Handels- und Gesellschaftsrecht

Unterthemen von Handels- und Gesellschaftsrecht

Handels- und Gesellschaftsrecht

erstmalig veröffentlicht: 28.07.2021, letzte Fassung: 10.02.2024
beiRechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

I. Handelsrecht 

Das Handelsrecht ist das Sonderprivatrecht der Kaufleute. Grundsätzlich gelten auch zwischen Kaufleuten die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. Diese werden allerdings durch das Handelsgesetzbuch und die Spezialgesetze ergänzt, um den Anforderungen des wirtschaftlichen Verkehrs gerecht werden zu können.

1. Kaufmanneigenschaft

Die Bestimmungen des Handelsrechts finden auf solche Rechtsverhältnisse Anwendung, an denen Kaufleute beteiligt sind. Die Qualifikation als Kaufmann ist insofern im Handelsrecht von zentraler Bedeutung, wobei nach den §§ 1 ff. HGB verschiedene Arten der Kaufmanneigenschaft unterschieden werden.

Zunächst ist nach § 1 I HGB derjenige ein Kaufmann, der ein Handelsgewerbe betreibt. Dabei ist als Gewerbe jede nach außen erkennbare, selbständige und planmäßig auf gewisse Dauer angelegte Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeführt wird und kein freier Beruf ist. Dieses Gewerbe muss nach Art und Umfang einer kaufmännischen Organisation bedürfen um als Handelsgewerbe qualifiziert zu werden. Die Erforderlichkeit einer kaufmännischen Organisation beurteilt sich nach qualitativen und quantitativen Kriterien, wie z.B. der Größe des Unternehmens, der Art der gewerblichen Tätigkeit, dem Umsatz oder der Anzahl der Beschäftigten.

Ist eine kaufmännische Organisation nicht erforderlich, handelt es sich um ein Kleingewerbe. Dieses kann gem. § 2 HGB dennoch als Handelsgewerbe gelten, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist.

Im Übrigen finden nach § 6 HGB die Vorschriften der Kaufleute auch auf die Handelsgesellschaften Anwendung.

2. Firma

Die Firma eines Kaufmanns ist gem. § 17 HGB der Name, unter dem dieser seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt. Der Kaufmann kann eine Personen-, Sach- oder Mischfirma bzw. eine Phantasiebezeichnung wählen. In jedem Fall müssen die Firmengrundsätze beachten werden, zu denen insbesondere die Firmenunterscheidbarkeit und die Firmenwahrheit zählen.

3. Spezialregeln für Handelsgeschäfte

Die Regelungen des HGB sind eng mit denen des Bürgerlichen Rechts verbunden und verdrängen diese dort, wo der Handelsverkehr einer spezielleren oder abgewandelten Regelung bedarf. Die Gründe hierfür liegen insbesondere in der Geschichte und historischen Entwicklung des Handelsrechts, aber auch in dem ihm innewohnenden Bedürfnis nach einer schnelleren und unkomplizierteren Abwicklung von Geschäften.

In Abweichung zum BGB weist der § 377 HGB dem Käufer bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft eine Untersuchungs- und Rügepflicht zu. Der Käufer muss die Ware unverzüglich nach der Ablieferung durch den Verkäufer, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgange tunlich ist, untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, dem Verkäufer unverzüglich Anzeige machen. Wie viel Zeit der Käufer zur Untersuchung und Rüge hat, hängt dabei vom Einzelfall ab.

Während eine zwischen Privatleuten vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe durch ein Gerichtsurteil herabgesetzt werden kann, wenn sie unverhältnismäßig hoch ist, wird dem Kaufmann unterstellt, die Auswirkungen einer entsprechenden Vertragsstrafenklausel bereits bei Vertragsabschluss beurteilen zu können, sodass die vereinbarte Strafe nicht nachträglich herabgesetzt werden kann.

Auch bei der Bürgschaft sind Besonderheiten zu beachten. Nach § 771 BGB kann ein Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dieser nicht eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat. Diese sogenannte Einrede der Vorausklage steht dem Kaufmann nach § 349 HGB nicht zu. Im Übrigen bedarf eine Bürgschaft im Handelsrecht gem. § 350 HGB nicht der in § 766 S. 1 BGB festgelegten Schriftform.

Hinsichtlich der Zinsen ist bei einem beiderseitigen Handelsgeschäft die Vorschrift des § 352 I 1 HGB zu beachten. Diese gewährt abweichend vom gesetzlichen Zinssatz nach § 246 BGB 5% Zins. Allerdings gilt diese Regelung nicht für Verzugszinsen. Deren Höhe ist in § 288 BGB geregelt und hängt davon ab, ob beide Vertragsparteien Unternehmer sind oder ob mindestens ein Verbraucher am Vertrag beteiligt ist. Auch zum Beginn der Zinspflicht stellt das Handelsrecht in § 353 HGB eine Sonderregelung auf, nach der die Zinspflicht mit der Fälligkeit der Forderung beginnt.

Eine weitere Besonderheit des Handelsrechts ist das Kontokorrent. Durch eine Kontokorrentenvereinbarung werden gegenseitige Ansprüche verrechnet, wobei zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Saldo gebildet wird, § 355 HGB.

II. Gesellschaftsrecht

Das Gesellschaftsrecht regelt das Innen- und Außenverhältnis von Gesellschaften. Gesellschaften sind Zusammenschlüsse von Personen zu einer gemeinsamen Zweckverfolgung. Zur Organisation einer Gesellschaft bedarf diese einer Rechtsform. Solche Rechtsformen unterliegen dem numerus clausus der Gesellschaftsformen, d.h. einem abschließenden Katalog von gesetzlich bestimmten Gesellschaftstypen. Grundsätzlich kann zwischen Personengesellschaften und Körperschaften unterschieden werden. Bei Personengesellschaften nehmen die Gesellschafter die Aufgaben in der Gesellschaft zumeist selbst vor und haften persönlich mit ihrem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Körperschaften sind juristische Personen mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit, bei denen Mitgliedschaft und Organisation regelmäßig getrennt und die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt sind.

