Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Mai 2018 - 15 U 2534/17 Rae

bei uns veröffentlicht am23.05.2018

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts München I vom 25.7.2017, Az. 4 O 3437/14 wird auf die Berufung des Beklagten und Widerklägers dahin abgeändert, dass die Klägerin und Widerbeklagte zur Zahlung eines Betrages von 2.000,- € an den Beklagten verurteilt wird.

2. Im Übrigen werden die Berufungen der Klägerin und des Beklagten zurückgewiesen und die Widerklage wird abgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 83%, der Beklagte 17%. Die Kostenentscheidung erster Instanz bleibt aufrecht erhalten.

4. Dieses Urteil sowie das in Ziffer I. genannte Urteil des Landgerichts München I, soweit es bestätigt wurde, sind vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können wechselseitig die Vollstreckung durch die jeweilige Gegenseite abwenden, wenn sie vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags erbringen, soweit nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin fordert vom Beklagten, ihrem früheren anwaltlichen Vertreter, die Auskehr von Fremdgeld. Widerklagend fordert der Beklagte Schmerzensgeld.

Der Beklagte vertrat die Klägerin im Jahr 2013 anwaltlich in diversen Angelegenheiten, insbesondere in einem gegen die Klägerin gerichteten Räumungsverfahren vor dem Landgericht München I. In diesem Verfahren wurde am 13.1.2014 ein Vergleich festgestellt, in dem sich die Klägerin zur Räumung verpflichtete und der Vermieter im Gegenzug bis zum 15.1.2014 einen Betrag von 110.000,- € auf ein Konto des Beklagten entrichten sollte. Dieser Zahlungsverpflichtung kam der Vermieter nach. Der Beklagte bestätigte der Klägerin den Erhalt des Vergleichsbetrages, kehrte den Betrag aber nicht an die Klägerin aus. Er machte gegenüber der Klägerin Honorarforderungen in einer Größenordnung von 100.000,- € geltend. Hierbei stützte er sich auf zwei Honorarvereinbarungen vom 30.12.2013 (Anlagen B2 und B3 zur Klage) und rechnete gegenüber der Klägerin auf.

Beim Beklagten liegen in streitigem Umfang Pfändungen von Gläubigern der Klägerin vor.

Mit Schriftsatz vom 15.11.2016 brachte der Beklagte vor, im Termin vom 5.7.2016 habe ihm in einer Verhandlungspause ein Zuhörer, ein Herr M. B., mitgeteilt, Inhaber der Klageforderung zu sein. Er habe den Prozess finanziert. Daher bestreite der Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin.

Mit Verfügung vom 4.1.2017 (Bl. 262 d. A.) wies das Landgericht die Parteien darauf hin, dass der von den Parteivertretern präferierte Übergang in das schriftliche Verfahren nicht sachdienlich sein dürfte, „weil keineswegs zwingend von Entscheidungsreife auszugehen ist, zumal nunmehr auch die Aktivlegitimation bestritten wird.“

Die gerichtliche Verfügung vom 08.02.2017 (Bl. 265 d. A.), mit der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt wurde, enthielt folgenden „neuerlichen“ Hinweis, „dass nunmehr die Aktivlegitimation bestritten ist. Noch beabsichtigter Vortrag ist bis 03.03.2017 einzureichen“.

In der Sitzung vom 23.5.17 wies das Gericht im Zuge des Güteversuchs wiederum darauf hin, dass nunmehr auch die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten sei und vermerkte nach Übergang in das streitige Verfahren zusätzlich zum erteilten Hinweis, dass kein Vortrag hierzu erfolgt sei, dies trotz zweier gerichtlicher Hinweise (Protokoll Bl. 277/278 d. A.).

Eine Äußerung der Klägerin zu den gerichtlichen Hinweisen auf die bestrittene Aktivlegitimation erfolgte nicht.

Die Widerklage auf Zahlung von Schmerzensgeld begründete der Beklagte mit dem beleidigenden Inhalt diverser E-Mails und SMS der Klägerin. Insoweit wird Bezug genommen auf die Anlagen B1 bis B6 (zur Widerklage).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Aktivlegitimation der Klägerin darzustellen und zu beweisen gewesen wäre, dies aber trotz mehrfacher gerichtlicher Hinweise nicht erfolgt sei.

Die Widerklage hat es mit der Begründung abgewiesen, dem Beklagten habe es freigestanden, die beleidigenden E-Mails bzw. SMS „wegzuklicken“.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen, des streitigen Parteivorbringens und der erstinstanziell gestellten Anträge wird im Übrigen auf das von der Klägerin und dem Beklagten jeweils mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts Bezug genommen.

Mit der Berufung trägt die Klägerin vor, sie habe den Schriftsatz des Beklagten vom 15.11.2016 nicht erhalten; inhaltlich bestreitet sie, dass der Zeuge B. gegenüber dem Beklagten geäußert habe, er sei Inhaber der Klageforderung.

Auch sei in keinem Gerichtstermin ein Hinweis ergangen, dass die Klägerin sich zu diesem Beklagtenvortrag äußern müsse. Insbesondere im Termin vom 23.5.2017 habe das Gericht ausweislich des Protokolls nicht darauf hingewiesen, dass die Forderung an den Zeugen B. abgetreten worden sei.

Im Übrigen habe die Vorsitzende Richterin gewusst, dass der Zeuge B. in dem Gerichtstermin vom 5.7.2016 weder geäußert habe, Forderungsinhaber zu sein noch dass die Forderung ihm von der Klägerin abgetreten worden sei.

Das Landgericht habe seine Hinweispflicht verletzt, da es - insbesondere durch Befragung der Klägerin - habe aufklären müssen, wem die Forderung zustehe. Es habe auf eine sachdienliche Abänderung von Anträgen hinweisen müssen. Zudem sei die Aktivlegitimation von Amts wegen zu prüfen. Das Landgericht habe es auch fehlerhaft unterlassen, den Zeugen B. zur Frage der Aktivlegitimation einzuvernehmen. Die Klägerin habe insoweit den Zeugen B. schriftsätzlich benannt gehabt. Dieser hätte angegeben, dass keine Forderungsabtretung an ihn erfolgt sei, vielmehr die Klägerin lediglich ein Darlehen von ihm für die Prozessführung erhalten habe. Die Klägerin habe erst nach Erhalt der Urteilsbegründung erfahren, dass das Gericht Zweifel daran habe, ob die Forderung an den Zeugen B. abgetreten worden sei.

Auch habe das Landgericht nicht darauf hingewiesen, dass es Zweifel an der Forderungsinhaberschaft der Klägerin habe und daher die Klage abweisen wolle, so dass die Klageabweisung überraschend gekommen sei.

Mit Schriftsatz vom 28.2.2018 vertieft die Klägerin ihre Argumentation und beanstandet die gerichtlichen Hinweise als zu pauschal. Insbesondere habe das Gericht darauf hinweisen müssen, warum es Zweifel an der Aktivlegitimation habe.

Auch hätte im Hinblick auf die Regelung des § 265 ZPO aus dem Hinweis hervorgehen müssen, an wen und wann abgetreten worden sei.

