Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2009 - IV ZR 39/08

bei uns veröffentlicht am18.11.2009
vorgehend
Landgericht Bamberg, 1 O 472/05, 31.07.2007
Oberlandesgericht Bamberg, 1 U 167/07, 14.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 39/08 Verkündetam:
18.November2009
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 850b; BGB § 400; ALB 86 § 13; BBUZ § 9
Wird zusammen mit einer Kapitallebensversicherung eine BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung
abgeschlossen, steht die Einheitlichkeit des Vertrages in der
Regel weder der Abtretung von Ansprüchen allein aus der Lebensversicherung noch
einer Übertragung des Kündigungsrechts für die Lebensversicherung entgegen.
BGH, Urteil vom 18. November 2009 - IV ZR 39/08 - OLG Bamberg
LG Bamberg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterinnen
Dr. Kessal-Wulf und Harsdorf-Gebhardt auf die mündliche Verhandlung
vom 18. November 2009

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 14. Februar 2008 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen, der auch die Kosten der Streithelferin der Klägerin zu tragen hat.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Lebensversicherungssumme. Der Beklagte schloss zum 1. Dezember 1987 bei der Klägerin eine Kapitallebensversicherung unter Einschluss einer Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung ab. Am 9. Januar 2003 vereinbarte der Beklagte mit der Streithelferin der Klägerin die Abtretung der gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus der Lebensversicherung zur Sicherung eines Darlehens. Die Klägerin zahlte aus der Lebensversicherung 31.626,07 € an den Beklagten sowie später auch an die Streithelferin der Klägerin aus. Hierbei handelte es sich um die bei Ablauf am 1. Dezember 2003 vereinbarte Leistung im Erlebensfall zuzüglich Boni und Gewinnanteile. Die an den Beklagten erbrachte Leistung fordert sie von diesem zurück.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


3
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
4
Nach I. Ansicht des Berufungsgerichts ist die Abtretung vom 9. Januar 2003 wirksam, soweit nicht Ansprüche aus der gemäß §§ 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 400 BGB unpfändbaren und unabtretbaren Berufsunfähigkeitsversicherung betroffen sind. Es liege zwar eine einheitliche Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung und der unselbständigen Zusatzversicherung gegen Berufsunfähigkeit vor. Beide Versicherungen bildeten jedoch keine untrennbare Einheit. Dass die Zusatzversicherung vom Fortbestand der Hauptversicherung abhängig sei und dass der Versicherte, wenn er berufsunfähig werde, keine Beiträge für die Lebensversicherung mehr bezahlen müsse, genüge für diese Annahme nicht. Die Lebensversicherung könne ohne die Zusatzversicherung fortgesetzt werden; hieraus ergebe sich die Zerlegbarkeit der Versicherungsverträge.
5
Die vorliegend in Unkenntnis der §§ 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 400 BGB erfolgte einheitliche Abtretung sei unter Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens nach § 139 BGB wirksam, soweit es um die Le- bensversicherung gehe. Bei objektiver Bewertung der Rechtslage wäre der Kredit der Streithelferin der Klägerin nur durch die Ansprüche aus der Lebensversicherung auch ohne die BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung abgesichert worden.
6
Die Frage, ob die Mitabtretung des Rechts zur Vertragskündigung ebenfalls wirksam gewesen sei, könne offen bleiben. Jedenfalls habe die Klägerin aufgrund wirksamer Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung nicht ohne Rechtsgrund an die Streithelferin der Klägerin geleistet.
7
Der Beklagte könne sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen, weil er den Mangel des rechtlichen Grunds beim Empfang gekannt habe.
8
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
9
Die Abtretung der Ansprüche und die Übertragung der Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag durch den Beklagten an die Streithelferin der Klägerin sind wirksam. Die Leistung der Klägerin an den Beklagten erfolgte somit ohne rechtlichen Grund, so dass ihr ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB zusteht.
10
1. Mit Vereinbarung vom 9. Januar 2003 hat der Beklagte die ihm aus der mit der Klägerin geschlossenen Lebensversicherung zustehenden Ansprüche und Rechte an die Streithelferin der Klägerin übertragen. Dort ist unter anderem bestimmt: "Nr. 1 Umfang der Abtretung Die Abtretung umfasst die gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus dem bezeichneten Lebensversicherungsvertrag
a) für den Todesfall in voller Höhe
b) für den Erlebensfall in Höhe eines erstrangigen Teilbetrags von 60.000 €. (…) Die Abtretung für den Erlebensfall umfasst auch etwaige Rechte und Ansprüche im Fall der Verwertung vor Fälligkeit gem. Nr. 4.1. (…) Soweit Rechte und Ansprüche in voller Höhe abgetreten werden, umfasst diese Abtretung auch - soweit pfändbar - alle damit verbundenen Zusatzversicherungen, insbesondere eine etwa bestehende Unfallzusatzversicherung (…) Nr. 4 Verwertung und Kündigung 4.1 Die Sparkasse ist berechtigt, die ihr abgetretenen Forderungen und die Sicherungsrechte zu verwerten, wenn - ihre gesicherten Forderungen fällig sind und der Kreditnehmer mit seinen Zahlungen in Verzug ist (…) Die Sparkasse ist berechtigt, sich den abgetretenen (Teil-)Betrag im Rahmen des vereinbarten Sicherungszwecks entweder durch Kündigung des Vertrages und Erhebung des Rückkaufwertes oder durch Einziehung bei Fälligkeit zu beschaffen (…)"
11
Aus Nr. 1 ergibt sich der Umfang der Übertragung: Sie erfasst lediglich gegenwärtige sowie zum damaligen Zeitpunkt noch nicht beste- hende, zukünftige Ansprüche und Rechte aus der Lebensversicherung, nicht jedoch solche aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Streithelferin der Klägerin ist nach Nr. 4.1 zudem berechtigt, die Kündigung des Lebensversicherungsvertrags zu erklären, um hierdurch - im Rahmen des vereinbarten Sicherungszwecks - den Rückkaufswert zu realisieren.
12
2.DieserVereinbarun g über die Abtretung der Ansprüche und die Übertragung von Rechten aus der Lebensversicherung stehen keine vertraglichen Bestimmungen entgegen. Eine Vereinbarung, die eine Abtretung ausschließt, ist zwischen den Vertragsparteien der Versicherungsverträge nicht geschlossen worden, § 399 2. Alt. BGB.
13
§ 13 (3) der hier vereinbarten Allgemeinen Bedingungen der Klägerin für die kapitalbildende Lebensversicherung sieht sogar ausdrücklich vor, dass Ansprüche aus der Lebensversicherung als Hauptversicherung abgetreten werden können (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - VersR 2003, 1021 unter II 1).
14
Ein vertraglicher Abtretungsausschluss lässt sich auch § 9 (1) der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nicht entnehmen. Dieser lautet: "Die Zusatzversicherung bildet mit der Versicherung, zu der sie abgeschlossen worden ist (Hauptversicherung), eine Einheit; sie kann ohne die Hauptversicherung nicht abgeschlossen werden. Wenn der Versicherungsschutz aus der Hauptversicherung endet, so erlischt auch die Zusatzversicherung."
15
Das schließt - entgegen der Auffassung der Revision, die meint, der Versicherungsvertrag als solcher sei wie ein Stammrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung unpfändbar und damit unabtretbar (vgl. BGH, Beschluss vom 21. November 2002 - IX ZB 85/02 - NJW 2003, 1457 unter II 2; Urteil vom 10. Januar 2008 - IX ZR 94/06 - WM 2008, 415 Tz. 13) - eine isolierte Abtretung allein von Ansprüchen aus der Lebensversicherung als Hauptversicherung nicht aus (so auch OLG Saarbrücken VersR 1995, 1227; OLG Köln VersR 1998, 222; a.A. Thüringer OLG VersR 2000, 1005). Solange weiterhin der Beitrag für die Gesamtversicherung bezahlt wird, behält der Versicherungsnehmer trotz Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung den Versicherungsschutz aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Einheit der Verträge wird nicht beeinträchtigt.
16
Die 3. Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung ist nicht nach § 400 BGB ausgeschlossen, weil die Ansprüche aus der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO unpfändbar sind.
17
a) Die Frage der Abtretbarkeit von Ansprüchen aus einer Lebensversicherung , die mit einer unselbständigen BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung verbunden ist, wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet.
18
Thüringer Das Oberlandesgericht (VersR 2000, 1005) hat schon die alleinige Abtretung der Rechte aus einem Lebensversicherungsvertrag , der mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung verbunden ist, als unwirksam erachtet. Beide Versicherungen bildeten eine Einheit, so dass die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung auch die- jenigen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung erfasse. Da diese aber nach § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO unpfändbar und daher nicht abtretbar seien, führe dies nach § 139 BGB zur Unwirksamkeit der Abtretung auch bzgl. der Lebensversicherung.
19
Dagegen hat das Oberlandesgericht Köln (VersR 1998, 222) selbst für den Fall, dass sowohl Ansprüche aus der Lebens- wie auch aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgetreten werden, eine Unwirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen aus der Lebensversicherung verneint. § 139 BGB greife nicht ein, wenn nichts dafür spreche, dass beide Abtretungen miteinander stehen und fallen sollten. Wenn die Lebensversicherung als Kreditsicherheit diene, sei anzunehmen, dass die Abtretung der sich aus ihr ergebenden Ansprüche unabhängig von der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung erfolgt wäre.
20
diesem In Sinne hat auch das Oberlandesgericht Saarbrücken (VersR 1995, 1227) entschieden, dass eine Abtretung der Ansprüche aus beiden Verträgen nicht ohne weiteres zu einer Gesamtnichtigkeit führe. Vor dem Hintergrund des § 139 BGB müsse geprüft werden, ob die Vereinbarung zerlegbar sei und ob die Parteien gegebenenfalls die selbstständige Geltung eines Teils gewollt hätten. Die Zerlegbarkeit sei anzunehmen , da § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nur sicherstellen solle, dass dem Schuldner bestehende Rentenansprüche verblieben, um seine Existenz zu sichern, aber nicht verbiete, andere Ansprüche zu pfänden. Der mutmaßliche Parteiwille lasse sich in der Regel aus dem Sicherungszweck der Abtretung ableiten.
21
b) Der Senat hält - wie auch das Berufungsgericht - die Abtretung der Ansprüche allein aus der Lebensversicherung für wirksam.

