Landgericht Traunstein Urteil, 30. Nov. 2018 - KLs 450 Js 12135/18 jug
Tenor
I.
Die Angeklagten sind schuldig
1. des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Sachbeschädigung,
2. der versuchten schweren Brandstiftung in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Herstellen und Führen eines verbotenen Gegenstandes,
3. des vorsätzlichen unerlaubten Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen,
4. der Angeklagte B. darüber hinaus des unerlaubten Besitzes von Schusswaffen.
II.
Der Angeklagte B. wird deshalb
zu einer Einheitsjugendstrafe von 3 Jahren und 9 Monaten verurteilt.
III.
Der Angeklagte Z.wird deshalb
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monatenverurteilt.
IV.
Der Antrag auf Einziehung des Smartphones Samsung Galaxy S 8 wird abgelehnt.
V.
Hinsichtlich des Angeklagten B. wird davon abgesehen, ihm die Kosten und gerichtlichen Auslagen des Verfahrens aufzuerlegen.
Der Angeklagte Z. hat die Kosten und Auslagen des Verfahrens zu tragen.
(Datum der letzten Tat:
11.04.2018 betreffend den Angeklagten B.
02.04.2018 betreffend den Angeklagten Z.)
Gründe
A. Prozessgeschichte
B. Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse der Angeklagten
I. Angeklagter B.
1.) Lebenslauf
2.) Vorstrafen
3.) Haftdaten und Haftsituation
II. Angeklagter Z.
1.) Lebenslauf
2.) Vorstrafen
09.02.2018, Amtsgericht Rosenheim - 7 Cs 440 Js 3605/18
rechtskräftig seit 16.03.2018
Tatbezeichnung: Diebstahl
Datum der (letzten) Tat: 12.01.2018
angewendete Vorschriften: StGB §§ 242 Abs. 1, 73 c
Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 15,- Euro
Verfall oder Einziehung von Taterträgen
3.) Haftdaten und Haftsituation
C. Festgestellter Sachverhalt:
I. Vorgeschichte:
II. Eigentliches Tatgeschehen:
1.) Tat vom 02.02.2018:
2.) a) Chat-Verlauf zwischen den Angeklagten:
„Iaz kimmd Bewegung auf im negerstall. De Gutmenschen han ummadum wia aufgscheichde wepsn“; versehen war dieser Kommentar mit Smiley Emoticons.
„basd eh“
b) Tat vom 17.03.2018:
3.) Tat vom 02.04.2018:
4.) Tat vom 11.04.2018:
III. Nachtatverhalten:
D. Beweiswürdigung
I.
1.) den Angeklagten B. auf Folgendem:
-
-eigene Angaben des Angeklagten B.
-
-ergänzende Angaben des insoweit als Zeugen vernommenen Sachverständigen Prof. Dr. S1, der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, Frau A1, sowie der Zeugin I. B. (Mutter)
-
-verlesene Berichte der JVA T. vom 20.08.2018 und vom 21.11.2018 sowie verlesener Antrag vom 14.06.2018 (Kontaktaufnahme zum Aussteigeprogrammen aus der Rechtsextremen Szene)
-
-verlesene Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 30.07.2018
2.) Bezüglich des Angeklagten Z. auf folgenden Erhebungen:
-
-eigene Angaben des Angeklagten Z.
-
-ergänzende Angaben des insoweit als Zeugen vernommenen Sachverständigen Prof. Dr. S1 und der Zeugin Mag. Dr. E.-B3 (Psychologin der JVA)
-
-verlesene Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 30.07.2018
II.
Dazu im Einzelnen:
1.) Vorgeschichte:
2.) Sachverhalte, Tatgeschehen:
a) Angaben des Angeklagten B.
(1)
(2)
(3) Trinkangaben
b) Angaben des Angeklagten Z.
(1)
(3) Trinkangaben
c) Sonstige Beweismittel:
(1)
(2)
(3) Lichtbilder und Urkunden
-
-Lichtbild des am 02.02.2018 an die Wand der Asylbewerberunterkunft gesprühten Hakenkreuzes (Bl. 528 d.A.)
-
-Lichtbilder der Tatortrekonstruktion (bezüglich der Tat vom 17.03.2018; Bl. 203-223/232 d.A.)
-
-Lichtbilder Tatortfotos (Bl. 554/555 d.A.)
-
-Lichtbilder, die anlässlich der Durchsuchung der Wohnung B. (Bl. 107/113 d.A.) und der Wohnung bzw. Werkstatt des Onkels des Angeklagten B. (Bl. 427/433 d.A.) gefertigt wurden
-
-Lichtbilder der Tatortfotos (Bl. 553/582 d.A.), auch bzgl. des am 02.02.2018 an die Fassade der Asylbewerberunterkunft geschmierten Hakenkreuzes
-
-Lichtbilder betreffend die Auswertung der Handys der beiden Angeklagten und der Auswertung des Computers des Angeklagten B. in Form von Chat-Screenshots (Bl. 184-189 d.A.), insbesondere auch bezüglich die den Nationalsozialismus verherrlichenden, verharmlosenden und rechtfertigenden Bilddateien mit erkennbarem Bezug zu Flüchtlingen und Asylbewerbern.
vom Bayerischen Landeskriminalamt kommt in seinem waffentechnischen Gutachten vom 27.08.2018, welches im Einverständnis mit allen Verfahrensbeteiligten auszugsweise verlesen wurde, hinsichtlich der beiden, am 11.04.2018 in der Wohnung W3.
e)Beweiswürdigung betr. die festgestellte, erhaltene Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der Angeklagten zur Tatzeit
Dazu im Einzelnen:
a) Angeklagter B.
b) Angeklagter Z.
3.) Nachtatgeschehen
E. Rechtliche Einordnung:
I. Tat vom 02.02.2018, Ziffer C. I. 1.)
II. Tat vom 17.03.2018, Ziffer C. I. 2.)
-
-Bei § 306 a Abs. 1 StGB handelt es sich um abstraktes (Lebens-)Gefährungsdelikt; die Vorschrift stellt ein Verhalten unter Strafe, das typischerweise das Leben von Menschen gefährdet, die sich in den betreffenden Räumlichkeiten aufhalten können.
-
-Wie im Sachverhalt Ziffer C. II. 2. festgestellt, ist es nicht zu einer Inbrandsetzung wesentlicher Teile der Asylbewerberunterkunft gekommen, auch wurden keine Personen verletzt.
-
-Beide Angeklagten hatten aber nach ihrer Vorstellung alles für die Verwirklichung und Vollendung des Deliktes Erforderliche getan:
-Beide haben ihren Brandsatz in Richtung des Asylbewerberheimes, im Bereich der Balkone, geworfen. Sie haben sich direkt nach dem Wurf ihres Molotowcocktails umgedreht und sind sofort weggelaufen, haben das weitere Geschehen dem Schicksal und Zufall überlassen, sich nicht darum gekümmert, wie sich das weitere Geschehen „entwickelt“. Sie haben sich nicht mehr umgedreht und die weitere möglicherweise stattfindende Brandentwicklung mit Übergriff auf das Gebäude beobachtet.
-
-Auch haben sie, und dies reicht für die Tatbestandsverwirklichung aus, eine Inbrandsetzung wesentlicher Gebäudeteile billigend in Kauf genommen, also mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Dies gilt insbesondere auch für den Angeklagten Z., der nach seiner Einlassung hinter Zaun und Garage stehend, über die Garage hinweg seinen Molotow-Cocktail in Richtung Asylbewerberwohnheim warf; er hatte keine direkte Sicht auf sein „Ziel“, hat also quasi ins Blinde geworfen und damit auch in Kauf genommen, dass der Molotow-Cocktail auf dem Balkon landet und dann, wie vom Sachverständigen Dr. Zwicknagl dargelegt, ein Übergreifen der Flammen auf wesentliche Gebäudeteile unmittelbar bevorgestanden hätte, da auf dem Balkon reichlich brennbare Materialien vorhanden gewesen waren.
-
-Nach Überzeugung der Kammer kommt es auf die im Zusammenhang mit der versuchten Verwirklichung des Tatbestandes des § 306 a StGB in Literatur und Rechtsprechung diskutierte teleologische Reduktion nicht an, da zum Tatzeitpunkt am 17.03.2018 tatsächlich in dem Gebäude auch 25 Personen waren, mithin die von § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB unter Strafe gestellte abstrakte Lebensgefährlichkeit gegeben war.
-
-Ein Rücktritt im Sinne des § 24 Abs. 1 und Abs. 2 StGB scheidet aus:
-Beide Angeklagten sind nach ihrem jeweiligen Wurf der Brandsätze sofort geflüchtet, ohne sich noch einmal umzudrehen. Nach ihrer Vorstellung von der Tat war alles zur Vollendung Erforderliche getan.
III. Tat vom 02.04.2018, Ziffer C. I. 3.)
IV. Tat vom 11.04.2018, Ziffer C. I. 4.) - nur den Angeklagten B. betreffend -
F. Strafzumessung:
1.) Strafzumessung bzgl. des Angeklagten B.
a) Anwendung von Jugendstrafrecht
b) Verhängung von Jugendstrafe
(1)
(2)
c) Strafrahmen
d) Strafzumessung im engeren Sinne/Bemesseung der Dauer der Jugendstrafe:
- im Sinne der festgestellten Sachverhalte abgegebenes, von Reue und Einsicht geprägtes Geständnis
- persönliche Entschuldigungsschreiben vom 25.09.2019 an Fr. P. (Vorsitzende des Asylhelferkreises) und Hrn. O. (Bürgermeister) sowie vom 24.10.2018 (Hrn. K., Bewohner der Asylbewerberunterkunft), Bemühen um die Herbeiführung einer Schlichtungsvereinbarung und persönliche Entschuldigung gegenüber der Zeugin J1 in der Hauptverhandlung bei gleichzeitigem Angebot einer Schadenswiedergutmachung durch Arbeitsleistungen
-
-nochmalige Bekundung des Bedauerns und der Reue im letzten Wort
-
-alkoholbedingte Enthemmung zur Tatzeit - wenn auch die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit bei den Taten weder erheblich vermindert (§ 21 StGB) noch gänzlich aufgehoben (§ 20 StGB) war -, die die Tat ebenso wie die sich entwickelnde Dynamik („Aufschaukeln“) im gemeinsamen Handeln mit dem Mitangeklagten Z. begünstigt hat
-
-Tat vom 17.03.2018 ist im Versuchsstadium stecken geblieben
-
-der Angeklagte B. ist nicht vorgeahndet
-
-Zugunsten des Angeklagten B. konnte die Kammer nicht von dem Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne des § 306 a Abs. 3 StGB ausgehen und zwar aus folgenden Erwägungen:
Etwas anderes ergibt sich nach Überzeugung der Kammer auch nicht nach Prüfung, ob gesetzlich vertypte Milderungsgründe vorliegen und bei der Frage, ob unter Berücksichtigung solcher Gründe der Ausnahmestrafrahmen heranzuziehen wäre:
Zugunsten des Angeklagten B. konnte die Kammer entgegen der Ansicht der Verteidigung auch nicht berücksichtigen, dass er sich bereits seit fast 8 Monaten in Untersuchungshaft befindet.
-
-Weitere Strafmilderungsaspekte konnte die Kammer nicht berücksichtigen, insbesondere lagen, wie bereits ausgeführt, außer §§ 22, 23 Abs. 1 StGB - der wie Seite 36 ausgeführt allgemein Berücksichtigung gefunden hat - keine weiteren gesetzlich vertypten Milderungsgründe vor.
-Zulasten des Angeklagten B. fiel demgegenüber Folgendes ins Gewicht:
-
-Verwirklichung mehrerer tateinheitlicher Straftatbestände bzgl. der Taten vom 02.02.2018 und 17.03.2018
-
-Motivation der Taten aus rassistischer, fremdenfeindlicher und menschenverachtender Gesinnung, ohne dass die abstrakt gefährdeten Opfer auch nur einen irgendwie gearteten Anlass gegeben hätten
-
-hohe Gefährlichkeit der Tat vom 17.03.2018, da die gebauten Molotow-Cocktails, was Bauart und Qualität anbelangt, „außergewöhnlich“ waren: Die gängige Bauweise eines Molotow-Cocktails ist, in das Benzin-Diesel-Gemisch ein Tuch zu hängen, was sich mit dem Brandstoff vollsaugt und dann gezündet wird. Durch die Anbringung einer Seenothandfackel, welche auch bei einem Wurf, über und unter Wasser, widrigen Wetterbedingungen wie Wind und Regen, ihrem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend, ist sie einmal gezündet, auch brennt, beinhaltet eine erhöhte Gefährlichkeit; auch ist zu sehen, dass die Tat zur Nachtzeit begangen wurde und in dem Asylbewerberheim viele Menschen, tatsächlich 25, aufhältig waren
-
-die Zeugin E1 J1, unter deren Balkon einer der Molotow-Cocktails aufschlug und Feuer fing, wodurch sie, als sie den Feuerschein wahrnahm, erhebliche Angst bekam, auch um ihren kleinen Sohn und das Kind, mit dem sie damals schwanger war, hat längerfristig Angst gehabt, gleiches schildert sie auch von anderen Bewohnern
-
-bezüglich der Tat vom 02.04.2018 zu sehen ist, dass durch die erneute Explosion des Sprengsatzes unmittelbar vor dem Asylbewerberwohnheim Schrecken und Angst der Bewohner erneuert und verschärft wurden
Einheitsjugendstrafe von 3 Jahren 9 Monaten
tat- und schuldangemessen, aber auch erforderlich und verhältnismäßig ist, um auf den Angeklagten B. erzieherisch einzuwirken und einen gerechten Schuldausgleich zu bewirken (§ 18 Abs. 2 JGG).
