Oberlandesgericht München Beschluss, 19. Jan. 2018 - 7 W 1654/17

bei uns veröffentlicht am19.01.2018
vorgehend
Landgericht München I, 15 HK O 25169/14, 07.08.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 07.08.2017, Az. 15 HK O 25169/14, dahingehend abgeändert, dass Ziffer I. 1.4 des Tenors gestrichen wird.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Schuldnerin zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Schuldnerin zwei Drittel, die Gläubigerin ein Drittel.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Erteilung eines Buchauszuges.

Die Schuldnerin wurde mit rechtskräftigem Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 18.09.2015, Az. 15 HK O 25169/14, verurteilt, der Gläubigerin „einen Buchauszug zu erteilen über

1.1 die seit Vertragsbeginn 15.11.2010 bis Ende Oktober 2014 mit allen Kunden aus den Bezirken Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein ausgeführten Warenlieferungen und Leistungen

1.2 über Datum und Höhe der Kundenzahlungen, einschließlich geleisteter Anzahlungen,

1.3 über abgeschlossene, aber nicht vertragsgemäß ausgeführte Geschäfte, unter Angabe der Gründe für die nicht vertragsgemäße Durchführung solcher Geschäfte; insbesondere über Einwände der Kunden aus Gewährleistung, abweichenden Lieferungen.

1.4 Der Buchauszug hat alle zur Überprüfung der Angaben nach Ziffer 1.1 bis 1.3 relevanten Dokumente, insbesondere Anfragen, Korrespondenz, Verträge/Bestellungen unter Angabe der Werte der Einzelaufträge, Lieferscheine und Rechnungen sowie Zahlungseingänge der Kunden zu enthalten und die Belege über die Beschaffungskosten für das jeweils liefergegenständlich verarbeitete Aluminiumvormaterial zu enthalten.

Die Beklagte hat Auskunft zu erteilen über sämtliche Kundenanfragen, die diese aus den Vertreterbezirken Deutschland, Österreich, Schweiz und Liechtenstein direkt oder durch die Klägerin vermittelte oder über die Klägerin bekannt gemachte Kunden unmittelbar erhalten hat.

Auf Antrag der Gläubigerin vom 08.06.2016 (Bl. 38/41 d.A.) wurde die Gläubigerin nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss des Landgerichts München I vom 07.08.2017, Az. 15 HK O 25169/14, (Bl. 119/122 d.A.), der der Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin am 14.08.2017 zugestellt wurde, ermächtigt, den Buchauszug laut Ziffern I.1.1 bis 1.4 des Teil-Versäumnisurteils vom 18.09.2015 auf Kosten der Schuldnerin durch einen von der Gläubigerin beauftragten vereidigten Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer erstellen zu lassen. Gleichzeitig wurde der Schuldnerin auferlegt, dem von der Gläubigerin beauftragten vereidigten Buchprüfer oder Wirtschaftsprüfer den Zutritt zu den Geschäftsräumen und die Einsichtnahme in die Geschäftsbücher der Schuldnerin zu gestatten und einen Vorschuss in Höhe von 30.000,00 € zur Erstellung dieses Buchauszugs an die Gläubigerin zu zahlen.

Gegen diesen Beschluss legte die Schuldnerin mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 25.08.2017 (Bl. 123/128 d.A.), eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tag, sofortige Beschwerde ein, der das Landgericht mit Beschluss vom 13.10.2017 (Bl. 136 d.A.) nicht abhalf.

II.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

1. Die deutschen Gerichte sind für die Anordnung der in Rede stehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO international zuständig.

Der BGH hat mit Beschluss vom 13.08.2009 (Az. I ZB 43/08), in dem es - wie hier - um die Ermächtigung der Gläubigerin zur Erstellung eines Buchauszugs, einen der im EU-Ausland geschäftsansässigen Schuldnerin auferlegten Kostenvorschuss für die Beauftragung eines Wirtschaftsprüfers und die Anordnung, diesem den Zutritt zu den im Ausland gelegenen Geschäftsräumen der Schuldnerin und Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren, ging, entschieden, dass die Ermächtigung nach § 887 Abs. 1 ZPO sowie die Verpflichtung der Schuldnerin zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme nach § 887 Abs. 2 ZPO nur die inländischen Gerichte und Vollstreckungsorgane binde und deshalb nicht in die Hoheitsgewalt des ausländischen Staates eingreife (BGH, aaO, Rdnr. 15). Da die Verpflichtung zur Zahlung des Kostenvorschusses vor einer Vollstreckbarerklärung im Ausland auf eine Durchsetzung im Inland beschränkt sei, sei kein Grund ersichtlich, für die Ermächtigung der Ersatzvornahme und die Anordnung der Kostenvorauszahlung eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu verneinen, die in den Vollstreckungswirkungen auf das Inland beschränkt ist (BGH, aaO, Rdnr. 16 aE). Eine Einschränkung der internationalen Zuständigkeit sei auch nicht insoweit angebracht, als die Durchführung der Ersatzvornahme ein Betreten von Geschäftsräumen im Hoheitsgebiet eines anderen Staats erfordere (BGH, aaO, Rdnr. 17).

Der Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte stehe auch nicht Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO entgegen, da die Vollstreckung aus der angegriffenen Entscheidung ohne Vollstreckbarerklärung in einem anderen Mitgliedstaat auf Deutschland beschränkt sei.

Diese Entscheidung des BGH hat jedenfalls im streitgegenständlichen Fall auch noch uneingeschränkte Gültigkeit, da entgegen der Ansicht der Schuldnerin nicht die VO (EU) 1215/2012 zur Anwendung kommt, sondern weiterhin die Brüssel-I-VO, zu der die BGH-Entscheidung ergangen ist. Denn die VO (EU) 1215/2012 ist gemäß ihres Art. 66 nur für Verfahren maßgeblich, die nach dem 09.01.2015 eingeleitet wurden, während für davor eingeleitete Verfahren weiterhin die Brüssel-I-VO gilt. Das streitgegenständliche Verfahren ist jedoch noch im Jahr 2014 eingeleitet worden.

Solange und soweit also - wie im streitgegenständlichen Fall - die Vollstreckungsmaßnahmen nur im Inland erfolgen, sind insoweit die deutschen Gerichte international zuständig.

2. Das Landgericht hat die Gläubigerin dem Grunde nach zu Recht ermächtigt, auf Kosten der Schuldnerin einen Buchauszug erstellen zu lassen, da die Voraussetzungen des § 887 Abs. 1 ZPO vorliegen.

a. Die Erteilung eines Buchauszuges ist eine vertretbare Handlung iSd. § 887 Abs. 1 ZPO, auch wenn sich die für die Erstellung des Buchauszugs erforderlichen Unterlagen im Ausland befinden (BGH, Beschluss vom 13.08.2009, Az. I ZB 43/08, Rdnr. 23, Stöber in Zöller, ZPO, 31. Auflage, Köln 2016, Rdnr. 3 zu § 887 ZPO, Stichwort „Erteilung eines Buchauszuges“).

b. Die Schuldnerin ist ihrer mit Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 18.09.2015, Az. 15 HK O 25169/14, rechtskräftig titulierten Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszuges auch nicht nachgekommen. Denn entgegen der Ansicht der Schuldnerin hat diese ihre Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszugs nicht (insbesondere auch nicht durch Vorlage der Anlage BZV-8) erfüllt.

aa. Erfüllung ist schon deshalb nicht eingetreten, da sich der Buchauszug laut Anl. BZV-8 nur auf Geschäftsbeziehungen der Schuldnerin zur Firma G. GmbH, …M. bezieht. Unstreitig gab es im relevanten Zeitraum jedoch noch weitere Kunden der Schuldnerin, sodass sich der Buchauszug auch auf die Geschäftsbeziehungen der Schuldnerin zu diesen Kunden erstrecken muss. Die Schuldnerin kann sich insoweit nämlich nicht darauf berufen, dass der Gläubigerin aufgrund der Vereinbarung im Handelsvertretervertrag (Anl. BZV-6), wonach die Bestandskunden e.-p. M. GmbH & Co KG und ZF L. GmbH vom Vertrag ausgenommen sind, insoweit kein Provisionsanspruch zustehe und sie deshalb auch keinen Buchauszugsanspruch habe. Denn im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO kommt es nur darauf an, in welchem Umfang die Schuldnerin im davor durchgeführten Erkenntnisverfahren zur Buchauszugserteilung rechtskräftig verurteilt wurde, die materiell-rechtliche Rechtslage ist dagegen unerheblich (BGH, Beschluss vom 26.04.2007, Az. I ZB 82/06, Rdnr. 17). Die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszugs im rechtskräftigen Teil-Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 18.09.2015, Az. 15 HK O 25169/14, erstreckt sich aber ausdrücklich auf mit „allen Kunden (…) ausgeführte(…) Warenlieferungen und Leistungen“ und nicht nur auf Kunden, hinsichtlich deren Geschäfte mit der Schuldnerin der Gläubigerin ein Provisionsanspruch zusteht. Hätte die Schuldnerin ihre Buchauszugserteilungspflicht dergestalt beschränkt haben wollen, hätte sie dies im Erkenntnisverfahren versuchen müssen und kein Teil-Versäumnisurteil gegen sich ergehen lassen dürfen. Da sie dies aber unterlassen hat, ist der Buchauszug im dort tenorierten Umfang, das heisst hinsichtlich aller Kunden, zu erteilen. Es gibt deshalb insbesondere auch keine Ausnahmen bezüglich der im Beschwerdeschriftsatz vom 25.08.2017 aufgeführten Firmen e.-p. M. GmbH & Co KG, ZF L. GmbH, B. R. & P., e.-p. L. GmbH, ZF F. AG und B. E.

bb. Erfüllung ist aber auch nicht hinsichtlich der Firma G. eingetreten. Denn ein Buchauszug muss alles enthalten, was sich aus allen dem Unternehmer verfügbaren schriftlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Ausstellung des Buchauszugs über die fraglichen Geschäfte ergibt und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann (BGH, Urteil vom 21.03.2001, Az. VIII ZR 149/99, Rdnr. 21). Gefordert ist damit - wie der Senat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt hat (OLG München, Urteil vom 21.04.2010, Az. 7 U 5369/09, Rdnr. 11) - ein Spiegelbild der provisionsrelevanten Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmer, Kunden und Vertreter.