22
Eine aa) Abtretung von Ansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung verstößt zwar gegen § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO (vgl. BGHZ 70, 206, 210; KG VersR 2003, 490; OLG Karlsruhe OLGR 2002, 114; Thüringer OLG aaO; OLG München VersR 1997, 1520; OLG Saarbrücken aaO; OLG Oldenburg VersR 1994, 846; Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 15 Rdn. 4; Rixecker in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 2. Aufl. § 46 Rdn. 214; MünchKommZPO /Smid, 3. Aufl. § 850b Rdn. 3; Zöller/Stöber, ZPO 27. Aufl. § 850b Rdn. 2). Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherungsfall der Berufsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Abtretung bereits eingetreten war oder nicht. Denn von § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO werden nicht nur bereits fällige, sondern auch künftige Ansprüche erfasst (vgl. Rixecker aaO § 46 Rdn. 216; KG aaO; OLG Hamm ZInsO 2006, 878; Thüringer OLG aaO).
23
bb) Dies schlägt jedoch nicht auf die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung durch.
24
Es kann insofern dahinstehen, ob es sich bei einer auf beide Versicherungsverträge bezogenen Abtretung um ein einheitliches Rechtsgeschäft i.S. von § 139 BGB handelt, d.h. ob das eine Geschäft nicht ohne das andere gewollt ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Oktober 2006 - XI ZR 216/05 - NJW-RR 2007, 395 Tz. 17; MünchKomm-BGB/Busche, 5. Aufl. § 139 Rdn. 18; Staudinger/Roth, BGB [2003] § 139 Rdn. 37, 39, jeweils m.w.N.).
25
(1) Nimmt man ein solches nicht an (so OLG Köln aaO), steht die Nichtigkeit der Abtretung von Ansprüchen aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung der Wirksamkeit der Abtretung von Ansprüchen aus der Lebensversicherung von vornherein nicht entgegen. Denn § 139 BGB gilt nicht für selbständig nebeneinander stehende Rechtsgeschäfte (MünchKomm-BGB/Busche aaO § 139 Rdn. 16; Staudinger/Roth aaO Rdn. 36).
26
(2) Geht man dagegen von einem einheitlichen Geschäft aus, ist bei Nichtigkeit eines Teils der gesamte Vertrag nur dann nichtig, wenn anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil nicht geschlossen worden wäre. Dies ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen (vgl. nur BGH, Urteil vom 24. April 2008 - VII ZR 42/07 - VersR 2008, 1124 Tz. 9).
27
Die Abtretung der Ansprüche aus beiden Versicherungsverträgen kann jedoch in eine Abtretung der Ansprüche aus der BerufsunfähigkeitsZusatzversicherung und in eine Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung zerlegt werden. Letztere wird nicht von §§ 850b Abs. 1 Nr. 1, 400 BGB erfasst und kann somit selbständig wirksam sein. Dies folgt nicht zuletzt aus dem Umstand, dass die Lebensversicherung als Hauptversicherung in ihrem Bestand unabhängig vom Bestehen der Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung ist (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1989 - IVa ZR 107/88 - VersR 1989, 1249 unter 2).
28
DerWirksamkeiteiner Abtretung der Ansprüche allein aus der Lebensversicherung steht auch der hypothetische Parteiwille regelmäßig nicht entgegen. Dient die Abtretung der Sicherung von Ansprüchen des Zessionars, geht dieser Wille dahin, den Sicherungszweck soweit wie möglich zu fördern. Diesem Interesse der Vertragsparteien wird durch die Abtretung der Ansprüche allein aus der Lebensversicherung noch gedient. Denn der Zessionar erlangt hierdurch eine Sicherheit; dem Ze- denten - d.h. dem Versicherungsnehmer - wird es andererseits ermöglicht , wenigstens die noch verfügbaren Sicherungsmittel einzusetzen (vgl. OLG Köln aaO; OLG Saarbrücken aaO; Rixecker aaO § 46 Rdn. 217; a.A. Thüringer OLG aaO). Gerade so liegt der Fall hier.
29
Die 4. Wirksamkeit der Vereinbarung vom 9. Januar 2003 steht auch nicht deshalb in Frage, weil die Streithelferin der Klägerin nach Nr. 4.1 der Vereinbarung berechtigt ist, "sich den abgetretenen (Teil-)Betrag im Rahmen des vereinbarten Sicherungszwecks entweder durch Kündigung des Vertrages und Erhebung des Rückkaufwertes oder durch Einziehung bei Fälligkeit zu beschaffen". Diese Übertragung des Kündigungsrechts, die mit dem Recht auf den Rückkaufswert verbunden ist, ist zulässig (vgl. auch BGHZ 45, 162, 168; Senatsurteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - VersR 2003, 1021 unter II 2 a). Auch hierin liegt kein Verstoß gegen § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
30
a) Das Oberlandesgericht Hamm (ZinsO 2006, 878) nimmt insofern zwar an, dass bei einer Verknüpfung von Lebens- und Berufsunfähigkeits -Zusatzversicherung die Abtretung des Rechts zur Kündigung des Lebensversicherungsvertrags unwirksam sei. § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO gewähre einen umfassenden Schutz der Existenzgrundlage des Schuldners. Dieser werde unterlaufen, wenn der Schuldner den bedingten Anspruch auf eine Rente durch die Abtretung anderer, hiermit verbundener Rechte gefährden könne. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.
31
b) § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO stellt sicher, dass Rentenansprüche, zu denen auch solche aus der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung gehören, dem Schuldner verbleiben, um seine Existenz zu sichern. Sie sollen vor dem Zugriff eines Gläubigers geschützt werden. Eine ver- gleichbare Situation besteht bei der Abtretung des Kündigungsrechts aus einer Lebensversicherung, die mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung verbunden ist, nicht.
32
Die Übertragung des Kündigungsrechts eröffnet dem Sicherungsnehmer keinen Zugriff auf die Rente aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung. Die Kündigung der Lebensversicherung führt nach § 9 (1) der Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung nur zum Erlöschen des dortigen Versicherungsschutzes. Daher gibt der Versicherungsnehmer durch die Übertragung des Kündigungsrechts seine Befugnisse hinsichtlich der Berufsunfähigkeitsversicherung nur teilweise aus der Hand. Im Zeitpunkt der Abtretung bereits anerkannte oder festgestellte Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitsversicherung werden gemäß § 9 (7) der Bedingungen der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung durch Rückkauf oder Umwandlung der Hauptversicherung in eine beitragsfreie Versicherung nicht berührt, so dass eine bereits gesicherte Rechtsposition des Versicherungsnehmers nicht beeinträchtigt wird.
33
c) Der Versicherungsnehmer begibt sich mit der Übertragung des Kündigungsrechts nur der Möglichkeit, seinen Versicherungsschutz durch Aufrechterhaltung des Hauptvertrags auf der Grundlage seiner eigenen Entschließung unverändert zu belassen. Vor diesem Nachteil schützt das Pfändungsverbot nicht. Der Einsatz der Lebensversicherung als Sicherungsmittel basiert grundsätzlich auf einer freien Entscheidung des Versicherungsnehmers als Sicherungsgeber. Hieran darf er ebenso wenig durch § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO gehindert werden wie z.B. an einer Kündigung des Vertrags aus anderen Gründen.
34
Schon die Entscheidungen darüber, ob der Versicherungsnehmer überhaupt eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abschließt und ob er die Beiträge hierfür aufbringt, bleiben ihm selbst überlassen. Das Gesetz bestimmt insoweit weder eine Pflicht, noch gewährt es in dieser Hinsicht einen besonderen Schutz zur Aufrechterhaltung einer Versicherung für den Fall einer späteren Berufsunfähigkeit. Denn anders als dies in § 850e Nr. 1 Satz 2 Buchst. b ZPO für Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung angeordnet ist, fehlt gerade ein gesetzliches Pfändungsverbot für die Gegenleistung, die für den Erhalt einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu erbringen ist.
35
Unwirksamkeit Die der Übertragung des Kündigungsrechts, liefe überdies dem Interesse eines Versicherungsnehmers, der eine Kapitallebensversicherung unter Einschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hat, zuwider. Denn ohne Übertragung des Kündigungsrechts und die damit verbundene Möglichkeit für den Sicherungsnehmer , den Rückkaufswert zu realisieren, wäre die Kapitallebensversicherung als Mittel der Kreditsicherung praktisch untauglich (vgl. Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 165 Rdn. 6).
36
5. Da der Anspruch auf die Ablaufleistung, auf den die Klägerin gezahlt hat, zuvor wirksam an die Streithelferin der Klägerin abgetreten war, fehlte für die Zahlung an den Beklagten der Rechtsgrund. Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte beim Empfang der Leistung Anfang Dezember 2003 die Abtretung an die Streithelferin der Klägerin vom 9. Januar 2003 gekannt habe. Er kann sich mithin nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Bamberg, Entscheidung vom 31.07.2007 - 1 O 472/05 -
OLG Bamberg, Entscheidung vom 14.02.2008 - 1 U 167/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2009 - IV ZR 39/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2009 - IV ZR 39/08

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850b Bedingt pfändbare Bezüge


(1) Unpfändbar sind ferner1.Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;2.Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2009 - IV ZR 39/08 zitiert 6 §§.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 850b Bedingt pfändbare Bezüge


(1) Unpfändbar sind ferner1.Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;2.Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 400 Ausschluss bei unpfändbaren Forderungen


Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2009 - IV ZR 39/08 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2009 - IV ZR 39/08 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Jan. 2008 - IX ZR 94/06

bei uns veröffentlicht am 10.01.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 94/06 Verkündet am: 10. Januar 2008 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Apr. 2008 - VII ZR 42/07

bei uns veröffentlicht am 24.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 42/07 Verkündet am: 24. April 2008 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Okt. 2006 - XI ZR 216/05

bei uns veröffentlicht am 24.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 216/05 Verkündet am: 24. Oktober 2006 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02

bei uns veröffentlicht am 18.06.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 59/02 Verkündet am: 18. Juni 2003 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein _________________
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2009 - IV ZR 39/08.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Nov. 2009 - IV ZR 134/08

bei uns veröffentlicht am 18.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 134/08 Verkündetam: 18.November2009 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durc

Landgericht Nürnberg-Fürth Endurteil, 14. Dez. 2017 - 2 O 3404/16

bei uns veröffentlicht am 14.12.2017

Tenor 1. Die Beklagte hat dem Kläger rückständige Berufsunfähigkeitsrenten für den Zeitraum Februar 2016 bis inklusive Mai 2016 in Höhe von monatlich 204,00 €, mithin insgesamt 816,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkte

Bundesgerichtshof Urteil, 25. Jan. 2018 - IX ZR 104/17

bei uns veröffentlicht am 25.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 104/17 Verkündet am: 25. Januar 2018 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Pfändung einer Beruf

Oberlandesgericht Stuttgart Urteil, 06. Apr. 2017 - 7 U 186/16

bei uns veröffentlicht am 06.04.2017

Tenor 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 28.09.2016, Az. 18 O 136/16, wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig vollstr

Referenzen

(1) Unpfändbar sind ferner

1.
Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;
2.
Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
3.
fortlaufende Einkünfte, die ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst auf Grund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten oder auf Grund eines Altenteils oder Auszugsvertrags bezieht;
4.
Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 5 400 Euro nicht übersteigt.

(2) Diese Bezüge können nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Das Vollstreckungsgericht soll vor seiner Entscheidung die Beteiligten hören.

Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist.

(1) Unpfändbar sind ferner

1.
Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;
2.
Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
3.
fortlaufende Einkünfte, die ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst auf Grund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten oder auf Grund eines Altenteils oder Auszugsvertrags bezieht;
4.
Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 5 400 Euro nicht übersteigt.

(2) Diese Bezüge können nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Das Vollstreckungsgericht soll vor seiner Entscheidung die Beteiligten hören.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 59/02 Verkündet am:
18. Juni 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 166; AVB f. Lebensvers. (ALB 86) § 13
Auch bei Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Erlebensfall
erwirbt der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag
grundsätzlich sofort.
BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juni 2003

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2001 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 7. März 2001 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.135,50 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 24. Februar 2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt als Bezugsberechtigte einer Kapitallebensversicherung mit Mehrfachauszahlung von dem beklagten Versicherer die Zahlung eines ersten Teilbetrages der Versicherungssumme.

Der Ehemann der Klägerin hatte im Jahre 1987 bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Vereinbart war eine Versicherungssumme von 30.000 DM, die im Erlebensfall in Teilbeträgen ausgezahlt werden sollte. Der erste Teilbetrag von 12.000 DM wurde am 1. Dezember 1999 fällig. Im Versicherungsantrag hatte der Ehemann der Klägerin als Bezugsberechtigte seine "Rechtsnachfolger" angegeben, ohne das Widerrufsrecht auszuschließen. Im Jahr 1994 bestimmte er die Klägerin als unwiderruflich Bezugsberechtigte im Erlebensfall, was die Beklagte schriftlich bestätigte.
Am 4. März 1999 erwirkte die Beklagte aufgrund einer ihr gegen den Ehemann der Klägerin zustehenden titulierten Forderung die Pfändung und Überweisung aller Rechte aus dem Versicherungsvertrag einschließlich des Rechts zur Kündigung. Mit an sich selbst gerichtetem Schreiben vom 6. April 1999 widerrief die Beklagte die bisher bestellten Bezugsrechte und kündigte den Versicherungsvertrag.
Die Klägerin hält die Pfändung der Ansprüche aus der Lebensversicherung aufgrund des ihr eingeräumten unwiderruflichen Bezugsrechts für unwirksam. Sie begehrt deshalb die Auszahlung des vereinbarten ersten Teilbetrages in Höhe von 12.000 DM nebst Zinsen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen (VersR 2002, 963). Dagegen wendet sich die zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte aufgrund des erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses den Versicherungsvertrag wirksam gekündigt, weshalb der hierdurch entstandene Anspruch auf den Rückkaufswert der Beklagten zustehe. Das der Klägerin unwiderruflich auf den Erlebensfall eingeräumte Bezugsrecht habe nur ein aufschiebend bedingtes Recht begründet. Eine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Rechtserwerbs seitens der Klägerin habe deren Ehemann nicht vorgenommen. Deshalb komme es darauf an, wie seine Willenserklärung gemäß allgemeinen Regeln nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegen sei. Zwar gebe es, wie der Bundesgerichtshof (BGHZ 45, 162, 165) ausgeführt habe, im Versicherungsrechtsverkehr seit einiger Zeit die tatsächliche Übung, in einer unwiderruflichen Bezugsrechtseinräumung zugleich den erklärten Willen für einen sofortigen Rechtserwerb des Bezugsberechtigten zu sehen, da nur so der sich im Verzicht auf einen Widerruf offenbarende Zweck uneigennütziger Fürsorge zu erreichen sei. Bei einer gemischten Todes- und Erlebensfallversicherung bestehe jedoch die Besonderheit geteilter Berechtigung. Die jeweiligen Rechte müssten daher in ein Verhältnis zueinander gebracht werden, und zwar dergestalt, daß ein sofortiger Rechtserwerb nur hinsichtlich eines der beiden Anspruchsberechtigten erfolgen könne. Da dem Versicherungsnehmer das Recht zur jederzeitigen Kündigung verbleibe, müsse feststehen, wem gegebenenfalls der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts zu-