2.) Angeklagter Z.
a) Strafrahmen
Tat vom 02.02.2018:
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen:
§ 86 a Abs. 1 StGB Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe
Tat vom 17.03.2018:
Versuch der schweren Brandstiftung: § 306 a Abs. 1 StGB:
Freiheitsstrafe von 1-15 Jahren
Tat vom 02.04.2018:
Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen ohne Erlaubnis: §§ 40 Abs. 1 Nr. 3, 27 SprengG
Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe
b) Prüfung möglicher Strafrahmenverschiebungen:
(1)
- Etwas anderes ergibt sich nach Überzeugung der Kammer auch nicht nach Prüfung, ob gesetzlich vertypte Milderungsgründe vorliegen und bei der Frage, ob unter Berücksichtigung solcher Gründe der Ausnahmestrafrahmen heranzuziehen wäre:
(2)
(3)
c) Strafzumessung im engeren Sinne, § 46 StGB:
-
-im Sinne der festgestellten Sachverhalte abgegebenes, von ehrlicher Reue und Einsicht geprägtes Geständnis
-
-persönliche Entschuldigungsschreiben an Fr. P. (Vorsitzende des Asylhelferkreises) vom 22.08.2018 sowie persönliche Entschuldigung gegenüber der Zeugin J1 im Rahmen der Hauptverhandlung
-
-nochmalige Bekundung des Bedauerns und der Reue im letzten Wort
-
-alkoholbedingte Enthemmung zur Tatzeit - wenn auch die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit bei den Taten weder erheblich vermindert (§ 21 StGB) noch gar gänzlich aufgehoben (§ 20 StGB) war -, die die Tat ebenso wie die sich entwickelnde Dynamik („Aufschaukeln“) im gemeinsamen Handeln mit dem Mitangeklagten Z. begünstigt hat
-
-zugunsten konnte die Kammer demgegenüber - ebenso wenig wie bei B. - berücksichtigen, dass der Angeklagte Z. sich bereits seit fast 8 Monaten in Untersuchungshaft befindet, da keine Aspekte vorliegen, die die Annahme rechtfertigen könnten, dass ihn die Untersuchungshaft über das gewöhnlich mit ihr einhergehende Maß besonders belastet
-
-Verwirklichung mehrerer tateinheitlicher Straftatbestände bzgl. der Taten vom 02.02.2018 und 17.03.2018
-
-Motivation der Taten aus rassistischer, fremdenfeindlicher und menschenverachtender Gesinnung, ohne dass die abstrakt gefährdeten Opfer auch nur einen irgendwie gearteten Anlass gegeben hätten
-
-hohe Gefährlichkeit der Tat vom 17.03.2018, da die gebauten Molotow-Cocktails, was Bauart und Qualität anbelangt, „außergewöhnlich“ waren: Die gängige Bauweise eines Molotow-Cocktails ist, in das Benzin-Diesel-Gemisch ein Tuch zu hängen, was sich mit dem Brandstoff vollsaugt und dann gezündet wird. Durch die Anbringung einer Seenothandfackel, welche auch bei einem Wurf, über und unter Wasser, widrigen Wetterbedingungen wie Wind und Regen, ihrem bestimmungsgemäßen Zweck entsprechend, ist sie einmal gezündet, auch brennt, beinhaltet eine erhöhte Gefährlichkeit; auch ist zu sehen, dass die Tat zur Nachtzeit begangen wurde und in dem Asylbewerberheim viele Menschen, tatsächlich 25, aufhältig waren
-
-die Zeugin E1 J1, unter deren Balkon einer der Molotow-Cocktails aufschlug und Feuer fing, wodurch sie, als sie den Feuerschein wahrnahm, erhebliche Angst bekam, auch um ihren kleinen Sohn und das Kind, mit dem sie damals schwanger war, hat längerfristig Angst gehabt, gleiches schildert sie auch von anderen Bewohnern
-
-bezüglich der Tat vom 02.04.2018 zu sehen ist, dass durch die erneute Explosion des Sprengsatzes unmittelbar vor dem Asylbewerberwohnheim Schrecken und Angst der Bewohner erneuert und verschärft wurden
-
-abweichend vom Angeklagten B. konnte beim Angeklagten Z. auch der Gesichtspunkt der Verteidigung der Rechtsordnung strafschärfend Berücksichtigung finden:
- in gewissem Umfang hat die Kammer - aber untergeordnet - auch berücksichtigt, dass der Angeklagte Z. bisher einmal strafrechtlich in Erscheinung getreten ist
-> Tat vom 02.02.2018 (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Mittäterschaft)
= Freiheitsstrafe von 6 Monaten
-> Tat vom 17.03.2018 (versuchte schwere Brandstiftung in Tateinheit mit Herstellen und Führen eines verbotenen Gegenstandes in Mittäterschaft)
= Freiheitsstrafe von 3 Jahren
-> Tat vom 02.04.2018 (gemeinschaftlicher Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen ohne Erlaubnis)
= Freiheitsstrafe von 1 Jahr
Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren 9 Monaten
für tat- und schuldangemessen, erforderlich, aber auch ausreichend, also verhältnismäßig.
G. Ablehnung des Antrages auf Einziehung
H. Kostenentscheidung:
Urteilsbesprechung zu Landgericht Traunstein Urteil, 30. Nov. 2018 - KLs 450 Js 12135/18 jug
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Landgericht Traunstein Urteil, 30. Nov. 2018 - KLs 450 Js 12135/18 jug zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
Knüpft das Gesetz an eine besondere Folge der Tat eine schwerere Strafe, so trifft sie den Täter oder den Teilnehmer nur, wenn ihm hinsichtlich dieser Folge wenigstens Fahrlässigkeit zur Last fällt.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - 2.
ohne Erlaubnis nach - a)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine Schusswaffe oder Munition erwirbt, um sie entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 einem Nichtberechtigten zu überlassen, - b)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 erwirbt, besitzt oder führt, - c)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21a eine Schusswaffe oder Munition herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - d)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 Satz 1 oder § 32 Absatz 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt,
- 3.
entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 eine Schusswaffe, Munition oder eine Hieb- oder Stoßwaffe im Reisegewerbe oder auf einer dort genannten Veranstaltung vertreibt oder anderen überlässt oder - 4.
entgegen § 40 Abs. 1 zur Herstellung eines dort genannten Gegenstandes anleitet oder auffordert.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.2 bis 1.2.4.2, 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5 bis 1.3.8, 1.4.1 Satz 1, Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - 2.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 - a)
eine Schusswaffe erwirbt, besitzt, führt oder - b)
Munition erwirbt oder besitzt,
- 3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instand setzt, - 4.
ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit - a)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat verbringt oder - b)
§ 32 Absatz 1a Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnimmt,
- 5.
entgegen § 28 Abs. 2 Satz 1 eine Schusswaffe führt, - 6.
entgegen § 28 Abs. 3 Satz 2 eine Schusswaffe oder Munition überlässt, - 7.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt, - 7a.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird, - 8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 9.
entgegen § 42 Abs. 1 eine Waffe führt oder - 10
entgegen § 57 Abs. 5 Satz 1 den Besitz über eine Schusswaffe oder Munition ausübt.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 Buchstabe b, c oder d oder Nr. 3 oder des Absatzes 3 Nummer 1 bis 7, 8, 9 oder 10 fahrlässig, so ist die Strafe bei den bezeichneten Taten nach Absatz 1 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei Taten nach Absatz 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes handelt.
(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
(1) Wer ohne die erforderliche Erlaubnis
- 1.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 mit explosionsgefährlichen Stoffen umgeht, - 2.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 den Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen betreibt oder - 3.
entgegen § 27 Abs. 1 explosionsgefährliche Stoffe erwirbt oder mit diesen Stoffen umgeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 explosionsgefährliche Stoffe einführt, durchführt oder verbringt oder durch einen anderen einführen, durchführen oder verbringen lässt, ohne seine Berechtigung zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen oder zu deren Erwerb nachgewiesen zu haben, - 2.
ein Lager ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder nach einer wesentlichen Änderung ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 betreibt, - 3.
explosionsgefährliche Stoffe - a)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 2 an Personen vertreibt oder Personen überlässt, die mit diesen Stoffen nicht umgehen oder den Verkehr mit diesen Stoffen nicht betreiben dürfen, - b)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 3 innerhalb einer Betriebsstätte einer Person, die nicht unter Aufsicht oder nach Weisung einer verantwortlichen Person handelt oder noch nicht 16 Jahre alt ist, oder einer Person unter 18 Jahren ohne Vorliegen der dort bezeichneten Voraussetzungen überlässt, - c)
entgegen § 22 Abs. 2 einer anderen als dort bezeichneten Person oder Stelle überlässt, - d)
entgegen § 22 Abs. 3 einer Person unter 18 Jahren überlässt oder - e)
entgegen § 22 Abs. 4 Satz 1 vertreibt oder anderen überlässt.
(3) Wer wissentlich durch eine der in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Handlungen Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 Nummer 3 oder Absatz 2 Nummer 3 strafbar, wenn eine dort bezeichnete Handlung in Bezug auf einen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 konformitätsbewerteten oder nach § 47 Absatz 2 oder Absatz 4 zugelassenen pyrotechnischen Gegenstand begangen wird. Satz 1 gilt nicht für einen pyrotechnischen Gegenstand nach § 3a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d.
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - 2.
ohne Erlaubnis nach - a)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine Schusswaffe oder Munition erwirbt, um sie entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 einem Nichtberechtigten zu überlassen, - b)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 erwirbt, besitzt oder führt, - c)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21a eine Schusswaffe oder Munition herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - d)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 Satz 1 oder § 32 Absatz 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt,
- 3.
entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 eine Schusswaffe, Munition oder eine Hieb- oder Stoßwaffe im Reisegewerbe oder auf einer dort genannten Veranstaltung vertreibt oder anderen überlässt oder - 4.
entgegen § 40 Abs. 1 zur Herstellung eines dort genannten Gegenstandes anleitet oder auffordert.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.2 bis 1.2.4.2, 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5 bis 1.3.8, 1.4.1 Satz 1, Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - 2.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 - a)
eine Schusswaffe erwirbt, besitzt, führt oder - b)
Munition erwirbt oder besitzt,
- 3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instand setzt, - 4.
ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit - a)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat verbringt oder - b)
§ 32 Absatz 1a Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnimmt,
- 5.
entgegen § 28 Abs. 2 Satz 1 eine Schusswaffe führt, - 6.
entgegen § 28 Abs. 3 Satz 2 eine Schusswaffe oder Munition überlässt, - 7.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt, - 7a.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird, - 8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 9.
entgegen § 42 Abs. 1 eine Waffe führt oder - 10
entgegen § 57 Abs. 5 Satz 1 den Besitz über eine Schusswaffe oder Munition ausübt.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 Buchstabe b, c oder d oder Nr. 3 oder des Absatzes 3 Nummer 1 bis 7, 8, 9 oder 10 fahrlässig, so ist die Strafe bei den bezeichneten Taten nach Absatz 1 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei Taten nach Absatz 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes handelt.
(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.
(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.
(3) Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
- 1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder - 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen sowie wegen Körperverletzung zur Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Revision, mit der er ohne weitere Ausführungen die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
- 2
- Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist aufgrund der fehlenden Angaben der den Mangel enthaltenden Tatsachen unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
- 3
- Die in allgemeiner Form erhobene Sachrüge deckt zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Strafausspruch hält hingegen revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand:
- 4
- Das Landgericht hat bei dem zu den Tatzeiten zwanzig Jahre und vier Monate bzw. zwanzig Jahre und acht Monate alten Angeklagten aufgrund seines Werdegangs Reifeverzögerungen angenommen und deshalb auf ihn gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendrecht angewandt. Zur Begründung der Verhängung von Jugendstrafe hat es lediglich ausgeführt, dass bereits in den zurückliegenden Verurteilungen aus den Jahren 2010 und 2011 der jeweilige Tatrichter von dem Vorliegen schädlicher Neigungen ausgegangen sei und die nunmehr abzuurteilenden Taten dies erneut belegen würden.
- 5
- Diese knappen Wendungen reichen zur Begründung schädlicher Neigungen nicht aus. Um solche handelt es sich bei erheblichen Anlage- oder Erziehungsmängeln , die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie müssen schon vor der Tat angelegt gewesen sein und noch zum Urteilszeitpunkt bestehen; es müssen deshalb weitere Straftaten des Angeklagten zu befürchten sein (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 3 StR 238/12, NStZ 2013, 287 mwN). Hier fehlen insbesondere sämtliche Angaben dazu, dass auch im Zeitpunkt der Urteilsfindung bei dem Angeklagten noch schädliche Neigungen bestanden. Ausführungen dazu waren auch nicht entbehrlich, weil zwischen den Taten und dem Urteil zwölf bzw. acht Monate lagen und der mittlerweile 21-jährige Angeklagte in der Untersuchungshaft an einer (weiteren) berufsvorbereitenden Maßnahme mit Besuch der Berufsschule teilgenommen hat.
- 6
- Auch im Übrigen genügt die Strafzumessung nicht den Anforderungen, die § 18 Abs. 2 JGG an sie stellt. Nach dieser Vorschrift ist die Höhe der Ju- gendstrafe in erster Linie an erzieherischen Gesichtspunkten auszurichten. Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 28. Februar 2012 - 3 StR 15/12, NStZ-RR 2012, 186 mwN). Das Landgericht hat demgegenüber vorrangig auf die Vorbelastungen des Angeklagten abgestellt und für zwei der drei Taten jeweils einen entlastenden Gesichtspunkt genannt. Daneben hat es weitere dem Erwachsenenstrafrecht entlehnte Strafzumessungsgesichtspunkte wie die Rückfallgeschwindigkeit , die Begehung der Tat unter Führungsaufsicht sowie den Schuldausgleich und den Sühnegedanken berücksichtigt. Der Erziehungsgedanke findet Erwähnung nur insoweit, als die Strafkammer "von einem Gesamterziehungsbedarf" ausgeht, "der die Verhängung einer zur Bewährung aussetzbaren Strafe ausschließt." Eine derartige lediglich formelhafte Erwähnung des Erziehungsgedankens reicht indes grundsätzlich nicht aus (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 3 StR 238/12, NStZ 2013, 287 mwN).
BUNDESGERICHTSHOF
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 6. Februar 2018 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten, die sich auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts stützt, hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- I. Der Ausspruch über die Verhängung einer Jugendstrafe hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat zwar rechtsfehlerfrei gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht auf den zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alten Angeklagten angewendet. Die Begründung, mit der es die Voraussetzungen schädlicher Neigungen im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG bejaht hat, begegnet indes durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
- 3
- 1. Schädliche Neigungen als Voraussetzung für die Verhängung von Jugendstrafe liegen dann vor, wenn bei dem Täter erhebliche Anlage- und Erziehungsmängel zu beobachten sind, die ohne eine längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer Straftaten begründen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Januar 2015 - 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154 f.). Sie können in der Regel nur bejaht werden, wenn erhebliche Persönlichkeitsmängel schon vor der Tat - wenn auch gegebenenfalls verdeckt - angelegt waren und im Zeitpunkt des Urteils noch gegeben sind und deshalb weitere Straftaten befürchten lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 17. Juli 2012 - 3 StR 238/12, NStZ 2013, 287 mwN).
- 4
- 2. Dies wird von den Feststellungen nicht belegt. Die Strafkammer hat das Vorliegen schädlicher Neigungen hier allein damit begründet, dass der Angeklagte "bei dem Betrieb einer professionell und arbeitsteilig organisierten Cannabisplantage ohne zu zögern mitgewirkt" hat und "sich von den Hintermännern bereitwillig in ein kriminelles Milieu hat herabziehen lassen".
- 5
- Diese pauschalen Erwägungen lassen nicht erkennen, ob bei dem Angeklagten nach Auffassung des Landgerichts bereits vor der Tat Persönlichkeitsmängel bestanden haben, die die Annahme schädlicher Neigungen rechtfertigen könnten. Dagegen spricht der Umstand seiner Unbestraftheit. Entgegenstehende Anhaltspunkte lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen; vielmehr führt nach der Argumentation der Strafkammer letztlich allein die Begehung der verfahrensgegenständlichen Tat im Ergebnis zur Annahme schädlicher Neigungen. Dies genügt den aufgezeigten Maßgaben der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2016 - 3 StR 473/15, NStZ 2016, 681, 682).
- 6
- II. Der Ausspruch über die Rechtsfolgen bedarf deshalb neuer Prüfung und Entscheidung. Sollte gegen den Angeklagten erneut Jugendstrafe verhängt werden, weist der Senat auf Folgendes hin:
- 7
- Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer die Aussetzung der Vollstreckung der Jugendstrafe zur Bewährung versagt hat, weil eine positive Prognose im Sinne des § 21 Abs. 1 Satz 1 JGG nicht gestellt werden könne, begegnet teilweise rechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat zwar berücksichtigt , dass die Untersuchungshaft, die zum Zeitpunkt des Urteils bereits nahezu ein Jahr vollstreckt worden war, den Angeklagten ersichtlich beeindruckt hat. Sie hat in die gebotene Gesamtbetrachtung aber das Fehlen strafrechtlicher Vorbelastungen nicht einbezogen. Dagegen stellt sie weitgehend auf die ungünstigen Lebensverhältnisse des Angeklagten ab, die ebenso wie seine familiären Verhältnisse "undurchsichtig" seien. Diese Umstände sind - wie auch die Erwägung, dass der Angeklagte nach einer Entlassung möglicherweise nach Vietnam zurückkehren werde und damit die Überwachung möglicher Bewährungsauflagen unmöglich würde - nicht geeignet, für sich eine negative Prognose zu begründen. Inhalt der Prognoseentscheidung ist - auch im Sinne des § 21 JGG (vgl. MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl., § 21 JGG Rn. 17) - die Erwartung , dass der Verurteilte künftig keine Straftaten mehr begehen wird (LK/Hubrach, StGB, 12. Aufl., § 56 Rn. 13; MüKoStGB/Groß, 3. Aufl., § 56 Rn. 16). Elemente der Lebensführung, die in keinem erkennbaren Zusammen- hang zur Tat stehen - wie etwa die familiäre Einbindung und das Verbleiben in Deutschland - können zwar die Grundlage für eine positive Legalprognose bilden. Ihr Fehlen ist indes für die Begründung einer negativen Prognose regelmäßig nicht ausreichend (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2007 - 5 StR 542/06, NStZ-RR 2007, 138).