Im Übrigen hätte das Gericht - sollte es von einer Abtretung vor Rechtshängigkeit ausgegangen sein - die Prozessführungsbefugnis der Klägerin in Frage stellen müssen und nicht die Aktivlegitimation. Daher sei das Urteil auch rechtlich falsch, weil das Gericht - von seinem Standpunkt aus - die Klage schon als unzulässig habe abweisen müssen.

Wegen der aufgezeigten Fehler müsse das Berufungsgericht insbesondere den Zeugen B. zur Frage der Forderungsabtretung einvernehmen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

Unter Abänderung des am 25.7.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts München I, Az.: 4 O 3437/14, wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin € 110.000,- nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.12.2014 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und im Rahmen seiner eigenen Berufung:

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 27.7.2017 wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten ein angemessenes Schmerzensgeld zu bezahlen.

Die Klägerin beantragt insoweit, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Zur Klage trägt der Beklagte vor, die Forderungsabtretung an den Zeugen B. sei mangels Bestreiten der Klägerin unstreitig gewesen. Zu einem unstreitigen Sachverhalt habe das Gericht die Klägerin nicht befragen dürfen.

Der Beklagte bezieht sich in der Berufung zur Begründung seines Schmerzensgeldantrages insbesondere auf den Inhalt der Anlagen B1 bis B6 (zur Widerklage) und 59 E-Mails und 115 SMS der Klägerin.

Das Gericht hat in der Terminsverfügung vom 9.2.2018 (Bl. 341/345 d.A.) sowie in der Verfügung vom 5.3.2018 (Bl. 364 d.A.) verschiedene Hinweise erteilt.

Wegen der Einzelheiten des Vortrags im Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Klägerin vom 29.9.2017 (Bl. 302/322 d.A.), vom 28.2.2018 (Bl. 347/363 d.A.) und vom 26.3.2018 (Bl. 371 d.A.) und des Beklagten vom 7.11.2017 (Bl. 325/329 d.A.), vom 20.11.2017 (Bl. 332/336 d.A.), vom 20.3.2018 (Bl. 367/369 d.A.) und vom 4.4.2018 (Bl. 372/375 d. A.).

II.

A. Klage

Das Landgericht hat zu Recht die Klage als unbegründet abgewiesen, so dass die Berufung der Klägerin zurückzuweisen ist.

I. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Klage zulässig war, der Klägerin insbesondere die Prozessführungsbefugnis nicht fehlte:

1. Die Prozessführungsbefugnis ist immer dann unproblematisch gegeben, wenn der Kläger in eigenem Namen ein eigenes Recht behauptet oder geltend macht.

Ist dies der Fall, ist es eine Frage der Begründetheit, inwieweit das geltend gemachte Recht dem Kläger tatsächlich zusteht; damit ist dann die Frage der Aktivlegitimation betroffen (vgl. hierzu nur Althammer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, Vorbemerkungen zu §§ 50-58, Rn. 16).

1. Die Prozessführungsbefugnis ist nur dann problematisch und vom Gericht näher zu untersuchen, wenn der Kläger in eigenem Namen ein fremdes Recht geltend macht, so dass er hierfür entweder einer gesetzlichen oder gewillkürten Legitimation bedarf.

2. Vorliegend hat die Klägerin in erster Instanz durchgehend ein eigenes Recht in eigenem Namen geltend gemacht, indem sie behauptet hat, ihr stehe der Betrag von 110.000,- € zu. Die Prozessführungsbefugnis der Klägerin lag damit unzweifelhaft vor und war daher vom Landgericht zwingend zu bejahen.

II. Das Landgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, da die Aktivlegitimation der Klägerin seitens des Beklagten wirksam mit Schriftsatz vom 15.11.2016 bestritten worden war. Konkret hatte der Beklagte darin vorgetragen, dass der Zeuge B. ihm gegenüber in einer Sitzungspause behauptet hatte, Inhaber der geltend gemachten Forderung zu sein. Die Klägerin sei jedenfalls nicht mehr Inhaberin der angeblichen Klageforderung, deren Aktivlegitimation bleibe bestritten.

1. Dabei spielt die seitens der Klägerin in der Berufung thematisierte Frage, ob die Abtretung vor oder nach Rechtshängigkeit erfolgt sein sollte, keine wesentliche Rolle. Denn in beiden Fällen war die Inhaberschaft der Forderung und damit die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und sie war - entweder von Anfang an oder später - nicht mehr berechtigt, Zahlung an sich zu verlangen.

1. Nachdem die Klägerin zur Frage der Aktivlegitimation in erster Instanz nicht weiter vorgetragen hatte, musste das Gericht davon ausgehen, dass die Forderungsinhaberschaft der Klägerin wirksam bestritten worden, dies von der Klägerin zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO) und die Klage daher als unbegründet abzuweisen war. Denn bei einer anwaltlich vertretenen Partei kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass bei einer unzureichenden Reaktion auf einen unmissverständlichen Hinweis weiterer Vortrag nicht möglich oder nicht beabsichtigt ist ( BGH, Beschluss vom 16.04.2008 - XII ZB 192/06; Rn. 21 bei Juris).

2. Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung und nachfolgenden Schriftsätzen der Vorsitzenden Richterin am Landgericht vorwirft, diese habe gewusst, dass der Vortrag des Beklagten zur Aktivlegitimation der Klägerin falsch sei, gibt bereits der hierzu geschilderte Sachvortrag der Klägerin keinen Anlass, diesen Vorwurf näher zu untersuchen.

Denn die Klägerin hat sich auf Äußerungen des Zeugen B. bezogen, die in der Sitzung gegenüber der Richterin erfolgt sein sollten und aus denen sich ergeben sollte, dass diese die Unrichtigkeit des Vortrags des Beklagten nicht nur hätte erkennen können, sondern definitiv erkannt hatte.

Der Beklagte trug jedoch in seinem Schriftsatz vom 15.11.2016 eine Äußerung des Zeugen B. ihm gegenüber in einer Sitzungspause vor, so dass schon aus diesem zeitlichen Ablauf kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass die Vorsitzende Richterin die behauptete Unrichtigkeit des Vortrags überhaupt kennen konnte.

Ihre Aufgabe war es daher in diesem Zusammenhang lediglich, die schriftsätzliche Äußerung des Beklagten der Klägerseite zur Kenntnis zu bringen, was mit Zusendung des Schriftsatzes geschah.

1. Die Klägerin behauptet, die Vorsitzende Richterin habe den Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 15.11.2016 deshalb nicht zugrunde legen dürfen, weil der Beklagte auch an anderer Stelle des Prozesses unwahr vorgetragen habe. Diese Behauptung ist bereits nicht geeignet, ein „Verwertungsverbot“ für den Vortrag im Schriftsatz vom 15.11.2016 zu ergeben; selbst wenn man unterstellte, dass der Beklagte an anderer Stelle tatsächlich unwahr vorgetragen hätte, gäbe es keinen Erfahrungssatz dafür, dass auch der konkrete Vortrag im Schriftsatz vom 15.11.2016 der prozessualen Wahrheitspflicht des Beklagten zuwiderlief und dies weiter von der Richterin erkannt worden war.