stehe. Bei einer privaten Lebensversicherung stehe die Fürsorge des für den Todesfall Bezugsberechtigten im Vordergrund. Deshalb sei - sofern wie hier keine besonderen Umstände im Einzelfall auf einen abweichenden Willen des Versicherungsnehmers hindeuteten - entgegen der vom 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (NJW-RR 2001, 676 = VersR 2002, 219) vertretenen Rechtsauffassung nur im Falle eines unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Todesfall ein sofortiger Rechtserwerb unter einer auflösenden Bedingung anzunehmen und demgegenüber das Recht des unwiderruflich auf den Erlebensfall Bezugsberechtigten grundsätzlich als aufschiebend bedingt anzusehen. Daher habe die Klägerin nur eine Anwartschaft erlangt, die infolge der Kündigung nicht zur Entstehung gelangt sei.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin hat als unwiderruflich Bezugsberechtigte für den Erlebensfall Anspruch auf die am 1. Dezember 1999 fällig gewordene Teilleistung von 12.000 DM. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß es entscheidend auf die Auslegung der dem Versicherer gegenüber abzugebenden Erklärung des Versicherungsnehmers über die Begründung des Bezugsrechts ankommt (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - VersR 2001, 883 unter II 2 a). Es hat jedoch rechtsfehlerhaft den vom Ehemann der Klägerin mit der Begründung des unwiderruflichen Bezugsrechts verfolgten Zweck verkannt und zu Unrecht angenommen, er habe keine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Rechtserwerbs getroffen.
1. Nach § 13 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapital-Lebensversicherung (AVB,

wortgleich mit § 13 ALB 86, VerBAV 1986, 209, 212 f.) kann der Versicherungsnehmer über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag durch Abtretung, Verpfändung und Einräumung eines Bezugsrechts verfügen. Wem in welchem Umfang ein Bezugsrecht und die daraus folgenden Ansprüche auf die Versicherungsleistungen zustehen, bestimmt der Versicherungsnehmer durch eine einseitige, empfangsbedürftige schriftliche Willenserklärung gegenüber dem Versicherer, die Verfügungscharakter hat (vgl. BGH, Urteile vom 28. September 1988 - IVa ZR 126/87 - VersR 1988, 1236 unter 2 und vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - aaO). Entscheidend für die Zuordnung der Ansprüche ist daher nicht eine theoretische rechtliche Konstruktion, sondern der im rechtlich möglichen Rahmen geäußerte Gestaltungswille des Versicherungsnehmers.

a) Dieser richtet sich bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht regelmäßig auf einen sofortigen Rechtserwerb, weil nur so der mit dem Verzicht auf den Widerruf verfolgte Zweck erreicht werden kann, die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers auszusondern und sie damit dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen (BGHZ 45, 162, 165 f.). Da unter diesem Gesichtspunkt eine bloße unwiderrufliche Anwartschaft praktisch wertlos wäre, bildet der sofortige Rechtserwerb den eigentlichen Inhalt der unwiderruflichen Bezugsberechtigung (BGHZ aaO S. 165; BGH, Urteil vom 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - VersR 1996, 1089 unter 1). Die Auffassung des Berufungsgerichts führt dazu, den Eintritt dieser vom Versicherungsnehmer gewollten Rechtsfolge zu vereiteln und das unwiderrufliche Bezugsrecht auf den Erlebensfall im Ergebnis seines eigentlichen Inhalts zu entkleiden, wie der 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zutreffend erkannt hat (NJW-RR 2001, 676 = VersR 2002, 219; vgl. auch Baroch Ca-

stellvi, VersR 1998, 410, 415 und AG Hechingen VersR 1999, 569 m. Anm. Baroch Castellvi).

b) Hier hat der Versicherungsnehmer sogar ausdrücklich eine auf den sofortigen Rechtserwerb der Klägerin gerichtete Erklärung abgegeben. Er hat der Beklagten mit Schreiben vom 9. März 1994 unter Bezugnahme auf den Versicherungsvertrag die Klägerin als unwiderruflich Bezugsberechtigte im Erlebensfall benannt. Da nach § 13 Abs. 2 AVB der Versicherungsnehmer ausdrücklich bestimmen kann, daß der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag unwiderruflich und damit sofort erwerben soll, war sein Schreiben in diesem Sinne zu verstehen. Die Beklagte hat es auch so verstanden. Sie hat ihm mit Schreiben vom 9. Juni 1994 gemäß § 13 Abs. 2 AVB die Unwiderruflichkeit bestätigt und ihn darauf hingewiesen, daß diese Begünstigung künftig nicht mehr einseitig aufgehoben oder beschränkt werden könne.

c) Diese Grundsätze gelten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei der kapitalbildenden (gemischten) Lebensversicherung nicht nur für das unwiderrufliche Bezugsrecht auf den Todesfall. Sie sind in gleicher Weise auf das unwiderrufliche Bezugsrecht für den Erlebensfall anzuwenden.
Aus der Entscheidung in BGHZ 45, 162 ergibt sich nichts anderes. Sie enthält zunächst allgemeine Ausführungen zum Inhalt des unwiderruflichen Bezugsrechts, ohne zwischen dem auf den Erlebensfall und dem auf den Todesfall zu unterscheiden. Sodann leitet sie daraus für den dort gegebenen Fall der Teilung der Begünstigung - unwiderrufliche Bezugsberechtigung eines Dritten auf den Todesfall, Berechtigung des

Versicherungsnehmers im Erlebensfall - ab, daß der Anspruch auf die Versicherungsleistungen auch in Gestalt des Rückkaufswerts bis zum Eintritt des Erlebensfalles dem unwiderruflich Bezugsberechtigten und nicht dem Versicherungsnehmer zusteht und damit dem Zugriff der Gläubiger des Versicherungsnehmers entzogen ist. Für einen generellen Vorrang des Bezugsrechts auf den Todesfall vor dem für den Erlebensfall läßt sich daraus nichts entnehmen, es gibt ihn auch nicht. Die Annahme des Berufungsgerichts, bei einer privaten Lebensversicherung stehe die Fürsorge des für den Todesfall Bezugsberechtigten im Vordergrund , mag in vielen Fällen zutreffen. Häufig wird die Lebensversicherung aber auch im Wege der Abtretung oder der unwiderruflichen Bezugsrechtseinräumung zur Absicherung von Darlehen verwendet. Unabhängig von möglichen Zwecken einer Lebensversicherung kommt es entscheidend darauf an, welche Ausgestaltung der Versicherungsnehmer dem Bezugsrecht in seiner Erklärung gegeben hat.
2. Auch den theoretischen Überlegungen des Berufungsgerichts zur Zuordnung des Rückkaufswerts und den daraus gezogenen Schlußfolgerungen ist nicht zuzustimmen.

a) Die Beklagte hat durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß kein Recht zur Kündigung des Versicherungsvertrages erlangt. Sie konnte das dem Versicherungsnehmer trotz unwiderruflicher Bezugsrechtseinräumung verbliebene Kündigungsrecht nicht pfänden, da es nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Recht auf den Rückkaufswert übertragen und gepfändet werden kann (vgl. BGHZ aaO S. 167 f.). Der durch die - hier nicht ausgesprochene - Kündigung des Versicherungsnehmers bedingte Anspruch auf den Rückkaufswert nach

§ 176 VVG a.F., § 4 AVB stand nicht mehr dem Versicherungsnehmer, sondern der Klägerin zu. Die Pfändung des Rückkaufswerts und des Kündigungsrechts ging damit ins Leere (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - IV ZR 47/01 - VersR 2002, 334 unter II 3 a).

b) Die Klägerin hat - wie dargelegt - die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erworben. Zu den vertraglich versprochenen Leistungen bei einer Lebensversicherung gehört auch der Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrages, denn das Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme (BGH, Urteil vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99 - VersR 2000, 709 unter II 3 a und b). Die Begünstigungserklärung ist in der Regel so zu verstehen, daß das Recht des Bezugsberechtigten sämtliche aus dem Versicherungsvertrag fällig werdenden Ansprüche umfassen soll (Bruck/Möller/Winter, VVG 8. Aufl. 5. Bd. 2. Halbbd. H 117).
Der Versicherungsnehmer kann allerdings über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit unterschiedlich verfügen, insbesondere auch das unwiderrufliche Bezugsrecht gegenständlich und zeitlich einschränken (vgl. das Senatsurteil vom 19. Juni 1996 aaO unter 2 und das Senatsurteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - aaO). Er könnte beispielsweise den Rückkaufswert vom unwiderruflichen Bezugsrecht auf den Erlebensfall ausnehmen und bestimmen, daß der Rückkaufswert nach Kündigung vor Ablauf der Versicherung ihm verbleibt oder dem für den Todesfall eingesetzten Bezugsberechtigten oder einem beliebigen Dritten zustehen solle. Derartiges hat der Versicherungsnehmer hier nicht getan. Deshalb hat die Klägerin sämtliche Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erwor-

ben, also den auf den Rückkaufswert und die künftig entstehenden Ansprüche. Dieser Rechtserwerb war auflösend bedingt durch den vorzeitigen Todesfall, der aber nicht eingetreten ist.
Da der Versicherungsnehmer selbst nicht gekündigt hat und die Kündigung der Beklagten unwirksam war, hat die Klägerin Anspruch auf den zum 1. Dezember 1999 fällig gewordenen Teilbetrag von 12.000 DM.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 94/06 Verkündet am:
10. Januar 2008
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Streit zwischen Schuldner und Verwalter über die Zugehörigkeit einer
Forderung zur Masse ist vor dem Prozessgericht, nicht vor dem Insolvenzgericht
auszutragen.

b) Das Recht des Mitglieds eines Rechtsanwaltsversorgungswerks, die Mitgliedschaft
zu beenden und die Erstattung gezahlter Beiträge zu verlangen,
ist unpfändbar und geht nicht in die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis
des Insolvenzverwalters über.
BGH, Urteil vom 10. Januar 2008 - IX ZR 94/06 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Raebel, Dr. Kayser, Vill und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Mai 2005 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Beklagte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers. Dieser, ein ehemaliger Rechtsanwalt, war Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Freistaat Sachsen. Nachdem ihm die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen worden war, beantragte er die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft auf freiwilliger Basis. Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 der Satzung des Versorgungswerks ist eine freiwillige Mitgliedschaft möglich. Der Beklagte hat die Mitgliedschaft des Klägers mit Schreiben vom 17. Februar 2004 gekündigt, um die nach § 18 Abs. 1 der Satzung bei Ende der Mitgliedschaft zu erstattenden Beiträge zur Masse zu ziehen.
2
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger die Feststellung, dass der Beklagte die Mitgliedschaft nicht wirksam beendet hat und die Erstattung eingezahlter Beiträge nicht verlangen kann. In den Vorinstanzen hatte die Klage Erfolg. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision will der Beklagte , der vorsorglich den Antrag des Klägers auf freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft nach §§ 129 ff InsO angefochten hat, weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision bleibt ohne Erfolg.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob das Recht, die freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk zu beenden, als unselbständiges Nebenrecht zum Beitragserstattungsanspruch pfändbar und damit Teil der Masse sei oder es wie die Mitgliedschaft selbst nicht der Pfändung unterliege. Im vorliegenden Fall sei schon der Beitragserstattungsanspruch nicht pfändbar. § 35 Satz 2 der Satzung des Versorgungswerks verweise wegen der Pfändbarkeit der Ansprüche auf Leistungen auf § 54 SGB I. Nach § 54 Abs. 2 SGB I könnten Ansprüche auf einmalige Geldleistungen nur gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens - und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspreche. Dem Kläger könne eine Beendigung der Mitgliedschaft nicht zugemutet werden. Er habe 147.000 DM an Beiträgen eingezahlt; weitere 130.000 DM seien von einem früheren Arbeitgeber nachentrichtet worden. Der Wert der Rentenanwartschaften übersteige den Beitragserstattungsanspruch von 60 % der geleisteten Beiträge erheblich.
Überdies sei der Kläger nicht mehr in der Lage, erneut eine adäquate Altersund Hinterbliebenenversorgung für sich und seine Familie zu schaffen. Würde er - wie der Beklagte befürchte - nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens den Beitragserstattungsanspruch geltend machen, wäre gegebenenfalls eine Nachtragsverteilung anzuordnen.
5
Die Anfechtung des Antrags auf freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft sei unabhängig davon unbegründet, ob der Beklagte als Insolvenzschuldner überhaupt tauglicher Anfechtungsgegner sein könne; denn der Antrag auf freiwillige Fortsetzung der Mitgliedschaft habe die Insolvenzmasse nicht betroffen.