BUNDESGERICHTSHOF
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten F. wegen Versuchs der Beteiligung an einem Raub zu einer Jugendstrafe von neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- Der Ausspruch über die Jugendstrafe hat keinen Bestand. Die Erwägungen , mit denen das Landgericht in vergleichender Beurteilung der Taten nach Erwachsenenstrafrecht das Vorliegen eines minder schweren Falles (§ 249 Abs. 2 StGB) verneint hat, halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 3
- Zutreffend ist die Jugendkammer davon ausgegangen, dass sowohl bei der Beurteilung der Schuldschwere im Sinne des § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG wie bei der Zumessung der konkreten Jugendstrafe der äußere Unrechtsgehalt der Tat insofern von Belang ist, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Schwere der Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1960 - 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 226). Dabei ist zur Bestimmung der zurechenbaren Schuld des jugendlichen oder heranwachsenden Täters das Tatunrecht am Maßstab der gesetzlichen Strafandrohungen des Erwachsenenstrafrechts heranzuziehen; denn die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts behalten insoweit ihre Bedeutung, als in ihnen die Bewertung des Tatunrechts zum Ausdruck kommt. Dies gilt namentlich dort, wo sich die Tat, nach Erwachsenenstrafrecht beurteilt, als minder schwerer Fall darstellen würde (BGH, Beschlüsse vom 4. November 1987 - 3 StR 482/87, BGHR JGG § 18 Abs. 1 Satz 3 minder schwerer Fall 3; vom 21. August 2012 - 4 StR 157/12, NStZ-RR 2013, 50,
; vom 5. Juni 2013 - 2 StR 189/13, NStZ-RR 2013, 291; vom 8. Januar 2014 - 3 StR 318/13, NStZ 2014, 409; Urteil vom 9. August 2000 - 3 StR 176/00, NStZ-RR 2001, 215, 216).
- 4
- Im Rahmen der hierfür vorzunehmenden Gesamtwürdigung hat das Landgericht indes den vertypten Milderungsgrund nach § 30 Abs. 1 und 2, § 49 Abs. 1 StGB nicht berücksichtigt.
- 5
- Sieht das Gesetz den Sonderstrafrahmen eines minder schweren Falles vor und ist auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, so muss bei der Strafrahmenwahl zunächst geprüft werden, ob der mildere Sonderstrafrahmen zur Anwendung kommt. Dabei ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung vorab auf die allgemeinen Strafzumessungsgründe abzustellen. Vermögen bereits diese die Annahme eines minder schweren Falles allein zu tragen, stehen die den gesetzlich vertypten Milderungsgrund verwirklichenden Umstände noch für eine (weitere) Strafrahmenmilderung nach § 49 StGB zur Verfügung. Ist jedoch nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, so sind zusätzlich die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die gebotene Gesamtabwägung einzubeziehen. Erst wenn der Tatrichter danach weiterhin die Anwendung des milderen Sonderstrafrahmens nicht für gerechtfertigt hält, darf er den (allein) wegen des vorliegenden gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrundes herabgesetzten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 27. April 2010 - 3 StR 106/10, NStZRR 2010, 336
; vom 5. August 2014 - 3 StR 138/14, juris Rn. 6).
- 6
- Dem wird das angegriffene Urteil nicht gerecht. Die Jugendkammer hat nach einer Gesamtwürdigung der allgemeinen Strafzumessungsgründe das Vorliegen eines minder schweren Falles des Raubes verneint und lediglich eine für den Fall der Anwendung von Erwachsenenstrafrecht hypothetische Milderung des Strafrahmens nach § 30 Abs. 1 und 2, § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen. Damit hat es die Prüfung versäumt, ob bei Anwendung von Erwachsenenstrafrecht nicht wegen Vorliegens des vertypten Milderungsgrundes ein minder schwerer Fall nach § 249 Abs. 2 StGB vorläge.
- 7
- Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Gericht dann, wenn es in Anlehnung an das Erwachsenenstrafrecht einen minder schwerer Fall angenommen hätte, nicht auf die Schwere der Schuld erkannt oder jedenfalls eine niedrigere Jugendstrafe verhängt hätte.
Gericke Spaniol
BUNDESGERICHTSHOF
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Nötigung (§ 240 Abs. 4 Nr. 1 StGB) zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Wegen „überlanger Verfahrensdauer“ hat es festgestellt,dass drei Monate der Jugendstrafe als vollstreckt gelten. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
- 2
- 1. Während der Schuldspruch keinen durchgreifenden Bedenken begegnet , hält der Rechtsfolgenausspruch rechtlicher Prüfung nicht stand.
- 3
- a) Nach den Urteilsfeststellungen forderte der Angeklagte Ende Juni 2006 von der damals 21-jährigen Geschädigten, die unter einem Vorwand in eine ihr fremde Wohnung gelockt worden war, die Ausübung des Oralverkehrs an ihm oder einem seiner Bekannten, sonst werde sie nicht aus der Wohnung gelassen. Um die Wohnung verlassen zu können, führte die Geschädigte den Oralverkehr gegen ihren Willen an dem Angeklagten aus.
- 4
- b) Die Jugendkammer hat bei dem zur Tatzeit 18 Jahre und 11 Monate alten Angeklagten nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG Jugendstrafrecht angewendet und gegen ihn eine Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld (§ 17 Abs. 2 JGG) verhängt, „die trotz des zeitlichen Abstands zur Tat erzieherisch noch erforderlich sei“. Schädliche Neigungen, „die aus erzieherischen Gründen zum gegen- wärtigen Zeitpunkt noch die Verhängung einer Jugendstrafe erforderlich ma- chen würden“, hätten jedoch mit Blick darauf, dass die Tat bei „dem – nicht ein- schlägig – vorbestraften Angeklagten bereits fünf Jahre zurückliegt“, nicht vorgelegen.
- 5
- 2. Die Begründung, mit der das Landgericht die Verhängung einer Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld als erzieherisch erforderlich angesehen hat, trägt nicht.
- 6
- a) Die Jugendkammer geht zwar zutreffend davon aus, dass bei der Beurteilung der Schuldschwere im Sinne des § 17 Abs. 2 JGG allein dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat keine selbständige Bedeutung zukommt, sondern in erster Linie auf die innere Tatseite des Täters abzustellen ist; maßgeblich ist, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen hat.
- 7
- b) Das Landgericht sieht jedoch die die Tat kennzeichnenden Persönlichkeitsdefizite des Angeklagten darin, dass seine innere Haltung und Motiva- tionslage von einer „tief Frauen verachtenden Einstellung“ zeugten. Er habe die Geschädigte als „ein der Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse … dienendes Objekt behandelt“. Zudem zeige seine Beteiligung bei einer etwa ein Jahr später erfolgten Sexualhandlung zum Nachteil eines anderen Tatopfers, dass der Angeklagte auch zu diesem Zeitpunkt (Anfang Juli 2007) noch ein ähnliches Frauenbild hatte. Es sei „nicht erkennbar, dass der Angeklagte inzwischen ein anderes Frauenbild gewonnen“ habe.
- 8
- c) Mit dieser Begründung hat die Jugendkammer bei dem zum Aburteilungszeitpunkt 24 Jahre alten Angeklagten nicht hinreichend belegt, dass aus erzieherischen Gründen die Verhängung einer Jugendstrafe noch erforderlich ist. Die Tat ist trotz des erhöhten Strafrahmens nach dem äußeren Unrechtsgehalt als Vergehen nicht mit gegen die sexuelle Selbstbestimmung und gegen die persönliche Freiheit gerichteten Verbrechen auf einer Stufe. Bedenken begegnet auch die Bewertung, dass seit der Tatbegehung eine Änderung der inneren Einstellung des Angeklagten im Umgang mit Frauen nicht erkennbar sei. Dies belegende Verhaltensmuster hat das Landgericht nicht festgestellt. Hinsichtlich des etwa ein Jahr nach der Tat stattgefundenen Vorfalls zum Nachteil einer anderen Geschädigten hat das Landgericht den Angeklagten und andere Tatbeteiligte – nach Verfahrensabtrennung vom hiesigen Verfahren – freigesprochen , „weil nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit bezüglich jedes Angeklagten festgestellt werden konnte, dass ihm bei den Tat- handlungen bewusst war, dass die Geschädigte mit dem – tatsächlich aufgezwungenen – Sexualverkehr nicht einverstanden war“ (UA S. 12). Inwieweit sich der Angeklagte, der „später hinzu kam und mitwirkte“, an dem Geschehen beteiligt hat, wird nicht näher dargelegt, so dass zu seiner beschriebenen inneren Haltung nichts Ausreichendes gefolgert werden kann. Des Weiteren besorgt der Senat, dass die Jugendkammer die tilgungsreifen und daher unverwertbaren Eintragungen des Angeklagten im Erziehungsregister (§ 63 Abs. 1, Abs. 4, § 51 Abs. 1 BZRG) auch bei der Bewertung der Schuldschwere in ihre Überlegungen eingestellt hat.
- 9
- 3. Der Senat hebt den Rechtsfolgenausspruch auf. Er entscheidet angesichts des beträchtlichen zeitlichen Abstandes zur Tat und der eingetretenen massiven Verfahrensverzögerungen, die nunmehr allein schon der Verhängung einer Jugendstrafe entgegenstehen würden, zur unbedingten Herbeiführung eines Verfahrensabschlusses in der Sache selbst. Wegen des Gewichts der Straftat ist die Verhängung eines Jugendarrestes von vier Wochen Dauer (§ 16 Abs. 1, Abs. 4 JGG) angemessen, der jedoch mit Blick auf die bereits vom Landgericht festgestellte „überlange Verfahrensdauer“ und zudem wegen einer weiteren mehr als eineinvierteljährigen – von der Revision ausdrücklich beanstandeten – rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung (Art. 6 Abs. 1 EMRK) nach Eingang der Revisionsbegründung beim Landgericht bis zum Eingang der Verfahrensakte beim Generalbundesanwalt als vollstreckt gilt.
Berger Bellay
BUNDESGERICHTSHOF
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Januar 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger und die Richterinnen am Bundesgerichtshof Cirener, Dr. Fischer, Dr. Hohoff,
Staatsanwalt als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Justizobersekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
2. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung weiterer Verurteilungen einen Dauerarrest von vier Wochen verhängt und ihm verschiedene Weisungen erteilt.
- 2
- Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision die Verletzung materiellen Rechts. Sie erstrebt die Verurteilung zu einer Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld.
- 3
- Ihr Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
- 4
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts verließ der zur Tatzeit 19 Jahre und acht Monate alte Angeklagte mit drei Begleitern am 5. Juli 2016 gegen 19.30 Uhr das Volksfest in V. . Als sie feststellten, dass sie zu wenig Zigaretten hatten, um gemeinsam rauchen zu können, erklärte der leicht angetrunkene und enthemmte Angeklagte, er gehe zum Zigaretten „schnorren“. Er sprach die Passanten B. und W. auf Zigaretten an, wobei er in der rechten Hand eine fast ausgetrunkene Flasche Bier (0,5 l) hielt. Beide wiesen ihn jedoch ab und setzten ihren Weg fort. Der Zeuge B. , der eine WhatsApp-Nachricht erhalten hatte, blieb stehen und begann , sein Smartphone im Wert von 200 € in beiden Händen haltend, die Nachricht zu beantworten.
- 5
- Der Angeklagte beschloss nun spontan und alkoholbedingt enthemmt, das Smartphone an sich zu bringen. Er trat von hinten an B. heran und schlug ihm von schräg hinten die Flasche gegen den Kopf, wobei der Schlag „aus einer Ausholbewegung wie für einen Schlag mit der bloßen Hand“ erfolgte und den Geschädigten an der linken Kopfseite traf. Die Flasche zerbrach. Dann entriss ihm der Angeklagte mit der linken Hand das Smartphone , um es zu behalten und flüchtete. Kurz vor seiner Festnahme durch die Polizei warf er das Mobiltelefon in ein Gebüsch. Der Geschädigte erhielt das Mobiltelefon zurück. Er hatte durch den Schlag mit der Flasche eine 1 cm lange , tiefe Platzwunde an der linken Schädelseite, eine kleine Risswunde am linken Ohrläppchen und ein Schädel-Hirn-Trauma ersten Grades erlitten, das ihm etwa zwei Tage Beschwerden bereitete.
- 7
- Zwar könne das objektive Gewicht der Tat hinsichtlich der Schwere des Unrechts nach allgemeinem Strafrecht, das eine Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren vorsehe, ein Indiz für die Bejahung der „Schuldschwere“ sein. Jedoch führe dies hier in der Gesamtabwägung mit der Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten nicht zur Bejahung der Schwere der Schuld. In der konkreten Ausgestaltung handele es sich um eine durch ungewohnten Alkoholkonsum enthemmte Handlung des Angeklagten. Dieser habe in einer jugendtypischen Kurzschlusshandlung die „negative Antwort“ des Geschädigten auf sein „Schnorren“ nach Zigaretten als Anlass für eine durchaus heftige Reaktion ge- nommen. Gerade hierin zeige sich das jugendtypische fehlende Nachdenken und Reflektieren in einer Kurzschlussreaktion. Die Tat sei von keinerlei Notwendigkeit getrieben gewesen, da der Angeklagte zum Tatzeitpunkt mindestens ein Mobiltelefon mit Vertrag besessen und es auch für die erforderlichen Kontakte zu seinem Weisungsbetreuer zuverlässig genutzt habe.
II.
- 8
- Die Nachprüfung des Urteils auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergeben. Die Jugendkammer hat nicht nur schädliche Neigungen rechtsfehlerfrei verneint, sondern auch die Schwere der Schuld gemäß § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG.
- 9
- 1. Der Schuldgehalt der Tat ist bei der Deliktsbegehung durch jugendliche und heranwachsende Täter jugendspezifisch zu bestimmen (BGH, Urteil vom 20. April 2016 – 2 StR 320/15, BGHSt 61, 188, 191). Die „Schwere der Schuld“ im Sinne des § 17 Abs.2 JGG wird daher nicht vorrangig anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat und ihrer Einordnung nach dem allgemeinen Strafrecht bestimmt, sondern es ist in erster Linie auf die innere Tatseite abzu- stellen (BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 – 2 StR 413/13, NStZ 2014, 407, 408). Der äußere Unrechtsgehalt der Tat und das Tatbild sind jedoch insofern von Belang, als hieraus Schlüsse auf die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit und die Tatmotivation des Jugendlichen oder Heranwachsenden gezogen werden können (BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 155, 156; vom 6. Mai 2013 – 1 StR 178/13, NStZ 2013, 658, 659; vom 14. August 2012 – 5 StR 318/12, NStZ 2013, 289, 290 und vom 19. November 2009 – 3 StR 400/09, NStZ 2010, 281; Urteil vom 11. November 1960 – 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 226). Entscheidend ist, ob und in welchem Umfang sich die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Täters vorwerfbar in der Tat manifestiert haben (BGH, Urteil vom 11. November 1960 – 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 226).
- 10
- 2. Die Jugendkammer hat bei ihrer Bewertung der „Schuldschwere“ im Sinne des § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG diesen Bewertungsmaßstab angelegt. Sie hat insbesondere betont, dass bei der zu treffenden Beurteilung dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat keine selbständige Bedeutung zukommt. Rechtsfehlerhaft wäre es gewesen, die Schwere der Schuld ausschließlich oder wesentlich auf den äußeren Unrechtsgehalt der Tat zu stützen, weil das Entscheidende die innere Tatseite ist, also inwieweit sich charakterliche Haltung, Persönlichkeit und Tatmotivation des Angeklagten in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben.