Auch hier war das Landgericht lediglich gehalten, den Vortrag des Beklagten der Klägerin zugänglich zu machen und einer Stellungnahme zum Vorbringen zur Aktivlegitimation entgegenzusehen.

5. Soweit die Klägerin erstmals in der Berufung vorträgt, sie sei sehr wohl Inhaberin der Forderung gewesen, damit aktivlegitimiert und hierzu Beweis anbietet (Zeuge B., Vorlage eines Darlehensvertrages), handelt es sich um neuen Vortrag im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO, der nicht zugelassen werden darf (vgl. hierzu etwa BGH, 24.11.2009 - VII ZR 31/09).

5.1. Nachdem die Klägerin in 1. Instanz zur bestrittenen Aktivlegitimation nicht vorgetragen hatte, handelt es bei den Ausführungen in der Berufungsbegründung um neuen Vortrag.

5.2. Zulassungsgründe im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO bestehen nicht:

5.2.1. § 531 Abs. 2 S.1. Nr. 1 ZPO: Eine Zulassung neuer Angriffs- oder Verteidigungsmittel zu einem Gesichtspunkt, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, findet nur unter der ungeschriebenen Voraussetzung Anwendung, dass die Rechtsansicht des Gerichts den erstinstanzlichen Sachvortrag der Partei beeinflusst hat und daher, ohne dass deswegen ein Verfahrensfehler gegeben wäre, (mit-)ursächlich dafür geworden ist, dass sich Parteivorbringen in das Berufungsverfahren verlagert. Diese Voraussetzung kann dann erfüllt sein, wenn das Erstgericht die Partei durch seine Prozessleitung oder seine erkennbare rechtliche Beurteilung des Streitverhältnisses davon abgehalten hat, zu bestimmten Gesichtspunkten (weiter) vorzutragen.

§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist jedoch vorliegend nicht einschlägig, denn der neue Vortrag zur Aktivlegitimation betrifft genau den Gesichtspunkt, auf den das Landgericht hingewiesen und den es für entscheidend gehalten hat. Insofern hat das Landgericht den von der Klägerin behaupteten Gesichtspunkt weder übersehen noch für unerheblich gehalten, sondern gerade für entscheidungserheblich, aber nicht nachgewiesen erachtet.

5.2.2. § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO: Die Zulässigkeit neuen Vorbringens danach setzt voraus, dass ein Verfahrensmangel tatsächlich vorliegt und in der Berufungsbegründung gerügt worden ist.

Die in der Berufungsbegründung behaupteten Verfahrensmängel liegen jedoch nicht vor.

a) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht gemäß § 139 BGB ist nicht ersichtlich:

aa) Rechtliche Hinweise müssen unter Berücksichtigung der konkreten Situation der Parteien in der Weise erteilt werden, dass es den Parteien auch tatsächlich möglich ist, Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis ausüben und sie nicht daran gehindert sind, ihren Sachvortag rechtzeitig zu ergänzen (vergleiche zB BGH, 04.07.2013 - V ZR 151/12; BVerfG, 29. Mai 1991, 1 BvR 1383/90, BVerfGE 84, 188). Auch müssen die rechtlichen Hinweise unmissverständlich sein (BGH, Beschluss vom 16.04.2008 - XII ZB 192/06; Rn. 21 bei Juris).

bb) Danach reichten die Hinweise an die Klägerin auf die fehlende Aktivlegitimation bereits aufgrund der Verfügungen vom 4.1.2017 und 8.2.2017 inhaltlich aus. Mit dem Hinweis darauf, dass die Aktivlegitimation bestritten bzw. zweifelhaft sei, machte das Landgericht der Klägerin in eindeutiger Weise klar, dass ihre Rechtsinhaberschaft in Frage stand. Hierbei handelte es sich um den Dreh- und Angelpunkt des Verfahrens, mit dem der Erfolg der Klage stand oder fiel. Das war aufgrund der Hinweise klar erkennbar.

Weitere Erläuterungen in dem Sinn, warum die Aktivlegitimation im Zweifel stand oder ab welchem Zeitpunkt, waren zum Verständnis des Hinweises nicht erforderlich. Insbesondere die Klägervertreterin konnte aus den Hinweisen die erforderlichen Schlüsse ziehen. Sie musste sich fragen, warum die Aktivlegitimation seitens des Gerichts nunmehr in Zweifel gezogen wurde.

cc) Auch wenn man in diesem Zusammenhang davon ausgeht, dass die Klägerin den Schriftsatz vom 15.11.2016 nicht erhalten hat, reichte der Hinweis inhaltlich aus. Denn dann wäre es vorrangige Aufgabe der Klägervertreterin gewesen, beim Landgericht nachzufragen, was Hintergrund des Hinweises war, insbesondere aufgrund welchen Sachvortrags der Gegenseite. Auch hätte die Klägervertreterin Akteneinsicht nehmen können.

Denn nur die Klägerseite konnte in dieser Situation erkennen, dass möglicherweise ein Schriftsatz des Beklagten nicht zugegangen war, der Anlass zum Hinweis des Gerichts gegeben hatte, nachdem andere Gesichtspunkte ersichtlich nicht vorlagen, die die Aktivlegitimation in Frage stellten.

Soweit in der Berufungsbegründung moniert wurde, dass das Landgericht angekündigt habe, ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer einzuholen und daher das Urteil überraschend gekommen sei, verkennt die Klägerseite, dass zu diesem Zeitpunkt die Aktivlegitimation durch die Beklagtenseite nicht bestritten worden war. Die entscheidenden Hinweise des Landgerichts erfolgten erst nach der Mitteilung, ein Gutachten einzuholen.

a. Aufgrund dieser Erwägungen scheidet auch ein Verstoß gegen die Fürsorgepflicht des Gerichts aus, denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, bei formlosen Übersendungen von Schriftsätzen nachzufragen, ob diese den Adressaten auch erreicht haben. Eine eigenständige Nachforschungspflicht scheidet aus.

b. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Verletzung der Aufklärungspflicht des Gerichts gerügt hat, weil dieses von sich aus (von Amts wegen) nicht die Klägerin zur Frage der Aktivlegitimation angehört habe, geht dies fehl. Ein solches Vorgehen hätte gegen den Dispositions- und Beibringungsgrundsatz der ZPO (vgl. hierzu Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, Vorbemerkungen zu §§ 128-252, Rn. 9/10) verstoßen, wonach es alleinige Aufgabe der Parteien ist, von der Gegenseite bestrittenen Sachvortrag ihrerseits richtig zu stellen, ggfls. zu substantiieren und unter Beweis zu stellen, insbesondere im Fall der Aktivlegitimation.

Auch durfte das Gericht nicht durch eigene Fragen an die Klägerin die seitens des Beklagten bestrittene Aktivlegitimation aufklären.

Die Klägerin hatte stets vorgebracht, sie mache einen eigenen Anspruch geltend. Fragen der Prozessführungsbefugnis beziehungsweise der Zulässigkeit einer Prozessstandschaft stellten sich aus der Sicht des erstinstanzlichen Gerichts nicht.