II.


6
Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer rechtlichen Überprüfung stand.
7
1. Die Klage ist zulässig. Der Streit zwischen Schuldner und Verwalter über die Zugehörigkeit einer Forderung zur Masse ist vor dem Prozessgericht und nicht dem Insolvenzgericht auszutragen (vgl. BGHZ 92, 339, 340; BGH, Urt. v. 25. Oktober 1984 - IX ZR 110/83, ZIP 1984, 1501, 1502). Das erforderliche rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung (§ 256 Abs. 1 ZPO) ist gegeben, zumal das Versorgungswerk seine Auffassung teilt.
8
2. Der Beklagte als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Klägers hat die Mitgliedschaft des Klägers im Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Freistaat Sachsen nicht wirksam beenden können, weil das Recht, über den Fortbestand der Mitgliedschaft zu entscheiden, nicht dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters (§ 80 Abs. 1 InsO) unterfällt.
9
a) Gemäß § 80 Abs. 1 InsO geht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verwalters ist also auf die Insolvenzmasse beschränkt. Zur Insolvenzmasse gehört das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (§ 35 Abs. 1 InsO). Nicht zur Insolvenzmasse gehören Vermögensgegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen (§ 36 Abs. 1 InsO).
10
Das b) Recht, die freiwillige Mitgliedschaft im Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Freistaat Sachsen zu beenden, kann weder zusammen mit dem Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Beiträge noch isoliert gepfändet werden.
11
aa) Grundlage des zwischen den Parteien streitigen Rückerstattungsanspruchs ist § 18 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Freistaat Sachsen in der am 17. Februar 2004 geltenden Fassung [GA I 20]: "Endet die Mitgliedschaft im Versorgungswerk, ohne dass das Mitglied das Recht zur Weiterversicherung (§ 10 Abs. 2) ausübt, sind sechzig vom Hundert seiner bisher geleisteten Beiträge auf Antrag zu erstatten."
12
Die Pfändbarkeit dieses Anspruchs richtet sich nach § 54 SGB I, auf den § 35 Satz 2 der Satzung verweist. Gemäß § 54 Abs. 2 SGB I dürfen Ansprüche auf einmalige Geldleistungen gepfändet werden, soweit nach den Umständen des Falles, insbesondere nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Leistungsberechtigten, der Art des beizutreibenden Anspruchs sowie der Höhe und der Zweckbestimmung der Geldleistung, die Pfändung der Billigkeit entspricht. § 12 Abs. 1 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Freistaat Sachsen vom 16. Juni 1994 (GVBl. S. 1107 ff, 1108), wonach Ansprüche auf Leistungen nicht abgetreten werden können, steht trotz § 851 ZPO nicht entgegen, wie das Berufungsgericht zutreffend unter Hinweis auf die in BGHZ 160, 197 ff veröffentlichte Entscheidung des Bundesgerichtshofs begründet hat (vgl. auch BGH, Beschl. v. 28. März 2007 - VII ZB 43/06, WM 2007, 1033, 1034). Nach Maßgabe des § 54 Abs. 2 SGB I gehört ein Rückerstattungsanspruch folglich auch zur Insolvenzmasse (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 1984, aaO S. 1502 f).
13
bb) § 54 SGB I erlaubt jedoch nur die Pfändung des Leistungsanspruchs. Das Stammrecht - etwa eine Rentenanwartschaft - kann nicht gepfändet werden (BGH, Urt. v. 24. November 1988 - IX ZR 210/87, ZIP 1989, 110, 116; Beschl. v. 21. November 2002 - IX ZB 85/02, NJW 2003, 1457, 1458; BSG SozR 3 - 1200 § 52 SGB I Nr. 1 S. 6; Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 1 Rn. 144; Schlegel/Voelzke, SGB I § 54 Rn. 23; Mrozynski, SGB I 3. Aufl. § 54 Rn. 5; Hauck, SGB I § 54 Rn. 6; für die Abtretung ebenso BSGE 48, 159, 163). Auch im Übrigen bleibt das Sozialrechtsverhältnis von der Pfändung unberührt (Schlegel/Voelzke, aaO; Mrozynski, aaO; für die Abtretung ebenso BSGE 68, 144, 147). Der Pfändungsgläubiger erlangt ebenso wie der Abtretungsempfänger nur das gepfändete Recht aus dem Gesamtkomplex der Rechtsbeziehungen , ohne dass sich dessen Inhalt verändert; es bleibt in das Gesamtgefüge des Sozialrechtsverhältnisses eingebunden und mit allen Einwendungen und Risiken belastet, die sich daraus ergeben (BSG, aaO).

14
cc) Ob und wie weit Gestaltungsrechte von der Pfändung eines Leistungsanspruchs erfasst werden, ist umstritten und höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt. Das gilt etwa für das Recht, einen Leistungsantrag zu stellen (für einen Übergang des Antragsrecht auf den Pfändungsgläubiger etwa SG Wiesbaden, NJW-RR 1996, 59; Mrozynski, aaO; dagegen z.B. SG Frankfurt , NJW-RR 2002, 1213, 1214; Schlegel/Voelzke, aaO). Ernsthaft diskutiert wird die Frage einer Abtretbarkeit oder Pfändbarkeit des Antragsrechts jedoch nur dann, wenn es sich bei diesem um eine rein formelle Voraussetzung für den Bezug von Leistungen handelt. Für einen Antrag auf Erstattung rechtmäßig gezahlter Versicherungsbeiträge nach Ende der Versicherungspflicht gilt das nicht. Das Recht, die Beitragserstattung zu beantragen, stellt vielmehr eine für das Sozialrechtsverhältnis zentral bedeutsame Befugnis dar, deren Ausübung über das Bestehen des Versicherungsschutzes entscheidet. Auch im vorliegenden Fall bedeutet der Antrag auf Beitragserstattung zugleich den Verlust jeglichen Anspruchs auf Altersruhegeld. Für die vergleichbare Vorschrift des § 1303 Abs. 1 Satz 1 RVO hat das Bundessozialgericht den Übergang des Antragsrechts auf den Abtretungsgläubiger des Zahlungsanspruchs mit folgender Begründung verneint (BSGE 68, 144, 146): "Das Gesetz gibt dem Bürger die in der Antragstellung und deren Rücknahme liegende Dispositionsbefugnis, damit er nach seinen Bedürfnissen entscheiden kann, welche Gestaltungsmöglichkeit für ihn die günstigste ist. Dabei steht im Vordergrund der Sicherungszweck; dieser kommt vor allem in der Pflichtversicherung zum Ausdruck, die eingeführt wurde, um eine Invaliditäts-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung für Arbeitnehmer zu gewährleisten. Wenn vor diesem Hintergrund eine die soziale Sicherung vernichtende Beitragserstattung auf Antrag zugelassen wird, so wird damit lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass es für den Versicherten unter Umständen sinnvoller erscheinen kann, mit den eingezahlten Beträgen anderweitig Sicherungen aufzubauen, wenn Umstände eintreten, die einen weiteren Ausbau des Versicherungsschutzes nach der RVO zumindest auf absehbare Zeit nicht ermögli- chen. Dies ist aber eine Entscheidung, die allein der Versicherte für sich treffen kann, weil sie unter Umständen mit erheblichen Risiken für sein weiteres Leben behaftet ist und nur er beurteilen und verantworten kann, inwieweit dies im Rahmen seiner Lebensplanung vertretbar oder sinnvoll ist."
15
Diese Überlegungen, deren Richtigkeit von Rechtsprechung und Literatur zu § 1303 RVO und der Nachfolgevorschrift des § 210 SGB VI, soweit ersichtlich , nicht in Zweifel gezogen wird (vgl. etwa Krukebohm/Grintsch, SGB VI 2. Aufl. § 210 Rn. 11; GK-SGB VI/Krukebohm, § 210 Rn. 9; KG OLGZ 1986, 471, 475; zu § 21 Abs. 1 der Satzung des niedersächsischen Rechtsanwaltsversorgung ebenso Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 20. Juni 2007 - 8 PA 49/07, n.v., Rn. 8 f), treffen auch den vorliegenden Fall. Das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Freistaat Sachsen hat die Aufgabe, seinen Mitgliedern und deren Hinterbliebenen Versorgung zu gewähren (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes über das Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Freistaat Sachsen, SächsGVBl. 1994, S. 1107, fortan: SächsRAVG). Die Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk dient deshalb dazu, die wirtschaftliche Lage des Anwalts und seiner Familie nach der Beendigung der Berufsausübung zu sichern (vgl. auch BVerfGE 10, 354, 362 zur Pflichtmitgliedschaft in der Bayerischen Ärzteversorgung ). Ausnahmen sind folgerichtig nur bei Bestehen einer anderen gleichwertigen auf Gesetz beruhenden Versorgung oder im Fall einer anderweitigen Befreiung von der gesetzlichen Versicherungs- oder Versorgungspflicht vorgesehen (§ 6 Abs. 4 SächsRAVG). Nach dem Ende seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt endete zwar die Pflichtmitgliedschaft des Klägers. Die Entscheidung über die freiwillige Fortführung der Mitgliedschaft und den damit verbundenen Erhalt der erworbenen Anwartschaften obliegt auch hier jedoch allein dem Kläger.
16
dd) Nur dieses Ergebnis steht schließlich auch im Einklang mit den Zielen , welche der Gesetzgeber mit dem Gesetz zum Pfändungsschutz der Alters- vorsorge vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 368) verfolgt. In der Begründung dieses Gesetzes heißt es (BT-Drucks. 16/886, S. 7): "Der Schutz des Vorsorgevermögens von Personen, die am Ende ihrer Verdienstfähigkeit keine oder keine ausreichenden Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, ist insbesondere bei Selbständigen erforderlich und insofern auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Zweck des Pfändungsschutzes von Alters- oder Berufungsunfähigkeitsrenten ist der Erhalt existenzsichernder Einkünfte, da der Schuldner seinen Lebensunterhalt in aller Regel aus solchen Einkünften zu bestreiten hat. Ein an Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip (Artikel 20 GG) ausgerichtetes Vollstreckungsrecht gebietet es, dem Schuldner zumindest so viel zu belassen , wie er zur Absicherung seines Existenzminimums benötigt. Dies würde jedoch vereitelt, wenn er durch eine extensive Anwendung der Vollstreckungsgewalt von öffentlicher Fürsorge abhängig würde. Durch einen wirksamen Pfändungsschutz wird der Eintritt der Sozialhilfebedürftigkeit infolge Zwangsvollstreckung verhindert und dadurch der Staat dauerhaft von Sozialleistungen entlastet."
17
In der vorliegenden Fallgestaltung geht es nicht um Pfändungsschutzbestimmungen , sondern um die Auslegung des § 54 SGB I. Die Vorschrift trägt mit ihrem Pfändungsschutz für das Rentenstammrecht dem Umstand Rechnung, dass die gesetzliche Pflichtversicherung des Vollstreckungs- oder Insolvenzschuldners in einem berufsständischen Versorgungswerk - wie hier - auch dann nicht durch den Vollstreckungszugriff eines Gläubigers oder eine Verwertungshandlung des Insolvenzverwalters aufgelöst werden darf, wenn der Schuldner nach deren Ende ein solches Recht mit der Folge einer (teilweisen) Erstattung seiner Pflichtbeiträge hat. Dadurch unterscheidet sich die öffentlich-rechtliche Pflichtversicherung insbesondere von einer noch nicht auszahlungsreifen Lebensversicherung , bei welcher der Vollstreckungsgläubiger nach Pfändung und Überweisung der Ansprüche und der Insolvenzverwalter des Versicherten vorbehaltlich des neu eingefügten § 851c ZPO auch die Kündigung erklären und sich aus dem Rückkaufswert der Versicherung befriedigen können, wodurch das im Anwartschaftsstadium befindliche Rentenstammrecht erlischt. Handelt es sich, wie im Streitfall, um Versorgungsanwartschaften, die teils auf einer Pflichtmitgliedschaft, teils auf ihrer freiwilligen Fortsetzung beruhen, so muss das Rentenstammrecht im Ganzen unpfändbar sein, weil es sich nicht in einen pfändbaren und einen unpfändbaren Teil aufspalten lässt (BGH, Urt. v. 24. November 1988, aaO). In seiner gegenwärtigen Ausformung verwirklicht § 54 SGB I damit bereits den sozialstaatlich gebotenen Vollstreckungsschutz in der öffentlich-rechtlichen Pflichtversicherung, ohne dass weitere allgemeine Vollstreckungs- oder Verwertungsbeschränkungen hinzutreten müssten.
18
ee) Entgegen der in den Vorinstanzen geäußerten Ansicht des Beklagten steht es nicht im Belieben des Klägers, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens selbst die Mitgliedschaft im Versorgungswerk zu beenden und den Erstattungsbetrag für eigene Zwecke zu verbrauchen. Nach der derzeit geltenden Fassung der Satzung des Versorgungswerkes kommt ein Erstattungsanspruch nur noch dann in Betracht, wenn die Mitgliedschaft im ersten Jahr ihres Bestehen endet (§ 18 Abs. 1 in der Fassung der Bekanntmachung über die Satzungsänderung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte im Freistaat Sachsen vom 27. September 2004, SächsABl. 2004, 1104).
19
3. Ob die Entscheidung des Klägers, nach dem Entzug der Zulassung und dem Ende der Pflichtmitgliedschaft freiwillig Mitglied im Versorgungswerk zu bleiben, nach den Vorschriften der §§ 129 ff InsO anfechtbar gewesen wäre, braucht im vorliegenden Rechtsstreit nicht entschieden zu werden. Als Anfechtungsgegner wäre nur das Versorgungswerk in Betracht gekommen, nicht der Schuldner; denn nur jenes könnte die Gläubigerbenachteiligung - die fortgesetzte Mitgliedschaft und den damit verbundenen Verlust des Erstattungsanspruchs - rückgängig machen und die Beiträge nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 der Satzung in der seinerzeit geltenden Fassung zum Stichtag der Beendigung der Pflichtmitgliedschaft zurückerstatten. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann die Anfechtbarkeit der Erklärung über die Fortsetzung der Mitgliedschaft auch nicht dem Kläger gegenüber eingewandt werden. In den Tatsacheninstanzen hat der Beklagte weder die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs gegen das Versorgungswerk dargelegt noch dazu vorgetragen, ob die Anfechtung erklärt und innerhalb der Verjährungsfrist (§ 146 InsO a.F.) gerichtlich geltend gemacht worden ist.
20
4. Ist der Kläger nach wie vor Mitglied des Versorgungswerks, kann der Beklagte auch nicht einen - für sich genommen ohne weiteres pfändbaren und damit zur Insolvenzmasse gehörenden - Anspruch auf Erstattung gezahlter Beiträge geltend machen. Fischer Raebel Kayser Vill Lohmann
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 14.10.2004 - 3 O 4458/04 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 12.05.2005 - 13 U 2131/04 -