- 11
- Die Jugendkammer hat die Bewertung des Unrechtsgehalts der Tat auch nicht völlig unterlassen, sondern hat in ihre Gesamtbewertung eingestellt, dass das allgemeine Strafrecht für den schweren Raub eine Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren vorsieht. In diesem Rahmen hat sie erörtert, inwieweit aus der Bewertung des Unrechtsgehalts der Tat ein Schluss auf die Persönlichkeit des Angeklagten und die Höhe seiner Schuld möglich ist. Sie hat hierbei die Aspek- te der Enthemmung durch ungewohnten Alkoholkonsum, die Spontaneität der Tat als Reaktion auf das abschlägig beschiedene „Schnorren“ nach Zigaretten für sich bzw. seine Begleiter in Gestalt einer „jugendtypischen Kurzschlusshandlung“ benannt sowie die fehlende Notwendigkeit für die Wegnahme des Mobiltelefons, da der Angeklagte ein eigenes besaß.
- 12
- Nicht ausdrücklich eingestellt hat die Jugendkammer (im Rahmen der Prüfung des Maßes der ausgeübten Gewalt bei § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB und der tateinheitlich begangenen gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB) die Art des Zuschlagens mit der fast leeren Bierflasche. Da das Landgericht jedoch zuvor den gegen die linke Kopfseite des Geschädigten erfolgten Schlag anschaulich mit „aus einer Ausholbewegung wie für einen Schlag mit der bloßen Hand“ von schräg hinten beschrieben hatte, der keine erheblichen Verletzungen des Opfers verursachte, ist auszuschließen, dass ihr dies aus dem Blick geraten sein könnte.
- 13
- Das Landgericht hat damit rechtsfehlerfrei die Ablehnung der „Schuld- schwere“ mit dem Umfang der Schuld des Angeklagten begründet, insbesonde- re mit der Stärke seines verbrecherischen Willens (Kurzschlusshandlung), mit seinen Beweggründen (Reaktion auf das erfolglose „Schnorren“) und mit den Zwecken, die er mit der Tat verfolgte (keine persönliche Bereicherung, sondern eine Art Abstrafen).
- 14
- Zudem kann der Senat den Urteilsgründen, insbesondere den Ausfüh- rungen der Jugendkammer im Rahmen der Prüfung „schädlicher Neigungen“, mit der gebotenen Sicherheit entnehmen, dass selbst dann, wenn die Schuld des Angeklagten als „schwer“ i.S.d. § 17 Abs. 2 Alt. 2 JGG einzustufen wäre, die Verhängung von Jugendstrafe deshalb nicht in Betracht kommen kann, weil dies aus erzieherischen Gründen nicht erforderlich ist (vgl. BGH, Urteile vom 11. November 1960 – 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 225 f.; vom 29. September 1961 – 4 StR 301/61, BGHSt 16, 261, 263 und vom 9. August 2000 – 3 StR 176/00, NStZ-RR 2001, 215, 216; Beschluss vom 20. Januar 1998 – 4 StR 656/97, NStZ-RR 1998, 317, 318); denn die Jugendkammer konnte bei dem Angeklagten keine „Persönlichkeits- oder Erziehungsmängel“ feststellen. Raum Jäger Cirener Fischer Hohoff
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Juli 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Eschelbach, Zeng, Richterin am Bundesgerichtshof Wimmer,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit Sachbeschädigung schuldig gesprochen und die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe für eine Bewährungszeit von zwei Jahren ausgesetzt. Dagegen richtet sich die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hielt sich der Angeklagte am 17. Januar 2016 mit seinem Onkel Mi. und dem Zeugen K. in dessen Wohnung auf. Sie planten einen Einbruch in die Wohnung des damals 87-jährigen Geschädigten Ka. . Gegen Mitternacht kundschafteten sie zusammen mit L. den Tatort aus. Am Morgen des 18. Januar 2016 fuhr K. die Mittäter Mi. , L. und den Angeklagten zum Tatort. Diese vermummten sich, zogen sich Handschuhe an und brachen den Schließzylinder des Hoftores auf, wonach sie in das Wohngebäude eindrangen.
- 3
- Der Geschädigte, dessen Ehefrau in der Woche zuvor verstorben war, wachte durch Geräusche an der Wohnungstür auf. Während einer der Täter versuchte, die Tür aufzuhebeln, wollte der Geschädigte diese aufschließen, um nachzusehen. Dabei wurde die Tür von außen mit Gewalt aufgestoßen. Der Geschädigte stand dann Mi. und dem Angeklagten gegenüber. L. , der sich im engen Flur hinter diesen befand, stach von seiner Position aus mit einem Schraubendreher mehrmals in Richtung des Kopfes des Geschädigten. Dieser wurde auch von den Mittätern gestoßen, geschlagen und getreten, um ihn zu überwältigen. Der Geschädigte erlitt Streifverletzungen am Kopf, eine Stichverletzung an der linken Hand, zahlreiche Prellungen und eine Schürfwunde am Bein. Mi. fragte ihn: „Wo Drogen?“ Damit konnte der Geschädigte nichts anfangen. Mi. gab den Mittätern zu verstehen, was sie zu tun hatten. Einer bewachte den Geschädigten unter Vorhalt einer mitgeführten Plastikpistole, die der Geschädigte als echte Schusswaffe ansah. Die anderen Mittäter durchsuchten die Wohnung. Sie erbeuteten 1.000 Euro Bargeld und Schmuck im Wert von 50.000 Euro. Anschließend zogen die Täter den Geschädigten in die Küche, wo er gefesselt wurde. Dann rissen sie das Kabel des Telefons aus der Buchse und zerstörten eine Gegensprechanlage , bevor sie vom Tatort flohen.
- 4
- Am darauf folgenden Tag verkaufte der Angeklagte zusammen mit K. einen Teil des Schmucks für 3.900 Euro an einen Juwelier. Von diesem Erlös erhielt er 1.000 Euro.
- 5
- 2. Das Landgericht hat auf den Angeklagten, der zur Tatzeit 20 Jahre alt war, Jugendstrafrecht angewendet. Es hat ausgeführt, eine Schwere der Schuld, welche die Verhängung einer Jugendstrafe gebieten könnte, sei nicht festzustellen. Dem Unrechtsgehalt der Tat komme nur mittelbar Bedeutung zu. Maßgeblich seien jugendspezifische Kriterien. Der Angeklagte habe „einen schweren Raub begangen“, jedoch zeigten die Umstände, dass eine Schwere der Schuld nicht anzunehmen sei. Der Angeklagte habe unter dem bestimmenden Einfluss seines Onkels gestanden und sei nicht in der Lage gewesen, sich diesem Einfluss zu entziehen. Er habe keine kriminelle Erfahrung. Die Untersuchungshaft habe ihn positiv verändert. Er habe in der Hauptverhandlung Reue gezeigt und sich bei dem Geschädigten entschuldigt. Das Vorliegen schädlicher Neigungen sei noch nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen.
II.
- 6
- Das Rechtsmittel ist begründet.
- 7
- Die Entscheidung des Landgerichts, gegen den Angeklagten nicht auf Jugendstrafe zu erkennen und die Entscheidung darüber zurückzustellen, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass bei dem Angeklagten derzeit noch keine schädlichen Neigungen festzustellen sind. Zu beanstanden ist jedoch die Annahme, die Schwere der Schuld des Angeklagten, welche die Verhängung einer Jugendstrafe gebieten würde (§ 17 Abs. 2 Var. 2 JGG), sei nicht festzustellen.
- 8
- 1. Nach der Rechtsprechung und Teilen der Literatur kommt dem Unrecht der Tat bei der Prüfung der Schwere der Schuld im Sinne von § 17 Abs. 2 Var. 2 JGG im Allgemeinen keine selbstständige Bedeutung zu (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1960 – 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 225 f.; Urteil vom 29. September 1961 – 4 StR 301/61, BGHSt 16, 261, 263; Beschluss vom 9. August 2000 – 3 StR 176/00, NStZ-RR 2001, 215, 216; Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 3 StR 353/11, NStZ 2012, 164; Beschluss vom 22. Januar 2014 – 5 StR 555/13, NStZ-RR 2014, 119; Eisenberg, JGG, 10. Aufl. 2018, § 17 Rn. 34 ff.; Sonnen in Diemer/Schatz/Sonnen, JGG, 7. Aufl. 2015, § 17 Rn. 22; a.A. Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl. 2018, § 17 Rn. 27; MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl. 2017, § 17 JGG Rn. 58 ff.). Entscheidend ist, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist jedoch insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Schwere seiner Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 521/14, NStZRR 2015, 155, 156; Urteil vom 9. Januar 2018 – 1 StR 239/17). Der Unrechtsgehalt der Tat, der auch in der gesetzlichen Strafandrohung zum Ausdruck kommt, darf demnach auch bei der Prüfung, ob die Verhängung einer Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld geboten ist, nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 1982 – 2 StR 192/82, NStZ 1982,
332).
- 9
- 2. Danach ist der Erziehungszweck der Jugendstrafe nicht das einzig maßgebliche Kriterium. Hierzu gilt im Einzelnen:
- 10
- Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen in der Regel miteinander in Einklang (vgl. BGH Urteil vom 16. November 1993 – 4 StR 591/93, StV 1994, 598 f.; Urteil vom 23. April 1998 – 4 StR 12/98; Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR142/16, NStZ 2017, 648, 649). Bei einem Gewaltverbrechen kann die Schwere der Schuld aber auch eigenständige Bedeutung haben (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2013 – 1 StR 178/13, NStZ 2013, 658, 659 mit Anm. Eisenberg, NStZ 2013, 636 ff.). Schwere Gewaltdelikte begründen regelmäßig die Schwere der Schuld (vgl. MüKoStGB/Radtke aaO § 17 JGG Rn. 71), wenngleich dies nach der Rechtsprechung nicht ausnahmslos der Fall ist. Der Strafzweck des gerechten Schuldausgleichs darf in solchen Fällen jedenfalls nicht völlig hinter den Erziehungsgedanken zurücktreten; denn auf die Möglichkeit der Bestrafung schwerer Straftaten durch Verhängung einer Jugendstrafe kann auch in Fällen nicht verzichtet werden, in denen ein Jugendlicher oder Heranwachsender nicht erziehungsbedürftig oder erziehungsfähig ist (vgl. BT-Drucks. I/3264 S. 40 f.; BGH aaO). Jedenfalls aber ist die Schwere der Schuld mit zunehmendem Alter des Heranwachsenden modifiziert zu beurteilen (vgl. Eisenberg, JGG aaO § 17 Rn. 29a; s.a. MüKoStGB/Radtke aaO § 17 JGG Rn. 65). Dies gilt erst recht, wenn der Angeklagte, der zur Tatzeit noch Heranwachsender war, im Urteilszeitpunkt bereits Erwachsener ist. In solchen Fällen ist die Zielsetzung der Jugendstrafe anders zu bewerten, als etwa bei einem Jugendlichen, der das die Strafmündigkeit begründende Alter gerade erreicht hat (vgl. Kaspar in Festschrift für Schöch, 2010, S. 209, 213 f., der ausnahmsweise für eine Rechtfertigung der Jugendstrafe durch positive Generalprävention plädiert, aaO S. 222; ähnlich Ostendorf, JGG, 10. Aufl. 2016, § 17 Rn. 5). Welches Gewicht den einzelnen Zumessungserwägungen zukommt, ist abhängig vom Einzelfall (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 1981 – 1 StR 634/81, NStZ 1982, 163; Urteil vom 21. April 1982 – 4 StR 99/83, EzSt JGG § 17 Nr. 1). Der Tatrichter hat dazu eine umfassende Abwägung vorzunehmen.
- 11
- 3. Nach diesen Maßstäben rügt die Revision zu Recht, dass die Abwägung durch das Landgericht lückenhaft ist. Die Jugendkammer hätte sich hier dezidiert mit dem Tatgeschehen und den Tatbeiträgen des angeklagten Heranwachsenden auseinandersetzen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 2000 – 3 StR176/00, NStZ-RR 2001, 215, 216). Sie hat sich jedoch mit einem blo- ßen Hinweis darauf begnügt, dass der Angeklagte „einen schweren Raub be- gangen“ habe. Abgesehen davon, dass dabei die tateinheitlich begangene gefährliche Körperverletzung und die Sachbeschädigung unberücksichtigt bleibt, fehlt es an einer Bewertung des konkreten Verhaltens des Angeklagten vor, während und nach der Tat.
- 12
- Dabei ist insbesondere von Bedeutung, dass der Angeklagte – unbeschadet der dominierenden Rolle seines Onkels – nach seiner Einlas- sung schon im Vorfeld am Erwerb der bei der Tat als Drohmittel verwendeten Spielzeugpistole und der Gartenhandschuhe beteiligt war. Zudem wirkte er auch an der Planung der Tat und an dem Ausspähen des Tatorts mit. Er nahm ferner beim eigentlichen Tatgeschehen selbst gewichtige Ausführungshandlungen vor. Ihm sind auch die Verletzungen des zur Tatzeit 87-jährigen Geschädigten , mit Ausnahme der vom Landgericht als Mittäterexzess bewerteten Stiche mit dem Schraubendreher, sowie die Suche nach der erheblichen Beute und deren Wegnahme, das Fesseln des Geschädigten und der Verkauf eines Teils des Schmucks an einen Juwelier als eigene Tatbeiträge zuzurechnen.
- 13
- All diese Umstände hätte das Landgericht in seine Abwägung einbeziehen müssen. Es hat aber nach der verkürzten Kennzeichnung der Tat als schwerer Raub nur die gegen eine Schwere der Schuld sprechenden Aspekte aufgeführt. Das reicht hier nicht aus.
BUNDESGERICHTSHOF
a) die Angeklagte N. der gefährlichen Körperverletzung und der sexuellen Nötigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, Nötigung und gefährlicher Körperverletzung schuldig ist,
b) die Mitangeklagte J. der gefährlichen Körperverletzung in zwei Fällen, der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, Nötigung und mit gefährlicher Körperverletzung schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision der Angeklagten und die Revision des Angeklagten R. werden verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe:
I.
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagte N. und die nicht revidierende Mitangeklagte J. aufgrund verschiedener Handlungen zum Nachteil der Nebenklägerin u.a. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen verurteilt. Den Schuldsprüchen wegen dieses Delikts in den Fällen III.B.3. und III.B.4. der Urteilsgründe liegt folgendes tatsächliche Geschehen zugrunde:
- 2
- 1. Nachdem beide im Zusammenwirken mit dem Angeklagten R. und einem weiteren nicht revidierenden Mitangeklagten die Nebenklägerin über mehrere Stunden misshandelt und gedemütigt hatten, zwangen diese die Nebenklägerin unter Androhung von Schlägen, sich nackt in eine Badewanne zu stellen. Dort führte ihr die Mitangeklagte J. in Anwesenheit und mit Billigung der Angeklagten N. einen mit Gleitgel versehenen Vibrator in den Anus ein. Auf die dadurch hervorgerufenen Schmerzensschreie der Nebenklägerin reagierten sie mit lautem Gelächter (Fall III.B.3. der Urteilsgründe). Einige Zeit später brachten beide die Nebenklägerin unter Drohung mit Schlägen dazu, bei dem Angeklagten R. für einige Minuten den Oralverkehr auszuführen. Da sich bei diesem jedoch keine Erektion einstellte, wurde der weitere Vollzug abgebrochen (Fall III.B.4. der Urteilsgründe).
- 3
- 2. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 4. April 2013 zutreffend ausgeführt hat, belegen diese Feststellungen den Schuldspruch gegen die Angeklagte N. wegen Vergewaltigung in zwei Fällen nicht. Nach der wesentlich auf den Wortlaut „der Täter“ in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB abstellenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht das genannte, eigenständig zu tenorierende Regelbeispiel nur derjenige Tatbe- teiligte, der in eigener Person eine der in der Vorschrift genannten sexuellen Handlungen verwirklicht (BGH, Beschlüsse vom 15. März 2000 - 2 StR 635/99, NStZ-RR 2000, 326 und vom 21. April 2009 - 4 StR 531/08, NStZ-RR 2009, 278). Tatbeteiligte, bei denen diese eigenhändige Verwirklichung nicht vorliegt, können nicht als Mittäter einer Vergewaltigung verurteilt werden (BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45). Die Angeklagte N. hat in keinem der beiden Fälle ein von den Sexualhandlungen der Vergewaltigung erfasstes Verhalten in eigener Person vollzogen.
