Oberlandesgericht München Beschluss, 09. Nov. 2015 - 8 U 2339/15

bei uns veröffentlicht am09.11.2015

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 22.05.2015 (Az.: 6 O 172/15) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

3. Dieser Beschluss und das unter Ziffer 1) genannte Endurteil sind im Kostenpunkt ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.000,- € festgesetzt.

Gründe

i.

Der Kläger nimmt die Beklagte, eine öffentlichrechtliche Rundfunkanstalt, auf Unterlassung der Befahrung einer in seinem Eigentum stehenden, nicht für den öffentlichen Verkehr freigegebenen Privatstraße in der Gemarkung Bad Wiessee durch Mitarbeiter der Beklagten in Anspruch.

Für den Sachverhalt wird auf den Tatbestand des angefochtenen Ersturteils verwiesen (Bl. 72/74).

Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 22.05.2015 abgewiesen. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass die für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr nicht bestehe. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 75/80) wird Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen das seinem anwaltlichen Vertreter am 2.06.2015 zugestellte Urteil über diesen mit Schriftsatz vom 30.06.2015, eingegangen beim Oberlandesgericht München am 2.07.2015, Berufung eingelegt. Die Berufung wurde mit weiterem Schriftsatz des Klägervertreters vom 21.07.2015, eingegangen am 26.08.2015, innerhalb verlängerter Frist begründet.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils gemäß seinem erstinstanzlichen Antrag zu verurteilen; für die genaue Antragstellung wird auf Bl. 104 verwiesen. Auf die Berufungsbegründung (Bl. 103/114) wird Bezug genommen.

Der Senat hat den Kläger mit Beschluss vom 2.09.2015 gemäß § 522 Abs. 2 S. 2 daraufhingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen (Bl. 117/123). Der Kläger hat hierauf durch Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 28.09.2015 erwidert.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf sämtliche zwischen den Parteien in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II. 1. Die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 sind gegeben:

a. Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO). Das Landgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB.

Zwar können öffentlichrechtliche Rundfunkanstalten (wie auch private Medienunternehmen) grundsätzlich auf Unterlassung von Eigentumsverletzungen durch in ihrem Auftrag recherchierende Journalisten in Anspruch genommen werden. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an der dafür gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB vorausgesetzten Wiederholungsgefahr. Die aus dem Erstverstoß der beiden für die Beklagte tätigen Journalisten resultierende Vermutung für eine Wiederholungsgefahr ist im vorliegenden Fall aus den im Hinweisbeschluss des Senats vom 2.09.2015 genannten Gründen widerlegt. Auf die dortigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 3 ZPO).

Der im Erwiderungsschriftsatz des Klägers erhobene Einwand, der erkennende Senat stelle sich mit seiner Argumentation gegen ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, trifft nicht zu. Ein Erstverstoß begründet lediglich eine Vermutung für Wiederholungsgefahr, die der in Anspruch genommene Störer widerlegen kann. Ob diese Vermutung widerlegt ist, hat das Tatgericht unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände zu beurteilen. Dabei handelt es sich um eine Prognosebeurteilung. Wird - wie hier - ein mittelbarer Störer (Rundfunkanstalt) in Anspruch genommen und hat dieser die unmittelbaren Störer (in seinem Auftrag tätige Journalisten) nach Kenntniserlangung von dem Erstverstoß im Rahmen eines ihm zustehenden Weisungsrechts (hier: §§ 675, 665 BGB) verbindlich angewiesen, weitere gleichartige Rechtsverletzungen zu unterlassen, so handelt es sich um einen Gesichtspunkt, der in die zu treffende Prognosebeurteilung einzubeziehen ist. Da es im vorliegenden Fall nach Erteilung des Hinweises der Beklagten an sämtliche in Betracht kommende Journalisten ihres Hauses, wonach es sich bei der in Rede stehenden Zufahrtsstraße um einen im Eigentum des Klägers stehenden Privatweg handele, der nicht benutzt werden dürfe, über einen Zeitraum von zwischenzeitlich deutlich mehr als einem Jahr zu keinen weiteren Verstößen gegen das Eigentumsrecht des Klägers durch für die Beklagte tätige Journalisten mehr kam, teilt der Senat die Prognosebeurteilung des Landgerichts, wonach die durch den Erstverstoß indizierte Vermutung einer Wiederholungsgefahr aufgrund der konkreten Einzelfallumstände widerlegt ist.

Dass die Beklagte der Aufforderung des Klägers, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, nicht gefolgt ist, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die Weigerung des Störers, eine solche Erklärung abzugeben, indiziert grundsätzlich deshalb Wiederholungsgefahr, weil sie vermuten lässt, dass er das Recht des Eigentümers auf Unterlassung weiterer Rechtsverletzungen nicht anerkennt. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Anspruchsgegner das Eigentum des Anspruchstellers in Abrede stellt oder zu Unrecht meint, den Eigentümer treffe eine Pflicht, die in Rede stehende Beeinträchtigung zu dulden (vgl. § 1004 Abs. 2 BGB). Anders verhält es sich aber dann, wenn ein mittelbarer Störer rechtsirrig seine Einstandspflicht für den Erstverstoß des unmittelbaren Störers negiert, gleichwohl aber Vorkehrungen trifft, die geeignet sind, erneuten Eigentumsverletzungen des unmittelbaren Störers entgegen zu wirken. Das hat die Beklagte hier durch die erläuterte Weisung an die betroffenen Redaktionen ihres Hauses getan. Der Umstand, dass diese Weisung seit mehr als einem Jahr befolgt wird, spricht dafür, dass Mitarbeiter der Beklagten sich auch künftig daran halten werden und somit keine Wiederholungsgefahr besteht.