Es war alleinige Aufgabe der Klägerin, auf die Hinweise des Gerichts zu reagieren, diese zu hinterfragen, um dann eine Anhörung oder Parteieinvernahme der Klägerin zu beantragen.

So musste das Landgericht vielmehr von einem unbestrittenen Vortrag (§ 138 Abs. 3 ZPO) ausgehen.

a. Die Klägerin wirft dem Landgericht weiter vor, es habe verfahrensfehlerhaft unterlassen, den Zeugen B. einzuvernehmen. Dies ist unrichtig; an keiner Stelle des klägerischen Vortrags in erster Instanz wurde der Zeuge B. konkret zu dem für die Frage der Aktivlegitimation relevanten Sachverhalt angeboten.

Das Landgericht hätte vielmehr (wiederum) gegen den Dispositions- und Beibringungsgrundsatz verstoßen, wenn es von sich aus - ohne entsprechendes konkretes Beweisangebot der Klägerin - den Zeugen B. zu einem Beweisthema vernommen hätte, zu dem dieser Zeuge nicht benannt worden war.

a. Der Senat hält bereits die ersten beiden Hinweise des Landgerichts auf die fehlende Aktivlegitimation für ausreichend.

Ergänzend weist er darauf hin, dass er auch von einem weiteren, dritten Hinweis des Landgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 23.5.2017 ausgeht, auf den die Klägerseite ebenfalls nicht reagierte.

aa) Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung hatte die Vorsitzende Richterin bereits in der Güteverhandlung erneut auf die Problematik der Aktivlegitimation hingewiesen und diesen Hinweis nach Übergang ins streitige Verfahren protokolliert. Weiter hatte sie dann darauf hingewiesen, dass hierzu kein Sachvortrag der Klägerin erfolgt war, trotz zweier gerichtlicher Hinweise. Damit steht aber gemäß § 165 ZPO bindend fest, dass dieser Hinweis erteilt wurde.

bb) Der Nachweis, dass das Protokoll an dieser Stelle unrichtig ist, kann lediglich dadurch bewiesen werden, dass eine Protokollfälschung vorliegt, § 165 S. 2 ZPO (hierzu Reichold in Thomas/Putzo, ZPO 38. Aufl., § 165 ZPO Rn. 5).

Diese Behauptung hat die Klägerseite aber nicht einmal erhoben. Sie hat erstmals in der Berufungsbegründung vom 29.9.2017 vorgetragen (Seite 12, Bl. 313 d.A.), dass das Gericht in keiner der mündlichen Verhandlungen darauf hingewiesen habe, dass es Zweifel an der Aktivlegitimation habe. Einen Protokollberichtigungsantrag hat die Klägerin aber in erster Instanz nicht gestellt.

Im Schriftsatz vom 28.02.2018 (Bl. 347/363 d. A.) auf Seite 15 bringt die Klägerin vor, in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2016 (gemeint ist offenkundig 2017) habe die Richterin nicht darauf hingewiesen, dass sie von einer Abtretung der Forderung vor Rechtshängigkeit ausgehe und die Klägerin somit nicht prozessführungsbefugt sei, auch habe sie nicht gesagt, dass sie davon ausgehe, dass die Forderung an Herrn B. abgetreten wurde. Davon, dass solche Äußerungen geschehen sind, geht der Senat jedoch gar nicht aus, sondern schlicht davon, dass der Hinweis so erfolgt ist, wie die Einzelrichterin ihn protokolliert hat.

Auf den Hinweis des Gerichts vom 05.03.2018 (Bl. 364 d. A.) auf § 165 ZPO, also auf den erforderlichen Nachweis der Protokollfälschung, hat die Klägerin nicht reagiert.

Die klägerische Darstellung wird somit durch das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 23.5.2017 widerlegt, das die Klägerin eigenartigerweise aber gerade zum Beweis für ihre -unzutreffende - Behauptung anbietet (aaO).

Soweit die Klägerin weiter zum Beweis ihrer Behauptung die im Termin anwesende Rechtsanwältin D. anbietet, ist auch damit nicht ansatzweise der Nachweis einer Protokollfälschung angetreten.

Fälschung wäre die wissentliche falsche Beurkundung oder nachträgliche Verfälschung im Sinne der §§ 267, 271, 348 StGB (Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 165 ZPO, Rn. 4).

Zwar dürfen nach der Rechtsprechung an die Darlegungslast keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BGH, 20.02.2008 - XII ZB 116/07), insbesondere wenn die Partei keinen hinreichenden Einblick in die internen Geschäftsabläufe des Gerichts und die Arbeitsweise des Richters hat und daher in derartigen Fällen auf bloße Indizien für den objektiven Tatbestand und auf Schlussfolgerungen für dessen subjektive Seite angewiesen ist (BGH, aaO, Rn. 15 bei Juris). Darum geht es aber vorliegend nicht. Es wird lediglich in das Wissen der Zeugin D. gestellt, dass ein solcher Hinweis nicht erteilt worden sei; wobei sich aus dem das Beweisangebot präzisierenden Schriftsatz vom 28.02.2018 ergibt, dass es um das Bestreiten von Äußerungen der Richterin geht, die sich so gar nicht aus dem protokollierten Hinweis ergeben. Dass das Protokoll gefälscht worden sei, wird damit gerade nicht behauptet und ergibt sich auch nicht zwingend inzidenter aus der Behauptung, insbesondere nachdem auch die Möglichkeit besteht, dass die Zeugin D. den Hinweis nicht wahrgenommen beziehungsweise nicht verstanden hat.

Das Beweisangebot der Klägervertreterin selbst (Rechtsanwältin Dr. P.) war schon deshalb unbehelflich, weil diese an der Sitzung gar nicht teilgenommen hatte.

5.2.3. Der erstmals in der Berufung enthaltende Sachvortrag zur Aktivlegitimation der Klägerin kann auch nicht gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO zugelassen werden.

a) Der Senat geht von einer erheblichen Nachlässigkeit der Klägervertreterinnen aus, aufgrund derer es in erster Instanz mehrfach unterlassen wurde, auf die Hinweise des Gerichts zu reagieren. Dieses Verschulden ist der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen, so dass der neue Vortrag nicht zuzulassen ist. Insbesondere ist nicht ersichtlich, wodurch die Klägerin im ersten Rechtszug gehindert gewesen sein soll, bereits damals das Vorbringen zum Nachweis ihrer Aktivlegitimation vorzutragen.

a. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung hat der Anwalt die Belange seines Auftraggebers nach jeder Richtung wahrzunehmen und die Geschäfte aus eigener Entschließung so zu erledigen, dass Nachteile für den Auftraggeber vermieden werden, soweit sie voraussehbar und vermeidbar sind.

b. Vorliegend hatte die Klägervertreterin ausweislich der Empfangsbekenntnisse (nach Bl. 262 d.A.; nach Bl. 265 d.A.) 2 Hinweise des Gerichts erhalten, wonach das Gericht die Frage der Aktivlegitimation als bestritten und zweifelhaft erachtete. Hierauf hätte die Klägervertreterin zwingend reagieren müssen, da mit der Frage der Aktivlegitimation, also der Frage, ob der Klägerin das geltend gemachte Recht zustand, der Prozessausgang direkt zusammenhing. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sie den Schriftsatz des Beklagten vom 15.11.2016 nicht erhalten haben sollte. Die Klägervertreterin wäre gehalten gewesen, den Hintergrund des richterlichen Hinweises (ggfls. im Wege der Akteneinsicht) aufzuklären, um die im Raum stehende Klageabweisung zu vermeiden.