- 4
- Da jedoch nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen die Voraussetzungen einer sexuellen Nötigung gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB jeweils erfüllt waren, war der Schuldspruch entsprechend zu berichtigen. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil die vollumfänglich geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
- 5
- Angesichts der nach den festgestellten Gesamtumständen der sich über rund 24 Stunden erstreckenden Misshandlungen, Demütigungen und Erniedrigungen der Nebenklägerin ungewöhnlich niedrigen Strafe schließt der Senat aus, dass das Tatgericht zu einer noch geringeren Jugendstrafe gelangt wäre, wenn es in den Fällen III.B.3. und 4. der Urteilsgründe von sexuellen Nötigungen gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 StGB statt von Vergewaltigungen gemäß § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB ausgegangen wäre.
- 6
- 3. Dass die Angeklagte N. im Fall III.B.3. der Urteilsgründe nicht zusätzlich wegen Nötigung gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StGB verurteilt worden ist, weil sie gemeinsam mit der Mitangeklagten J. die Nebenklägerin durch Drohung mit Misshandlungen dazu gezwungen hat, sich zeitlich vor der analen Penetration durch die Mitangeklagte J. den Vibrator selbst vaginal einzuführen, hat sich nicht zu Lasten der Angeklagten ausgewirkt.
- 7
- 4. Die Angriffe der Revision der Angeklagten N. gegen die Verhängung einer Jugendstrafe und deren Bemessung dringen nicht durch.
- 8
- a) Der Senat teilt insbesondere nicht die Auffassung der Revision, der Anordnungsgrund der „Schwere der Schuld“ in § 17Abs. 2 JGG könne grund- sätzlich lediglich bei „Kapitalstrafsachen“ in Betracht kommen. Dies entspricht nicht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die auch außerhalb dessen bei besonders schweren Straftaten, zu denen gravierende Sexualdelikte gehören können (BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2009 - 3 StR 404/09, NStZ-RR 2010, 56 f. und vom 28. September 2010 - 5 StR 330/10, StV 2011, 588 f.), die Verhängung einer allein auf die Schwere der Schuld gegründeten Jugendstrafe zugelassen hat (etwa BGH, Beschluss vom 20. Januar 1998 - 4 StR 656/97, StV 1998, 332, 333; weit. Nachw. bei Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., 2013, Band 6, JGG § 17 Rn. 67).
- 9
- b) Im Übrigen neigt der Senat dazu, bereits das Vorliegen eines gewissen Schuldausmaßes allein als Anordnungsgrund einer auf das Merkmal der „Schwere der Schuld“ gestützten Jugendstrafe ohne eine faktische Erziehungs- fähigkeit und -bedürftigkeit des jugendlichen oder heranwachsenden Täters genügen zu lassen. Weder der Wortlaut von § 17 Abs. 2 JGG noch dessen Entstehungsgeschichte (vgl. BT-Drucks. I/3264 S. 40 re. Spalte/S. 41 li. Spalte) deuten auf ein kumulatives Erfordernis eines solchen Erziehungsbedürfnisses als Anordnungsvoraussetzung der Jugendstrafe hin. Die in § 18 Abs. 2 JGG enthaltene Vorgabe, bei der Bemessung der Jugendstrafe die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich zu machen, betrifft unmittelbar lediglich die Festsetzung der Dauer einer Jugendstrafe, nicht aber die vorgelagerte, in § 17 Abs. 2 JGG (in Verbindung mit § 5 und § 13 Abs. 1 JGG) geregelte Auswahl der jugendstrafrechtlichen Sanktion. Es entspricht zudem ohnehin der gefestig- ten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, im Rahmen der Strafbemessung der Jugendstrafe gemäß § 18 Abs. 2 JGG neben der Erziehungswirksamkeit auch andere Strafzwecke, bei schweren Straftaten vor allem das Erfordernis des gerechten Schuldausgleichs, zu berücksichtigen (BGH, Beschlüsse vom 1. Dezember 1981 - 1 StR 634/81, StV 1982, 121; vom 27. November 1995 - 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f.; BGH, Urteil vom 23. Oktober 1997 - 5 StR 486/97; Beschluss vom 23. März 2010 - 5 StR 556/09, NStZ-RR 2010, 290, 291). Dem Gedanken des Schuldausgleichs ist insbesondere bei fünf Jahre übersteigenden Jugendstrafen Bedeutung zugemessen worden, weil bei derartigen Verbüßungszeiträumen eine (weitere) erzieherische Wirkung bezweifelt wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. November 1995 - 1 StR 634/95, NStZ 1996, 232 f. und vom 20. März 1996 - 3 StR 10/96, StV 1998, 344; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 7. Mai 1996 - 4 StR 182/96, NStZ 1996, 496 f.).
- 10
- c) Ob faktische Erziehungsfähigkeit und rechtliche Erziehungsberechtigung (bei Heranwachsenden) notwendige Anordnungsvoraussetzungen der Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld sind, bedarf vorliegend allerdings keiner Entscheidung, weil das Tatgericht ohne Rechtsfehler ein Erziehungsbedürfnis bei der Angeklagten festgestellt hat.
- 11
- d) Die Annahme der „Schwere der Schuld“ ist auch im Übrigen nicht zu beanstanden. Gerade weil in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dieses Merkmal nicht anhand des äußeren Unrechtsgehalts der Tat, sondern der charakterlichen Haltung, der Persönlichkeit und der Tatmotivation des bzw. der Jugendlichen oder Heranwachsenden beurteilt werden soll (etwa BGH, Beschluss vom 14. August 2012 - 5 StR 318/12, StraFo 2012, 469 f.), versteht sich das Vorliegen dieses Anordnungsgrundes des § 17 Abs. 2 JGG angesichts der getroffenen Feststellungen geradezu von selbst.
- 12
- 5. Im Fall III.B.4. der Urteilsgründe ist die Berichtigung des Schuldspruchs gemäß § 357 Satz 1 StPO auch auf die nicht revidierende Mitangeklagte J. zu erstrecken (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 4 StR 468/11, NStZ-RR 2012, 45). Diese hat lediglich im Fall III.B.3. der Urteilsgründe durch das anale Einführen des Vibrators in eigener Person eine der in § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB genannten Handlungen vorgenommen, nicht aber im Fall III.B.4. der Urteilsgründe. Die Erstreckung ist auch dann vorzunehmen , wenn sich die Schuldspruchberichtigung nicht auf den Rechtsfolgenausspruch auswirkt (BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2003 - 1 StR 385/03 mwN).
II.
- 13
- Die Revision des Angeklagten R. bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 4. April 2013 ohne Erfolg.
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn
- 1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder - 2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.
(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.
(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. August 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Dr. Mutzbauer, Bender, Dr. Quentin als beisitzende Richter, Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Verteidiger, Rechtsanwalt - in der Verhandlung - als Vertreter der Nebenkläger, Die Nebenklägerin in Person - in der Verhandlung - , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Die Kosten des Rechtsmittels und die hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen der Angeklagten trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat die Angeklagte wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung und wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort zu der Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Des Weiteren hat es der Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, ihren Führerschein eingezogen und eine Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von zwei Jahren und neun Monaten festgesetzt. Hiergegen richtet sich die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Mit ihrem ausdrücklich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsmittel beanstandet die Beschwerdeführerin die Strafzumessung mit dem Ziel der Verhängung einer höheren Jugendstrafe.
- 2
- Das Rechtsmittel, das ausweislich der Ausführungen in der Begründungsschrift der Staatsanwaltschaft über die ausdrückliche Beschränkungs- erklärung hinaus wirksam auf den Strafausspruch des angefochtenen Urteils beschränkt ist (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2009 – 3 StR 122/09), bleibt ohne Erfolg.
I.
- 3
- Nach den Feststellungen war die Angeklagte am Sonntag, den 17. August 2014, mit dem Pkw ihrer Mutter auf der Fahrt zu ihrem Wohnort. Als sie gegen 7.40 Uhr an einer Rotlicht zeigenden Ampel anhalten musste, nahm sie ihr bei Fahrtantritt in der Mittelkonsole des Fahrzeugs abgelegtes Mobiltelefon in die Hand, um nach der Uhrzeit zu schauen, wobei sie bemerkte, dass in der vorangegangenen Nacht zwei Nachrichten über den Nachrichtendienst WhatsApp eingegangen waren. Während sie weiter an der Ampel wartete, begann sie, die Nachrichten zu beantworten. Am Ende der Rotlichtphase war sie damit noch nicht fertig und hatte noch keine Nachricht versandt. Sie unterbrach daraufhin das Schreiben der Textnachrichten, fuhr los und bog mit ihrem Fahrzeug in die Bundesstraße ein, wo sie auf eine Geschwindigkeit von höchstens 70 km/h beschleunigte. Sodann machte sich die Angeklagte daran, die erhaltenen Textnachrichten weiter zu beantworten. Sie schrieb auf ihrem Mobiltelefon kurz hintereinander zwei Nachrichten, die sie über den Nachrichtendienst WhatsApp verschickte.
- 4
- Zur selben Zeit waren auf der in diesem Bereich geradlinig verlaufenden Bundesstraße die späteren Tatopfer G. und P. als Radfahrer unterwegs. Beide fuhren in Fahrtrichtung der Angeklagten mit ihren Rennrädern in sehr engem Abstand hintereinander. Durch das Schreiben und Absenden der Textnachrichten war die Angeklagte so abgelenkt, dass sie die Radfahrer nicht wahrnahm, obwohl sich diese mindestens 9 Sekunden lang in ihrem Blickfeld befanden. Ohne auszuweichen, was auf der ansonsten freien Straße bereits durch eine leichte Lenkbewegung möglich gewesen wäre, fuhr die Angeklagte geradlinig und ungebremst mit der rechten Fahrzeugfront zunächst auf P. und unmittelbar darauf auf G. auf, wodurch beide Opfer und deren Rennräder in die rechts der Fahrbahn gelegene Wiese geschleudert wurden. Die schnell hintereinander erfolgten Aufpralle nahm die Angeklagte, die möglicherweise die Radfahrer und die Fahrräder nicht mehr sehen konnte, als sie ihren Blick aufrichtete, als nur einen Schlag wahr. Infolge der Zusammenstöße war die Windschutzscheibe des Pkws auf der rechten Seite großflächig gesplittert, der rechte Seitenspiegel abgerissen, der rechte vordere Reifen luftleer und der rechte Frontbereich des Fahrzeugs so beschädigt , dass sich das Fahrzeug nur noch mit einer Geschwindigkeit von höchstens 30 km/h fahren und erschwert lenken ließ.
- 5
- Die Angeklagte bremste das Fahrzeug in einem normalen Bremsvorgang bis zum Stillstand ab und sah sich seitlich und zumindest über den Rückspiegel nach hinten um. Aufgrund des starken Aufprallgeräuschs, der Schäden am Fahrzeug, der Abwesenheit eines anderen Fahrzeugs und der örtlichen Gegebenheiten war ihr klar, dass es gerade zu einem schweren Verkehrsunfall gekommen war, den sie durch ihre Unaufmerksamkeit verursacht hatte und bei dem mutmaßlich ein Mensch schwer verletzt worden war, der irgendwo abseits der Fahrbahn liegen musste. Statt entweder auszusteigen und das Gelände abzusuchen oder nach Zurücksetzen des Fahrzeugs vom Fahrzeug aus nach dem Verletzten zu schauen und anschließend Hilfe zu holen und entgegen der ihr bekannten Verpflichtung, nach einem Unfall solange vor Ort zu bleiben, bis die erforderlichen Feststellungen zur Person der Unfallbeteiligten und der Art ihrer Beteiligung am Unfall getroffen werden können, fuhr sie – einer augenblicklichen Entscheidung folgend – vom Unfallort weg, um sich allen Feststel- lungen zu entziehen und ihre Beteiligung an dem Unfall zu verschleiern. Dabei rechnete sie damit und nahm es hin, dass der von ihr mutmaßlich angefahrene Mensch schwer verletzt liegen bleiben und versterben könnte. Ihr kam es darauf an, für den Unfall nicht verantwortlich gemacht zu werden.
- 6
- Während der Geschädigte P. , der einen Berstungsbruch des 1. Lendenwirbels , eine tiefe Riss-Quetschwunde am linken Unterschenkel und zahlreiche Schürfwunden erlitten hatte, einige Minuten nach dem Zusammenprall wieder das Bewusstsein erlangte und es ihm gelang, einen Autofahrer auf sich aufmerksam zu machen, trug G. so schwere Kopfverletzungen davon, dass er auf dem Transport ins Krankenhaus verstarb. Wegen der Schwere der Verletzungen wäre sein Tod auch dann nicht vermeidbar gewesen , wenn die Angeklagte noch am Unfallort einen Notruf abgesetzt hätte.
- 7
- Das Landgericht hat auf die zur Tatzeit 19 Jahre und elf Monate alte Angeklagte Jugendstrafrecht angewandt, gemäß § 17 Abs. 2 JGG wegen Schwere der Schuld auf Jugendstrafe erkannt und diese auf zwei Jahre bemessen. Die Vollstreckung der Jugendstrafe hat es zur Bewährung ausgesetzt.
II.
- 8
- Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ohne Erfolg.
- 9
- 1. Die Strafzumessung ist Sache des Tatrichters. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen zumessungsrelevanten Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein. Nur in diesem Rahmen kann eine Verletzung des Gesetzes im Sinne des § 337 Abs. 1 StPO vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86,BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, 127).
- 10
- 2. Bei Zugrundelegung dieses beschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs weist der Strafausspruch des angefochtenen Urteils Rechtsfehler weder zu Gunsten der Angeklagten noch – für § 301 StPO bedeutsam – zu ihrem Nachteil auf.
- 11
- a) Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die nach jugendspezifischen Kriterien (vgl. BGH, Urteil vom 20. April 2016 – 2 StR 320/15 NJW 2016, 2050, 2051; Radtke in MüKo, 2. Aufl., § 17 JGG Rn. 58, 70) zu bestimmende Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 JGG ist die innere Tatseite. Dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat kommt nur insofern Bedeutung zu, als hieraus Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und das Maß der persönlichen Schuld gezogen werden können. Entscheidend ist, inwieweit sich die charakterliche Haltung , die Persönlichkeit und die Tatmotivation des jugendlichen oder heranwachsenden Täters in der Tat in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 20. April 2016 – 2 StR 320/15 aaO mwN; Beschluss vom 14. August 2012 – 5 StR 318/12, NStZ 2013, 289, 290; Urteile vom 29. September 1961 – 4 StR 301/61, BGHSt 16, 261, 263; vom 11. November 1960 – 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 226). Von diesem rechtlichen Maßstab ausgehend hat das Landgericht zutreffend das gesamte Tatgeschehen in seine Schuldbewertung einbezogen und ist mit Blick auf die in dem Verhalten nach dem Unfall deutlich gewordene charakterliche Haltung der Angeklagten zur Annahme der Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 JGG gelangt. Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bei allein fahrlässigen Straftaten im Straßenverkehr die Annahme der Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 JGG in Betracht kommt (vgl. OLG Braunschweig, NZV 2002, 194 f.; OLG Karlsruhe, NStZ 1997, 241 f.; BayObLG, VRS 67, 121, 122; Radtke aaO Rn. 71; Dölling in Brunner/Dölling, JGG, 12. Aufl., § 17 Rn. 16; Eisenberg, JGG, 18. Aufl., § 17 Rn. 32b; Sonnen in Diemer/Schatz/Sonnen, JGG, 7. Aufl., § 17 Rn. 26), bedarf daher keiner näheren Erörterung.