Eine Forderung kann nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist.

(1) Unpfändbar sind ferner

1.
Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;
2.
Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
3.
fortlaufende Einkünfte, die ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst auf Grund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten oder auf Grund eines Altenteils oder Auszugsvertrags bezieht;
4.
Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 5 400 Euro nicht übersteigt.

(2) Diese Bezüge können nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Das Vollstreckungsgericht soll vor seiner Entscheidung die Beteiligten hören.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Unpfändbar sind ferner

1.
Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;
2.
Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
3.
fortlaufende Einkünfte, die ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst auf Grund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten oder auf Grund eines Altenteils oder Auszugsvertrags bezieht;
4.
Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 5 400 Euro nicht übersteigt.

(2) Diese Bezüge können nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Das Vollstreckungsgericht soll vor seiner Entscheidung die Beteiligten hören.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 216/05 Verkündet am:
24. Oktober 2006
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
BGB § 139; RBerG Art. 1 § 1
Zur Frage, ob die auf einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz beruhende
Nichtigkeit einer notariell beurkundeten Vollmacht und eines Treuhandvertrages
die in einem formularmäßigen Zeichnungsschein enthaltene, nicht
gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßende Vollmacht eines Treuhänders
zum Abschluss eines Darlehensvertrages gemäß § 139 BGB erfasst.
BGH, Urteil vom 24. Oktober 2006 - XI ZR 216/05 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger, Prof. Dr. Schmitt
und Dr. Grüneberg

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 7. Juli 2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Darlehens, das ihr die beklagte Bank zur Beteiligung an einem Immobilienfonds gewährt hat.
2
Die damals 45 Jahre alte Klägerin wurde im Jahr 1995 von einem Vermittler geworben, sich zur Steuerersparnis an dem in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen geschlossenen Immobilienfonds "B. GbR" (nachfolgend: GbR) zu beteiligen. Am 29. März 1995 unterzeichnete sie einen als Durchschreibesatz gestalteten formularmäßigen Zeichnungsschein, mit dem sie die D. mbH (nachfolgend: Treuhänderin) beauftragte, für sie den Beitritt zu der GbR mit einer Ein- lage von 50.000 DM zu bewirken, ihr den Abschluss eines im Fondsprospekt abgedruckten Treuhandvertrages anbot und sich verpflichtete, eine ihr mit der Unterzeichnung des Scheins überreichte Vollmacht notariell beglaubigen zu lassen. Weiter erteilte sie in dem Zeichnungsschein "dem Treuhänder ausdrücklich Vollmacht", sowohl für die Gesellschaft als auch für die einzelnen Gesellschafter die erforderlichen Finanzierungskredite aufzunehmen, Konten zu eröffnen und über Eigen- und Fremdmittel zu verfügen.
3
Die Klägerin unterbreitete der Treuhänderin am 10. April 1995 ein notariell beglaubigtes Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrages. Zugleich erteilte sie der Treuhänderin, die über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht verfügte, eine umfassende Vollmacht, sie bei allen Rechtsgeschäften und -handlungen zur Erreichung des Gesellschaftszwecks zu vertreten, unter anderem bei der Aufnahme von Finanzierungskrediten , der Bestellung der dinglichen und persönlichen Sicherheiten sowie bei der Abgabe von persönlichen Schuldanerkenntnissen und Vollstreckungsunterwerfungserklärungen.
4
Die Treuhänderin nahm das Angebot der Klägerin an, erklärte für sie den Beitritt zu der GbR und schloss in ihrem Namen am 26./30. Mai 1995 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend: Beklagte) einen Darlehensvertrag über 44.444 DM mit einer Laufzeit bis Ende 2009 zu einem bis April 2004 festgeschriebenen effektiven Jahreszins von 10,11%. Das Darlehen, dessen Gesamtbetrag nicht angegeben war, wurde durch eine Grundschuld auf dem Fondsgrundstück sowie u.a. durch Abtretung der Ansprüche aus einer von der Klägerin abzuschließenden Kapitallebensversicherung abgesichert. Die Darlehensvaluta wurde von der Beklagten vertragsgemäß auf ein Konto der GbR ausgezahlt.
5
Nachdem die Klägerin 2003 ihre Zinszahlungen eingestellt hat, begehrt sie die Feststellung, dass der Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung der Valuta aus dem Darlehensvertrag vom 26./30. Mai 1995 zusteht , ferner die Verurteilung der Beklagten zur Rückzahlung der von ihr auf das Darlehen geleisteten monatlichen Zinsraten in Höhe von 9.891,12 € nebst Zinsen sowie die Rückabtretung der Ansprüche aus dem von ihr abgeschlossenen Lebensversicherungsvertrag. Sie ist der Ansicht, sowohl bei Abschluss des Darlehensvertrages als auch bei ihrem Fondsbeitritt wegen Verstoßes der der Treuhänderin erteilten Vollmachten gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht wirksam vertreten worden zu sein. Der Darlehensvertrag sei auch wegen fehlender Angabe des Gesamtbetrages gemäß § 6 Abs. 1 i.V. mit § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG nichtig. Jedenfalls könne sie der Beklagten gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG Einwendungen aus dem finanzierten Fondsbeitritt, zu dem sie durch arglistige Täuschung bestimmt worden sei, entgegensetzen.
6
Landgericht Das hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht , dessen Urteil in WM 2005, 1986 veröffentlicht ist, hat die Berufung zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:


7
Die Revision ist unbegründet.

I.


8
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
9
Zwischen den Parteien sei im Mai 1995 ein Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen. Zu dessen Abschluss sei die Treuhänderin aufgrund der Vollmacht im Zeichnungsschein befugt gewesen. Diese speziell auf den Abschluss des Darlehensvertrages bezogene Vollmacht verstoße nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz und sei - mangels ausdrücklichen Widerrufs - auch durch die später erteilte umfassende Vollmacht nicht aufgehoben worden. Dass diese wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG gemäß § 134 BGB nichtig sei, berühre die Wirksamkeit der im Zeichnungsschein erteilten Spezialvollmacht nicht. Ein Fall der partiellen Nichtigkeit des § 139 BGB liege nicht vor. Die Spezialvollmacht sei nicht Teil einer gemeinsam mit der notariellen Vollmacht gebildeten Gesamtvollmacht. Beide Vollmachten hätten hinsichtlich der streitentscheidenden Bevollmächtigung zum Abschluss eines Darlehensvertrages denselben Inhalt. Auf die Frage des Vorliegens einer Rechtsscheinvollmacht komme es daher nicht an.
10
Der Darlehensvertrag sei ferner nicht gemäß § 6 Abs. 1 i.V. mit § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG nichtig, da § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG wegen § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nicht anwendbar sei. Auch auf einen Einwendungsdurchgriff gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG könne sich die Klägerin nicht berufen. Es könne dahingestellt bleiben, ob der Darlehensvertrag und der Beitritt zur Fondsgesellschaft ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 i.V. mit Abs. 4 VerbrKrG darstellten. Denn aus dem finanzierten Fondsbeitritt könne die Klägerin der Beklagten keine begründeten Einwendungen entgegenhalten.

II.


11
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.
12
Zutreffend 1. hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Klägerin bei Abschluss des Darlehensvertrages am 26./30. Mai 1995 durch die Treuhänderin wirksam vertreten wurde.
13
a) Zwar ist die zur Vertragsdurchführung erteilte notariell beglaubigte Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB nichtig. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs oder Fondsbeitritts im Rahmen eines Steuersparmodells für den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Treuhandvertrag , der so umfassende Befugnisse wie der hier vorliegende enthält, ist einschließlich der darin enthaltenen umfassenden Vollmacht nichtig (st.Rspr., vgl. BGHZ 145, 265, 269 ff.; Senat, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 219/04, WM 2006, 1060, 1061 m.w.Nachw.).
14
b) Das Berufungsgericht hat die Treuhänderin aber zu Recht aufgrund der Vollmacht in dem formularmäßigen Zeichnungsschein gegenüber der Beklagten zum Abschluss des Darlehensvertrages als befugt angesehen.