Der Einwand des Klägers, die Rechtsauffassung des Senats habe zur Folge, dass „Eigentumsverstöße wie der vorliegende überhaupt nicht mehr justiziabel“ seien, trifft nicht zu. Der Kläger lässt unberücksichtigt, dass für die Verneinung der Wiederholungsgefahr die erläuterten Einzelfall umstände entscheidend sind. Würde ein Rundfunkunternehmen etwa seine Verantwortlichkeit, als mittelbare Störerin für Eigentumsverstöße seiner Journalisten einzustehen, in Abrede stellen, ohne zugleich Vorkehrungen zur Verhinderung weiterer gleichartiger Vorfälle zu treffen, wäre die aus einem Erstverstoß resultierende Vermutung für Wiederholungsgefahr - anders als hier -nicht widerlegt. Dasselbe würde dann gelten, wenn zwar eine Weisung erginge, diese aber inhaltlich ungeeignet wäre, Wiederholungsverstößen vorzubeugen (etwa mangels hinreichend konkreter Bestimmung des Unterlassungsgebots oder wegen sprachlicher Relativierungen), oder wenn eine erteilte Weisung zur Verhinderung von Wiederholungsfällen zwar geeignet erscheint, gleichwohl aber in der Folge keine Beachtung bei ihren Adressaten findet. Ebenso verhielte es sich schließlich, wenn eine etwaige Weisung erst so kurz vor der vom Gericht zu treffenden Prognosebeurteilung erfolgt wäre, dass sich nicht verlässlich einschätzen ließe, ob sie von den unmittelbaren Störern befolgt werden wird.

Entgegen der Erwiderung des Klägers auf den Hinweisbeschluss vom 2.09.2015 steht die Rechtsauffassung des Senats auch nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.09.2012 (V ZR 230/11). Der erkennende Senat übersieht nicht, dass der Bundesgerichtshof dort in dem Vorbringen eines als Zustandsstörer auf Unterlassung weiterer Besitzstörungen in Anspruch genommenen Pkw-Halters, wonach er „alle möglichen Nutzer“ des Fahrzeugs ermahnt habe, den Wagen künftig nicht mehr auf dem Geschäftsgrundstück des dortigen Klägers abzustellen, keinen Umstand sah, der es rechtfertige, einen Wegfall von Wiederholungsgefahr anzunehmen (a. a. O., Rn. 12 a. E.). Der vorliegende Sachverhalt ist mit jener Konstellation indes nicht vergleichbar: Die vom dortigen Beklagten behauptete „Ermahnung“ gegenüber anderen Fahrzeugnutzern, seinen Pkw nicht auf dem Geschäftsgrundstück des dortigen Klägers abzustellen, war von vornherein ungeeignet, wiederholten Rechtsverletzungen effektiv vorzubeugen, weil die Adressaten der Ermahnung für den Fall ihrer Nichtbeachtung keine relevanten Nachteile zu gewärtigen hatten. Demgegenüber hatten von dem Hinweis der hiesigen Beklagten betroffene Journalisten für den Fall einer Missachtung empfindliche beschäftigungsrechtliche Konsequenzen zu befürchten: Festangestellte Journalisten müssten mit einer Abmahnung bzw. einer Kündigung rechnen; freie Mitarbeiter hätten zu besorgen, keine weiteren Aufträge von der Beklagten mehr zu erhalten. Sowohl festangestellte als auch freie Mitarbeiter der Beklagten könnten außerdem auf Ersatz von Schäden für weitere Rechtsstreitigkeiten mit dem Kläger in Anspruch genommen werden. Hinzu kommt, dass es im vorliegenden Fall nach Erteilung des in Rede stehenden Hinweises seit über einem Jahr zu keinen weiteren Verletzungen klägerischen Eigentums durch für die Beklagte tätige Journalisten mehr kam; Feststellungen zu einer entsprechenden Wirkung der Ermahnung des Beklagten in dem Bezugs verfahren ließen sich unter Zugrundelegung der Sachverhaltsdarstellung in dem zitierten BGH-Urteil dagegen nicht treffen.

b. Die Sache hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO), und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nach einer mündlichen Verhandlung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nrn. 3 und 4 ZPO).

2. Gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO soll das Berufungsgericht die Berufung bei Vorliegen der in den Nrn. 1 bis 4 bestimmten tatbestandlichen Voraussetzungen unverzüglich durch Beschluss zurückweisen. Gründe dafür, von diesem gebundenen Ermessen im vorliegenden Fall abzuweichen, bestehen nicht.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10,713 ZPO.

Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren war gemäß §§ 47, 48 GKG i. V. m. § 3 ZPO auf 6.000,- € festzusetzen. Maßgebend ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an einer Verhinderung weiterer Eigentumsverstöße durch Journalisten der Beklagten.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 09. Nov. 2015 - 8 U 2339/15

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
Oberlandesgericht München Beschluss, 09. Nov. 2015 - 8 U 2339/15 zitiert 10 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung


(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt i

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 665 Abweichung von Weisungen


Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der Beauftragte hat vor der Abweichung dem Auftr

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Oberlandesgericht München Beschluss, 09. Nov. 2015 - 8 U 2339/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Sept. 2012 - V ZR 230/11

bei uns veröffentlicht am 21.09.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 230/11 Verkündet am: 21. September 2012 Mayer Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Landgericht München II Endurteil, 22. Mai 2015 - 6 O 172/15

bei uns veröffentlicht am 22.05.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreite zu tragen. 3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstrec

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Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreite zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 6.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Befahrung mit Kraftfahrzeugen der im Eigentum des Klägers stehenden Privatstraßen durch Angestellte oder freie Mitarbeiter der Beklagten zum Zwecke der Berichterstattung in Zusammenhang mit der Berggaststätte „B. in der A.“ in Anspruch.

Der Kläger ist Eigentümer der in der Anlage 1 a gelb gekennzeichneten Grundstücken nebst Straßen und Wegen. Es handelt sich dabei insbesondere um Straßen der Gemarkung Bad W., die zu dem in dieser Gemarkung gelegenen Berggasthof „B. in der A.“ führen, der ebenfalls im Eigentum des Klägers steht.

Es handelt sich um Privatstraßen, die zum öffentlichen Verkehr nicht freigegeben sind. Eine öffentliche Widmung der Straßen im Sinne des Art. 14 BayStrWG liegt nicht vor. Am Beginn der jeweiligen Straßen und Wege sind die Straßenverkehrsschilder „Zeichen Nr. 260“ „Verbot für Kraftfahrzeuge“ mit einem weißen Zusatzschild „mit Sonderbefugnis frei“ angebracht.

Am 28.05.2014 befuhren zwei für die Beklagte tätigen Journalisten die im Eigentum des Klägers stehenden Privatstraßen mit den beiden Pkw, amtliche Kennzeichen F-… und M-…, um im Bereich der Gaststätte „B. in der A.“ Filmaufnahmen für die Sendung „Ab. - Der Süden“ zu fertigen. Die Sendung würde am 30.05.2014 ausgestrahlt.

Eine Erlaubnis des Klägers zur Befahrung der Straße hatten die Journalisten nicht.

Beim Berggasthof „B. in der A.“ handelt es sich um ein überregional bekanntes und beliebtes Tourismus- und Ausflugsziel mit großem Einzugsgebiet, das derzeit geschlossen ist. Hintergrund der Berichterstattung durch die Beklagte war die besondere Aufmerksamkeit des „B. in der A.“ in der lokalen Presse, da dieser derzeit geschlossen ist und seitens des Klägers in einen historischen Gutshof umgebaut werden möchte, wofür jedoch derzeit keine Genehmigung erteilt ist. Zudem existiert derzeit eine Baugrube neben dem B. in der A., die durch einen Bauzaun gesichert ist.

Die beiden Journalisten gäbe eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, die Beklagte nicht.

Der Kläger beantragt:

I.

Die Beklagte hat es zu unterlassen, dass ihre Mitarbeiter oder Beauftragten die Straßen und Wege auf dem im Lageplan Anlage A 1 a gelb markierten Grundeigentum des Klägers in der Gemarkung Bad W., Bayern, in Ausübung einer Auftragserteilung durch die Beklagte zum Thema „Konflikt im Tegernseer Tal im Zusammenhang mit der Person des Klägers“ ohne Einwilligung des Klägers mit Kraftfahrzeugen zu befahren.

II.

Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monate angedroht, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist und insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen darf.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Die Beklagte trägt vor,

die zwei Journalisten seien für die Beklagte lediglich als freie Mitarbeiter tätig. Es handele sich nicht um Arbeitnehmer der Beklagten, die der Direktionsbefugnis unterliegen würden.

Die Journalisten hätten lediglich allgemein den Auftrag erhalten, zum Konflikt im Tegernseer Tal zu recherchieren und ggf. entsprechende Beiträge für Hörfunk und Fernsehen vorzubereiten. Für diesen Auftrag sei es nicht erforderlich gewesen, die Privatstraßen zum „B. in der A.“ zu befahren. Die Beklagte habe nicht gewusst, dass Filmaufnahmen im Bereich des „B. in der A.“ gemacht werden würden.

Die Schilder seien für die Journalisten nicht erkennbar gewesen. Das Schild habe an einem Baumstamm gelehnt. Die Wegbenutzung sei eine versehentliche Eigentumsverletzung gewesen.

Die Beklagte halte alle ihre Mitarbeiter und Beauftragten immer wieder an, sich stets rechtstreu zu verhalten. Es gebe eine Dienstanweisung, die zu rücksichtsvollem Verhalten und Einhaltung der StVO verpflichtet. Alle Mitarbeiter müssten alle Bußgelder für verkehrsrechtlichen Verstöße selbst bezahlen.

