Bußgelder wegen versäumter Publikationspflichten

Bußgelder wegen versäumter Publikationspflichten

erstmalig veröffentlicht: 04.12.2012, letzte Fassung: 10.02.2024
beiRechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

Alle Kapitalgesellschaften, also auch die kleine oder mittelständige GmbH, sind gesetzlich verpflichtet, bestimmte Informationen im Interesse ihrer Vertragspartner allgemein zugänglich zu publizieren. Den meisten Geschäftsführern dürften ihre Publikationspflichten im Zusammenhang mit Personenveränderungen oder dem Jahresabschluss bekannt sein. Zum 01.01.2007 wurden jedoch die Handelsregister durch das Gesetz über elektronische Handels – und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG, BGBl. I 06, 2553) auf den elektronischen Betrieb umgestellt. All diese Daten sollten fortan zentral durch eine einheitliche Bundesbehörde überwacht und bequem im Internet abrufbar sein. Bereits für das am 01.01.2006 beginnende Wirtschaftsjahr waren Jahresabschlüsse nicht mehr zum Registergericht, sondern beim elektronischen Bundesanzeiger einzureichen. Für die Einreichung dieser Unterlagen wurden den offenlegungspflichtigen Unternehmen eine Frist von 12 Monaten beginnend zum 01.01.2007 gesetzt, mit anderen Worten spätestens am 31.12.2007 musste der Jahresabschluss 2006 beim elektronischen Bundesanzeiger vorliegen.

Die gehäuften Klagen über verhängte Bußgelder in den letzten Wochen zeigen, dass sich viele Unternehmen noch nicht mit den geänderten Publikationsmodalitäten vertraut gemacht haben. Deren Versäumnisse wurden vom Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers dem Bundesamt für Justiz umgehend mitgeteilt. Verschärfend kommt hinzu, dass das Bundesamt solche Publikationsversäumnisse nicht mehr nur auf Antrag sondern von Amts wegen verfolgt. Viele Unternehmen sehen sich nun Ordnungsgeldern in Höhe von 2.500 € – 25.000 € ausgesetzt, falls sie nicht innerhalb von gerade einmal 6 Wochen ihre Publikationspflichten nachholen. Einsprüche haben keine aufschiebende Wirkung, das betroffene Unternehmen muss das Bußgeld also auch bei einem laufenden Verfahren erst einmal entrichten.

Es sind somit zwei einschneidende Neuerungen im Zusammenhang mit dem EHUG zu registrieren. Die Pflicht zur Offenlegung bestimmter unternehmensspezifischer Tatsachen zählt nicht dazu, diese besteht schon seit dem Jahre 1986. Eine gravierende Neuerung ist vielmehr die Schaffung einer zentralen Überwachungsinstitution, welche Verstöße oder Säumnisse umgehend an das Bundesamt für Justiz weiterleitet. Dazu kommt schließlich die Tatsache, dass alle Verstöße vom Bundesamt ex officio verfolgt werden.

Insbesondere mit Hinblick auf kleinere Kapitalgesellschaften stellt sich die Frage, ob diese strikte Handhabe in jedem Falle das unbedingt erforderliche Mittel darstellt. Anders als bei Publikumsgesellschaften ist dort ein Interesse durch das diese Eingriffe gerechtfertigt werden, nicht offensichtlich. Die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieser undifferenzierten Regelung kann auch im Rahmen eines Bußgeldverfahrens überprüft werden. 

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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