- 12
- b) Auch die Bemessung der Jugendstrafe ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
- 13
- aa) Der das Jugendstrafrecht als Strafzweck beherrschende Erziehungsgedanke ist auch dann vorrangig zu berücksichtigen, wenn eineJugendstrafe – wiehier – ausschließlich wegen Schwere der Schuld verhängt wird. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Erziehungswirksamkeit als einziger Gesichtspunkt bei der Strafzumessung heranzuziehen ist. Vielmehr sind daneben auch andere Strafzwecke, bei Kapitalverbrechen und anderen schwerwiegenden Straftaten namentlich der Sühnegedanke und das Erfordernis eines gerechten Schuldausgleichs zu beachten. Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen dabei in der Regel miteinander in Einklang, da die charakterliche Haltung und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen sind, nicht nur für das Erziehungsbedürfnis, sondern auch für die Bewertung der Schuld von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2013 – 1 StR 178/13, NStZ 2013, 658, 659; Urteile vom 23. März 2010 – 5 StR 556/09, NStZ-RR 2010, 290 f.; vom 31. Oktober 1995 – 5 StR 470/95, NStZ-RR 1996, 120; vom 16. November 1993 – 4 StR 591/93, StV 1994, 598, 599).
- 14
- bb) Die Strafkammer hat bei ihrer Entscheidung über die Bemessung der Jugendstrafe nicht nur die erforderliche erzieherische Einwirkung auf die Angeklagte , sondern auch die Belange eines gerechten Schuldausgleichs in den Blick genommen. Sie hat die für den bestehenden Erziehungsbedarf als auch das Maß der persönlichen Schuld der Angeklagten relevanten Umstände umfassend gewürdigt und auch die gesetzliche Bewertung des Tatunrechts, wie sie in den Strafandrohungen des Allgemeinen Strafrechts ihren Ausdruck gefunden hat, in ihre Überlegungen miteinbezogen. Gegen das auf dieser Grundlage gefundene Ergebnis ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Dass die verhängte Jugendstrafe von zwei Jahren dem Gedanken eines gerechten Schuldausgleichs - auch unter Berücksichtigung der in grob fahrlässiger Weise herbeigeführten schweren Folgen - in unangemessener Weise nicht mehr gerecht wird und damit zugleich ihre erzieherischen Zwecke verfehlt (vgl. BGH, Urteile vom 31. Oktober 1995 – 5 StR 470/95 aaO; vom 7. September 1993 – 5 StR 455/93, BGHR JGG § 18 Abs. 2 Strafzwecke 3), vermag der Senat nicht festzustellen.
- 15
- cc) Die Ausführungen zur Bemessung der verhängten Jugendstrafe lassen schließlich nicht besorgen, dass das Landgericht gegen das auch bei Anwendung von Jugendstrafrecht geltende Gebot, die Erwägungen zur Strafzumessung nicht mit solchen zur Strafaussetzung zur Bewährung zu vermengen (vgl. BGH, Urteile vom 28. April 2016 – 4 StR 563/15 Rn. 20; vom 20. November 2012 – 1 StR 428/12, NStZ 2013, 288; Beschluss vom 12. März2008 – 2 StR 85/08, NStZ 2008, 693; Radtke aaO § 21 JGG Rn. 3 mwN), verstoßen hat. Die ausführlichen Darlegungen der Strafkammer zu den für die Bemessung der Jugendstrafe maßgeblichen Gesichtspunkten lassen eine solche rechtlich unzulässige Vermengung von Strafzumessung und Bewährungsentscheidung nicht erkennen. Anderes ergibt sich - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - weder aus der im Rahmen der Strafzumessung zu Gunsten der Angeklagten erfolgten Berücksichtigung des auf eine „nicht notwendigerweise im nicht mehr bewährungsfähigen Bereich“ liegende Jugendstrafe gerichteten Schlussantrags der als Nebenklägerin am Verfahren beteiligten Witwe des Tatopfers , noch aus der abschließenden, das Ergebnis der Zumessungsüberlegungen zusammenfassenden Formulierung der Strafkammer, wonach auf eine Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren erkannt werde, „mithin eine Strafe, die bei Vorliegen der Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt werden kann“.
Bender Quentin
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 18. Juli 2017 abgeändert soweit darin der Vollzug des Haftbefehls des Amtsgerichts Hamburg vom 8. Juli 2017 ausgesetzt worden ist. Der Haftbefehl bleibt in Vollzug.
Gründe
I.
- 1
Gegen den heranwachsenden Beschuldigten hat das Amtsgericht am 8. Juli 2017 im Zusammenhang mit den Ausschreitungen anlässlich des „G-20-Gipfels“ in Hamburg wegen des dringenden Tatverdachts des mittäterschaftlich begangenen Landfriedensbruchs (§ 125 Abs. 1 und 2, § 25 Abs. 2, § 105 JGG) Untersuchungshaft angeordnet. Auf die Beschwerde des Beschuldigten hat das Landgericht den Haftbefehl mit Beschluss vom 18. Juli 2017 zwar entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft teilweise erweitert, den Vollzug jedoch gegen eine Kaution von 10.000 € mit Weisungen außer Vollzug gesetzt. Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft am 19. Juli 2017 Beschwerde eingelegt. Zudem hat die Staatsanwaltschaft die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Entscheidung nach § 307 Abs. 2 StPO sowohl beim Landgericht als auch beim Senat beantragt. Mit Beschluss vom 19. Juli 2017 hat der Senat die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses des Landgerichts nach § 307 Abs. 2 StPO bis zur Entscheidung des Senats ausgesetzt, soweit darin der Vollzug des Haftbefehls des Amtsgerichts Hamburg vom 8. Juli 2017 ausgesetzt worden ist.
- 2
Nunmehr ist - nach Nichtabhilfe durch das Landgericht - über die Beschwerde in der Hauptsache zu entscheiden.
II.
- 3
Die weitere Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist zulässig (§ 310 Abs. 1 Nr. 1 StPO) und begründet. Gegen den Beschuldigten ist Untersuchungshaft zu vollziehen. Die Voraussetzungen für den Erlass und den Vollzug des Haftbefehls liegen vor (§§ 105, 109 Abs. 2 JGG i.V.m. § 112 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO).
- 4
1. Die erforderlichen dringenden Verdachtsgründe sind gegeben (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO).
- 5
a) Dringender Tatverdacht besteht, wenn aufgrund bestimmter, im Zeitpunkt der Entscheidung aktenkundiger Tatsachen eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Verurteilung des Beschuldigten im Erkenntnisverfahren besteht (vgl. nur KK-StPO/Graf, 7. Aufl., § 112 Rn. 6 ff.).
- 6
b) In diesem Sinne ist nach derzeitigem Erkenntnisstand von folgendem Geschehen auszugehen:
- 7
(1) Am 6. Juli 2017 um 17:50 Uhr reiste der zur Tatzeit achtzehneinhalbjährige Beschuldigte - naheliegend um an den im Zusammenhang mit dem „G-20-Gipfel“ befürchteten Ausschreitungen aktiv teilzunehmen - mit der Fluggesellschaft Ryanair aus Italien nach Hamburg ein. Bei seiner Festnahme am nächsten Tag konnte bei ihm szene-typische Vermummung (schwarze Gore-Tex-Jacke, schwarz-weißer Schal, vgl. Bl. 31 d.A.) sichergestellt werden. Im Übrigen war er - wiederum szene-typisch - mit dunklen Turnschuhen bekleidet (vgl. Bl. 29 d.A.).
- 8
(2) Alsbald nach seiner Ankunft in Hamburg begab sich der Beschuldigte in das - von der Polizei mit 300 Schlafplätzen genehmigte - „Protestcamp“ im Volkspark, in dem mehrere Hundert Personen in Zelten übernachteten. Hier schloss er sich in Kenntnis aller Umstände einer hochgewaltbereiten Gruppe schwerbewaffneter (vgl. besonders eindrucksvoll die Art und Menge der später sichergestellten Waffen und Werkzeuge, Bl. 7-27 d.A.: Hammer, Sägen, Seitenschneider, Meißel, Schraubendreher, Zwillen, Feuerlöscher, Fackeln, Rauchkörper, Signalmunition, Metalldraht, etc.) Straftäter an, die - in vollständiger Desavouierung des berechtigten friedlichen Protestes gegen „G-20“ und unter eklatantem Missbrauch des Versammlungsrechts - ersichtlich nichts anderes als gewalttätige Ausschreitungen planten.
- 9
(3) Am 7. Juli 2017 gegen 06:00 Uhr setzte sich - unter aktiver Beteiligung des Beschuldigten - ein einheitlich dunkel gekleideter, vermummter, ca. 200 Personen umfassender und schwer bewaffneter „schwarzer Block“ vom Volkspark aus in Richtung Innenstadt in Bewegung. Hierüber wurde gegen 06:15 Uhr die Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft der Bundespolizeidirektion Blumberg von der polizeilichen Einsatzleitung unterrichtet.
- 10
(4) Gegen 06:27 Uhr erreichte der „schwarze Block“ die Gegend im Bereich der Straße Rondenbarg 20 in 22525 Hamburg und gelang damit in den Blick der ca. 100 Meter weiter stadteinwärts positionierten Polizeibeamten der Bundespolizei. Die Polizeibeamten formierten sich - als „Polizeikette“ - vor ihren Fahrzeugen und errichteten solcherart eine Absperrung gegen den heranrückenden „schwarzen Block“. Die den „schwarzen Block“ bildenden Personen bewegten sich sehr dicht aneinandergereiht, agressiv und bedrohlich laut schreiend auf die Polizeibeamten zu.
- 11
(5) Ab einer Entfernung von ca. 50 Metern wurden die - behelmten und mit Schutzkleidung ausgestatteten - Polizeibeamten massiv und gezielt mit Steinen, Glasflaschen, Böllern, Pyrotechnik und „Bengalos“ beworfen, um die Polizeikette zu „sprengen“ und den Weg in die Innenstadt ungehindert fortsetzen zu können. Die Wurfmunition traf sowohl die Polizeibeamten als auch die hinter ihnen abgestellten Polizeifahrzeuge. Dank der Schutzausrüstung blieben die Polizeibeamten unverletzt.
- 12
(6) Um die Angriffe aus dem „schwarzen Block“ abzuwehren, liefen die Polizeibeamten - unter fortgesetztem Dauerbewurf mit Steinen und anderen gefährlichen Gegenständen - auf den „schwarzen Block“ zu. Bei den sich anschließenden Auseinandersetzungen flüchteten mehrere Personen aus dem „schwarzen Block“ über ein Geländer auf das angrenzende Gelände der Firma „Transthermos“. Hier verletzten sich mehrere Personen als ein Teil des Geländers abbrach.
- 13
(7) Im Zuge des Tatgeschehens konnte der Beschuldigte unmittelbar, nämlich um 06.28 Uhr (Bl. 32 d.A.), festgenommen werden. Einzelne eigenhändige Gewalthandlungen lassen sich dem Beschuldigten nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht zuordnen. Umfangreich hergestelltes Videomaterial wird derzeit von der Polizei ausgewertet.
- 14
c) Dieser Sachverhalt wird sich in einer Hauptverhandlung hochwahrscheinlich erweisen lassen.
- 15
(1) Der Beschuldigte hat sich zum Tatgeschehen bisher nicht eingelassen.
- 16
(2) Der Plan des Beschuldigten, sich bewaffneten Ausschreitungen in Hamburg anlässlich des „G-20-Gipfels“ aktiv anzuschließen wird durch die Zeit und die Art und Weise seiner Anreise sowie durch die bei ihm sichergestellte, bzw. von ihm getragene szene-typische Kleidung hinreichend belegt. Das gilt namentlich für das Mitführen eines Schals, der witterungsbedingt weder in Italien noch in Hamburg Verwendung finden konnte, sondern erkennbar allein der Vermummung dienen sollte. Diese bereits für sich sehr starken Indizien werden durch sein szene-typisches Verhalten im Zusammenhang mit seiner Festnahme ergänzt: Obgleich dies erkennbar nicht von seinem Recht auf Aussageverweigerung gedeckt ist, verweigerte er selbst die Unterschrift unter die ihm In italienischer Sprache schriftlich vorgelegte Beschuldigtenbelehrung.
- 17
(3) Seine Beteiligung am „schwarzen Block“ am Rondenbarg - und damit rückblickend sein Anschluss an militante Autonome im „Protestcamp“ Volkspark - ergibt sich unmittelbar aus der Festnahmesituation aus dem „schwarzen Block“ heraus.
- 18
(4) Durchführung und Ablauf der militanten Ausschreitungen aus dem „schwarzen Block“ am Rondenbarg sowie das Ausmaß der Bewaffnung der im „schwarzen Block“ zu gemeinsamer Straftatbegehung verbundenen Personen ergeben sich aus den detaillierten Berichten der Polizeibeamten R und S sowie den Sicherstellungsprotokollen und den aktenkundigen Fotographien. Weitere Erkenntnisse sind aus der bereits begonnen Auswertung des Videomaterials der Polizei zu erwarten. Die planvollen Vorbereitungen der eskalierenden Gewalt werden darüber hinaus anschaulich belegt durch die Auswertungen von Interneteinträgen und sonstigen Veröffentlichungen, die die 16. Kammer des Verwaltungsgerichts Hamburg ihrem Beschluss vom 27. Juni 2017 (Az,: 16 E 6288/17, dort UA S. 20 ff.) zugrunde gelegt hat.
- 19
Im Übrigen wird - da ein hinreichender Verdacht einer Katalogtat nach § 100g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 b) vorliegt (dazu sogleich unten) - eine Auswertung des sichergestellten Samsung-Handy des Beschuldigten möglicherweise genauere Erkenntnisse zu seinem Bewegungsprofil vor und während der Tat erbringen.
- 20
d) Folgende Straftatbestände stehen in Mitten:
- 21
(1) Der vorstehende Sachverhalt erfüllt in der Person des Beschuldigten nach derzeitigem Stand zunächst die bereits im angefochtenen Beschluss des Landgerichts zutreffend erörterten und bejahten Straftatbestände des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte (in einem besonders schweren Fall) nach § 114 Abs. 1 und 2. i.V.m. § 113 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 und 3, § 25 Abs. 2 StGB, sowie des Landfriedensbruchs nach § 125 Abs. 1, § 25 Abs. 2 StGB.
- 22
(2) Darüber hinaus liegt es bereits nach jetzigem Erkenntnisstand nahe, dass die Strafe für den Landfriedensbruch aus dem Strafrahmen des § 125a StGB zu entnehmen sein wird. Zutreffend stellt das Landgericht zwar darauf ab, dass die benannten besonders schweren Fälle nach derzeitigem Ermittlungsstand nicht in der Person des Beschuldigten erfüllt sind, weil insoweit ein eigenhändiges Verwirklichen der Regelbeispiele erforderlich ist. Gleichwohl werden sich - unabhängig davon, ob die Videoauswertung nähere Erkenntnisse zu eigenhändigen Taten des Beschuldigten erbringt - die Voraussetzungen eines unbenannten besonders schweren Falls aufdrängen: Ein besonders schwerer Fall kommt namentlich dann in Betracht, wenn die öffentliche Sicherheit in besonders schwerwiegender Weise gestört wurde (vgl. Fischer, StGB, 64. Aufl., § 125a Rn. 9). Eine solche schwerwiegende Störung der öffentlichen Sicherheit liegt hier angesichts des besonders bedenkenlosen und brutalen Vorgehens des „schwarzen Blocks“ erkennbar nahe. Im Übrigen liegt die Annahme eines unbenannten besonders schweren Falls schon dann nahe, wenn bei einer mittäterschaftlich begangenen Tat ein Teil der (anderen) Mittäter Regelbeispiele (eigenhändig) verwirklicht haben (vgl. zu § 125a StGB a.F. BGH, Beschl. v. 9. September 1997 - 1 StR 730/96, BGHSt 43, 237, 240).
- 23
(3) Das Verhalten des Beschuldigten erfüllt darüber hinaus das tateinheitlich verwirklichte Delikt des Bildens bewaffneter Gruppen nach § 127 StGB in der Variante des Sich-Anschließens.
- 24
(4) Schließlich ist in den Blick zu nehmen, dass der Beschuldigte durch seine bewusst einheitlich gewählte Vermummung in der Gruppe den Straftatbestand des § 3 Abs. 1, § 28 VersammlG verwirklicht hat. Hiernach macht sich strafbar, wer öffentlich oder in einer Versammlung Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck politischer Gesinnung zum Zwecke der Einschüchterung trägt (vgl. Senat, Beschl. v. 10. Mai 2016 - 1 Rev 70/15).