Die Wiederholungsgefahr, also einer künftigen eigentumswidrigen Wegbenutzung könne nicht mit der Wahrscheinlichkeit künftiger weiterer Berichterstattungen begründet werden. Eine weitere Berichterstattung habe nichts mit der Benutzung eines vereinzelten Privatweges in einem ansonsten vollkommen frei zugänglichen Natur- und Wander- und Erholungsgebiet in der Gegend um den Ausflugsgasthof zu tun. Das Oberlandesgericht München haben im einstweiligen Verfügungsverfahren die Wiederholungsgefahr verneint. Als materielle Anspruchsvoraussetzung gelte das auch im Hauptsacheverfahren.

Die Beklagte sei nicht Störerin, auch nicht mittelbare Störererin. Die Beklagte habe ja nicht den Rechercheauftrag erteilt mit dem Inhalt, zur Berichterstattung die streitgegenständliche Straße zu benutzen. Eine Benutzung folge auch nicht zwingend aus dem Rechercheauftrag. Die freien Mitarbeiter hätten sich an die journalistischen Sorgfaltspflichten und die allgemein gültigen Gesetze zu halten. Nicht jeder eigenverantwortliche Rechtsverstoß könne der Auftraggeberin zugerechnet werden.

In der praktischen Umsetzung sei eine Abhilfe der Beklagten nicht möglich. Für freie Mitarbeiter seien Dienstanweisungen der Beklagten rechtlich nicht bindend. Nichts desto trotz habe die Beklagte eine umfassende interne Tätigkeit zur Verhinderung gleichartiger Rechtsverstöße entfaltet. Es seien umgehend die in Betracht kommenden Redaktionen und journalistischen Fachbereiche ermittelt und über den Sachverhalt informiert worden. Die im Kreis der betroffenen Redaktionen tätig werdenden und mit der Thematik befassten festen und freien Journalisten seien von den Redaktionsleistungen und der Rechtsabteilung auf die Rechtslage bezüglich der Befahrung der Privatstraße explizit hingewiesen und zur künftigen Beachtung aufgefordert worden.

Im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren fand am 18.07.2014 eine mündliche Verhandlung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung statt. Die beiden Zeugen Alexander H. und Michael B. wurden vernommen.

Im Hauptsacheverfahren fand die mündliche Verhandlung am 24.04.2015 statt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte wegen Fehlens der Wiederholungsgefahr keinen Unterlassungsanspruch.

1.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Befahren der im Eigentum des Klägers stehenden, nicht öffentlich gewidmeten Straßen und Wege gemäß Anlage A 1 a verletzte den Kläger zwar in seinem Eigentumsrecht und begründete für die Beklagte als mittelbare Störerin Verhaltenspflichten. Allerdings liegt die materielle Anspruchsvoraussetzung der Wiederholungsgefahr - wie das Oberlandesgericht München im Berufungsurteil vom 18.12.2014 im einstweiligen Verfügungsverfahren auf Seite 3 und 4 des Urteils ausgeführt hat - nicht vor.

1.1.

Die Eigentumsverletzung durch das Befahren der Straße am 28.05.2014 ist unstreitig.

Der Unterlassungsanspruch kann nicht unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Störerhaftung verneint werden. Die Beklagte haftet auf Unterlassung der Befahrung der Straße durch ihre Mitarbeiter oder freien Mitarbeiter nur als mittelbare Störerin.

Störer ist, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtegute beiträgt (BGH, Urteil vom 15.08.2013, I ZR 80/12 - NJW 2013, 3245 ff.). Die Beklagte, die einen Rechercheauftrag allgemein zum Konflikt im Tegernseer Tal, der auch den Konflikt um den „B. in der A.“ beinhaltete, an die beiden im einstweiligen Verfügungsverfahren vernommenen Zeugen erteilt hatte, ist mittelbare Störerin, damit auch mögliche Adressatin eines Unterlassungsanspruchs des Klägers. Sie hat die Störung des Klägers mittelbar veranlasst, indem sie die beiden Journalisten mit den Recherchen beauftragt hat.

Das Gericht hatte zu der vertraglichen Beziehung der Beklagten zu den beiden Journalisten im einstweiligen Verfügungsverfahren durch Einvernahme dieser beiden Beweis erhoben. Eine Wiederholung dieser Beweisaufnahme war im Hauptsacheverfahren nicht erforderlich, da der Anspruch bereits an dem Tatbestandsmerkmal der Wiederholungsgefahr scheitert, so dass zur Störereigenschaft nicht nochmals Beweis erhoben werden musste.

Aufgrund der Beweisaufnahme im einstweiligen Verfügungsverfahren war und ist das Gericht davon überzeugt, dass die beiden Journalisten als freie Mitarbeiter für die Beklagte tätig sind und nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind. Bei der Abgrenzung „Arbeitnehmer - freier Mitarbeiter“ sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall war zu berücksichtigen, dass die beiden Journalisten einen weitreichenden eigenen Spielraum bei der Recherchearbeit und der Ausgestaltung des Beitrags für die Beklagte haben. Sie haben weitgehend freie Hand bei der Ausgestaltung des Auftrages und sind bei der Ausgestaltung ihres Beitrags programmgestaltend tätig. Ihnen steht es völlig frei, ob und wann sie an den Redaktionssitzungen teilnehmen, ob sie einen Auftrag annehmen oder nicht, in welcher Form sie ihre Recherchen durchführen und den Beitrag gestalten. In den Redaktionssitzungen wird der Rahmen eines möglichen Beitrags abstrakt besprochen. Der Beitrag wird gerade nicht bis ins Detail durchgesprochen, den der Journalist sodann weisungsgebunden hieran auszuführen hätte. Vielmehr überwiegt hier die eigene freie inhaltliche und gestalterische Tätigkeit für die Fertigung eines programmgestaltenden Beitrags. Dies ist zur Überzeugung des Gerichts das im vorliegenden Fall entscheidende Kriterium für die freie Mitarbeitereigenschaft. Unschädlich hierbei ist dann der Umstand, dass die Journalisten derzeit nur für den … Rundfunk arbeiten und für keinen anderen Auftraggeber.

