurt (5.11.2014 – 7 U 172/13, juris) verwendete Klausel: „… die Leistungspflicht auch endet, wenn die versicherte Person neue Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat und infolgedessen bereits eine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht …“.

d) Soweit in den Entscheidungen OLG München (7.5.2015 – 14 U 4138/14, VersR 2016, 384, nachgehend BGH 11.11.2015, IV ZR 252/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen; ebenso grundsätzlich OLG München 4.2.2016 – 14 U 2659/15, nV) und auch des OLG Stuttgart (19.11.2015 – 7 U 124/15, MDR 2016, 274, nachgehend BGH 15.1.2017 - IV ZR 545/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) zu identischen Versicherungsbedingungen (konkrete Verweisung ohne Berücksichtigungsklausel) ein abweichendes Auslegungsergebnis vertreten wird, vermag sich dem die Kammer nicht anzuschließen (zustimmend wohl BeckOK-VVG/Mangen, 2. Ed. 30.6.2016, VVG § 174 Rn. 18).

Das OLG München (7.5.2015 – 14 U 4138/14, VersR 2016, 384, nachgehend BGH 11.11.2015, IV ZR 252/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) stellt im Rahmen seiner Begründung – entgegen seines in Rn. 44 (zit. nach juris) selbst aufgestellten Rechtsrahmens – unzulässig auf einen Vergleich mit Formulierungen in den Musterbedingungen ab (aaO Rn. 40). Auch das Argument, dass sich in den Bedingungen kein konkreter Hinweis finde, dass die Beklagte bei einer Nachprüfung darauf beschränkt wäre, nur solche neue Tätigkeiten - die der bisherigen Lebensstellung entsprechen - berücksichtigen zu dürfen, die der Versicherte aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit ausüben konnte (aaO Rn. 44 ähnlich OLG Stuttgart aaO Rn. 61 zit. nach juris), überzeugt nicht. In gleicher Weise könnte man feststellen, dass sich in den Versicherungsbedingungen kein konkreter Hinweis darauf findet, dass die Beklagte bei einer Nachprüfung neue Tätigkeiten - die der bisherigen Lebensstellung entsprechen - berücksichtigen dürfte, die der Versicherte aufgrund erst neu erworbener Ausbildung und Fähigkeiten ausüben kann. Insoweit erscheint die Argumentation des OLG Stuttgart auch widersprüchlich, wenn für die beiden anderen dort streitgegenständlichen Versicherungsverträge die Berücksichtigungsfähigkeit neu erworbener Fähigkeiten damit gerechtfertigt wird, dass dies in den jeweiligen Versicherungsbedingungen so bestimmt ist (aaO Rn. 75). Lässt sich das Schweigen der Versicherungsbedingungen zur Berücksichtigungsfähigkeit neu erworbener Fähigkeiten aber in beide Richtungen verstehen, gehen die daraus resultierenden Zweifel zu Lasten des Versicherers (§ 305c Abs. 2 BGB).

Schließlich würde die Auslegung des OLG München und Stuttgart zu dem Ergebnis führen, dass sich der Versicherungsnehmer, der überobligatorisch eine Tätigkeit annimmt und ausübt, deren Anforderungsprofil er hinsichtlich Ausbildung und Fähigkeiten an sich gar nicht erfüllt, auf diese Tätigkeit tatsächlich anspruchsschädlich verweisen lassen müsste. Das allerdings widerspräche dem allgemeinen Grundsatz, dass überobligatorischer Einsatz nicht dem Vertragspartner zugutekommen soll. Dies folgt aus der Erkenntnis, dass das Verweisungsrecht vom Grundsatz der Zumutbarkeit bestimmt wird (so auch OLG Nürnberg 26.2.2015 – 8 U 266/13, VersR 2015, 833, 836). So ist etwa anerkannt, dass bei der Bestimmung der Berufsunfähigkeit überobligationsmäßiges Verhalten der versicherten Person (z.B. Weiterarbeit trotz Gefahr einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes) außer Betracht zu bleiben hat (BGH 11.10.2000 – IV ZR 208/99, r+s 2001, 167; BGH 30.11.1994 – IV ZR 300/93, VersR 1995, 159; sowie BGH 28.4.1999 – IV ZR 123/98, r+s 1999, 387 zur Umorganisation). Auch kann es den Versicherer nicht begünstigen, wenn die versicherte Person statt wie bislang nicht mehr als erfahrene Friseurgesellin, sondern als Angestellte in einer Modeboutique ohne einschlägige Vorbzw. Ausbildung arbeitet, obwohl zwischen beiden Berufen eine Verweisung nicht möglich wäre (OLG Düsseldorf 25.10.1988 – 4 U 261/87, r+s 1990, 215). Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten gezogene Schluss auf vorhandene Fähigkeiten nicht schon alleine deshalb gerechtfertigt, weil die versicherte Person eine bestimmte Tätigkeit bereits konkret ausübt (so aber wohl OLG Frankfurt 20.2.2007 – 14 U 225/05, VersR 2007, 1358).

Auch das OLG München erkennt überobligatorischen Einsatz der versicherten Person als „Ausnahmetatbestand“ grundsätzlich an (aaO Rn. 58: Umschulung durch den Einsatz erheblicher eigener finanzieller Mittel). Für die Kammer nicht nachvollziehbar lässt es ein Berufen des Versicherers auf die erfolgte Umschulung gleichwohl zu, obwohl doch bereits die Umschulung an sich einen vertraglich nicht geschuldeten überobligatorischen Einsatz der versicherten Person darstellt (s.o. unter II.2.d)(2)(a)).

Zu der Entscheidung des OLG Stuttgart (19.11.2015 – 7 U 124/15. MDR 2016, 274, nachgehend BGH 15.1.2017 - IV ZR 545/15, Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) sieht sich die Kammer gehalten, noch folgendes anzumerken: Der dortige Kläger hielt bei der Beklagten drei Berufsunfähigkeitsversicherungsverträge – zwei mit abstrakter Verweisung mit Berücksichtigungsklausel, einen mit konkreter Verweisung ohne Berücksichtigungsklausel, insoweit wie im hiesigen Versicherungsvertrag. Die Tatsache der unterschiedlich formulierten Nachprüfungsklauseln in mehreren Versicherungsverträgen beim selben Versicherer ist geeignet den Auslegungsmaßstab zu modifizieren: Der Ansatz, Versicherungsbedingungen nur aus sich heraus zu interpretieren ohne vergleichende Betrachtungen mit anderen Versicherungsbedingungen hat seine Rechtfertigung darin, dass die anderen Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer regelmäßig nicht bekannt sind (vgl. BGH 15.12.2010 – IV ZR 24/10, r+s 2011, 79). Diese Begründung kann aber dann nicht tragen, wenn dem Versicherungsnehmer verschiedene Bedingungswerke desselben (!) Versicherers im Einzelfall eben doch bekannt sind, weil er bei diesem mehrere Versicherungsverträge hält (a.A. OLG Stuttgart aaO Rn. 60 zit. nach juris). Vor diesem Hintergrund war angesichts der klar gegensätzlichen Bedingungslagen in den im Fall des OLG Stuttgart entschiedenen Fall für den solchermaßen verständigen Versicherungsnehmer noch viel deutlicher als im Streitfall, dass neu erworbene Fähigkeiten gerade nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden durften

e) Die Kammer weist abschließend darauf hin, dass sie sich einem anders lautenden Auslegungsergebnis des BGH natürlich „beugen“ würde, sie vermag ein solches den auf die vorstehend zitierten obergerichtlichen Entscheidungen ergangenen Formularbeschlüssen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht zu entnehmen. Anders als von der Beklagten ausgeführt, hat der BGH mit diesen Beschlüssen erkennbar lediglich zum Ausdruck gebracht, dass Revisionszulassungsgründe i.S.d. § 544 Abs. 2 S. 3, § 543 Abs. 2 ZPO in jenen Verfahren nicht dargelegt worden waren. Dass die gefundene Auslegung „richtig“ bzw. überzeugend ist, wird damit nicht (zwingend) zum Ausdruck gebracht. Die Kammer weist die Beklagte auf die Möglichkeit einer Sprungrevision nach § 566 ZPO hin, um sich - und der Kammer - die von der Beklagten bereits als feststehend vermutete Sicherheit zu verschaffen.

III.

Nach alledem ist die Beklagte wegen der unwirksamen Leistungseinstellung aus ihrem Anerkenntnis vom 19.3.2013 zur Fortzahlung der Rente und Gewährung der Beitragsfreistellung zu verurteilen (vgl. BGH 17.2.1993 – IV ZR 162/91, VersR 1993, 559).

Der Höhe nach sind die beiden Leistungen zwischen den Parteien nicht im Streit.

Die Beklagte weist allerdings zutreffend darauf hin, dass vereinbartes Leistungsende der 30.6.2047 ist und nicht der 1.7.2047. Insoweit war die Klage deshalb abzuweisen.

IV.

Der Kläger hat auch Anspruch auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

Ein solcher Anspruch begründet sich zwar nicht auf Verzug der Rentenfortzahlung (§ 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm § 1 Abs. 1 Buchst. b BUZ), da sich die Beklagte bei Anzeige des Klägervertreters im Januar 2016 noch in der Leistung befand. Die Beklagte hat mit der unberechtigten Ankündigung bzw. Einstellung der geschuldeten Leistungen allerdings – unwiderlegt schuldhaft (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB) - eine vertragliche Pflicht verletzt, die sie zum Schadensersatz verpflichtet (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB).

Der Höhe nach sind die schlüssig geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten zwischen den Parteien nicht im Streit (vgl. Kostennote Anlage K8).

V.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da die Zuvielforderung lediglich „einen Tag“ beträgt. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO. Der Streitwert war entsprechend der zutreffenden Berechnung wie S. 4 der Klageschrift festzusetzen.

Urteilsbesprechung zu Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 14. Dez. 2017 - 2 O 3404/16

Urteilsbesprechungen zu Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 14. Dez. 2017 - 2 O 3404/16

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


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#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z
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1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und
3.
nicht bereits im Haupttermin vor der Zivilkammer zur Hauptsache verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(2) Der Einzelrichter legt den Rechtsstreit der Zivilkammer zur Entscheidung über eine Übernahme vor, wenn

1.
sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben oder
2.
die Parteien dies übereinstimmend beantragen.
Die Kammer übernimmt den Rechtsstreit, wenn die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 vorliegen. Sie entscheidet hierüber nach Anhörung der Parteien durch Beschluss. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(3) Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung, Vorlage oder Übernahme kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(1) Unpfändbar sind ferner

1.
Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;
2.
Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
3.
fortlaufende Einkünfte, die ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst auf Grund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten oder auf Grund eines Altenteils oder Auszugsvertrags bezieht;
4.
Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 5 400 Euro nicht übersteigt.

(2) Diese Bezüge können nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Das Vollstreckungsgericht soll vor seiner Entscheidung die Beteiligten hören.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 39/08 Verkündetam:
18.November2009
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 850b; BGB § 400; ALB 86 § 13; BBUZ § 9
Wird zusammen mit einer Kapitallebensversicherung eine BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung
abgeschlossen, steht die Einheitlichkeit des Vertrages in der
Regel weder der Abtretung von Ansprüchen allein aus der Lebensversicherung noch
einer Übertragung des Kündigungsrechts für die Lebensversicherung entgegen.
BGH, Urteil vom 18. November 2009 - IV ZR 39/08 - OLG Bamberg
LG Bamberg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterinnen
Dr. Kessal-Wulf und Harsdorf-Gebhardt auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2009

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Februar 2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen, der auch die Kosten der Streithelferin der Klägerin zu tragen hat.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Lebensversicherungssumme. Der Beklagte schloss zum 1. Dezember 1987 bei der Klägerin eine Kapitallebensversicherung unter Einschluss einer Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung ab. Am 9. Januar 2003 vereinbarte der Beklagte mit der Streithelferin der Klägerin die Abtretung der gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Sicherung eines Darlehens. Die Klägerin zahlte aus der Lebensversicherung 31.626,07 € an den Beklagten sowie später auch an die Streithelferin der Klägerin aus. Hierbei handelte es sich um die bei Ablauf am 1. Dezember 2003 vereinbarte Leistung im Erlebensfall zuzüglich Boni und Gewinnanteile. Die an den Beklagten erbrachte Leistung fordert sie von diesem zurück.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


3
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
4
Nach I. Ansicht des Berufungsgerichts ist die Abtretung vom 9. Januar 2003 wirksam, soweit nicht Ansprüche aus der gemäß §§ 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 400 BGB unpfändbaren und unabtretbaren Berufsunfähigkeitsversicherung betroffen sind. Es liege zwar eine einheitliche Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung und der unselbständigen Zusatzversicherung gegen Berufsunfähigkeit vor. Beide Versicherungen bildeten jedoch keine untrennbare Einheit. Dass die Zusatzversicherung vom Fortbestand der Hauptversicherung abhängig sei und dass der Versicherte, wenn er berufsunfähig werde, keine Beiträge für die Lebensversicherung mehr bezahlen müsse, genüge für diese Annahme nicht. Die Lebensversicherung könne ohne die Zusatzversicherung fortgesetzt werden; hieraus ergebe sich die Zerlegbarkeit der Versicherungsverträge.
5
Die vorliegend in Unkenntnis der §§ 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 400 BGB erfolgte einheitliche Abtretung sei unter Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens nach § 139 BGB wirksam, soweit es um die Le- bensversicherung gehe. Bei objektiver Bewertung der Rechtslage wäre der Kredit der Streithelferin der Klägerin nur durch die Ansprüche aus der Lebensversicherung auch ohne die BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung abgesichert worden.
6
Die Frage, ob die Mitabtretung des Rechts zur Vertragskündigung ebenfalls wirksam gewesen sei, könne offen bleiben. Jedenfalls habe die Klägerin aufgrund wirksamer Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung nicht ohne Rechtsgrund an die Streithelferin der Klägerin geleistet.
7
Der Beklagte könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil er den Mangel des rechtlichen Grunds beim Empfang gekannt habe.
8
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
9
Die Abtretung der Ansprüche und die Übertragung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag durch den Beklagten an die Streithelferin der Klägerin sind wirksam. Die Leistung der Klägerin an den Beklagten erfolgte somit ohne rechtlichen Grund, so dass ihr ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zusteht.
10
1. Mit Vereinbarung vom 9. Januar 2003 hat der Beklagte die ihm aus der mit der Klägerin geschlossenen Lebensversicherung zustehenden Ansprüche und Rechte an die Streithelferin der Klägerin übertragen. Dort ist unter anderem bestimmt: "Nr. 1 Umfang der Abtretung Die Abtretung umfasst die gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus dem bezeichneten Lebensversicherungsvertrag
a) für den Todesfall in voller Höhe
b) für den Erlebensfall in Höhe eines erstrangigen Teilbetrags von 60.000 €. (…) Die Abtretung für den Erlebensfall umfasst auch etwaige Rechte und Ansprüche im Fall der Verwertung vor Fälligkeit gem. Nr. 4.1. (…) Soweit Rechte und Ansprüche in voller Höhe abgetreten werden, umfasst diese Abtretung auch - soweit pfändbar - alle damit verbundenen Zusatzversicherungen, insbesondere eine etwa bestehende Unfallzusatzversicherung (…) Nr. 4 Verwertung und Kündigung 4.1 Die Sparkasse ist berechtigt, die ihr abgetretenen Forderungen und die Sicherungsrechte zu verwerten, wenn - ihre gesicherten Forderungen fällig sind und der Kreditnehmer mit seinen Zahlungen in Verzug ist (…) Die Sparkasse ist berechtigt, sich den abgetretenen (Teil-)Betrag im Rahmen des vereinbarten Sicherungszwecks entweder durch Kündigung des Vertrages und Erhebung des Rückkaufwertes oder durch Einziehung bei Fälligkeit zu beschaffen (…)"
11
Aus Nr. 1 ergibt sich der Umfang der Übertragung: Sie erfasst lediglich gegenwärtige sowie zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beste- hende, zukünftige Ansprüche und Rechte aus der Lebensversicherung, nicht jedoch solche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Streithelferin der Klägerin ist nach Nr. 4.1 zudem berechtigt, die Kündigung des Lebensversicherungsvertrags zu erklären, um hierdurch - im Rahmen des vereinbarten Sicherungszwecks - den Rückkaufswert zu realisieren.
12
2.DieserVereinbarun g über die Abtretung der Ansprüche und die Übertragung von Rechten aus der Lebensversicherung stehen keine vertraglichen Bestimmungen entgegen. Eine Vereinbarung, die eine Abtretung ausschließt, ist zwischen den Vertragsparteien der Versicherungsverträge nicht geschlossen worden, § 399 2. Alt. BGB.
13
§ 13 (3) der hier vereinbarten Allgemeinen Bedingungen der Klägerin für die kapitalbildende Lebensversicherung sieht sogar ausdrücklich vor, dass Ansprüche aus der Lebensversicherung als Hauptversicherung abgetreten werden können (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - VersR 2003, 1021 unter II 1).
14
Ein vertraglicher Abtretungsausschluss lässt sich auch § 9 (1) der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht entnehmen. Dieser lautet: "Die Zusatzversicherung bildet mit der Versicherung, zu der sie abgeschlossen worden ist (Hauptversicherung), eine Einheit; sie kann ohne die Hauptversicherung nicht abgeschlossen werden. Wenn der Versicherungsschutz aus der Hauptversicherung endet, so erlischt auch die Zusatzversicherung."
15
Das schließt - entgegen der Auffassung der Revision, die meint, der Versicherungsvertrag als solcher sei wie ein Stammrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung unpfändbar und damit unabtretbar (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2002 - IX ZB 85/02 - NJW 2003, 1457 unter II 2; Urteil vom 10. Januar 2008 - IX ZR 94/06 - WM 2008, 415 Tz. 13) - eine isolierte Abtretung allein von Ansprüchen aus der Lebensversicherung als Hauptversicherung nicht aus (so auch OLG Saarbrücken VersR 1995, 1227; OLG Köln VersR 1998, 222; a.A. Thüringer OLG VersR 2000, 1005). Solange weiterhin der Beitrag für die Gesamtversicherung bezahlt wird, behält der Versicherungsnehmer trotz Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung den Versicherungsschutz aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Einheit der Verträge wird nicht beeinträchtigt.
16
Die 3. Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung ist nicht nach § 400 BGB ausgeschlossen, weil die Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO unpfändbar sind.
17
a) Die Frage der Abtretbarkeit von Ansprüchen aus einer Lebensversicherung , die mit einer unselbständigen BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung verbunden ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
18
Thüringer Das Oberlandesgericht (VersR 2000, 1005) hat schon die alleinige Abtretung der Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag , der mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung verbunden ist, als unwirksam erachtet. Beide Versicherungen bildeten eine Einheit, so dass die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung auch die- jenigen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung erfasse. Da diese aber nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO unpfändbar und daher nicht abtretbar seien, führe dies nach § 139 BGB zur Unwirksamkeit der Abtretung auch bzgl. der Lebensversicherung.
19
Dagegen hat das Oberlandesgericht Köln (VersR 1998, 222) selbst für den Fall, dass sowohl Ansprüche aus der Lebens- wie auch aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgetreten werden, eine Unwirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen aus der Lebensversicherung verneint. § 139 BGB greife nicht ein, wenn nichts dafür spreche, dass beide Abtretungen miteinander stehen und fallen sollten. Wenn die Lebensversicherung als Kreditsicherheit diene, sei anzunehmen, dass die Abtretung der sich aus ihr ergebenden Ansprüche unabhängig von der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung erfolgt wäre.
20
diesem In Sinne hat auch das Oberlandesgericht Saarbrücken (VersR 1995, 1227) entschieden, dass eine Abtretung der Ansprüche aus beiden Verträgen nicht ohne weiteres zu einer Gesamtnichtigkeit führe. Vor dem Hintergrund des § 139 BGB müsse geprüft werden, ob die Vereinbarung zerlegbar sei und ob die Parteien gegebenenfalls die selbstständige Geltung eines Teils gewollt hätten. Die Zerlegbarkeit sei anzunehmen , da § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur sicherstellen solle, dass dem Schuldner bestehende Rentenansprüche verblieben, um seine Existenz zu sichern, aber nicht verbiete, andere Ansprüche zu pfänden. Der mutmaßliche Parteiwille lasse sich in der Regel aus dem Sicherungszweck der Abtretung ableiten.
21
b) Der Senat hält - wie auch das Berufungsgericht - die Abtretung der Ansprüche allein aus der Lebensversicherung für wirksam.

22
Eine aa) Abtretung von Ansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung verstößt zwar gegen § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO (vgl. BGHZ 70, 206, 210; KG VersR 2003, 490; OLG Karlsruhe OLGR 2002, 114; Thüringer OLG aaO; OLG München VersR 1997, 1520; OLG Saarbrücken aaO; OLG Oldenburg VersR 1994, 846; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 15 Rdn. 4; Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 46 Rdn. 214; MünchKommZPO /Smid, 3. Aufl. § 850b Rdn. 3; Zöller/Stöber, ZPO 27. Aufl. § 850b Rdn. 2). Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Abtretung bereits eingetreten war oder nicht. Denn von § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO werden nicht nur bereits fällige, sondern auch künftige Ansprüche erfasst (vgl. Rixecker aaO § 46 Rdn. 216; KG aaO; OLG Hamm ZInsO 2006, 878; Thüringer OLG aaO).
23
bb) Dies schlägt jedoch nicht auf die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung durch.
24
Es kann insofern dahinstehen, ob es sich bei einer auf beide Versicherungsverträge bezogenen Abtretung um ein einheitliches Rechtsgeschäft i.S. von § 139 BGB handelt, d.h. ob das eine Geschäft nicht ohne das andere gewollt ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2006 - XI ZR 216/05 - NJW-RR 2007, 395 Tz. 17; MünchKomm-BGB/Busche, 5. Aufl. § 139 Rdn. 18; Staudinger/Roth, BGB [2003] § 139 Rdn. 37, 39, jeweils m.w.N.).
25
(1) Nimmt man ein solches nicht an (so OLG Köln aaO), steht die Nichtigkeit der Abtretung von Ansprüchen aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung der Wirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen aus der Lebensversicherung von vornherein nicht entgegen. Denn § 139 BGB gilt nicht für selbständig nebeneinander stehende Rechtsgeschäfte (MünchKomm-BGB/Busche aaO § 139 Rdn. 16; Staudinger/Roth aaO Rdn. 36).
26
(2) Geht man dagegen von einem einheitlichen Geschäft aus, ist bei Nichtigkeit eines Teils der gesamte Vertrag nur dann nichtig, wenn anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil nicht geschlossen worden wäre. Dies ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. April 2008 - VII ZR 42/07 - VersR 2008, 1124 Tz. 9).
27
Die Abtretung der Ansprüche aus beiden Versicherungsverträgen kann jedoch in eine Abtretung der Ansprüche aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung und in eine Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung zerlegt werden. Letztere wird nicht von §§ 850b Abs. 1 Nr. 1, 400 BGB erfasst und kann somit selbständig wirksam sein. Dies folgt nicht zuletzt aus dem Umstand, dass die Lebensversicherung als Hauptversicherung in ihrem Bestand unabhängig vom Bestehen der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung ist (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1989 - IVa ZR 107/88 - VersR 1989, 1249 unter 2).
28
DerWirksamkeiteiner Abtretung der Ansprüche allein aus der Lebensversicherung steht auch der hypothetische Parteiwille regelmäßig nicht entgegen. Dient die Abtretung der Sicherung von Ansprüchen des Zessionars, geht dieser Wille dahin, den Sicherungszweck soweit wie möglich zu fördern. Diesem Interesse der Vertragsparteien wird durch die Abtretung der Ansprüche allein aus der Lebensversicherung noch gedient. Denn der Zessionar erlangt hierdurch eine Sicherheit; dem Ze- denten - d.h. dem Versicherungsnehmer - wird es andererseits ermöglicht , wenigstens die noch verfügbaren Sicherungsmittel einzusetzen (vgl. OLG Köln aaO; OLG Saarbrücken aaO; Rixecker aaO § 46 Rdn. 217; a.A. Thüringer OLG aaO). Gerade so liegt der Fall hier.
29
Die 4. Wirksamkeit der Vereinbarung vom 9. Januar 2003 steht auch nicht deshalb in Frage, weil die Streithelferin der Klägerin nach Nr. 4.1 der Vereinbarung berechtigt ist, "sich den abgetretenen (Teil-)Betrag im Rahmen des vereinbarten Sicherungszwecks entweder durch Kündigung des Vertrages und Erhebung des Rückkaufwertes oder durch Einziehung bei Fälligkeit zu beschaffen". Diese Übertragung des Kündigungsrechts, die mit dem Recht auf den Rückkaufswert verbunden ist, ist zulässig (vgl. auch BGHZ 45, 162, 168; Senatsurteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - VersR 2003, 1021 unter II 2 a). Auch hierin liegt kein Verstoß gegen § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
30
a) Das Oberlandesgericht Hamm (ZinsO 2006, 878) nimmt insofern zwar an, dass bei einer Verknüpfung von Lebens- und Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung die Abtretung des Rechts zur Kündigung des Lebensversicherungsvertrags unwirksam sei. § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO gewähre einen umfassenden Schutz der Existenzgrundlage des Schuldners. Dieser werde unterlaufen, wenn der Schuldner den bedingten Anspruch auf eine Rente durch die Abtretung anderer, hiermit verbundener Rechte gefährden könne. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.
31
b) § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO stellt sicher, dass Rentenansprüche, zu denen auch solche aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung gehören, dem Schuldner verbleiben, um seine Existenz zu sichern. Sie sollen vor dem Zugriff eines Gläubigers geschützt werden. Eine ver- gleichbare Situation besteht bei der Abtretung des Kündigungsrechts aus einer Lebensversicherung, die mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung verbunden ist, nicht.
32
Die Übertragung des Kündigungsrechts eröffnet dem Sicherungsnehmer keinen Zugriff auf die Rente aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Kündigung der Lebensversicherung führt nach § 9 (1) der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nur zum Erlöschen des dortigen Versicherungsschutzes. Daher gibt der Versicherungsnehmer durch die Übertragung des Kündigungsrechts seine Befugnisse hinsichtlich der Berufsunfähigkeitsversicherung nur teilweise aus der Hand. Im Zeitpunkt der Abtretung bereits anerkannte oder festgestellte Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung werden gemäß § 9 (7) der Bedingungen der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung durch Rückkauf oder Umwandlung der Hauptversicherung in eine beitragsfreie Versicherung nicht berührt, so dass eine bereits gesicherte Rechtsposition des Versicherungsnehmers nicht beeinträchtigt wird.
33
c) Der Versicherungsnehmer begibt sich mit der Übertragung des Kündigungsrechts nur der Möglichkeit, seinen Versicherungsschutz durch Aufrechterhaltung des Hauptvertrags auf der Grundlage seiner eigenen Entschließung unverändert zu belassen. Vor diesem Nachteil schützt das Pfändungsverbot nicht. Der Einsatz der Lebensversicherung als Sicherungsmittel basiert grundsätzlich auf einer freien Entscheidung des Versicherungsnehmers als Sicherungsgeber. Hieran darf er ebenso wenig durch § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO gehindert werden wie z.B. an einer Kündigung des Vertrags aus anderen Gründen.
34
Schon die Entscheidungen darüber, ob der Versicherungsnehmer überhaupt eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abschließt und ob er die Beiträge hierfür aufbringt, bleiben ihm selbst überlassen. Das Gesetz bestimmt insoweit weder eine Pflicht, noch gewährt es in dieser Hinsicht einen besonderen Schutz zur Aufrechterhaltung einer Versicherung für den Fall einer späteren Berufsunfähigkeit. Denn anders als dies in § 850e Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ZPO für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung angeordnet ist, fehlt gerade ein gesetzliches Pfändungsverbot für die Gegenleistung, die für den Erhalt einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu erbringen ist.
35
Unwirksamkeit Die der Übertragung des Kündigungsrechts, liefe überdies dem Interesse eines Versicherungsnehmers, der eine Kapitallebensversicherung unter Einschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat, zuwider. Denn ohne Übertragung des Kündigungsrechts und die damit verbundene Möglichkeit für den Sicherungsnehmer , den Rückkaufswert zu realisieren, wäre die Kapitallebensversicherung als Mittel der Kreditsicherung praktisch untauglich (vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 165 Rdn. 6).
36
5. Da der Anspruch auf die Ablaufleistung, auf den die Klägerin gezahlt hat, zuvor wirksam an die Streithelferin der Klägerin abgetreten war, fehlte für die Zahlung an den Beklagten der Rechtsgrund. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte beim Empfang der Leistung Anfang Dezember 2003 die Abtretung an die Streithelferin der Klägerin vom 9. Januar 2003 gekannt habe. Er kann sich mithin nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 31.07.2007 - 1 O 472/05 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.02.2008 - 1 U 167/07 -

Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist.

(1) Der Versicherungsnehmer kann den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für einen anderen, mit oder ohne Benennung der Person des Versicherten, schließen (Versicherung für fremde Rechnung).

(2) Wird der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen, ist, auch wenn dieser benannt wird, im Zweifel anzunehmen, dass der Versicherungsnehmer nicht als Vertreter, sondern im eigenen Namen für fremde Rechnung handelt.

(3) Ergibt sich aus den Umständen nicht, dass der Versicherungsvertrag für einen anderen geschlossen werden soll, gilt er als für eigene Rechnung geschlossen.

(1) Bei der Versicherung für fremde Rechnung stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu. Die Übermittlung des Versicherungsscheins kann jedoch nur der Versicherungsnehmer verlangen.

(2) Der Versicherte kann ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers nur dann über seine Rechte verfügen und diese Rechte gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 125/16
Verkündet am:
7. März 2017
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Dem Schadensersatzanspruch des nichthaltenden Sicherungseigentümers
aus § 7 Abs. 1 StVG kann die Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten
Kraftfahrzeugs nicht entgegengehalten werden, wenn ein Verschulden desjenigen
, der die tatsächliche Gewalt über die Sache ausübt, nicht feststeht.
(Festhalten an den Senatsurteilen vom 30. März 1965 - VI ZR 257/63, NJW
1965, 1273 f.; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 ff.; vom
7. Dezember 2010 - VI ZR 288/09, BGHZ 187, 379 ff.).
Dies gilt auch, wenn der nichthaltende Sicherungseigentümer den Halter ermächtigt
hat, diesen Anspruch im Wege gewillkürter Prozessstandschaft im
eigenen Namen geltend zu machen.
BGH, Urteil vom 7. März 2017 - VI ZR 125/16 - LG Stuttgart
AG Ludwigsburg
ECLI:DE:BGH:2017:070317UVIZR125.16.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. März 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterinnen von Pentz und Dr. Oehler und die Richter Dr. Klein und Dr. Allgayer

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2016 wird zurückgewiesen. Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner. Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger nimmt nach einem Verkehrsunfall die Beklagten auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Anspruch. Der Kläger war zum Unfallzeitpunkt Halter des an eine Bank sicherungsübereigneten Fahrzeugs. Der Beklagte zu 1 war Halter des gegnerischen Fahrzeugs, die Beklagte zu 2 dessen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer. Die Beklagte zu 2 legte ihrer Regulierung eine Haftungsquote von 50/50 zugrunde.
2
Die den Fahrzeugkredit finanzierende Bank und Sicherungseigentümerin des beschädigten Fahrzeugs (hiernach "Sicherungseigentümerin") ermächtigte den Kläger, ihre Schadensersatzansprüche aus dem Unfallgeschehen gegen die Beklagten im eigenen Namen geltend zu machen. Der Kläger begehrte in gewillkürter Prozessstandschaft Ersatz restlicher Reparaturkosten, der Wertminderung des Fahrzeugs und vorgerichtlicher Sachverständigenkosten sowie aus eigenem Recht Ersatz des Nutzungsausfalls und einer allgemeinen Kostenpauschale.
3
Der Hergang des Unfalls ließ sich nicht aufklären, ein Verschulden der jeweiligen Fahrzeugführer ebenso wenig feststellen. Das Amtsgericht hat die Beklagten zur Zahlung auf Grundlage einer Haftungsverteilung von 50/50 verurteilt. Auf die Berufung des Klägers, der die Feststellung des Amtsgerichts, der Unfallhergang sei unaufklärbar, nicht angegriffen hat, hat das Berufungsgericht die Beklagten zur vollständigen Zahlung fahrzeugbezogener Schadenspositionen (Sachschaden, Minderwert, Sachverständigenkosten) verurteilt und im Übrigen die vom Amtsgericht angenommene Haftungsquote bestätigt. Die Beklagten begehren mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

I.

4
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne aufgrund der Ermächtigung der Sicherungseigentümerin deren Schadensersatzansprüche im eigenen Namen geltend machen. Als Sicherungsgeber habe er ein wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung der Ansprüche. Eine Benachteiligung der Beklagten sei nicht ersichtlich.
5
In der Sache müsse sich die Sicherungseigentümerin die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs mangels Zurechnungsnorm nicht entgegenhalten lassen; weder § 17 Abs. 2 StVG noch § 9 StVG oder § 254 BGB seien anwend- bar. Daher seien die Beklagten verpflichtet, fahrzeugbezogene Schadensersatzansprüche der Sicherungseigentümerin vollständig zu tragen. Nur auf eigene Schadensersatzansprüche müsse sich der Kläger die mitwirkende Betriebsgefahr des von ihm gehaltenen Fahrzeugs anrechnen lassen.

II.