Damit liegt Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO vor, so dass auch danach der neue Vortrag nicht zugelassen werden kann.

Nachdem das Urteil des Landgerichts keinen Rechtsfehler aufweist und der neue Vortrag zur bestehenden Aktivlegitimation nicht zuzulassen ist, war die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

B. Widerklage

Auf die Berufung des Beklagten war das Urteil des Landgerichts wie tenoriert abzuändern, im Übrigen war die Berufung zurückzuweisen.

Die landgerichtliche Argumentation erscheint dem Senat nicht haltbar, nachdem der Beklagte als Anwalt verpflichtet ist, E-Mails seiner (ehemaligen) Mandantin zur Kenntnis zu nehmen und damit auch den beleidigenden Inhalt lesen muss.

I. Soweit der Beklagte die Mindestvorstellung von der Höhe des ihm zustehenden Schmerzensgelds in seiner Berufungsbegründung auf 25.000,- € erhöht hat, liegt darin allenfalls eine Erhöhung des Klageantrags im Sinne von § 264 Nr. 2 ZPO und die Voraussetzungen des § 533 ZPO sind nicht zu prüfen (vgl. Heßler in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 533 ZPO Rn. 3). Die Voraussetzungen des § 529 ZPO liegen vor.

II. Die Widerklage ist zulässig, insbesondere fehlt ihr nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

1. Grundsätzlich fehlt nach der Rechtsprechung des BGH Klagen auf Zahlung einer Geldentschädigung wegen ehrkränkender Äußerungen in aller Regel das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Äußerungen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienten oder in Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder Pflichten gemacht wurden (BGH, 28.2.2012 - VI ZR 79/11).

Denn mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist es nicht vereinbar, wenn redliche Äußerungen in einem Zivilprozess oder die redliche Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten im Straf(ermittlungs) verfahren aus Gründen des Ehrenschutzes zu rechtlichen Nachteilen führen, weil die Behauptung sich später im Prozess oder nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder unaufklärbar erweist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17 mwN). Ein wirkungsvoller gerichtlicher Rechtsschutz in bürgerlichrechtlichen Streitigkeiten setzt voraus, dass der Rechtssuchende, ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen, gegenüber den Organen der Rechtspflege alle Handlungen vornehmen kann, die nach seiner von gutem Glauben bestimmten Sicht geeignet sind, sich im Prozess zu behaupten (vgl. BGH, 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, Rn. 16; BVerfG, NJW-RR 2007, 840, 841 mwN). In entsprechender Weise führte es zu einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden, unzumutbaren Beschränkung des Einzelnen und zu einer nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege, wenn derjenige, der in gutem Glauben eine Strafanzeige erstattet hat, befürchten müsste, wegen seiner Äußerungen gegenüber den Strafverfolgungsbehörden mit einer Schadensersatzklage wegen Ehrverletzung überzogen zu werden (vgl. BVerfGE 74, 257, 263; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17 mwN).

1. So hat der BGH (28.2.2012 - VI ZR 79/11) eine Entscheidung gebilligt, in der gegenüber einem Ehemann, dessen Frau unter ungeklärten Umständen zu Tode kam, der Lebensversicherer den Vorwurf erhoben hatte, der Mann habe seine Frau umgebracht. Denn die Äußerungen des Lebensversicherers hätten in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gegenstand des Verfahrens gestanden und seien dazu bestimmt und geeignet gewesen, den Standpunkt der Klägerin darzulegen und zu rechtfertigen (BGH, aaO, Rn. 7 ff).

2. Nach der Rechtsprechung ist ein Rechtsschutzbedürfnis jedoch dann nicht zu versagen, wenn bewusst oder leichtfertig falsche ehrenrührige Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden oder eine reine Schmähkritik ohne erkennbaren Bezug zum Ausgangsrechtsstreit vorliegt, bei der es nicht mehr um die Auseinandersetzung in der Sache, sondern allein um eine Diffamierung und Herabsetzung des Betroffenen jenseits polemischer und überspitzter Kritik geht (so zutreffend OLG Hamm, 3.12.2012 - 13 U 178/11).

3. Vorliegend ging es bei den Äußerungen der Klägerin nicht mehr um eine Auseinandersetzung in der Sache oder um polemische oder überspritzte Kritik am Beklagten. Hierzu zählen insbesondere die Äußerungen in Anlagen B2 („Sie bleiben ein Stück Dreck und Scheiße … du Schwein du Deutscher“), B3 („ich kotze wenn dich dein Name höre du Schswein … und zeige mich ruhich an du Drecksau, du Schwein, die den Namen der Rechtsanwälte beschmutzt du Schwein!“) und B5 (Sie Herr Z. sind ein Schwein … sie verdammte Hure von Rechtsverdreher … du Drecksau du“) gegenüber dem Beklagten, die eine reine Schmähkritik gegenüber dem Beklagten darstellen und nicht durch eine Rechtsverteidigung gegenüber dem Honoraranspruch des Beklagten gerechtfertigt sind.

Die Widerklage war somit zulässig.

III. In der Sache hält der Senat ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000,- € für angemessen.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, 14.11.2017 - VI ZR 534/15 m.w.Hw.) begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann.

Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen.

1. Der Senat hat bei Bemessung des Schmerzensgeldes berücksichtigt, dass die Äußerungen schwerwiegenden Charakter hatten und zusätzlich eingebettet waren in kaum verhüllte Todesdrohungen und Todeswünsche.

Auf der anderen Seite hat er gesehen, dass die Klägerin sich aufgrund der seitens des Beklagten geltend gemachten Honoraransprüche (und der damit begründeten Einbehaltung des Fremdgeldes) in einem extremen Erregungszustand befunden hat, der in direktem Zusammenhang mit den ausgeprägten Honorarvorstellungen des Beklagten stand. Auch hat der Senat das Verhalten der Klägerin in der Sitzung berücksichtigt, in der es zu keinen weiteren Beleidigungen gegenüber dem Beklagten kam, so dass der Senat seine Annahme, dass die Äußerungen im zeitlichen Zusammenhang mit der als ungehörig empfundenen Nichtweiterleitung des Fremdgeldes fielen, bestätigt sieht.

Mehr als die Emails Anlagen B 1 bis B 6, die alle aus einem relativ engen Zeitraum zwischen dem 30.06. und 09.07.2014 stammen, hat der Beklagte nicht vorgelegt. Die behaupteten weiteren Beleidigungen durch 59 Emails und 115 SMS hat der Beklagte auch auf den ausdrücklichen Hinweis in Ziffer 5.2.3. der Terminsverfügung vom 09.02.2018 (Bl. 344 d. A.) nicht dargestellt.