1.2

Die Beklagte trifft auch eine für die Störerhaftung erforderliche Prüfpflicht.

Denn die Haftung eines Störers besteht nicht uneingeschränkt, sondern setzt, um nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt zu werden, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben - wie im vorliegenden Fall die Beklagte als Auftraggeberin und nicht als Arbeitgeberin -, die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere Prüfpflichten voraus. Der Umfang dieser Prüfpflichten bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als mittelbaren Störer in Anspruch genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zumutbar ist (BGH, Urteil vom 25.10.2011, NJW 2012, 767 ff).

Die Inanspruchnahme eines Presseunternehmens setzt die Verletzung der etwaig bestehenden, zumutbaren und erfolgsversprechenden Verhinderungspflicht voraus (siehe Rechtsprechung zu den Maßstäben von Hostprovidern, BGH, Urteil vom 14.05.2013, VI ZR 269/12 = NJW 2013, 2348 oder von Werbefirmen, BGHZ 106 a. a. O.). Das Presseunternehmen trifft grundsätzlich erst dann eine Verhinderungspflicht, wenn es Kenntnis von einer konkreten Rechtsverletzung erlangt, so dass ein Presseunternehmen nicht vorsorglich auf alle denkbaren Eventualitäten zwingend hinzuweisen hat, sondern erst künftig aufgetretene Verletzungen zu verhindern hat.

Im Rahmen einer auftragsvertraglichen Beziehung des Verfügungsbeklagten zu den freien Mitarbeitern verfügt die Beklagte auch über die Rechtsmacht, jedenfalls die tatsächliche Macht, gegen weitere Störungen des Eigentumsrechts des Klägers einzuschreiten. Deshalb ist sie gehalten, alle ihr zu Gebote stehenden rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um weitere Rechtsbeeinträchtigungen des Klägers auszuschließen (BGH, Urteil vom 20.12.1988, BGHZ 106, 229 ff.). Nur rechtlich oder wirtschaftlich unzumutbare Maßnahmen - wie etwa die Unterlassung der Berichterstattung an sich - können ihr nicht abverlangt werden.

Der Umfang der zumutbaren und erfolgversprechenden Verhinderungspflicht ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Die Art, Schwere, Dauer und Häufigkeit der Rechtsverletzung ist dabei ins Verhältnis zu setzen zur Frage, in welchem Umfang die zu treffenden Vorkehrung zumutbar sind und welche konkreten Anforderungen an die Vorkehrungen zu stellen sind, die zu treffen sind, um zu verhindern, dass es zu erneuten, gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Hierbei ist eine Einzelfallabwägung vorzunehmen.

Hinsichtlich dieser Verhinderungsmaßnahmen ist die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast im vorliegenden Hauptsacheverfahren nachgekommen. Zwar ist der Vortrag, dass ein allgemeiner Aufruf zur Rechtstreue im Straßenverkehr bereits generell erfolgt sei, hierfür nicht ausreichend. Die allgemeine Anweisung zu legalem Verhalten genügt nicht (vgl. BGHZ 106, 229 ff).

Allerdings hatte die Beklagte den von den beiden Mitarbeitern begangenen Rechtsverstoß unmittelbar - und nicht erst unter dem Eindruck der einstweiligen Verfügung - nach Information hierüber im Juni 2014 zum Anlass genommen, mittels der Rechtsabteilung alle beteiligten Kreise über die rechtliche Situation rund um die Privatstraße des Klägers zu informieren. So wurden die beiden betroffenen Redaktionen (Redaktion der Sendung „Ab.“ und Redaktion „Ob.“) wie auch dem im Kreise dieser beiden Redaktionen tätig werdenden und mit der Thematik befassten festen wie freien Journalisten explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei der Zufahrtsstraße zu der Berggaststätte „B. in der A.“ um eine Privatstraße des Klägers handelt, die nicht befahren werden darf (Anlagen B 1 bis B 3).

Auch das Oberlandesgericht München hat dies als ausreichende Verhinderungspflicht angesehen (Urteil vom 18.12.2014, Seite 4 oben).

1.3

Jedenfalls ist vorliegend die Wiederholungsgefahr nicht gegeben.

Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr setzt voraus, dass es in der Vergangenheit bereits zu einer Verletzungshandlung der Beklagten als mittelbare Störerin gekommen ist. Hieran fehlt es hier, da die Verhaltens- und Prüfpflicht der Beklagten als Presseunternehmen, deren Verletzung eine Wiederholungsgefahr begründen kann, erst nach Kenntnis von der Rechtsverletzung durch die freien Mitarbeiter/die unmittelbaren Störer entstehen kann (BGH, BGHZ 191, 19 ff., Ziffer I 2 a).