6
Das angegriffene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Kläger befugt, die Ansprüche der Sicherungseigentümerin, die im Revisionsverfahren allein noch von Interesse sind, in gewillkürter Prozessstandschaft geltend zu machen. Diese Ansprüche bestehen in der vom Berufungsgericht festgestellten Höhe.
7
1. Der erkennende Senat kann die Erklärung der Sicherungseigentümerin zum Inhalt und Umfang der Prozessermächtigung selbst würdigen. Bei der Prozessführungsbefugnis handelt es sich um eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ist. Das Revisionsgericht ist dabei weder an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden, noch beschränkt sich seine Prüfung auf die Tatsachen und Beweismittel, die dem Berufungsgericht vorgelegen haben. Das Revisionsgericht hat vielmehr gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung neuen Vorbringens in der Revisionsinstanz selbständig festzustellen, ob die Voraussetzungen für die Prozessführungsbefugnis im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorgelegen haben (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1987 - III ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 219 mwN).
8
Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass eine gewillkürte Prozessstandschaft zulässig ist, wenn der Prozessführende vom Rechtsinhaber zur Prozessführung im eigenen Namen ermächtigt worden ist und er ein eigenes schutzwürdiges Interesse an ihr hat (BGH, Urteile vom 12. Juli 1985 - V ZR 56/84, NJW-RR 1986, 158; vom 19. März 1987 - III ZR 2/86, BGHZ 100, 217, 218; vom 7. Dezember 2001 - V ZR 65/01, NJW 2002, 1038). Schutzwürdig ist ein Interesse des Klägers nur, wenn der Beklagte durch die gewählte Art der Prozessführung nicht unbillig benachteiligt wird (BGH, Urteile vom 2. Oktober 1987 - V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127; vom 24. Oktober 1985 - VII ZR 337/84, BGHZ 96, 151, 155/156). Darüber hinaus muss sich der Prozessführende im Rechtsstreit grundsätzlich auf die ihm erteilte Ermächtigung berufen und zum Ausdruck bringen, wessen Recht er geltend macht (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1985 - VII ZR 148/83, BGHZ 94, 117, 122). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
9
a) Eine von der Sicherungseigentümerin erteilte Ermächtigung zur Prozessführung im eigenen Namen liegt in ihrer Erklärung vom 15. September 2014. Der Kläger hat sich durch den Klageantrag, die Darstellung des Sachverhalts und die Erklärung, Schadensersatzansprüche der Sicherungseigentümerin aus dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen geltend zu machen, ausdrücklich auf diese Ermächtigung gestützt.
10
b) Auch von einem schutzwürdigen Interesse des Klägers an der Prozessführung im eigenen Namen geht das Berufungsgericht zutreffendaus. Ein schutzwürdiges Interesse ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessführungsbefugten hat (BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - III ZR 164/09, NJW 2009, 1213, 1215 mwN). Es kann auch durch ein wirtschaftliches Interesse begründet werden (BGH, Urteil vom 24. August 2016 - VIII ZR 182/15, NJW 2017, 487, 488; Senatsurteil vom 19. September 1995 - VI ZR 166/94, NJW 1995, 3186; BGH, Urteil vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, BGHZ 119, 237, 242). Für die Klage des Sicherungsgebers wird ein solches in der Rechtsprechung bejaht (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1985 - VIII ZR 251/84, BGHZ 96, 182, 185; vgl. zum Vorbehaltskäufer BGH, Urteil vom 5. Februar 1964 - VIII ZR 156/62, LM Nr. 24 zu § 985 BGB; vgl. für den Leasingnehmer OLG Karlsruhe, r+s 2014, 577, 578).
11
Es kann für die Prozessführungsbefugnis dahinstehen, ob dem in Prozessstandschaft klagenden Fahrzeughalter, wie von der Revision geltend gemacht , daneben eigene - etwa auf das Anwartschaftsrecht gestützte -, infolge der Zurechnung der Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten Fahrzeugs geringere Ansprüche gegen die Beklagten zustehen. Dem Kläger steht es aufgrund der zivilprozessualen Dispositionsmaxime sowie der Parteiherrschaft über das Verfahren (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) frei, hinsichtlich des Fahrzeugschadens allein die Ansprüche der Sicherungseigentümerin einzuklagen.
12
Durch das Einrücken des Fahrzeughalters in die Klägerposition entsteht den Beklagten kein Nachteil. Sie stehen wirtschaftlich und prozessual nicht schlechter. Denn machte die Sicherungseigentümerin ihre Ansprüche selbst geltend, könnten die Beklagten ihr in der Konstellation des Streitfalls die Betriebsgefahr ebenfalls nicht entgegenhalten (vgl. dazu die Ausführungen unter II 2).
13
2. Ohne Erfolg greift die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts an, dass den Ansprüchen der das Fahrzeug nicht haltenden Sicherungseigentümerin die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs nicht entgegengehalten werden kann. Eine Norm, aufgrund derer sich der nicht haltende Sicherungseigentümer die Betriebsgefahr des sicherungsübereigneten, vom Sicherungsgeber gehaltenen Fahrzeugs zurechnen lassen müsste, besteht nicht.
14
a) Eine Zurechnung der Betriebsgefahr nach § 17 StVG scheidet aus. Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung vom 10. Juli 2007 (VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 Rn. 8) seine Auffassung bekräftigt, dass § 17 StVG nur anzuwenden ist, wenn auch der Geschädigte nach den Bestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes haftet (vgl. Senatsurteil vom 30. März 1965 - VI ZR 257/63, NJW 1965, 1273, 1274). Eine Erstreckung des Normanwendungsbereichs auf den nicht haltenden Sicherungseigentümer ist abzulehnen, insbesondere nachdem der Gesetzgeber durch die Änderung des § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG mit dem 2. Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002 (BGBl I, S. 2674) zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich der Möglichkeit des Auseinanderfallens von Halter- und Eigentümerstellung bewusst war (BT-Drucks 14/8780, S. 22 f.), und eine über § 17 Abs. 3 Satz 3 StVG hinausgehende Änderung nicht vorgenommen hat. Eine durchgehende Gleichstellung von Eigentümer und Halter im Rahmen des § 17 StVG ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt. Auch ist der Wortlaut der Vorschrift insoweit eindeutig.
15
b) Als Zurechnungsnorm scheidet auch § 9 StVG in Verbindung mit § 254 BGB aus. Ohne festgestelltes Verschulden des Führers des klägerischen Fahrzeugs sind die Anwendungsvoraussetzungen des § 9 StVG nicht gegeben, denn § 9 StVG setzt ein Verschulden voraus (Lemcke, in: van Bühren/Lemcke/ Jahnke, Anwaltshandbuch Verkehrsrecht, 2. Aufl., Teil 2, Rz. 215 f.; ders., r+s 2014, 579; Heß, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 24. Aufl., § 9 StVG Rn. 9b; König, in: König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 9 StVG Rn. 17; Eggert, in: Ludovisy/Eggert/Burhoff, Praxis des Straßenverkehrsrechts , 6. Aufl., § 2 Rn. 303; Schröder/Hoffmann-Benz, in: Müller/ Bachmeier/Starkgraff, Fachanwaltskommentar Verkehrsrecht, 2. Aufl., § 9 StVG Rn. 1).
16
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Senats vom 7. Dezember 2010 (VI ZR 288/09, BGHZ 187, 379 Rn. 12). Nur im Fall des - hier nicht festgestellten - (Mit-)Verschuldens des Führers des sicherungsübereigneten Fahrzeugs wäre die Betriebsgefahr im Rahmen der Haftungsabwägung gemäß § 9 StVG, § 254 BGB mit zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteil vom 30. März 1965 - VI ZR 257/63, NJW 1965, 1273, 1274). Ein nur vermutetes Verschulden genügt nicht.
17
c) Entgegen der Auffassung der Revision kommt eine Zurechnung gemäß § 278 BGB schon mangels Bestehens einer Sonderverbindungzwischen der Sicherungseigentümerin und den Beklagten nicht in Betracht (vgl. Senatsurteile vom 30. März 1965 - VI ZR 257/63, NJW 1965, 1273, 1274; vom 10. Juli 2007 - VI ZR 199/06, BGHZ 173, 182 Rn. 15).
18
d) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht, wenn man mit den Vorinstanzen und den Parteien von einem dinglichen Anwartschaftsrecht des Klägers bezogen auf das Eigentum an dem unfallbeteiligten Kraftfahrzeug ausgeht. Etwaige eigene Schadensersatzansprüche des Klägers wegen der Verletzung seines Anwartschaftsrechtes oder der Beschädigung des Sicherungsgutes stehen im Streitfall seiner Geltendmachung der Rechte der Sicherungseigentümerin nicht entgegen. Auf solche eigenen Rechte stützt der Kläger seine Klage nämlich nicht, sondern lediglich auf die der Sicherungseigentümerin.
19
Das Sicherungseigentum ist echtes Eigentum im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB (vgl. Senat, Urteil vom 12. Mai 1992 - VI ZR 257/91, BGHZ 118, 201, 205), also Volleigentum (vgl. BeckOGK BGB/Klinck BGB, Stand 1. Dezember 2016, § 930 Rn. 194; MünchKommBGB/Oechsler, 7. Aufl., Anh. §§ 929-936 Rn. 40). Der Sicherungseigentümer hat bei Beschädigung des Sicherungsgutes grundsätzlich Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB und aus § 7 StVG. Mit der Ermächtigung des Sicherungsgebers durch die Sicherungseigentümerin ist im Streitfall gewährleistet, dass der Substanzschaden in einer Hand geltend gemacht wird. Damit wird zugleich einer doppelten Geltendmachung der Ansprüche vorgebeugt. Der Schädiger könnte einer weiteren Klage der Sicherungseigentümerin den Einwand der Rechtskraft (BGH, Urteile vom 7. Juli 1993 - IV ZR 190/92, BGHZ 123, 132, 135 f.; vom 12. Juli 1985 - V ZR 56/84, WM 1985, 1324 unter I 3; vom 2. Oktober 1987 - V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127) und einer Klage des anwartschaftsberechtigten Sicherungsgebers aus eigenem Recht jedenfalls den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten. Galke von Pentz Oehler Klein Allgayer
Vorinstanzen:
AG Ludwigsburg, Entscheidung vom 25.03.2015 - 9 C 2738/14 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 24.02.2016 - 13 S 46/15 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 119/09 Verkündetam:
24.Februar2010
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BBUZ §§ 1, 9
Wird ein Auszubildender gegen Berufsunfähigkeit versichert, ist der Berufsbegriff auf
solche Tätigkeiten auszuweiten, die erst die Voraussetzungen für die Aufnahme einer
bestimmten, auf Erwerb gerichteten Tätigkeit schaffen sollen.
Für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit ist nicht zwischen der Ausbildungs- und
der Ausübungsphase zu unterscheiden. Ist der Versicherte nach abgeschlossener
Ausbildung den Anforderungen seines Berufes nicht gewachsen, kann der Versicherer
deshalb nicht geltend machen, er übe jetzt einen - verglichen mit der Tätigkeit als
Auszubildender - anderen Beruf aus, dem er zu keiner Zeit "in gesunden Tagen"
nachgegangen sei.
BGH, Urteil vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09 - OLG Köln
LG Aachen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf
und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung vom
24. Februar 2010

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. Mai 2009 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, damals in der Ausbildung zur Kreissekretärin, nahm ab dem 1. September 2000 bei der Beklagten eine BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung. Dem Versicherungsverhältnis liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde (im Folgenden: B-BUZ), die auszugsweise wie folgt lauten: "§ 1 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen ? (1) Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen zu mindestens 50% außerstande ist, ihrem zuletzt vor Eintritt dieses Zustands ausgeübten Beruf nachzugehen. … § 9 Wann stellen wir unsere Berufsunfähigkeitsleistungen ein, und welche Mitteilungspflichten sind während des Bezugs dieser Leistungen zu beachten? (1) Liegt eine Berufsunfähigkeit im Sinne von § 1 dieser Bedingungen nicht mehr vor, stellen wir unsere Berufsunfähigkeitsleistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte aus § 8 mit; sie wird nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden dieser Mitteilung wirksam, frühestens jedoch zu Beginn des darauf folgenden Monats. … § 10 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit? (1) Wir sind berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit nachzuprüfen. … Dabei können wir insbesondere erneut prüfen, ob die versicherte Person … ausübt bzw. ausüben kann, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. …"
2
Jahre Im 2001 erlitt die Klägerin mehrere Gehirnblutungen. Mit Schreiben vom 18. Juli 2002 erkannte die Beklagte die Berufsunfähigkeit der Klägerin ab dem 1. November 2001 an. Die Klägerin setzte ihre Ausbildung - mit Unterbrechungen - fort und schloss diese im September 2004 erfolgreich ab. Als Kreissekretärsanwärterin war sie zuletzt sechs Stunden täglich tätig, was sie der Beklagten in einer Selbstauskunft vom 26. Juli 2004 mitgeteilt hatte.
3
Seit dem 1. Oktober 2004 arbeitet die Klägerin als Sachbearbeiterin im Kreissozialamt mit auf 19,25 Stunden wöchentlich herabgesetzter Arbeitszeit; die reguläre Arbeitszeit beträgt 41 Stunden wöchentlich. Mit Änderungsmitteilung vom 22. Oktober 2004 kündigte die Beklagte an, ihre Leistungen zum 1. Dezember 2004 einzustellen, nachdem sich der Gesundheitszustand der Klägerin so weit gebessert habe, dass sie einer Tätigkeit als Anwärterin wieder sechs Stunden am Tag nachgehen könne.
4
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens der Klage auf Zahlung rückständiger Berufsunfähigkeitsrente von 2.776,50 € nebst Zinsen für den Zeitraum von Dezember 2004 bis April 2005 und auf Zahlung einer laufenden Berufsunfähigkeitsrente ab Mai 2005 von mindestens 555,30 € monatlich nebst Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sie sich mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


5
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
6
Das I. Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Beklagte habe ihre Versicherungsleistungen zu Unrecht eingestellt. Zwar habe sich die Klägerin bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch in der Ausbildung zur Kreissekretärin befunden. Auch wäre sie als Auszubildende wieder sechs Stunden täglich einsetzbar. Jedoch sei für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit nicht auf die Ausbildungszeit, sondern auf die jetzige Tätigkeit der Klägerin als Kreissekretärin im Kreissozialamt abzustellen. Denn eine Ausbildung diene der Verwirklichung eines bestimmten Berufsziels, so dass nach beendeter Ausbildung Bezugspunkt für das Nachprüfungsverfahren der angestrebte Beruf sein müsse, in dem die Klägerin nunmehr in konsequenter Fortsetzung des mit der Ausbildung beschrittenen beruflichen Lebensweges tätig sei. Der Begriff der Berufsunfähigkeit in § 1 und § 9 B-BUZ sei inhaltlich deckungsgleich, so dass eine Differenzierung im Prüfungsmaßstab für den Eintritt und den Fortbestand von Berufsunfähigkeit nicht in Betracht komme. Dabei seien die an eine Ausübung des angestrebten Berufs zu stellenden Anforderungen schon für die Beurteilung des Eintritts der Berufsunfähigkeit während der Ausbildung zu berücksichtigen, weil es mit dem Sinn und Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung , so wie sie der Versicherungsnehmer verstehen müsse, nicht vereinbar wäre, ihn für eine Ausbildung als berufsfähig anzusehen , die zu einem Beruf führe, den er nicht ausüben könne. Danach müsse zumindest in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die Ausbildung ein ganz konkretes Ausbildungsziel vor Augen habe, dieses Ausbildungsziel , also der angestrebte Beruf, Maßstab für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit sein.
7
Dass die Klägerin die Tätigkeit einer Kreissekretärin zu mehr als 50% ausüben könne, lasse sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Vielmehr sei der gerichtliche Sachverständige schlüssig , nachvollziehbar und widerspruchsfrei zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin sei nicht mehr als 3,8 Stunden täglich einsetzbar.
8
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 1 B-BUZ sind nicht gegeben. Die Beklagte hat den erforderlichen Nachweis nicht erbracht, dass eine Berufsunfähigkeit der Klägerin i.S. von § 1 Abs. 1 B-BUZ nicht mehr vorliegt. Sie war daher zu einer Einstellung ihrer Leistungen nicht berechtigt.
9
Mit 1. ihrem Schreiben vom 18. Juni 2002 hat die Beklagte ein Leistungsanerkenntnis nach § 7 Abs. 1 B-BUZ abgegeben und erklärt, ab dem 1. November 2001 die nach § 1 Abs. 1 B-BUZ bedingungsgemäß geschuldeten Leistungen zu erbringen. Sie ist daher gehindert, sich bei unverändertem Fortbestand der für die damalige Beurteilung maßgeblichen , ihr bekannt gewordenen Umstände von dieser Erklärung wieder zu lösen. Der Versicherer ist aufgrund der mit seinem Leistungsanerkenntnis verbundenen Selbstbindung nicht befugt, die Berufsunfähigkeit der versicherten Person ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse und/oder seiner Kenntnis hiervon abweichend zu bewerten (vgl. Senatsurteil vom 17. September 1986 - IVa ZR 252/84 - VersR 1986, 1113 unter

2).


10
2. Nachträglichen Änderungen im Gesundheitszustand der Klägerin , die eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit entfallen lassen, kann der Versicherer nur im Wege eines Nachprüfungsverfahrens nach § 9 Abs. 1 B-BUZ Rechnung tragen. Allein auf diese Weise kann er erreichen , dass seine bereits anerkannte Leistungspflicht wieder endet. Dabei ist es Sache des Versicherers, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 B-BUZ nicht mehr gegeben sind. Maßgeblich dafür ist der Vergleich des Gesundheitszustandes, wie er dem Anerkenntnis zugrunde gelegen hat, mit dem Gesundheitszustand der versicherten Person zu einem späteren Zeitpunkt. Der Versicherer kann von seinem Leistungsanerkenntnis erst dann wieder abrücken , wenn er belegen kann, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten derart gebessert hat, dass dies zu bedingungsgemäß relevanten Auswirkungen auf seine beruflichen Betätigungsmöglichkeiten führt (Senat in BGHZ 121, 284, 292 f.; Senatsurteile vom 27. Mai 1987 - IVa ZR 56/86 - VersR 1987, 808 unter 3 a; vom 15. Oktober 1997 - IV ZR 216/96 - r+s 1998, 37 unter 2).
11
3. Für die Prüfung, ob eine Berufsunfähigkeit der versicherten Person nicht mehr gegeben ist, kommt es nach § 9 Abs. 1 i.V. mit § 1 Abs. 1 B-BUZ darauf an, welchen Beruf diese "in gesunden Tagen" zuletzt ausgeübt hat. Das ist hier der Beruf der Klägerin als Kreissekretärin. Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Klägerin sich bei Abschluss des Versicherungsvertrages und später bei Eintritt des zum 1. November 2001 anerkannten Versicherungsfalles noch im Anwärterdienst befunden hat.
12
a) Schließt ein Versicherer mit einer noch in der Berufsausbildung stehenden Person eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab, muss dem Sinn und Zweck der - typischerweise an anderen Sachverhaltsgestaltungen ausgerichteten - Versicherung ausreichend Rechnung getragen werden. Das verbietet es insbesondere, die Berufsunfähigkeitsversicherung bei einem Auszubildenden als bloße Erwerbsunfähigkeitsversicherung anzusehen und zu behandeln; damit wäre das vom Versicherer - hier in § 1 Abs. 1 B-BUZ - gegebene Leistungsversprechen sinnwidrig ausgehöhlt (Senatsurteil vom 27. September 1995 - IV ZR 319/94 - VersR 1995, 1431 unter 3 b).
13
b) Deshalb ist der Berufsbegriff, sofern der Versicherer einen Auszubildenden versichert, auf solche Tätigkeiten auszuweiten, die erst die Voraussetzungen für die Aufnahme einer bestimmten, auf Erwerb gerichteten Tätigkeit schaffen sollen (OLG Zweibrücken VersR 1998, 1364; OLG München VersR 2005, 966; OLG Dresden VersR 2008, 1251; Bruck/Möller/Winter, VVG 8. Aufl. Bd. V/2 Anm. G 19; Höra in Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht 2. Aufl. § 26 Rdn. 83; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 2 BUZ Rdn. 11; Rixecker in Beckmann /Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 46 Rdn. 32). Auch die Tätigkeit der Klägerin als Auszubildende zur Kreis- sekretärin ist somit in den Berufsbegriff einzubeziehen. Daher hatte sie, wie von der Beklagten anerkannt, ab dem 1. November 2001 Anspruch auf die Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente.
14
4. Eine Berufsunfähigkeit der Klägerin wäre gemessen an den Anforderungen , die an eine Kreissekretärsanwärterin zu stellen sind, spätestens zum 30. September 2004 entfallen. Dafür spricht neben der im Nachprüfungsverfahren erteilten Selbstauskunft vom 26. Juli 2004 zusätzlich das an die Beklagte gerichtete Schreiben der Klägerin vom 3. November 2004. Danach war die Klägerin während ihrer Ausbildung zuletzt wieder in der Lage, bis zu sechs Stunden täglich zu arbeiten.
15
Jedoch kann die Klägerin mit Erfolg geltend machen, nach nunmehr abgeschlossener Ausbildung zur Kreissekretärin den Anforderungen ihres Berufes nicht gewachsen zu sein. Dem kann die Beklagte nicht entgegenhalten, die Klägerin sei mittlerweile in einem anderen Beruf als dem vor Eintritt des Versicherungsfalles ausgeübten tätig, dem sie zu keiner Zeit "in gesunden Tagen" nachgegangen sei.
16
Mit a) Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung wird keine bestimmte Tätigkeit festgeschrieben. Versichert ist grundsätzlich der Beruf , der von der versicherten Person vor Eintritt des Versicherungsfalles zuletzt ausgeübt worden ist (Senatsurteile vom 17. September 1986 aaO unter 3 a; vom 16. März 1994 - IV ZR 110/92 - VersR 1994, 587 unter I 2 a; vom 3. April 1996 - IV ZR 344/94 - VersR 1996, 830 unter 2 a; Benkel/Hirschberg, Berufsunfähigkeits- und Lebensversicherung BUZ § 2 Rdn. 9; Voit/Knappmann aaO § 2 BUZ Rdn. 9). Das bedeutet für die Klägerin : Ihr zuletzt ausgeübter Beruf ist der einer Kreissekretärin. Dabei ist nicht zwischen dem Anwärterdienst und der Tätigkeit als Kreissekretärin nach bestandener Prüfung zu unterscheiden. Andernfalls hätte dies zur Folge, dass die Klägerin als Auszubildende nicht (mehr) berufsunfähig wäre, in ihrem späteren Beruf, für den sie ausgebildet worden ist, aber ebenfalls nicht als berufsunfähig anzusehen wäre, weil er ihr zwar gesundheitsbedingt verschlossen ist, sie ihn aber zu keinem Zeitpunkt "in gesunden Tagen" ausgeübt hat.
17
b) Nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht (OLG Zweibrücken aaO; OLG München aaO; Rixecker aaO) sind Hoffnungen und Erwartungen auf einen künftigen Beruf, der - gesundheitsbedingt - nicht ausgeübt werden kann, allerdings nicht zu berücksichtigen , auch wenn sie sich während der Ausbildung schon konkretisiert haben sollten. Zur Begründung wird ausgeführt, die Berufsunfähigkeitsversicherung sei nicht als "Karriereversicherung" zu verstehen, die das Risiko des Versicherten abdecke, dass er aus gesundheitlichen Gründen eine künftige berufliche Besserstellung nicht erreichen könne. Versichert sei allein der Status des Versicherten; eine zukünftige berufliche Tätigkeit könne nicht einmal dann als bereits ausgeübter Beruf verstanden werden, wenn schon ein Arbeits- oder Anstellungsvertrag vorliege.
18
c) Nach anderer Ansicht, der sich auch das Berufungsgericht im Ausgangspunkt angeschlossen hat, vermag es nicht zu überzeugen, wenn der Versicherte zwar seine lernende Tätigkeit noch oder wieder ausüben könne, es aber absehbar sei, dass er später in dem von ihm angestrebten Beruf nicht werde arbeiten können. Vielmehr sei auf den Einzelfall abzustellen. Je weiter die Ausbildung fortgeschritten sei, desto eher müsse der in Aussicht genommene Beruf entscheidend sein. In Zweifelsfällen müsse das Ausbildungsziel der Maßstab sein und insoweit Berufsunfähigkeit vorliegen. Denn mit Abschluss des Versicherungsvertrages mit einem Auszubildenden habe der Versicherer diesem aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers zugleich konkludent versprochen, ihn vor dem Wegfall des angestrebten Berufsziels zu schützen (so insbesondere Voit/Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 2. Aufl. F Rdn. 36; vgl. auch OLG Koblenz r+s 1993, 356 sowie r+s 1994, 195; OLG Dresden VersR 2008, 1251).
19
d) Der Senat hält die zuletzt genannte Auffassung für zutreffend, ohne dass es aus seiner Sicht jedoch auf eine einzelfallbezogene, auf den bereits erreichten Ausbildungsstand abhebende Beurteilung ankommt. Wenn die Klägerin bei Eintritt der Berufsunfähigkeit Anwärterin war und sich nunmehr darauf beruft, den an eine ausgebildete Kreissekretärin zu stellenden Anforderungen gesundheitsbedingt nicht gewachsen zu sein, kann die Beklagte sie nicht darauf verweisen, sie übe jetzt einen - verglichen mit der Tätigkeit als Auszubildende - anderen Beruf aus. Vielmehr hat sich die Klägerin von Anfang an innerhalb desselben Berufs - als Kreissekretärin - bewegt und in diesem lediglich unterschiedliche Stadien durchlaufen. Ebenso wie es einem Versicherer zugute kommt, wenn bei der versicherten Person eine Verbesserung in der Leistungsfähigkeit eintritt oder diese neue berufliche Fähigkeiten erwirbt, aufgrund derer sie nicht mehr berufsunfähig ist, muss er es hinnehmen, wenn die versicherte Person den Anforderungen desselben Berufs nicht mehr gewachsen ist, weil diese sich zwischenzeitlich geändert haben.
20
Für e) einen Versicherer, der einen Auszubildenden versichert, zeichnet sich der künftige Übergang von einem Ausbildungs- in ein Arbeitsverhältnis bereits ab. Für ihn tritt schon bei Abschluss des Versicherungsvertrages deutlich zutage, dass die versicherte Person nicht in der Situation eines Auszubildenden verharren wird, denn Ziel einer jeden Ausbildung ist regelmäßig, diese erfolgreich abzuschließen und den angestrebten Beruf später dauerhaft auszuüben. Eine versicherte Person, die sich im Ausbildungsverhältnis befindet, übt - wie hier die Klägerin "in gesunden Tagen" - ihren Beruf bereits aus. Der Übergang von der Vorbereitungs - in die Ausübungsphase ist bereits bei Abschluss des Versicherungsvertrages für den Versicherer erkennbar angelegt. Dieser kann die versicherte Person somit nicht auf die Phase der Ausbildung festschreiben ; sonst würde sein Leistungsversprechen auch in dieser Hinsicht entwertet und für den Versicherten unzumutbar ausgehöhlt. Der Versicherer würde zudem einseitig aus dem Status der versicherten Person Vorteile ziehen. An einen Auszubildenden werden regelmäßig geringere Anforderungen im beruflichen Alltag gestellt; er wird sich daher seltener auf eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit nach § 1 Abs. 1 B-BUZ berufen können, weil er seinem Beruf nach den für eine Ausbildung geltenden Maßstäben gesundheitsbedingt eher gewachsen ist als ein fertig ausgebildeter Arbeitnehmer. Umgekehrt wäre es ihm aber verwehrt , gegenüber dem Versicherer geltend zu machen, er sei nicht oder nicht mehr in der Lage, seinem Beruf unter den erhöhten Anforderungen nachzukommen, denen er nach dem Abschluss seiner Ausbildung zu genügen hat.
21
5. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht entfallen sind, weil die Klägerin nur 19,25 Stunden wöchentlich an ihrem Arbeitsplatz einsetzbar ist. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO). Insbesondere sind dem gerichtlichen Sachverstän- digen für seine Beurteilung die richtigen Vorgaben gemacht worden, weil es allein auf die jetzige Tätigkeit der Klägerin als ausgebildete Kreissekretärin ankommt.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 29.08.2008 - 9 O 219/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 08.05.2009 - 20 U 165/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 48/06
vom
30. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke
am 30. Januar 2008

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. Februar 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Streitwert: 44.180,98 €

Gründe:


1
Beschwerde Die ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 1, 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Willkürverbot oder Art. 103 Abs. 1 GG vor.
2
1. Die geltend gemachten Zulassungsgründe beruhen schon vom Ansatz her auf der verfehlten, außer vom Kläger und dem Landgericht sonst nicht vertretenen Rechtsansicht, der im Zuge der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit getroffene Entschluss des Versicherers , die Leistungen nicht einzustellen, stelle eine nach den Grundsätzen des Leistungsanerkenntnisses (§ 7 der hier vereinbarten Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung - BUZVB -, inhaltsgleich mit den Musterbedingungen § 5 BUZ, VerBAV 1990, 347, 349) zu beurteilende positive Nachprüfungsentscheidung dar. Diese nehme dem Versicherer das Recht, seine Leistungseinstellung später auf die im Zeitpunkt der "positiven Nachprüfungsentscheidung" bekannten Umstände zu stützen.
3
Diese Ansicht verkennt Sinn und Zweck des Nachprüfungsverfahrens nach §§ 9, 10 BUZVB, die inhaltlich § 7 BUZ entsprechen. Bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit geht es anders als in § 7 BUZVB, § 5 BUZ nicht darum, ob der Versicherer eine Leistungspflicht wegen eingetretener Berufsunfähigkeit anerkennt, sondern allein darum, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann. Diese vom Versicherer zu treffende Entscheidung macht den Vergleich zweier Zustände und ihrer Auswirkungen notwendig (BGHZ 137, 178, 181 f.). Maßgebend ist der Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis nach § 7 BUZVB, § 5 BUZ zugrunde liegt (oder zugrunde zu legen wäre, vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95 - VersR 1997, 436 unter II 1 a m.w.N.), mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteil vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958 unter II 1a m.w.N.; grundlegend BGHZ 121, 284, 295, 297 f.). Geht es um die Leistungseinstellung wegen neu erworbener beruflicher Fähigkeiten, kommt es auf einen Vergleich der vor dem Anerkenntnis nach § 7 BUZVB, § 5 BUZ zuletzt ausgeübten mit der anderen Tätigkeit an, auf die der Versicherungsnehmer verwiesen werden soll (vgl. Senatsurteile vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98 - VersR 2000, 171 unter II 2 c, III und vom 11. Dezember 1996 aaO unter II 3 c).
4
Kommt es nicht zu einer Mitteilung über die Leistungseinstellung nach § 9 Abs. 1 BUZVB, § 7 Abs. 4 BUZ, bleibt es bei der nach § 7 BUZVB, § 5 BUZ anerkannten Leistungspflicht (vgl. BGHZ aaO S. 293 f.). Die Entscheidung des Versicherers, trotz nachträglich eingetretener positiver Veränderungen die Leistungen (noch) nicht einzustellen , verschafft dem Versicherungsnehmer keine über das damalige Anerkenntnis hinausgehende Rechtsposition. Der diesem Anerkenntnis zugrunde liegende Zustand bleibt deshalb die Vergleichsbasis für eine spätere Prüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit und die Entscheidung über die Einstellung der Leistungen.
5
Das 2. Berufungsurteil ist im Ergebnis auch richtig. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 23. September 2002 nicht dauerhaft auf die konkrete Verweisung des Klägers auf den neu erlernten Beruf des Bautechnikers verzichtet hat. Die Beklagte hat sich vielmehr daran orientiert, was sich bei der Verweisung auf freiwillig neu erworbene berufliche Fähigkeiten aus dem Senatsurteil vom 3. November 1999 (aaO unter I 4) ergibt.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 01.06.2005 - 26 O 416/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 15.02.2006 - 5 U 116/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 8/08 Verkündetam:
21.April2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski auf die mündliche
Verhandlung vom 21. April 2010

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 18. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten weitere Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die er bei ihr seit 1999 in Verbindung mit einer Kapitallebensversicherung hält.
2
Versicherungsverhältnis Dem liegen die von der Beklagten verwendeten Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (B-BUZ) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten: "§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen ? 1. Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mehr als sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. … § 7 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit? 1. Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad oder den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen , ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausüben kann, wobei neu erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. …"
3
Der Kläger ist gelernter Schreiner mit Gesellenbrief und war zunächst in diesem Beruf tätig. Nachdem er durch die bei seiner Arbeit auftretenden Staubimmissionen an Asthma bronchiale erkrankt war, musste er seinen Beruf als Schreiner im Jahr 2001 aufgeben. Mit Schreiben vom 5. Juli 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die versicherten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab dem 1. Oktober 2001 erbringen werde, und behielt sich eine erneute Prüfung zum 1. Juni 2004 vor.
4
In von der Beklagten angeforderten Erklärungen zur Überprüfung der Berufsunfähigkeit gab der Kläger im Mai 2004 und im September 2005 an, dass er als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbe- reich arbeite. Daraufhin stellte die Beklagte die Leistungen zum 1. Mai 2006 ein.
5
Im Wege der Teilklage begehrt der Kläger Nachzahlung der Renten für die Monate Mai bis September 2006 in Höhe von insgesamt 3.750 € sowie die Feststellung, dass er von der Beitragszahlungspflicht befreit sei.
6
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
Es hat ohne genügende Feststellungen die Beklagte für berechtigt gehalten, die Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung einzustellen.
9
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger nicht einwenden, wenn er im Schreinerhandwerk weiter hätte arbeiten können, hätte er die Möglichkeit gehabt, den Meisterbrief zu machen und so einen höheren Verdienst erzielen und sich selbständig machen können. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung von Ausbildung und Erfahrung sowie Kenntnissen und Fähigkeiten sei immer der Versicherungs- fall. Zu dieser Zeit sei der Kläger Schreiner gewesen und habe keinen Meisterbrief gehabt. Auf die höheren Verdienstmöglichkeiten eines Meisters könne demnach nicht abgestellt werden. Ein Vergleichsberuf, der dem Versicherten im Gegensatz zu dem zuletzt ausgeübten Beruf keine Aufstiegschancen biete, könne zwar schon deswegen trotz vergleichbarer Einkommen ungeeignet sein. Dass der Kläger als angestellter Schreinergeselle bessere Aufstiegschancen als in seinem neuen Beruf als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich gehabt hätte, sei nicht näher begründet. Soweit sich der Kläger darauf berufe, das Ansehen eines Schreiners sei höher als das eines Außendienstmitarbeiters im Garten- und Technikbereich, weil er jetzt nichts anderes mache als "Klinken putzen", stehe dies einer Verweisung nicht entgegen. Es bestünden keine Bedenken, die soziale Gleichwertigkeit der Berufsbilder Schreiner und Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich zu bejahen. Die von dem Kläger bei seiner neuen Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten könnten im Nachprüfungsverfahren berücksichtigt werden. Die von dem Kläger abgegebene Tätigkeitsbeschreibung stehe einer Vergleichbarkeit mit seiner früheren Tätigkeit als gelernter Schreinergeselle nur insoweit entgegen, als der Kläger für seinen neuen Beruf keine konkrete Berufsausbildung besitze. Neue Berufsbilder, die noch nicht in einem Anlernberuf festgelegt seien, könnten allerdings nicht allein deshalb als sozial minderwertig angesehen werden.
10
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat, ohne die frühere Tätigkeit des Klägers als gelernter Schreinergeselle zu ermitteln, deren Vergleichbarkeit mit der neuen Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im Gartenund Technikbereich bejaht.
11
Eine 1. Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach den Bedingungen der Beklagten (§§ 7 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 B-BUZ) nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01 - NJW-RR 2003, 383 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95 - VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.). Da die Berufsausübung vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 B-BUZ. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06 - VersR 2008, 521 Tz. 3; Senatsurteile BGHZ 121, 284, 295; vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958 unter II 1 a m.w.N.). Wenn es um die Leistungseinstellung wegen neu erworbener beruflicher Fähigkeiten geht, kommt es auf einen Vergleich der vor dem Anerkenntnis zuletzt ausgeübten mit der anderen Tätigkeit an, auf die der Versicherungsnehmer verwiesen werden soll (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO m.w.N.).
12
2. Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.
13
a) Zwar ist es Sache des Versicherers, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr erfüllt sind (Senatsurteile vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09 - juris Tz. 10; vom 11. Dezember 2002 aaO unter II 3). Will aber - wie hier - der Versicherungsnehmer geltend machen, die von ihm neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht seiner bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll. Das gilt auch und gerade dann, wenn er sich auf solche Umstände stützen will, die sich aus der Art und Ausgestaltung der früheren Tätigkeit ergeben (Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 aaO m.w.N.).
14
b) Auf Anforderung des Berufungsgerichts hat der Kläger lediglich eine Beschreibung seiner neuen Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich abgegeben. Zu seinem erlernten Beruf als Schreiner hat er dagegen nur den Gesellenbrief vorgelegt und auf die Möglichkeit der Meisterprüfung verwiesen; außerdem hat er das zuletzt erzielte Einkommen angegeben. Nicht vorgetragen hat er indessen, wie seine frühere Tätigkeit im Einzelnen ausgestaltet war, welche Fähigkei- ten und körperlichen Kräfte sie erforderte, welche Stellung er im Betrieb innehatte, wie die Arbeitsbedingungen waren und welche konkreten Entwicklungsmöglichkeiten sich ihm boten.
15
Dass der Kläger seiner Darlegungslast insoweit noch nicht genügt hat, führt nicht zur Abweisung der Klage. Denn er hatte mit Blick darauf, dass das Berufungsgericht nur eine Beschreibung seiner neuen Tätigkeit forderte, keinen Anlass davon auszugehen, er habe bislang nicht ausreichend zu den Vergleichsgrundlagen vorgetragen. Einen der Sache nach gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO gebotenen Hinweis hat das Berufungsgericht nicht erteilt.
16
c) Das Verfahren ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit der Kläger Gelegenheit erhält, seinen Vortrag entsprechend zu ergänzen. Auf dieser Grundlage wird das Berufungsgericht sodann erneut zu beurteilen haben, ob die neue Tätigkeit des Klägers als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich mit seiner früheren Tätigkeit als angestellter Schreinergeselle vergleichbar ist.
17
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Verweisung nicht bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil der Beruf, auf den der Versicherer den Versicherten verweisen will, kein Ausbildungsberuf ist. Weder muss sich ein in einem bestimmten Beruf ausgebildeter Versicherter uneingeschränkt auf eine Tätigkeit verweisen lassen, die keine Ausbildung erfordert, noch ist dem Versicherer eine solche Verweisung generell verwehrt. Auch in solchen Fällen bedarf es eines konkreten Vergleichs der Anforderungsprofile der einander gegenüberzustellenden Berufe und einer konkreten Betrachtung, welche Kenntnisse und Fähigkeiten die jeweiligen Tätigkeiten erfordern, welche Verdienstmög- lichkeiten und welche beruflichen Perspektiven sie bieten und ob danach die neue Tätigkeit die bisherige Lebensstellung des Versicherten zu wahren geeignet ist. Wird ein Gelernter auf eine Tätigkeit in einem Beruf verwiesen, der keine Ausbildung voraussetzt, so ist damit nicht von vornherein ein Abstieg in der sozialen Wertschätzung des Versicherungsnehmers verbunden (so aber OLG Braunschweig VersR 2000, 620, 621). Allerdings stellt das Erfordernis einer abgeschlossenen Berufsausbildung einen bedeutenden Faktor dar, der bei der Vergleichsbetrachtung zu berücksichtigen ist. Berufliche Tätigkeiten erfahren regelmäßig durch eine Ausbildung eine erhebliche Steigerung des sozialen Ansehens (anders Kammergericht VersR 1995, 1473).
Terno Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
AG Lebach, Entscheidung vom 28.02.2007 - 3B C 463/06 -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 18.12.2007 - 14 S 10/07 -

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 22.10.2015 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 48/06
vom
30. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke
am 30. Januar 2008

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 15. Februar 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Streitwert: 44.180,98 €

Gründe:


1
Beschwerde Die ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 1, 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Willkürverbot oder Art. 103 Abs. 1 GG vor.
2
1. Die geltend gemachten Zulassungsgründe beruhen schon vom Ansatz her auf der verfehlten, außer vom Kläger und dem Landgericht sonst nicht vertretenen Rechtsansicht, der im Zuge der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit getroffene Entschluss des Versicherers , die Leistungen nicht einzustellen, stelle eine nach den Grundsätzen des Leistungsanerkenntnisses (§ 7 der hier vereinbarten Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung - BUZVB -, inhaltsgleich mit den Musterbedingungen § 5 BUZ, VerBAV 1990, 347, 349) zu beurteilende positive Nachprüfungsentscheidung dar. Diese nehme dem Versicherer das Recht, seine Leistungseinstellung später auf die im Zeitpunkt der "positiven Nachprüfungsentscheidung" bekannten Umstände zu stützen.
3
Diese Ansicht verkennt Sinn und Zweck des Nachprüfungsverfahrens nach §§ 9, 10 BUZVB, die inhaltlich § 7 BUZ entsprechen. Bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit geht es anders als in § 7 BUZVB, § 5 BUZ nicht darum, ob der Versicherer eine Leistungspflicht wegen eingetretener Berufsunfähigkeit anerkennt, sondern allein darum, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann. Diese vom Versicherer zu treffende Entscheidung macht den Vergleich zweier Zustände und ihrer Auswirkungen notwendig (BGHZ 137, 178, 181 f.). Maßgebend ist der Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis nach § 7 BUZVB, § 5 BUZ zugrunde liegt (oder zugrunde zu legen wäre, vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95 - VersR 1997, 436 unter II 1 a m.w.N.), mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteil vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958 unter II 1a m.w.N.; grundlegend BGHZ 121, 284, 295, 297 f.). Geht es um die Leistungseinstellung wegen neu erworbener beruflicher Fähigkeiten, kommt es auf einen Vergleich der vor dem Anerkenntnis nach § 7 BUZVB, § 5 BUZ zuletzt ausgeübten mit der anderen Tätigkeit an, auf die der Versicherungsnehmer verwiesen werden soll (vgl. Senatsurteile vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98 - VersR 2000, 171 unter II 2 c, III und vom 11. Dezember 1996 aaO unter II 3 c).
4
Kommt es nicht zu einer Mitteilung über die Leistungseinstellung nach § 9 Abs. 1 BUZVB, § 7 Abs. 4 BUZ, bleibt es bei der nach § 7 BUZVB, § 5 BUZ anerkannten Leistungspflicht (vgl. BGHZ aaO S. 293 f.). Die Entscheidung des Versicherers, trotz nachträglich eingetretener positiver Veränderungen die Leistungen (noch) nicht einzustellen , verschafft dem Versicherungsnehmer keine über das damalige Anerkenntnis hinausgehende Rechtsposition. Der diesem Anerkenntnis zugrunde liegende Zustand bleibt deshalb die Vergleichsbasis für eine spätere Prüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit und die Entscheidung über die Einstellung der Leistungen.
5
Das 2. Berufungsurteil ist im Ergebnis auch richtig. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 23. September 2002 nicht dauerhaft auf die konkrete Verweisung des Klägers auf den neu erlernten Beruf des Bautechnikers verzichtet hat. Die Beklagte hat sich vielmehr daran orientiert, was sich bei der Verweisung auf freiwillig neu erworbene berufliche Fähigkeiten aus dem Senatsurteil vom 3. November 1999 (aaO unter I 4) ergibt.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 01.06.2005 - 26 O 416/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 15.02.2006 - 5 U 116/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 502/15
vom
23. November 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:231116BIVZR502.15.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, den Richter Dr. Karczewski, die Richterinnen Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Götz
am 23. November 2016

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2015 zugelassen.
Das vorbezeichnete Urteil wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben, soweit darin zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: bis 40.000 €

Gründe:


1
I. Der Kläger verlangt Leistungen aus einer bei der Beklagten gehaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung.
2
Der Kläger lieferte seit dem Jahr 2006 als selbständiger Handelsvertreter für ein Unternehmen Tiefkühlkost an Haushalte aus. Am 31. Juli 2010 hatte er einen Unfall beim Volleyballspielen. Er hat behauptet, einen dauerhaften Knorpelschaden im rechten Knie erlitten zu haben und deswegen als selbständiger Auslieferungsfahrer berufsunfähig zu sein. Seine bisherige Berufstätigkeit stellte er nach diesem Unfall ein. Später nahm er eine neue Tätigkeit auf; zuletzt arbeitete er seit Juni 2014 als angestellter Vertriebssachbearbeiter im Innendienst. Neben ihren weiteren Einwänden gegen die Klageforderungen hat sich die Beklagte auch darauf berufen, dass der Kläger nicht berufsunfähig sei, weil er eine nach Ausbildung, Einkommen und Stellung vergleichbare Tätigkeit im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen aufgenommen habe.
3
II. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten stattgegeben. Es hat unter anderem ausgeführt, der Kläger müsse sich nicht auf seine Tätigkeit als angestellter Sachbearbeiter verweisen lassen, da diese Tätigkeit weder vom sozialen Ansehen noch von den Einkommens- und Entwicklungsmöglichkeiten her mit einer Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter vergleichbar sei. Außerdem habe er die für den jetzt ausgeübten Beruf erforderlichen EDV-Kenntnisse durch überobligatorische Fortbildung nach Eintritt des Versicherungsfalls erworben; neu erworbene Fähigkeiten seien nach den Versicherungsbedingungen aber erst im Nachprüfungsverfahren zu berücksichtigen.
4
III. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Beklagten hat Erfolg. Sie führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Zulassung der Revision unter gleichzeitiger Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Beschwerde beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht einen Teil des Beklagtenvortrags übergangen und damit deren Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
5
Das Berufungsgericht begründet die fehlende Vergleichbarkeit der früheren und der heutigen Tätigkeit des Klägers auch damit, dass der Kläger seinem Vortrag zufolge früher selbständig mit entsprechenden Einkommens- und Entwicklungsmöglichkeiten gewesen, jetzt dagegen angestellter Sachbearbeiter im Vertrieb sei. Die Beklagte hat jedoch die Behauptung des Klägers, er habe in seinem früheren Beruf größere Aufstiegschancen als bei seiner jetzigen Tätigkeit gehabt, in ihrem Schriftsatz vom 4. Mai 2015 (dort Seite 8) bestritten. Dies hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, sondern seiner Entscheidung den bestrittenen Klägervortrag zugrunde gelegt. Feststellungen dazu, wie sich die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten des Klägers real darstellten (vgl. Senatsurteil vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11), hat es nicht getroffen.
6
IV. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
7
1. Bei der Prüfung einer Verweisung des Klägers auf die inzwischen ausgeübte Tätigkeit wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass der Wechsel aus einer selbständigen in eine angestellte Tä- tigkeit allein die Verweisbarkeit noch nicht ausschließt, sondern es stets einer auf den Einzelfall abgestellten Wertung bedarf, ob mit der neuen Tätigkeit ein spürbarer sozialer Abstieg verbunden ist (vgl. Senatsurteil vom 11. November 1987 - IVa ZR 240/86, VersR 1988, 234 unter 2 b). Nicht der einzige, aber ein nicht zu vernachlässigender Bewertungsfaktor ist hierbei die Verdienstmöglichkeit (aaO). Außerdem wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob der Kläger auf die weiteren Tätigkeiten, die er seit seinem Unfall ausgeübt hat, verwiesen werden kann.
8
2. Eine Verweisung des Klägers auf seine jetzt ausgeübte Tätigkeit wird das Berufungsgericht nicht mit der Begründung ablehnen können, dass neu erworbene Fähigkeiten nach § 10 Abs. 1 der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BBUZ) erst im Nachprüfungsverfahren zu berücksichtigen seien. Da die Beklagte kein Anerkenntnis abgegeben hat, musste der Kläger seine Ansprüche im Wege der Klage geltend machen. Im Rechtsstreit ist dann zunächst der Nachweis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit zu führen. Ist danach ab einem bestimmten Zeitpunkt eine Leistungspflicht gegeben, steht dem Versicherer im selben Rechtsstreit der Beweis offen, dass und ab welchem Zeitpunkt die Voraussetzungen für eine Herabsetzung oder Einstellung der Leistungen nach der für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit geltenden Versicherungsbedingung eingetreten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 20. Januar 2010 - IV ZR 111/07, r+s 2010, 251 Rn. 3; Senatsurteile vom 19. November 1997 - IV ZR 6/97, VersR 1998, 173 unter 2 b und 3; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 1). Im Urteil ist dann über Beginn und Ende der Leistungspflicht zu entscheiden (Senatsbeschluss vom 20. Januar 2010 aaO).
9
3. Falls das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass dem Kläger ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente zusteht, wird es zu beachten haben, dass nach § 3 Abs. 2 Satz 4 BBUZ eine laufende Berufsunfähigkeitsrente während der Berufsunfähigkeit - abgesehen von etwaigen Erhöhungen aufgrund der Überschussbeteiligung - nicht erhöht wird. Damit endet die Dynamisierung im Leistungsfall.
Mayen Dr. Karczewski Dr. Brockmöller
Dr. Bußmann Dr. Götz

Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 08.11.2012- 27 O 416/11 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 15.10.2015- 12 U 144/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 8/08 Verkündetam:
21.April2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Wendt, Felsch, die Richterin
Harsdorf-Gebhardt und den Richter Dr. Karczewski auf die mündliche
Verhandlung vom 21. April 2010

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 18. Dezember 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten weitere Leistungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, die er bei ihr seit 1999 in Verbindung mit einer Kapitallebensversicherung hält.
2
Versicherungsverhältnis Dem liegen die von der Beklagten verwendeten Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (B-BUZ) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten: "§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen ? 1. Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mehr als sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. … § 7 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit? 1. Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad oder den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen , ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausüben kann, wobei neu erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. …"
3
Der Kläger ist gelernter Schreiner mit Gesellenbrief und war zunächst in diesem Beruf tätig. Nachdem er durch die bei seiner Arbeit auftretenden Staubimmissionen an Asthma bronchiale erkrankt war, musste er seinen Beruf als Schreiner im Jahr 2001 aufgeben. Mit Schreiben vom 5. Juli 2002 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die versicherten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab dem 1. Oktober 2001 erbringen werde, und behielt sich eine erneute Prüfung zum 1. Juni 2004 vor.
4
In von der Beklagten angeforderten Erklärungen zur Überprüfung der Berufsunfähigkeit gab der Kläger im Mai 2004 und im September 2005 an, dass er als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbe- reich arbeite. Daraufhin stellte die Beklagte die Leistungen zum 1. Mai 2006 ein.
5
Im Wege der Teilklage begehrt der Kläger Nachzahlung der Renten für die Monate Mai bis September 2006 in Höhe von insgesamt 3.750 € sowie die Feststellung, dass er von der Beitragszahlungspflicht befreit sei.
6
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgt er sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
Es hat ohne genügende Feststellungen die Beklagte für berechtigt gehalten, die Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung einzustellen.
9
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann der Kläger nicht einwenden, wenn er im Schreinerhandwerk weiter hätte arbeiten können, hätte er die Möglichkeit gehabt, den Meisterbrief zu machen und so einen höheren Verdienst erzielen und sich selbständig machen können. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung von Ausbildung und Erfahrung sowie Kenntnissen und Fähigkeiten sei immer der Versicherungs- fall. Zu dieser Zeit sei der Kläger Schreiner gewesen und habe keinen Meisterbrief gehabt. Auf die höheren Verdienstmöglichkeiten eines Meisters könne demnach nicht abgestellt werden. Ein Vergleichsberuf, der dem Versicherten im Gegensatz zu dem zuletzt ausgeübten Beruf keine Aufstiegschancen biete, könne zwar schon deswegen trotz vergleichbarer Einkommen ungeeignet sein. Dass der Kläger als angestellter Schreinergeselle bessere Aufstiegschancen als in seinem neuen Beruf als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich gehabt hätte, sei nicht näher begründet. Soweit sich der Kläger darauf berufe, das Ansehen eines Schreiners sei höher als das eines Außendienstmitarbeiters im Garten- und Technikbereich, weil er jetzt nichts anderes mache als "Klinken putzen", stehe dies einer Verweisung nicht entgegen. Es bestünden keine Bedenken, die soziale Gleichwertigkeit der Berufsbilder Schreiner und Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich zu bejahen. Die von dem Kläger bei seiner neuen Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten könnten im Nachprüfungsverfahren berücksichtigt werden. Die von dem Kläger abgegebene Tätigkeitsbeschreibung stehe einer Vergleichbarkeit mit seiner früheren Tätigkeit als gelernter Schreinergeselle nur insoweit entgegen, als der Kläger für seinen neuen Beruf keine konkrete Berufsausbildung besitze. Neue Berufsbilder, die noch nicht in einem Anlernberuf festgelegt seien, könnten allerdings nicht allein deshalb als sozial minderwertig angesehen werden.
10
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat, ohne die frühere Tätigkeit des Klägers als gelernter Schreinergeselle zu ermitteln, deren Vergleichbarkeit mit der neuen Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im Gartenund Technikbereich bejaht.
11
Eine 1. Verweisung des Versicherten auf eine andere Tätigkeit kommt nach den Bedingungen der Beklagten (§§ 7 Abs. 1 Satz 1, 2 Abs. 1 B-BUZ) nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01 - NJW-RR 2003, 383 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95 - VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.). Da die Berufsausübung vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 B-BUZ. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06 - VersR 2008, 521 Tz. 3; Senatsurteile BGHZ 121, 284, 295; vom 28. April 1999 - IV ZR 123/98 - VersR 1999, 958 unter II 1 a m.w.N.). Wenn es um die Leistungseinstellung wegen neu erworbener beruflicher Fähigkeiten geht, kommt es auf einen Vergleich der vor dem Anerkenntnis zuletzt ausgeübten mit der anderen Tätigkeit an, auf die der Versicherungsnehmer verwiesen werden soll (Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO m.w.N.).
12
2. Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.
13
a) Zwar ist es Sache des Versicherers, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr erfüllt sind (Senatsurteile vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09 - juris Tz. 10; vom 11. Dezember 2002 aaO unter II 3). Will aber - wie hier - der Versicherungsnehmer geltend machen, die von ihm neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht seiner bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll. Das gilt auch und gerade dann, wenn er sich auf solche Umstände stützen will, die sich aus der Art und Ausgestaltung der früheren Tätigkeit ergeben (Senatsurteil vom 11. Dezember 2002 aaO m.w.N.).
14
b) Auf Anforderung des Berufungsgerichts hat der Kläger lediglich eine Beschreibung seiner neuen Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich abgegeben. Zu seinem erlernten Beruf als Schreiner hat er dagegen nur den Gesellenbrief vorgelegt und auf die Möglichkeit der Meisterprüfung verwiesen; außerdem hat er das zuletzt erzielte Einkommen angegeben. Nicht vorgetragen hat er indessen, wie seine frühere Tätigkeit im Einzelnen ausgestaltet war, welche Fähigkei- ten und körperlichen Kräfte sie erforderte, welche Stellung er im Betrieb innehatte, wie die Arbeitsbedingungen waren und welche konkreten Entwicklungsmöglichkeiten sich ihm boten.
15
Dass der Kläger seiner Darlegungslast insoweit noch nicht genügt hat, führt nicht zur Abweisung der Klage. Denn er hatte mit Blick darauf, dass das Berufungsgericht nur eine Beschreibung seiner neuen Tätigkeit forderte, keinen Anlass davon auszugehen, er habe bislang nicht ausreichend zu den Vergleichsgrundlagen vorgetragen. Einen der Sache nach gemäß § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO gebotenen Hinweis hat das Berufungsgericht nicht erteilt.
16
c) Das Verfahren ist deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit der Kläger Gelegenheit erhält, seinen Vortrag entsprechend zu ergänzen. Auf dieser Grundlage wird das Berufungsgericht sodann erneut zu beurteilen haben, ob die neue Tätigkeit des Klägers als Außendienstmitarbeiter im Garten- und Technikbereich mit seiner früheren Tätigkeit als angestellter Schreinergeselle vergleichbar ist.
17
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass eine Verweisung nicht bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil der Beruf, auf den der Versicherer den Versicherten verweisen will, kein Ausbildungsberuf ist. Weder muss sich ein in einem bestimmten Beruf ausgebildeter Versicherter uneingeschränkt auf eine Tätigkeit verweisen lassen, die keine Ausbildung erfordert, noch ist dem Versicherer eine solche Verweisung generell verwehrt. Auch in solchen Fällen bedarf es eines konkreten Vergleichs der Anforderungsprofile der einander gegenüberzustellenden Berufe und einer konkreten Betrachtung, welche Kenntnisse und Fähigkeiten die jeweiligen Tätigkeiten erfordern, welche Verdienstmög- lichkeiten und welche beruflichen Perspektiven sie bieten und ob danach die neue Tätigkeit die bisherige Lebensstellung des Versicherten zu wahren geeignet ist. Wird ein Gelernter auf eine Tätigkeit in einem Beruf verwiesen, der keine Ausbildung voraussetzt, so ist damit nicht von vornherein ein Abstieg in der sozialen Wertschätzung des Versicherungsnehmers verbunden (so aber OLG Braunschweig VersR 2000, 620, 621). Allerdings stellt das Erfordernis einer abgeschlossenen Berufsausbildung einen bedeutenden Faktor dar, der bei der Vergleichsbetrachtung zu berücksichtigen ist. Berufliche Tätigkeiten erfahren regelmäßig durch eine Ausbildung eine erhebliche Steigerung des sozialen Ansehens (anders Kammergericht VersR 1995, 1473).
Terno Wendt Felsch
Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Vorinstanzen:
AG Lebach, Entscheidung vom 28.02.2007 - 3B C 463/06 -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 18.12.2007 - 14 S 10/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 233/11 Verkündet am:
8. Mai 2013
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Rechtsschutzversicherung (Leistungsausschluss betreffend Beteiligungen)
1. Zur Zulässigkeit eines zwischen Versicherungsnehmerin und Versicherer rückwirkend
vereinbarten Leistungsausschlusses in einer Gruppen-Rechtsschutzversicherung.
2. Der Leistungsausschluss in Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversi-
cherung "für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen … in ursächlichem Zusam-
menhang mit dem Ankauf, der Veräußerung, der Verwaltung von Beteiligungen"
ist wirksam.
BGH, Urteil vom 8. Mai 2013 - IV ZR 233/11 - OLG Köln
LG Köln
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende
Richterin Mayen, die Richter Wendt, Felsch, Lehmann und die Richterin
Dr. Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom8. Mai 2013

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 29. November 2011 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt Versicherungsleistungen aus einer Gruppenrechtsschutzversicherung. Er ist Mitglied der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED), jetzt TRANSNET (im Folgenden: Versicherungsnehmerin ), die seit 1980 bei der Beklagten eine Gruppenversicherung mit Familien-Rechtsschutz für ihre Mitglieder unterhält.
2
Seit 1995 lagen dem Vertrag die ARB/G 94 der Beklagten zugrunde. Deren § 4 (3) lautet auszugsweise: "Es besteht kein Rechtsschutz, wenn …
b) der Anspruch auf Rechtsschutz erstmals später als drei Jahre nach Beendigung des Versicherungsschutzes für den betroffenen Gegenstand bei der Versicherung geltend gemacht wird."
3
Mit Schreiben der Versicherungsnehmerin vom 14. November 1996 erhielt der Kläger unter anderem einen Versicherungsausweis zugesandt.
4
In § 20 der Satzung der Versicherungsnehmerin vom 26. November 1996 heißt es: "1. Für die Mitglieder der GdED ist als Gruppenversicherung eine Familien-Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, deren Versicherungsschutz sich auf alle Mitglieder er- streckt, die an der Versicherung teilnehmen, … 4. Die Versicherungsbedingungen und Leistungen richten sich im einzelnen und im übrigen nach dem mit dem Versicherungsträger abgeschlossenen Gruppenversicherungsvertrag und den Versicherungsbedingungen. Sie sind in dem Versicherungsausweis enthalten, der dem Mitglied ausgehändigt wird."
5
Die Beklagte änderte in der Folgezeit mehrfach ihre Rechtsschutzbedingungen. Zunächst schloss sie Verträge nach Maßgabe ihrer ARB 2000, später ihrer ARB/G 2007 ab. Deren § 3 (2) Buchst. f) enthält unter bb) folgenden neuen Risikoausschluss: "Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen …
f) in ursächlichem Zusammenhang mit Spiel- oder Wettverträgen sowie Termin- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäften ; aa) … bb) dem Ankauf, der Veräußerung, der Verwaltung von - Wertpapieren (z.B. Aktien, Rentenwerte, Fondsanteile) - Wertrechten, die Wertpapieren gleichstehen - Beteiligungen; …"
6
Nach Feststellung der Vorinstanzen schlossen die Versicherungsnehmerin und die Beklagte am 27. August 2007 einen neuen Gruppenversicherungsvertrag , in dem es unter anderem heißt: "Grundlage dieses Gruppenversicherungsvertrages sind im übrigen die - Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB/G 2007) - …"
7
In einer Zusatzvereinbarung zu diesem Vertrag vom gleichen Tage ist unter § 1 die folgende Regelung getroffen: "[die Versicherungsnehmerin und die Beklagte] sind sich darin einig, dass die … neu vereinbarten Risikoausschlüsse (Ge- winnzusagen, Kapitalanlagegeschäfte) erst für Rechtsschutzfälle gelten, die ab dem 01.01.2008 gemeldet werden. Die … neu vereinbarten Risikoausschlüsse gelten unabhängig vom Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls, d.h. sie kommen für alle ab dem 01.01.2008 gemeldeten Rechtsschutzfälle zum Tragen, auch wenn der Versicherungsfall vor diesem Zeitpunkt eingetreten ist."
8
Über die Änderungen in der Familien-Rechtsschutzversicherung informierte die Versicherungsnehmerin ihre Mitglieder in der Juli-Ausgabe ihrer Gewerkschaftszeitschrift "inform" unter der Überschrift "Verbesserungen in der Familien-Rechtsschutzversicherung".

9
1997 beteiligte sich der Kläger mit zwei Zeichnungsscheinen über 41.580 DM und 8.400 DM als atypischer stiller Gesellschafter an der G. -Beteiligungs-Aktiengesellschaft (zu deren so genanntem Steigermodell vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 149/03, ZIP 2005, 763 - juris Rn. 1). Nachdem im Rahmen dieses Kapitalanlagemodells keine Gewinne erzielt und die betroffenen Gesellschaften insolvent wurden , versuchte der Kläger von den für das gescheiterte Anlagemodell Verantwortlichen Schadensersatz zu erlangen. Die damit 2007 beauftragten Rechtsanwälte wandten sich erstmals mit Schreiben vom 9. April 2008 an die Beklagte. Ihr Ersuchen um Deckungsschutz lehnte die Beklagte unter Berufung auf den Risikoausschluss des § 3 (2) Buchst. f) bb) ARB/G 2007 ab.
10
Der Kläger ist der Auffassung, der Rechtsschutzfall sei in versicherter Zeit unter Geltung der ARB/G 94 eingetreten. Der einmal entstandene Leistungsanspruch könne ihm nicht durch die nachträgliche Vereinbarung eines Risikoausschlusses genommen werden.
11
Das Landgericht hat der Klage auf Freistellung von Verbindlichkeiten aus drei Anwaltsrechnungen und Feststellung der Deckungspflicht für die gerichtliche Durchsetzung der Schadensersatzansprüche stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


12
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
13
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Versicherungsschutz nach § 3 (2) Buchst. f) bb) ARB/G 2007 entfallen. Der Kläger begehre Versicherungsleistungen für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit Beteiligungen. Das seien mittels Kapital erworbene Vermögensanlagen in Handelsgesellschaften. Davon werde auch der Beitritt des Klägers als atypischer stiller Gesellschafter erfasst. Die Risikoausschlussklausel sei weder unklar noch benachteilige sie die Versicherten unangemessen. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer erkenne, dass die Beteiligung an einer Gesellschaft nicht in die Deckung falle.
14
Der Leistungsausschluss für Beteiligungen sei infolge der zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten vereinbarten Neufassung des Gruppenversicherungsvertrages und ihrer Zusatzvereinbarung vom 27. August 2007 für alle nach dem 1. Januar 2008 gemeldeten Versicherungsfälle wirksam geworden. Das gelte auch für das Verhältnis des Klägers als Versichertem zur Beklagten, denn eine Gesamtbetrachtung der Fallumstände, der Interessenlage und des Vertragszwecks nach § 328 Abs. 2 BGB ergebe, dass der Versicherungsvertrag einem stillschweigend vereinbarten Änderungsvorbehalt unterliege, der eine Zustimmung der Versicherten nicht voraussetze. Die in der Zusatzvereinbarung enthaltene Befristung sei als eigens ausgehandelte Individualvereinbarung weder sittenwidrig noch eine unzulässige Rechtsausübung oder unangemessen; auf die Art und Weise ihrer Bekanntmachung komme es nicht an.
15
Der Kläger könne nach den §§ 314, 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht damit gehört werden, dass die Änderung des Gruppenversicherungsvertrages vom 27. August 2007 nicht erfolgt sei, nachdem er diese Behauptung in erster Instanz ausweislich des Tatbestandes des landgerichtlichen Urteils erstmals in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz aufgestellt habe und ein diesbezüglicher Tatbestandsberichtigungsantrag vom Landgericht zurückgewiesen worden sei.
16
Auch das Berufungsgericht hat einen den Klägervortrag zur Zusatzvereinbarung vom 27. August 2007 betreffenden Tatbestandsberichtigungsantrag des Klägers zurückgewiesen.
17
II. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung stand.
18
1. Die Verfahrensrügen des Klägers greifen nicht durch.
19
a) Seine Beanstandung, das Berufungsgericht habe entscheidungserheblichen Vortrag zum Abschluss des Änderungsvertrages vom 27. August 2007 zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten rechtsfehlerhaft übergangen, geht bereits deshalb fehl, weil sie sich gegen eine tatbestandliche Feststellung wendet, die auch im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, nachdem die Tatbestandsberichtigungsanträge des Klägers (§ 320 ZPO) gegen das landgerichtliche Urteil und das Berufungsurteil erfolglos geblieben sind. Diese Zurückweisung ist nach § 320 Abs. 4 Satz 4 ZPO endgültig. Sie kann nicht mit der Revi- sion angegriffen und die begehrte Richtigstellung des Tatbestandes nicht mit einer Verfahrensrüge erreicht werden (vgl. BGH, Urteile vom 1. März 2011 - XI ZR 48/10, BGHZ 188, 373 Rn. 12; vom 2. Juli 2007 - II ZR 111/05, WM 2007, 1932 Rn. 24; Beschluss vom 5. Februar 2009 - V ZR 159/08, juris Rn. 2). Von einer weiteren Begründung wird nach § 564 Satz 1 ZPO abgesehen.
20
b) Die weitere Rüge, das Berufungsgericht habe den Vortrag aus dem Schriftsatz vom 4. April 2011 gemäß § 531 Abs. 2 ZPO schon deshalb zulassen müssen, weil das Landgericht sein einschränkendes Verständnis des Kläger-Schriftsatzes vom 31. Januar 2011 unter Verstoß gegen § 139 ZPO nicht offen gelegt habe, hat der Senat geprüft. Sie greift nicht durch. Auch insoweit sieht der Senat von einer näheren Begründung nach § 564 Satz 1 ZPO ab.
21
2. Sachlich-rechtlich ist das Berufungsurteil ebenfalls nicht zu beanstanden.
22
Die Parteien des Versicherungsvertrages haben mit dessen Änderung am 27. August 2007 und der dazu getroffenen Zusatzvereinbarung vom gleichen Tage wirksam die Geltung des in § 3 (2) Buchst. f) bb) ARB/G 2007 geregelten Leistungsausschlusses auch für nach dem 1. Januar 2008 gemeldete Altfälle vereinbart. Der ursprünglich noch unter Geltung der ARB/G 94 und in versicherter Zeit vom Kläger erworbene Anspruch auf Deckungsschutz für die Verfolgung seiner Schadensersatzforderung ist durch diese Änderung erloschen.

23
a) Der Risikoausschluss ist auch im Versicherungsverhältnis zum Kläger wirksam geworden. Entgegen seiner Auffassung hat er aufgrund des Versicherungsvertrages aus dem Jahre 1995 keine unabänderliche Rechtsstellung in Bezug auf seinen Leistungsanspruch erlangt.
24
aa) Bei der hier in Rede stehenden Gruppenversicherung für Gewerkschaftsmitglieder ist zwischen dem Zuwendungs- und dem Versicherungsverhältnis zu unterscheiden. Im Rahmen des zwischen der Versicherungsnehmerin und dem Kläger vereinbarten Mitgliedschaftsverhältnisses verschafft die Versicherungsnehmerin ihren Mitgliedern auf der Grundlage des § 20 ihrer Satzung Deckungsansprüche aus einer Rechtsschutzversicherung. Zur Erfüllung dieser Verpflichtung unterhält sie bei der Beklagten einen Gruppenversicherungsvertrag, deren Versicherungsnehmerin allein sie ist, während ihre Mitglieder lediglich die Stellung von Versicherten einnehmen. Es handelt sich insoweit um einen Versicherungsvertrag für fremde Rechnung im Sinne der §§ 74 VVG a.F./43 VVG n.F. Die Auffassung des Oberlandesgerichts München (VersR 1995, 902), in einem solchen Falle sei der Versicherte als "Herr des Vertrages" anzusehen, trifft nicht zu.
25
bb) Zutreffend hat das Berufungsgericht stattdessen erkannt, dass für die Frage, inwieweit die Versicherten Rechte aus dem Versicherungsvertrag erwerben und inwieweit die Vertragsparteien des Versicherungsvertrages solche Rechte gegebenenfalls wieder ändern oder aufheben können, in Ermangelung einer besonderen Bestimmung ergänzend zu den vertraglichen Vereinbarungen und den Regelungen der §§ 43 ff. VVG die Vorschrift des § 328 Abs. 2 BGB maßgeblich ist (vgl.
für die private Krankenversicherung: Senatsurteil vom 8. Februar 2006 - IV ZR 205/04, VersR 2006, 686 Rn. 33 ff.).
26
cc) Anders als die Revision meint, handelt es sich bei dem im Versicherungsvertrag vom 21. Februar 1995 unter § 5 Nr. 3 geregelten Änderungsvorbehalt um keine abschließende besondere Bestimmung der Änderungsmöglichkeiten im Sinne des § 328 Abs. 2 BGB. In der genannten Vertragsklausel verpflichtet sich die Versicherungsnehmerin lediglich dazu, einvernehmlich an einer Vertragsänderung mitzuwirken, falls sich maßgebliche Gesetzesbestimmungen, die Rechtsprechung, die Verwaltungspraxis der Aufsichtsbehörden ändern, Bedingungen für unwirksam erklärt werden oder eine kartell- oder aufsichtsrechtliche Beanstandung droht.
27
Das schließt es allerdings nicht aus, dass sich die Versicherungsnehmerin weiter gehend bereitfindet, im Einvernehmen mit dem Versicherer Änderungen des Versicherungsvertrages zu vereinbaren. Mit den von § 5 Nr. 3 des Versicherungsvertrages von 1995 geregelten Anlässen für eine Vertragsänderung werden die Interessen der Vertragsparteien, die für eine Änderungsmöglichkeit sprechen können, nicht vollen Umfangs erfasst. Zu Recht verweist die Revisionserwiderung auf das sich schon aus der langen Vertragslaufzeit ergebende Bedürfnis der Vertragsparteien nach weiter gehenden Änderungsmöglichkeiten.
28
dd) Dass die Versicherungsnehmerin sich gegenüber den Versicherten eine Änderungsbefugnis vorbehalten will, findet seinen Niederschlag insbesondere in § 20 Nr. 4 ihrer Satzung. Dort ist im Rahmen des Zuwendungsverhältnisses bestimmt, dass sich die Versicherungsbedingungen und Leistungen nach dem mit dem Versicherungsträger abge- schlossenen Gruppenversicherungsvertrag richten. Damit ist im Zuwendungsverhältnis keine bestimmte Leistungszusage festgeschrieben, sondern es wird auf den Inhalt des Versicherungsvertrages verwiesen. Allein schon die Verwendung des abstrakten Begriffs des Versicherungsträgers und die nicht nähere Spezifizierung des Versicherungsvertrages nach Datum oder Laufzeit führen dem Gewerkschaftsmitglied vor Augen, dass selbst der Versicherer wechseln, erst recht der Versicherungsvertrag im Laufe der Jahre Änderungen unterworfen sein kann, mithin dynamisch auf den Versicherungsvertrag in seiner jeweils bestehenden Form verwiesen wird. Dass die Versicherungsnehmerin im Verhältnis zu den Versicherten alleinige Herrin des Versicherungsvertrages bleiben will, ergibt sich, wie das Berufungsgericht zu Recht annimmt, im Übrigen auch aus der Koppelung des Versicherungsschutzes an die Gewerkschaftsmitgliedschaft. Für jedes Mitglied besteht danach die Möglichkeit, die Rechtsstellung als Versicherter durch Austritt aus der Gewerkschaft zu beenden, ohne dass dies auf die Fortdauer des Versicherungsvertrages Einfluss haben soll.
29
Schließlich geht auch das wirtschaftliche und sozialpolitische Interesse der Versicherungsnehmerin dahin, den Versicherungsvertrag im Einvernehmen mit dem Versicherer bei Bedarf geänderten Umständen anzupassen. Das zeigt gerade der hier zu entscheidende Fall, in dem sie sich nachvollziehbar darauf berufen hat, sie habe es nicht mehr als ihre Aufgabe angesehen, einigen wenigen ihrer Mitglieder Versicherungsschutz für Kapitalanlagestreitigkeiten zu verschaffen, die sich signifikant auf die Beitragshöhe auswirkten. Die Abwägung habe vielmehr ergeben, dass solche Streitigkeiten angesichts des nicht in den gewerkschaftlichen Aufgabenbereich fallenden Rechtsschutzziels nicht mehr von den Gewerkschaftsbeiträgen aller Mitglieder hätten finanziert werden sollen.

30
ee) Das Interesse der Beklagten an einer Änderungsmöglichkeit beruht angesichts der langen Vertragsbindung vor allem auf dem Bestreben , den Versicherungsvertrag ihrem jeweils aktuellen Bedingungswerk zu unterstellen und auch die Risikokalkulation aktuellen Veränderungen anzupassen.
31
ff) Die von den Parteien des Versicherungsvertrages in § 1 ihrer Zusatzvereinbarung vom 27. August 2007 getroffene Übergangsregelung , wonach die neuen Risikoausschlüsse lediglich für Altfälle nicht anzuwenden sind, die bis spätestens 31. Dezember 2007 gemeldet wurden, ist wirksam und führt zu keiner treuwidrigen Benachteiligung des Klägers.
32
(1) Als individuell ausgehandelte Zusatzvereinbarung unterliegt die Übergangsregelung nicht der Kontrolle nach den §§ 305c ff. BGB. Die Maßstäbe, die der Senat im Urteil vom 15. April 1992 (IV ZR 198/91, VersR 1992, 819) für die in § 4 Abs. 4 Allgemeiner Rechtsschutzversicherungsbedingungen geregelte Ausschlussfrist aufgestellt hat, lassen sich daher auf die Zusatzvereinbarung vom 27. August 2007 nicht übertragen.
33
(2) Gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Vereinbarung sei nicht sittenwidrig im Sinne von § 138 BGB, erinnert die Revision zu Recht nichts.
34
(3) Die Zusatzvereinbarung führt aber auch nicht zu einer gegen die Gebote von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoßenden, unangemessenen Benachteiligung des Klägers im konkreten Fall.

35
Allerdings trifft es zu, dass der Kläger durch die Übergangsregelung in Verbindung mit der Neufassung des Versicherungsvertrages Deckungsansprüche verliert, die unter Geltung des früheren Gruppenversicherungsvertrages bereits entstanden waren und nach alter Vertragslage noch innerhalb der seinerzeit geltenden Ausschlussfrist von drei Jahren (§ 4 Abs. 3 Buchst. b) ARB/G 94) hätten angemeldet werden können. Das hat weiter zur Folge, dass er - wegen der Vorvertraglichkeit des behaupteten Rechtsverstoßes - auch nicht mehr in der Lage ist, durch den Neuabschluss einer Rechtsschutzversicherung für die Verfolgung seiner Schadensersatzansprüche aus der Beteiligung an der G. -Beteiligungs -Aktiengesellschaft anderweitig Deckungsschutz zu erlangen.
36
Dennoch verstößt die Übergangsregelung in der Gesamtschau der Fallumstände nicht gegen Treu und Glauben. Den Parteien des Versicherungsvertrages ist aus Gründen der Rechtssicherheit und der Äquivalenz von Prämie und versichertem Risiko ein Interesse daran zuzubilligen , nach Änderung des Versicherungsvertrages eine Parallelführung des alten und des neuen Vertragswerkes über einen längeren Zeitraum zu vermeiden. Dass die Umstellung gezielt darauf gerichtet gewesen wäre , einzelnen Versicherten bereits entstandene Deckungsansprüche wieder zu nehmen, lässt sich gerade wegen der Möglichkeit, solche Ansprüche bis zum Jahresende 2007 anzumelden, nicht feststellen. Auch der Kläger hätte im konkreten Fall nach der vereinbarten Übergangsregelung noch mehrere Monate Gelegenheit gehabt, den Versicherungsfall vor dem 1. Januar 2008 anzumelden.
37
(4) Ob die Versicherungsnehmerin mit der vereinbarten Änderung des Versicherungsvertrages gegen ihr Versprechen oder Nebenpflichten aus ihrer Satzung verstoßen und ob sie den Kläger und andere Mitglieder mit der Meldung in der Juli-Ausgabe der Gewerkschaftszeitschrift "inform" zutreffend und ausreichend über die Änderungen im Gruppenversicherungsvertrag unterrichtet hat, betrifft demgegenüber allein das zwischen ihr und dem Kläger bestehende Zuwendungsverhältnis und begründet mithin keine Ansprüche des Klägers gegen den beklagten Versicherer.
38
b) Gegen die Auslegung, unter einer Beteiligung im Sinne von § 3 (2) Buchst. f) bb) ARB/G 2007 sei die mit Einsatz von Kapital erworbene Vermögensanlage in einer Handelsgesellschaft zu verstehen, ist rechtlich im Ergebnis ebenso wenig zu erinnern wie gegen die Annahme, die atypische stille Gesellschafterstellung des Klägers in der G. - Beteiligungs-Aktiengesellschaft sei eine solche Beteiligung.
39
Anders als die Revision meint, ist die Klausel, soweit sie Deckungsschutz für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit dem Ankauf, der Veräußerung oder der Verwaltung von Beteiligungen ausschließt, nicht intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
40
aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei ist im Regelfall auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und auch auf seine Interessen abzustellen (st. Rspr, vgl. etwa Senatsurteile vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; vom 21. Mai 2003 - IV ZR 327/02, WM 2003, 1363 unter 2 a; vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 11). Liegt - wie hier - ein Gruppenversicherungsvertrag und damit eine Versicherung zugunsten Dritter vor, so kommt es daneben auch auf die Verständnismöglichkeiten durchschnittlicher Versicherter und ihre Interessen an (vgl. etwa für die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst: Senatsurteil vom 12. Januar 2011 - IV ZR 118/10, VersR 2011, 611 Rn. 11 m.w.N.).
41
Das Versicherteninteresse geht bei Risikoausschlussklauseln in der Regel dahin, dass der Versicherungsschutz nicht weiter verkürzt wird, als der erkennbare Zweck einer Klausel dies gebietet. Der durchschnittliche Versicherte braucht nicht mit Lücken im Versicherungsschutz zu rechnen, ohne dass die Klausel ihm dies hinreichend verdeutlicht. Deshalb sind Risikoausschlussklauseln nach ständiger Rechtsprechung des Senats eng und nicht weiter auszulegen, als es ihr Sinn unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise erfordert (Senatsurteile vom 23. November 1994 - IV ZR 48/94, VersR 1995, 162 unter 3 b; vom 27. Juni 2012 - IV ZR 212/10, VersR 2012, 1253 Rn. 20).
42
bb) Die nach diesen Maßstäben gebotene enge Auslegung der Klausel ergibt, dass der durchschnittliche Versicherte erkennt, dass der Versicherer mit § 3 (2) Buchst. f) ARB/G 2007 sein Leistungsversprechen zum einen für Geschäfte des Versicherten zurücknehmen will, die auf hochspekulativen Gewinnerwartungen beruhen (Spiel- oder Wettverträge , Termin- oder vergleichbaren Spekulationsgeschäfte), dass zum anderen aber auch die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Zusammenhang mit den unter Buchstaben bb) aufgeführten Kapitalanlagen (Wertpapieren, z.B. Aktien, Rentenwerte oder Fondsanteile, ferner Wert- rechten, die Wertpapieren gleichstehen) vom Versicherungsschutz ausgenommen werden soll. Das ermöglicht es, den ebenfalls unter bb) aufgeführten Begriff der Beteiligungen systematisch den Kapitalanlagen zuzuordnen. Damit erfährt der im Ansatz sehr weite Begriff (vgl. dazu Maier in Harbauer, ARB 8. Aufl. ARB 2000 § 3 Rn. 233), der seinem Wortsinne nach zunächst auch auf die Teilnahme des Versicherten an Gruppierungen oder Veranstaltungen jeder Art oder diverse Formen von Gewinnbeteiligungen bezogen werden könnte, seine notwendige Einschränkung. Im Kontext mit den übrigen unter bb) aufgezählten Kapitalanlagen wird der Versicherte den Begriff der Beteiligungen dahin verstehen, dass nur die unter Kapitaleinsatz und zum Zwecke der Kapitalanlage erworbene Gesellschafterstellung in einer Gesellschaft gemeint sein kann, deren Zweck die rechtsgeschäftliche Teilnahme am Wirtschaftsleben ist.
43
cc) Soweit sich die Revision auf die Unwirksamkeit ähnlicher Risikoausschlussklauseln berufen hat ("Effektenklausel" und "Prospekthaftungsklausel" ; vgl. dazu die Senatsurteile vom heutigen Tage in den Verfahren IV ZR 84/12 und IV ZR 174/12; vgl. dazu auch OLG München r+s 2012, 24; OLG Frankfurt am Main VersR 2012, 757; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. September 2012 - I-6 U 198/11, juris), kann sie keinen Erfolg haben. Über solche Klauseln ist hier nicht zu befinden. Der allein verwendete Begriff der Beteiligungen kann bei der gebotenen engen Auslegung von einem durchschnittlichen Versicherten infolge des Sachzusammenhangs des § 3 (2) Buchst. f) ARB/G 2007 zutreffend erfasst werden.
Mayen Wendt Felsch
Lehmann Dr. Brockmöller
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.04.2011- 24 O 339/10 -
OLG Köln, Entscheidung vom 29.11.2011 - 9 U 95/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 188/16 Verkündet am:
18. Oktober 2017
Heinekamp
Amtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AUB 2000 Nr. 10.3
Die Regelung in Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (hier: Nr. 10.3 AUB
2000), wonach der Vertrag durch den Versicherungsnehmer oder den Versicherer
durch Kündigung beendet werden kann, wenn der Versicherer eine Leistung erbracht
hat, ist dahin auszulegen, dass das Kündigungsrecht mit der ersten Leistung beginnt.
BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017 - IV ZR 188/16 - OLG Celle
LG Stade
ECLI:DE:BGH:2017:181017UIVZR188.16.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Vorsitzende Richterin Mayen, die Richter Felsch, Dr. Karczewski, die Richterin Dr. Brockmöller und den Richter Dr. Götz auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2017