- 25
2. Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Fluchtgefahr ist anzunehmen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen bei Würdigung sämtlicher bestimmender Umstände des Einzelfalls eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Annahme spricht, der Beschuldigte werde sich dem gegen ihn geführten Strafverfahren entziehen, als für die Erwartung, er werde sich dem Verfahren zur Verfügung halten (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 112 Rn. 17; KK-StPO/Graf, a.a.O., Rn. 16 jeweils m.w.N.). In die anzustellende Gesamtschau sind namentlich der Fluchtanreiz, die soziale Verwurzelung des Angeklagten und damit die ihn treffenden nachteiligen Folgen eines Untertauchens einzustellen. Gemessen hieran steht derzeit hochwahrscheinlich zu besorgen, dass der Beschuldigte sich dem weiteren Verfahren entziehen wird.
- 26
a) Die absehbar empfindliche Freiheitsstrafe erweist sich als besonderer Fluchtanreiz.
- 27
aa) Die hochwahrscheinlich dem § 125a StGB zu entnehmende - und nach Erwachsenenstrafrecht zu bemessende - Freiheitsstrafe wird ohne signifikant milderndes Nachtatverhalten nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können (§ 56 Abs. 2 und Abs. 3 StGB). Der Beschuldigte hat sich massiv und nachhaltig gegen die Rechtsordnung aufgelehnt. Er hat sich - mindestens - bewusst und das erwartbare Geschehen billigend und unterstützend einer Gruppe angeschlossen, die sinnlose Gewalt ausgeübt und mit besonders eindrucksvoller Gleichgültigkeit - absichtlich - die Verletzung der eingesetzten Polizeikräfte erstrebt hat. Der Beschuldigte hat damit die bürgerkriegsähnlichen Zustände in Hamburg mitverursacht. Fundamentale Garantien der deutschen Rechtsordnung - Menschenwürde, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und auf Eigentum - sind für den Beschuldigten erkennbar ohne jede Bedeutung (§§ 125, 125a StGB). Dass ihm daher die Anordnungen der Polizeikräfte gleichgültig sind, versteht sich von selbst (§§ 114, 113 StGB).
- 28
bb) Selbst wenn sich die Anwendung von Jugendstrafrecht im weiteren Verlauf des Verfahrens als notwendig erweisen sollte, wofür derzeit angesichts der offenbar festen Arbeitstätigkeit des Beschuldigten und seines in der Tat zum Ausdruck kommenden selbständigen planerischen Organisationsvermögens trotz Wohnsitz im elterlichen Haushalt nichts spricht - kommt als Sanktionsart hier allein die Jugendstrafe in Betracht (§§ 17, 18 JGG). Diese ist nach §§ 105, 17 Abs. 2 JGG zu verhängen, wenn wegen schädlicher Neigungen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
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(1) Die Jugendstrafe ist bereits wegen der Schwere der Schuld geboten. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die nach jugendspezifischen Kriterien (vgl. BGH, Urt. v. 20. April 2016 - 2 StR 320/16, NJW 2016, 2050, 2051) zu bestimmende Schwere der Schuld ist die innere Tatseite. Dem äußeren Unrechtsgehalt der Tat kommt nur insofern Bedeutung zu, als hieraus Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und das Maß der persönlichen Schuld gezogen werden können. Entscheidend ist, inwieweit sich die charakterliche Haltung, die Persönlichkeit und die Tatmotivation des jugendlichen oder heranwachsenden Täters in der Tat in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 4. August 2016 - 4 StR 142/16, NStZ-RR 2016, 325; Urt. v. 20. April 2016 - 2 StR 320/1, NJW 2016, 2050, 2051 m.w.N.; Beschl. v. 14. August 2012 - 5 StR 318/12, NStZ 2013, 289, 290; ferner bereits BGH, Urt. v. 29. September 1961 - 4 StR 301/61, BGHSt 16, 261, 263; Urt. v. 11. November 1960 - 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 226).
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Vor diesem Hintergrund kommt der erkennbar rücksichtslosen und auf eine tiefsitzende Gewaltbereitschaft schließen lassenden Tatausführung besondere Bedeutung zu. Er hat sich - geplant und organisiert und mit Blick auf die notwendigen Reisevorbereitungen erkennbar nicht etwa dem Eindruck gruppendynamischer Prozesse geschuldet - an schwersten Ausschreitungen beteiligt. Bereits dies verdeutlicht eine charakterliche Haltung, welche die Annahme der Schwere der Schuld rechtfertigt.
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(2) Die Jugendstrafe ist auch voraussichtlich wegen vorhandener schädlicher Neigungen des Beschuldigten geboten. Hierbei handelt es sich um erhebliche Anlage- oder Erziehungsmängel, die ohne längere Gesamterziehung des Täters die Gefahr weiterer Straftaten begründen. Sie müssen schon vor der Tat angelegt gewesen sein und noch zum Urteilszeitpunkt bestehen; es müssen deshalb weitere Straftaten des Angeklagten zu befürchten sein (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschl. v. 17. Juli 2012 - 3 StR 238/12, NStZ 2013, 287; Beschl. v. 26. Januar 2016 - 3 StR 473/15, BeckRS 2016, 5427, jeweils m.w.N.).
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(3) Nach § 18 Abs. 2 JGG ist die Höhe der Jugendstrafe in erster Linie an erzieherischen Gesichtspunkten auszurichten und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abzuwiegen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 8. Januar 2015 - 3 StR 581/14, NStZ-RR 2015, 154; Beschl. v. 28. Februar 2012 - 3 StR 15/12, NStZ-RR 2012, 186 m.w.N.). Das gilt namentlich auch dann, wenn - wie hier - die Jugendstrafe in erster Linie wegen der Schwere der Schuld zu verhängen ist (vgl. BGH, Urt. v. 4. August 2016 - 4 StR 142/16, NStZ-RR 2016, 325, 326). Das bedeutet allerdings nicht, dass die Erziehungswirksamkeit als einziger Gesichtspunkt bei der Strafzumessung heranzuziehen ist. Vielmehr sind daneben auch andere Strafzwecke, bei schwerwiegenden Straftaten namentlich der Sühnegedanke und das Erfordernis eines gerechten Schuldausgleichs zu beachten. Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen dabei in der Regel miteinander in Einklang, da die charakterliche Haltung und das Persönlichkeitsbild, wie sie in der Tat zum Ausdruck gekommen sind, nicht nur für das Erziehungsbedürfnis, sondern auch für die Bewertung der Schuld von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschl. v. 6. Mai 2013 - 1 StR 178/13, NStZ 2013, 658, 659; Urt. v. 23. März 2010- 5 StR 556/09, NStZ-RR 2010, 290 f.).
- 33
b) Diesem Fluchtanreiz begegnen keine hinreichend tragfähigen familiären, sozialen oder aber beruflichen Bindungen. Zwar hat der Beschuldigte im elterlichen Haushalt in Italien (vgl. dazu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 112 StPO, Rn. 20a) einen polizeilich gemeldeten Wohnsitz und geht - eigenen Angaben zufolge - einer festen Arbeit nach. Die Art der Tatausführung belegt aber, dass er jederzeit bereit und in der Lage ist, sich - auch in anderen Staaten und fremden Kulturen - kriminellen Strukturen unmittelbar anzuschließen und in ihnen unterzutauchen. Eindrucksvoll belegt wird seine Einbindung u.a. auch dadurch, dass bereits seit dem 20. Juli 2017 (16:46 Uhr) auf der Webseite https://linksunten.indymedia.org ein Unterstützungsschreiben unter Nennung des vollständigen Namens, des Geburtsdatums und der derzeitigen postalischen Erreichbarkeit (JVA Hahnöfersand) des Beschuldigten veröffentlicht wurde, in dem es auszugsweise heißt: „Die jungen Genoss*innen sind immer noch ohne Gerichtsverfahren in einem Gefängnis in Hamburg ... in Haft...“
- 34
3. Mildere Maßnahmen als der Vollzug der Untersuchungshaft kommen entgegen der Auffassung des Landgerichts bei dieser Sachlage derzeit nicht in Betracht. Es fehlt für eine Außervollzugsetzung des Haftbefehls an einer ausreichenden Vertrauensgrundlage in der Person des Angeklagten. Dieser hat bereits bewiesen, dass er spontan international mobil ist und staatlichen Anordnungen mit erschreckender Gleichgültigkeit gegenübersteht. Eine wirtschaftlich erkennbar aus fremden Mitteln gestellte Kaution - auch in Höhe von 10.000 € - wird nicht hinreichend stabilisierend und fluchthemmend wirken können.
- 35
4. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit steht der Fortdauer der Untersuchungshaft nicht entgegen. Insbesondere ist das in Haftsachen geltende besondere Beschleunigungsgebot nicht verletzt. Es verlangt, dass die Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um die notwendigen Ermittlungen mit der gebotenen Schnelligkeit abzuschließen und eine gerichtliche Entscheidung über die einem Beschuldigten vorgeworfenen Taten herbeizuführen (BVerfG, Beschl. v. 3. Mai 1966 - 1 BvR 58/66, BVerfGE 20, 45, 50 und Beschl. v. 17. Januar 2013- 2 BvR 2098/12, StV 2013, 640, 642; BGH, Beschl. v. 23. Februar 2017 — StB 4/17). Eine der Strafverfolgungsbehörde oder den Strafgerichten anzulastende vermeidbare Verfahrensverzögerung liegt ersichtlich nicht vor. Die Strafverfolgungsbehörden werden auch - ohne das Zügigkeitsgebot zu verletzen - vor Anklageerhebung das umfangreiche Videomaterial auswerten können. Denn nur auf diese Weise ist gesichert, dass der Schuldgehalt der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat hinreichend tatgerichtlich gewürdigt werden kann. Die Fortdauer der Untersuchungshaft steht damit derzeit ersichtlich auch nicht außer Verhältnis zu dem mit der Verfahrenssicherung verbundenen Grundrechtseingriff.
BUNDESGERICHTSHOF
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Juli 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl, Dr. Eschelbach, Zeng, Richterin am Bundesgerichtshof Wimmer,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt , Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Gründe:
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und in weiterer Tateinheit mit Sachbeschädigung schuldig gesprochen und die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe für eine Bewährungszeit von zwei Jahren ausgesetzt. Dagegen richtet sich die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft mit der Sachrüge. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
I.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hielt sich der Angeklagte am 17. Januar 2016 mit seinem Onkel Mi. und dem Zeugen K. in dessen Wohnung auf. Sie planten einen Einbruch in die Wohnung des damals 87-jährigen Geschädigten Ka. . Gegen Mitternacht kundschafteten sie zusammen mit L. den Tatort aus. Am Morgen des 18. Januar 2016 fuhr K. die Mittäter Mi. , L. und den Angeklagten zum Tatort. Diese vermummten sich, zogen sich Handschuhe an und brachen den Schließzylinder des Hoftores auf, wonach sie in das Wohngebäude eindrangen.
- 3
- Der Geschädigte, dessen Ehefrau in der Woche zuvor verstorben war, wachte durch Geräusche an der Wohnungstür auf. Während einer der Täter versuchte, die Tür aufzuhebeln, wollte der Geschädigte diese aufschließen, um nachzusehen. Dabei wurde die Tür von außen mit Gewalt aufgestoßen. Der Geschädigte stand dann Mi. und dem Angeklagten gegenüber. L. , der sich im engen Flur hinter diesen befand, stach von seiner Position aus mit einem Schraubendreher mehrmals in Richtung des Kopfes des Geschädigten. Dieser wurde auch von den Mittätern gestoßen, geschlagen und getreten, um ihn zu überwältigen. Der Geschädigte erlitt Streifverletzungen am Kopf, eine Stichverletzung an der linken Hand, zahlreiche Prellungen und eine Schürfwunde am Bein. Mi. fragte ihn: „Wo Drogen?“ Damit konnte der Geschädigte nichts anfangen. Mi. gab den Mittätern zu verstehen, was sie zu tun hatten. Einer bewachte den Geschädigten unter Vorhalt einer mitgeführten Plastikpistole, die der Geschädigte als echte Schusswaffe ansah. Die anderen Mittäter durchsuchten die Wohnung. Sie erbeuteten 1.000 Euro Bargeld und Schmuck im Wert von 50.000 Euro. Anschließend zogen die Täter den Geschädigten in die Küche, wo er gefesselt wurde. Dann rissen sie das Kabel des Telefons aus der Buchse und zerstörten eine Gegensprechanlage , bevor sie vom Tatort flohen.
- 4
- Am darauf folgenden Tag verkaufte der Angeklagte zusammen mit K. einen Teil des Schmucks für 3.900 Euro an einen Juwelier. Von diesem Erlös erhielt er 1.000 Euro.
- 5
- 2. Das Landgericht hat auf den Angeklagten, der zur Tatzeit 20 Jahre alt war, Jugendstrafrecht angewendet. Es hat ausgeführt, eine Schwere der Schuld, welche die Verhängung einer Jugendstrafe gebieten könnte, sei nicht festzustellen. Dem Unrechtsgehalt der Tat komme nur mittelbar Bedeutung zu. Maßgeblich seien jugendspezifische Kriterien. Der Angeklagte habe „einen schweren Raub begangen“, jedoch zeigten die Umstände, dass eine Schwere der Schuld nicht anzunehmen sei. Der Angeklagte habe unter dem bestimmenden Einfluss seines Onkels gestanden und sei nicht in der Lage gewesen, sich diesem Einfluss zu entziehen. Er habe keine kriminelle Erfahrung. Die Untersuchungshaft habe ihn positiv verändert. Er habe in der Hauptverhandlung Reue gezeigt und sich bei dem Geschädigten entschuldigt. Das Vorliegen schädlicher Neigungen sei noch nicht mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen.
II.
- 6
- Das Rechtsmittel ist begründet.
- 7
- Die Entscheidung des Landgerichts, gegen den Angeklagten nicht auf Jugendstrafe zu erkennen und die Entscheidung darüber zurückzustellen, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht zwar davon ausgegangen, dass bei dem Angeklagten derzeit noch keine schädlichen Neigungen festzustellen sind. Zu beanstanden ist jedoch die Annahme, die Schwere der Schuld des Angeklagten, welche die Verhängung einer Jugendstrafe gebieten würde (§ 17 Abs. 2 Var. 2 JGG), sei nicht festzustellen.
- 8
- 1. Nach der Rechtsprechung und Teilen der Literatur kommt dem Unrecht der Tat bei der Prüfung der Schwere der Schuld im Sinne von § 17 Abs. 2 Var. 2 JGG im Allgemeinen keine selbstständige Bedeutung zu (vgl. BGH, Urteil vom 11. November 1960 – 4 StR 387/60, BGHSt 15, 224, 225 f.; Urteil vom 29. September 1961 – 4 StR 301/61, BGHSt 16, 261, 263; Beschluss vom 9. August 2000 – 3 StR 176/00, NStZ-RR 2001, 215, 216; Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 3 StR 353/11, NStZ 2012, 164; Beschluss vom 22. Januar 2014 – 5 StR 555/13, NStZ-RR 2014, 119; Eisenberg, JGG, 10. Aufl. 2018, § 17 Rn. 34 ff.; Sonnen in Diemer/Schatz/Sonnen, JGG, 7. Aufl. 2015, § 17 Rn. 22; a.A. Brunner/Dölling, JGG, 13. Aufl. 2018, § 17 Rn. 27; MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl. 2017, § 17 JGG Rn. 58 ff.). Entscheidend ist, inwieweit sich die charakterliche Haltung und die Persönlichkeit sowie die Tatmotivation des Heranwachsenden in vorwerfbarer Schuld niedergeschlagen haben. Der äußere Unrechtsgehalt der Tat ist jedoch insofern von Belang, als aus ihm Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters und die Schwere seiner Schuld gezogen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2014 – 3 StR 521/14, NStZRR 2015, 155, 156; Urteil vom 9. Januar 2018 – 1 StR 239/17). Der Unrechtsgehalt der Tat, der auch in der gesetzlichen Strafandrohung zum Ausdruck kommt, darf demnach auch bei der Prüfung, ob die Verhängung einer Jugendstrafe wegen der Schwere der Schuld geboten ist, nicht unberücksichtigt bleiben (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 1982 – 2 StR 192/82, NStZ 1982,
332).