Nach diesem Maßstab fehlen in dem Buchauszug laut Anl. BZV-8 die gemäß 1.3 des Teilversäumnisurteils vom 18.09.2015 geschuldeten Angaben zu abgeschlossenen, aber nicht vertragsgemäß ausgeführten Geschäften sowie hinreichende Angaben zu rückabgewickelten Geschäften (bspw. die Gründe für Warenrückgaben). Diese Angaben benötigt die Gläubigerin als Handelsvertreterin nämlich im Hinblick auf die Berechnung der ihr zustehenden Provision nach § 87 a HGB (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Auflage, München 2016, Rdnr. 15 zu § 87 c HGB).

Darüber hinaus hat der Buchauszug auch Angaben zum Aluminiumvormaterial zu enthalten, da die Kosten für das Aluminiumvormaterial gemäß Ziffer 2 Abs. 1 des „Handelsvertretungsvertrages“ zwischen den Parteien vom 12.11.2010 (Anlage BZV-6) ein Rechnungsposten bei der Bestimmung der Provisionshöhe sind, sodass die Gläubigerin den ihr zustehenden Provisionsanspruch aus den einzelnen Geschäften nur richtig errechnen kann, wenn sie die Kosten für das Aluminiumvormaterial kennt. An der Verpflichtung der Schuldnerin zu diesbezüglichen Angaben im Buchauszug ändert auch nichts, dass - wie die Schuldnerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2017 behauptet - die Gläubigerin die Beschaffungskosten für das Alumuniumvormaterial in dem der Schuldnerin von ihr übermittelten Vertragsangebot mit der Firma G. selbst angegeben hat. Denn entscheidend und der Provisionsberechnung zu Grunde zu legen, ist nach dem Handelsvertretervertrag ausschließlich, was tatsächlich zwischen der Schuldnerin und dem Kunden vereinbart wurde. Das wiederum ist nur der Schuldnerin bekannt, sodass der Buchauszug hierzu Angaben enthalten muss. Entgegen der rechtsirrigen Auffassung der Prozessbevollmächtigten der Schuldnerin (vgl. Schriftsatz vom 20.04.2017, S. 3, Bl. 81 d.A.) muss die Gläubigerin die jeweiligen Tagespreise für Aluminium auch nicht selbst ermitteln.

Da der Buchauszug in Form einer geordneten Zusammenstellung der geschuldeten Angaben zu erteilen ist, genügt für eine Erfüllung auch nicht, dass die Schuldnerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 21.07.2017 im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens Angaben zur Berechnung der Provision macht.

Da nach dem Gesagten die bisherigen Angaben der Schuldnerin sehr unvollständig sind, besteht die Verpflichtung der Schuldnerin zur Erstellung eines Buchauszuges in dem durch das Versäumnisurteil vom 18.09.2015 titulierten Umfang weiterhin fort.

c. Insoweit als in Ziffer 1.4 des Tenors des angegriffenen Beschlusses die Schuldnerin zur Vorlage von Dokumenten im Rahmen der Buchauszugserteilung verpflichtet wurde, war der Beschluss dagegen aufzuheben. Zwar ist die Schuldnerin mit dem rechtskräftigen Teil-Versäumnisurteil vom 18.09.2015 (dort Ziffer 1.4 des Tenors) außer zur Erteilung eines Buchauszugs auch zur Vorlage der in Ziffer 1.4 des angegriffenen Beschlusses bezeichneten Dokumente verurteilt worden, sodass diese Verpflichtung auch der Zwangsvollstreckung zugänglich ist. Die zwangsweise Durchsetzung dieser Verpflichtung kann jedoch nicht nach § 887 ZPO im Wege der hier von der Gläubigerin beantragten Ersatzvornahme erfolgen, da die Vorlage von Geschäftsunterlagen keine vertretbare Handlung ist. Vielmehr kann die Vornahme einer Handlung nur nach § 888 ZPO durch Zwangsgeld bzw- -haft erzwungen werden. Ein ordnungsgemäßer Buchauszug setzt auch nicht notwendigerweise die gleichzeitige Belegvorlage voraus (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Auflage, München 2016, Rdnr. 15 aE zu § 87 c HGB).

3. Die in Ziffer 3 des Beschlusses des Landgerichts vom 07.08.2017 angeordneten Duldungspflichten folgen aus der Ermächtigung zur Ersatzvornahme (BGH, Beschluss vom 13.08.2009, Az. I ZB 43/08, Rdnr. 26).

4. Die in Ziffer 4 des angegriffenen Beschlusses ausgesprochene Verpflichtung der Schuldnerin zur Zahlung eines Vorschusses beruht auf § 887 Abs. 2 ZPO. Die Höhe des festgesetzten Vorschusses erscheint angemessen. Sie wurde von der Schuldnerin in ihrer sofortigen Beschwerde auch nicht angegriffen.

5. Der Ausspruch zu den Kosten folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren war auf 30.000,00 € festzusetzen.

Gründe die Rechtsbeschwerde zuzulassen, sind nicht ersichtlich.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 19. Jan. 2018 - 7 W 1654/17

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(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Hand

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(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 43/08
vom
13. August 2009
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 576 Abs. 2, 887, 890; Brüssel-I-Verordnung Art. 22 Nr. 5, Art. 49

a) Für die Vollstreckung vertretbarer Handlungen mit einem Auslandsbezug
(hier: Erstellung eines Buchauszugs durch einen Sachverständigen in den
Geschäftsräumen einer in Österreich ansässigen Schuldnerin) ist die internationale
Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben, wenn die Durchsetzung
der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf das Inland beschränkt ist.