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Juli 2016 unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Beklagte verurteilt hat, an den Kläger mehr als 11.417 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent- punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. September 2010 zu zahlen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagte - soweit noch für das Revisionsverfahren von Belang - auf Leistungen aus einer Unfallversicherung wegen zweier Unfälle vom 8. Oktober 2009 und 2. März 2010 seiner mitversicherten und inzwischen verstorbenen Ehefrau in Anspruch. Dem Versicherungsvertrag zwischen den Parteien liegen die Allgemeinen Unfall- versicherungs-Bedingungen der Beklagten (im Folgenden: AUB 2000) zugrunde. In diesen heißt es unter anderem: "2.1 Invaliditätsleistung 2.1.1 Voraussetzungen für die Leistung 2.1.1.1 Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt (Invalidität). Die Invalidität ist - innerhalb von fünfzehn Monaten nach dem Unfall eingetreten … … 2.1.2 Art und Höhe der Leistung … 2.1.2.2.1 Bei Verlust oder völliger Funktionsunfähigkeit der nachstehend genannten Körperteile und Sinnesorgane gelten ausschließlich die folgenden Invaliditätsgrade:
a) Arm 70% … Bein bis zur Mitte des Oberschenkels 60% … 2.1.2.2.2 Für andere Körperteile und Sinnesorgane bemisst sich der Invaliditätsgrad danach, inwieweit die normale körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit insgesamt beeinträchtigt ist. Dabei sind ausschließlich medizinische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. 2.1.2.2.3 Waren betroffene Körperteile oder Sinnesorgane oder deren Funktionen bereits vor dem Unfall dauernd beeinträchtigt , wird der Invaliditätsgrad um die Vorinvalidität gemindert. Diese ist nach Ziffer 2.1.2.2.1 und Ziffer 2.1.2.2.2 zu bemessen. … 9. Wann sind die Leistungen fällig? … 9.4 Sie und wir sind berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahren nach dem Unfall, er- neut ärztlich bemessen zu lassen. … 10. Wann beginnt und wann endet der Vertrag? … 10.3 Kündigung nach Versicherungsfall Den Vertrag können Sie oder wir durch Kündigung beenden , wenn wir eine Leistung erbracht oder Sie gegen uns Klage auf Leistung erhoben haben. Die Kündigung muss Ihnen oder uns spätestens einen Monat nach Leistung oder - im Falle eines Rechtsstreits - nach Klagerücknahme, Anerkenntnis, Vergleich oder Rechtskraft des Urteils zugegangen sein. …"
2
Am 23. April 2008 erlitt die mitversicherte Ehefrau bei einem Sturz eine Schenkelhalsfraktur links, die mit einem künstlichen Hüftgelenk versorgt wurde. Aufgrund dieses Unfalles zahlte die Beklagte gemäß Schreiben vom 9. Juli 2008 Krankenhaustagegeld, vom 19. Mai 2009 einen Invaliditätsvorschuss sowie gemäß Abfindungserklärung vom 21. Juli 2009 einen Endbetrag. Mit Schreiben vom 13. August 2009 kündigte die Beklagte die Unfallversicherung gemäß Ziff. 10.3 AUB 2000 unter Bezugnahme auf den Unfall vom 23. April 2008.
3
Am 8. Oktober 2009 stürzte die Ehefrau auf die linke Schulter und erlitt eine Oberarmkopffraktur. In einem für die Beklagte erstatteten Gutachten vom 8. November 2010 stellte der Sachverständige Dr. P. als Folge dieses Unfalles eine drastische Einschränkung der Beweglichkeit des linken Schultergelenks fest und bemaß die Funktions- minderung mit 10/20 Armwert. Ferner stürzte die Ehefrau am 2. März 2010 und zog sich eine Tibiakopffraktur am linken Knie zu. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Krankenhaustagegeld sowie Invaliditätsentschädigung für die beiden Unfälle vom 8. Oktober 2009 und 2. März 2010 in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 72.317 € nebst anteiliger Zinsen teilweise stattgegeben. Auf die wechselseitigen Rechtsmittel der Parteien hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels des Klägers die Beklagte verurteilt, an den Kläger insgesamt 89.717 € nebst anteiliger Zinsen zu zahlen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiter eine Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. In diesem Umfang führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
5
I. Dieses ist - nach ergänzender Beweisaufnahme durch weitere Gutachten des schon in erster Instanz tätigen Sachverständigen Dr. M. - zu dem Ergebnis gelangt, dem Kläger stünden Ansprüche aus dem Unfall seiner Ehefrau vom 8. Oktober 2009 wegen der erlittenen Oberarmkopffraktur zu. Zum Zeitpunkt des Unfalles habe die Versicherung noch bestanden. Die von der Beklagten erklärte Kündigung vom 13. August 2009 sei nicht wirksam, da die Kündigungsfrist nicht gewahrt sei. Diese habe mit der Leistung des Krankenhaustagegeldes gemäß Schrei- ben vom 9. Juli 2009 begonnen. Das Kündigungsrecht entstehe nach Ziff. 10.3 AUB 2000, wenn der Versicherer eine von mehreren unfallbedingt geschuldeten Leistungen oder eine dem Grund und der Höhe nach festgestellte Teilleistung erbracht habe. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne der Klausel nicht entnehmen, dass dem Versicherer nach jeder weiteren Leistung ein neues, selbständiges Kündigungsrecht zustehen solle. Jedenfalls greife zugunsten des Versicherungsnehmers die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB ein.
6
Infolge des Unfalles stehe dem Kläger neben dem Krankenhaustagegeld von 11.417 € ein Anspruch auf Invaliditätsleistung in der vom Landgericht zuerkannten Höhe von 60.900 € zu. Durch den Unfall sei eine dauerhafte Funktionseinschränkung an dem Schultergelenk eingetreten. Diese führe zu einem Invaliditätsgrad von 35%. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Invaliditätsbemessung sei die Dreijahresfrist, da der Kläger noch vor Ablauf der Neubemessungsfrist klageweise Invaliditätsansprüche geltend gemacht habe. Ausgehend von dem Ablauf der 15-monatigen Invaliditätseintrittsfrist am 8. Januar 2011 sei von einem Invaliditätsgrad von 10/20 Armwert auszugehen. Die Beklagte sei dafür beweispflichtig , dass innerhalb der Dreijahresfrist bis zum 8. Oktober 2012 etwaige Veränderungen eingetreten seien. Diesen Beweis habe sie nicht geführt. Zwar habe der Sachverständige zum Zeitpunkt der Untersuchung am 20. November 2013 festgestellt, dass keine "frozen shoulder" mehr vorgelegen habe. Es lasse sich jedoch nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass diese Verbesserung bereits am 8. Oktober 2012 eingetreten sei. Ließe man hingegen für eine Reduzierung der Invaliditätsleistung im Rahmen der Neubemessung genügen, dass bei Ablauf der Dreijahresfrist noch mit einer zukünftigen Verbesserung zu rech- nen sei, müsse jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine solche Prognose verlangt werden. Daran fehle es hier.
7
Hinsichtlich des Unfalles vom 2. März 2010 habe der Kläger einen Anspruch auf Invaliditätsentschädigung in Höhe von 17.400 €. Die Ehefrau habe durch den Unfall eine Tibiakopffraktur des linken Knies erlitten. Unter Berücksichtigung der Vorinvalidität des Knies betrage der Invaliditätsgrad rechnerisch 11,25% (1/4 von 60% = 15%, abzüglich anteiliger Vorinvalidität von einem Viertel). Die Vorinvalidität des Hüftgelenks sei dem Bein nicht zuzuordnen, so dass insoweit kein weiterer Abzug in Betracht komme.
8
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung überwiegend nicht stand.
9
1. Unfall vom 8. Oktober 2009
10
a) Entgegen der Auffassung der Revision bestand der Unfallversicherungsvertrag zwischen den Parteien zum Zeitpunkt des Unfalles vom 8. Oktober 2009 (Oberarmkopffraktur) allerdings noch. Die von der Beklagten erklärte Kündigung war nicht wirksam, da die Kündigungsfrist gemäß Ziff. 10.3 Satz 2 AUB 2000 nicht eingehalten wurde. Die einmonatige Kündigungsfrist begann mit der Zahlung des Krankenhaustagegeldes durch die Beklagte gemäß Schreiben vom 9. Juli 2008 und war zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 13. August 2009 abgelaufen.
11
aa) Die Frage, wie die Kündigungsfrist in Ziff. 10.3 AUB 2000, die den in der Unfallversicherung verwendeten Standardbedingungen entspricht (vgl. etwa Ziff. 10.3 AUB 2010, abgedruckt bei Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. S. 2778), zu berechnen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Nach überwiegender Auffassung entsteht das Kündigungsrecht für jede Vertragspartei, sobald eine Leistung aus dem Versicherungsvertrag erbracht wurde, mithin mit der ersten Leistung (vgl. LG München I VersR 1981, 249; HK-VVG/Rüffer, 3. Aufl. Ziff. 10 AUB 2010 Rn. 5; Grimm, Unfallversicherung 5. Aufl. Ziff. 10 AUB Rn. 20, 26; MünchKomm-VVG/Dörner , 2. Aufl. § 178 Rn. 10; FAKomm-VersR/Hugemann, Ziff. 10 AUB 2010 Rn. 6; Leverenz in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. AUB 2008 Ziff. 10 Rn. 46; Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 47 Rn. 123; vgl. auch Jannsen in Schubach/Jannsen, Private Unfallversicherung Ziff. 10 AUB Rn. 22). Nach der Gegenauffassung wird das Kündigungsrecht demgegenüber mit jeder Teilleistung neu begründet (so insbesondere Jacob, Unfallversicherung AUB 2014 2. Aufl. Ziff. 10 Rn. 6; vgl. zur Problematik ferner Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. Ziff. 10 AUB 2010 Rn. 6).
12
bb) Die überwiegende Auffassung trifft zu. Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Klausel. Danach kann der Vertrag durch jede Vertragspartei beendet werden, wenn der Versicherer "eine Leistung erbracht" hat. Bei der Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Senats darauf an, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Bedingungswortlaut auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen , soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 1. April 2015 - IV ZR 104/13, VersR 2015, 617 Rn. 13 m.w.N.). Auf dieser Grundlage wird ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Klausel dahin verstehen, dass das Kündigungsrecht einsetzt, sobald eine Leistung seitens des Versicherers erbracht worden ist. Dem Klauselwortlaut lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass das Kündigungsrecht mit weiteren Leistungen jeweils neu entsteht. Anderenfalls hätte dies zur Folge, dass dem Versicherer je nach Anzahl der von ihm erbrachten Teilleistungen eine für den Versicherungsnehmer unabsehbare Zahl von Kündigungsrechten zustünde. Ebenso wenig ist der Klausel zu entnehmen, dass das Kündigungsrecht und damit der Fristlauf erst mit der Abschlussleistung des Versicherers einsetzt, durch die die Gesamtentschädigung geleistet wird. Dies wird dem Versicherungsnehmer im Wortlaut der Klausel, die unterschiedslos auf "eine Leistung" abstellt , nicht verdeutlicht.
13
Auch aus dem dem Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck der Klausel erschließt sich ihm nicht, dass dem Versicherer jeweils ein neues Kündigungsrecht für den gesamten Vertrag zusteht, sobald er eine Teilleistung erbracht hat. Das Sonderkündigungsrecht nach Eintritt des Versicherungsfalles und Leistung des Versicherers soll einerseits dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit geben, sich vom Vertrag lösen zu können, wenn er mit der Regulierungspraxis des Versicherers nicht zufrieden ist, sowie umgekehrt dem Versicherer, wenn er Anlass hat, an der Redlichkeit des Versicherungsnehmers zu zweifeln, oder für die Zukunft weitere Schadenfälle erwartet (vgl. MünchKomm-VVG/Dörner , 2. Aufl. § 178 Rn. 10; Leverenz in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. Ziff. 10 AUB 2008 Rn. 5). Angesichts dieses auch für den Versicherungsnehmer ersichtlichen Zwecks der Klausel erhellt sich ihm nicht, weshalb dem Versicherer immer neue Kündigungsrechte zustehen sollen, wenn er ein- zelne Teilleistungen erbracht hat. Vielmehr muss sich der Versicherer, sobald er eine Teilleistung aus einem einheitlichen Unfallversicherungsvertrag erbracht hat, selbst darüber Klarheit verschaffen, ob er am Vertrag festhalten will oder nicht.
14
Zwar sind in der Unfallversicherung - wie auch hier - häufig mehrere Leistungsarten vereinbart, insbesondere Krankenhaustagegeld und Invaliditätsleistung. In diesen Fällen kann es dazu kommen, dass die Leistungspflicht des Versicherers etwa für Krankenhaustagegeldleistungen bereits feststeht, bevor abschließende Ermittlungen zu Grund und Höhe der Invaliditätsleistung getroffen wurden. Dies bedeutet aber nicht, dass dem Versicherer zumindest ein isoliertes Kündigungsrecht für die verschiedenen Leistungsarten zusteht, sobald für diese jeweils eine Leistung erbracht wurde (in diese Richtung etwa Jannsen in Schubach/ Jannsen, Private Unfallversicherung Ziff. 10 AUB Rn. 18). Für eine derartige Differenzierung nach Teilkündigungen für einzelne Leistungsarten ergibt sich aus der hier vereinbarten Klausel nichts.
15
Scheidet eine Kündigung der Beklagten mithin bereits wegen Verfristung aus, so kann die weitere Frage, ob das in Ziff. 10.3 AUB 2000 vereinbarte Sonderkündigungsrecht einer materiellen Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB standhält, offen bleiben.
16
b) Aus der Unwirksamkeit der Kündigung der Beklagten folgt zugleich die Berechtigung der Forderung des Klägers bezüglich des Krankenhaustagegeldes in Höhe von 11.417 €. Insoweit bleibt die Revision ohne Erfolg.
17
Mit Erfolg wendet sie sich demgegenüber gegen die dem Kläger vom Berufungsgericht zugesprochene Invaliditätsleistung in Höhe von 60.900 €. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft unter Verstoß gegen § 180 VVG, der hier gemäß Art. 1 Abs. 1 und 2 EGVVG Anwendung findet , sowie Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000 von einer dauerhaften Funktionseinschränkung des Schultergelenks der Ehefrau mit einem Invaliditätsgrad von 10/20 Armwert (= 35%) ausgegangen.
18
aa) Unzutreffend nimmt das Berufungsgericht an, die Beklagte sei beweispflichtig für eine Verbesserung des Gesundheitszustandes der mitversicherten Ehefrau zum Stichtag des 8. Oktober 2012. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist im Recht der Unfallversicherung zwischen der Erstbemessung der Invalidität und ihrer Neubemessung zu unterscheiden (Senatsurteil vom 18. November 2015 - IV ZR 124/15, BGHZ 208, 9 Rn. 10 m.w.N.). Entscheidender Zeitpunkt für die - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung hier maßgebliche - Erstbemessung der Invalidität ist der Zeitpunkt des Ablaufs der in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen vereinbarten Invaliditätseintrittsfrist (aaO Rn. 12, 19). Dies ist hier bei der vereinbarten 15-monatigen Invaliditätseintrittsfrist der 8. Januar 2011. Auf die Dreijahresfrist kommt es demgegenüber ausnahmsweise an, wenn der Versicherungsnehmer noch vor Ablauf dieser Neubemessungsfrist klageweise Invaliditätsansprüche geltend macht. In einem solchen Fall gehen die Prozessbeteiligten typischerweise davon aus, dass der Streit insgesamt in dem vor Fristablauf eingeleiteten Prozess ausgetragen werden soll einschließlich etwaiger weiterer Invaliditätsfeststellungen (Senatsurteile vom 18. November 2015 aaO Rn. 14; vom 4. Mai 1994 - IV ZR 192/93, VersR 1994, 971 unter 3 c). So liegt der Fall hier, da die Klage innerhalb der für die Neubemessung geltenden Dreijahresfrist, die am 8. Oktober 2012 ablief, erhoben wurde. In einem solchen Fall ist von einem beidseitigen Einverständnis der Parteien zur Invaliditätsfeststellung zum Ablauf des dritten Jahres nach dem Unfalltag auszugehen (Senatsurteil vom 4. Mai 1994 aaO).
19
Hieraus folgt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts jedoch nicht, dass in einem derartigen Fall eine gestufte Ermittlung des Invaliditätsgrades in der Weise zu erfolgen hätte, dass dieser zunächst auf der Grundlage der 15-monatigen Invaliditätseintrittsfrist sowie anschließend nach Maßgabe der Dreijahresfrist für die Neufestsetzung vorzunehmen wäre, und zwar mit einer Beweislast des Versicherungsnehmers für den Invaliditätsgrad zum Zeitpunkt des Ablaufs der 15-monatigen Invaliditätseintrittsfrist sowie einer Beweislast des Versicherers für Veränderungen zum Ende der Dreijahresfrist. Insoweit wird übersehen, dass es in derartigen Fällen nicht um die Neufestsetzung der Invalidität, sondern weiterhin um deren Erstfestsetzung geht, für die nur deshalb nicht auf die vertraglich vereinbarte Invaliditätseintrittsfrist von 15 Monaten abzustellen ist, weil der Versicherungsnehmer noch innerhalb der für die Neubemessung maßgeblichen Dreijahresfrist Klage erhoben hat. Dies ändert indessen nichts daran, dass es sich auch in solchen Fällen einheitlich um die Erstfestsetzung der Invalidität mit einer den Versicherungsnehmer treffenden Beweislast handelt. Dies verkennt das Berufungsgericht , wenn es ausführt, es könne für die Beweislast keinen Unterschied machen, ob der Versicherer eine ordnungsgemäße Erstbemessung vorgenommen habe und deshalb nur über die von ihm verlangte Neubemessung gestritten werde, oder er bereits die Erstbemessung verweigert habe.
20
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht ferner angenommen , nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. M. sei nicht davon auszugehen, dass innerhalb der Dreijahresfrist eine Verbesserung des Gesundheitszustandes eingetreten sei, die eine Neubemessung der Invalidität rechtfertige. Hierbei verkennt das Berufungsgericht, dass nach § 180 Satz 1 VVG der Versicherer die für den Fall der Invalidität versprochenen Leistungen im vereinbarten Umfang schuldet, wenn die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit der versicherten Person unfallbedingt dauerhaft beeinträchtigt ist (ebenso Ziff. 2.1.1.1 AUB 2000). Eine Beeinträchtigung ist gemäß § 180 Satz 2 VVG, der weitgehend die bisherige Rechtslage kodifiziert (BT-Drucks. 16/3945 S. 108; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 180 Rn. 5; HK-VVG/Rüffer, 3. Aufl. § 180 Rn. 2; kritisch PK-VersR/Brömmelmeyer, 3. Aufl. § 180 VVG Rn. 4; FAKomm-VersR/Hugemann, § 180 VVG Rn. 4), dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung dieses Zustandes nicht erwartet werden kann. Hieraus folgt, dass bei der Beurteilung der Dauerhaftigkeit auf den drei Jahre nach dem Unfall vorliegenden und zu diesem Zeitpunkt erkennbaren, d.h. hinreichend prognostizierbaren , Dauerzustand abzustellen ist (Senatsurteile vom 20. April 2005 - IV ZR 237/03, VersR 2005, 927 unter II 1; vom 28. Februar 1990 - IV ZR 36/89, VersR 1990, 478 unter 3; vom 13. April 1988 - IVa ZR 303/86, VersR 1988, 798; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 180 Rn. 5; Leverenz in Bruck/Möller, VVG 9. Aufl. § 180 Rn. 23). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt es mithin nicht abschließend auf den Ist-Zustand nach Ablauf der Dreijahresfrist an, sondern darauf, ob auf der Grundlage des nach Ablauf der Dreijahresfrist bestehenden Zustandes ein hinreichend prognostizierbarer Dauerzustand zu erwarten ist oder nicht. Außer Betracht zu bleiben haben lediglich spätere Veränderungen, die bei Ablauf der Dreijahresfrist - seien sie positiv oder negativ - nicht vorauszusehen waren (vgl. Senatsurteil vom 20. April 2005 aaO unter II 1, 3).
21
Unzutreffend ist ferner die Hilfserwägung des Berufungsgerichts, es müsse für einen Wegfall der Invaliditätsleistung jedenfalls eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Prognose bezüglich der zukünftigen Verbesserung des Gesundheitszustandes bestehen. Aus der Regelung in § 180 Satz 2 VVG ergibt sich vielmehr im Gegenteil, dass mit Ablauf der Dreijahresfrist mit Wahrscheinlichkeit von einem Dauerzustand auszugehen sein muss (vgl. Leverenz in Bruck/Möller aaO). Insoweit legt das Berufungsgericht erneut eine unzutreffende Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zugrunde, weil es verkennt, dass es hier um die Erstfeststellung der Invalidität geht.
22
2. Unfall vom 2. März 2010
23
Soweit das Berufungsgericht wegen des Unfalles der Ehefrau des Klägers vom 2. März 2010 hinsichtlich der Tibiakopffraktur des linken Knies bezogen auf den in der Gliedertaxe vereinbarten Wert für das "Bein bis zur Mitte des Oberschenkels" von 60% keinen Abzug wegen der Vorinvalidität des Hüftgelenks vorgenommen hat, ist dies - jedenfalls ohne weitere Sachverhaltsaufklärung - rechtsfehlerhaft. Gemäß Ziff. 2.1.2.2.3 AUB 2000 wird der Invaliditätsgrad um die Vorinvalidität gemindert, wenn betroffene Körperteile oder Sinnesorgane oder deren Funktionen bereits vor dem Unfall dauernd beeinträchtigt waren. Die Beklagte hat eine derartige Vorinvalidität infolge einer durch das vorgeschädigte Hüftgelenk hervorgerufenen Funktionseinschränkung des Beines behauptet.
24
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 1. April 2015 nicht, dass eine solche Vorinvalidität hier nicht zu berücksichtigen wäre. In dieser Entscheidung hat der Senat klargestellt, dass der Invaliditätsgrad bei einer Gebrauchsminderung der Schulter nicht nach der Gliedertaxe, sondern den Regeln zur Invaliditätsbestimmung für andere Körperteile zu ermitteln ist, wenn das Schultergelenk in den Bestimmungen der Gliedertaxe über Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines Armes keine Erwähnung findet (IV ZR 104/13, VersR 2015, 617 Rn. 12, 16 f.). Diese Ausführungen beziehen sich allein auf die Feststellung der Invalidität nach der Gliedertaxe im Sinne von Ziff. 2.1.2.2.1 bzw. für andere Körperteile und Sinnesorgane im Sinne von Ziff. 2.1.2.2.2 AUB 2000. Hier geht es demgegenüber um die Berücksichtigung der Vorinvalidität, die in Ziff. 2.1.2.2.3 AUB 2000 geregelt ist. In dem der Entscheidung des Senats vom 1. April 2015 zugrunde liegenden Sachverhalt betraf die Vorschädigung aus einem früheren Unfall nach der Behauptung des Versicherers den linken Arm infolge einer Teildurchtrennung der Trizepssehne im Bereich des Oberarmes. Der Senat hat hierzu ausgeführt, es bedürfe, wenn man nach richtiger Auslegung der Gliedertaxe die nach dem zweiten Unfall erlittene Dauerschädigung nicht dem Arm, sondern dem linken Schultergürtel zuordne, besonderer Darlegungen, dass die Vorschädigung am Oberarm dem von der Invalidität "betroffenen Körperteil" im Sinne der Klausel zuzuordnen sei (aaO Rn. 25).
25
Anders als das Berufungsgericht meint, muss die Vorinvalidität mithin nicht im betroffenen Körperteil selbst vorhanden sein, sondern kann sich auch durch Beeinträchtigungen der Funktionen des betroffenen Körperteils infolge der Invalidität eines anderen Körperteils ergeben. Das Berufungsgericht wird nach Zurückverweisung der Sache Gelegen- heit haben, auch die erforderlichen Feststellungen hinsichtlich einer möglichen Vorinvalidität infolge der Schädigung des Hüftgelenks zu treffen.
Mayen Felsch Dr. Karczewski
Dr. Brockmöller Dr. Götz

Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 09.12.2014 - 3 O 121/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.07.2016- 8 U 6/15 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 24/10 Verkündetam:
15.Dezember2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Unfallvers. § 7 I (AUB 88)
Bei Vereinbarung einer progressiven Invaliditätsstaffel, die § 7 I (2) und (3) AUB 88
entsprechende Bedingungen in Bezug nimmt, ist Grundlage für die Progression der
um die Vorinvalidität geminderte Invaliditätsgrad.
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - IV ZR 24/10 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richterin
Dr. Kessal-Wulf, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt,
die Richter Dr. Karczewski und Lehmann auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Dezember 2010

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. Dezember 2009 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. April 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger unterhält seit dem Jahre 1994 bei der Beklagten eine Unfallversicherung, der neben Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 88) Besondere Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel (U 07/88) zugrunde liegen.
2
Auszugsweise lautet § 7 I AUB 88 (Invaliditätsleistung) wie folgt: "(1) Führt der Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) des Versicherten, so entsteht Anspruch auf Kapitalleistung aus der für den Invaliditätsfall versicherten Summe. … (2) Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem Grad der Invalidität.
a) Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluss des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit … eines Beines über der Mitte des Oberschenkels 70%
b) Bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung eines dieser Körperteile oder Sinnesorgane wird der entsprechende Teil des Prozentsatzes nach a) angenommen. … (3) Wird durch den Unfall eine körperliche oder geistige Funktion betroffen, die schon vorher dauernd beeinträchtigt war, so wird ein Abzug in Höhe dieser Vorinvalidität vorgenommen. Diese ist nach (2) zu bemessen."
3
In den Besonderen Bedingungen wird § 7 I AUB 88 wie folgt erweitert : "Führt ein Unfall nach den Bemessungsgrundsätzen der Nummern (2) und (3) zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit, werden der Berechnung der Invaliditätsleistung folgende Versicherungssummen zugrunde gelegt:
a) für den 25% nicht übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die im Versicherungsschein festgelegte Invaliditätssumme ,
b) für den 25%, nicht aber 50% übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die doppelte Invaliditätssumme,
c) für den 50% übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die dreifache Invaliditätssumme."
4
Der Kläger erlitt zunächst am 27. Januar 2005 einen Skiunfall und am 8. Februar 2006 einen Glatteisunfall; durch beide Unfälle kam es zu Dauerschäden an seinem rechten Bein. Der von der Beklagten beauftragte Gutachter bemaß die Gesamtinvalidität des Klägers mit 6/10 von 70% und ordnete diese zu jeweils 3/10 dem ersten und dem zweiten Unfall zu. Die Beklagte zahlte an den Kläger unter Heranziehung der Gliedertaxe in § 7 I (2) a AUB 88 einen Gesamtbetrag von 55.296 €. Der Leistungsberechnung lag für den ersten Unfall eine Versicherungssumme von 122.880 € und für den zweiten Unfall von 138.240 € zugrunde, von der die Beklagte jeweils 21% (3/10 von 70%) ansetzte. Daraus errechneten sich 25.804,80 € für den ersten Unfall und 29.030,40 € für den zweiten Unfall, insgesamt 54.835,20 €. Die Überzahlung von 460,80 € verlangt die Beklagte nicht zurück.
5
Der Kläger vertritt die Ansicht, es sei eine Gesamtinvalidität von 42% Berechnungsgrundlage für die Invaliditätsleistung. Von der für den zweiten Unfall festgestellten Invalidität in Höhe von 21% seien 4% auf die einfache Invaliditätssumme, 17% hingegen auf die doppelte Invaliditätssumme zu beziehen. Das ergebe für den zweiten Unfall eine Invaliditätsleistung von 38%, was einem Betrag von 52.531,20 € entspreche. Für beide Unfälle zusammengerechnet seien 78.376 € zu entschädigen abzüglich bereits geleisteter 55.296 €.
6
Das Landgericht hat die auf 23.040 € zuzüglich Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte in vollem Umfang Erfolg. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


7
Das Rechtsmittel ist begründet.
8
Das I. Berufungsgericht hat ausgeführt, die von der Beklagten verwendeten Versicherungsbedingungen seien unklar. Die sich bei einer Auslegung des § 7 I AUB 88 und der Besonderen Bedingungen ergebenden Zweifel gingen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten. Die vom Kläger geltend gemachte Lesart der Bedingungen sei rechtlich vertretbar und stelle die für ihn günstigste Auslegungsmöglichkeit dar; sie sei daher der Berechnung der Invaliditätsleistung zugrunde zu legen. Erst in den AUB 99 - und nicht schon in den zwischen den Parteien vereinbarten AUB 88 - finde sich die klare Festlegung, dass zur Berücksichtigung einer Vorinvalidität "der Invaliditätsgrad" gemindert werden müsse.
9
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1.Versicherungsbedingungensind aus sich heraus zu interpretieren ohne vergleichende Betrachtungen mit anderen Versicherungsbedingungen , die dem Versicherungsnehmer regelmäßig nicht bekannt sind und auch nicht bekannt sein müssen, so dass ihm eine bedingungsübergreifende Würdigung deshalb von vornherein verschlossen bleibt (vgl.
Senatsurteile vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09, VersR 2009, 1622 Tz. 19; vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99, VersR 2000, 1090 unter 2 a). Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen - und erst recht ihre spätere Entwicklung in nachfolgenden Fassungen - hat daher außer Betracht zu bleiben. Es geht allein darum, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Klausel in § 7 I (3) AUB 88 in Verbindung mit der Zusatzklausel , wie sie in den Besonderen Bedingungen enthalten ist, bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.). Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - seine Interessen entscheidend.
11
2. Ein solcher Versicherungsnehmer entnimmt zunächst § 7 I (1) AUB 88, dass die Beklagte als Versicherer ihm eine Invaliditätsleistung verspricht für den Fall, dass ein Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) führt. Unter den in der Klausel weiter genannten Voraussetzungen entsteht ein Anspruch auf Kapitalleistung aus der für den Invaliditätsfall vereinbarten Versicherungssumme. Wie sich die Höhe der Leistung im Einzelnen bemisst, erfährt der Versicherungsnehmer aus § 7 I (2) AUB 88; danach richtet sich diese nach dem Grad der Invalidität. Unter Buchst. a werden feste Invaliditätsgrade genannt, wenn es - wie hier - zum Verlust oder zur Funktionsunfähigkeit von Körperteilen oder Sinnesorganen kommt. Das ist für den (völligen) Verlust oder die (völlige) Funktionsunfähigkeit eines Beines über der Mitte des Oberschenkels ein Invaliditätsgrad von 70%, wobei nach Buchst. b bei einem Teilverlust oder einer bloßen Funktionsbeeinträchtigung des betreffenden Körperteils nur ein entsprechender Teil des der Gliedertaxe zu entnehmenden Prozentsatzes in Ansatz gebracht wird. Für den ersten Unfall errechnet sich daraus - zwischen den Parteien unstreitig - ein Invaliditätsgrad von 21%, für den zweiten Unfall hingegen von insgesamt 42%.
12
3. Der Versicherungsnehmer erkennt bei weiterer Durchsicht der Versicherungsbedingungen, dass für die Versicherungsleistung wegen unfallbedingter Invalidität solche Ursachen außer Betracht zu bleiben haben, die sich für das aktuell zu entschädigende Unfallereignis als unfallfremd darstellen. Dieses kommt für ihn in § 7 I (3) AUB 88 zum Ausdruck. Er erkennt daraus, dass Krankheiten und Gebrechen, wenn und soweit sie als Folge eines früheren Unfalls - oder aus anderem Grunde - schon vorher vorhanden waren, nicht dem neuen Unfall zuzurechnen sind. Das bedeutet hier: Beide Unfallereignisse sind getrennt zu betrachten ; ferner ist die beim Kläger aufgrund des ersten Unfallereignisses vorhandene Vorschädigung bei der nach dem zweiten Unfallereignis bestehenden Invalidität und der daraus folgenden Versicherungsleistung mindernd zu berücksichtigen. Ein verständiger Versicherungsnehmer darf und wird nicht erwarten, dass der Versicherer ihm Versicherungsschutz auch insoweit bietet, als eine nach dem späteren Unfallereignis festgestellte Gesamtinvalidität eine Teilinvalidität einschließt, die sich auf ein früheres (Unfall-)Ereignis zurückführen lässt (Senatsurteil vom 3. Dezember 1997 - IV ZR 43/97, BGHZ 137, 247, 253). Eine daraus bedingte (Vor-)Invalidität geht zu seinen Lasten.
13
Dem 4. Versicherungsnehmer wird aus § 7 I (3) AUB 88 weiter deutlich, dass eine solche - hier auf einem früheren Unfallereignis beruhende - Vorinvalidität zu einem Abzug von der zuvor ermittelten Gesamtinvalidität führt. Der Versicherer verweist in § 7 I (3) AUB 88 darauf, dass sich die Höhe dieses Abzuges nach § 7 I (2) AUB 88 richtet, mithin auch hier der Invaliditätsgrad Maß gibt, der - soweit ein entsprechender Teil auf die Vorschädigung entfällt - zu einer Verminderung des vom Versicherer für den späteren Unfall zu entschädigenden Invaliditätsgrades führt.
14
5. Vor diesem Hintergrund wird der Versicherungsnehmer die Besonderen Bedingungen U 07/88 interpretieren; für eine Mehrdeutigkeit oder eine sonstige Unklarheit im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB ist in diesem Zusammenhang nichts ersichtlich.
15
Durch a) die Besonderen Bedingungen wird § 7 I AUB 88 ausdrücklich "erweitert", so dass der Versicherungsnehmer die so in Bezug genommene Klausel und ihren Regelungsgehalt zum Ausgangspunkt nimmt. Bestätigt wird er in dieser Sichtweise durch den nachfolgenden Wortlaut der Besonderen Bedingungen, wonach ein Unfall "nach den Bemessungsgrundsätzen der Nummern (2) und (3)" zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit führen muss. Das bringt mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck, dass von den Bemessungsgrundsätzen des § 7 I (2) und (3) AUB 88 nicht abgewichen werden soll, insbesondere soll es bei der Trennung zwischen dem vom Versicherer zu entschädigenden unfallbedingten Invaliditätsgrad und dem dem Versicherungsnehmer zuzurechnenden Vorinvaliditätsgrad - sei er auch seinerseits unfallbedingt - verbleiben. Dies gilt umso mehr, als die Besonderen Bedingungen keine eigenen Bemessungsgrundsätze enthalten, sondern ausdrücklich an die in § 7 I AUB 88 enthaltenen anknüpfen und diese lediglich insoweit fortschreiben, als bei Erreichen eines bestimmten Invaliditätsgrades sich die im Versicherungsschein festgelegte Invaliditätssumme verdoppelt oder sogar verdreifacht.
Dies ändert indes nichts daran, dass Basis für die Progression der um die Vorinvalidität bereinigte Invaliditätsgrad ist, der sich allein nach § 7 I (2) und (3) AUB 88 bestimmt.
16
b) Allein diese Auslegung der Versicherungsbedingungen der Beklagten , zu der bereits das Landgericht gelangt ist, erweist sich demnach als richtig. Sie folgt den Grundsätzen des Senatsurteils vom 24. Februar 1988 (IVa ZR 220/86, VersR 1988, 461 unter 1 zu AUB 61), an denen festzuhalten ist; für die AUB 88 ergeben sich insoweit keine Besonderheiten (vgl. auch Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 8 AUB 94 Rdn. 3; Nr. 3 AUB 2008 Rdn. 9; Grimm, Unfallversicherung 4. Aufl. Nr. 3 AUB 99 Rdn. 6; Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts -Handbuch 2. Aufl. § 47 Rdn. 197; Rüffer in Rüffer/Halbach/ Schimikowski, VVG Ziff. 2 AUB 2008 Rdn. 34). Das Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 (IV ZR 264/98, VersR 2000, 444 unter 2 b aa), in dem auf die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken (VersR 1998, 836) Bezug genommen wird, steht dem nicht entgegen, denn im dortigen Zusammenhang ging es um eine Klausel, die § 8 AUB 88 entspricht.
17
c) Erst der nach § 7 I (2) und (3) AUB 88 ermittelte unfallbedingte Invaliditätsgrad versetzt den Versicherer nach alledem in den Stand, die ihm obliegende Berechnung der nach den Versicherungsbedingungen geschuldeten Entschädigungsleistung vorzunehmen. Die Beklagte hat in den Besonderen Bedingungen lediglich für Fälle, in denen die unfallbedingte Invalidität des Versicherten 25% übersteigt, die Anknüpfung an bewegliche, mit dem unfallbedingten Invaliditätsgrad progressiv steigende Versicherungssummen versprochen, nicht dagegen die Maßgeblichkeit anderer Invaliditätsgrade als der in den AUB vereinbarten (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 aaO unter 2). Folgen zwei Unfälle auf- einander, kommt es auch für den zeitlich späteren Unfall nur auf den Invaliditätsgrad an, der letzterem zuzuordnen ist. Eine Zusammenrechnung oder eine sonstige übergreifende Betrachtung beider Unfälle, wie der Kläger sie geltend macht, scheidet für die progressive Invaliditätsstaffel aus. Einen Invaliditätsgrad, der 25% übersteigt, hat der Kläger allein mit dem zweiten Unfall nicht erreicht, so dass die Beklagte zu einer weiteren Versicherungsleistung nicht verpflichtet ist.
Dr. Kessal-Wulf Felsch Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski Lehmann

Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 23.04.2009 - 14 O 238/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.12.2009 - 3 U 70/09 -

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Rostock - 4. Zivilsenat - vom 17. August 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 30.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend, die sie in Verbindung mit einer Lebensversicherung hält. Versicherte Person ist ihre Tochter.

2

Dem Vertrag liegen "Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung" (im Folgenden: BB-BUZ) zugrunde, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 1 Was ist versichert?

(1) Wird die versicherte Person während der Risikodauer dieser Zusatzversicherung zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig, so erbringen wir für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens jedoch bis zum Ablauf der vereinbarten Leistungsdauer folgende Versicherungsleistungen:

...

§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?