15
Der aa) Zeichnungsschein enthält, wie der Senat (Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, WM 2006, 1008, 1010, für BGHZ vorgesehen ) für einen gleich lautenden Schein bereits entschieden hat, entgegen der Auffassung der Revision eine ausdrückliche Vollmacht der Treuhänderin zum Abschluss von Darlehensverträgen. Trotz der im Zeichnungsschein enthaltenen zusätzlichen Verpflichtung der Klägerin, noch eine notariell beglaubigte Vollmacht zu erteilen, war aus der gemäß §§ 133, 157 BGB maßgeblichen Sicht eines Erklärungsempfängers nicht davon auszugehen, dass (auch) für den Abschluss des Darlehensvertrages erst diese notarielle Urkunde maßgeblich sein sollte. Der Zeichnungsschein ist ausdrücklich mit "Auftrag und Vollmacht" überschrieben. Außerdem heißt es im Text des Zeichnungsscheins in einem gesonderten Abschnitt, der Anleger erteile "dem Treuhänder ausdrücklich Vollmacht, sowohl für die Gesellschaft als auch für die einzelnen Gesellschafter die erforderlichen Zwischen- und Endfinanzierungskredite aufzunehmen". Demgegenüber bezieht sich die notariell zu beglaubigende Vollmacht auf den noch abzuschließenden Gesellschafts- und Treuhandvertrag sowie die darin geregelten Aufgaben und hat den Sinn, dem Formerfordernis des § 29 GBO bei der Eintragung des Anlegers als Miteigentümer des Fondsgrundstücks im Grundbuch Rechnung zu tragen (vgl. Senat, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, WM 2006, 1008, 1010 m.w.Nachw., für BGHZ vorgesehen).
16
bb) Die im Zeichnungsschein erteilte Vollmacht verstößt, wie der Senat (Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, aaO) ebenfalls bereits entschieden hat, nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz. Da angesichts der rechtlichen Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche eine Besor- gung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist, ist für die Frage, ob eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG vorliegt, nicht allein auf die rechtliche Form einer Tätigkeit, sondern auf ihren Kern und Schwerpunkt abzustellen, d.h. darauf, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (BVerfGE 97, 12, 27 f.; BGH, Urteile vom 18. Mai 1995 - III ZR 109/94, WM 1995, 1586, 1587, vom 25. Juni 1998 - I ZR 62/96, WM 1998, 2162, 2163 und vom 30. März 2000 - I ZR 289/97, WM 2000, 1466, 1467 f. m.w.Nachw. sowie vom 11. November 2004 - I ZR 213/01, WM 2005, 412, 414). Das Berufungsgericht hat daher zutreffend darauf abgestellt, dass anders als die notariell beglaubigte Vollmacht die in dem Zeichnungsschein enthaltene Vollmacht nicht den Abschluss eines ganzen Bündels von Verträgen mit mannigfaltigem rechtlichem Beratungsbedarf zum Gegenstand hat. Sie beschränkt sich vielmehr auf die Erklärung des Beitritts zur Fondsgesellschaft und auf die Aufnahme der Finanzierungsdarlehen. Hierbei handelt es sich um die Wahrnehmung von im Wesentlichen wirtschaftlichen Belangen.
17
cc) Rechtlich nicht zu beanstanden sind ferner die Ausführungen des Berufungsgerichts, dass die Nichtigkeit der notariell beurkundeten Vollmacht und des Treuhandvertrages die in dem Zeichnungsschein enthaltene Vollmacht nicht gemäß § 139 BGB erfasst. Der für die Annahme eines einheitlichen Rechtsgeschäftes im Sinne dieser Vorschrift erforderliche Einheitlichkeitswille liegt vor, wenn das eine Geschäft nicht ohne das andere gewollt ist, die möglicherweise äußerlich getrennten Rechts- geschäfte also miteinander stehen und fallen sollen (BGHZ 50, 8, 13; BGH, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 274/88, NJW 1990, 1473, 1474, insoweit in BGHZ 110, 230, 232 nicht abgedruckt; Palandt/Heinrichs, BGB 65. Aufl. § 139 Rdn. 5 m.w.Nachw.; PWW/Ahrens, BGB § 139 Rdn. 9 m.w.Nachw.). Dabei kommt es auf den rechtlichen Zusammenhang , nicht auf eine wirtschaftliche Verknüpfung an (BGHZ 76, 43, 49 sowie BGH, Urteil vom 9. Februar 1990 - V ZR 274/88, aaO). Ob es sich insoweit aufgrund eines Einheitlichkeitswillens der Vertragsparteien um ein einheitliches Rechtsgeschäft handelt, ist Tatfrage und durch Ermittlung und Auslegung des Parteiwillens festzustellen (vgl. BGHZ 76, 43, 49; 78, 346, 349 sowie Urteil vom 8. Mai 2006 - II ZR 123/05, WM 2006, 1154, 1155 m.w.Nachw.). Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht eine rechtliche Einheit der im Zeichnungsschein enthaltenen und der später erteilten, notariell beglaubigten Vollmacht rechtsfehlerfrei verneint.
18
Bereits das Landgericht hat ausgeführt, die im Zeichnungsschein enthaltene Vollmacht sei unabhängig vom Inhalt des später geschlossenen Treuhandvertrages wirksam, weil sie auch isoliert gewollt sei (§ 139 BGB). Dem ist das Berufungsgericht mit dem Bemerken, die Begründung des erstinstanzlichen Urteils sei zutreffend, gefolgt und hat ergänzend darauf hingewiesen, die im Zeichnungsschein enthaltene beschränkte Vollmacht sei nicht Teil einer Gesamtvollmacht, deren anderer Teil die notarielle Vollmacht wäre, sondern von dieser unabhängig.
19
Diese Sicht, der entgegen der Ansicht der Revision kein Widerspruch immanent ist, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Für sie spricht bereits, dass bei getrennt abzuschließenden Rechtsgeschäf- ten eine tatsächliche Vermutung für die rechtliche Selbständigkeit der jeweiligen Vereinbarungen streitet (vgl. BGHZ 78, 346, 349). Dass das Berufungsgericht diese Vermutung vorliegend als nicht entkräftet angesehen hat, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
20
Entgegen dd) der Ansicht der Revision ist der Darlehensvertrag auch nicht etwa deshalb unwirksam, weil die Treuhänderin darin als notariell bevollmächtigte Vertreterin der Klägerin bezeichnet ist. Für die Wirksamkeit des Darlehensvertrages kommt es insoweit allein darauf an, dass die Treuhänderin - wie dargelegt - wirksam bevollmächtigt war. Ob die in dem Zeichnungsschein erteilte Vollmacht nach Rechtsscheingrundsätzen gemäß §§ 171, 172 BGB als gültig zu behandeln wäre, ist danach ohne Belang.
21
2. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht der Klägerin auch die Berufung auf § 9 Abs. 3 VerbrKrG ohne Rechtsfehler versagt. Das gilt sogar ungeachtet dessen, dass einer Anwendung des § 9 VerbrKrG hier § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbKrG entgegensteht.
22
Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Klägerin zu angeblichen Täuschungen über die Bedingungen des Fondsbeitritts, insbesondere durch ein fehlerhaftes Berechnungsbeispiel, berücksichtigt und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin den Gesellschaftsvertrag nicht wirksam angefochten hat. Die Revision erschöpft sich insoweit in unbehelflichen Angriffen gegen diese tatrichterliche Würdigung.
23
Zutreffend 3. hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen, dass der Darlehensvertrag vom 26./30. Mai 1995 auch nicht wegen feh- lender Angabe des Gesamtbetrages gemäß § 6 Abs. 1 i.V. mit § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG nichtig ist. Die Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG ist hier gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ausgeschlossen , weil das Darlehen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht und zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen gewährt wurde. Soweit die Revision in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, die obere Streubreitengrenze für Realkredite sei überschritten, war dies als neuer Vortrag nicht zu berücksichtigen (§ 559 Abs. 1 ZPO).
24
Dem steht, anders als die Revision meint, nicht entgegen, dass die das Darlehen absichernde Grundschuld nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits vor dem Beitritt der Klägerin und ohne ihre Beteiligung bestellt worden war. Wie der Senat für Kreditverträge zur Finanzierung des Erwerbs von Immobilien (BGHZ 161, 15, 26 f. sowie Urteile vom 9. November 2004 - XI ZR 315/03, WM 2005, 72, 74 und vom 18. Januar 2005 - XI ZR 201/03, WM 2005, 375, 376) und für die Kreditfinanzierung von Immobilienfondsbeitritten (Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 29/05, WM 2006, 1008, 1010 f.) bereits entschieden und im Einzelnen begründet hat, kommt es nach dem klaren Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG lediglich darauf an, ob das Darlehen nach dem Kreditvertrag von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht wurde. Ob der Kreditnehmer selbst Sicherungsgeber ist, ist nach allgemeiner Meinung (vgl. statt aller Staudinger/Kessal-Wulf, BGB Neubearbeitung 2004 § 492 Rdn. 70; MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl. § 492 Rdn. 78; Bülow, Verbraucherkreditrecht 5. Aufl. § 491 BGB Rdn. 177) ohne Belang. Demnach liegt eine grundpfandrechtliche Ab- sicherung des Kredits auch dann vor, wenn der Kreditnehmer das Grundpfandrecht nicht selbst bestellt, sondern ein bestehendes Grundpfandrecht (teilweise) übernimmt.

III.


25
Die Revision war daher auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen.
Nobbe Mayen Ellenberger
Schmitt Grüneberg
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.12.2004 - 29 O 7423/04 -
OLG München, Entscheidung vom 07.07.2005 - 19 U 2039/05 -

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 42/07 Verkündet am:
24. April 2008
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ob ein Werkvertrag aufgrund einer Ohne-Rechnung-Abrede insgesamt nichtig ist,
richtet sich nach § 139 BGB (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000
- VII ZR 192/98, BauR 2001, 630 = NZBau 2001, 195 = ZfBR 2001, 175).
Hat der Unternehmer seine Bauleistungen mangelhaft erbracht, so handelt er regelmäßig
treuwidrig, wenn er sich zur Abwehr von Mängelansprüchen des Bestellers
darauf beruft, die Gesetzwidrigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede führe zur Gesamtnichtigkeit
des Bauvertrages.
BGH, Urteil vom 24. April 2008 - VII ZR 42/07 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler, den Richter
Bauner, die Richterin Safari Chabestari und die Richter Dr. Eick und Halfmeier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. Februar 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist. Die Sache wird in diesem Umfang zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht, soweit in der Revision noch von Interesse, gegen den Beklagten Mängelansprüche wegen fehlerhafter Bauarbeiten geltend. Im Revisionsrechtszug streiten die Parteien im Wesentlichen darüber, ob der zugrunde liegende Werkvertrag wegen einer der Steuerhinterziehung dienenden Ohne -Rechnung-Abrede nichtig ist.
2
Der Kläger beauftragte im Dezember 2003 den Beklagten mündlich, die Terrasse seines Hauses abzudichten und mit Holz auszulegen. Bei Beginn der Bauarbeiten Mitte Januar 2004 erhielt der Beklagte eine Anzahlung von 1000 € für Materialkosten und nach Abschluss der Arbeiten weitere 2.250 €. Eine Rechnung wurde nicht erstellt. Kurze Zeit nach Beendigung der Arbeiten zeigten sich Wasserschäden in der unter der Terrasse gelegenen Einliegerwohnung. Nachbesserungsarbeiten des Beklagten blieben erfolglos. Der Kläger verlangt nunmehr Ersatz von Selbstvornahmekosten und Vorschuss auf Mängelbeseitigungskosten.
3
Das Landgericht hat die insoweit auf Zahlung von 7.743,51 € gerichtete Klage abgewiesen. Der Vertrag enthalte eine Ohne-Rechnung-Abrede und sei gemäß § 134, § 138 Abs. 1, § 139 BGB nichtig. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen, da die höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Folgen einer Ohne-Rechnung-Abrede nicht einheitlich sei. Der Kläger verfolgt mit der Revision seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

4
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

5
Das Berufungsgericht sieht in seinem Urteil (BauR 2007, 1586) eine Abrede der Parteien, dass die Leistungen des Beklagten nicht in Rechnung gestellt werden sollten und somit auch die Umsatzsteuer nicht abgeführt werden sollte, als erwiesen an. Diese Ohne-Rechnung-Abrede habe die Nichtigkeit des Werkvertrags gemäß §§ 134, 139 BGB zur Folge. Sie diene einer Steuerhinterziehung und führe jedenfalls dann zur Nichtigkeit, wenn diese den Hauptzweck des Vertrages darstelle. Darüber hinaus sei Nichtigkeit des Gesamtvertrages anzunehmen, wenn die Abrede auch auf den Vertrag im Übrigen Einfluss gehabt habe. Daran fehle es nur, wenn feststehe, dass der Vertrag auch ohne die nichtige steuerliche Absprache zu denselben Bedingungen - insbesondere im Hinblick auf die Vergütung - abgeschlossen worden wäre. Die Gegenansicht, die eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages schon dann verneine, wenn nicht die Steuerverkürzung, sondern ein anderer Aspekt - beim Werkvertrag etwa die Errichtung des geschuldeten Werks - als Hauptzweck des Vertrages anzusehen sei, lasse sich mit § 139 BGB nicht in Einklang bringen. Der insoweit darlegungs - und beweispflichtige Kläger habe nicht dargetan, dass der Werkvertrag zwischen den Parteien auch bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung und Buchführung zu den gleichen Konditionen abgeschlossen worden wäre. Er habe sich nicht mit dem Vortrag des Beklagten auseinandergesetzt, bei ordnungsgemäßer Abrechnung der Arbeitsstunden einschließlich Umsatzsteuer wäre eine Vergütung von weit über 3.000 € angefallen zuzüglich ca. 1.000 € für das verwendete Holz. Die Nichtigkeit des Werkvertrags führe zum Ausschluss der Gewährleistungsrechte des Klägers.

II.