Als Ausgleich für die Verletzung seines Persönlichkeitsrechts und als Genugtuung (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt, BGB 77. Aufl., § 253 Rn. 4) erscheinen dem Senat 2.000,- € angemessen. Soweit der Beklagte in seiner Berufung ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 25.000,- € als angemessen erachtet hat, war die Berufung zurückzuweisen und die Widerklage abzuweisen.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 I, 92 I ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

1. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung liegen nicht vor, da keiner der gesetzlichen Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO) gegeben ist.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Mai 2018 - 15 U 2534/17 Rae

Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Mai 2018 - 15 U 2534/17 Rae

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur
Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Mai 2018 - 15 U 2534/17 Rae zitiert 19 §§.

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

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(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

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(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch i

Zivilprozessordnung - ZPO | § 165 Beweiskraft des Protokolls


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Oberlandesgericht München Endurteil, 23. Mai 2018 - 15 U 2534/17 Rae zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 192/06
vom
16. April 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat ein Gericht die Partei eindeutig und unmissverständlich auf die einschlägige
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage
hingewiesen, muss es den Hinweis nicht wiederholen, wenn die Partei ihren
Sachvortrag nicht auf den rechtlichen Hinweis eingerichtet hat (Abgrenzung zu BGH
Urteile vom 21. Januar 1999 - VII ZR 269/97 - NJW 1999, 1264 und vom 25. Juni
2002 - X ZR 83/00 - NJW 2002, 3317).
BGH, Beschluss vom 16. April 2008 - XII ZB 192/06 - OLG Celle
AG Lehrte
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2008 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 19. September 2006 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 500 €