(1) Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt in gesunden Tagen ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Wir verzichten jedoch auf die Verweisung auf eine andere Tätigkeit, wenn die versicherte Person keine solche ausübt. ...

§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?

(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit, ihren Grad bzw. den Umfang der Pflegebedürftigkeit nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausübt, wobei neu erworbene berufliche Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war ..., können wir außerdem erneut prüfen, ob sie eine Tätigkeit im Sinn von § 2 ausüben kann.

...

(4) Haben sich der Grad der Berufsunfähigkeit auf weniger als 50 Prozent ... vermindert, stellen wir unsere Leistungen ein. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten mit; ..."

3

Die Versicherte ist ausgebildete Gesundheits- und Krankenpflegerin. Sie war seit September 2006 bis November 2008 als Krankenschwester bei einem ambulanten Pflegedienst mit der Betreuung von pflegebedürftigen Personen in der stationären und ambulanten Pflege beschäftigt. Ihre regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 40 Stunden bei einem monatlichen Bruttolohn von zuletzt durchschnittlich 1.359,31 €. Nachdem die Versicherte mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten hatte, erkannte die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit Schreiben vom 14. April 2009 ihre Leistungspflicht rückwirkend zum 1. Dezember 2008 an und erbrachte die vereinbarten Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

4

Seit November 2009 arbeitet die Versicherte als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen und unterstützenden Tätigkeiten ohne körperliche Belastungen bei einem Pflegedienst. Bei einer 30-Stunden-Woche erhält sie einen Bruttolohn von 1.050 € monatlich. Daraufhin stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten entsprechend einer Ankündigung vom 21. Mai 2010 die Leistungen zum 1. November 2010 ein.

5

Die Parteien streiten darüber, ob die Versicherte auf die von ihr ausgeübte Tätigkeit als Krankenschwester mit ausschließlich administrativen Tätigkeiten verwiesen werden kann.

6

Das Landgericht hat die - auf Zahlung der rückständigen und laufenden Renten zuzüglich Überschussbeteiligung, Erstattung von Beiträgen und Beitragsbefreiung gerichtete - Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

8

I. Nach dessen Auffassung hat die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Nachprüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt. Sie habe mit dem Schreiben vom 21. Mai 2010 wirksam mitgeteilt, dass sie die Leistungen aufgrund konkreter Verweisung in die im Rahmen des erlernten Berufs tatsächlich ausgeübte Tätigkeit einstellen werde. Aus § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ergebe sich, dass die konkrete Verweisung auf eine tatsächlich ausgeübte Ausweichtätigkeit ohne einen ausdrücklich im Leistungsanerkenntnis erklärten Vorbehalt möglich sei.

9

Die von der Versicherten seit November 2009 ausgeübte Berufstätigkeit als Krankenschwester im administrativen und unterstützenden Bereich sei in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht mit derjenigen, die sie im unmittelbaren Pflegebereich vor dem Anerkenntnis ausgeübt habe, vergleichbar und sichere ihr trotz der Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ihre Lebensstellung. Die neue Tätigkeit im erlernten Beruf erfordere keine geringere Qualifikation und stelle keinen sozialen Abstieg dar. Die wahrgenommenen Organisations- und Leitungsaufgaben würden im gesellschaftlichen Ansehen erfahrungsgemäß nicht geringer bewertet als die zuvor ausgeübte pflegerische Tätigkeit. Die Versicherte müsse sich nicht darauf verweisen lassen, welches Einkommen sie erzielen könnte, sondern allein darauf, welches Einkommen sie aufgrund ihrer derzeitigen Tätigkeit tatsächlich erziele. Die Einkommensminderung liege noch in einem Bereich, der im Zusammenhang mit den anderen Faktoren die Annahme einer Ungleichwertigkeit der Lebensstellung nicht rechtfertige. Selbst bei einer Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen aus der früheren vollschichtigen Tätigkeit als Krankenschwester in Höhe von durchschnittlich 1.359,31 € im Monat und aus der nun ausgeübten Tätigkeit von durchschnittlich 1.050 € im Monat, mithin einer Einkommensdifferenz von durchschnittlich 309,31 €/Monat = 22,77% sei die Verweisung noch zumutbar, weil die Lebensstellung der Versicherten nunmehr durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen.

10

II. Mit der gegebenen Begründung kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben.

11

1. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte auch nach dem Anerkenntnis der Leistungspflicht ohne ausdrücklichen Vorbehalt gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ zur erneuten Prüfung berechtigt ist, ob die Versicherte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine andere Tätigkeit ausübt, die sie aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausüben kann und die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht. Es hat angenommen, dass das Schreiben der Beklagten vom 21. Mai 2010 den formellen Anforderungen des Nachprüfungsverfahrens genügt. Dagegen wendet sich die Revision - zu Recht - nicht.

12

2. Sie rügt aber mit Erfolg, dass die materiellen Voraussetzungen für die Leistungseinstellung nach den bisherigen Feststellungen nicht erfüllt sind.

13

a) Im Rahmen der in § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ vorgesehenen Nachprüfung der Berufsunfähigkeit kann die Beklagte nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ auch erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausübt. Selbst wenn - wie die Revisionserwiderung meint - § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ eine abstrakte Verweisungsklausel mit Verweisungsverzicht bei Nichtausübung der Verweisungstätigkeit enthält, gilt dies nach dem für die Auslegung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen maßgeblichen Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nicht für die hier in Rede stehende Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit ausübt, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

14

Die Regelung des Nachprüfungsverfahrens in § 6 Abs. 1 BB-BUZ steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Definition der Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 - IV ZR 155/98, VersR 2000, 171 unter I 3 a zu § 7 Abs. 1 BB-BUZ entsprechend den Musterbedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung aus dem Jahre 1975, im Folgenden: § 7 BB-BUZ 1975). Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ wird dem Versicherer das Recht eröffnet, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Ein Fortbestehen der Berufsunfähigkeit setzt voraus, dass eben dieser Tatbestand bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat. Wann und unter welchen Voraussetzungen bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit - und damit der Versicherungsfall - eintritt, ergibt sich aber nicht aus § 6 BB-BUZ, sondern allein aus der Vorschrift des § 2 Abs. 1 BB-BUZ und den ihr zu entnehmenden Maßstäben. Schon aus diesem Zusammenhang wird deutlich, dass der Begriff Berufsunfähigkeit in §§ 2 und 6 BB-BUZ inhaltlich deckungsgleich ist; § 6 BB-BUZ betrifft allein die Nachprüfung eines Tatbestands, dessen Voraussetzungen mit der Definition von Berufsunfähigkeit in § 2 Abs. 1 BB-BUZ vorgegeben sind (vgl. Senatsurteil vom 3. November 1999 aaO). Allerdings enthält § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ - anders als etwa § 7 Abs. 1 BB-BUZ 1975 - hinsichtlich der Verweisung eine ausdrückliche Regelung, die nicht vollständig mit § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 BB-BUZ übereinstimmt. § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ ermöglicht dem Versicherer grundsätzlich nur die Nachprüfung, ob die versicherte Person eine andere - vergleichbare - Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ tatsächlich ausübt. Etwas anderes gilt nach § 6 Abs. 1 Satz 3 BB-BUZ, wenn die versicherte Person bei Eintritt der Berufsunfähigkeit noch nicht oder nicht mehr berufstätig war; dann kann der Versicherer außerdem erneut prüfen, ob die versicherte Person eine Tätigkeit im Sinne von § 2 BB-BUZ ausüben kann. Abgesehen von diesem Sonderfall ist dem Versicherer im Nachprüfungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ nur eine konkrete Verweisung auf eine andere Tätigkeit eröffnet, nicht aber eine abstrakte Verweisung, wie sie in § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ geregelt ist. Ein Wegfall der Berufsunfähigkeit wegen Verweisung auf eine vergleichbare Tätigkeit setzt somit im Nachprüfungsverfahren voraus, dass der Versicherte diese tatsächlich ausübt.

15

b) Eine Verweisung des Versicherten auf eine andere ausgeübte Tätigkeit kommt nach dem für den Versicherungsnehmer erkennbaren Sinnzusammenhang zwischen § 6 Abs. 1 Satz 2 BB-BUZ und § 2 BB-BUZ auch nach einem Leistungsanerkenntnis nur dann in Betracht, wenn die andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BUZ der bisherigen Lebensstellung der versicherten Person entspricht. Diese wird vor allem durch die zuletzt in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit geprägt. Ihre Berücksichtigung sondert Tätigkeiten aus, deren Ausübung deutlich geringere Fähigkeiten und Erfahrung erfordert als der bisherige Beruf. Die Lebensstellung des Versicherten wird also von der Qualifikation seiner Erwerbstätigkeit bestimmt, die sich - ebenso wie die Vergütung dieser Tätigkeit - wiederum daran orientiert, welche Kenntnisse und Erfahrungen die ordnungsgemäße und sachgerechte Ausübung der Tätigkeit voraussetzt. Eine Vergleichstätigkeit ist dann gefunden, wenn die neue Erwerbstätigkeit keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und in ihrer Vergütung sowie in ihrer sozialen Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt (Senatsurteile vom 21. April 2010 - IV ZR 8/08, VersR 2010, 1023 Rn. 11; vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01, r+s 2003, 164 unter II 1; vom 11. Dezember 1996 - IV ZR 238/95, VersR 1997, 436 unter II 3 b m.w.N.).

16

Da die Berufsausübung in gesunden Tagen vor Eintritt des Versicherungsfalles die Vergleichsmaßstäbe dafür liefert, ob die neue Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung entspricht, muss bekannt sein, wie sie konkret ausgestaltet war, welche Anforderungen sie an den Versicherten stellte, welche Fähigkeiten sie voraussetzte, welches Einkommen sie ihm sicherte und wie sich seine beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten real darstellten (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO). Dies gilt auch bei der Nachprüfung des Fortbestehens der Berufsunfähigkeit. Die vom Versicherer zu treffende Entscheidung, ob er die Leistungen wegen Wegfalls der Berufsunfähigkeit einstellen kann, erfordert einen Vergleich des Zustandes, der dem Leistungsanerkenntnis zugrunde liegt, mit dem Zustand zu einem späteren Zeitpunkt (Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO; Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 - IV ZR 48/06, VersR 2008, 521 Rn. 3; jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für den Vergleich der vor dem Leistungsanerkenntnis zuletzt ausgeübten Tätigkeit mit der anderen, nach dem Anerkenntnis ausgeübten Tätigkeit, auf die der Versicherte verwiesen werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Januar 2008 aaO; Senatsurteil vom 21. April 2010 aaO Rn. 11 a.E.).

17

c) Diesen Maßstäben genügt die Vergleichsbetrachtung des Berufungsgerichts nicht.

18

aa) Es ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es Sache des Versicherers ist, im Nachprüfungsverfahren zu beweisen, dass die Voraussetzungen seiner Leistungspflicht nicht mehr erfüllt sind (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO Rn. 13; vom 24. Februar 2010 - IV ZR 119/09, VersR 2010, 619 Rn. 10; vom 11. Dezember 2002 aaO unter II 3; vom 3. November 1999 aaO unter I 3 b). Will der Versicherungsnehmer - wie hier die Klägerin - geltend machen, die von der versicherten Person neu ausgeübte Tätigkeit entspreche nicht ihrer bisherigen Lebensstellung, so obliegt es ihm, die konkreten Umstände darzulegen, aus denen sich die fehlende Vergleichbarkeit ergeben soll (Senatsurteile vom 21. April 2010 aaO; vom 11. Dezember 2002 aaO m.w.N.).

19

bb) Ob - wie die Revision einwendet - die vom Berufungsgericht bejahte Vergleichbarkeit der sozialen Wertschätzung beider Tätigkeiten der Versicherten schon daran scheitert, dass eine Krankenpflegerin, die die Arbeit am Krankenbett erledigt und sich um den Patienten kümmert, deshalb das deutlich höhere Sozialprestige als eine Krankenschwester hat, die - wie die Tochter der Klägerin - die Organisation dieser Arbeit regelt, kann dahinstehen. Entsprechenden Instanzvortrag der Klägerin zum geringeren Sozialprestige der neuen Tätigkeit ihrer Tochter zeigt die Revision nicht auf.

20

cc) Mit nicht tragfähiger Begründung hat das Berufungsgericht aber angenommen, dass die Vergütung nicht spürbar unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufs abgesunken sei.

21

(1) Richtig ist der Ausgangspunkt, dass es bei der konkreten Verweisung für den Einkommensvergleich nicht auf die erzielbaren, sondern auf die tatsächlich erzielten Einkünfte auch dann ankommt, wenn die Einkommensminderung ausschließlich auf einer Minderung der Stundenzahl beruht (so auch OLG Nürnberg VersR 2012, 843, 845). Ist dem Versicherer nur eine konkrete Verweisung möglich, kann er dem Versicherten auch dann kein fiktives Einkommen anrechnen, wenn dieser nur eine Teilzeitarbeit ausübt.

22

(2) Zutreffend hat das Berufungsgericht weiterhin zugrunde gelegt, dass sich eine generelle Quote der hinzunehmenden Einkommenseinbuße angesichts der Bandbreite individueller Einkommen nicht festlegen lässt. Vielmehr ist stets eine einzelfallbezogene Betrachtung unerlässlich und geboten (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97, VersR 1998, 1537 unter II 3; vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96, VersR 1998, 42 unter 4 b). Ausgehend davon hat das Berufungsgericht bei Gegenüberstellung der Bruttoeinkommen eine Einkommensdifferenz von brutto 22,77% für "noch" zumutbar gehalten. Gegen die Anwendung der Bruttolohnmethode erinnert die Revision zu Recht nichts. Bei dem bedingungsgemäß vorzunehmenden Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an. Maßgeblich ist nicht die Festlegung auf eine Berechnungsmethode, sondern es kommt darauf an, nach welcher Methode die zu vergleichenden Lebensstellungen in ihrer wirtschaftlichen/finanziellen Komponente zutreffend abgebildet werden (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, VersR 2012, 427 Rn. 10).

23

(3) Ob - wie die Revision geltend macht - der in gesunden Tagen erzielte Lohn unter Berücksichtigung von Lohn- und Preissteigerungen mit dem Lohn aus dem Vergleichsberuf zu vergleichen und das früher erzielte Einkommen auf den Zeitpunkt der Verweisung fortzuschreiben ist (Lücke in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 172 Rn. 91; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 59; LG Mannheim r+s 2013, 243, 244; offengelassen von OLG Saarbrücken, Urteil vom 21. Mai 2006 - 5 U 605/05, juris Rn. 50), bedarf hier keiner Entscheidung. In den Tatsacheninstanzen hat die Klägerin zu Lohnsteigerungen in der Zeit zwischen Aufgabe des früheren Berufs ihrer Tochter und Aufnahme ihrer jetzigen Tätigkeit nichts vorgetragen.

24

(4) Nicht bedacht hat das Berufungsgericht indes, dass sich prozentuale Einkommens- und Gehaltsminderungen - je nach Höhe des bisherigen Verdienstes - unterschiedlich belastend auswirken (Senatsurteile vom 17. Juni 1998 aaO; vom 22. Oktober 1997 aaO; so auch Lücke aaO Rn. 86, § 2 BU Rn. 49). Der Senat hat in der Entscheidung vom 17. Juni 1998 angenommen, dass sich bei Minderung eines Jahresbruttoeinkommens von nicht ganz 70.000 DM um fast ein Drittel die bisherige Lebensstellung im wirtschaftlichen Bereich nicht mehr halten lasse. Auch eine - hier gegebene - Einbuße von 22,77% wirkt sich bei einem niedrigen Bruttoeinkommen von 1.359,31 € wesentlich stärker aus als bei einem Bruttoeinkommen im mittleren oder höheren Bereich.

25

(5) Das Berufungsgericht hat die Lebensstellung der Versicherten nur deshalb als "noch" gesichert angesehen, weil sie nun durch einen wesentlich höheren Freizeitanteil geprägt werde und besondere Belastungen, wie Nachtarbeit, entfielen. Eine solche Verrechnung von Freizeit und Arbeitserleichterungen mit der Einkommensdifferenz (dafür: OLG Nürnberg VersR 1992, 1387, 1388; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung 3. Aufl. Abschnitt H Rn. 118) ist aber mit dem Zweck der Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vereinbar (so auch: OLG Karlsruhe VersR 2012, 841, 843; OLG München r+s 2003, 166, 167). Zwar bildet nicht allein die Gleichheit des durch Arbeit erzielten Einkommens den Vergleichsmaßstab, sondern die Vergleichbarkeit der Lebensstellung, die sich ein Versicherter aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit verschafft oder verschaffen kann (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 12 m.w.N.). Durch das Fehlen von (einzelnen) Erschwernissen, wie etwa Nachtarbeit oder Überstunden, wird die Lebensstellung in diesem Sinne aber ebenso wenig geprägt wie durch zusätzliche Freizeit. Beim Einkommensvergleich kommt es entscheidend auf die Sicherstellung der individuellen bisherigen Lebensumstände an (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 10). Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung soll für den Versicherten erkennbar seinen individuellen und sozialen Abstieg im Berufsleben und in der Gesellschaft verhindern (Senatsurteil vom 8. Februar 2012 aaO Rn. 14 m.w.N.). Ein solcher Abstieg wird nicht durch mehr Freizeit und das Fehlen von Erschwernissen am Arbeitsplatz vermieden, sondern dadurch, dass dem Versicherten weiterhin die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, die die Aufrechterhaltung des in gesunden Tagen durch den früheren Beruf erreichten Lebensstandards ermöglichen. Demnach ist der Vorteil größerer Freizeit angesichts des Zwecks der Berufsunfähigkeitsversicherung, den Unterhalt des Versicherten und gegebenenfalls seiner Familie auch in Zeiten der Krankheit sicherzustellen, nicht zu berücksichtigen (OLG Karlsruhe aaO; OLG München aaO). Von der zusätzlich gewonnenen Freizeit kann der Unterhalt nicht bestritten werden (OLG Karlsruhe aaO). Könnte man Einkommenseinbußen durch Zeitgewinn kompensieren, bedeutete das letzten Endes, dass der gänzliche Verlust des Einkommens durch den völligen Wegfall beruflicher Tätigkeit aufgewogen würde (OLG München aaO).

26

Eine von der Revisionserwiderung befürwortete Anrechnung etwaiger Einsparmöglichkeiten dergestalt, dass der Versicherte Dienstleistungen, die er sonst hätte bezahlen müssen, nun selbst übernehmen könnte, ist in den BB-BUZ nicht vorgesehen.

27

3. Das Berufungsgericht hat daher nochmals zu prüfen, ob die Einkommenseinbuße - ohne Kompensation durch mehr Freizeit und Wegfall besonderer Belastungen - der Versicherten zumutbar ist; hierzu wird es den Parteien Gelegenheit zur ergänzenden Stellungnahme zu geben haben.

Mayen                           Felsch                           Harsdorf-Gebhardt

             Dr. Karczewski                   Dr. Götz

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 14 U 4138/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 07.05.2015

091 O 671/14 LG Augsburg

... Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Nichtamtlicher Leitsatz

In dem Rechtsstreit

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

....

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 14. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 02.10.2014, Az. 091 O 671/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

Der Kläger macht nach Leistungseinstellung der Beklagten zum 31.12.2013 weitere monatliche Zahlungsansprüche wegen Berufsunfähigkeit aus seiner Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitsvorsorge (aus dem Jahr 2003) geltend. Der Kläger war bis zu seinem Unfall am 18.2.2008 als Service-Mechaniker für Druckmaschinen bzw. Maschinenschlosser tätig. Die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 7.1.2009 mit Wirkung ab 1.3.2008 anerkannt (Anlage K 4). Nach erfolgreicher Umschulung des Klägers zum Maschinenbautechniker und Aufnahme einer konkreten Vollzeit-Tätigkeit als Konstruktionstechniker im April 2011 leitete die Beklagte das in § 7 der Besonderen Bedingungen für die Bausteine zur Berufsunfähigkeitsvorsorge (künftig: BB-BU, Anlage K 3) vorgesehene Nachprüfungsverfahren ein mit der Folge einer Leistungseinstellung gemäß Schreiben vom 14.11.2013 im Hinblick auf den neuen Beruf des Klägers (Anlage K 6). Die Parteien streiten darüber, ob die zweifelsfrei nur aufgrund der Umschulung bzw. Weiterbildung mögliche neue berufliche Tätigkeit des Klägers von der Beklagten im Nachprüfungsverfahren zum Nachteil des Klägers berücksichtigt werden durfte. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das Ersturteil des Landgerichts Augsburg vom 2.10.2014 Bezug genommen. Änderungen haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da es der Ansicht war, dass die Beklagte den Kläger nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen trotz der vorangegangenen notwendigen Umschulung auf seine neue Tätigkeit, die unstreitig seiner Lebensstellung bis zum 1.3.2008 entspricht, verweisen durfte. In § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU sei klar und unmissverständlich geregelt, dass die Beklagte das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und die Ausübung einer anderen Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 BB-BU erneut prüfen dürfe. Bei der dortigen Definition der Berufsunfähigkeit sei gerade nicht auf die Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf eine Verweisungstätigkeit abgestellt worden, sondern eindeutig (nur) auf die Tatsache der Ausübung einer Tätigkeit, die der bisherigen Lebensstellung entspricht. Die von der Klagepartei zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere die Urteile vom 13.5.1987, Az. IV a ZR 8/86, und vom 7.2.2007, Az. IV ZR 244/03, stünden diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen, da die entscheidungserheblichen Vertragsbedingungen nicht vergleichbar gewesen seien. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13.5.1987 - insbesondere im Hinblick auf § 5 AGBG - verlangt, dass die Regelungen zu Änderungsmöglichkeiten im Nachprüfungsverfahren ausreichend klar sein müssten. Dies sei hier jedoch der Fall.

Mit seiner Berufung rügt der Kläger eine fehlerhafte Auslegung von § 7 Abs. 1 BB-BU durch das Erstgericht. Da der Kläger nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Fall der bedingungsgemäßen Unfähigkeit, den zuletzt ausgeübten Beruf weiter auszuüben, grundsätzlich nicht zur Teilnahme an Umschulungsmaßnahmen bzw. zum anderweitigen Erwerb neuer Fähigkeiten verpflichtet sei, könne ihm ein neuer Beruf, den er unstreitig nur aufgrund von Umschulungsmaßnahmen erlangen konnte, nicht als Verweisungsberuf entgegengehalten werden. Verweisungsberuf im Sinne der verfahrensgegenständlichen Vertragsbedingungen könne - auch wenn dies so nicht wörtlich zum Ausdruck gebracht sei - nur ein Beruf sein, den der Versicherte aufgrund seiner bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit erlangten Ausbildung und Erfahrung ausüben könne. Dieses Kriterium sei in dem Erfordernis einer Vergleichbarkeit der Lebensstellung mit beinhaltet.

Der Kläger beantragt:

1) Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 2.10.2014 - 091 O 671/14 - wird aufgehoben.

2) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlich im Voraus ab 01.03.2014 eine Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung 24034114588490 in Höhe von EUR 860,46, längstens bis 31.10.2031, zu zahlen und den Kläger innerhalb dieses Zeitraumes von der Beitragszahlungsverpflichtung zu befreien.

3) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger, beginnend ab dem 01.11.2014 weitere Überschussanteile aus der in Ziffer 2) genannten Berufsunfähigkeitsversicherung zu bezahlen.

4) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.869,98 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

5) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 807,36 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das Ersturteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und übergebenen Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II. Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

Die Vertragsauslegung durch das Erstgericht ist auch nach Ansicht des Senats zutreffend.

1. Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen ist grundsätzlich nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen, der die Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig - unter Berücksichtigung der Interessen der beteiligten Kreise und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges - würdigt (BGH 17.12.2008, Az. IV ZR 9/08, VersR 2009, 341 m. w. N.). Maßgeblich ist dabei in erster Linie der Klauselwortlaut (BGH, Hinweisbeschluss vom 6.7.2011, Az. IV ZR 217/09, VersR 2012, 48 m. w. N.).

2. Nach § 2 Abs. 1 BB-BU liegt vollständige Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 3 Jahre außerstande ist, ihren Beruf auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der zuletzt ausgeübte Beruf maßgebend. Falls die versicherte Person infolge einer fortschreitenden Krankheit oder Kräfteverfalls ihren Beruf leidensbedingt geändert hat, ist für die Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, der bei Eintritt des Leidens ausgeübte Beruf maßgebend.

Bei Selbstständigen setzt vollständige Berufsunfähigkeit im Sinne von Satz 1 zusätzlich voraus, dass die versicherte Person auch nach einer zumutbaren Umorganisation des Betriebes außerstande ist, ihre Beruf auszuüben. Zumutbar ist....“

Die Beklagte hat sich in § 7 die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit wie folgt vorbehalten:

„(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 ausübt.

(2) Zur Nachprüfung können wir auf unsere Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte .... verlangen....

(3) Eine Minderung der Berufsunfähigkeit ... und die Wiederaufnahme bzw. Änderung der beruflcihen Tätigkeit müssen Sie uns unverzüglich mitteilen.

(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50% vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen ....“

3. Hinsichtlich der erneuten Prüfung der tatsächlichen Ausübung einer (neuen) vergleichbaren Tätigkeit verweist § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU uneingeschränkt auf § 2 Absatz 1 BB-BU, der zweifelsfrei auch Sätze beinhaltet, die die Frage eines vergleichbaren neuen Berufs nicht betreffen. Angesprochen ist dieser ausdrücklich nur in § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz.

Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BU wird für die Frage der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht darauf abgestellt, dass der nach Eintritt der Berufsunfähigkeit in dem zuletzt ausgeübten Beruf später ergriffene neue Beruf ohne weiteres aufgrund der bis zur Beendigung des zuvor ausgeübten Berufs erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann. Vielmehr kommt es nach dem Wortlaut der Klausel nur darauf an, ob der neue Beruf der bisherigen Lebensstellung entspricht. Dabei beinhaltet die „bisherige Lebensstellung“ nicht auch die Kriterien „Ausbildung und Fähigkeiten“. Dem steht nicht nur der Wortlaut der hiesigen Bedingungen entgegen, sondern auch die Musterbedingungen, die die Kriterien „bisherige Lebensstellung“ und „aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten“ nebeneinander und kumulativ aufführen. Von den verschiedenen gebräuchlichen Varianten der konkreten Verweisung (vgl. Neuhaus, Berufsunfähigkeit, 3. Aufl., Kapitel H., Rn. 158) hat die Beklagte die gewählt, die nur auf die bisherige Lebensstellung abstellt und nicht auch auf Ausbildung und Fähigkeiten.

4. Eine Erwerbstätigkeit entspricht nach der auch im Ersturteil zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.9.1986, Az. IV a ZR 252/84 (VersR 1986, 1113, 1115, rechte Spalte unten) im Fall einer abstrakten Verweisungsklausel der „bisherigen Lebensstellung“, wenn sie „keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und auch in ihrer Vergütung wie in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt“. Durch die notwendige Berücksichtigung der „bisherigen Lebensstellung“ wird somit eine Untergrenze für die Anforderungen an einen zumutbaren Vergleichsberuf definiert, während sich aus der im Fall von abstrakten Verweisungsklauseln üblichen Beschränkung auf „Tätigkeiten, die aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten“ ausgeübt werden können, die Obergrenze für die Anforderungen an den Versicherten ergibt (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Rn. 41 f. zu § 2 BU m. w. N.). Die verfahrensgegenständliche Verweisungsklausel bezieht sich danach nur auf die Untergrenze eines konkreten Vergleichsberufs, der (mindestens) der bisherigen Lebensstellung entsprechen muss. Für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer, der in der Regel keine Kenntnis von den üblichen Formulierungen zu abstrakten Verweisungsklauseln haben dürfte, ergibt sich aus den vorliegenden Formulierungen kein konkreter Hinweis, dass die Beklagte bei einer Nachprüfung darauf beschränkt wäre, nur solche neue Tätigkeiten - die der bisherigen Lebensstellung entsprechen - berücksichtigen zu dürfen, die der Versicherte aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit ausüben konnte.

5. In seinem Urteil vom 13.5.1987, Az. IVa ZR 8/87, hat der Bundesgerichtshof zwar im Fall einer abstrakten Verweisungsklausel und eines Nachprüfungsverfahrens entsprechend §§ 7, 4 BUZ 1975 entschieden, dass der Versicherte, ein gelernter Landwirt, im dortigen Fall nicht auf einen durch eine erfolgreich abgeschlossene Umschulung erworbenen anderen Beruf (Nachrichtengerätemechaniker) verwiesen werden könne, da sich die Versicherung dies nicht ausdrücklich vorbehalten habe. Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit lag nach den damaligen Bedingungen vor, wenn der von Seiten der Mediziner als dauerhaft prognostizierte Gesundheitszustand des Versicherten es ihm nicht mehr erlaubte, in dem nach den Versicherungsbedingungen maßgeblichen Umfang seinen Beruf, wie bislang, auszuüben oder „eine andere Tätigkeit, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht“. Da ein bestimmter Zeitpunkt für den Eintritt des Versicherungsfalles Berufsunfähigkeit festzustellen sei, sei angesichts der Wortfassungen der damaligen Regelungen das ungezwungene Verständnis nahegelegt, dass sich auch die vorgesehene Prüfung der Erfahrung und Ausbildung des Versicherten auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles bezogen habe. Anders als hinsichtlich des medizinischen Bereichs sei für den Leser der Versicherungsbedingungen festzustellen, dass der Vergleichsberuf „prognosefrei“ ermittelt werde. Mangels eines entsprechenden Vorbehalts in ihren Versicherungsbedingungen und mangels Obliegenheit einer Umschulung oder des Erwerbs neuer beruflicher Fähigkeiten könne für das Nachprüfungsverfahren nichts anderes gelten.

In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof jedoch auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im konkreten Fall darauf ankommt, welche Änderungsmöglichkeiten sich die Versicherung rechtswirksam vorbehalten hat.

In den verfahrensgegenständlichen Versicherungsbedingungen wurde auf die Möglichkeit der abstrakten Verweisung verzichtet. Es wird für die Frage der Berufsunfähigkeit nicht darauf abgestellt, ob der Versicherte zum Zeitpunkt seiner Unfähigkeit, weiterhin in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu arbeiten, in der Lage wäre, aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung (bis zu diesem Zeitpunkt) eine ihm auch wirtschaftlich zumutbare andere Tätigkeit zu erbringen. Vielmehr kommt es im konkreten Fall darauf an, ob der Versicherte nach der Unfähigkeit, seinen (vor)letzten Beruf weiter auszuüben, bis zur Entscheidung der Versicherung über ihre Leistungspflicht eine andere Tätigkeit gefunden hat, die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Vorbehalten hat sich die Beklagte in § 7 BB-BU die spätere erneute Prüfung dieser Frage. Im Hinblick auf den notwendigen zeitlichen Abstand bis zur Erklärung der Versicherung über ihre Leistungspflicht nach Prüfung der vom Versicherten eingereichten und der beigezogenen Unterlagen gemäß § 6 BB-BU erscheinen auch zwischenzeitliche Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen des Versicherten zumindest in geringerem Umfang nicht ungewöhnlich. Insoweit ist der hiesige Sachverhalt mit dem Fall nicht vergleichbar, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.5.1987 zugrunde lag.

Für den Versicherungsnehmer ist aus den Versicherungsbedingungen hinreichend erkennbar, dass im Nachprüfungsverfahren auch neue Gesichtspunkte, die sich nicht auf die Entwicklung der gesundheitlichen Verhältnisse beschränken, berücksichtigt werden dürfen.

6. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass er nach den Vertragsbedingungen zu einer Umschulung oder Weiterbildung nicht verpflichtet gewesen wäre und dass es sich bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung um eine Summenversicherung handelt, bei der es auf das Entstehen bzw. Fortbestehen eines konkreten Schadens nicht ankommt.

Der Wegfall der Leistungspflicht bei einer aufgrund erfolgreicher Umschulung oder Weiterbildung möglichen neuen Tätigkeit des Versicherten erscheint dennoch nicht unbillig.Insbesondere hat der Kläger nicht behauptet, dass die absolvierte - im Rahmen des streitgegenständlichen Vertrags überobligatorische - Umschulung nur durch den Einsatz erheblicher eigener finanzieller Mittel möglich gewesen wäre.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO hat. Insbesondere rechtfertigt der Umstand, dass die streitgegenständliche Klausel in einer Vielzahl ähnlicher Verträge verwendet wurde, die Revisionszulassung nicht (vgl. BGH Vers R 2012, 48, 49 m. w. N.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Klausel in Rechtsprechung und Literatur umstritten wäre.

(1) Stellt der Versicherer fest, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht entfallen sind, wird er nur leistungsfrei, wenn er dem Versicherungsnehmer diese Veränderung in Textform dargelegt hat.

(2) Der Versicherer wird frühestens mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang der Erklärung nach Absatz 1 beim Versicherungsnehmer leistungsfrei.

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 14 U 4138/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 07.05.2015

091 O 671/14 LG Augsburg

... Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Nichtamtlicher Leitsatz

In dem Rechtsstreit

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

....

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 14. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 02.10.2014, Az. 091 O 671/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

Der Kläger macht nach Leistungseinstellung der Beklagten zum 31.12.2013 weitere monatliche Zahlungsansprüche wegen Berufsunfähigkeit aus seiner Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitsvorsorge (aus dem Jahr 2003) geltend. Der Kläger war bis zu seinem Unfall am 18.2.2008 als Service-Mechaniker für Druckmaschinen bzw. Maschinenschlosser tätig. Die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 7.1.2009 mit Wirkung ab 1.3.2008 anerkannt (Anlage K 4). Nach erfolgreicher Umschulung des Klägers zum Maschinenbautechniker und Aufnahme einer konkreten Vollzeit-Tätigkeit als Konstruktionstechniker im April 2011 leitete die Beklagte das in § 7 der Besonderen Bedingungen für die Bausteine zur Berufsunfähigkeitsvorsorge (künftig: BB-BU, Anlage K 3) vorgesehene Nachprüfungsverfahren ein mit der Folge einer Leistungseinstellung gemäß Schreiben vom 14.11.2013 im Hinblick auf den neuen Beruf des Klägers (Anlage K 6). Die Parteien streiten darüber, ob die zweifelsfrei nur aufgrund der Umschulung bzw. Weiterbildung mögliche neue berufliche Tätigkeit des Klägers von der Beklagten im Nachprüfungsverfahren zum Nachteil des Klägers berücksichtigt werden durfte. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das Ersturteil des Landgerichts Augsburg vom 2.10.2014 Bezug genommen. Änderungen haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da es der Ansicht war, dass die Beklagte den Kläger nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen trotz der vorangegangenen notwendigen Umschulung auf seine neue Tätigkeit, die unstreitig seiner Lebensstellung bis zum 1.3.2008 entspricht, verweisen durfte. In § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU sei klar und unmissverständlich geregelt, dass die Beklagte das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und die Ausübung einer anderen Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 BB-BU erneut prüfen dürfe. Bei der dortigen Definition der Berufsunfähigkeit sei gerade nicht auf die Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf eine Verweisungstätigkeit abgestellt worden, sondern eindeutig (nur) auf die Tatsache der Ausübung einer Tätigkeit, die der bisherigen Lebensstellung entspricht. Die von der Klagepartei zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere die Urteile vom 13.5.1987, Az. IV a ZR 8/86, und vom 7.2.2007, Az. IV ZR 244/03, stünden diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen, da die entscheidungserheblichen Vertragsbedingungen nicht vergleichbar gewesen seien. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13.5.1987 - insbesondere im Hinblick auf § 5 AGBG - verlangt, dass die Regelungen zu Änderungsmöglichkeiten im Nachprüfungsverfahren ausreichend klar sein müssten. Dies sei hier jedoch der Fall.

Mit seiner Berufung rügt der Kläger eine fehlerhafte Auslegung von § 7 Abs. 1 BB-BU durch das Erstgericht. Da der Kläger nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Fall der bedingungsgemäßen Unfähigkeit, den zuletzt ausgeübten Beruf weiter auszuüben, grundsätzlich nicht zur Teilnahme an Umschulungsmaßnahmen bzw. zum anderweitigen Erwerb neuer Fähigkeiten verpflichtet sei, könne ihm ein neuer Beruf, den er unstreitig nur aufgrund von Umschulungsmaßnahmen erlangen konnte, nicht als Verweisungsberuf entgegengehalten werden. Verweisungsberuf im Sinne der verfahrensgegenständlichen Vertragsbedingungen könne - auch wenn dies so nicht wörtlich zum Ausdruck gebracht sei - nur ein Beruf sein, den der Versicherte aufgrund seiner bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit erlangten Ausbildung und Erfahrung ausüben könne. Dieses Kriterium sei in dem Erfordernis einer Vergleichbarkeit der Lebensstellung mit beinhaltet.

Der Kläger beantragt:

1) Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 2.10.2014 - 091 O 671/14 - wird aufgehoben.

2) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlich im Voraus ab 01.03.2014 eine Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung 24034114588490 in Höhe von EUR 860,46, längstens bis 31.10.2031, zu zahlen und den Kläger innerhalb dieses Zeitraumes von der Beitragszahlungsverpflichtung zu befreien.

3) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger, beginnend ab dem 01.11.2014 weitere Überschussanteile aus der in Ziffer 2) genannten Berufsunfähigkeitsversicherung zu bezahlen.

4) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.869,98 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

5) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 807,36 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das Ersturteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und übergebenen Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II. Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

Die Vertragsauslegung durch das Erstgericht ist auch nach Ansicht des Senats zutreffend.

1. Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen ist grundsätzlich nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen, der die Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig - unter Berücksichtigung der Interessen der beteiligten Kreise und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges - würdigt (BGH 17.12.2008, Az. IV ZR 9/08, VersR 2009, 341 m. w. N.). Maßgeblich ist dabei in erster Linie der Klauselwortlaut (BGH, Hinweisbeschluss vom 6.7.2011, Az. IV ZR 217/09, VersR 2012, 48 m. w. N.).

2. Nach § 2 Abs. 1 BB-BU liegt vollständige Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 3 Jahre außerstande ist, ihren Beruf auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der zuletzt ausgeübte Beruf maßgebend. Falls die versicherte Person infolge einer fortschreitenden Krankheit oder Kräfteverfalls ihren Beruf leidensbedingt geändert hat, ist für die Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, der bei Eintritt des Leidens ausgeübte Beruf maßgebend.

Bei Selbstständigen setzt vollständige Berufsunfähigkeit im Sinne von Satz 1 zusätzlich voraus, dass die versicherte Person auch nach einer zumutbaren Umorganisation des Betriebes außerstande ist, ihre Beruf auszuüben. Zumutbar ist....“

Die Beklagte hat sich in § 7 die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit wie folgt vorbehalten:

„(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 ausübt.

(2) Zur Nachprüfung können wir auf unsere Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte .... verlangen....

(3) Eine Minderung der Berufsunfähigkeit ... und die Wiederaufnahme bzw. Änderung der beruflcihen Tätigkeit müssen Sie uns unverzüglich mitteilen.