b) Die Erstellung eines Buchauszugs ist auch dann eine vertretbare Handlung,
wenn sich die hierzu benötigten Unterlagen im Ausland befinden.
BGH, Beschluss vom 13. August 2009 - I ZB 43/08 - OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. August 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. April 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Das Landgericht Essen hat die Schuldnerin, eine in Österreich geschäftsansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, durch vollstreckbares Teilurteil vom 4. Juni 2007 verurteilt, der Gläubigerin einen Buchauszug zu erteilen.
2
Das Landgericht hat die Gläubigerin auf deren Antrag vom 26. November 2006 ermächtigt, den Buchauszug durch einen von ihr auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer erstellen zu lassen und der Schuldnerin auferlegt, einen Kostenvorschuss von 5.000 € zu zahlen. Es hat der Schuldnerin zudem aufgegeben, dem beauftragten Sachverständigen in dem zur Fertigung des Buchauszugs erfor- derlichen Umfang ungehinderten Zutritt zu ihren Geschäftsräumen und Einsicht in die Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu gewähren und diese Unterlagen sowie die zur Fertigung des Buchauszugs erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Gebot hat das Landgericht der Schuldnerin ein Ordnungsgeld bis zu 100.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.
3
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Beschwerdegericht im Wesentlichen zurückgewiesen. Es hat von der Androhung von Ordnungsmitteln nur die Verpflichtung ausgenommen, dem Sachverständigen die Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden und die zur Fertigung des Buchauszugs erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
4
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Schuldnerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, und den Antrag der Gläubigerin vom 26. November 2006 zurückzuweisen. Die Gläubigerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
5
II. Das Beschwerdegericht hat eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die in Rede stehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bejaht und ist davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin überwiegend begründet ist. Dazu hat es ausgeführt:
6
Die deutschen Gerichte seien befugt, auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzte Vollstreckungshandlungen vorzunehmen. Die Ermächtigung zur Ersatzvornahme und die Vorschussanordnung könnten auch dann durch ein deutsches Gericht ausgesprochen werden, wenn die entsprechenden Handlungen im Ausland vorzunehmen seien. Hierdurch würden nur die inländi- schen Rechtsprechungsorgane gebunden und die Souveränität des ausländischen Staats nicht beeinträchtigt. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestehe auch für die gegen die Schuldnerin gerichtete Anordnung, dem Sachverständigen Zutritt zu den Geschäftsräumen zu gewähren, die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld anzudrohen.
7
Der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin sei überwiegend begründet. Der Schuldnerin könne allerdings kein Ordnungsgeld für den Fall angedroht werden, dass sie Arbeitsmöglichkeiten für den von der Gläubigerin beauftragten Sachverständigen nicht zur Verfügung stelle. Im Übrigen seien die vom Landgericht ausgesprochenen Anordnungen in der Sache gerechtfertigt.
8
III. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet.
9
1. Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei von einer internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen.
10
a) Die Prüfung der internationalen Zuständigkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nicht durch § 576 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gilt nichts anderes als für das Revisionsverfahren, in dem der Prüfung der internationalen Zuständigkeit auch nicht § 545 Abs. 2 ZPO entgegensteht (vgl. BGH, Beschl. v. 4.10.2005 - VII ZB 9/05, NJW-RR 2006, 198, 199).
11
b) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für das Zwangsvollstreckungsverfahren setzt voraus, dass der Gegenstand der Vollstreckung sich im Inland befindet, weil die staatliche Zwangsgewalt auf das Inland be- schränkt ist und durch von den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland angeordnete Vollstreckungsmaßnahmen nicht in die Hoheitsgewalt eines anderen Staats eingegriffen werden darf (vgl. BVerfG NJW 1983, 2766, 2767; BGH, Beschl. v. 6.11.2008 - IX ZR 64/08, WM 2008, 2302 Tz. 12; Mankowski in Rauscher , Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 22 Brüssel-I-VO Rdn. 53a; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 22 EuGVO Rdn. 59; vgl. auch zu Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO: EuGH, Urt. v. 26.3.1992 - C-261/90, Slg. 1992, I-2149 = EuZW 1992, 447 Tz. 26 - Reichert II). Die Beurteilung, ob ein Gegenstand im Vollstreckungsstaat belegen ist, richtet sich nach nationalem Recht (vgl. BGH NJW-RR 2006, 198, 199).
12
aa) In Rechtsprechung und Schrifttum ist die Frage umstritten, ob eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Anordnung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO besteht, wenn diese die Vornahme einer im Ausland zu erbringenden vertretbaren Handlung zum Gegenstand haben.
13
Teilweise wird eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO verneint, wenn die vertretbare Handlung im Ausland vorzunehmen ist und damit das Betreten eines Grundstücks des Schuldners im Ausland verbunden ist, wie dies vorliegend bei der Erstellung eines Buchauszugs eines Sachverständigen in den Geschäftsräumen der in Österreich ansässigen Schuldnerin der Fall ist (vgl. OLG Nürnberg IPRspr 1974, Nr. 188; OLG Stuttgart ZZP 97 (1984), 487; Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 60; wohl auch Münzberg, ZZP 97 (1984), 489, 490).
14
Die Gegenansicht bejaht eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO auch in diesem Fall (vgl. OLG Hamm OLGR 1998, 177; OLG Düsseldorf IPRspr 2004, Nr. 183; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. Rdn. 403). Dem ist zuzustimmen.
15
bb) Die Ermächtigung nach § 887 Abs. 1 ZPO, die vertretbare Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen, bindet nur die inländischen Gerichte und Vollstreckungsorgane und greift deshalb nicht in die Hoheitsgewalt des ausländischen Staats ein. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Schuldners nach § 887 Abs. 2 ZPO, die Kosten der Ersatzvornahme vorauszuzahlen. Die Verurteilung zur Zahlung des Kostenvorschusses ist vor einer Vollstreckbarerklärung im Ausland auf eine Durchsetzung im Inland beschränkt.
16
Für eine in ihren Wirkungen in diesem Sinne beschränkte Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte spricht der Vergleich mit der Regelung der Vollstreckung von Zwangsgeldern in Art. 49 Brüssel-I-VO. Diese Vorschrift sieht die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgeldes lauten, im Vollstreckungsmitgliedstaat vor, wenn die Höhe des Zwangsgeldes durch die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats endgültig festgesetzt ist. Im vorliegenden Fall braucht nicht entschieden zu werden, ob die Vollstreckung vertretbarer Handlungen nach § 887 ZPO auch Art. 49 Brüssel-I-VO unterfällt (so Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., Art. 49 EuGVVO Rdn. 3; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 49 EuGVVO Rdn. 10). Jedenfalls folgt aus Art. 49 Brüssel-I-VO, dass die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats international zur Festsetzung von Zwangsgeldern zuständig sind (vgl. Schlosser aaO Art. 49 EuGVVO Rdn. 4; Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 61; MünchKomm.ZPO/Gottwald, Art. 49 EuGVO Rdn. 4; differenzierend Bruns, ZZP 118 (2005), 3, 14, 16). Es ist danach kein Grund ersichtlich, für die Ermächtigung der Ersatzvornahme und die Anordnung der Kostenvorauszahlung eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu verneinen, die in den Vollstreckungswirkungen auf das Inland beschränkt ist.

17
Eine Einschränkung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ist auch nicht insoweit angebracht, als die Durchführung der Ersatzvornahme ein Betreten von Geschäftsräumen im Hoheitsgebiet eines anderen Staats erfordert. Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die zwangsweise Durchsetzung durch unmittelbaren Zwang, wie er in § 892 ZPO vorgesehen ist, der Hoheitsgewalt des ausländischen Staats - vorliegend Österreich - unterliegt und nur von diesem angeordnet werden kann.
18
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO zur Durchsetzung der Duldungspflicht liegt ebenfalls vor. Die Zwangsvollstreckung ist auch insoweit auf das Inland beschränkt und verletzt nicht die Hoheitsgewalt des Staats, in dessen Bereich der Schuldner die Handlung dulden soll. Die Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO betrifft, soweit die Entscheidung nicht in dem ausländischen Staat für vollstreckbar erklärt worden ist, nur den inländischen Geltungsbereich (vgl. Geimer aaO Rdn. 401; Schlosser aaO Art. 49 EuGVVO Rdn. 7; Mankowski aaO Art. 49 Brüssel-I-VO Rdn. 2; Kropholler aaO Art. 49 EuGVO Rdn. 3; Nagel/ Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. Rdn. 51; tendenziell ablehnend Bruns, ZZP 118 (2005), S. 3, 16). Es handelt sich um die Ausübung von Zwang im Inland, auch wenn die Duldung im Ausland vorzunehmen ist.
19
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde steht der Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht die Bestimmung des Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO entgegen. Nach dieser Vorschrift sind ohne Rücksicht auf den Wohnsitz für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist. Ob unter die Vorschrift nur kontradiktorische Verfahren fallen und hierzu die Ersatzvornahme nach § 887 ZPO nicht zählt, ist umstritten (gegen eine Anwendung des Art. 22 Nr. 5 Brüssel -I-VO auf Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888, 890 ZPO Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 61; Mankowski aaO Art. 22 Brüssel-I-VO Rdn. 58; a.A. OLG Köln IPRspr 2005, Nr. 179; Schlosser aaO Art. 22 EuGVVO Rdn. 25). Die Frage braucht nicht entschieden zu werden. Auch wenn die Vorschrift des Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO einschlägig ist, schließt sie vorliegend die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht aus, weil die Vollstreckung aus der Entscheidung des Beschwerdegerichts ohne Vollstreckbarerklärung in einem anderen Mitgliedstaat auf Deutschland beschränkt ist.
20
2. Der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin ist in dem Umfang, in dem er im Rechtsbeschwerdeverfahren zur Überprüfung angefallen ist, nach § 887 ZPO begründet.
21
a) Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Gläubigerin ermächtigt, den von der Schuldnerin aufgrund des Teilurteils des Landgerichts Essen vom 4. Juni 2007 zu erteilenden Buchauszug durch einen von der Gläubigerin auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen auf Kosten der Schuldnerin erstellen zu lassen (§ 887 Abs. 1 ZPO). Die Erteilung eines Buchauszugs ist grundsätzlich eine vertretbare Handlung (BGH, Beschl. v. 26.4.2007 - I ZB 82/06, NJW-RR 2007, 1475 Tz. 15).
22
aa) In Rechtsprechung und Schrifttum wird allerdings zum Teil angenommen , die Erstellung eines Buchauszugs sei ausnahmsweise eine unvertretbare Handlung i.S. des § 888 ZPO, wenn sich die für die Erstellung des Buchauszugs erforderlichen Unterlagen im Ausland befänden (vgl. OLG Frankfurt IPRspr 2000, Nr. 172; OLG Köln IPRspr 2002, Nr. 210; Zöller/Stöber aaO § 887 Rdn. 3 "Erteilung eines Buchauszugs"; a.A. OLG Düsseldorf IPRspr 2004, Nr. 183). Begründet wird dies mit der Unmöglichkeit oder zumindest mit den zusätzlichen Schwierigkeiten, die Duldung der Ersatzvornahme im Ausland durchzusetzen, weil die Zuziehung des Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO nicht erfolgen kann, sondern der Gläubiger gezwungen ist, die für den Ort, an dem der Schuldner die Handlung zu dulden hat, zuständigen ausländischen Vollstreckungsorgane hinzuzuziehen.
23
bb) Dem kann nicht beigetreten werden.
24
Allerdings können mit der Durchsetzung der Ersatzvornahme im Ausland für den Gläubiger zusätzliche Schwierigkeiten verbunden sein. Den Widerstand des Schuldners gegen die Duldung der Ersatzvornahme kann der Gläubiger im Ausland nicht durch Zuziehung eines Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO brechen. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, die rechtliche Qualifikation der Erstellung des Buchauszugs als vertretbare oder unvertretbare Handlung sei danach zu beurteilen, ob sich die Buchhaltungsunterlagen im Inland oder im Ausland befinden. Dem Widerstand des Schuldners gegen die ihm durch die Ersatzvornahme auferlegten Duldungspflichten kann der Gläubiger durch Androhung und gegebenenfalls Festsetzung eines Ordnungsgelds i.S. des § 890 ZPO oder dadurch begegnen, dass er den deutschen Titel im Ausland für vollstreckbar erklären lässt und die Zwangsvollstreckung durch die ausländischen Vollstreckungsorgane betreibt. Diese Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten sind für den Gläubiger nicht weniger effektiv als die Zwangsgeldfestsetzung nach § 888 ZPO.
25
b) Die Verpflichtung der Schuldnerin zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme ergibt sich aus § 887 Abs. 2 ZPO.
26
Die vom Beschwerdegericht ausgesprochene Duldungspflicht der Schuldnerin folgt aus der Ermächtigung zur Ersatzvornahme; die Androhung des Ordnungsgelds für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Duldungspflicht hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 Abs. 2 ZPO (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 823, 824; Wieczorek/Schütze/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 887 Rdn. 38).
27
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 09.01.2008 - 44 O 201/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.04.2008 - 25 W 28/08 -