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um Trennungsunterhalt. Mit Teilurteil vom 6. April 2006 hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, "der Klägerin Auskunft über sein Einkommen zu erteilen und zwar durch Vorlage einer schriftlichen, systematischen Aufstellung über seine sämtlichen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen, aus Mieteinkünften sowie Einkünften anderer Herkunfts- und Steuerarten für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2005, und die Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Einkommensteuererklärungen nebst der vollständigen, gesetzlich vorgeschriebenen Anlagen hierzu und der Einkommensteuerbescheide sowie etwaiger Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. der etwaigen EinnahmeÜberschussrechnungen für die Jahre 2003, 2004 und 2005."
2
Gegen dieses Teilurteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Mit Zustellung der Berufungsbegründung hat das Oberlandesgericht beiden Parteien aufgegeben "innerhalb der Berufungserwiderungsfrist zum Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) vorzutragen (vgl. BGH FamRZ 2005, 104 unter II.1 der Gründe)."
3
Mit Schriftsatz vom 1. August 2006 hat der Beklagte die Auffassung vertreten , der Wert des Beschwerdegegenstandes entspreche dem Wert des erstinstanzlichen Verfahrens. Da die Klägerin außergerichtlich Unterhalt in Höhe von monatlich 2.000 € gefordert habe, belaufe sich der Wert des Beschwerdegegenstandes auf 24.000 €.
4
Mit Beschluss vom 29. August 2006 hat das Berufungsgericht den Wert der Beschwer auf 500 € festgesetzt. Für ein Rechtsmittel gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere. Dieser Aufwand belaufe sich zur Überzeugung des Gerichts auf nicht mehr als 500 €. Denn er bestehe nach Maßgabe der Entscheidungsformel des angefochtenen Urteils letztlich in der Zusammenstellung und Ablichtung der Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheide des Beklagten sowie der zu deren Fertigung erforderlich gewesenen Aufstellungen.
5
Der Beschluss wurde am 30. August 2006 formlos an die Prozessbevollmächtigten der Parteien abgesandt. Der Beklagte behauptet, diesen Beschluss nicht erhalten zu haben. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19. September 2006 hat das Oberlandesgericht die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).
7
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine grundsätzliche Bedeutung weder hinsichtlich der Frage gegeben, wie sich die Beschwer eines zur Auskunft verurteilten Beklagten bemisst, noch hinsichtlich des Umfangs der Hinweispflicht des Berufungsgerichts. Beides ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt. Die Rechtsbeschwerde ist wegen dieser Fragen auch nicht zur Fortbildung des Rechts zulässig.
8
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich die Beschwer durch die Verurteilung zur Auskunft nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen (vgl. insoweit Senatsbeschluss BGHZ 164, 63, 66 ff. = FamRZ 2005, 1986 f.) - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 f.; Senatsbeschlüsse vom 25. April 2007 - XII ZB 10/07 - FamRZ 2007, 1090, 1091 und vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104). Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34, vom 31. Oktober 2001 - XII ZB 161/01 - FPR 2002, 161 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667).
9
Ebenso ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits grundsätzlich geklärt, dass im Falle einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen , ob das Berufungsgericht von dem ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat. Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Diese Beschränkung begrenzt zugleich die Möglichkeit des Rechtsbeschwerdegerichts, Tatsachen zu berücksichtigen, die erstmals im Verfahren der Rechtsbeschwerde geltend gemacht werden (Senatsbeschlüsse vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 und vom 31. Januar 2001 - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652 f.).
10
b) Auch der Umfang der richterlichen Hinweispflicht nach § 139 ZPO ist hinreichend geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Gericht seiner Hinweispflicht nur dann, wenn es die Parteien auf den noch fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweist und den Parteien die Möglichkeit eröffnet, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen. Die Hinweispflicht des Gerichts besteht im Grundsatz auch in Verfahren, in denen die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird; das gilt jedenfalls dann, wenn der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage falsch beurteilt (BGHZ 140, 365, 371 = NJW 1999, 1867, 1868). Will das Gericht von seiner in einer gerichtlichen Verfügung geäußerten Auffassung später abweichen oder hat die Partei einen nicht hinreichend eindeutigen Hinweis falsch aufgenommen, muss das Gericht diesen präzisieren und der Partei erneut Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen (BGH Urteile vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - NJW 2002, 3317, 3320 und vom 21. Januar 1999 - VII ZR 269/97 - NJW 1999, 1264).
11
2. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
12
a) Dieser Zulassungsgrund ist zunächst in Fällen der Divergenz gegeben , wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung , mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGHZ 154, 288, 292 f. = NJW 2003, 1943, 1945). Solches hat die Rechtsbeschwerde weder substantiiert dargelegt (vgl. insoweit BGHZ 152, 7, 8 f. = NJW 2002, 3334, 3335), noch ist dies sonst offenkundig (vgl. BGH Beschluss vom 18. März 2004 - V ZR 222/03 - FamRZ 2004, 947, 948).
13
b) Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Rechtsbeschwerde aber auch dann zulässig, wenn einem Gericht bei der Rechtsanwendung Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Dabei muss es sich um einen Rechtsfehler von symptomatischer Bedeutung handeln (BGHZ 152, 182, 187 = NJW 2003, 65, 66 f.). Diese Voraussetzungen sind also nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, fehlerhaft ergangen ist (BGHZ 154, 288, 293 = NJW 2003, 1943, 1945 f.). Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt erst dann vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deswegen von Verfassungs wegen der Korrektur bedarf. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung also zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht (BGHZ 154, 288, 296 = NJW 2003, 1943, 1946). Auch solches ist hier aber nicht der Fall:
14
aa) Soweit die Rechtsbeschwerde sich auf eine fehlende Begründung des angefochtenen Beschlusses stützt, ist schon zweifelhaft, ob der behauptete Rechtsverstoß nach § 547 Nr. 6 i.V.m. § 576 Abs. 3 ZPO eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung rechtfertigen kann (zur Zulassung der Revision, wenn ein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 bis 4 ZPO geltend gemacht wird vgl. BGHZ 172, 250 = FamRZ 2007, 1643 f.).
15
Entscheidend ist aber, dass das Berufungsgericht den angefochtenen Beschluss - entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde – tatsächlich begründet hat. Denn es hat in dem Beschluss ausgeführt, dass es die Berufung des Beklagten als unzulässig verwerfe, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes - entgegen § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO - 600 € nicht übersteige. Damit war die Entscheidung schon für sich genommen nachvollziehbar. Eine weitergehende Begründung war hier entbehrlich, weil das Oberlandesgericht den Wert der Beschwer schon durch einen im Einzelnen begründeten Beschluss festgesetzt hatte und damit diesen Wert für das weitere Verfahren als feststehend zu Grunde legen durfte. Ob dieser Beschluss dem Beklagten zugegangen ist, ist für die Frage der ausreichenden Begründung ohne Belang. Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht die Parteien ausdrücklich auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen hatte, wonach sich die Beschwer durch eine zur Auskunft verurteilende Entscheidung nach dem Interesse richtet, diese Auskunft nicht zu erteilen, also nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war dem Beklagten mit dieser Information der Zugang zu der im Prozessrecht vorgesehenen Berufungsinstanz nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert, was seinen Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzen würde (vgl. BVerfG NJW 2001, 2161, 2162). Die Entscheidung des Berufungs- gerichts ist im Rahmen der Rechtsbeschwerde auch hinreichend nachprüfbar, weil sie sich auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung auf eine Unterschreitung der Berufungssumme stützt.
16
bb) Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung , wonach der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteigt, den relevanten Sachverhalt vollständig gewürdigt und hinreichend berücksichtigt. Dabei ist es von dem Tenor des angefochtenen Teilurteils ausgegangen und hat die darin ausgesprochene Verpflichtung nur als Zusammenstellung bereits vorhandener Unterlagen aufgefasst. Dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts, zumal sie auch die eigene Bewertung auf den Aufwand für die Sichtung und Zusammenstellung vorhandener Unterlagen und die Erstellung eines Verzeichnisses der Einkünfte und Ausgaben beschränkt. Andere Anhaltspunkte waren im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung auch nicht ersichtlich. Insbesondere durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass die mit Teilurteil vom 6. April 2006 geschuldeten Auskünfte für die Jahre 2003 und 2004 nur geringen Aufwand verursachen, weil die Einkünfte für diese Jahre bereits im Rahmen der Einkommensteuer geklärt waren. Weil die Einkünfte des Beklagten aus dem Versorgungswerk der Ärzte sowie ggf. einer Witwerrente nach seiner verstorbenen ersten Ehefrau einerseits und die Differenz aus Mieten und den dafür erforderlichen Aufwendungen andererseits auch unterhaltsrechtlich relevant sind, konnte der Beklagte auf die vorliegenden steuerlichen Unterlagen zurückgreifen. Eine rechtliche Bewertung der einzelnen Kosten schuldete er nicht.
17
Selbst wenn im Zeitpunkt des amtsgerichtlichen Teilurteils noch keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 erstellt war, würde der insoweit erforderliche Aufwand keine Kosten verursachen, die gemeinsam mit den Kosten für die Zusammenstellung bereits vorhandener Unterlagen für die Vorjahre den Berufungsstreitwert überstiegen. Denn dafür ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht auf die Kosten eines Steuerberaters abzustellen. Maßgebend ist nämlich, dass die auf einer besonderen familienrechtlichen Beziehung beruhende Auskunftspflicht nach §§ 1580, 1605 BGB persönlicher Natur und die Erfüllung mit berufstypischen Leistungen, z.B. eines Steuerberaters gegenüber Dritten, nicht vergleichbar ist. Daher wäre es nicht gerechtfertigt, die Bewertung danach auszurichten, welche Vergütung ggf. von einem Dritten gefordert werden könnte. Auch die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen , weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34, vom 31. Oktober 2001 - XII ZB 161/01 - FPR 2002, 161 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667). Solches ergibt sich aus dem Vortrag des Beklagten im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung nicht.
18
Aus den gleichen Gründen ist der Beklagte auch daran gehindert, unter Hinweis auf den Stundenlohn eines promovierten Arztes in behaupteter Höhe von mindestens 150 € für die von ihm geschuldeten Arbeiten einen solchen Stundensatz zu berechnen. Als möglicher Ansatzpunkt für die Bewertung seines Zeitaufwands kommen vielmehr die Stundensätze für die Entschädigung von Zeugen nach §§ 20 bis 22 JVEG in Betracht, die Stundensätze von 3 € bis höchstens 17 € vorsehen und eine nach dem geringsten Stundensatz bemessene Entschädigung gewähren, wenn - wie es beim Beklagten durch die Erfüllung seiner Auskunftspflicht der Fall ist - kein Verdienstausfall eintritt (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667). Selbst wenn die Auskunft somit den vom Beklagten nunmehr erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren benannten Umfang von insgesamt weniger als 20 Stunden verursachen würde, wäre die Ermessensentscheidung des Oberlandesgerichts, das den Streitwert auf insgesamt 500 € festgesetzt hat, nicht zu beanstanden.
19
cc) Im Gegensatz zur Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht auch nicht gegen seine Hinweispflicht aus § 139 ZPO verstoßen. Denn es hatte die Parteien schon nach Eingang der Berufungsbegründung unter Hinweis auf eine einschlägige Senatsentscheidung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen. Aus dieser Entscheidung ergibt sich eindeutig, dass die Beschwer eines zur Auskunft verurteilten Beklagten nach dem Aufwand an Zeit und Kosten zu bemessen ist, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Von einem Rechtsanwalt kann grundsätzlich verlangt werden, dass er die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage kennt (BGH Urteil vom 27. März 2003 - IX ZR 399/99 - NJW 2003, 2022, 2025). Spätestens wenn das Gericht eindeutig auf diese Rechtsprechung hinweist, hat der Rechtsanwalt sich mit dieser Rechtsprechung zu befassen und seinen Sachvortrag darauf einzustellen. Dafür reicht es aus, wenn das Gericht auf eine veröffentlichte und damit allgemein zugängliche höchstrichterliche Entscheidung verweist, in der die Rechtsfrage unzweifelhaft geklärt ist. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es dem Rechtsanwalt dann zumutbar, sich eigenverantwortlich über den Inhalt dieser Entscheidung zu informieren.
20
Danach hat das Berufungsgericht mit seinem Hinweis auf die entscheidende Passage in dem in FamRZ 2005, 104 veröffentlichten Senatsbeschluss die Verpflichtung aus § 139 ZPO erfüllt. Wenn der Beklagte unter Verkennung der eindeutigen Rechtslage gleichwohl eine Festsetzung des Streitwerts nach der Höhe des von der Klägerin begehrten Unterhalts beantragt hat, kann dies nur bedeuten, dass er die abweichende und eindeutige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bewusst nicht zur Kenntnis genommen hat. Denn andern- falls hätte der Beklagte in Kenntnis der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls hilfsweise zu den aus seiner Sicht relevanten Umständen für die Wertfestsetzung vortragen müssen.
21
Selbst wenn sich aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 1. August 2006 ergeben sollte, dass dieser den richterlichen Hinweis nicht verstanden hat, war das Berufungsgericht hier aber nicht zu einem weiteren Hinweis verpflichtet. Zwar ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Gericht einen einmal erteilten Hinweis präzisieren und der Partei Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss, wenn sich erweist, dass die Partei den ursprünglichen Hinweis falsch aufgenommen hat (BGHZ 140, 365, 371 = NJW 1999, 1867, 1868; BGH Urteile vom 21. Januar 1999 - VII ZR 269/97 - NJW 1999, 1264 und vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - NJW 2002, 3317, 3320). Solches ist aber nur dann sinnvoll, wenn der ursprüngliche Hinweis eine missverständliche Deutung zulässt. Ist der Hinweis hingegen eindeutig, könnte sich ein weiterer Hinweis lediglich auf die Wiederholung des ursprünglichen Hinweises beschränken, was der Partei nicht weiterhelfen könnte. So liegt der Fall hier, weil sich aus der aus nur zwei Sätzen bestehenden und ganz konkret bezeichneten Textpassage des angegebenen Senatsbeschlusses die eindeutige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Angabe einer Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs ergibt. Mehr brauchte das Berufungsgericht nicht zu tun.
22
Weil das Berufungsgericht somit seiner Hinweispflicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen war, kann der erst im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgte neue Sachvortrag nicht mehr berücksichtigt werden, und zwar unabhängig davon, dass er ohnehin zu keiner anderen Beurteilung Anlass geben würde. Hahne Sprick Weber-Monecke RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne Dose
Vorinstanzen:
AG Lehrte, Entscheidung vom 06.04.2006 - 8 F 8258/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.09.2006 - 15 UF 138/06 -