 

Übersicht über die Gesellschaften

Rechtsform Abkürzung Erläuterung
Gesellschaft bürgerlichen Rechts  GbR Eine GbR ist eine durch gegenseitig verpflichtenden Gesellschaftsvertrag gegründete Gesellschaft zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks.
 
Offene Handelsgesellschaft OHG Eine OHG ist eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist und bei der keiner der Gesellschafter gegenüber den Gesellschaftsgläubigern in der Haftung beschränkt ist.
 
Kommanditgesellschaft KG Eine KG ist eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist und bei der einem oder mehreren Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist, während die Haftung der restlichen Gesellschafter nicht beschränkt ist.
 
Gesellschaft mit Beschränkter Haftung GmbH Eine GmbH ist eine zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck durch eine oder mehrere Personen errichtete Gesellschaft, deren Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist.
 
Unternehmergesellschaft UG Eine UG ist eine Gesellschaft, die mit einem Stammkapital gegründet wird, das den Betrag des Mindeststammkapitals einer GmbH unterschreitet.
 
Aktiengesellschaft AG Eine AG ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und einem in Aktien zerlegten Grundkapital, deren Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist.
 
Societas Europaea SE Eine SE ist eine supranationale Aktiengesellschaft in der EU bzw. im EWR, deren Kapital in Aktien zerlegt ist.
 
Genossenschaft eG Eine Genossenschaft ist eine Gesellschaft von nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck darauf gerichtet ist, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern.
 
Verein eV Hinsichtlich der Vereine ist danach zu unterscheiden, ob ihr Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und ob der Verein eingetragen und damit rechtsfähig ist.

Autor:in

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

EnglischDeutsch

Anwälte

1 Anwälte, die zum Handels- und Gesellschaftsrecht beraten.

Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner


Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
EnglischDeutsch

Artikel

678 relevante Artikel zu diesem Rechtsgebiet

Corona-Hilfen: Übersicht über staatliche Akuthilfen während der Krise

03.04.2020

Im folgenden Beitrag finden Sie eine Übersicht über die staatlich gewährten Hilfeleistungen in der Corona-Krise. Es können sowohl finanzielle Hilfen in Form von Zuschüssen und Krediten beantragt werden, als auch Maßnahmen wie Kurzarbeit und Steuerstundung deutlich unkomplizierter ergriffen werden – Streifler & Kollegen Rechtsanwälte – Anwälte für Insolvenz-, Steuer- und Gesellschaftsrecht sowie Arbeitsrecht Berlin

Strafrecht: Die Hörfallen-Entscheidung - Polizeilich veranlaßtes Telefongespräch mit dem Tatverdächtigten

14.12.2020

Erlangt eine Privatperson, die auf Veranlassung der Ermittlungsbehörden mit dem Tatverdächtigten ohne Aufdeckung der Ermittlungsabsicht spricht, Informationen zum Untersuchungsgegenstand, dürfen diese verwertet werden, wenn es um die Aufklärung einer Straftat von erheblicher Bedeutung geht sowie die Erforschung des Sachverhalts unter Einsatz anderer Ermittlungsmethoden erheblich weniger erfolgsversprechend oder wesentlich erschwert gewesen wäre – Streifler & Kollegen, Dirk Streifler, Anwalt für Strafrecht

Insolvenzrecht: Steuerforderung widerspruchslos festgestellt – Einwendungen des Geschäftsführers einer GmbH im Haftungsverfahren gem. § 166 AO ausgeschlossen

17.04.2020

Wird eine Steuerforderung gegenüber einer GmbH widerspruchslos zur Insolvenztabelle festgestellt, sind Einwendungen des Geschäftsführers der GmbH auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen der Haftung gem. § 166 AO gegen die Höhe der Steuerforderung ausgeschlossen, wenn er der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber nicht getan hat – Streifler & Kollegen Rechtsanwälte – Anwalt für Insolvenzrecht Berlin

Strafrecht: Bandido-Fall - Beweisverwertungsverbot bei verdecktem Verhör

11.12.2020

Können die Aussagen aus einem Verhör verwertet werden, wenn ein Polizist nicht offen ermittelt? Ist das fair? Der Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit gebietet, dass ein Beschuldigter nicht aktiv zu seiner Strafverfolgung und Überführung beitragen muss. Gemäß § 136 I StPO steht es ihm frei, sich zu seiner Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache aussagen. Tritt ein Polizeibeamter nicht offen auf, so kann dieser Grundsatz nicht grenzenlos gewährt werden. Wie ist eine solche Situation rechtlich zu bewerten? Die Antwort darauf lesen Sie in folgendem Artikel – Streifler & Kollegen, Dirk Streifler, Rechtsanwalt für Strafrecht

Corona-Zuschüsse: Soforthilfen für Soloselbständige, Freiberufler und Kleinstunternehmen

03.04.2020

Seit einigen Tagen stehen verschiedene Soforthilfen vom Staat für die Betroffenen der Corona-Krise zur Verfügung. Die sog. Corona Zuschüsse können von selbständigen Einzelpersonen, Freiberuflern und Kleinstunternehmen mit bis zu 10 Beschäftigten in Höhe von bis zu 15.000€ beantragt werden und müssen nicht zurückbezahlt werden – Streifler & Kollegen Rechtsanwälte – Anwalt für Insolvenzrecht Berlin