6
Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Ohne-Rechnung-Abrede ist gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig. Ob das zur Nichtigkeit des gesamten Vertrages führt, richtet sich nach § 139 BGB, muss hier jedoch nicht abschließend entschieden werden. Denn der Beklagte kann sich auf eine etwaige auf den Voraussetzungen des § 139 BGB beruhende Gesamtnichtigkeit des Bauvertrages nach Treu und Glauben nicht berufen.
7
1. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Parteien vereinbart, dass für die Leistungen des Beklagten eine Rechnung nicht gestellt und die anfallende Umsatzsteuer nicht abgeführt werden sollte. Diese Ohne-Rechnung-Abrede hatte, wie das Berufungsgericht zutreffend sieht, nicht zur Folge, dass die Steuerhinterziehung Hauptzweck des Vertrages war und dieser schon aus diesem Grunde insgesamt gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig ist (vgl. dazu BGH, Urteile vom 9. Juni 1954 - II ZR 70/53, BGHZ 14, 25; vom 23. März 1961 - II ZR 157/59, WM 1961, 727; vom 23. Oktober 1975 - II ZR 109/74, WM 1975, 1279; vom 4. März 1993 - V ZR 121/92, BGHR BGB § 134 Steuerhinterziehung 1; vom 23. Juni 1997 - II ZR 220/95, BGHZ 136, 125; vom 5. Juli 2002 - V ZR 229/01, NJW-RR 2002, 1527 und vom 2. Juli 2003 - XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742). Hauptzweck des Vertrages war vielmehr die ordnungsgemäße Erbringung der vereinbarten Bauleistungen durch den Beklagten.
8
2. Gemäß §§ 134, 138 BGB nichtig ist die der Steuerhinterziehung dienende Ohne-Rechnung-Abrede (vgl. BGH, Urteile vom 3. Juli 1968 - VIII ZR 113/66, MDR 1968, 834; vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 192/98, BauR 2001, 630 = NZBau 2001, 195 = ZfBR 2001, 175 und vom 2. Juli 2003 - XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742). Damit ist ein Teil des Vertrages nichtig und der Anwendungsbereich von § 139 BGB eröffnet.
9
a) Nach dieser Vorschrift ist bei Nichtigkeit eines Teils eines Vertrages der gesamte Vertrag nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre. Ob diese Voraussetzungen vorliegen , ob also die Vermutung der Gesamtnichtigkeit durch einen entgegenste- henden (hypothetischen) Parteiwillen entkräftet wird, ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
10
b) Diese Grundsätze gelten auch für die Frage, ob die Nichtigkeit einer Ohne-Rechnung-Abrede die Nichtigkeit des ganzen Vertrages zur Folge hat (vgl. BGH, Urteile vom 3. Juli 1968 - VIII ZR 113/66, MDR 1968, 834 zum Kaufvertrag und vom 2. Juli 2003 - XII ZR 74/01, NJW 2003, 2742 zum Mietvertrag; OLG Hamm, BauR 1997, 501; OLG Oldenburg, OLGR 1997, 2; OLG Naumburg , IBR 2000, 64, Volltext bei Juris; OLG Saarbrücken, OLGR 2000, 303 jeweils zum Werkvertrag). Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, dass auch beim Werkvertrag Gesamtnichtigkeit nur dann nicht eintritt, wenn angenommen werden kann, dass ohne die Ohne-Rechnung-Abrede bei ordnungsgemäßer Rechnungslegung und Steuerabführung der Vertrag zu denselben Konditionen, insbesondere mit derselben Vergütungsregelung, abgeschlossen worden wäre. Soweit dem Urteil des Senats vom 21. Dezember 2000 (VII ZR 192/98, BauR 2001, 630 = NZBau 2001, 195 = ZfBR 2001, 175) entnommen werden könnte, dass diese jeweils im Einzelfall vorzunehmende Prüfung regelmäßig zu dem Ergebnis führe, die Nichtigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede habe auf die Höhe der Vergütung keinen Einfluss, hält der Senat daran nicht fest.
11
3. Der Senat muss nicht abschließend entscheiden, ob im Streitfall die Nichtigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages führt. Denn jedenfalls kann sich der Beklagte, nachdem er die Bauleistung erbracht hat, nach Treu und Glauben nicht auf eine etwaige Nichtigkeit des Vertrages berufen, § 242 BGB.
12
a) Der das gesamte Rechtsleben beherrschende Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch im Rahmen nichtiger Rechtsgeschäfte. Deshalb kann die Berufung auf die Nichtigkeit eines Vertrages in besonders gelagerten Ausnah- mefällen eine unzulässige Rechtsausübung darstellen. Das gilt nicht nur im Anwendungsbereich von § 138 BGB (vgl. BGH, Urteile vom 23. Januar 1981 - I ZR 40/79, NJW 1981, 1439 und vom 28. April 1986 - II ZR 254/85, NJW 1986, 2944, 2945), sondern auch bei § 134 BGB (vgl. BGH, Urteile vom 12. Januar 1970 - VII ZR 48/68, BGHZ 53, 152, 158 f.; vom 23. September 1982 - VII ZR 183/80, BGHZ 85, 39, 47; vom 22. Januar 1986 - VIII ZR 10/85, NJW 1986, 2360, 2361; vom 5. Mai 1992 - X ZR 134/90, BGHZ 118, 182, 191 und vom 1. Februar 2007 - III ZR 281/05, NJW 2007, 1130).
13
Allerdings dient § 134 BGB dem öffentlichen Interesse und dem Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs. Er schränkt die Privatautonomie ein; gesetzliche Verbote stehen nicht zur Disposition der Parteien (BGB-RGRK/Krüger-Nieland/Zöller, 12. Aufl., § 134 Rdn. 1 und Palandt/ Heinrichs, 67. Aufl., § 134 BGB Rdn. 1). Hieraus wird in der Literatur gefolgert, die Berufung auf Treu und Glauben gegenüber einer aus § 134 BGB folgenden Nichtigkeit sei grundsätzlich unzulässig. Auf diese Weise könne ein gesetzliches Verbot nicht verdrängt werden, das Vertrauen auf die Wirksamkeit einer verbotsgesetzwidrigen Vereinbarung verdiene generell keinen Schutz (Jauernig , BGB, 12. Aufl., § 134 Rdn. 17; MünchKommBGB/Armbrüster, 5. Aufl., § 134 Rdn. 112).
14
Diesen Bedenken kommt jedenfalls hier keine entscheidende Bedeutung zu. Denn gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB verstößt allein die Ohne-Rechnung-Abrede, nicht aber der Bauvertrag als solcher ohne diese Abrede. Seine Nichtigkeit folgt nicht unmittelbar aus § 134 BGB, sondern gegebenenfalls aus der Anwendung von § 139 BGB. Diese Vorschrift enthält dispositives Recht; die in ihr vorgesehene Gesamtnichtigkeit kann abbedungen werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1997 - IX ZR 133/96, NJW-RR 1997, 684, 685). Die Parteien hätten daher vereinbaren können, dass eine Nichtigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede sich nicht auf die anderen Vertragsbestandteile erstrecken soll. In diesem Fall wäre der Beklagte den Mängelansprüchen des Klägers ausgesetzt. Lediglich diese in der Disposition der Parteien liegende Rechtsfolge wird durch die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben auf anderem Wege herbeigeführt. Die Nichtigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede im Interesse der Allgemeinheit bleibt davon unberührt.
15
b) Beruft sich der Unternehmer, der die Bauleistung erbracht hat, zur Abwehr von Mängelansprüchen des Bestellers auf die Nichtigkeit des Bauvertrages wegen der Ohne-Rechnung-Abrede, stellt dies einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben dar (a.A. OLG Saarbrücken, OLGR 2000, 303). Dies beruht auf der spezifischen Interessenlage, die sich bei einem Bauvertrag mit Ohne-Rechnung-Abrede für die Vertragsparteien typischerweise ergibt:
16
Bei einem solchen Bauvertrag erbringt der Unternehmer die von ihm geschuldeten Bauleistungen regelmäßig an dem Grundstück des Bestellers. Eine Rückabwicklung des Vertrages durch Rückgabe der Leistung ist, wenn überhaupt , gewöhnlich nur mit erheblichen Schwierigkeiten möglich. Durch sie würden wirtschaftliche Werte gefährdet; der Unternehmer müsste bei einer solchen Rückabwicklung in fremdes Eigentum eingreifen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. September 2006 - VII ZR 303/04, BauR 2007, 111, 113 = NZBau 2006, 781 = ZfBR 2007, 44, 45 m.w.N.). Ist die erbrachte Bauleistung mangelhaft, ist daher das Eigentum des Bestellers mit den hieraus folgenden Nachteilen nachhaltig belastet, die durch schlichte Rückabwicklung des Bauvertrags regelmäßig nicht wirtschaftlich sinnvoll zu beseitigen sind; der Besteller wird daher das mangelhafte Werk typischerweise behalten. Diese Belastungssituation führt dann zu einem besonderen Interesse des Bestellers an vertraglichen, auf die Beseitigung des Mangels gerichteten Gewährleistungsrechten, die bei einer Nichtigkeit des gesamten Bauvertrages entfallen würden.
17
Für den Unternehmer liegt diese spezifische Interessenlage des Bestellers der Bauleistung offen zutage. Hat er die Bauleistung mangelhaft erbracht, verhält er sich treuwidrig, wenn er sich gegenüber dem in der dargestellten Weise belasteten Besteller auf eine Gesamtnichtigkeit des Bauvertrages beruft, die allein aus der Gesetzwidrigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede folgen kann. Denn der Unternehmer hat in Kenntnis dieser Abrede und der dargestellten Interessenlage den Vertrag durchgeführt, sozusagen "ins Werk gesetzt", und seine Bauleistung erbracht. Er setzt sich in dieser von ihm maßgeblich mitverursachten Situation unter Verstoß gegen Treu und Glauben in Widerspruch zu seinem bisher auf Erfüllung des Vertrags gerichteten Verhalten, wenn er nunmehr unter Missachtung der besonderen Interessen seines Vertragspartners die Ohne-Rechnung-Abrede, die regelmäßig auch seinem eigenen gesetzwidrigen Vorteil dienen sollte, zum Anlass nimmt, für die Mangelhaftigkeit seiner Leistung nicht einstehen zu wollen mit der Folge, dass der Besteller unter Beeinträchtigung seines Eigentums dauerhaft mit den Mangelfolgen belastet bleibt.
18
c) Nach diesen Grundsätzen kann der Beklagte gemäß § 242 BGB gegenüber den Mängelansprüchen des Klägers nicht einwenden, der Bauvertrag sei wegen der Ohne-Rechnung-Abrede insgesamt nichtig.

III.

19
Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, dem Hinweis in der Revisionserwiderung auf einen eventuellen Verstoß gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit nachzugehen. Dressler Bauner Safari Chabestari Richter am Bundesgerichtshof Dr. Eick befindet sich im Urlaub und kann nicht unterschreiben. Dressler Halfmeier
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 14.07.2006 - 17 O 416/04 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 08.02.2007 - 12 U 155/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 59/02 Verkündet am:
18. Juni 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 166; AVB f. Lebensvers. (ALB 86) § 13
Auch bei Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Erlebensfall
erwirbt der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag
grundsätzlich sofort.
BGH, Urteil vom 18. Juni 2003 - IV ZR 59/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert und Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juni 2003

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. Dezember 2001 aufgehoben und das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 7. März 2001 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.135,50 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 24. Februar 2000 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt als Bezugsberechtigte einer Kapitallebensversicherung mit Mehrfachauszahlung von dem beklagten Versicherer die Zahlung eines ersten Teilbetrages der Versicherungssumme.