Wiederholungsgefahr ist die auf Tatsachen gegründete, objektiv ernstliche Besorgnis weiterer Störungen. In der Regel begründet die vorangegangene, rechtswidrige Beeinträchtigung eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr Darlegungs- und beweispflichtig ist der Kläger. Maßgeblicher Zeitpunkt ist die letzte mündliche Verhandlung (Palandt, BGB, 74. Auflage, § 1004, Rn. 32).

Das Oberlandesgericht München hat im vorliegenden Fall im einstweiligen Verfügungsverfahren die Indizwirkung des erstmaligen rechtswidrigen Verstoßes verneint, da hier kein Regelfall gegeben sei. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen des Oberlandesgerichts München im Endurteil vom 18.12.2014 Bezug genommen. Dieser Rechtsauffassung schließt sich das Landgericht München II im Hauptsacheverfahren an.

Ergänzend ist folgendes auszuführen:

Nach der Rechtsprechung des BGH unterliegt es tatrichterlicher Würdigung, ob Wiederholungsgefahr besteht oder nicht (BGH, NJW 2012, 3781). Der BGH hat bereits mehrfach entschieden, dass bereits die einmalige unbefugte Handlung durch einen Störer die tatsächliche Vermutung dafür begründet, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt. So hat er die Indizwirkung in der zitierten Entscheidung bei einem einmaligen unbefugten Abstellen des Fahrzeugs für 2 Stunden auf einem Grundstück des Klägers bejaht (BGH, a. a. O.). Allerdings galten diese Überlegungen des BGH für einen Zustandsstörer.

Im vorliegenden Fall ist die Störung der Beklagten allenfalls als mittelbare Störerin zuzurechnen. Die Beklagte hatte den Mitarbeitern lediglich einen allgemeinen Rechercheauftrag erteilt. Auf die obigen Ausführungen zur Störereigenschaft wird Bezug genommen. Aus diesem allgemeinen Rechercheauftrag zum „B. in der A.“ folgt aber nicht zwingend oder automatisch die von den beiden Mitarbeitern begangene Rechtsverletzung in Form des unbefugten Befahrens einer Privatstraße im Wald.

Die Beklagte - der Bayerische Rundfunk als Anstalt des öffentlichen Rechts - ist grundsätzlich nicht gehalten, jedes Handeln ihrer festen oder freien Mitarbeiter auf mögliche Rechtsverletzungen hin zu untersuchen. Die Beklagte war also im vorliegenden Fall nicht anlasslos gehalten, die Mitarbeiter explizit an das Nichtbefahren einer Privatstraße im Wald zu ermahnen. Hierfür gab es keinerlei Anhaltspunkte für die Beklagte.

Wird die Beklagte allerdings auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen, muss die Beklagte auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren Rechtsverletzungen kommt (siehe BGH - Stiftparfüm - BGHZ 191, 19 ff.). Daraus ergibt sich, dass eine Verhaltenspflicht des Beklagten, deren Verletzung eine Wiederholungsfall begründen kann, erst nach Erlangung der Kenntnis von der Rechtsverletzung entstehen kann. Damit kann in der ersten Verletzungshandlung der freien Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, von welcher der Beklagte erst mit der Abmahnung bzw. Aufforderung der Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung Kenntnis erlangt, noch keine Verletzungshandlung gesehen werden, die eine Wiederholungsgefahr im Sinne eines Unterlassungsanspruchs begründet (BGH, Stiftparfüm, a. a. O.). Für die Annahme von Wiederholungsgefahr ist vielmehr eine vollendete Verletzung durch die Beklagte nach Begründung der Pflicht zur Verhinderung weiterer derartiger Rechtsverletzungen erforderlich.

Im vorliegenden Fall ist damit bei einer mittelbaren Störereigenschaft der Beklagten das erstmalige unbefugte Befahren von freien Mitarbeitern der Privatstraßen des Klägers nicht automatisch indiziert, dass der Bayerische Rundfunk diese Beeinträchtigung durch freie Mitarbeiter wiederholen lässt. Die Beklagte hat unmittelbar nach Kenntnis des von zwei Mitarbeitern begangenem Rechtsverstoß über die Rechtsabteilung alle beteiligten Kreise, wie z. B. die Redaktionen und entsprechenden Fachbereiche, über die rechtliche Situation rund um die Privatstraßen des Klägers informiert. So wurden die beiden betroffenen Redaktionen wie auch die Kreise dieser beiden Redaktionen tätig werdenden und mit der Thematik befassten festen wie freien Journalisten explizit darauf hingewiesen, dass es sich bei der Zufahrtstraße zu der Berggaststätte „B. in der A.“ um eine Privatstraße des Klägers handele, die nicht befahren werden darf. Auf die obigen Ausführungen hierzu unter Ziffer 1.2 wird verwiesen.