(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50% vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen ....“

3. Hinsichtlich der erneuten Prüfung der tatsächlichen Ausübung einer (neuen) vergleichbaren Tätigkeit verweist § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU uneingeschränkt auf § 2 Absatz 1 BB-BU, der zweifelsfrei auch Sätze beinhaltet, die die Frage eines vergleichbaren neuen Berufs nicht betreffen. Angesprochen ist dieser ausdrücklich nur in § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz.

Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BU wird für die Frage der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht darauf abgestellt, dass der nach Eintritt der Berufsunfähigkeit in dem zuletzt ausgeübten Beruf später ergriffene neue Beruf ohne weiteres aufgrund der bis zur Beendigung des zuvor ausgeübten Berufs erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann. Vielmehr kommt es nach dem Wortlaut der Klausel nur darauf an, ob der neue Beruf der bisherigen Lebensstellung entspricht. Dabei beinhaltet die „bisherige Lebensstellung“ nicht auch die Kriterien „Ausbildung und Fähigkeiten“. Dem steht nicht nur der Wortlaut der hiesigen Bedingungen entgegen, sondern auch die Musterbedingungen, die die Kriterien „bisherige Lebensstellung“ und „aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten“ nebeneinander und kumulativ aufführen. Von den verschiedenen gebräuchlichen Varianten der konkreten Verweisung (vgl. Neuhaus, Berufsunfähigkeit, 3. Aufl., Kapitel H., Rn. 158) hat die Beklagte die gewählt, die nur auf die bisherige Lebensstellung abstellt und nicht auch auf Ausbildung und Fähigkeiten.

4. Eine Erwerbstätigkeit entspricht nach der auch im Ersturteil zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.9.1986, Az. IV a ZR 252/84 (VersR 1986, 1113, 1115, rechte Spalte unten) im Fall einer abstrakten Verweisungsklausel der „bisherigen Lebensstellung“, wenn sie „keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und auch in ihrer Vergütung wie in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt“. Durch die notwendige Berücksichtigung der „bisherigen Lebensstellung“ wird somit eine Untergrenze für die Anforderungen an einen zumutbaren Vergleichsberuf definiert, während sich aus der im Fall von abstrakten Verweisungsklauseln üblichen Beschränkung auf „Tätigkeiten, die aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten“ ausgeübt werden können, die Obergrenze für die Anforderungen an den Versicherten ergibt (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Rn. 41 f. zu § 2 BU m. w. N.). Die verfahrensgegenständliche Verweisungsklausel bezieht sich danach nur auf die Untergrenze eines konkreten Vergleichsberufs, der (mindestens) der bisherigen Lebensstellung entsprechen muss. Für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer, der in der Regel keine Kenntnis von den üblichen Formulierungen zu abstrakten Verweisungsklauseln haben dürfte, ergibt sich aus den vorliegenden Formulierungen kein konkreter Hinweis, dass die Beklagte bei einer Nachprüfung darauf beschränkt wäre, nur solche neue Tätigkeiten - die der bisherigen Lebensstellung entsprechen - berücksichtigen zu dürfen, die der Versicherte aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit ausüben konnte.

5. In seinem Urteil vom 13.5.1987, Az. IVa ZR 8/87, hat der Bundesgerichtshof zwar im Fall einer abstrakten Verweisungsklausel und eines Nachprüfungsverfahrens entsprechend §§ 7, 4 BUZ 1975 entschieden, dass der Versicherte, ein gelernter Landwirt, im dortigen Fall nicht auf einen durch eine erfolgreich abgeschlossene Umschulung erworbenen anderen Beruf (Nachrichtengerätemechaniker) verwiesen werden könne, da sich die Versicherung dies nicht ausdrücklich vorbehalten habe. Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit lag nach den damaligen Bedingungen vor, wenn der von Seiten der Mediziner als dauerhaft prognostizierte Gesundheitszustand des Versicherten es ihm nicht mehr erlaubte, in dem nach den Versicherungsbedingungen maßgeblichen Umfang seinen Beruf, wie bislang, auszuüben oder „eine andere Tätigkeit, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht“. Da ein bestimmter Zeitpunkt für den Eintritt des Versicherungsfalles Berufsunfähigkeit festzustellen sei, sei angesichts der Wortfassungen der damaligen Regelungen das ungezwungene Verständnis nahegelegt, dass sich auch die vorgesehene Prüfung der Erfahrung und Ausbildung des Versicherten auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles bezogen habe. Anders als hinsichtlich des medizinischen Bereichs sei für den Leser der Versicherungsbedingungen festzustellen, dass der Vergleichsberuf „prognosefrei“ ermittelt werde. Mangels eines entsprechenden Vorbehalts in ihren Versicherungsbedingungen und mangels Obliegenheit einer Umschulung oder des Erwerbs neuer beruflicher Fähigkeiten könne für das Nachprüfungsverfahren nichts anderes gelten.

In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof jedoch auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im konkreten Fall darauf ankommt, welche Änderungsmöglichkeiten sich die Versicherung rechtswirksam vorbehalten hat.

In den verfahrensgegenständlichen Versicherungsbedingungen wurde auf die Möglichkeit der abstrakten Verweisung verzichtet. Es wird für die Frage der Berufsunfähigkeit nicht darauf abgestellt, ob der Versicherte zum Zeitpunkt seiner Unfähigkeit, weiterhin in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu arbeiten, in der Lage wäre, aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung (bis zu diesem Zeitpunkt) eine ihm auch wirtschaftlich zumutbare andere Tätigkeit zu erbringen. Vielmehr kommt es im konkreten Fall darauf an, ob der Versicherte nach der Unfähigkeit, seinen (vor)letzten Beruf weiter auszuüben, bis zur Entscheidung der Versicherung über ihre Leistungspflicht eine andere Tätigkeit gefunden hat, die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Vorbehalten hat sich die Beklagte in § 7 BB-BU die spätere erneute Prüfung dieser Frage. Im Hinblick auf den notwendigen zeitlichen Abstand bis zur Erklärung der Versicherung über ihre Leistungspflicht nach Prüfung der vom Versicherten eingereichten und der beigezogenen Unterlagen gemäß § 6 BB-BU erscheinen auch zwischenzeitliche Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen des Versicherten zumindest in geringerem Umfang nicht ungewöhnlich. Insoweit ist der hiesige Sachverhalt mit dem Fall nicht vergleichbar, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.5.1987 zugrunde lag.

Für den Versicherungsnehmer ist aus den Versicherungsbedingungen hinreichend erkennbar, dass im Nachprüfungsverfahren auch neue Gesichtspunkte, die sich nicht auf die Entwicklung der gesundheitlichen Verhältnisse beschränken, berücksichtigt werden dürfen.

6. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass er nach den Vertragsbedingungen zu einer Umschulung oder Weiterbildung nicht verpflichtet gewesen wäre und dass es sich bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung um eine Summenversicherung handelt, bei der es auf das Entstehen bzw. Fortbestehen eines konkreten Schadens nicht ankommt.

Der Wegfall der Leistungspflicht bei einer aufgrund erfolgreicher Umschulung oder Weiterbildung möglichen neuen Tätigkeit des Versicherten erscheint dennoch nicht unbillig.Insbesondere hat der Kläger nicht behauptet, dass die absolvierte - im Rahmen des streitgegenständlichen Vertrags überobligatorische - Umschulung nur durch den Einsatz erheblicher eigener finanzieller Mittel möglich gewesen wäre.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO hat. Insbesondere rechtfertigt der Umstand, dass die streitgegenständliche Klausel in einer Vielzahl ähnlicher Verträge verwendet wurde, die Revisionszulassung nicht (vgl. BGH Vers R 2012, 48, 49 m. w. N.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Klausel in Rechtsprechung und Literatur umstritten wäre.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart - 18 O 17/15 - vom 1. Juli 2015 wird

zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Auch das angefochtene Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: bis zu 113.000 Euro.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt Leistungen aus drei bei der Beklagten genommenen Berufsunfähigkeitsversicherungen.
Seit dem Jahr 1997 unterhält der Kläger bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ( - Anlage K 3). Auf diese zahlte der Kläger bis 2006 einen monatlichen Beitrag i.H.v. 88,38; zuletzt erhielt er aus diesem Vertrag eine monatliche Rente i.H.v. 620,10 Euro (Anlage K 8). Die „Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung E 5“ sehen unter anderem die nachfolgenden Regelungen vor (Anlage K 4):
„§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
§ 7 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad oder die Pflegestufe nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob der Versicherte eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausüben kann, wobei neu erworbene berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind.
…“
Der Kläger hat zudem im Jahr 1998 eine Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen ( - Anlage K 5), auf die er im Jahr 2006 Beiträge i.H.v. monatlich 55,53 Euro zahlte und für die im Jahr 2014 eine Rente i.H.v. 259,30 Euro garantiert gewesen ist (Anlage K 6 a.E.). Deren „Besondere Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung E 5“ enthalten unter anderem nachfolgende Bestimmungen (Anlage K 6):
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„§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
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(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens drei Jahre außerstande sein wird, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht.
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§ 6 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
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(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 5. Dabei können wir erneut prüfen, ob der Versicherte eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 ausüben kann, wobei neu erworbene berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind.
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…“
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Im Jahr 2001 hat der Kläger darüber hinaus eine Berufsunfähigkeitsversicherung (...) abgeschlossen (Anlage K 1), für die der monatliche Beitrag im Jahr 2006 bei 113,79 Euro lag und die monatliche Rente zuletzt 1.350,20 Euro betrug (Anlage K 7). In deren „Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die ergänzende Berufsunfähigkeitsvorsorge“ (im Folgenden: AVB - E 355) ist unter anderem bestimmt (Anlage K 2):
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„§ 2 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
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(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 3 Jahre außerstande sein wird, ihren Beruf (bei Selbständigen auch nach einer zumutbaren Umorganisation des Betriebes) auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
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§ 14 Was gilt für die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit?
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(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen; dies gilt auch für zeitlich begrenzte Anerkenntnisse nach § 13 Abs. 2. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ausübt.
22 
…“
23 
Mit Schreiben vom 5. Oktober 2006 (Anlage K 9) anerkannte die Beklagte ihre Leistungspflicht aus den Versicherungen ... zum 1. Juli 2006. Zudem erstattete sie zu viel gezahlte Beiträge aus diesen beiden Versicherungen für die Monate Juli bis Oktober 2006 sowie zu viel gezahlte Beiträge aus der Versicherung ... zurück.
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Der Kläger war vor Eintritt der Berufsunfähigkeit im Jahr 2006 als Zimmerermeister tätig. Dabei war er Geschäftsführer einer GmbH, deren Mitgesellschafter er zugleich war. Danach absolvierte er ein Studium zum Bachelor of Engineering, das er im Jahr 2010 erfolgreich beendete, und sodann ein Studium zum Master of Engineering, das er im September 2012 abschloss. Anschließend nahm er eine Tätigkeit als angestellter Bauingenieur mit einem monatlichen Brutto-Gehalt von 3.000 Euro und nebst einer weiteren monatlichen Zahlung von 19,94 Euro auf (Anlagen K 10 und K 16). Mit Schreiben vom 25. Oktober 2012 lehnte die Beklagte sodann eine Leistung über den 1. November 2012 hinaus ab und verwies den Kläger auf die nunmehr ausgeübte Tätigkeit in der Anstellung als Master of Engineering (Anlage K 13).
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Mit seiner Klage hat der Kläger in erster Instanz die - verzinsliche - Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente und Beitragsrückerstattung von Dezember 2012 bis Januar 2015 i.H.v. monatlich 1.463,99 Euro (1.350,20 Euro + 113,79 Euro - ) - insgesamt 38.063,74 Euro - und von Dezember 2012 bis Dezember 2013 i.H.v. monatlich 708,48 Euro (620,10 Euro + 88,38 Euro - Nr. ... ) - insgesamt 9.210,24 Euro -, die Rückzahlung der Beiträge auf die Versicherung ... . aus letztgenanntem Zeittraum i.H.v. 721,89 Euro sowie die monatliche Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente aus dem Vertrag Nr. ... i.H.v. 1.350,20 Euro ab dem 1. Februar 2015 bis längstens zum 30. Juni 2037 begehrt. Zudem hat der Kläger - im Wege der Stufenklage - Auskunft über die Höhe der Überschussbeteiligung aus dem Vertrag ... seit dem 1. Juli 2012, längstens bis zum 30. Juni 2037 und anschließend die Erhöhung der monatlichen Rente geltend gemacht, ebenso bezogen auf die Versicherung ... seit dem 1. Mai 2012, längstens bis zum 31. Dezember 2013. Darüber hinaus hat der Kläger die Beitragsfreistellung betreffend den Vertrag ... für die Dauer der Berufsunfähigkeit, längstens bis zum Vertragsende, sowie betreffend die Verträge ... und ... über den 1. November 2012 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 beansprucht. Des Weiteren hat der Kläger die verzinsliche Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 2.085 Euro sowie im Wege der Klageerweiterung die verzinsliche Zahlung von 217,60 Euro aus dem Vertrag ... begehrt.
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Er hat geltend gemacht, es werde bestritten, dass er nicht mehr berufsunfähig als selbstständiger Zimmermann sei und dass ihm eine Umorganisation zumutbar und möglich sei. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt, ihn auf die nunmehr ausgeübte Tätigkeit als Master of Engineering zu verweisen. Der Vertrag ... sehe keinen ausdrücklichen Vorbehalt vor, nach dem bei einer Nachprüfung der Fortdauer der anerkannten Berufsunfähigkeit „neu erworbene berufliche Fähigkeiten“ Berücksichtigung finden dürften. Bezüglich der Verträge ... und ... scheide eine Verweisung ebenfalls aus. Die Berufe seien nicht vergleichbar. Er sei zuvor als Zimmerermeister tätig gewesen und habe ein Geschäftsführergehalt von monatlich 3.500 Euro brutto bezogen. Inzwischen sei er angestellt und weisungsgebunden; er arbeite immer in Rücksprache mit seinen Vorgesetzten und auf Anweisung. Es sei von einer deutlichen Verschlechterung im Vergleich zu seiner früheren beruflichen Tätigkeit auszugehen. Auch die soziale Wertschätzung eines Angestellten sei nicht mit der eines beteiligten Geschäftsführers zu vergleichen. Hinzu komme, dass das Entgelt spürbar unter das Niveau des zuvor erzielten Gehalts als Geschäftsführer abgesunken sei, hinsichtlich dessen auch die allgemeine Preisentwicklung zu berücksichtigen sei, so dass z.B. für Oktober 2012 von einem Entgelt i.H.v. 3.984,68 Euro auszugehen sei. Zum Geschäftsführergehalt sei ihm ein geldwerter Vorteil aufgrund der Nutzung seiner Geschäfts-PKW i.H.v. monatlich 200 bis 400 Euro zugekommen. Auch seien vermögenswerte Vorteile aus privatbezogenen Versicherungen zu berücksichtigen. Bis Dezember 2013 betrage die Gehaltseinbuße daher 22,47 Prozent.
27 
Die Beklagte ist in erster Instanz der Klage entgegen getreten und hat ihren Klagabweisungsantrag unter anderem damit begründet, dass bei den Verträgen ... im Rahmen der Nachprüfung neu erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten berücksichtigt werden könnten. Daher sei eine Verweisung auf die nunmehr ausgeübte Tätigkeit zulässig. Dies gelte ebenso für den Vertrag ... ; bei diesem sei in § 2 Abs. 1 AVB - E 355 von Kenntnissen und Fähigkeiten nicht die Rede, so dass dies folglich auch nicht für die Nachprüfung nach § 14 Abs. 1 AVB - E 355 relevant sei. Maßgeblich sei daher - im Rahmen der konkreten Verweisung, die nur eingreife, wenn der Versicherte einen anderen Beruf tatsächlich ausübe - allein, ob die andere ausgeübte Tätigkeit der bisherigen Lebensstellung des Versicherten entspreche. Dies sei darüber hinaus auch der Fall. Darlegungsbelastet für das Gegenteil sei der Kläger. Die von diesem angeführte Selbstständigkeit sei kein Wert an sich, zumal dieser auch im alten Beruf angestellter Geschäftsführer gewesen sei. Wie sich seine jetzige Tätigkeit im Einzelnen darstelle, werde überdies nicht mitgeteilt. Zudem seien die Einkommensverhältnisse nicht vollständig dargestellt. Die jetzige einen Universitätsabschluss verlangende Ingenieurstätigkeit mit geregelter Arbeitszeit bedeute gegenüber der handwerklichen Tätigkeit mit 60 Prozent mehr Arbeitszeit bei vergleichbarem Einkommen keine Schlechterstellung.
28 
Wegen des weiteren Vortrages der Parteien im erstinstanzlichen Verfahren sowie der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
29 
Vor dem Landgericht fand am 10. Juni 2015 eine mündliche Verhandlung statt, in der der Kläger persönlich angehört worden ist.
30 
Mit Urteil vom 1. Juli 2015, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Erstgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dem Kläger weitergehende Ansprüche aus den Berufsunfähigkeitsversicherungen nicht zustünden. Der nunmehr ausübte Beruf als Bauingenieur sei im Vergleich zu dem vor Eintritt der Berufsunfähigkeit ausgeübten Beruf als selbstständiger Zimmerermeister heranzuziehen. Dies ergebe sich bei den Verträgen mit einer abstrakten Verweisung ( ... ) aus den entsprechenden Nachprüfungsklauseln. Neu erworbene berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten seien zu berücksichtigen. Dies gelte indes auch für den Vertrag mit der konkreten Verweisung (Nr. ... ). Zwar sei weder in den Vertragsbedingungen noch in § 172 Abs. 3 VVG a.F. ein Hinweis auf neu erworbene berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten enthalten; es gehe dort lediglich um die Ausübung der anderen Tätigkeit. Die nunmehr ausgeübte Tätigkeit aber entsprechende seiner bisherigen Lebensstellung. Eine spürbare Einkommenseinbuße sei - auch unter Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils für einen PKW - nicht festzustellen. Es könne auch nicht festgestellt werden, dass die Wertschätzung des nunmehr ausgeübten Berufs unter das Niveau des bisher ausgeübten Berufs abgesunken wäre. So sei der Kläger vor Eintritt der Berufsunfähigkeit nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten angestellter Geschäftsführer und Mitgesellschafter als Zimmermannsmeister gewesen. Insoweit habe er nicht allein die Geschäfte führen und Entscheidungen treffen können, sondern nur in Abstimmung mit dem Mitgesellschafter. Nunmehr sei er nach Abschluss seines Studiums als Akademiker Bauingenieur in einem Statikerbüro, in dem er Einfamilien- und kleinere Mehrfamilienhäuser betreue. Dieses Tätigkeitsfeld sei breiter und anspruchsvoller als der zuvor ausgeübte Beruf als Zimmermannsmeister, bei dem es sich vornehmlich um ein Teilgebiet im Bauwesen handele.
31 
Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Zur Begründung führt er in der Berufungsbegründung, auf die wegen der Einzelheiten verweisen wird, im Wesentlichen aus, dass eine Verweisbarkeit nicht vorliege. Bereits in der Klage sei vorgetragen worden, dass bis Dezember 2013 eine Gehaltseinbuße von 22,47 Prozent gegenüber dem vor der Berufsunfähigkeit erzielten Entgelt bestanden habe. Fehlerhaft habe das Landgericht überdies angenommen, dass der nunmehrige Arbeitgeber ein Fahrzeug zur Verfügung stelle. Zudem sei bereits vorgetragen, dass die Wertschätzung des nunmehr ausgeübten Berufs zumindest bis Dezember 2013 spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs abgesunken gewesen sei. Insbesondere die Tätigkeit als Geschäftsführer und Mitgesellschafter sei zu berücksichtigen, während er nunmehr angestellt sei.
32 
Unzutreffend sei das Landgericht zudem davon ausgegangen, dass im Vertrag ... eine Verweisung auf die nunmehr ausgeübte Tätigkeit möglich sei. Maßgeblicher Zeitpunkt für den Vergleich sei der Zeitpunkt des Anerkenntnisses; in den Voraussetzungen des Anerkenntnisses müssten daher nachträgliche Veränderungen eingetreten sei. Wenn die Versicherungsbedingungen aber - wie beim Vertrag ... - ... die Berücksichtigung neu erworbener Fähigkeiten nicht vorsähen, müssten diese unberücksichtigt bleiben. Insofern sei auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte sich die Berücksichtigung bei den anderen beiden Verträge vorbehalten habe, bei demjenigen mit Nr. ... dagegen nicht. Zweifel bei der Auslegung der Vertragsbedingungen gingen nach § 305c Abs. 2 BGB überdies zu Lasten des Verwenders.
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Der Kläger beantragt in zweiter Instanz in der Berufungsbegründung vom 21. September 2015:
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I.
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 1. Juli 2015 - 18 O 17/15 - zugestellt am 7. Juli 2015 - wird aufgehoben.
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II.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Versicherungsvertragsnummer ... an den Kläger 38.063,74 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Dezember 2012, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Januar 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Februar 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. März 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. April 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Mai 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Juni 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Juli 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. August 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. September 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Oktober 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. November 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Dezember 2013, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Januar 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Februar 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. März 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. April 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Mai 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Juni 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Juli 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. August 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. September 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Oktober 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. November 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Dezember 2014, aus 1.463,99 Euro seit dem 1. Januar 2015 zu zahlen.
36 
III.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Versicherungsvertragsnummer ... an den Kläger 9.210,24 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 708,48 Euro seit dem 1. Dezember 2012, aus 708,48 Euro seit dem 1. Januar 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. Februar 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. März 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. April 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. Mai 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. Juni 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. Juli 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. August 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. September 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. Oktober 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. November 2013, aus 708,48 Euro seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen.
37 
IV.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Versicherungsvertragsnummer ... an den Kläger 721,89 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 55,53 Euro seit dem 1. Dezember 2012, aus 55,53 Euro seit dem 1. Januar 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. Februar 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. März 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. April 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. Mai 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. Juni 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. Juli 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. August 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. September 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. Oktober 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. November 2013, aus 55,53 Euro seit dem 1. Dezember 2013 zu zahlen.
38 
V.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Berufsunfähigkeitsversicherung mit der Nummer ... an den Kläger ab dem 1. Februar 2015 monatlich im Voraus, längstens bis zum 30. Juni 2037 eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 1.350,20 Euro zu zahlen.
39 
VI.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Versicherungsvertragsnummer ... gemäß § 21 Abs. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die ergänzende Berufsunfähigkeitsvorsorge: Beitragsübernahme und Berufsunfähigkeitsrente E 355 über die Höhe der Überschussbeteiligung seit dem 1. Juli 2012 jährlich zum 1. Juli eines jeden Jahres bis längstens zum 30. Juni 2037 Auskunft zu erteilen.
40 
VII.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Versicherungsvertragsnummer ... an den Kläger neben der zu gewährenden Rente i.H.v. monatlich 1.350,20 Euro den sich aus der gemäß Antrag VI. zu erteilenden Auskunft ergebenden Betrag längstens bis zum 30. Juni 2037 zu zahlen und einmal jährlich zum 1. Juli eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Juli 2012, längstens bis zum 30. Juni 2037 die monatliche versicherte Berufsunfähigkeitsrente um die Überschusszuweisungen zu erhöhen.
41 
VIII.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Versicherungsvertragsnummer ... gemäß § 10 Abs. 5 der Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung E 5 über die Höhe der Überschussbeteiligung seit dem 1. Mai 2012 jährlich zum 1. Mai eines jeden Jahres bis längstens zum 31. Dezember 2013 Auskunft zu erteilen.
42 
IX.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Versicherungsvertragsnummer ... an den Kläger neben der zu gewährenden Rente i.H.v. monatlich 620,10 Euro den sich aus der gemäß Antrag VIII. zu erteilenden Auskunft ergebenden Betrag längstens bis zum 31. Dezember 2013 zu zahlen und einmal jährlich zum 1. Mai eines jeden Jahres, erstmals zum 1. Mai 2012, längstens bis zum 31. Dezember 2013 die monatliche versicherte Berufsunfähigkeitsrente um die Überschusszuweisungen zu erhöhen.
43 
X.
Die Beklagte wird verurteilt, den Versicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ... für die Dauer der Berufsunfähigkeit bis längstens zum Vertragsende beitragsfrei zu stellen.
44 
XI.
Die Beklagte wird verurteilt, den Versicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ... über den 1. November 2012 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 beitragsfrei zu stellen.
45 
XII.
Die Beklagte wird verurteilt, den Versicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ... über den 1. November 2012 hinaus bis zum 31. Dezember 2013 beitragsfrei zu stellen.
46 
XIII.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 2.085 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Zinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
47 
XIV.
Die Beklagte wird verurteilt, zur Versicherungsvertragsnummer ... an den Kläger 217,60 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 6,80 Euro seit dem 1. Juli 2013, aus 6,80 Euro seit dem 1. August 2013, aus 6,80 Euro seit dem 1. September 2013, aus 6,80 Euro seit dem 1. Oktober 2013, aus 6,80 Euro seit dem 1. November 2013, aus 6,80 Euro seit dem 1. Dezember 2013, aus 6,80 Euro seit dem 1. Januar 2014, aus 6,80 Euro seit dem 1. Februar 2014, aus 6,80 Euro seit dem 1. März 2014, aus 6,80 Euro seit dem 1. April 2014, aus 6,80 Euro seit dem 1. Mai 2014, aus 6,80 Euro seit dem 1. Juni 2014, aus 13,60 Euro seit dem 1. Juli 2014, aus 13,60 Euro seit dem 1. August 2014, aus 13,60 Euro seit dem 1. September 2014, aus 13,60 Euro seit dem 1. Oktober 2014, aus 13,60 Euro seit dem 1. November 2014, aus 13,60 Euro seit dem 1. Dezember 2014, aus 13,60 Euro seit dem 1. Januar 2015, aus 13,60 Euro seit dem 1. Februar 2015, aus 13,60 Euro seit dem 1. März 2015, aus 13,60 Euro seit dem 1. April 2015 zu zahlen.
48 
Die Beklagte beantragt,
49 
die Berufung zurückzuweisen.
50 
Sie nimmt Bezug auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, das sie ergänzt und vertieft, und verteidigt die angefochtene Entscheidung.
51 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Parteien in zweiter Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
52 
Ergänzend wird verwiesen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht vom 19. November 2015.
II.
53 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich als zutreffend, nachdem die Klage zwar zulässig, jedoch nicht begründet ist.
54 
1. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger weitergehende Ansprüche aus den bei der Beklagten genommenen Berufsunfähigkeitsversicherungen nicht zustehen. Denn die Beklagte durfte aufgrund der durchgeführten Nachprüfung mit Schreiben vom 25. Oktober 2012 das Vorliegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit infolge der Verweisung auf die nunmehr ausgeübte Tätigkeit als angestellter Bauingenieur verneinen und ihre Leistungen zum Dezember 2012 einstellen.
55 
a) Weitergehende Ansprüche des Klägers bestehen zunächst nicht aus dem Vertrag.
56 
aa) Dort kommt es für die Frage der Verweisbarkeit - entgegen der Ansicht des Klägers - zunächst nicht darauf an, ob und inwiefern im Rahmen der Nachprüfung neu erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten Berücksichtigung finden können. Dies ist vielmehr - wie das Landgericht richtig gesehen hat - nicht von Relevanz.
57 
(1) Hinsichtlich der Nachprüfung nach einem Anerkenntnis seitens des Versicherers ist in § 14 Abs. 1 AVB - E 355 bestimmt, dass die Beklagte berechtigt ist, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihres Grades nachzuprüfen.
58 
Als Maßstab dieser Nachprüfung wird dabei lediglich genannt, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 AVB - E 355 ausübt. Diese in Bezug genommene Regelung stellt im Rahmen einer konkreten Verweisung indes nur auf die ausgeübte Tätigkeit ab, die der bisherigen Lebensstellung der versicherten Person entsprechen muss. Wie schon im Rahmen der erstmaligen Prüfung der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit, für die auch § 2 Abs. 1 AVB - E 355 zugrunde zu legen ist, kommt es im Rahmen der Nachprüfung nach dem eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut der Versicherungsbedingungen für die Verweisung demnach nur auf den Vergleich der Lebensstellung aufgrund der früheren Tätigkeit in gesunden Tagen mit derjenigen aufgrund der nunmehr ausgeübten Tätigkeit an (so auch OLG München, Urteil vom 7. Mai 2015 - 14 U 4138/14).
59 
Dies wird der Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs der Versicherungsbedingungen auch so verstehen und auslegen. Gleichzeitig hat der Versicherungsnehmer, der keine versicherungsrechtlichen Spezialkenntnisse besitzt, keine Veranlassung in Ansehung dieser Bedingungslage nach einem weiteren Kriterium für die Zulässigkeit der Verweisung - auch im Rahmen der Nachprüfung - zu suchen oder zu fragen. Der Versicherungsnehmer erkennt, dass sowohl bei der erstmaligen Prüfung, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, als auch bei der vereinbarten späteren Nachprüfungsmöglichkeit, die Frage der Berufsunfähigkeit nach denselben Maßstäben zu erfolgen hat. Der Wortlaut der Versicherungsbedingungen stellt sich erschöpfend, vollständig und eindeutig dar, so dass - entgegen der Ansicht des Klägers - hier kein Raum für die Annahme einer etwaigen Intransparenz, Unklarheit oder Mehrdeutigkeit i.S. von § 305c Abs. 2 BGB ist.
60 
(2) Dass die Verweisung in anderen Bedingungswerken - wie bezüglich der Verträge ... - auch von anderen - zusätzlichen - Voraussetzungen abhängen kann, ist für das Verständnis der hier zu beurteilenden Bedingungen des Vertrages ... indes nicht von Bedeutung. Denn die Auslegung von Versicherungsbedingungen orientiert sich gerade deshalb zunächst und in erster Linie am Bedingungswortlaut, weil der Versicherungsnehmer davor geschützt werden soll, bei der Auslegung mit ihm unbekannten Details der Entstehungsgeschichte einer Klausel oder Motiven des Versicherers konfrontiert zu werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Februar 2009 - IV ZR 11/07, NJW-RR 2009, 813 Rn. 13).
61 
Vor diesem Hintergrund ist kein Raum für die Annahme, dass es auch für die Verweisung im Vertrag ... in irgendeiner Art und Weise von Bedeutung sein kann, ob eine andere Tätigkeit aufgrund der Kenntnisse und Fähigkeiten des Versicherten ausgeübt werden kann bzw. ob es sich um bereits im Zeitpunkt des Versicherungsfalles oder des Anerkenntnisses vorhandene oder erst später neu erworbene Kenntnisse handelt. Gerade das Schweigen des einschlägigen Bedingungswerkes in seiner ganz konkreten Ausgestaltung, die in den hier maßgeblichen Regelungen keinen Bezug zu vorhandenen oder erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten aufweist, muss dem Versicherungsnehmer, der über keine Spezialkenntnisse verfügt, daher als denkbar klare und einfache Regelung erscheinen. Die Prüfung - sowohl bei der erstmaligen Bejahung der Berufsunfähigkeit als auch bei der späteren Nachprüfung - beschränkt sich damit letztlich auf einen Vergleich der Lebensstellung. Der Ausbildungs- und Erfahrungsstand des Versicherten ist dagegen grundsätzlich nicht von Belang. Allein der Umstand, dass in anderen Verträgen anderes geregelt ist, kann nicht dazu führen, in den Vertrag weitere zusätzliche Voraussetzungen hineinzulesen.
62 
(3) Vor diesem Hintergrund steht dem hier gefundenen Ergebnis die vom Kläger angeführte Entscheidung des IVa. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 13. Mai 1987 (IVa ZR 8/86 - VersR 1987, 753; daran anknüpfend auch BGH, Urteil vom 30. Mai 1990 - IV ZR 43/89, VersR 1990, 885 [juris Rn. 17]) nicht entgegen.
63 
Im dort zu beurteilenden Sachverhalt hatte der Versicherer die Annahme der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit auch daran geknüpft, dass der Versicherte außerstande ist, eine Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht (vgl. juris Rn. 22). Zugleich enthielt das Bedingungswerk keinen Regelung dazu, dass bei Nachprüfung der Fortdauer anerkannter Berufsunfähigkeit „neu erworbene berufliche Fähigkeiten“ Berücksichtigung finden, so dass der Bundesgerichtshof zutreffend davon ausging, dass infolgedessen nicht hinreichend deutlich gemacht worden sei, dass zeitlicher Bezugspunkt für den Ausbildungs- und Erfahrungsstand des Versicherten nicht mehr der Eintritt des Versicherungsfalles, sondern derjenige der Nachprüfung des Versicherers sein solle (juris Rn. 48). Auf diesen Ausbildungs- und Erfahrungsstand kommt es indes bei den hier zu beurteilenden Vertragsbedingungen des Vertrages Nr. 29 856 923 8 - wie aufgezeigt - nicht an; daher ist auch die Frage der zeitlichen Anknüpfung hier - anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalt - insofern nicht relevant.
64 
(4) Auch die weiteren vom Kläger herangezogenen Entscheidungen betreffen andere Sachverhalte. Das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 1. Oktober 2001 - 5 U 87/99 - VersR 2002, 345) hatte ebenfalls Bedingungen zu beurteilen, bei denen ein Anspruch auf Rentenzahlung und Beitragsbefreiung dann bestand, wenn der Versicherungsnehmer wegen Krankheit voraussichtlich dauernd außer Stande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit, die ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeit voraussetzt, auszuüben. Das gilt auch für die Entscheidung des Landgerichts Kiel (Urteil vom 1. April 2014 - 8 O 201/13).
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bb) Zutreffend hat das Landgericht weiter gesehen, dass der Kläger auf seine nunmehr ausgeübte Tätigkeit als angestellter Bauingenieur verwiesen werden kann. Denn diese entspricht - bezogen auf den Zeitpunkt des Eintrittes des Versicherungsfalles (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1987 - IVa ZR 8/86 - VersR 1987, 753 juris Rn. 37) - seiner bisherigen Lebensstellung.
66 
(1) Die bisherige Lebensstellung eines Versicherten wird im Wesentlichen geprägt durch die von ihm erzielte Vergütung und die soziale Wertschätzung, die ihm seine bisherige konkrete berufliche Tätigkeit vermittelt hat. Dem Versicherten soll der wirtschaftliche und soziale Status, den er auf der Grundlage seiner beruflichen Qualifikation erreicht hat, im Wesentlichen bewahrt bleiben. Daher darf der Versicherer den Versicherten nicht auf einen Vergleichsberuf verweisen, der zu einer spürbaren Schmälerung seiner Einkünfte führen würde und der in seinem Ansehen dem seiner bisherigen Tätigkeit nicht entspricht. Die Spürbarkeit einer Einkommenseinbuße lässt sich nicht einheitlich nach Prozentsätzen oder absoluten Zahlen festlegen, sondern nur unter Berücksichtigung der Höhe des Einkommens. Zu vergleichen ist das Einkommen, das der Versicherte in seinem zuletzt ausgeübten Beruf in gesunden Tagen - also ohne Berücksichtigung einer Beeinträchtigung durch eine fortschreitende Krankheit oder durch Kräfteverfall - erzielen konnte, mit dem Einkommen, dass er - ebenfalls ohne Berücksichtigung einer etwaigen gesundheitlichen Beeinträchtigung - mit der Vergleichstätigkeit erzielen kann. Dieser Vergleichsbetrachtung darf regelmäßig nicht lediglich ein - einmaliger - Monatsverdienst zugrunde gelegt werden. Notwendig ist vielmehr das Abstellen auf einen repräsentativen Zeitraum. Denn die Lebensstellung wird nicht durch einen einmaligen Verdienst, sondern nur durch das über einen längeren Zeitraum hinweg tatsächlich erwirtschaftete Einkommen geprägt. Dieser Zeitraum ist immer auf den konkreten Einzelfall bezogen zu ermitteln (so OLG Saarbrücken, Urteil vom 31. Mai 2006 - 5 U 605/05-92, OLGR 2006, 902; vgl. auch Lücke in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. BuVAB § 2 Rn. 49 ff.; BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 - IV ZR 287/10, NJW-RR 2012, 811 Rn. 12).
67 
(2) Diese Maßstäbe hier zugrunde gelegt, ist kein spürbares, nicht mehr zumutbares Absinken der Vergütung aus der vom Kläger nunmehr ausgeübten Tätigkeit als angestellter Bauingenieur hinter derjenigen festzustellen, die dieser zuvor als Zimmerermeister in seiner Funktion als Geschäftsführer und Mitgesellschafter einer GmbH hat erzielen können.
68 
Das folgt bereits aus dem eigenen Vorbringen des Klägers, der unter Zugrundelegung der Bruttoverdienste und unter Berücksichtigung ihm früher zugekommener geldwerter Vorteile dazu gelangt, dass bis Dezember 2012 eine Gehaltseinbuße von 22,47 Prozent vorgelegen habe. Dies stellt sich - auch mit Blick auf die Gesamthöhe des Verdienstes des Klägers - gerade noch als hinnehmbar dar.
69 
Darüber hinaus ist nicht zuletzt mit Blick auf die Angaben des Klägers in erster Instanz davon auszugehen, dass die Differenz bzw. die Einbuße deutlich geringer ist. Selbst wenn noch die Verfügbarkeit eines Fahrzeuges als geldwerter Vorteil - zusätzliches ist nicht ersichtlich oder substantiiert behauptet - dem Bruttoverdienst zugerechnet würde, hätte dieser - die klägerischen Angaben zugrunde gelegt - vor Eintritt der Berufsunfähigkeit bei monatlich nicht mehr als 3.800 Euro gelegen (vgl. auch die Gehaltsabrechnung von November und Dezember 2005 mit einem Bruttolohn von 3.457,31 Euro und den Einkommensteuerbescheid für 2005 mit Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 39.745 Euro, was einem monatlichen Einkommensbetrag von etwa 3.300 Euro entspricht, verbunden mit einem Jahresfehlbetrag für 2005 in der GmbH von 24.037 Euro, der das Eigenkapital aufgezehrt hat - Anlagen K 17, K 18 und K 20). Als angestellter Bauingenieur erhält der Kläger indes neben einem Brutto-Monatsgehalt von insgesamt 3.019,94 Euro noch ein 13. Monatsgehalt, mithin nochmals durchschnittlich 250 Euro zusätzlich pro Monat. Infolgedessen errechnet sich ein Verlust von allenfalls etwa 15 Prozent, der ohne weiteres hinnehmbar ist.
70 
Anderes ergibt sich hier nicht mit Blick auf den Einwand des Klägers, dass aufgrund der allgemeinen Preisentwicklung auch eine Steigerung des Bruttoverdienstes in der früheren Tätigkeit anzunehmen sei. Denn insofern ist zu berücksichtigen, dass nach den zugrunde liegenden Vertragsbedingungen für die Vergleichbarkeit einer Verweisungstätigkeit auf die „bisherige Lebensstellung” des Versicherten abgestellt wird. Aussichten und Chancen, die sich ihm in seinem Beruf geboten haben, prägen seinen Status jedenfalls dann nicht, wenn offen ist, ob der Versicherte sie verwirklichen kann. Daher können bei Fortführung des Berufs erwartete Einkommenssteigerungen die Lebensstellung jedenfalls nur dann prägen, wenn ihr Eintritt als sicher prognostiziert werden kann (vgl. OLG Saarbrücken, Urteile vom 28. Juni 2006 - 5 U 52/06, BeckRS 2006, 09217; vom 31. Mai 2006 - 5 U 605/05-92, OLGR 2006, 902 und vom 8. Januar 2003 - 5 U 910/01-77, NJW-RR 2003, 468; dazu auch Rixecker in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 172 Rn. 55; dazu auch OLG Frankfurt, Urteil vom 5. November 2014 - 7 U 172/13 - juris). Dafür ist hier indes weder etwas ersichtlich noch vorgetragen.
71 
(3) Die allgemeine Wertschätzung der neuen Tätigkeit liegt - anders als der Kläger meint - auch keinesfalls spürbar unter derjenigen des bis zum Versicherungsfall ausgeübten Berufs.
72 
Daher kann auch dieser Aspekt nicht zur Ablehnung einer Entsprechung mit der bisherigen Lebensstellung führen (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 12 U 93/12, NJW-RR 2013, 481). Das Landgericht hat vielmehr mit zutreffenden Überlegungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, dargelegt, dass die Tätigkeit als Bauingenieur, der ein Hochschulstudium abgeschlossen hat, in ihrer Wertschätzung keinesfalls hinter derjenigen zurückbleibt, die einem Zimmerermeister zukommt, mag dieser auch als Geschäftsführer und Mitgesellschafter einer GmbH tätig sein.
73 
Den dagegen gerichteten Angriffen der Berufung kann kein Erfolg beschieden sein, nachdem sie vornehmlich auf einer abweichenden, indes nicht näher begründeten Wertung beruhen und ansonsten nur auf das nunmehr bestehende Angestelltenverhältnis verweisen. Insofern wird nicht bedacht, dass eine Vergleichbarkeit der neuen Tätigkeit sich jedoch nicht schon deshalb verneinen lässt, weil der Kläger seine zumindest teilweise bestehende frühere Selbstständigkeit als Gesellschafter einer GmbH eingebüßt hat. Denn auch einem früher Selbstständigen ist die Aufnahme einer Tätigkeit in sozial abhängiger Stellung nicht generell unzumutbar (vgl. nur BGH, Urteil vom 11. Dezember 2002 - IV ZR 302/01, r+s 2003, 164 unter II 2). Hat aber die frühere selbstständige Tätigkeit dem Versicherten ein qualifizierteres oder selbstständigeres Arbeiten ermöglicht, so scheidet eine Verweisung im Regelfall aus (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Dezember 2012 - 12 U 93/12, NJW-RR 2013, 481). Gerade dies ist hier indes nicht einmal im Ansatz ersichtlich, nachdem der Kläger - worauf das Landgericht zu Recht abstellt - in der Zwischenzeit in einem Beruf arbeitet, der das erfolgreiche Absolvieren eines Hochschulstudiums mit Bachelor- und Masterabschluss voraussetzt. Dazuhin war der Kläger - wie ebenfalls vom Erstgereicht zutreffend angeführt - auch in seiner früheren Selbstständigkeit nicht alleinverantwortlich, sondern musste sich mit seinem Mitgesellschafter abstimmen und war zudem angestellter Geschäftsführer und damit im Alltag in abhängiger Beschäftigung tätig.
74 
b) Darüber hinaus bestehen weitergehende Ansprüche aufgrund einer Berufsunfähigkeit hinsichtlich der Verträge ... nicht.
75 
Für beide Verträge ist - zulässig und in nicht zu beanstandender Art und Weise - bestimmt, dass bei der Nachprüfung neu erworbene berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen sind. Daher durfte die Beklagte den Kläger auch in diesen Verträgen auf die Tätigkeit als angestellter Bauingenieur verweisen. Diese Tätigkeit entspricht - wie soeben dargelegt - der bisherigen Lebensstellung des Klägers.
76 
2. Demnach bestehen Ansprüche des Klägers aus den streitgegenständlichen Versicherungen infolge der Verweisung im Schreiben vom 25. Oktober 2012 nicht mehr, da die Voraussetzungen der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht weiter vorliegen.
77 
Daher sind die Berufungsanträge Ziff. II, Ziff. III., die auf Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente und Rückerstattung vermeintlich zu viel gezahlter Beiträge gerichtet sind, ebenso unbegründet wie der Antrag Ziff. IV, mit dem ebenfalls die Rückzahlung von Beiträgen verlangt wird, der Antrag Ziff. V auf Zahlung künftiger Berufsunfähigkeitsrente sowie der Antrag Ziff. XIV auf Zahlung weiterer, vermeintlich rückständiger Berufsunfähigkeitsrente. Entsprechend steht dem Kläger kein weiterer Anspruch auf Leistung einer bedingungsgemäßen Überschussbeteiligung zu, so dass zum einen die diesbezüglichen Auskunftsbegehren (Berufungsanträge Ziff. VI. und Ziff. VIII.) unbegründet sind, gleichzeitig aber auch die daran anknüpfenden Zahlungsanträge (Berufungsanträge Ziff. VII. und Ziff. IX.), über die trotz insofern erhobener Stufenklage entschieden werden kann, da bereits jetzt feststeht, dass der verfolgte Zahlungsanspruch nicht besteht. Kann eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit infolge der Verweisung nicht (mehr) angenommen werden, kann der Kläger weder eine künftige Beitragsbefreiung hinsichtlich der streitgegenständlichen Versicherungsverträge (Berufungsanträge Ziff. X bis Ziff. XII) noch die Zahlung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten (Berufungsantrag Ziff. XIII.) verlangen.
III.
78 
1. Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
79 
2. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO liegen nicht vor. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern die Entscheidung des Revisionsgerichts. Insbesondere das Urteil des IVa. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 13. Mai 1987 (IVa ZR 8/86 - VersR 1987, 753) steht der hier getroffenen Entscheidung nicht entgegen, ebenso wenig die vom Kläger angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Oktober 2001 (5 U 87/99 - VersR 2002, 345).
IV.
80 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren ist - teilweise von der erstinstanzlichen Festsetzung abweichend - insgesamt zu bemessen mit
81 
bis zu 113.000 Euro.
82 
• Antrag Ziff. II
38.063,74 Euro
(Rente + Beitragsrückerstattung)
• Antrag Ziff. III
9.210,24 Euro
(Rente + Beitragsrückerstattung)
• Antrag Ziff. IV
721,89 Euro
(Beitragsrückerstattung)
• Antrag Ziff. V
56.708,40 Euro
(3,5 x 12 x 1.350,20 Euro
[künftige Rentenzahlung])
• Antrag Ziff. VI + VII
1.000 Euro
    (Stufenklage - Überschussanteile)
• Antrag Ziff. VIII + IX
200 Euro
(Stufenklage - Überschussanteile)
• Antrag Ziff. X
4.779,18 Euro
(3,5 x 12 x 113,79 Euro
[Beitragsfreistellung])
• Antrag Ziff. XI
1.148,94 Euro
(13 x 88,38 Euro
[Beitragsfreistellung])
• Antrag Ziff. XII
721,89 Euro
(13 x 55,53 Euro
[Beitragsfreistellung])
• Antrag Ziff. XIII
0 Euro
• Antrag Ziff. XIV
217,60 Euro
(Rente)