- 9
- 2. Danach ist der Erziehungszweck der Jugendstrafe nicht das einzig maßgebliche Kriterium. Hierzu gilt im Einzelnen:
- 10
- Erziehungsgedanke und Schuldausgleich stehen in der Regel miteinander in Einklang (vgl. BGH Urteil vom 16. November 1993 – 4 StR 591/93, StV 1994, 598 f.; Urteil vom 23. April 1998 – 4 StR 12/98; Urteil vom 4. August 2016 – 4 StR142/16, NStZ 2017, 648, 649). Bei einem Gewaltverbrechen kann die Schwere der Schuld aber auch eigenständige Bedeutung haben (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2013 – 1 StR 178/13, NStZ 2013, 658, 659 mit Anm. Eisenberg, NStZ 2013, 636 ff.). Schwere Gewaltdelikte begründen regelmäßig die Schwere der Schuld (vgl. MüKoStGB/Radtke aaO § 17 JGG Rn. 71), wenngleich dies nach der Rechtsprechung nicht ausnahmslos der Fall ist. Der Strafzweck des gerechten Schuldausgleichs darf in solchen Fällen jedenfalls nicht völlig hinter den Erziehungsgedanken zurücktreten; denn auf die Möglichkeit der Bestrafung schwerer Straftaten durch Verhängung einer Jugendstrafe kann auch in Fällen nicht verzichtet werden, in denen ein Jugendlicher oder Heranwachsender nicht erziehungsbedürftig oder erziehungsfähig ist (vgl. BT-Drucks. I/3264 S. 40 f.; BGH aaO). Jedenfalls aber ist die Schwere der Schuld mit zunehmendem Alter des Heranwachsenden modifiziert zu beurteilen (vgl. Eisenberg, JGG aaO § 17 Rn. 29a; s.a. MüKoStGB/Radtke aaO § 17 JGG Rn. 65). Dies gilt erst recht, wenn der Angeklagte, der zur Tatzeit noch Heranwachsender war, im Urteilszeitpunkt bereits Erwachsener ist. In solchen Fällen ist die Zielsetzung der Jugendstrafe anders zu bewerten, als etwa bei einem Jugendlichen, der das die Strafmündigkeit begründende Alter gerade erreicht hat (vgl. Kaspar in Festschrift für Schöch, 2010, S. 209, 213 f., der ausnahmsweise für eine Rechtfertigung der Jugendstrafe durch positive Generalprävention plädiert, aaO S. 222; ähnlich Ostendorf, JGG, 10. Aufl. 2016, § 17 Rn. 5). Welches Gewicht den einzelnen Zumessungserwägungen zukommt, ist abhängig vom Einzelfall (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Dezember 1981 – 1 StR 634/81, NStZ 1982, 163; Urteil vom 21. April 1982 – 4 StR 99/83, EzSt JGG § 17 Nr. 1). Der Tatrichter hat dazu eine umfassende Abwägung vorzunehmen.
- 11
- 3. Nach diesen Maßstäben rügt die Revision zu Recht, dass die Abwägung durch das Landgericht lückenhaft ist. Die Jugendkammer hätte sich hier dezidiert mit dem Tatgeschehen und den Tatbeiträgen des angeklagten Heranwachsenden auseinandersetzen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 2000 – 3 StR176/00, NStZ-RR 2001, 215, 216). Sie hat sich jedoch mit einem blo- ßen Hinweis darauf begnügt, dass der Angeklagte „einen schweren Raub be- gangen“ habe. Abgesehen davon, dass dabei die tateinheitlich begangene gefährliche Körperverletzung und die Sachbeschädigung unberücksichtigt bleibt, fehlt es an einer Bewertung des konkreten Verhaltens des Angeklagten vor, während und nach der Tat.
- 12
- Dabei ist insbesondere von Bedeutung, dass der Angeklagte – unbeschadet der dominierenden Rolle seines Onkels – nach seiner Einlas- sung schon im Vorfeld am Erwerb der bei der Tat als Drohmittel verwendeten Spielzeugpistole und der Gartenhandschuhe beteiligt war. Zudem wirkte er auch an der Planung der Tat und an dem Ausspähen des Tatorts mit. Er nahm ferner beim eigentlichen Tatgeschehen selbst gewichtige Ausführungshandlungen vor. Ihm sind auch die Verletzungen des zur Tatzeit 87-jährigen Geschädigten , mit Ausnahme der vom Landgericht als Mittäterexzess bewerteten Stiche mit dem Schraubendreher, sowie die Suche nach der erheblichen Beute und deren Wegnahme, das Fesseln des Geschädigten und der Verkauf eines Teils des Schmucks an einen Juwelier als eigene Tatbeiträge zuzurechnen.
- 13
- All diese Umstände hätte das Landgericht in seine Abwägung einbeziehen müssen. Es hat aber nach der verkürzten Kennzeichnung der Tat als schwerer Raub nur die gegen eine Schwere der Schuld sprechenden Aspekte aufgeführt. Das reicht hier nicht aus.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:
- 1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren. - 2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze. - 3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sich im Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre, im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate, im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate, im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.
(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Das Mindestmaß der Jugendstrafe beträgt sechs Monate, das Höchstmaß fünf Jahre. Handelt es sich bei der Tat um ein Verbrechen, für das nach dem allgemeinen Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als zehn Jahren Freiheitsstrafe angedroht ist, so ist das Höchstmaß zehn Jahre. Die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts gelten nicht.
(2) Die Jugendstrafe ist so zu bemessen, daß die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
(1) Wer ohne die erforderliche Erlaubnis
- 1.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 1 mit explosionsgefährlichen Stoffen umgeht, - 2.
entgegen § 7 Abs. 1 Nr. 2 den Verkehr mit explosionsgefährlichen Stoffen betreibt oder - 3.
entgegen § 27 Abs. 1 explosionsgefährliche Stoffe erwirbt oder mit diesen Stoffen umgeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 15 Abs. 1 Satz 1 explosionsgefährliche Stoffe einführt, durchführt oder verbringt oder durch einen anderen einführen, durchführen oder verbringen lässt, ohne seine Berechtigung zum Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen oder zu deren Erwerb nachgewiesen zu haben, - 2.
ein Lager ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder nach einer wesentlichen Änderung ohne Genehmigung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 betreibt, - 3.
explosionsgefährliche Stoffe - a)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 2 an Personen vertreibt oder Personen überlässt, die mit diesen Stoffen nicht umgehen oder den Verkehr mit diesen Stoffen nicht betreiben dürfen, - b)
entgegen § 22 Abs. 1 Satz 3 innerhalb einer Betriebsstätte einer Person, die nicht unter Aufsicht oder nach Weisung einer verantwortlichen Person handelt oder noch nicht 16 Jahre alt ist, oder einer Person unter 18 Jahren ohne Vorliegen der dort bezeichneten Voraussetzungen überlässt, - c)
entgegen § 22 Abs. 2 einer anderen als dort bezeichneten Person oder Stelle überlässt, - d)
entgegen § 22 Abs. 3 einer Person unter 18 Jahren überlässt oder - e)
entgegen § 22 Abs. 4 Satz 1 vertreibt oder anderen überlässt.
(3) Wer wissentlich durch eine der in den Absätzen 1 oder 2 bezeichneten Handlungen Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 Nummer 3 oder Absatz 2 Nummer 3 strafbar, wenn eine dort bezeichnete Handlung in Bezug auf einen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 konformitätsbewerteten oder nach § 47 Absatz 2 oder Absatz 4 zugelassenen pyrotechnischen Gegenstand begangen wird. Satz 1 gilt nicht für einen pyrotechnischen Gegenstand nach § 3a Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe d.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.1 oder 1.3.4 eine dort genannte Schusswaffe oder einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - 2.
ohne Erlaubnis nach - a)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine Schusswaffe oder Munition erwirbt, um sie entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 einem Nichtberechtigten zu überlassen, - b)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1, eine halbautomatische Kurzwaffe zum Verschießen von Patronenmunition nach Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 3 Nr. 1.1 erwirbt, besitzt oder führt, - c)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 21 Abs. 1 Satz 1 oder § 21a eine Schusswaffe oder Munition herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - d)
§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 29 Absatz 1 Satz 1 oder § 32 Absatz 1 Satz 1 eine Schusswaffe oder Munition in den oder durch den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbringt oder mitnimmt,
- 3.
entgegen § 35 Abs. 3 Satz 1 eine Schusswaffe, Munition oder eine Hieb- oder Stoßwaffe im Reisegewerbe oder auf einer dort genannten Veranstaltung vertreibt oder anderen überlässt oder - 4.
entgegen § 40 Abs. 1 zur Herstellung eines dort genannten Gegenstandes anleitet oder auffordert.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 2 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 1 Nummer 1.2.2 bis 1.2.4.2, 1.2.5, 1.3.1 bis 1.3.3, 1.3.5 bis 1.3.8, 1.4.1 Satz 1, Nr. 1.4.2 bis 1.4.4 oder 1.5.3 bis 1.5.7 einen dort genannten Gegenstand erwirbt, besitzt, überlässt, führt, verbringt, mitnimmt, herstellt, bearbeitet, instand setzt oder damit Handel treibt, - 2.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 - a)
eine Schusswaffe erwirbt, besitzt, führt oder - b)
Munition erwirbt oder besitzt,
- 3.
ohne Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Satz 1 eine Schusswaffe herstellt, bearbeitet oder instand setzt, - 4.
ohne Erlaubnis nach § 2 Absatz 2 in Verbindung mit Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1 in Verbindung mit - a)
§ 29 Absatz 1 Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes in einen anderen Mitgliedstaat verbringt oder - b)
§ 32 Absatz 1a Satz 1 eine dort genannte Schusswaffe oder Munition in einen anderen Mitgliedstaat mitnimmt,
- 5.
entgegen § 28 Abs. 2 Satz 1 eine Schusswaffe führt, - 6.
entgegen § 28 Abs. 3 Satz 2 eine Schusswaffe oder Munition überlässt, - 7.
entgegen § 34 Abs. 1 Satz 1 eine erlaubnispflichtige Schusswaffe oder erlaubnispflichtige Munition einem Nichtberechtigten überlässt, - 7a.
entgegen § 36 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 36 Absatz 5 Satz 1 eine dort genannte Vorkehrung für eine Schusswaffe nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig trifft und dadurch die Gefahr verursacht, dass eine Schusswaffe oder Munition abhandenkommt oder darauf unbefugt zugegriffen wird, - 8.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 9.
entgegen § 42 Abs. 1 eine Waffe führt oder - 10
entgegen § 57 Abs. 5 Satz 1 den Besitz über eine Schusswaffe oder Munition ausübt.
(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1, 2 Buchstabe b, c oder d oder Nr. 3 oder des Absatzes 3 Nummer 1 bis 7, 8, 9 oder 10 fahrlässig, so ist die Strafe bei den bezeichneten Taten nach Absatz 1 Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei Taten nach Absatz 3 Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
(5) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Straftaten verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitgliedes handelt.
(6) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.
(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.
(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.
(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendschutzkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
- 1
- Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 32 Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, sowie wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in fünf weiteren Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
- 2
- 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts führte der Angeklagte in der Zeit zwischen Januar 2008 und Oktober 2011 in insgesamt 36 Fällen sexuelle Handlungen mit seiner neun bis dreizehn Jahre alten Tochter aus. In einem weiteren Fall bot er einer anderen Zwölfjährigen 50 € dafür an, dass er vor ihr masturbieren könne, was sie jedoch ablehnte.
- 3
- 2. Zu den Verfahrensrügen bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts, dass die auf Video- und Bilddateien bezogenen Rügen an der mangelnden Mitteilung der hierzu gefertigten polizeilichen Inhaltsprotokolle scheitern.
- 4
- 3. Während der Schuldspruch rechtsfehlerfrei ist, halten die Einzelstrafaussprüche und der Gesamtstrafausspruch sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand. Gemäß § 46 Abs. 2 StGB hat das Tatgericht die Umstände gegeneinander abzuwägen, die für oder gegen den Täter sprechen. Außergewöhnlich hohe Strafen bedürfen einer Rechtfertigung in den Urteilsgründen , die die Abweichung vom Üblichen vor dem Hintergrund der Besonderheiten des jeweiligen Falles verständlich machen (BGH, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 – 5 StR 264/12, StraFo 2012, 419, und vom 20. September 2010 – 4 StR 278/10, NStZ-RR 2011, 5 mwN). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Angesichts der gravierenden mildernden Faktoren – derAngeklagte war umfassend geständig, hat sich den Ermittlungsbehörden freiwillig gestellt und ist nicht vorbestraft – hätte die Festsetzung der hieran gemessen ungewöhnlich hohen Einzelstrafen eingehender Begründung bedurft. Dies gilt auch eingedenk des ganz erheblichen Unrechtsgehalts der Gesamtheit der – freilich nicht gewaltbegleiteten – Sexualstraftaten. Zudem begegnet es durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht dem Geständnis mit der Begründung, Teile der das Tatgeschehen dokumentierenden Videodateien seien auf einer beim Angeklagten sichergestellten Festplatte gespeichert gewesen, nur eine verminderte strafmildernde Wirkung zukommen lässt (UA S. 17). Ferner berücksichtigt die Jugendkammer nicht hinreichend, dass der Angeklagte das Ermittlungsverfahren auch hinsichtlich der seine Tochter betreffenden Taten letztlich selbst in Gang gesetzt hat, indem er dem Vater der weiteren Geschädigten den Übergriff auf diese sogleich berichtet und anschließend mit diesem gemeinsam sich bei der Polizei angezeigt hat, was – für den Angeklagten absehbar – die Aufdeckung der Taten zum Nachteil seiner Tochter zur Folge hatte.
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- Hinsichtlich der Bemessung der Gesamtstrafe führt das Landgericht zwar zutreffend den engen situativen und zeitlichen Zusammenhang und die wiederholte Verwirklichung von gleichartigen Taten mit mutmaßlich geringer werdender Hemmschwelle als strafmildernde Faktoren an (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2003 – 5 StR 199/03, NStZ-RR 2003, 272, und vom 2. Oktober 2001 – 4 StR 381/01; Urteil vom 18. September 1995 – 1 StR 463/95, NStZ 1996, 187; Beschluss vom 24. Februar 1989 – 3StR 13/89, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Bemessung 2; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 4. Aufl., Rn. 662, 664 mwN). Hieraus zieht es jedoch keine erkennbaren Konsequenzen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Juni 2012 – 5 StR 269/12, NStZ-RR 2012, 306). Die trotz dieser für eine enge Zusammenfassung der Einzelstrafen sprechenden Gesichtspunkte erfolgte Verhängung einer Gesamtstrafe im oberen Bereich des zur Verfügung stehenden Gesamtstrafrahmens lässt im vorliegenden Fall besorgen, das Gericht habe sich in zu starkem Maße von der Summe der Einzelstrafen leiten lassen (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, aaO, Rn. 661 mwN).
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- Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da lediglich Wertungsfehler vorliegen. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese den bisherigen nicht widersprechen.
(1) Gegenstände, die durch eine vorsätzliche Tat hervorgebracht (Tatprodukte) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht worden oder bestimmt gewesen sind (Tatmittel), können eingezogen werden.
(2) Gegenstände, auf die sich eine Straftat bezieht (Tatobjekte), unterliegen der Einziehung nach der Maßgabe besonderer Vorschriften.
(3) Die Einziehung ist nur zulässig, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Das gilt auch für die Einziehung, die durch eine besondere Vorschrift über Absatz 1 hinaus vorgeschrieben oder zugelassen ist.
Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.
(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.
(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.
(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.