Die Pflicht zur Verhinderung weiterer Rechtsverletzungen wurde damit erst ab Kenntnis vom Erstverstoß durch die freien Mitarbeiter begründet. Der Verhinderungspflicht wurde seitens der Beklagten nachgekommen. Danach ist keine vollendete Verletzung durch die Beklagte mehr erfolgt, so dass eine Wiederholungsgefahr im vorliegenden Fall nicht begründet ist und auch mangels Vorliegens einer von der Beklagten begangenen Rechtsverletzung, die die Wiederholungsgefahr indizieren könnt, nicht gegeben ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Der Beauftragte ist berechtigt, von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den Umständen nach annehmen darf, dass der Auftraggeber bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen würde. Der Beauftragte hat vor der Abweichung dem Auftraggeber Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 230/11 Verkündet am:
21. September 2012
Mayer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Überlässt der Halter sein Fahrzeug einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr
, ist er Zustandsstörer, wenn es unberechtigt auf einem fremden Grundstück
abgestellt wird. Auch nach Beendigung der Störung kann er Schuldner eines
Unterlassungsanspruchs sein.
BGH, Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11 - LG Stuttgart
AG Kirchheim unter Teck
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2012 durch die Richter Dr. Lemke und Dr. Roth, die
Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 8. September 2011 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussrevision des Klägers wird das vorgenannte Urteil im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Kirchheim unter Teck vom 28. März 2011 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte ist Halter eines Sportwagens. In den Abendstunden des 20. August 2010 war das Fahrzeug für etwa zwei Stunden auf dem durch ein privates Halteverbotsschild gekennzeichneten, von dem Kläger gemieteten Geschäftsgrundstück unbefugt abgestellt. Nach Ermittlung des Fahrzeughalters wandte sich der Kläger an einen Rechtsanwalt. Auf dessen Aufforderung gab der Beklagte, der vorträgt, er selbst habe den Sportwagen dort nicht geparkt, eine Unterlassungserklärung ab, ohne jedoch die geforderte Strafbewehrung zu akzeptieren. Mit der Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten, unter Meidung eines Ordnungsgeldes es zu unterlassen, den Sportwagen selbst oder durch eine dritte Person auf seinem Geschäftsgrundstück abzustellen, sowie die Erstattung der Kosten der Halterermittlung und der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat den Beklagten zur Unterlassung sowie zur Erstattung der Kosten für die Halterermittlung verurteilt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision möchte der Beklagte eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Der Kläger verfolgt mit der Anschlussrevision den Antrag auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten weiter. Beide Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des anderen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

2
Das Berufungsgericht bejaht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Beklagte sei mittelbarer Handlungsstörer oder Zustandsstörer, da er als Halter des Sportwagens durch dessen Weitergabe an einen Dritten eine adäquate Ursache dafür gesetzt habe, dass sein Fahrzeug unberechtigt abgestellt werden könne. Aufgrund des gesamten Verhaltens des Beklagten liege eine Wiederholungsgefahr vor. Der Kläger könne gemäß §§ 670, 677, 683 BGB auch Ersatz der Kosten der Halterfeststellung verlangen. Ein Aufwendungsersatzanspruch für die vorgerichtlichen Anwalts- kosten bestehe dagegen nicht, da die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts in der konkreten Situation nicht erforderlich gewesen sei.

II.