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 43/08
vom
13. August 2009
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 576 Abs. 2, 887, 890; Brüssel-I-Verordnung Art. 22 Nr. 5, Art. 49

a) Für die Vollstreckung vertretbarer Handlungen mit einem Auslandsbezug
(hier: Erstellung eines Buchauszugs durch einen Sachverständigen in den
Geschäftsräumen einer in Österreich ansässigen Schuldnerin) ist die internationale
Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben, wenn die Durchsetzung
der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf das Inland beschränkt ist.

b) Die Erstellung eines Buchauszugs ist auch dann eine vertretbare Handlung,
wenn sich die hierzu benötigten Unterlagen im Ausland befinden.
BGH, Beschluss vom 13. August 2009 - I ZB 43/08 - OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. August 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. April 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Das Landgericht Essen hat die Schuldnerin, eine in Österreich geschäftsansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, durch vollstreckbares Teilurteil vom 4. Juni 2007 verurteilt, der Gläubigerin einen Buchauszug zu erteilen.
2
Das Landgericht hat die Gläubigerin auf deren Antrag vom 26. November 2006 ermächtigt, den Buchauszug durch einen von ihr auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer erstellen zu lassen und der Schuldnerin auferlegt, einen Kostenvorschuss von 5.000 € zu zahlen. Es hat der Schuldnerin zudem aufgegeben, dem beauftragten Sachverständigen in dem zur Fertigung des Buchauszugs erfor- derlichen Umfang ungehinderten Zutritt zu ihren Geschäftsräumen und Einsicht in die Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu gewähren und diese Unterlagen sowie die zur Fertigung des Buchauszugs erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Gebot hat das Landgericht der Schuldnerin ein Ordnungsgeld bis zu 100.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.
3
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Beschwerdegericht im Wesentlichen zurückgewiesen. Es hat von der Androhung von Ordnungsmitteln nur die Verpflichtung ausgenommen, dem Sachverständigen die Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden und die zur Fertigung des Buchauszugs erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
4
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Schuldnerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, und den Antrag der Gläubigerin vom 26. November 2006 zurückzuweisen. Die Gläubigerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
5
II. Das Beschwerdegericht hat eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die in Rede stehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bejaht und ist davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin überwiegend begründet ist. Dazu hat es ausgeführt:
6
Die deutschen Gerichte seien befugt, auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzte Vollstreckungshandlungen vorzunehmen. Die Ermächtigung zur Ersatzvornahme und die Vorschussanordnung könnten auch dann durch ein deutsches Gericht ausgesprochen werden, wenn die entsprechenden Handlungen im Ausland vorzunehmen seien. Hierdurch würden nur die inländi- schen Rechtsprechungsorgane gebunden und die Souveränität des ausländischen Staats nicht beeinträchtigt. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestehe auch für die gegen die Schuldnerin gerichtete Anordnung, dem Sachverständigen Zutritt zu den Geschäftsräumen zu gewähren, die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld anzudrohen.
7
Der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin sei überwiegend begründet. Der Schuldnerin könne allerdings kein Ordnungsgeld für den Fall angedroht werden, dass sie Arbeitsmöglichkeiten für den von der Gläubigerin beauftragten Sachverständigen nicht zur Verfügung stelle. Im Übrigen seien die vom Landgericht ausgesprochenen Anordnungen in der Sache gerechtfertigt.
8
III. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet.
9
1. Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei von einer internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen.
10
a) Die Prüfung der internationalen Zuständigkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nicht durch § 576 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gilt nichts anderes als für das Revisionsverfahren, in dem der Prüfung der internationalen Zuständigkeit auch nicht § 545 Abs. 2 ZPO entgegensteht (vgl. BGH, Beschl. v. 4.10.2005 - VII ZB 9/05, NJW-RR 2006, 198, 199).
11
b) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für das Zwangsvollstreckungsverfahren setzt voraus, dass der Gegenstand der Vollstreckung sich im Inland befindet, weil die staatliche Zwangsgewalt auf das Inland be- schränkt ist und durch von den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland angeordnete Vollstreckungsmaßnahmen nicht in die Hoheitsgewalt eines anderen Staats eingegriffen werden darf (vgl. BVerfG NJW 1983, 2766, 2767; BGH, Beschl. v. 6.11.2008 - IX ZR 64/08, WM 2008, 2302 Tz. 12; Mankowski in Rauscher , Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 22 Brüssel-I-VO Rdn. 53a; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 22 EuGVO Rdn. 59; vgl. auch zu Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO: EuGH, Urt. v. 26.3.1992 - C-261/90, Slg. 1992, I-2149 = EuZW 1992, 447 Tz. 26 - Reichert II). Die Beurteilung, ob ein Gegenstand im Vollstreckungsstaat belegen ist, richtet sich nach nationalem Recht (vgl. BGH NJW-RR 2006, 198, 199).
12
aa) In Rechtsprechung und Schrifttum ist die Frage umstritten, ob eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Anordnung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO besteht, wenn diese die Vornahme einer im Ausland zu erbringenden vertretbaren Handlung zum Gegenstand haben.
13
Teilweise wird eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO verneint, wenn die vertretbare Handlung im Ausland vorzunehmen ist und damit das Betreten eines Grundstücks des Schuldners im Ausland verbunden ist, wie dies vorliegend bei der Erstellung eines Buchauszugs eines Sachverständigen in den Geschäftsräumen der in Österreich ansässigen Schuldnerin der Fall ist (vgl. OLG Nürnberg IPRspr 1974, Nr. 188; OLG Stuttgart ZZP 97 (1984), 487; Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 60; wohl auch Münzberg, ZZP 97 (1984), 489, 490).
14
Die Gegenansicht bejaht eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO auch in diesem Fall (vgl. OLG Hamm OLGR 1998, 177; OLG Düsseldorf IPRspr 2004, Nr. 183; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. Rdn. 403). Dem ist zuzustimmen.
15
bb) Die Ermächtigung nach § 887 Abs. 1 ZPO, die vertretbare Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen, bindet nur die inländischen Gerichte und Vollstreckungsorgane und greift deshalb nicht in die Hoheitsgewalt des ausländischen Staats ein. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Schuldners nach § 887 Abs. 2 ZPO, die Kosten der Ersatzvornahme vorauszuzahlen. Die Verurteilung zur Zahlung des Kostenvorschusses ist vor einer Vollstreckbarerklärung im Ausland auf eine Durchsetzung im Inland beschränkt.
16
Für eine in ihren Wirkungen in diesem Sinne beschränkte Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte spricht der Vergleich mit der Regelung der Vollstreckung von Zwangsgeldern in Art. 49 Brüssel-I-VO. Diese Vorschrift sieht die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgeldes lauten, im Vollstreckungsmitgliedstaat vor, wenn die Höhe des Zwangsgeldes durch die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats endgültig festgesetzt ist. Im vorliegenden Fall braucht nicht entschieden zu werden, ob die Vollstreckung vertretbarer Handlungen nach § 887 ZPO auch Art. 49 Brüssel-I-VO unterfällt (so Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., Art. 49 EuGVVO Rdn. 3; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 49 EuGVVO Rdn. 10). Jedenfalls folgt aus Art. 49 Brüssel-I-VO, dass die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats international zur Festsetzung von Zwangsgeldern zuständig sind (vgl. Schlosser aaO Art. 49 EuGVVO Rdn. 4; Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 61; MünchKomm.ZPO/Gottwald, Art. 49 EuGVO Rdn. 4; differenzierend Bruns, ZZP 118 (2005), 3, 14, 16). Es ist danach kein Grund ersichtlich, für die Ermächtigung der Ersatzvornahme und die Anordnung der Kostenvorauszahlung eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu verneinen, die in den Vollstreckungswirkungen auf das Inland beschränkt ist.