(1) Stellt der Versicherer fest, dass die Voraussetzungen der Leistungspflicht entfallen sind, wird er nur leistungsfrei, wenn er dem Versicherungsnehmer diese Veränderung in Textform dargelegt hat.

(2) Der Versicherer wird frühestens mit dem Ablauf des dritten Monats nach Zugang der Erklärung nach Absatz 1 beim Versicherungsnehmer leistungsfrei.

Gründe

Oberlandesgericht München

Az.: 14 U 4138/14

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am 07.05.2015

091 O 671/14 LG Augsburg

... Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Nichtamtlicher Leitsatz

In dem Rechtsstreit

- Kläger und Berufungskläger -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

....

- Beklagte und Berufungsbeklagte -

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

wegen Forderung

erlässt das Oberlandesgericht München - 14. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht …, den Richter am Oberlandesgericht … und die Richterin am Oberlandesgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2015 folgendes

Endurteil

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 02.10.2014, Az. 091 O 671/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Augsburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe:

Der Kläger macht nach Leistungseinstellung der Beklagten zum 31.12.2013 weitere monatliche Zahlungsansprüche wegen Berufsunfähigkeit aus seiner Rentenversicherung mit Berufsunfähigkeitsvorsorge (aus dem Jahr 2003) geltend. Der Kläger war bis zu seinem Unfall am 18.2.2008 als Service-Mechaniker für Druckmaschinen bzw. Maschinenschlosser tätig. Die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit des Klägers wurde von der Beklagten mit Schreiben vom 7.1.2009 mit Wirkung ab 1.3.2008 anerkannt (Anlage K 4). Nach erfolgreicher Umschulung des Klägers zum Maschinenbautechniker und Aufnahme einer konkreten Vollzeit-Tätigkeit als Konstruktionstechniker im April 2011 leitete die Beklagte das in § 7 der Besonderen Bedingungen für die Bausteine zur Berufsunfähigkeitsvorsorge (künftig: BB-BU, Anlage K 3) vorgesehene Nachprüfungsverfahren ein mit der Folge einer Leistungseinstellung gemäß Schreiben vom 14.11.2013 im Hinblick auf den neuen Beruf des Klägers (Anlage K 6). Die Parteien streiten darüber, ob die zweifelsfrei nur aufgrund der Umschulung bzw. Weiterbildung mögliche neue berufliche Tätigkeit des Klägers von der Beklagten im Nachprüfungsverfahren zum Nachteil des Klägers berücksichtigt werden durfte. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das Ersturteil des Landgerichts Augsburg vom 2.10.2014 Bezug genommen. Änderungen haben sich im Berufungsverfahren nicht ergeben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da es der Ansicht war, dass die Beklagte den Kläger nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Versicherungsbedingungen trotz der vorangegangenen notwendigen Umschulung auf seine neue Tätigkeit, die unstreitig seiner Lebensstellung bis zum 1.3.2008 entspricht, verweisen durfte. In § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU sei klar und unmissverständlich geregelt, dass die Beklagte das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und die Ausübung einer anderen Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 BB-BU erneut prüfen dürfe. Bei der dortigen Definition der Berufsunfähigkeit sei gerade nicht auf die Kenntnisse und Fähigkeiten im Hinblick auf eine Verweisungstätigkeit abgestellt worden, sondern eindeutig (nur) auf die Tatsache der Ausübung einer Tätigkeit, die der bisherigen Lebensstellung entspricht. Die von der Klagepartei zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere die Urteile vom 13.5.1987, Az. IV a ZR 8/86, und vom 7.2.2007, Az. IV ZR 244/03, stünden diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen, da die entscheidungserheblichen Vertragsbedingungen nicht vergleichbar gewesen seien. Zwar habe der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13.5.1987 - insbesondere im Hinblick auf § 5 AGBG - verlangt, dass die Regelungen zu Änderungsmöglichkeiten im Nachprüfungsverfahren ausreichend klar sein müssten. Dies sei hier jedoch der Fall.

Mit seiner Berufung rügt der Kläger eine fehlerhafte Auslegung von § 7 Abs. 1 BB-BU durch das Erstgericht. Da der Kläger nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Fall der bedingungsgemäßen Unfähigkeit, den zuletzt ausgeübten Beruf weiter auszuüben, grundsätzlich nicht zur Teilnahme an Umschulungsmaßnahmen bzw. zum anderweitigen Erwerb neuer Fähigkeiten verpflichtet sei, könne ihm ein neuer Beruf, den er unstreitig nur aufgrund von Umschulungsmaßnahmen erlangen konnte, nicht als Verweisungsberuf entgegengehalten werden. Verweisungsberuf im Sinne der verfahrensgegenständlichen Vertragsbedingungen könne - auch wenn dies so nicht wörtlich zum Ausdruck gebracht sei - nur ein Beruf sein, den der Versicherte aufgrund seiner bis zum Eintritt der Berufsunfähigkeit erlangten Ausbildung und Erfahrung ausüben könne. Dieses Kriterium sei in dem Erfordernis einer Vergleichbarkeit der Lebensstellung mit beinhaltet.

Der Kläger beantragt:

1) Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 2.10.2014 - 091 O 671/14 - wird aufgehoben.

2) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger monatlich im Voraus ab 01.03.2014 eine Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung 24034114588490 in Höhe von EUR 860,46, längstens bis 31.10.2031, zu zahlen und den Kläger innerhalb dieses Zeitraumes von der Beitragszahlungsverpflichtung zu befreien.

3) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger, beginnend ab dem 01.11.2014 weitere Überschussanteile aus der in Ziffer 2) genannten Berufsunfähigkeitsversicherung zu bezahlen.

4) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 1.869,98 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

5) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 807,36 zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das Ersturteil.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und übergebenen Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II. Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

Die Vertragsauslegung durch das Erstgericht ist auch nach Ansicht des Senats zutreffend.

1. Bei der Auslegung von Versicherungsbedingungen ist grundsätzlich nach der neueren höchstrichterlichen Rechtsprechung auf die Verständnismöglichkeit des durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen, der die Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und verständig - unter Berücksichtigung der Interessen der beteiligten Kreise und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhanges - würdigt (BGH 17.12.2008, Az. IV ZR 9/08, VersR 2009, 341 m. w. N.). Maßgeblich ist dabei in erster Linie der Klauselwortlaut (BGH, Hinweisbeschluss vom 6.7.2011, Az. IV ZR 217/09, VersR 2012, 48 m. w. N.).

2. Nach § 2 Abs. 1 BB-BU liegt vollständige Berufsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich mindestens 3 Jahre außerstande ist, ihren Beruf auszuüben und sie auch keine andere Tätigkeit ausübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit ist der zuletzt ausgeübte Beruf maßgebend. Falls die versicherte Person infolge einer fortschreitenden Krankheit oder Kräfteverfalls ihren Beruf leidensbedingt geändert hat, ist für die Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliegt, der bei Eintritt des Leidens ausgeübte Beruf maßgebend.

Bei Selbstständigen setzt vollständige Berufsunfähigkeit im Sinne von Satz 1 zusätzlich voraus, dass die versicherte Person auch nach einer zumutbaren Umorganisation des Betriebes außerstande ist, ihre Beruf auszuüben. Zumutbar ist....“

Die Beklagte hat sich in § 7 die Nachprüfung der Berufsunfähigkeit wie folgt vorbehalten:

„(1) Nach Anerkennung oder Feststellung unserer Leistungspflicht sind wir berechtigt, das Fortbestehen der Berufsunfähigkeit und ihren Grad nachzuprüfen. Dabei können wir erneut prüfen, ob die versicherte Person eine andere Tätigkeit i. S. von § 2 Abs. 1 ausübt.

(2) Zur Nachprüfung können wir auf unsere Kosten jederzeit sachdienliche Auskünfte .... verlangen....

(3) Eine Minderung der Berufsunfähigkeit ... und die Wiederaufnahme bzw. Änderung der beruflcihen Tätigkeit müssen Sie uns unverzüglich mitteilen.

(4) Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50% vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen ....“

3. Hinsichtlich der erneuten Prüfung der tatsächlichen Ausübung einer (neuen) vergleichbaren Tätigkeit verweist § 7 Abs. 1 Satz 2 BB-BU uneingeschränkt auf § 2 Absatz 1 BB-BU, der zweifelsfrei auch Sätze beinhaltet, die die Frage eines vergleichbaren neuen Berufs nicht betreffen. Angesprochen ist dieser ausdrücklich nur in § 2 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz.

Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 Satz 1 BB-BU wird für die Frage der bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit nicht darauf abgestellt, dass der nach Eintritt der Berufsunfähigkeit in dem zuletzt ausgeübten Beruf später ergriffene neue Beruf ohne weiteres aufgrund der bis zur Beendigung des zuvor ausgeübten Berufs erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeübt werden kann. Vielmehr kommt es nach dem Wortlaut der Klausel nur darauf an, ob der neue Beruf der bisherigen Lebensstellung entspricht. Dabei beinhaltet die „bisherige Lebensstellung“ nicht auch die Kriterien „Ausbildung und Fähigkeiten“. Dem steht nicht nur der Wortlaut der hiesigen Bedingungen entgegen, sondern auch die Musterbedingungen, die die Kriterien „bisherige Lebensstellung“ und „aufgrund ihrer Ausbildung und Fähigkeiten“ nebeneinander und kumulativ aufführen. Von den verschiedenen gebräuchlichen Varianten der konkreten Verweisung (vgl. Neuhaus, Berufsunfähigkeit, 3. Aufl., Kapitel H., Rn. 158) hat die Beklagte die gewählt, die nur auf die bisherige Lebensstellung abstellt und nicht auch auf Ausbildung und Fähigkeiten.

4. Eine Erwerbstätigkeit entspricht nach der auch im Ersturteil zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.9.1986, Az. IV a ZR 252/84 (VersR 1986, 1113, 1115, rechte Spalte unten) im Fall einer abstrakten Verweisungsklausel der „bisherigen Lebensstellung“, wenn sie „keine deutlich geringeren Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert und auch in ihrer Vergütung wie in ihrer Wertschätzung nicht spürbar unter das Niveau des bislang ausgeübten Berufs absinkt“. Durch die notwendige Berücksichtigung der „bisherigen Lebensstellung“ wird somit eine Untergrenze für die Anforderungen an einen zumutbaren Vergleichsberuf definiert, während sich aus der im Fall von abstrakten Verweisungsklauseln üblichen Beschränkung auf „Tätigkeiten, die aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten“ ausgeübt werden können, die Obergrenze für die Anforderungen an den Versicherten ergibt (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl., Rn. 41 f. zu § 2 BU m. w. N.). Die verfahrensgegenständliche Verweisungsklausel bezieht sich danach nur auf die Untergrenze eines konkreten Vergleichsberufs, der (mindestens) der bisherigen Lebensstellung entsprechen muss. Für den durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer, der in der Regel keine Kenntnis von den üblichen Formulierungen zu abstrakten Verweisungsklauseln haben dürfte, ergibt sich aus den vorliegenden Formulierungen kein konkreter Hinweis, dass die Beklagte bei einer Nachprüfung darauf beschränkt wäre, nur solche neue Tätigkeiten - die der bisherigen Lebensstellung entsprechen - berücksichtigen zu dürfen, die der Versicherte aufgrund seiner Ausbildung und Fähigkeiten bis zur Geltendmachung der Berufsunfähigkeit ausüben konnte.

5. In seinem Urteil vom 13.5.1987, Az. IVa ZR 8/87, hat der Bundesgerichtshof zwar im Fall einer abstrakten Verweisungsklausel und eines Nachprüfungsverfahrens entsprechend §§ 7, 4 BUZ 1975 entschieden, dass der Versicherte, ein gelernter Landwirt, im dortigen Fall nicht auf einen durch eine erfolgreich abgeschlossene Umschulung erworbenen anderen Beruf (Nachrichtengerätemechaniker) verwiesen werden könne, da sich die Versicherung dies nicht ausdrücklich vorbehalten habe. Bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit lag nach den damaligen Bedingungen vor, wenn der von Seiten der Mediziner als dauerhaft prognostizierte Gesundheitszustand des Versicherten es ihm nicht mehr erlaubte, in dem nach den Versicherungsbedingungen maßgeblichen Umfang seinen Beruf, wie bislang, auszuüben oder „eine andere Tätigkeit, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht“. Da ein bestimmter Zeitpunkt für den Eintritt des Versicherungsfalles Berufsunfähigkeit festzustellen sei, sei angesichts der Wortfassungen der damaligen Regelungen das ungezwungene Verständnis nahegelegt, dass sich auch die vorgesehene Prüfung der Erfahrung und Ausbildung des Versicherten auf den Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles bezogen habe. Anders als hinsichtlich des medizinischen Bereichs sei für den Leser der Versicherungsbedingungen festzustellen, dass der Vergleichsberuf „prognosefrei“ ermittelt werde. Mangels eines entsprechenden Vorbehalts in ihren Versicherungsbedingungen und mangels Obliegenheit einer Umschulung oder des Erwerbs neuer beruflicher Fähigkeiten könne für das Nachprüfungsverfahren nichts anderes gelten.

In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof jedoch auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im konkreten Fall darauf ankommt, welche Änderungsmöglichkeiten sich die Versicherung rechtswirksam vorbehalten hat.

In den verfahrensgegenständlichen Versicherungsbedingungen wurde auf die Möglichkeit der abstrakten Verweisung verzichtet. Es wird für die Frage der Berufsunfähigkeit nicht darauf abgestellt, ob der Versicherte zum Zeitpunkt seiner Unfähigkeit, weiterhin in seinem zuletzt ausgeübten Beruf zu arbeiten, in der Lage wäre, aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung (bis zu diesem Zeitpunkt) eine ihm auch wirtschaftlich zumutbare andere Tätigkeit zu erbringen. Vielmehr kommt es im konkreten Fall darauf an, ob der Versicherte nach der Unfähigkeit, seinen (vor)letzten Beruf weiter auszuüben, bis zur Entscheidung der Versicherung über ihre Leistungspflicht eine andere Tätigkeit gefunden hat, die seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Vorbehalten hat sich die Beklagte in § 7 BB-BU die spätere erneute Prüfung dieser Frage. Im Hinblick auf den notwendigen zeitlichen Abstand bis zur Erklärung der Versicherung über ihre Leistungspflicht nach Prüfung der vom Versicherten eingereichten und der beigezogenen Unterlagen gemäß § 6 BB-BU erscheinen auch zwischenzeitliche Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen des Versicherten zumindest in geringerem Umfang nicht ungewöhnlich. Insoweit ist der hiesige Sachverhalt mit dem Fall nicht vergleichbar, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.5.1987 zugrunde lag.

Für den Versicherungsnehmer ist aus den Versicherungsbedingungen hinreichend erkennbar, dass im Nachprüfungsverfahren auch neue Gesichtspunkte, die sich nicht auf die Entwicklung der gesundheitlichen Verhältnisse beschränken, berücksichtigt werden dürfen.

6. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass er nach den Vertragsbedingungen zu einer Umschulung oder Weiterbildung nicht verpflichtet gewesen wäre und dass es sich bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung um eine Summenversicherung handelt, bei der es auf das Entstehen bzw. Fortbestehen eines konkreten Schadens nicht ankommt.

Der Wegfall der Leistungspflicht bei einer aufgrund erfolgreicher Umschulung oder Weiterbildung möglichen neuen Tätigkeit des Versicherten erscheint dennoch nicht unbillig.Insbesondere hat der Kläger nicht behauptet, dass die absolvierte - im Rahmen des streitgegenständlichen Vertrags überobligatorische - Umschulung nur durch den Einsatz erheblicher eigener finanzieller Mittel möglich gewesen wäre.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung i. S. von § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO hat. Insbesondere rechtfertigt der Umstand, dass die streitgegenständliche Klausel in einer Vielzahl ähnlicher Verträge verwendet wurde, die Revisionszulassung nicht (vgl. BGH Vers R 2012, 48, 49 m. w. N.). Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Klausel in Rechtsprechung und Literatur umstritten wäre.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 17.12.2012, Az. 11 O 405/11, abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.792,58 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 529,84 € seit 02.09.2009, aus weiteren 1589,52 € seit 02.10.2009, aus weiteren 1589,52 € seit 02.01.2010, aus weiteren 1589,52 € seit 02.04.2010, aus weiteren 1589,52 € seit 02.07.2010, aus weiteren 1589,52 € seit 02.10.2010, aus weiteren 1589,52 € seit 02.01.2011, aus weiteren 1589,52 € seit 02.04.2011, aus weiteren 1589,52 € seit 02.07.2011, aus weiteren 1589,52 € seit 02.10.2011, aus weiteren 1589,52 € seit 02.01.2012 und aus weiteren 1.452,57 € seit 03.02.2012 zu bezahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber aus dem Versicherungsvertragsverhältnis zur Versicherungsschein-Nummer … die vereinbarten Leistungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Zahlung einer vierteljährlichen Rente, Beitragsbefreiung) ab dem 01. April 2012, längstens bis zum Vertragsende, zu erbringen hat.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 38.342,34 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend.

Die Klägerin unterhält bei der Beklagten unter Versicherungsschein-Nummer … eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (nachfolgend: BUZ), Vertragsbeginn war der 01.11.1987, als Ablaufzeitpunkt der Versicherung ist der 01.11.2031 vereinbart. Hinsichtlich der Versicherungsleistung und der Versicherungsbedingungen wird auf den Versicherungsschein vom 10.11.1987 und die vereinbarten Besonderen Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung … der Beklagten (nachfolgend: BB-BUZ) Bezug genommen (Anlagenkonvolut der Klägerin, hier zum Schriftsatz vom 24.05.2013). Leistungspflicht aus der Zusatzversicherung besteht nach § 1 Abs. 1 S. 1 BB-BUZ bei mindestens 50%-iger Berufsunfähigkeit, die wiederum in § 2 Abs. 1 BB-BUZ dahin definiert ist, dass die Klägerin außerstande ist, ihren Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

Die Klägerin machte am 14.09.2009 bei der Beklagten Leistungen aus der BUZ geltend, die versicherte Berufsunfähigkeitsrente belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 1.589,52 € vierteljährlich bei einem Monatsbeitrag für Hauptversicherung und Zusatzversicherungen von 81,76 €. Die Klägerin zahlte auch nach dem Leistungsantrag die Beiträge fort, die sich ab 01.11.2009 auf 85,03 € und ab 01.11.2011 auf 88,43 € erhöhten.

Die Klägerin war in gesunden Tagen als Arzthelferin tätig im Umfang einer geringfügigen Beschäftigung i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV an zwei Arbeitstagen mit je 5 Stunden, wobei sie zum Arbeitsplatz in... eine Wegstrecke von 13 km hatte. In diesem Beruf ist sie wegen einer psychischen Erkrankung, in deren Folge sie eine panische Angst vor Ansteckung mit Hepatitis oder dem HI-Virus entwickelte, seit 28.12.2006 zu mindestens 50% berufsunfähig, die Arbeitsstelle wurde zeitnah aufgegeben.

Die Beklagte verwies die Klägerin auf eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen oder Kliniken.

Die Klägerin trägt vor, dass sie für die Verweisungstätigkeit nicht ausreichend qualifiziert sei, es bestehe in der Region ihres Wohnorts kein Arbeitsmarkt für diesen Beruf bei Zugrundelegung einer Teilzeittätigkeit von 10 Wochenstunden als geringfügig Beschäftigte, ein Arbeitsplatz in weiterer Entfernung, etwa 50 km, sei ihr im Hinblick auf die anfallenden Fahrtkosten in Relation zum Verdienst nicht zumutbar, außerdem sei sie auch hinsichtlich der Verweisungstätigkeit berufsunfähig im Sinne der Versicherungsbedingungen, da ihre Leistungsfähigkeit auch hinsichtlich des Telefonierens sowie für PC-Tätigkeit im medizinischen Kontext eingeschränkt sei. Insoweit würden Ängste vor Falschauskünften und Falscheingaben bestehen.

Die Beklagte trägt vor, die Klägerin sei aufgrund ihrer Ausbildung als Arzthelferin für die vorgeschlagene Tätigkeit jedenfalls nach zumutbarer Einarbeitung hinreichend qualifiziert, ein entsprechender Arbeitsmarkt sei auch im zumutbaren Umkreis vorhanden. Eine Berufsunfähigkeit bezüglich der Verweisungstätigkeit werde bestritten.

Wegen des Parteivorbringens in 1. Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf das Urteil des Landgerichts Weiden i. d. OPf. vom 17.12.2012 Bezug genommen.

Das Landgericht hat im Termin vom 03.02.2012 (Protokoll Bl. 54 ff d. A.) die Klägerin persönlich angehört und den Arzt Dr. C. als sachverständigen Zeugen zu leidensbedingten Einschränkungen der Klägerin beim Telefonieren und bei PC-Arbeiten im medizinischen Kontext vernommen. Mit Beschluss vom 30.03.2012 hat das Landgericht ein berufskundliches Gutachten des Dipl.-Verwaltungswirts D. zu der Frage erholt, ob die Klägerin die Zugangsvoraussetzungen für die von der Beklagten aufgezeigte Verweisungstätigkeit einer Verwaltungsangestellten bei Krankenkassen oder in Krankenhäusern und Kliniken besitzt, das am 13.08.2012 beim Landgericht einging (Bl. 81 ff d. A.). Im Termin am 17.12.2012 (Protokoll Bl. 119 ff d. A.) wurde der Sachverständige D. ergänzend angehört.

Mit Endurteil vom gleichen Tag hat das Landgericht Weiden i. d. OPf. die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass sich die Parteien lediglich darüber stritten, ob die Ausbildung und Erfahrung der Klägerin zur Ausübung der Verweisungstätigkeit ausreiche, ihre gesundheitliche Fähigkeit zur Ausübung der Verweisungstätigkeit sei nicht streitig. Das Landgericht hat sich in vollem Umfang dem Gutachten des Sachverständigen D. angeschlossen, der ausgeführt habe, dass die Klägerin als gelernte Arzthelferin aus berufskundlicher Sicht eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen, Krankenhäusern und Kliniken ausüben könne. Die Arbeitsmarktlage - so das Gericht - sei bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit schlechthin nicht zu berücksichtigen.

Die Klägerin hat gegen das am 10.01.2013 zugestellte Endurteil mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 07.02.2013, am selben Tag beim Oberlandesgericht Nürnberg eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 10.04.2013, eingegangen am selben Tag, begründet.

Die Klägerin rügt, das Landgericht habe die Arbeitsmarktsituation zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Für die Verweisungstätigkeit gebe es in Teilzeit zu je 5 Stunden an zwei Tagen die Woche im zumutbaren Umkreis keine Stellen und damit keinen entsprechenden Arbeitsmarkt. Der Sachverständige habe sich nur allgemein zu Teilzeitbeschäftigungen geäußert. Außerdem habe die Beklagte schon gar nicht entsprechend den Anforderungen der Rechtsprechung das Anforderungsprofil der Verweisungstätigkeit vorgetragen. Damit fehle den erholten Gutachten die Grundlage. Sie könne auch die Verweisungstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben, weil sie panische Angst habe, Fehler zu machen. Dem Beweisangebot eines medizinischen Sachverständigengutachtens sei das Landgericht nicht nachgegangen. Die Klägerin verfüge auch nicht über die notwendige Vorbildung für die Verweisungstätigkeit. Die Einarbeitungszeit würde deshalb wegen der geringen wöchentlichen Arbeitszeit bis zu 1 Jahr betragen und sei damit unzumutbar lang. Bei der Verweisungstätigkeit handle es sich um einen Anlernberuf, der vom Ansehen her nicht mit ihrem Ausbildungsberuf als Arzthelferin vergleichbar sei.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz zuletzt:

1. Das Urteil des Landgerichtes Weiden vom 17. Dezember 2012 zum Az. 11 O 405/11 wird - samt dem ihm zugrunde liegenden Verfahren - aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht Weiden zurückverwiesen.

2. Im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Berufungsgerichtes wird beantragt:

2.1. Das Urteil des Landgerichtes Weiden vom 17. Dezember 2012 zum Az. 11 O 405/11 wird aufgehoben.

2.2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Monat September 2009 eine Rente i. H. v. 529,84 € nebst Zinsen hieraus i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02. September 2009 zu bezahlen.

2.3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin rückwirkend ab dem 01. Oktober 2009 bis einschließlich 31. März 2012 eine vierteljährliche Rente, vierteljährlich im Voraus, von (3 x 529,84 € =) 1589,52 €, insgesamt (10 Quartale a 1589,52 € =) 15.895,20 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten aus 1589,52 € seit dem 02. Oktober 2009, aus 1589,52 € seit dem 02. Januar 2010, aus 1589,52 € seit dem 02. April 2010, aus 1589,52 € seit dem 02. Juli 2010, aus 1589,52 € seit dem 02. Oktober 2010, aus 1589,52 € seit dem 02. Januar 2011, aus 1589,52 € seit dem 02. April 2011, aus 1589,52 € seit dem 02. Juli 2011, aus 1589,52 € seit dem 02. Oktober 2011 und aus 1589,52 € seit dem 02. Januar 2012 zu bezahlen.

2.4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 163,52 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit aus 2 x 81,76 €, 850,30 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit aus 12 x 85,03 € und 353,72 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit aus 4 x 88,43 € zu bezahlen.

2.5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin gegenüber aus dem Versicherungsvertragsverhältnis zur Versicherungsscheinnummer … die vereinbarten Leistungen der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Zahlung einer monatlichen Rente, Beitragsbefreiung) ab dem 01. April 2012, längstens bis zum Vertragsende, zu erbringen hat.

Die Beklagte beantragt in der Berufungsinstanz,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Ersturteil als richtig. Der Sachverständige D. habe bestätigt, dass es Arbeitsplätze als Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen und in Krankenhäusern und Kliniken in allen denkbaren Varianten gebe. Es gebe Teilzeitarbeitsplätze mit 10 Wochenstunden im Verweisungsberuf auch im räumlichen Mobilitätsbereich der Klägerin. Ob entsprechende Arbeitsplätze frei seien und konkret angeboten würden, sei unerheblich. Die Klägerin sei gesundheitlich in der Lage, den Verweisungsberuf auszuüben. Es werde weiter bestritten, dass sich ihre gesundheitlichen Einschränkungen auf Telefongespräche und PC-Arbeiten auswirken würden. Die Verweisungstätigkeit sei sowohl vom Ansehen als auch vom Verdienst her vergleichbar. Der Sachverständige habe das Anforderungsprofil des Verweisungsberufs, das je nach Arbeitgeber variiere, dargelegt. Bei der Einarbeitungszeit von 3 Monaten habe er Teilzeitbeschäftigung zugrunde gelegt.

Hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die eingereichten Schriftsätze und die vorgelegten Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat am 15.07.2013 mündlich verhandelt, am 02.12.2013 den Sachverständigen D. angehört und mit Beschluss vom 19.02.2014 eine ergänzende schriftliche Stellungnahme zu Einwänden der Klägerin gegen sein Gutachten beauftragt, die der Sachverständige unter dem 11.04.2014 erstellte. Nach weiteren Einwendungen der Klägerin gegen die Stellungnahme des Sachverständigen ist er am 31.07.2014 erneut angehört worden. Mit Beschluss vom 18.08.2014 hat der Senat ein ergänzendes schriftliches Gutachten des Sachverständigen D. beauftragt, das der Sachverständige unter dem 20.10.2014 erstellte und nach Hinweis auf den Umfang des Beweisthemas unter dem 10.11.2014 ergänzte. Am 26.01.2015 hat der Senat zur Arbeitsmarktsituation die Zeugen E., F., G., H., I. und K. vernommen. Insoweit wird auf die Sitzungsprotokolle vom 15.07.2013, 02.12.2013, 31.07.2014 und 26.01.2015 sowie auf die berufskundlichen Stellungnahmen des Sachverständigen D. vom 11.04.2014, 20.10.2014 und 10.11.2014 verwiesen.

II.

Die zulässige (§§ 511 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 517, 519 Abs. 1 u. 2, 520 Abs. 1 - 3 ZPO) Berufung hat in der Sache Erfolg.

Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin aus dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag ab September 2009 die für den Fall bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit vereinbarten Leistungen zu erbringen.

1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin „ihren Beruf“ i. S. v. § 2 Abs. 1 BB-BUZ, d. h. ihre letzte berufliche Tätigkeit in gesunden Tagen (BGH, Urteil v. 03.041996, IV ZR 344/94, juris; Rixecker in Römer/Langheid, VVG, 4. Aufl., § 172, Rn. 7; Lücke in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., BU § 2, Rn. 17), hier als Arzthelferin in Form einer Teilzeitbeschäftigung mit ca. 10 Wochenstunden als geringfügig Beschäftigte i. S. v. § 8 SGB IV, mindestens zu 50% nicht mehr ausüben kann.

2. Nach der Beweisaufnahme durch den Senat besteht auch kein Zweifel daran, dass die Klägerin - infolge Fehlens eines entsprechenden Arbeitsmarkts - außerstande ist, eine Verweisungstätigkeit i. S. v. § 2 Abs. 1 BB-BUZ auszuüben, d. h. eine andere Tätigkeit, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.

2.1. Lässt der Vertrag wie vorliegend eine abstrakte Verweisung zu, muss der Versicherungsnehmer vortragen und beweisen, dass er nicht auf eine andere Tätigkeit, die er noch nicht ausübt, verwiesen werden darf. Diesen Negativbeweis kann er jedoch nur dann ordnungsgemäß antreten, wenn der Versicherer den von ihm beanspruchten Vergleichs-/Verweisungsberuf bezüglich der ihn jeweils prägenden Merkmale (insbesondere erforderliche Vorbildung, übliche Arbeitsbedingungen, z. B. Arbeitsplatzverhältnisse, Arbeitszeiten, ferner übliche Entlohnung, etwa erforderliche Fähigkeiten oder körperliche Kräfte, Einsatz technischer Hilfsmittel) näher konkretisiert. Nur dann kann der beweisbelastete Versicherungsnehmer insoweit das Bestreiten von Berufsunfähigkeit mit substantiierten Beweisangeboten bekämpfen, die nicht als Ausforschungsversuch zu werten sind, denen vielmehr nachgegangen werden muss (BGH, Urteil v. 29.06.1994, IV ZR 120/93, juris, Rn. 12; Rixecker, a. a. O., Rn. 45; Lücke, a. a. O., Rn. 86; Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung,3. Aufl., H. XI., Rn. 224).

Dieser Aufzeigelast ist die Beklagte nachgekommen, indem sie die Klägerin auf eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen, Krankenhäusern, Kliniken verwiesen hat.

2.2. Die Berufsunfähigkeitsversicherung schützt nicht vor den Unwägbarkeiten des Arbeitsmarktes. Die in den Versicherungsbedingungen gewählte Merkmalsbeschreibung gibt nämlich keinen Anhalt, dass Arbeitslosigkeit ein mitversichertes Risiko ist. Damit muss die Lage auf dem Arbeitsmarkt grundsätzlich unberücksichtigt bleiben (BGH, Urteil v. 05.04.1989, IVa ZR 35/88, juris, Rn. 19; Rixecker, a. a. O., Rn. 58; Lücke, a. a. O., Rn. 72).