3
Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Unterlassungsanspruch und ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Halterermittlung zu.
4
1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB bejaht.
5
a) Das unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf dem von dem Kläger gemieteten Grundstück stellt eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB dar (Senat, Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 13). Ob es sich hierbei um eine Besitzstörung oder um eine teilweise Besitzentziehung handelt, ist für die weitere rechtliche Beurteilung ohne Belang, da § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB auf den Fall der Besitzentziehung entsprechende Anwendung findet (Staudinger/Bund, BGB [2008], § 861 Rn. 3; MünchKommBGB /Joost, 5. Aufl., § 861 Rn. 17).
6
b) Der Beklagte war gegenüber dem Kläger als Zustandsstörer verantwortlich.
7
aa) Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zure- chenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (Senat, Urteil vom 1. Dezember 2006 - V ZR 112/06, NJW 2007, 432; Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 105; Urteil vom 11. Juni 1999 - V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 69 f., jeweils mwN).
8
bb) Danach war der Beklagte hinsichtlich der durch das parkende Fahrzeug hervorgerufenen Beeinträchtigung des Besitzes des Klägers Zustandsstörer. Er beherrschte die Quelle der Störung, da er - bei entsprechender Information durch den beeinträchtigten Besitzer - als Halter des Fahrzeugs in der Lage war, das Fahrzeug wegzufahren. Ihm war die Beeinträchtigung auch zuzurechnen. Indem er sein Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr überlassen hat, hat er das Risiko übernommen, dass sich der Nutzer nicht an die allgemeinen Verhaltensregeln hält und das Fahrzeug unberechtigt auf fremdem Privatgrund abstellt. Da das Falschparken auf einem Privatgrundstück kein außergewöhnliches Verhalten eines Verkehrsteilnehmers darstellt, mit dem der Halter nicht zu rechnen hat, ist es sachgerecht, ihm als Halter die Verantwortung aufzuerlegen, wenn sich die mit der freiwilligen Fahrzeugüberlassung geschaffene Gefahr des unberechtigten Parkens tatsächlich realisiert (vgl. Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026; Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2550, 2551; aA Woitkewitsch, MDR 2005, 1023, 1026).
9
c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr bejaht. Die von dem Beklagten abgegebene Unterlassungserklärung hat die Wiederholungsgefahr nicht entfallen lassen.
10
aa) Die Revision meint, als Zustandsstörer könne der Beklagte zwar auf Beseitigung einer bestehenden Störung, nicht aber auf künftige Unterlassung in Anspruch genommen werden, da dem Fahrzeug selbst nicht ein für das Geschäftsgrundstück des Klägers gefahrenträchtiger Zustand innewohne. Dem ist nicht zuzustimmen. Es kommt nicht darauf an, ob es sich bei dem Falschparken um eine dem Fahrzeug "innewohnende Schadensanlage" handelt (so aber LG München I, DAR 2009, 591 und AG Darmstadt, NJW-RR 2003, 19, 20). Denn die Verantwortlichkeit des Beklagten als Zustandsstörer ergibt sich nicht allein aus dessen Stellung als Halter des Fahrzeugs. Die Zurechnung der durch das Falschparken hervorgerufenen Besitzbeeinträchtigung beruht vielmehr darauf , dass diese mittelbar auf seinen Willen zurückging, indem er das Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung überlassen hat. Hieran ist auch bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr anzuknüpfen.
11
bb) Die tatrichterliche Würdigung, ob Wiederholungsgefahr besteht, ist im Revisionsverfahren nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (Senat, Urteil vom 14. Oktober 1994 - V ZR 76/93, NJW 1995, 132, 134). Solche liegen nicht vor.
12
Schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsgrundstück des Klägers durch den Beklagten begründet die tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt (Senat, Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 46/10, ZUM 2011, 333, 336; Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036). Durch die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung hat der Beklagte die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt. Dies kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung geschehen (BGH, Urteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, WM 2012, 1673, 1682; Urteil vom 3. Dezember 2009 - III ZR 73/09, MMR 2010, 173). Rechtsfehlerfrei sieht das Berufungsgericht auch in dem Umstand , dass der Beklagte nach seinem eigenen Vorbringen eine Ermahnung "an alle möglichen Nutzer" ausgesprochen hat, das Fahrzeug künftig nicht auf dem Geschäftsgrundstück des Klägers abzustellen, keinen Umstand, der es rechtfertigen würde, einen Wegfall der Wiederholungsgefahr anzunehmen.
13
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten von 5,65 € für die Halterermittlung bejaht. Diese Aufwen- dungen waren zur Vorbereitung der an den Beklagten gerichteten Unterlassungsaufforderung erforderlich und sind daher gemäß §§ 683, 677, 670 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 70/11, GRUR 2012, 759) ersatzfähig.

III.

14
Die Anschlussrevision des Klägers hat Erfolg. Die Begründung des Berufungsgerichts , mit der es einen Anspruch des Klägers gemäß §§ 683, 677, 670 BGB auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Aufforderung an den Beklagten zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ablehnt, hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
15
1. Nach § 670 BGB sind ersatzfähig solche Aufwendungen, die der Geschäftsführer den Umständen nach für erforderlich halten darf. Entscheidend ist, was er nach sorgfältiger Prüfung der ihm bekannten Umstände vernünftigerweise aufzuwenden hatte (RGZ 149, 205, 207; MünchKomm-BGB/Seiler, 5. Aufl., § 670 Rn. 9; PWW/Fehrenbacher, BGB, 7. Aufl., § 670 Rn. 5). Dies kann nicht allgemein bestimmt werden, sondern bemisst sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, deren Würdigung der tatrichterlichen Beurteilung obliegt.
16
2. Die Auffassung des Berufungsgerichts, es handle sich um einen einfach gelagerten Unterlassungsanspruch, für dessen Durchsetzung anwaltliche Hilfe nicht benötigt werde, steht im Widerspruch dazu, dass es zur Klärung der - in der Rechtsprechung kontrovers erörterten - Frage, ob gegenüber dem Fahrzeughalter ein Unterlassungsanspruch besteht, die Revision zugelassen hat. Soweit das Berufungsgericht zusätzlich darauf abstellt, dass der Kläger aus vorangegangenen Verfahren genau gewusst habe, was zu tun sei, vermag dies die Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs ebenfalls nicht zu tragen. Zwar ist die Einschaltung eines Rechtsanwaltes dann nicht erforderlich, wenn der von der Störung Betroffene anlässlich vorangegangener Parkverstöße Dritter diese in der Vergangenheit anwaltlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hat und er daher über die Vorgehensweise bei der Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs informiert ist. Zu Recht macht die Anschlussrevision mit der in der mündlichen Verhandlung erhobenen Verfahrensrüge aber geltend, dass das Berufungsurteil keine Feststellungen enthält, die die Schlussfolgerung zuließen, der Kläger habe seine Rechte und die gebotene Vorgehensweise gekannt. Der bloße Hinweis auf nicht näher konkretisierte "vorangegangene Verfahren" vermag die erforderlichen konkreten Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts nicht zu ersetzen. Insoweit ist das Urteil daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), damit es die Berechtigung des Anspruchs erneut prüfen kann.
Lemke Roth Brückner Weinland Kazele
Vorinstanzen:
AG Kirchheim unter Teck, Entscheidung vom 28.03.2011 - 1 C 713/10 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 08.09.2011 - 4 S 119/11 -

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.

(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.

(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.