17
Eine Einschränkung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ist auch nicht insoweit angebracht, als die Durchführung der Ersatzvornahme ein Betreten von Geschäftsräumen im Hoheitsgebiet eines anderen Staats erfordert. Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die zwangsweise Durchsetzung durch unmittelbaren Zwang, wie er in § 892 ZPO vorgesehen ist, der Hoheitsgewalt des ausländischen Staats - vorliegend Österreich - unterliegt und nur von diesem angeordnet werden kann.
18
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO zur Durchsetzung der Duldungspflicht liegt ebenfalls vor. Die Zwangsvollstreckung ist auch insoweit auf das Inland beschränkt und verletzt nicht die Hoheitsgewalt des Staats, in dessen Bereich der Schuldner die Handlung dulden soll. Die Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO betrifft, soweit die Entscheidung nicht in dem ausländischen Staat für vollstreckbar erklärt worden ist, nur den inländischen Geltungsbereich (vgl. Geimer aaO Rdn. 401; Schlosser aaO Art. 49 EuGVVO Rdn. 7; Mankowski aaO Art. 49 Brüssel-I-VO Rdn. 2; Kropholler aaO Art. 49 EuGVO Rdn. 3; Nagel/ Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. Rdn. 51; tendenziell ablehnend Bruns, ZZP 118 (2005), S. 3, 16). Es handelt sich um die Ausübung von Zwang im Inland, auch wenn die Duldung im Ausland vorzunehmen ist.
19
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde steht der Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht die Bestimmung des Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO entgegen. Nach dieser Vorschrift sind ohne Rücksicht auf den Wohnsitz für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist. Ob unter die Vorschrift nur kontradiktorische Verfahren fallen und hierzu die Ersatzvornahme nach § 887 ZPO nicht zählt, ist umstritten (gegen eine Anwendung des Art. 22 Nr. 5 Brüssel -I-VO auf Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888, 890 ZPO Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 61; Mankowski aaO Art. 22 Brüssel-I-VO Rdn. 58; a.A. OLG Köln IPRspr 2005, Nr. 179; Schlosser aaO Art. 22 EuGVVO Rdn. 25). Die Frage braucht nicht entschieden zu werden. Auch wenn die Vorschrift des Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO einschlägig ist, schließt sie vorliegend die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht aus, weil die Vollstreckung aus der Entscheidung des Beschwerdegerichts ohne Vollstreckbarerklärung in einem anderen Mitgliedstaat auf Deutschland beschränkt ist.
20
2. Der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin ist in dem Umfang, in dem er im Rechtsbeschwerdeverfahren zur Überprüfung angefallen ist, nach § 887 ZPO begründet.
21
a) Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Gläubigerin ermächtigt, den von der Schuldnerin aufgrund des Teilurteils des Landgerichts Essen vom 4. Juni 2007 zu erteilenden Buchauszug durch einen von der Gläubigerin auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen auf Kosten der Schuldnerin erstellen zu lassen (§ 887 Abs. 1 ZPO). Die Erteilung eines Buchauszugs ist grundsätzlich eine vertretbare Handlung (BGH, Beschl. v. 26.4.2007 - I ZB 82/06, NJW-RR 2007, 1475 Tz. 15).
22
aa) In Rechtsprechung und Schrifttum wird allerdings zum Teil angenommen , die Erstellung eines Buchauszugs sei ausnahmsweise eine unvertretbare Handlung i.S. des § 888 ZPO, wenn sich die für die Erstellung des Buchauszugs erforderlichen Unterlagen im Ausland befänden (vgl. OLG Frankfurt IPRspr 2000, Nr. 172; OLG Köln IPRspr 2002, Nr. 210; Zöller/Stöber aaO § 887 Rdn. 3 "Erteilung eines Buchauszugs"; a.A. OLG Düsseldorf IPRspr 2004, Nr. 183). Begründet wird dies mit der Unmöglichkeit oder zumindest mit den zusätzlichen Schwierigkeiten, die Duldung der Ersatzvornahme im Ausland durchzusetzen, weil die Zuziehung des Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO nicht erfolgen kann, sondern der Gläubiger gezwungen ist, die für den Ort, an dem der Schuldner die Handlung zu dulden hat, zuständigen ausländischen Vollstreckungsorgane hinzuzuziehen.
23
bb) Dem kann nicht beigetreten werden.
24
Allerdings können mit der Durchsetzung der Ersatzvornahme im Ausland für den Gläubiger zusätzliche Schwierigkeiten verbunden sein. Den Widerstand des Schuldners gegen die Duldung der Ersatzvornahme kann der Gläubiger im Ausland nicht durch Zuziehung eines Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO brechen. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, die rechtliche Qualifikation der Erstellung des Buchauszugs als vertretbare oder unvertretbare Handlung sei danach zu beurteilen, ob sich die Buchhaltungsunterlagen im Inland oder im Ausland befinden. Dem Widerstand des Schuldners gegen die ihm durch die Ersatzvornahme auferlegten Duldungspflichten kann der Gläubiger durch Androhung und gegebenenfalls Festsetzung eines Ordnungsgelds i.S. des § 890 ZPO oder dadurch begegnen, dass er den deutschen Titel im Ausland für vollstreckbar erklären lässt und die Zwangsvollstreckung durch die ausländischen Vollstreckungsorgane betreibt. Diese Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten sind für den Gläubiger nicht weniger effektiv als die Zwangsgeldfestsetzung nach § 888 ZPO.
25
b) Die Verpflichtung der Schuldnerin zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme ergibt sich aus § 887 Abs. 2 ZPO.
26
Die vom Beschwerdegericht ausgesprochene Duldungspflicht der Schuldnerin folgt aus der Ermächtigung zur Ersatzvornahme; die Androhung des Ordnungsgelds für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Duldungspflicht hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 Abs. 2 ZPO (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 823, 824; Wieczorek/Schütze/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 887 Rdn. 38).
27
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 09.01.2008 - 44 O 201/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.04.2008 - 25 W 28/08 -

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 82/06
vom
26. April 2007
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja

a) Eine auf der Grundlage des § 87c Abs. 2 HGB ergangene Verurteilung zur
Erstellung eines Buchauszugs ist grundsätzlich nach § 887 ZPO zu vollstrecken.

b) Der titulierte Anspruch ist jedenfalls dann erfüllt, wenn der erteilte Buchauszug
formal den Anforderungen des Urteilsausspruchs entspricht; Zweifel an
der inhaltlichen Richtigkeit des Buchauszugs ändern daran nichts. Ist ein
Buchauszug, der hinsichtlich der erfassten Geschäfte formal vollständig ist,
erteilt worden, kann der Gläubiger die Ergänzung des Buchauszugs verlangen
, wenn Angaben über bestimmte Teilbezirke oder Zeiträume fehlen.
BGH, Beschl. v. 26. April 2007 - I ZB 82/06 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Pokrant, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. September 2006 aufgehoben, soweit darin zum Nachteil der Gläubigerin entschieden worden ist.
Die Sache wird insoweit zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 4.000 €.

Gründe:


1
A. Die Schuldnerin wurde mit rechtskräftigem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 17. September 2004 wie folgt verurteilt, der Gläubigerin als ihrer Handelsvertreterin einen Buchauszug zu erteilen: Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Buchauszug über alle Geschäfte ihres Gebietes zu erteilen, nämlich solchen, die im Gebiet S. und in L. -Stadt sowie mit den Unternehmen P. , ansässig in F. , PG ansässig , in F. und B. , R. + F. , ansässig in F. und Borna, in der Zeit vom 1. Januar 1999 bis 27. Juli 2004 zustande gekommen sind, wobei dieser Auszug folgende Angaben zu enthalten hat: - Auftragsdatum, - Auftragsnummer, - Warenart laut Auftrag, - Warenmenge laut Auftrag, - Warenwert laut Auftrag, - Rechnungsdatum, - Rechnungsnummer, - Rechnungsbetrag, - Kunde mit genauer Anschrift, - Stadium der Ausführung des Geschäfts sowie - Annullierungen und Retouren sowie Gründe hierfür.
2
Nach einem Buchauszug für die Jahre 1999 bis 2001 übersandte die Schuldnerin einen Buchauszug für die Jahre 2002 bis 2004 und am 19. Dezember 2005 einen Buchauszug als EDV-Ausdruck für den gesamten Zeitraum vom 1. Januar 1999 bis 27. Juli 2004.
3
Die Gläubigerin hat vorgetragen, die Schuldnerin habe den titulierten Anspruch nicht erfüllt. Die Schuldnerin habe in ihrem Buchauszug die in den Vertreterkonten Fe. 02, Fe. 44 und St. 01 gebuchten Geschäfte nicht aufgeführt. Diese Buchungen seien auch nicht rückgängig gemacht worden. Weiter hat die Gläubigerin vorgebracht, die Angaben zu den im Buchauszug enthaltenen Geschäften seien unvollständig (u.a. hinsichtlich der Annullierungen und Retouren).
4
Die Gläubigerin hat beantragt, sie zu ermächtigen, auf Kosten der Schuldnerin den Buchauszug gemäß Teilurteil vom 17. September 2004 erstellen zu lassen und die Schuldnerin gemäß § 887 Abs. 2 ZPO zu verurteilen, 10.000 € an die Gläubigerin als Vorauszahlung der Kosten für die Erstellung des Buchauszugs durch einen Wirtschaftsprüfer zu zahlen.
5
Die Schuldnerin hat geltend gemacht, sie habe den Anspruch der Gläubigerin auf Erteilung eines Buchauszugs erfüllt. Sie habe der Gläubigerin geordnete Aufstellungen übersandt mit sämtlichen in ihren Büchern enthaltenen Informationen zu den Geschäftsfällen, die für Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen relevant seien. Die Vertreterkonten Fe. 02 und St. 01 beträfen keine provisionspflichtigen Geschäfte. Frühere Buchungen von Barverkäufen auf dem Konto Fe. 02 seien korrigiert worden. Soweit diese die Gläubigerin beträfen, seien sie im Buchauszug enthalten. Das Konto Fe. 44 sei ein Untervertreterkonto für die Gläubigerin. Die darauf gebuchten Geschäfte seien in den Buchauszug aufgenommen worden.
6
Das Landgericht hat die Gläubigerin ermächtigt, auf Kosten der Schuldnerin 1. einen Buchauszug gemäß dem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 17. September 2004 hinsichtlich der in den Vertreterkonten Fe. 02, Fe. 44 und St. 01 sowie hinsichtlich der Geschäfte mit den Unternehmen Betonwerke Pl. & Co., D K. und Betonwerke Sc. erstellen zu lassen; 2. einen Buchauszug gemäß dem Teilurteil des Landgerichts Karlsruhe vom 17. September 2004 hinsichtlich der Annullierungen und Retouren sowie der Gründe hierfür erstellen zu lassen.
7
Das Landgericht hat die Schuldnerin zudem verurteilt, an die Gläubigerin einen Vorschuss von insgesamt 5.000 € zur Erstellung des Buchauszugs gemäß Ziffer 1 und 2 des Beschlusses zu zahlen.
8
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht Ziffer 1 des Beschlusses des Landgerichts aufgehoben und den entsprechenden Antrag der Gläubigerin zurückgewiesen. Im Übrigen hat das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
9
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Gläubigerin mit ihrer (zugelassenen ) Rechtsbeschwerde. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben , soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, und die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vollumfänglich zurückzuweisen.
10
Die Schuldnerin war im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht vertreten.
11
B. Die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit darin zum Nachteil der Gläubigerin erkannt worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
12
I. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Schuldnerin habe nach den Feststellungen des Landgerichts den titulierten Anspruch hinsichtlich des Buchauszugs mit Ausnahme der Annullierungen und Retouren weitgehend erfüllt. Die als Buchauszug übersandten EDV-Ausdrucke enthielten alle Angaben, die nach dem Teilurteil vom 17. September 2004 von der Schuldnerin zu erbringen seien. Die Feststellungen des Landgerichts habe die Gläubigerin auch nicht ernsthaft bestritten; sie habe lediglich die Unvollständigkeit bezüglich einiger Unterkonten und Unternehmen gerügt. Dieser Umstand berechtige die Gläubigerin jedoch nicht, eine Vervollständigung im Wege der Ersatzvornahme durchzusetzen.
13
Der Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs werde mit dessen Erstellung erfüllt. Ob der Buchauszug richtig oder vollständig sei, sei keine Frage der Erfüllung. Ein Anspruch auf Erstellung eines neuen Buchauszugs bestehe nur, wenn der erteilte Buchauszug völlig unbrauchbar sei. Welche Rechte der Handelsvertreter habe, wenn ihm der Buchauszug unvollständig erscheine, sei umstritten. Es müsse jedoch eine Vollstreckungsmöglichkeit geben, wenn der Buchauszug nicht das abdecke, was sich aus dem Urteilstenor ergebe. Bestehe dagegen nur der Verdacht einer Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit, habe der Handelsvertreter das Einsichtsrecht gemäß § 87c Abs. 4 HGB und den Anspruch auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Dies bedeute, dass eine Ersatzvornahme zur Ergänzung des Buchauszugs betreffend bestimmte Vertreterkonten und Unternehmen nicht bestehe.
14
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der angefochtene Beschluss kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil er nicht zweifelsfrei erkennen lässt, von welchem Sachverhalt das Beschwerdegericht ausgegangen ist (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 6.6.2003 - V ZR 392/02, NJW-RR 2003, 1290, 1291 m.w.N.). Auch die Rechtsausführungen des Beschwerdegerichts sind nicht frei von Rechtsfehlern.
15
1. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine auf der Grundlage des § 87c Abs. 2 HGB ergangene Verurteilung zur Erstellung eines Buchauszugs grundsätzlich nach § 887 ZPO zu vollstrecken ist (vgl. Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 887 Rdn. 10; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 887 Rdn. 3 "Buchauszug"; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 887 Rdn. 23, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch im vorliegenden Fall, weil der Buchauszug aufgrund der vorhandenen Unterlagen nicht nur von der Schuldnerin, sondern auch von einem Dritten erstellt werden kann.
16
2. Im Verfahren zur Vollstreckung einer Verurteilung, einen Buchauszug zu erteilen, ist der Einwand des Schuldners zu prüfen, er habe den titulierten Anspruch bereits erfüllt (vgl. BGHZ 161, 67, 68 ff.; BGH, Beschl. v. 22.9.2005 - I ZB 4/05, GuT 2005, 256, 257; vgl. auch Beschl. v. 7.4.2005 - I ZB 2/05, NJW-RR 2006, 202, 203; Zöller/Stöber aaO § 887 Rdn. 7; a.A. Musielak/ Lackmann aaO § 887 Rdn. 19; Kannowski/Distler, NJW 2005, 865 ff.; vgl. auch Schuschke, BGH-Rep 2005, 197, 198). Davon ist auch das Beschwerdegericht zutreffend ausgegangen. Seine Beurteilung, die Schuldnerin habe den zuerkannten Anspruch der Gläubigerin erfüllt, ist jedoch rechtsfehlerhaft.
17
a) Für die Entscheidung, ob der titulierte Anspruch erfüllt ist, ist der Vollstreckungstitel maßgeblich, nicht die materiell-rechtliche Rechtslage. Nach dem Teilurteil vom 17. September 2004 hat die Schuldnerin der Gläubigerin einen "Buchauszug über alle Geschäfte ihres Gebietes zu erteilen". Dieser Anspruch ist jedenfalls dann erfüllt, wenn der erteilte Buchauszug formal den Anforderungen des Urteilsausspruchs entspricht, insbesondere wenn er sämtliche in den Büchern verzeichneten Geschäfte, die unter den Urteilsausspruch fallen, mit den in den Büchern enthaltenen Angaben erfasst. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Buchauszugs ändern daran nichts (vgl. dazu auch OLG Stuttgart Die Justiz 1994, 241, 242; OLG Hamm OLG-Rep 2001, 55, 56; vgl. weiter OLG Hamburg HVR Nr. 956). Ist ein Buchauszug hinsichtlich der darin erfassten Geschäfte formal vollständig erteilt worden, kann der Gläubiger die Ergänzung des Buchauszugs verlangen, wenn Angaben über bestimmte Teilbezirke oder Zeiträume fehlen (vgl. BGH, Urt. v. 20.2.1964 - VII ZR 147/62, LM HGB § 87c Nr. 4a; vgl. weiter OLG Hamm OLG-Rep 2001, 55, 56).