Der Ehemann der Klägerin hatte im Jahre 1987 bei der Beklagten eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen. Vereinbart war eine Versicherungssumme von 30.000 DM, die im Erlebensfall in Teilbeträgen ausgezahlt werden sollte. Der erste Teilbetrag von 12.000 DM wurde am 1. Dezember 1999 fällig. Im Versicherungsantrag hatte der Ehemann der Klägerin als Bezugsberechtigte seine "Rechtsnachfolger" angegeben, ohne das Widerrufsrecht auszuschließen. Im Jahr 1994 bestimmte er die Klägerin als unwiderruflich Bezugsberechtigte im Erlebensfall, was die Beklagte schriftlich bestätigte.
Am 4. März 1999 erwirkte die Beklagte aufgrund einer ihr gegen den Ehemann der Klägerin zustehenden titulierten Forderung die Pfändung und Überweisung aller Rechte aus dem Versicherungsvertrag einschließlich des Rechts zur Kündigung. Mit an sich selbst gerichtetem Schreiben vom 6. April 1999 widerrief die Beklagte die bisher bestellten Bezugsrechte und kündigte den Versicherungsvertrag.
Die Klägerin hält die Pfändung der Ansprüche aus der Lebensversicherung aufgrund des ihr eingeräumten unwiderruflichen Bezugsrechts für unwirksam. Sie begehrt deshalb die Auszahlung des vereinbarten ersten Teilbetrages in Höhe von 12.000 DM nebst Zinsen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen (VersR 2002, 963). Dagegen wendet sich die zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts hat die Beklagte aufgrund des erwirkten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses den Versicherungsvertrag wirksam gekündigt, weshalb der hierdurch entstandene Anspruch auf den Rückkaufswert der Beklagten zustehe. Das der Klägerin unwiderruflich auf den Erlebensfall eingeräumte Bezugsrecht habe nur ein aufschiebend bedingtes Recht begründet. Eine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Rechtserwerbs seitens der Klägerin habe deren Ehemann nicht vorgenommen. Deshalb komme es darauf an, wie seine Willenserklärung gemäß allgemeinen Regeln nach Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegen sei. Zwar gebe es, wie der Bundesgerichtshof (BGHZ 45, 162, 165) ausgeführt habe, im Versicherungsrechtsverkehr seit einiger Zeit die tatsächliche Übung, in einer unwiderruflichen Bezugsrechtseinräumung zugleich den erklärten Willen für einen sofortigen Rechtserwerb des Bezugsberechtigten zu sehen, da nur so der sich im Verzicht auf einen Widerruf offenbarende Zweck uneigennütziger Fürsorge zu erreichen sei. Bei einer gemischten Todes- und Erlebensfallversicherung bestehe jedoch die Besonderheit geteilter Berechtigung. Die jeweiligen Rechte müssten daher in ein Verhältnis zueinander gebracht werden, und zwar dergestalt, daß ein sofortiger Rechtserwerb nur hinsichtlich eines der beiden Anspruchsberechtigten erfolgen könne. Da dem Versicherungsnehmer das Recht zur jederzeitigen Kündigung verbleibe, müsse feststehen, wem gegebenenfalls der Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswerts zu-

stehe. Bei einer privaten Lebensversicherung stehe die Fürsorge des für den Todesfall Bezugsberechtigten im Vordergrund. Deshalb sei - sofern wie hier keine besonderen Umstände im Einzelfall auf einen abweichenden Willen des Versicherungsnehmers hindeuteten - entgegen der vom 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (NJW-RR 2001, 676 = VersR 2002, 219) vertretenen Rechtsauffassung nur im Falle eines unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Todesfall ein sofortiger Rechtserwerb unter einer auflösenden Bedingung anzunehmen und demgegenüber das Recht des unwiderruflich auf den Erlebensfall Bezugsberechtigten grundsätzlich als aufschiebend bedingt anzusehen. Daher habe die Klägerin nur eine Anwartschaft erlangt, die infolge der Kündigung nicht zur Entstehung gelangt sei.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Klägerin hat als unwiderruflich Bezugsberechtigte für den Erlebensfall Anspruch auf die am 1. Dezember 1999 fällig gewordene Teilleistung von 12.000 DM. Das Berufungsgericht geht zwar zutreffend davon aus, daß es entscheidend auf die Auslegung der dem Versicherer gegenüber abzugebenden Erklärung des Versicherungsnehmers über die Begründung des Bezugsrechts ankommt (vgl. Senatsurteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - VersR 2001, 883 unter II 2 a). Es hat jedoch rechtsfehlerhaft den vom Ehemann der Klägerin mit der Begründung des unwiderruflichen Bezugsrechts verfolgten Zweck verkannt und zu Unrecht angenommen, er habe keine ausdrückliche Bestimmung über den Zeitpunkt des Rechtserwerbs getroffen.
1. Nach § 13 der dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapital-Lebensversicherung (AVB,

wortgleich mit § 13 ALB 86, VerBAV 1986, 209, 212 f.) kann der Versicherungsnehmer über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag durch Abtretung, Verpfändung und Einräumung eines Bezugsrechts verfügen. Wem in welchem Umfang ein Bezugsrecht und die daraus folgenden Ansprüche auf die Versicherungsleistungen zustehen, bestimmt der Versicherungsnehmer durch eine einseitige, empfangsbedürftige schriftliche Willenserklärung gegenüber dem Versicherer, die Verfügungscharakter hat (vgl. BGH, Urteile vom 28. September 1988 - IVa ZR 126/87 - VersR 1988, 1236 unter 2 und vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - aaO). Entscheidend für die Zuordnung der Ansprüche ist daher nicht eine theoretische rechtliche Konstruktion, sondern der im rechtlich möglichen Rahmen geäußerte Gestaltungswille des Versicherungsnehmers.

a) Dieser richtet sich bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht regelmäßig auf einen sofortigen Rechtserwerb, weil nur so der mit dem Verzicht auf den Widerruf verfolgte Zweck erreicht werden kann, die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen aus dem Vermögen des Versicherungsnehmers auszusondern und sie damit dem Zugriff seiner Gläubiger zu entziehen (BGHZ 45, 162, 165 f.). Da unter diesem Gesichtspunkt eine bloße unwiderrufliche Anwartschaft praktisch wertlos wäre, bildet der sofortige Rechtserwerb den eigentlichen Inhalt der unwiderruflichen Bezugsberechtigung (BGHZ aaO S. 165; BGH, Urteil vom 19. Juni 1996 - IV ZR 243/95 - VersR 1996, 1089 unter 1). Die Auffassung des Berufungsgerichts führt dazu, den Eintritt dieser vom Versicherungsnehmer gewollten Rechtsfolge zu vereiteln und das unwiderrufliche Bezugsrecht auf den Erlebensfall im Ergebnis seines eigentlichen Inhalts zu entkleiden, wie der 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zutreffend erkannt hat (NJW-RR 2001, 676 = VersR 2002, 219; vgl. auch Baroch Ca-

stellvi, VersR 1998, 410, 415 und AG Hechingen VersR 1999, 569 m. Anm. Baroch Castellvi).

b) Hier hat der Versicherungsnehmer sogar ausdrücklich eine auf den sofortigen Rechtserwerb der Klägerin gerichtete Erklärung abgegeben. Er hat der Beklagten mit Schreiben vom 9. März 1994 unter Bezugnahme auf den Versicherungsvertrag die Klägerin als unwiderruflich Bezugsberechtigte im Erlebensfall benannt. Da nach § 13 Abs. 2 AVB der Versicherungsnehmer ausdrücklich bestimmen kann, daß der Bezugsberechtigte die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag unwiderruflich und damit sofort erwerben soll, war sein Schreiben in diesem Sinne zu verstehen. Die Beklagte hat es auch so verstanden. Sie hat ihm mit Schreiben vom 9. Juni 1994 gemäß § 13 Abs. 2 AVB die Unwiderruflichkeit bestätigt und ihn darauf hingewiesen, daß diese Begünstigung künftig nicht mehr einseitig aufgehoben oder beschränkt werden könne.

c) Diese Grundsätze gelten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei der kapitalbildenden (gemischten) Lebensversicherung nicht nur für das unwiderrufliche Bezugsrecht auf den Todesfall. Sie sind in gleicher Weise auf das unwiderrufliche Bezugsrecht für den Erlebensfall anzuwenden.
Aus der Entscheidung in BGHZ 45, 162 ergibt sich nichts anderes. Sie enthält zunächst allgemeine Ausführungen zum Inhalt des unwiderruflichen Bezugsrechts, ohne zwischen dem auf den Erlebensfall und dem auf den Todesfall zu unterscheiden. Sodann leitet sie daraus für den dort gegebenen Fall der Teilung der Begünstigung - unwiderrufliche Bezugsberechtigung eines Dritten auf den Todesfall, Berechtigung des

Versicherungsnehmers im Erlebensfall - ab, daß der Anspruch auf die Versicherungsleistungen auch in Gestalt des Rückkaufswerts bis zum Eintritt des Erlebensfalles dem unwiderruflich Bezugsberechtigten und nicht dem Versicherungsnehmer zusteht und damit dem Zugriff der Gläubiger des Versicherungsnehmers entzogen ist. Für einen generellen Vorrang des Bezugsrechts auf den Todesfall vor dem für den Erlebensfall läßt sich daraus nichts entnehmen, es gibt ihn auch nicht. Die Annahme des Berufungsgerichts, bei einer privaten Lebensversicherung stehe die Fürsorge des für den Todesfall Bezugsberechtigten im Vordergrund , mag in vielen Fällen zutreffen. Häufig wird die Lebensversicherung aber auch im Wege der Abtretung oder der unwiderruflichen Bezugsrechtseinräumung zur Absicherung von Darlehen verwendet. Unabhängig von möglichen Zwecken einer Lebensversicherung kommt es entscheidend darauf an, welche Ausgestaltung der Versicherungsnehmer dem Bezugsrecht in seiner Erklärung gegeben hat.
2. Auch den theoretischen Überlegungen des Berufungsgerichts zur Zuordnung des Rückkaufswerts und den daraus gezogenen Schlußfolgerungen ist nicht zuzustimmen.

a) Die Beklagte hat durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß kein Recht zur Kündigung des Versicherungsvertrages erlangt. Sie konnte das dem Versicherungsnehmer trotz unwiderruflicher Bezugsrechtseinräumung verbliebene Kündigungsrecht nicht pfänden, da es nicht selbständig, sondern nur zusammen mit dem Recht auf den Rückkaufswert übertragen und gepfändet werden kann (vgl. BGHZ aaO S. 167 f.). Der durch die - hier nicht ausgesprochene - Kündigung des Versicherungsnehmers bedingte Anspruch auf den Rückkaufswert nach

§ 176 VVG a.F., § 4 AVB stand nicht mehr dem Versicherungsnehmer, sondern der Klägerin zu. Die Pfändung des Rückkaufswerts und des Kündigungsrechts ging damit ins Leere (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2001 - IV ZR 47/01 - VersR 2002, 334 unter II 3 a).

b) Die Klägerin hat - wie dargelegt - die Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erworben. Zu den vertraglich versprochenen Leistungen bei einer Lebensversicherung gehört auch der Rückkaufswert nach Kündigung des Vertrages, denn das Recht auf den Rückkaufswert ist nur eine andere Erscheinungsform des Rechts auf die Versicherungssumme (BGH, Urteil vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99 - VersR 2000, 709 unter II 3 a und b). Die Begünstigungserklärung ist in der Regel so zu verstehen, daß das Recht des Bezugsberechtigten sämtliche aus dem Versicherungsvertrag fällig werdenden Ansprüche umfassen soll (Bruck/Möller/Winter, VVG 8. Aufl. 5. Bd. 2. Halbbd. H 117).
Der Versicherungsnehmer kann allerdings über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit unterschiedlich verfügen, insbesondere auch das unwiderrufliche Bezugsrecht gegenständlich und zeitlich einschränken (vgl. das Senatsurteil vom 19. Juni 1996 aaO unter 2 und das Senatsurteil vom 25. April 2001 - IV ZR 305/00 - aaO). Er könnte beispielsweise den Rückkaufswert vom unwiderruflichen Bezugsrecht auf den Erlebensfall ausnehmen und bestimmen, daß der Rückkaufswert nach Kündigung vor Ablauf der Versicherung ihm verbleibt oder dem für den Todesfall eingesetzten Bezugsberechtigten oder einem beliebigen Dritten zustehen solle. Derartiges hat der Versicherungsnehmer hier nicht getan. Deshalb hat die Klägerin sämtliche Ansprüche auf die Versicherungsleistungen sofort erwor-

ben, also den auf den Rückkaufswert und die künftig entstehenden Ansprüche. Dieser Rechtserwerb war auflösend bedingt durch den vorzeitigen Todesfall, der aber nicht eingetreten ist.
Da der Versicherungsnehmer selbst nicht gekündigt hat und die Kündigung der Beklagten unwirksam war, hat die Klägerin Anspruch auf den zum 1. Dezember 1999 fällig gewordenen Teilbetrag von 12.000 DM.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

(1) Unpfändbar sind ferner

1.
Renten, die wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten sind;
2.
Unterhaltsrenten, die auf gesetzlicher Vorschrift beruhen, sowie die wegen Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtenden Renten;
3.
fortlaufende Einkünfte, die ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst auf Grund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten oder auf Grund eines Altenteils oder Auszugsvertrags bezieht;
4.
Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, ferner Ansprüche aus Lebensversicherungen, die nur auf den Todesfall des Versicherungsnehmers abgeschlossen sind, wenn die Versicherungssumme 5 400 Euro nicht übersteigt.

(2) Diese Bezüge können nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften gepfändet werden, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

(3) Das Vollstreckungsgericht soll vor seiner Entscheidung die Beteiligten hören.