Insoweit ist aber vorauszusetzen, dass es die dem Versicherten angesonnene Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt überhaupt und nicht nur in unbedeutendem Umfange gibt, ein Arbeitsmarkt also überhaupt existiert. Denn anderenfalls fehlt für den Versicherten schon von vornherein - und ohne dass es auf die Frage nach freien Stellen noch ankommen könnte - die Aussicht darauf, der ihm aufgezeigten beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Demgemäß scheiden Verweisungen auf Tätigkeiten, die nur in Einzelfällen nach den besonderen Anforderungen eines bestimmten Betriebes geschaffen oder auf spezielle Bedürfnisse eines bestimmten Mitarbeiters zugeschnitten worden sind („Nischenarbeitsplätze“), grundsätzlich ebenso aus wie Verweisungen auf Tätigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt nur in so geringer Zahl bereit stehen, dass von einem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr die Rede sein kann (BGH, Urteil vom 23.06.1999, IV ZR 211/98, juris, Rn. 18; Urteil vom 23.01.2008, IV ZR 10/07, juris, Rn. 19; Rixecker, a. a. O., Rn. 59; Lücke, a. a. O., Rn. 78; Neuhaus, a. a. O., H. VII., Rn. 181).

2.3. Bei der Prüfung, ob ein Arbeitsmarkt für die Verweisungstätigkeit überhaupt besteht, ist sowohl in geographischer Sicht - Aspekt der Mobilität - als auch unter dem Gesichtspunkt der zu berücksichtigenden Stellen - zeitlicher Umfang der Tätigkeit und sozialversicherungsrechtliche Einordnung - darauf abzustellen, was dem Versicherungsnehmer zumutbar ist. Dies ergibt sich aus der Auslegung von § 2 Abs. 1 BB-BUZ - seiner bisherigen Lebensstellung entspricht - und dem Grundsatz von Treu und Glauben (OLG Saarbrücken, Urteil vom 10.01.2001, 5 U 720/99, juris, Rn. 35; Rüther, Berücksichtigung der Arbeitsmarktverhältnisse bei Verweisungen in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung?, NVersZ 1999, 497, 498; Lücke in Prölss/Martin, VVG, § 172, Rn. 106; Neuhaus, a. a. O., H., VII., Rn. 179). Dem Versicherungsnehmer ist vertraglich für die von ihm aufgewandten Prämien eine Leistung im Versicherungsfall versprochen worden, auf deren Einlösung er sich, wenn er sich selbst verständig verhält, verlassen darf (Rixecker, a. a. O., Rn. 57).

2.3.1. Bei der Bestimmung des für eine Verweisung in Betracht kommenden geographischen Gebiets ist zunächst festzuhalten, dass eine ausdrückliche Regelung hierzu in den Versicherungsbedingungen fehlt. Die allgemeine Überlegung, heutzutage sei berufliche Mobilität gefragt und auch weitestgehend üblich, ist für sich allein kein taugliches Entscheidungskriterium. Maßgebend unter dem Gesichtspunkt der Formulierung in den Versicherungsbedingungen „seiner bisherigen Lebensstellung entspricht“ ist vielmehr, ob und in welchem Umfang dem Versicherten ein Pendeln vom Wohnort zum Arbeitsplatz oder gar ein Umzug in eine andere Stadt zumutbar ist. Dies hängt zum einen ab von der Mobilität, die er in seinem bisherigen Berufsleben bereits gezeigt hat und die auch im bisherigen Beruf oder einer zu berücksichtigenden Verweisungstätigkeit üblicherweise erwartet wird. Darüber hinaus wird man aber auch nicht außer Acht lassen dürfen, ob und inwieweit soziale und sonstige schützenswerte Bindungen (z. B. familiäre Verhältnisse; berufliche Situation des Lebenspartners; Vorhandensein von Wohneigentum, etc.) zum derzeitigen Wohnort bestehen, die einen berufsbedingten Umzug unzumutbar machen. In der Regel gilt daher: Ein zur Ausübung einer Verweisungstätigkeit erforderlicher Wohnortwechsel ist unzumutbar. Zumutbar ist jedoch ein Pendeln zwischen Wohn- und Arbeitsort, wie es viele Arbeitnehmer handhaben. Dies führt zu einer regelmäßigen Begrenzung des Verweisungsgebiets auf berufliche Einsatzorte, die der Versicherte von seiner Wohnung aus täglich in zumutbarer Entfernung erreichen kann (Rüther, a. a. O., NVersZ 1999, 497, 499; OLG Saarbrücken, VersR 1994, 969, 970; Neuhaus, a. a. O., H. VII., Rn. 187 f; Lücke, a. a. O.; Rixecker, a. a. O.).

Nach diesen Kriterien ist der Klägerin eine räumliche Mobilität von maximal 40 km Fahrstrecke ab ihrem Wohnort zumutbar.

Ein Umzug scheidet wegen der familiären Bindungen am Wohnort und der Teilzeittätigkeit an zwei Tagen offensichtlich aus. Bei der arbeitstäglichen Mobilität ist von der wöchentlichen Arbeitszeit in gesunden Tagen von 10 Stunden, die wegen § 3 ArbzG nicht an einem Tag gearbeitet werden dürfen, auszugehen, so dass an mindestens zwei Tagen gependelt werden muss. Die Klägerin ist bislang 13 km nach … gependelt. Wenn man diese Entfernung verdreifacht, liegt man bei 39 km. Auch darf der nach den Ausführungen des Sachverständigen D. (Anhörung vom 02.12.2013, Bl. 212 d. A.; Stellungnahme vom 11.04.2014, Bl. 242 d. A.) erzielbare Stundenlohn von ca. 10,50 € und die sich daraus ergebende Gesamtentlohnung im Bereich von 450,- € nicht unberücksichtigt bleiben. Legt man zur Schätzung der erforderlichen Fahrtkosten die Kostenerstattung nach § 5 JVEG von 0,25 € je gefahrenen Kilometer zugrunde, so musste die Klägerin in gesunden Tagen ca. 15% ihres Verdienstes (6,50 € bei zuletzt etwa 44,- € Tagesverdienst) für Fahrtkosten aufwenden, bei einer Entfernung von 39 km steigt dieser Wert auf 37% (19,50 € bei einem möglichen Tagesverdienst in der Verweisungstätigkeit von 52,50 €). Bei einer weiteren Entfernung würde die Klägerin anders ausgedrückt 2 von 5 Stunden pro Tag alleine für die Fahrtkosten arbeiten. Fahrtkostenerstattungen durch den Arbeitgeber sind nach den Ausführungen des Sachverständigen D. (Anhörung vom 02.12.2013, Bl. 214 d. A.) nicht üblich. Bei solchen wirtschaftlichen Gegebenheiten nimmt auch in ländlichen Regionen keine verständig handelnde (vgl. Rixecker, a. a. O., Rn. 57) Arzthelferin oder im Verweisungsberuf Beschäftigte längere Anfahrtswege als 40 km bei einer Teilzeittätigkeit im Bereich von 10 Wochenstunden auf sich.

2.3.2. Im Bereich der zu berücksichtigenden Stellen fokussiert sich die Zumutbarkeitsprüfung auf die Frage, ob der Klägerin nur eine geringfügige Beschäftigung i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV zumutbar ist oder auch eine moderate Erhöhung der Arbeitszeit in einem nach allgemeinen Kriterien sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.

Nach dieser Prüfung ist der Klägerin nur eine geringfügige Beschäftigung i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV zumutbar.

Bei der diesbezüglichen Abwägung ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin in gesunden Tagen über einen Zeitraum von 5 Jahren vor Eintritt der Berufsunfähigkeit geringfügig beschäftigt i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV war (vgl. Anlagen zum klägerischen Schriftsatz vom 09.07.2014, Bl. 270 d. A.). Ergänzend hierzu hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 31.07.2014 erklärt, dass sie in der Vergangenheit nach Absprache mit der Arbeitgeberseite ihre Arbeitszeit reduziert hat, wenn etwa durch Erhöhungen des Stundenlohns die Grenze für die geringfügige Beschäftigung (bis 31.12.2012 400,- €; seitdem 450,- €) überschritten wurde. Damit hat das Merkmal der geringfügigen Beschäftigung die konkrete Ausgestaltung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin geprägt. Sie hat ihren Lohn steuerfrei (Pauschalversteuerung durch Arbeitgeber) und ohne Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen erhalten (vgl. Anlagen zum klägerischen Schriftsatz vom 09.07.2014, Bl. 270 d. A.). Bei Überschreiten der Grenze nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV von derzeit 450,- € ist der Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig, was den Arbeitnehmeranteil an den Sozialversicherungsbeiträgen von derzeit mindestens 19% bei Zugrundelegung des Mindestbeitrags in der Krankenversicherung auslöst. Hinzu kommt die Steuerpflicht des Entgelts. Führt man entsprechend der Formel des Sachverständigen D. (Stellungnahme vom 11.04.2014, Bl. 242 d. A.) eine Vergleichsberechnung mit 15 Wochenstunden durch, würde sich ein Monatseinkommen von 681,98 € brutto errechnen. Hieraus ergibt sich ein Nettoeinkommen bei lebensnaher Zugrundelegung der Steuerklasse 5 (Abzug ca. 9%) im Bereich von 490,- €. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass die Klägerin von 5 Mehrstunden pro Woche 4 Stunden für die Steuer- und Abgabenlast arbeiten würde. Eine solche Umgestaltung des Arbeitsvertrages nimmt auch bei verständigem Verhalten üblicherweise kein Beschäftigter auf sich.

2.4. Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass in dem der Klägerin regional zumutbaren Gebiet (Entfernung von 40 km um ihren Wohnort) ein Arbeitsmarkt für eine Tätigkeit als Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen, Krankenhäusern und Kliniken in Form einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV nicht besteht.

2.4.1. Der Sachverständige D. hat in seinem berufskundlichen Gutachten in erster Instanz vom 06.08.2012 (dort S. 6, Bl. 86 d. A.) ausgeführt, dass aus berufskundlicher Sicht für die von der Beklagten aufgezeigten Verweisungstätigkeiten sowohl Vollzeitkräfte wie auch Teilzeitkräfte in allen denkbaren Varianten anzutreffen seien. Von 400,- €-Kräften bis zu Teilzeitkräften, die bis zu 30 Stunden pro Woche arbeiten, seien alle Varianten möglich.

Diese Aussage hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 17.12.2012 (Bl. 121 d. A.) dahin eingeschränkt, dass sein Gutachtensauftrag eine regionale Einschränkung z. B. auf 20 Kilometer im Umkreis des Wohnsitzes der Klägerin nicht enthalten habe, und er deshalb diesen Arbeitsmarkt auch nicht untersucht habe.

Mit Terminsverfügung vom 11.10.2013 wurde der Sachverständige D. zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens unter der Fragestellung, ob in dem von der Beklagten aufgezeigten Verweisungsberuf in einem Umkreis von 20 km, hilfsweise 50 km, um den Wohnort der Klägerin in den vergangenen zwei Jahren oder aktuell konkrete Arbeitsplätze in Teilzeit mit 10 Stunden Wochenarbeitszeit angeboten wurden oder werden, geladen. Dies hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 02.12.2003 dahin beantwortet, dass er aktuell im vorgegebenen Stundenumfang im Umkreis von 20 km um den Wohnort der Klägerin keine freie Teilzeitstelle gefunden habe, in … - 55 km entfernt - eine Teilzeitstelle als Arztsekretärin in einem Krankenhaus sowie in … - 59 km entfernt - zwei Stellen als medizinische Fachangestellte, früher als Arzthelferin bezeichnet. Von der AOK in … habe er die Auskunft erhalten, dass dort Arzthelferinnen in Teilzeit, z. B. im Abrechnungsbereich, beschäftigt seien. Generell könne er aus seiner Erfahrung sagen, dass durchaus Stellen als Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen und Kliniken im Teilzeitbereich ausgeschrieben werden, im ländlichen Bereich natürlich deutlich weniger als in einer Stadt wie Nürnberg. Nach seiner Kenntnis seien die Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt für dieses Berufsbild in den vergangenen Jahren nicht anders gewesen.

Nach weiteren Einwendungen der Klägerin gegen das Gutachten unter Hinweis auf ihre vormalige geringfügige Beschäftigung mit 2 x 5 Wochenstunden wurde der Sachverständige D. seitens des Senats um ergänzende Stellungnahme unter Würdigung der Wochenarbeitszeit von 10 Stunden gebeten. Der Sachverständige hat hierzu unter dem 11.04.2014 (Bl. 241 ff d. A.) dahin Stellung genommen, dass 10 Wochenstunden nach dem erzielbaren Stundenlohn von 10,50 € über der Geringfügigkeitsgrenze (450,- € ab 2013, vorher 400,- €) liegen würden, Teilzeitkräfte nach Recherchen bei drei Krankenkassen beschäftigt würden, in der Regel mit 20 Wochenstunden. Einstellungen mit 10 Wochenstunden müssten nach der Recherche im Einzelfall geprüft werden, seien nicht üblich und würden so nicht ausgeschrieben werden.

Nach erneutem Vortrag zu gescheiterten Blindbewerbungen der Klägerin per Mail wurde der Sachverständige zur Erläuterung des Ergänzungsgutachtens vom 11.04.2014 geladen. Im Termin vom 31.07.2014 räumte der Sachverständige ein, dass er bislang keine ausdrücklichen Feststellungen zu geringfügig Beschäftigen i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV getroffen habe. Er wurde deshalb mit Beweisbeschluss vom 18.08.2014 mit der Erstellung eines ergänzenden schriftlichen Gutachtens zur Arbeitsmarktsituation seit September 2009 im Gebiet 40 km um den Wohnsitz der Klägerin für Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen und Kliniken in geringfügiger Beschäftigung i. S. v. § 8 SGB IV beauftragt.

In seiner berufskundlichen Stellungnahme vom 20.10.2014 (Bl. 291 ff d. A.) führte der Sachverständige D. aus, dass er sieben in Betracht kommende Kliniken ermittelt habe, davon würden sechs derzeit keine Mitarbeiter auf Geringfügigkeitsbasis im Verwaltungsbereich beschäftigen, die Augenklinik … beschäftige auch 5 Mitarbeiterinnen auf Geringfügigkeitsbasis mit um die 10 Wochenstunden, allerdings seien Augenfachkundekenntnisse erforderlich, für Fachfremde sei die Einarbeitung zu komplex und langwierig. Zur Situation bei den Krankenkassen sei mit vier Krankenkassen telefoniert worden. Dort seien keine Mitarbeiter auf Geringfügigkeitsbasis beschäftigt.

Auf Hinweis, dass sich der Beweisbeschluss auch auf die Vergangenheit seit 2009 beziehe, ergänzte der Sachverständige seine Stellungnahme unter dem 10.11.2014 dahin, dass die Kliniken … AG in der Verwaltung noch nie Mitarbeiter auf Geringfügigkeitsbasis beschäftigt hätten, also auch nicht in 2009. Die Klinik … habe auch in 2009 keine geringfügig Beschäftigten im Verwaltungsbereich beschäftigt, die AOK … und die Geschäftstelle der BKK … in … ebenfalls noch nie. Dies lasse aus berufskundlicher Sicht den Schluss zu, dass die in der Stellungnahme vom 20.10.2014 gemachten Aussagen auch für die zurückliegende Zeit bis 2009 gelten.

2.4.2. Der Senat hat die tatsächliche Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen D. durch die Einvernahme weiterer benannter Zeugen aus dem Bereich der Kliniken und Krankenkassen in der vorgegebenen Region von 40 Entfernungskilometern um den Wohnort der Klägerin in … erweitert.

Die Zeugen E. und F. haben für die Klinik … (vormals Krankenhaus …) bestätigt, dass seit September 2009 bis heute keine geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse im Verwaltungsbereich bestanden haben und auch nicht ausgeschrieben worden seien. Eine Mitarbeiterin arbeite im Verwaltungsbereich derzeit nur mit 10 Wochenstunden, dies sei aber nach Erziehungsurlaub und Sonderurlaub eine befristete Vereinbarung wegen des Rückkehranspruchs der Mitarbeiterin. Diese sei außerdem nicht als geringfügig Beschäftigte i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV angestellt, sondern in einem sozialversicherungspflichtigem Beschäftigungsverhältnis.

Die Zeugin H. für das Bezirkskrankenhaus … und der Zeuge G. für das Servicezentrum der … - das Einzige dieser Krankenkasse in der vorgegebenen Region - gaben an, dass es dort seit September 2009 bis heute keine geringfügig Beschäftigten gibt und solche Stellen auch nicht ausgeschrieben wurden.

Der Zeuge I. bestätigte für die AOK-Geschäftsstellen im vorgegebenen Gebiet, dass es dort seit September 2009 keine geringfügig Beschäftigten i. S. v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV gebe, wohl aber Rückkehrerinnen nach Elternzeit, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt seien mit reduzierten Stunden.

Schließlich gab der Zeuge K. für die Kliniken … an, dass er eine auf Daten gestützte Aussage nur für den Zeitraum ab 2012 machen könne. In dieser Zeit gab es vier Stellen für geringfügig Beschäftigte als Dolmetscher für russisch, außerdem wird seit 2012 eine vormalige Vollzeitkraft in der Elternzeit geringfügig weiterbeschäftigt. Weitere Stellen in diesem Sinne seien weder besetzt gewesen noch ausgeschrieben worden. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Betriebsrat müssten Stellen im Übrigen zunächst intern ausgeschrieben werden, diese Vereinbarung habe es auch bereits im September 2009 gegeben. Es spreche alles dafür, dass seine Angaben auch für den Zeitraum ab September 2009 gelten würden, nach seiner Erinnerung habe es in diesem Zeitraum mit Ausnahme der Dolmetscher weder besetzte noch ausgeschriebene Stellen im Verwaltungsbereich für geringfügig Beschäftigte gegeben.

2.4.3. Des Weiteren haben die … (Bl. 360 d. A.), die … (Bl. 318 d. A.) und die … (Bl. 315 d. A.) schriftlich erklärt, im Zeitraum ab September 2009 in den Geschäftsstellen im vorgegebenen Bereich keine Mitarbeiter auf Geringfügigkeitsbasis beschäftigt zu haben.

2.4.4. In der Gesamtschau der aus den berufskundlichen Stellungnahmen des Sachverständigen D. vom 20.10.2014 und 10.11.2014, den unter Ziffer 2.4.2. dargestellten Zeugenaussagen und den in Ziffer 2.4.3. wiedergegebenen schriftlichen Erklärungen zu gewinnenden Erkenntnisse hat der Senat keinen Zweifel, dass es in einer Entfernung von 40 km um den Wohnort der Klägerin keinen allgemein zugänglichen Arbeitsmarkt für Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen, Krankenhäusern und Kliniken in Form einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV gibt und seit September 2009 gegeben hat.

Der Sachverständige D. hat in diesem Bereich sieben Kliniken und Krankenhäuser ermittelt. Soweit die Augenklinik … Verwaltungsmitarbeiterinnen auf Geringfügigkeitsbasis beschäftigt, muss diese Klinik bei der Prüfung eines Arbeitsmarkts unberücksichtigt bleiben, da die Klägerin - sie arbeitete in einer frauenärztlichen Praxis - über die erforderlichen Augenfachkundekenntnisse nicht verfügt und diese nach der berufskundlichen Stellungnahme Klug auch nicht in einer zumutbaren Einarbeitungszeit erlangen kann. Konkret zu diesem Punkt wurde von der Beklagten Gegenteiliges weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt (vgl. Lücke in Prölss/Martin, VVG, BU § 2, Rn. 47; Neuhaus, a. a. O., H. XI., Rn. 233). Gleiches gilt für die ausnahmsweise bei den Kliniken … und der Klinik … geschaffenen Stellen. Diese stellen Sonderregelungen für in Elternzeit befindliche Mitarbeiterinnen oder Rückkehrerinnen aus der Elternzeit dar, die nicht allgemein zugänglich sind und deshalb als „Nischenarbeitsplätze“ nicht zum allgemeinen Arbeitsmarkt gehören. Die Stellen für Dolmetscher bleiben schon von der Sache her außer Betracht.

Auch für den Bereich der Krankenkassen ergibt sich durch die vorliegenden Auskünfte und Zeugenaussagen in Ergänzung der Erhebung des Sachverständigen D., dass mit Ausnahme von Sonderregelungen im Zusammenhang mit Rückkehrerinnen aus der Elternzeit - „Nischenarbeitsplätze“ - keine dem allgemeinen Arbeitsmarkt offenstehende Stellen existieren oder im Zeitraum ab September 2009 existierten.

Es ist damit der auch vom Sachverständigen D. gezogene Schluss tragfähig, dass sich die Arbeitsmarktsituation für den Zeitraum ab September 2009 identisch mit der aktuellen Arbeitsmarktsituation für Verwaltungsangestellte bei Krankenkassen, Krankenhäusern und Kliniken in Form einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV in der vorgegebenen Region darstellt. Einen solchen regionalen Arbeitsmarkt gab es nach den dargestellten Grundlagen weder zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls im September 2009 (vgl. BGH, Urteil v. 07.07.2007, IV ZR 232/03, juris; Rixecker, a. a. O., Rn. 44) noch in der Zeit bis heute, so dass vom dauerhaften Fehlen dieses regionalen Arbeitsmarktes ab September 2009 auszugehen ist.

3. Nach dem Versicherungsvertrag stehen der Klägerin ab Beginn des Monats der Meldung des Versicherungsfalls (§ 1 Abs. 2 S. 2 BB-BUZ) - hier erfolgt am 14.09.2009 - die vereinbarten Leistungen zu, also eine vierteljährliche Berufsunfähigkeitsrente von 1.589,52 €, für September 2009 anteilig 529,84 € (§ 1 Abs. 1 S. 1 b) BB-BUZ), sowie volle Befreiung von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen (§ 1 Abs. 1 S. 1 a) BB-BUZ).

Hieraus errechnet sich für den bezifferten Zeitraum bis 31.03.2012 ein Rentenanspruch von 16.425,04 € sowie ein geltend gemachter (§ 308 Abs. 1 ZPO) Rückzahlungsanspruch (§ 812 Abs. 1 S. 1, Alt. 1 BGB) für nach Eintritt des Versicherungsfalls nicht mehr geschuldete Beiträge von 1.367,54 €.

Für den Zeitraum ab 01.04.2012 war die bedingungsgemäße Leistungspflicht der Beklagten, längstens bis zum Vertragsende festzustellen (zur Zulässigkeit des Feststellungsantrags vgl. BGH, Urteil v. 16.02.2005, IV ZR 18/04, juris, Rn. 23).

4. Der Ausspruch zu den Zinsen beruht hinsichtlich der Verzinsung der Berufsunfähigkeitsrente auf §§ 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB, hinsichtlich der Verzinsung des Rückzahlungsanspruchs der ab September 2009 geleisteten Beiträge auf §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 3 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung in Auslegung der vereinbarten Versicherungsbedingungen unter Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Der Streitwert errechnet sich aus der Summe der bezifferten rückständigen Renten von 16.425,04 €, dem bezifferten Rückzahlungsanspruch für ab September 2009 geleistete Beiträge von 1.367,54 € sowie gem. §§ 48 Abs. 1 GKG, 9 ZPO dem 42-fachen Betrag der monatlichen Rentenleistung (529,84 €) und der Beitragsbefreiung (81,76 €) abzüglich eines Abschlags von 20%, da lediglich ein Feststellungsantrag gestellt wurde, damit 20.549,76 € (vgl. Neuhaus, a. a. O., R. XIV., Rn. 162 ff m. w. N.). Dies ergibt insgesamt 38.342,34 €.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 24/10 Verkündetam:
15.Dezember2010
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
AVB Unfallvers. § 7 I (AUB 88)
Bei Vereinbarung einer progressiven Invaliditätsstaffel, die § 7 I (2) und (3) AUB 88
entsprechende Bedingungen in Bezug nimmt, ist Grundlage für die Progression der
um die Vorinvalidität geminderte Invaliditätsgrad.
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2010 - IV ZR 24/10 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richterin
Dr. Kessal-Wulf, den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt,
die Richter Dr. Karczewski und Lehmann auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Dezember 2010

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 16. Dezember 2009 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 23. April 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger unterhält seit dem Jahre 1994 bei der Beklagten eine Unfallversicherung, der neben Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 88) Besondere Bedingungen für die Unfallversicherung mit progressiver Invaliditätsstaffel (U 07/88) zugrunde liegen.
2
Auszugsweise lautet § 7 I AUB 88 (Invaliditätsleistung) wie folgt: "(1) Führt der Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) des Versicherten, so entsteht Anspruch auf Kapitalleistung aus der für den Invaliditätsfall versicherten Summe. … (2) Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem Grad der Invalidität.
a) Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluss des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit … eines Beines über der Mitte des Oberschenkels 70%
b) Bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung eines dieser Körperteile oder Sinnesorgane wird der entsprechende Teil des Prozentsatzes nach a) angenommen. … (3) Wird durch den Unfall eine körperliche oder geistige Funktion betroffen, die schon vorher dauernd beeinträchtigt war, so wird ein Abzug in Höhe dieser Vorinvalidität vorgenommen. Diese ist nach (2) zu bemessen."
3
In den Besonderen Bedingungen wird § 7 I AUB 88 wie folgt erweitert : "Führt ein Unfall nach den Bemessungsgrundsätzen der Nummern (2) und (3) zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit, werden der Berechnung der Invaliditätsleistung folgende Versicherungssummen zugrunde gelegt:
a) für den 25% nicht übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die im Versicherungsschein festgelegte Invaliditätssumme ,
b) für den 25%, nicht aber 50% übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die doppelte Invaliditätssumme,
c) für den 50% übersteigenden Teil des Invaliditätsgrades die dreifache Invaliditätssumme."
4
Der Kläger erlitt zunächst am 27. Januar 2005 einen Skiunfall und am 8. Februar 2006 einen Glatteisunfall; durch beide Unfälle kam es zu Dauerschäden an seinem rechten Bein. Der von der Beklagten beauftragte Gutachter bemaß die Gesamtinvalidität des Klägers mit 6/10 von 70% und ordnete diese zu jeweils 3/10 dem ersten und dem zweiten Unfall zu. Die Beklagte zahlte an den Kläger unter Heranziehung der Gliedertaxe in § 7 I (2) a AUB 88 einen Gesamtbetrag von 55.296 €. Der Leistungsberechnung lag für den ersten Unfall eine Versicherungssumme von 122.880 € und für den zweiten Unfall von 138.240 € zugrunde, von der die Beklagte jeweils 21% (3/10 von 70%) ansetzte. Daraus errechneten sich 25.804,80 € für den ersten Unfall und 29.030,40 € für den zweiten Unfall, insgesamt 54.835,20 €. Die Überzahlung von 460,80 € verlangt die Beklagte nicht zurück.
5
Der Kläger vertritt die Ansicht, es sei eine Gesamtinvalidität von 42% Berechnungsgrundlage für die Invaliditätsleistung. Von der für den zweiten Unfall festgestellten Invalidität in Höhe von 21% seien 4% auf die einfache Invaliditätssumme, 17% hingegen auf die doppelte Invaliditätssumme zu beziehen. Das ergebe für den zweiten Unfall eine Invaliditätsleistung von 38%, was einem Betrag von 52.531,20 € entspreche. Für beide Unfälle zusammengerechnet seien 78.376 € zu entschädigen abzüglich bereits geleisteter 55.296 €.
6
Das Landgericht hat die auf 23.040 € zuzüglich Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte in vollem Umfang Erfolg. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


7
Das Rechtsmittel ist begründet.
8
Das I. Berufungsgericht hat ausgeführt, die von der Beklagten verwendeten Versicherungsbedingungen seien unklar. Die sich bei einer Auslegung des § 7 I AUB 88 und der Besonderen Bedingungen ergebenden Zweifel gingen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten. Die vom Kläger geltend gemachte Lesart der Bedingungen sei rechtlich vertretbar und stelle die für ihn günstigste Auslegungsmöglichkeit dar; sie sei daher der Berechnung der Invaliditätsleistung zugrunde zu legen. Erst in den AUB 99 - und nicht schon in den zwischen den Parteien vereinbarten AUB 88 - finde sich die klare Festlegung, dass zur Berücksichtigung einer Vorinvalidität "der Invaliditätsgrad" gemindert werden müsse.
9
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1.Versicherungsbedingungensind aus sich heraus zu interpretieren ohne vergleichende Betrachtungen mit anderen Versicherungsbedingungen , die dem Versicherungsnehmer regelmäßig nicht bekannt sind und auch nicht bekannt sein müssen, so dass ihm eine bedingungsübergreifende Würdigung deshalb von vornherein verschlossen bleibt (vgl.
Senatsurteile vom 30. September 2009 - IV ZR 47/09, VersR 2009, 1622 Tz. 19; vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99, VersR 2000, 1090 unter 2 a). Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen - und erst recht ihre spätere Entwicklung in nachfolgenden Fassungen - hat daher außer Betracht zu bleiben. Es geht allein darum, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Klausel in § 7 I (3) AUB 88 in Verbindung mit der Zusatzklausel , wie sie in den Besonderen Bedingungen enthalten ist, bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85 m.w.N.). Dabei sind die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - seine Interessen entscheidend.
11
2. Ein solcher Versicherungsnehmer entnimmt zunächst § 7 I (1) AUB 88, dass die Beklagte als Versicherer ihm eine Invaliditätsleistung verspricht für den Fall, dass ein Unfall zu einer dauernden Beeinträchtigung seiner körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) führt. Unter den in der Klausel weiter genannten Voraussetzungen entsteht ein Anspruch auf Kapitalleistung aus der für den Invaliditätsfall vereinbarten Versicherungssumme. Wie sich die Höhe der Leistung im Einzelnen bemisst, erfährt der Versicherungsnehmer aus § 7 I (2) AUB 88; danach richtet sich diese nach dem Grad der Invalidität. Unter Buchst. a werden feste Invaliditätsgrade genannt, wenn es - wie hier - zum Verlust oder zur Funktionsunfähigkeit von Körperteilen oder Sinnesorganen kommt. Das ist für den (völligen) Verlust oder die (völlige) Funktionsunfähigkeit eines Beines über der Mitte des Oberschenkels ein Invaliditätsgrad von 70%, wobei nach Buchst. b bei einem Teilverlust oder einer bloßen Funktionsbeeinträchtigung des betreffenden Körperteils nur ein entsprechender Teil des der Gliedertaxe zu entnehmenden Prozentsatzes in Ansatz gebracht wird. Für den ersten Unfall errechnet sich daraus - zwischen den Parteien unstreitig - ein Invaliditätsgrad von 21%, für den zweiten Unfall hingegen von insgesamt 42%.
12
3. Der Versicherungsnehmer erkennt bei weiterer Durchsicht der Versicherungsbedingungen, dass für die Versicherungsleistung wegen unfallbedingter Invalidität solche Ursachen außer Betracht zu bleiben haben, die sich für das aktuell zu entschädigende Unfallereignis als unfallfremd darstellen. Dieses kommt für ihn in § 7 I (3) AUB 88 zum Ausdruck. Er erkennt daraus, dass Krankheiten und Gebrechen, wenn und soweit sie als Folge eines früheren Unfalls - oder aus anderem Grunde - schon vorher vorhanden waren, nicht dem neuen Unfall zuzurechnen sind. Das bedeutet hier: Beide Unfallereignisse sind getrennt zu betrachten ; ferner ist die beim Kläger aufgrund des ersten Unfallereignisses vorhandene Vorschädigung bei der nach dem zweiten Unfallereignis bestehenden Invalidität und der daraus folgenden Versicherungsleistung mindernd zu berücksichtigen. Ein verständiger Versicherungsnehmer darf und wird nicht erwarten, dass der Versicherer ihm Versicherungsschutz auch insoweit bietet, als eine nach dem späteren Unfallereignis festgestellte Gesamtinvalidität eine Teilinvalidität einschließt, die sich auf ein früheres (Unfall-)Ereignis zurückführen lässt (Senatsurteil vom 3. Dezember 1997 - IV ZR 43/97, BGHZ 137, 247, 253). Eine daraus bedingte (Vor-)Invalidität geht zu seinen Lasten.
13
Dem 4. Versicherungsnehmer wird aus § 7 I (3) AUB 88 weiter deutlich, dass eine solche - hier auf einem früheren Unfallereignis beruhende - Vorinvalidität zu einem Abzug von der zuvor ermittelten Gesamtinvalidität führt. Der Versicherer verweist in § 7 I (3) AUB 88 darauf, dass sich die Höhe dieses Abzuges nach § 7 I (2) AUB 88 richtet, mithin auch hier der Invaliditätsgrad Maß gibt, der - soweit ein entsprechender Teil auf die Vorschädigung entfällt - zu einer Verminderung des vom Versicherer für den späteren Unfall zu entschädigenden Invaliditätsgrades führt.
14
5. Vor diesem Hintergrund wird der Versicherungsnehmer die Besonderen Bedingungen U 07/88 interpretieren; für eine Mehrdeutigkeit oder eine sonstige Unklarheit im Sinne des § 305c Abs. 2 BGB ist in diesem Zusammenhang nichts ersichtlich.
15
Durch a) die Besonderen Bedingungen wird § 7 I AUB 88 ausdrücklich "erweitert", so dass der Versicherungsnehmer die so in Bezug genommene Klausel und ihren Regelungsgehalt zum Ausgangspunkt nimmt. Bestätigt wird er in dieser Sichtweise durch den nachfolgenden Wortlaut der Besonderen Bedingungen, wonach ein Unfall "nach den Bemessungsgrundsätzen der Nummern (2) und (3)" zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit führen muss. Das bringt mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck, dass von den Bemessungsgrundsätzen des § 7 I (2) und (3) AUB 88 nicht abgewichen werden soll, insbesondere soll es bei der Trennung zwischen dem vom Versicherer zu entschädigenden unfallbedingten Invaliditätsgrad und dem dem Versicherungsnehmer zuzurechnenden Vorinvaliditätsgrad - sei er auch seinerseits unfallbedingt - verbleiben. Dies gilt umso mehr, als die Besonderen Bedingungen keine eigenen Bemessungsgrundsätze enthalten, sondern ausdrücklich an die in § 7 I AUB 88 enthaltenen anknüpfen und diese lediglich insoweit fortschreiben, als bei Erreichen eines bestimmten Invaliditätsgrades sich die im Versicherungsschein festgelegte Invaliditätssumme verdoppelt oder sogar verdreifacht.
Dies ändert indes nichts daran, dass Basis für die Progression der um die Vorinvalidität bereinigte Invaliditätsgrad ist, der sich allein nach § 7 I (2) und (3) AUB 88 bestimmt.
16
b) Allein diese Auslegung der Versicherungsbedingungen der Beklagten , zu der bereits das Landgericht gelangt ist, erweist sich demnach als richtig. Sie folgt den Grundsätzen des Senatsurteils vom 24. Februar 1988 (IVa ZR 220/86, VersR 1988, 461 unter 1 zu AUB 61), an denen festzuhalten ist; für die AUB 88 ergeben sich insoweit keine Besonderheiten (vgl. auch Knappmann in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 8 AUB 94 Rdn. 3; Nr. 3 AUB 2008 Rdn. 9; Grimm, Unfallversicherung 4. Aufl. Nr. 3 AUB 99 Rdn. 6; Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts -Handbuch 2. Aufl. § 47 Rdn. 197; Rüffer in Rüffer/Halbach/ Schimikowski, VVG Ziff. 2 AUB 2008 Rdn. 34). Das Senatsurteil vom 15. Dezember 1999 (IV ZR 264/98, VersR 2000, 444 unter 2 b aa), in dem auf die Rechtsprechung des OLG Saarbrücken (VersR 1998, 836) Bezug genommen wird, steht dem nicht entgegen, denn im dortigen Zusammenhang ging es um eine Klausel, die § 8 AUB 88 entspricht.
17
c) Erst der nach § 7 I (2) und (3) AUB 88 ermittelte unfallbedingte Invaliditätsgrad versetzt den Versicherer nach alledem in den Stand, die ihm obliegende Berechnung der nach den Versicherungsbedingungen geschuldeten Entschädigungsleistung vorzunehmen. Die Beklagte hat in den Besonderen Bedingungen lediglich für Fälle, in denen die unfallbedingte Invalidität des Versicherten 25% übersteigt, die Anknüpfung an bewegliche, mit dem unfallbedingten Invaliditätsgrad progressiv steigende Versicherungssummen versprochen, nicht dagegen die Maßgeblichkeit anderer Invaliditätsgrade als der in den AUB vereinbarten (vgl. Senatsurteil vom 24. Februar 1988 aaO unter 2). Folgen zwei Unfälle auf- einander, kommt es auch für den zeitlich späteren Unfall nur auf den Invaliditätsgrad an, der letzterem zuzuordnen ist. Eine Zusammenrechnung oder eine sonstige übergreifende Betrachtung beider Unfälle, wie der Kläger sie geltend macht, scheidet für die progressive Invaliditätsstaffel aus. Einen Invaliditätsgrad, der 25% übersteigt, hat der Kläger allein mit dem zweiten Unfall nicht erreicht, so dass die Beklagte zu einer weiteren Versicherungsleistung nicht verpflichtet ist.
Dr. Kessal-Wulf Felsch Harsdorf-Gebhardt
Dr. Karczewski Lehmann

Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 23.04.2009 - 14 O 238/08 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 16.12.2009 - 3 U 70/09 -

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile, die ohne Zulassung der Berufung unterliegen, findet auf Antrag unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar die Revision (Sprungrevision) statt, wenn

1.
der Gegner in die Übergehung der Berufungsinstanz einwilligt und
2.
das Revisionsgericht die Sprungrevision zulässt.
Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision sowie die Erklärung der Einwilligung gelten als Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung.

(2) Die Zulassung ist durch Einreichung eines Schriftsatzes (Zulassungsschrift) bei dem Revisionsgericht zu beantragen. Die §§ 548 bis 550 gelten entsprechend. In dem Antrag müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Sprungrevision (Absatz 4) dargelegt werden. Die schriftliche Erklärung der Einwilligung des Antragsgegners ist dem Zulassungsantrag beizufügen; sie kann auch von dem Prozessbevollmächtigten des ersten Rechtszuges oder, wenn der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen gewesen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden.

(3) Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Geschäftsstelle des Revisionsgerichts hat, nachdem der Antrag eingereicht ist, unverzüglich von der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges die Prozessakten einzufordern.

(4) Die Sprungrevision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Die Sprungrevision kann nicht auf einen Mangel des Verfahrens gestützt werden.

(5) Das Revisionsgericht entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Sprungrevision durch Beschluss. Der Beschluss ist den Parteien zuzustellen.

(6) Wird der Antrag auf Zulassung der Revision abgelehnt, so wird das Urteil rechtskräftig.

(7) Wird die Revision zugelassen, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt der form- und fristgerechte Antrag auf Zulassung als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(8) Das weitere Verfahren bestimmt sich nach den für die Revision geltenden Bestimmungen. § 563 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht erfolgt. Wird gegen die nachfolgende Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts Berufung eingelegt, so hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung durch das Revisionsgericht zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Die Rechtsfähigkeit des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.