18
b) Das Beschwerdegericht hat selbst keine Feststellungen dazu getroffen , welche Mängel der erteilte Buchauszug aufweist. Es hat sich lediglich auf die Feststellung des Landgerichts bezogen, wonach die Schuldnerin den titulierten Anspruch "hinsichtlich des Buchauszugs weitgehend erfüllt" habe. Aus dem Zusammenhang der Gründe des landgerichtlichen Beschlusses ergibt sich aber, dass sich diese Feststellung nur auf die Vollständigkeit der Angaben bezieht , die in dem mit Schreiben vom 19. Dezember 2005 übersandten Buchauszug zu den darin erfassten Geschäften gemacht worden sind. Die Gläubigerin hat jedoch, wie das Beschwerdegericht selbst ausführt, darüber hinaus gerügt, der Buchauszug sei auch insofern unvollständig, als er einige Unterkonten und die Umsätze mit bestimmten Unternehmen nicht erfasse. Zu diesem - vom Landgericht als begründet angesehenen - Vorbringen hat das Beschwerdegericht nichts festgestellt. Es ist insoweit bereits unklar, ob das Beschwerdegericht angenommen hat, die Gläubigerin habe gerügt, der erteilte Buchauszug sei lückenhaft , weil er sich nicht auf bestimmte Unterkonten und die Geschäfte mit bestimmten Unternehmen erstrecke, oder ob das Beschwerdegericht davon ausgegangen ist, die Gläubigerin behaupte lediglich, der Buchauszug sei hinsichtlich der bezeichneten Unterkonten und Geschäfte unrichtig.
19
c) Die Beurteilung des Beschwerdegerichts, die Schuldnerin habe den titulierten Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs erfüllt, beruht zudem - wenn auch unausgesprochen - auf der Annahme, die Gläubigerin sei dafür beweispflichtig, dass der erteilte Buchauszug Lücken aufweist, bei denen die Schuldnerin zur Ergänzung des Buchauszugs verpflichtet ist. Eine solche Beweislastverteilung ist unzutreffend. Die Beweislast für den Einwand, der titulierte Anspruch sei erfüllt, trägt nach allgemeinen Regeln der Schuldner (vgl. dazu auch BGHZ 161, 67, 72; vgl. weiter Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann aaO § 887 Rdn. 5; Kannowski/Distler, NJW 2005, 865, 868; a.A. Schuschke, InVo 2005, 396, 397). Der Schuldner hat deshalb auch zu beweisen, dass es keine weiteren Geschäfte gegeben hat, auf die sich der Buchauszug beziehen muss. Wegen der Schwierigkeiten eines solchen Negativbeweises kann jedoch vom Gläubiger das substantiierte Bestreiten der negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positive sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (vgl. BGH, Urt. v. 19.4.2005 - X ZR 15/04, NJW 2005, 2766, 2768 m.w.N.). Im vorliegenden Fall kann sich die Schuldnerin dementsprechend zunächst damit begnügen zu behaupten, dass es keine weiteren Fälle gebe, auf die sich ihre Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszugs erstrecke. Es ist dann Sache der Gläubigerin, dieses Vorbringen qualifiziert zu bestreiten und die Umstände vorzutragen, auf die sie ihre Forderung stützt, der Buchauszug sei zu ergänzen.
20
d) Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs kann unabhängig davon vollstreckt werden, ob der Gläubiger bereits auf Bucheinsicht nach § 87c Abs. 4 HGB klagen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.1978 - I ZR 7/77, NJW 1979, 764; OLG Koblenz NJW-RR 1994, 358, 359; OLG Köln OLG-Rep 2002, 61, 62 m.w.N.).
21
C. Die Sache ist danach zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Bornkamm v.Ungern-Sternberg Pokrant
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 14.06.2006 - 14 O 214/03 KfH III -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.09.2006 - 8 W 71/06 -

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.

(2) Eine Androhung der Zwangsmittel findet nicht statt.

(3) Diese Vorschriften kommen im Falle der Verurteilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrag nicht zur Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 43/08
vom
13. August 2009
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 576 Abs. 2, 887, 890; Brüssel-I-Verordnung Art. 22 Nr. 5, Art. 49

a) Für die Vollstreckung vertretbarer Handlungen mit einem Auslandsbezug
(hier: Erstellung eines Buchauszugs durch einen Sachverständigen in den
Geschäftsräumen einer in Österreich ansässigen Schuldnerin) ist die internationale
Zuständigkeit deutscher Gerichte gegeben, wenn die Durchsetzung
der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf das Inland beschränkt ist.

b) Die Erstellung eines Buchauszugs ist auch dann eine vertretbare Handlung,
wenn sich die hierzu benötigten Unterlagen im Ausland befinden.
BGH, Beschluss vom 13. August 2009 - I ZB 43/08 - OLG Hamm
LG Essen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. August 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant,
Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. April 2008 wird auf Kosten der Schuldnerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Das Landgericht Essen hat die Schuldnerin, eine in Österreich geschäftsansässige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, durch vollstreckbares Teilurteil vom 4. Juni 2007 verurteilt, der Gläubigerin einen Buchauszug zu erteilen.
2
Das Landgericht hat die Gläubigerin auf deren Antrag vom 26. November 2006 ermächtigt, den Buchauszug durch einen von ihr auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer erstellen zu lassen und der Schuldnerin auferlegt, einen Kostenvorschuss von 5.000 € zu zahlen. Es hat der Schuldnerin zudem aufgegeben, dem beauftragten Sachverständigen in dem zur Fertigung des Buchauszugs erfor- derlichen Umfang ungehinderten Zutritt zu ihren Geschäftsräumen und Einsicht in die Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden zu gewähren und diese Unterlagen sowie die zur Fertigung des Buchauszugs erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen dieses Gebot hat das Landgericht der Schuldnerin ein Ordnungsgeld bis zu 100.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.
3
Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Beschwerdegericht im Wesentlichen zurückgewiesen. Es hat von der Androhung von Ordnungsmitteln nur die Verpflichtung ausgenommen, dem Sachverständigen die Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden und die zur Fertigung des Buchauszugs erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
4
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt die Schuldnerin, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, und den Antrag der Gläubigerin vom 26. November 2006 zurückzuweisen. Die Gläubigerin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
5
II. Das Beschwerdegericht hat eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die in Rede stehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bejaht und ist davon ausgegangen, dass der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin überwiegend begründet ist. Dazu hat es ausgeführt:
6
Die deutschen Gerichte seien befugt, auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland begrenzte Vollstreckungshandlungen vorzunehmen. Die Ermächtigung zur Ersatzvornahme und die Vorschussanordnung könnten auch dann durch ein deutsches Gericht ausgesprochen werden, wenn die entsprechenden Handlungen im Ausland vorzunehmen seien. Hierdurch würden nur die inländi- schen Rechtsprechungsorgane gebunden und die Souveränität des ausländischen Staats nicht beeinträchtigt. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestehe auch für die gegen die Schuldnerin gerichtete Anordnung, dem Sachverständigen Zutritt zu den Geschäftsräumen zu gewähren, die notwendigen Unterlagen zur Verfügung zu stellen und für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld anzudrohen.
7
Der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin sei überwiegend begründet. Der Schuldnerin könne allerdings kein Ordnungsgeld für den Fall angedroht werden, dass sie Arbeitsmöglichkeiten für den von der Gläubigerin beauftragten Sachverständigen nicht zur Verfügung stelle. Im Übrigen seien die vom Landgericht ausgesprochenen Anordnungen in der Sache gerechtfertigt.
8
III. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet.
9
1. Das Beschwerdegericht ist rechtsfehlerfrei von einer internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ausgegangen.
10
a) Die Prüfung der internationalen Zuständigkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nicht durch § 576 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gilt nichts anderes als für das Revisionsverfahren, in dem der Prüfung der internationalen Zuständigkeit auch nicht § 545 Abs. 2 ZPO entgegensteht (vgl. BGH, Beschl. v. 4.10.2005 - VII ZB 9/05, NJW-RR 2006, 198, 199).
11
b) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für das Zwangsvollstreckungsverfahren setzt voraus, dass der Gegenstand der Vollstreckung sich im Inland befindet, weil die staatliche Zwangsgewalt auf das Inland be- schränkt ist und durch von den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland angeordnete Vollstreckungsmaßnahmen nicht in die Hoheitsgewalt eines anderen Staats eingegriffen werden darf (vgl. BVerfG NJW 1983, 2766, 2767; BGH, Beschl. v. 6.11.2008 - IX ZR 64/08, WM 2008, 2302 Tz. 12; Mankowski in Rauscher , Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 22 Brüssel-I-VO Rdn. 53a; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Art. 22 EuGVO Rdn. 59; vgl. auch zu Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO: EuGH, Urt. v. 26.3.1992 - C-261/90, Slg. 1992, I-2149 = EuZW 1992, 447 Tz. 26 - Reichert II). Die Beurteilung, ob ein Gegenstand im Vollstreckungsstaat belegen ist, richtet sich nach nationalem Recht (vgl. BGH NJW-RR 2006, 198, 199).
12
aa) In Rechtsprechung und Schrifttum ist die Frage umstritten, ob eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Anordnung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO besteht, wenn diese die Vornahme einer im Ausland zu erbringenden vertretbaren Handlung zum Gegenstand haben.
13
Teilweise wird eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO verneint, wenn die vertretbare Handlung im Ausland vorzunehmen ist und damit das Betreten eines Grundstücks des Schuldners im Ausland verbunden ist, wie dies vorliegend bei der Erstellung eines Buchauszugs eines Sachverständigen in den Geschäftsräumen der in Österreich ansässigen Schuldnerin der Fall ist (vgl. OLG Nürnberg IPRspr 1974, Nr. 188; OLG Stuttgart ZZP 97 (1984), 487; Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 60; wohl auch Münzberg, ZZP 97 (1984), 489, 490).
14
Die Gegenansicht bejaht eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach § 887 ZPO auch in diesem Fall (vgl. OLG Hamm OLGR 1998, 177; OLG Düsseldorf IPRspr 2004, Nr. 183; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl. Rdn. 403). Dem ist zuzustimmen.
15
bb) Die Ermächtigung nach § 887 Abs. 1 ZPO, die vertretbare Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen, bindet nur die inländischen Gerichte und Vollstreckungsorgane und greift deshalb nicht in die Hoheitsgewalt des ausländischen Staats ein. Entsprechendes gilt für die Verurteilung des Schuldners nach § 887 Abs. 2 ZPO, die Kosten der Ersatzvornahme vorauszuzahlen. Die Verurteilung zur Zahlung des Kostenvorschusses ist vor einer Vollstreckbarerklärung im Ausland auf eine Durchsetzung im Inland beschränkt.
16
Für eine in ihren Wirkungen in diesem Sinne beschränkte Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte spricht der Vergleich mit der Regelung der Vollstreckung von Zwangsgeldern in Art. 49 Brüssel-I-VO. Diese Vorschrift sieht die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, die auf Zahlung eines Zwangsgeldes lauten, im Vollstreckungsmitgliedstaat vor, wenn die Höhe des Zwangsgeldes durch die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats endgültig festgesetzt ist. Im vorliegenden Fall braucht nicht entschieden zu werden, ob die Vollstreckung vertretbarer Handlungen nach § 887 ZPO auch Art. 49 Brüssel-I-VO unterfällt (so Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., Art. 49 EuGVVO Rdn. 3; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., Art. 49 EuGVVO Rdn. 10). Jedenfalls folgt aus Art. 49 Brüssel-I-VO, dass die Gerichte des Ursprungsmitgliedstaats international zur Festsetzung von Zwangsgeldern zuständig sind (vgl. Schlosser aaO Art. 49 EuGVVO Rdn. 4; Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 61; MünchKomm.ZPO/Gottwald, Art. 49 EuGVO Rdn. 4; differenzierend Bruns, ZZP 118 (2005), 3, 14, 16). Es ist danach kein Grund ersichtlich, für die Ermächtigung der Ersatzvornahme und die Anordnung der Kostenvorauszahlung eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu verneinen, die in den Vollstreckungswirkungen auf das Inland beschränkt ist.

17
Eine Einschränkung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte ist auch nicht insoweit angebracht, als die Durchführung der Ersatzvornahme ein Betreten von Geschäftsräumen im Hoheitsgebiet eines anderen Staats erfordert. Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass die zwangsweise Durchsetzung durch unmittelbaren Zwang, wie er in § 892 ZPO vorgesehen ist, der Hoheitsgewalt des ausländischen Staats - vorliegend Österreich - unterliegt und nur von diesem angeordnet werden kann.
18
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Androhung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO zur Durchsetzung der Duldungspflicht liegt ebenfalls vor. Die Zwangsvollstreckung ist auch insoweit auf das Inland beschränkt und verletzt nicht die Hoheitsgewalt des Staats, in dessen Bereich der Schuldner die Handlung dulden soll. Die Verhängung von Ordnungsmitteln nach § 890 ZPO betrifft, soweit die Entscheidung nicht in dem ausländischen Staat für vollstreckbar erklärt worden ist, nur den inländischen Geltungsbereich (vgl. Geimer aaO Rdn. 401; Schlosser aaO Art. 49 EuGVVO Rdn. 7; Mankowski aaO Art. 49 Brüssel-I-VO Rdn. 2; Kropholler aaO Art. 49 EuGVO Rdn. 3; Nagel/ Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 6. Aufl. Rdn. 51; tendenziell ablehnend Bruns, ZZP 118 (2005), S. 3, 16). Es handelt sich um die Ausübung von Zwang im Inland, auch wenn die Duldung im Ausland vorzunehmen ist.
19
Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde steht der Annahme der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht die Bestimmung des Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO entgegen. Nach dieser Vorschrift sind ohne Rücksicht auf den Wohnsitz für Verfahren, welche die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats ausschließlich zuständig, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist. Ob unter die Vorschrift nur kontradiktorische Verfahren fallen und hierzu die Ersatzvornahme nach § 887 ZPO nicht zählt, ist umstritten (gegen eine Anwendung des Art. 22 Nr. 5 Brüssel -I-VO auf Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888, 890 ZPO Kropholler aaO Art. 22 EuGVO Rdn. 61; Mankowski aaO Art. 22 Brüssel-I-VO Rdn. 58; a.A. OLG Köln IPRspr 2005, Nr. 179; Schlosser aaO Art. 22 EuGVVO Rdn. 25). Die Frage braucht nicht entschieden zu werden. Auch wenn die Vorschrift des Art. 22 Nr. 5 Brüssel-I-VO einschlägig ist, schließt sie vorliegend die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht aus, weil die Vollstreckung aus der Entscheidung des Beschwerdegerichts ohne Vollstreckbarerklärung in einem anderen Mitgliedstaat auf Deutschland beschränkt ist.
20
2. Der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin ist in dem Umfang, in dem er im Rechtsbeschwerdeverfahren zur Überprüfung angefallen ist, nach § 887 ZPO begründet.
21
a) Zu Recht hat das Beschwerdegericht die Gläubigerin ermächtigt, den von der Schuldnerin aufgrund des Teilurteils des Landgerichts Essen vom 4. Juni 2007 zu erteilenden Buchauszug durch einen von der Gläubigerin auszuwählenden und zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen auf Kosten der Schuldnerin erstellen zu lassen (§ 887 Abs. 1 ZPO). Die Erteilung eines Buchauszugs ist grundsätzlich eine vertretbare Handlung (BGH, Beschl. v. 26.4.2007 - I ZB 82/06, NJW-RR 2007, 1475 Tz. 15).
22
aa) In Rechtsprechung und Schrifttum wird allerdings zum Teil angenommen , die Erstellung eines Buchauszugs sei ausnahmsweise eine unvertretbare Handlung i.S. des § 888 ZPO, wenn sich die für die Erstellung des Buchauszugs erforderlichen Unterlagen im Ausland befänden (vgl. OLG Frankfurt IPRspr 2000, Nr. 172; OLG Köln IPRspr 2002, Nr. 210; Zöller/Stöber aaO § 887 Rdn. 3 "Erteilung eines Buchauszugs"; a.A. OLG Düsseldorf IPRspr 2004, Nr. 183). Begründet wird dies mit der Unmöglichkeit oder zumindest mit den zusätzlichen Schwierigkeiten, die Duldung der Ersatzvornahme im Ausland durchzusetzen, weil die Zuziehung des Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO nicht erfolgen kann, sondern der Gläubiger gezwungen ist, die für den Ort, an dem der Schuldner die Handlung zu dulden hat, zuständigen ausländischen Vollstreckungsorgane hinzuzuziehen.
23
bb) Dem kann nicht beigetreten werden.
24
Allerdings können mit der Durchsetzung der Ersatzvornahme im Ausland für den Gläubiger zusätzliche Schwierigkeiten verbunden sein. Den Widerstand des Schuldners gegen die Duldung der Ersatzvornahme kann der Gläubiger im Ausland nicht durch Zuziehung eines Gerichtsvollziehers nach § 892 ZPO brechen. Dies rechtfertigt aber nicht die Annahme, die rechtliche Qualifikation der Erstellung des Buchauszugs als vertretbare oder unvertretbare Handlung sei danach zu beurteilen, ob sich die Buchhaltungsunterlagen im Inland oder im Ausland befinden. Dem Widerstand des Schuldners gegen die ihm durch die Ersatzvornahme auferlegten Duldungspflichten kann der Gläubiger durch Androhung und gegebenenfalls Festsetzung eines Ordnungsgelds i.S. des § 890 ZPO oder dadurch begegnen, dass er den deutschen Titel im Ausland für vollstreckbar erklären lässt und die Zwangsvollstreckung durch die ausländischen Vollstreckungsorgane betreibt. Diese Zwangsvollstreckungsmöglichkeiten sind für den Gläubiger nicht weniger effektiv als die Zwangsgeldfestsetzung nach § 888 ZPO.
25
b) Die Verpflichtung der Schuldnerin zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme ergibt sich aus § 887 Abs. 2 ZPO.
26
Die vom Beschwerdegericht ausgesprochene Duldungspflicht der Schuldnerin folgt aus der Ermächtigung zur Ersatzvornahme; die Androhung des Ordnungsgelds für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Duldungspflicht hat ihre Rechtsgrundlage in § 890 Abs. 2 ZPO (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 2002, 823, 824; Wieczorek/Schütze/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 887 Rdn. 38).
27
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 09.01.2008 - 44 O 201/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 18.04.2008 - 25 W 28/08 -

(1) Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch einen Dritten erfolgen kann, so ist der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges auf Antrag zu ermächtigen, auf Kosten des Schuldners die Handlung vornehmen zu lassen.

(2) Der Gläubiger kann zugleich beantragen, den Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung entstehen werden, unbeschadet des Rechts auf eine Nachforderung, wenn die Vornahme der Handlung einen größeren Kostenaufwand verursacht.

(3) Auf die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe oder Leistung von Sachen sind die vorstehenden Vorschriften nicht anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)