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 151/12
vom
4. Juli 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juli 2013 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 8. Juni 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 186.553,18 €.

Gründe:

I.

1
Die Eltern der Klägerin und des Streithelfers der Beklagten bestellten zwischen 1954 und 1964 insgesamt sechs Grundschulden auf einem ihnen ge- hörenden Grundstück mit einem Betrag von umgerechnet 186.553,18 € zzgl. Zinsen. Sie übernahmen zugleich für die Grundschuldbeträge die persönliche Haftung und unterwarfen sich wegen der Ansprüche der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr Vermögen. Inhaber aller dieser Ansprüche wurde später die Kreissparkasse S. (im Folgenden: Zedentin).
2
Der Vater der Klägerin und des Streithelfers (im Folgenden: Vater) gründete im Jahr 1995 eine Familienstiftung (im Folgenden: Stiftung), deren Vor- stand der Streithelfer war. Die Stiftung nahm 1996 und 1997 drei Darlehen auf, die u.a. durch die o.g. Grundschulden abgesichert wurden. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 2001 schlug der Streithelfer die Erbschaft aus; die Klägerin wurde als Alleinerbin des Vaters Eigentümerin des mit den Grundschulden belasteten Grundstücks.
3
Im Jahre 2005 schlossen die Stiftung, der Streithelfer und die Klägerin mit der Zedentin einen Vertrag über ein Darlehen mit einem Nettokreditbetrag von 22,9 Mio Japanischen Yen, mit dem die im Jahre 1997 aufgenommenen Darlehen abgelöst wurden. Als Sicherheiten dienten neben Grundschulden auf einem Grundstück der Stiftung auch die auf dem Grundstück der Klägerin lastenden Grundschulden. Die Klägerin unterzeichnete zur selben Zeit eine formularmäßige Zweckerklärung, nach der die vorgenannten Grundschulden der Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen der Zedentin gegen die Stiftung, den Streithelfer und die Klägerin dienen sollten.
4
Über das Vermögen des Streithelfers wurde im Januar 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Streithelfer machte danach Ausgleichsansprüche gegen die Klägerin in Höhe von einem Drittel der von der Stiftung auf die Darlehen gezahlten Zins- und Tilgungsleistungen geltend, die die Klägerin zurückwies. Mehrere Klagen der Stiftung gegen die Klägerin, sie von den Verpflichtungen aus den im Jahre 2005 aufgenommenen Darlehen freizustellen, blieben ohne Erfolg. Der Fremdwährungskredit wurde im Februar 2009 durch einen Kredit in Höhe von 196.566,62 €abgelöst. Die Klägerin weigerte sich, den geänderten Darlehensvertrag zu unterzeichnen, den die Zedentin im Mai 2009 kündigte.
5
Im November 2009 löste die Beklagte, die Lebensgefährtin des Streithelfers , sämtliche Darlehensverbindlichkeiten der Stiftung, des Streithelfers und der Klägerin gegenüber der Zedentin ab. Diese trat an die Beklagte die Darlehensansprüche sowie alle Sicherheiten ab. Nach Umschreibung der Vollstreckungsklauseln auf die Beklagte als Gläubigerin und die Klägerin als Schuldnerin leitete die Beklagte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Klägerin ein.
6
Die Klägerin hat eine Vollstreckungsgegenklage mit dem Ziel erhoben, die Zwangsvollstreckung aus den Urkunden über die Bestellung der Grundschulden für unzulässig zu erklären. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen ; das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision will die Beklagte in einem Revisionsverfahren die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erreichen.

II.

7
Das angefochtene Berufungsurteil ist auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten aufzuheben, weil das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
8
1. Die in Art. 103 Abs. 1 GG normierte Gewährleistung stellt eine Ausprägung des Rechtsstaatsgedankens für das gerichtliche Verfahren dar (BVerfGE 55, 72, 93). Rechtliche Hinweise müssen danach unter Berücksichtigung der Parteien in ihrer konkreten Situation so erteilt werden, dass es den Parteien auch tatsächlich möglich ist, Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis zu nehmen, sie also nicht gehindert sind, rechtzeitig ihren Sachvortrag zu ergänzen (BVerfGE 84, 188, 190 und 86, 133, 144). Dem Inhalt des Verfahrensgrundrechts entnimmt der Bundesgerichtshof daher in ständiger Rechtsprechung , dass eine in erster Instanz siegreiche Partei darauf vertrauen darf, von dem Berufungsgericht rechtzeitig einen Hinweis zu erhalten, wenn dieses in einem entscheidungserheblichen Punkt der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will und auf Grund seiner abweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringens oder einen Beweisantritt für erforderlich hält (Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 15. März 2006 - IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937, Rn. 4 mwN). Der Berufungsbeklagte darf darauf vertrauen, dass ihn das Berufungsgericht, wenn es in der tatsächlichen oder rechtlichen Würdigung dem Erstrichter nicht folgen will, darauf hinweist , und zwar so rechtzeitig, dass darauf noch vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung reagiert werden kann (vgl. BVerfG, NJW 2003, 2524 und Senat, Beschluss vom 26. Juni 2008 - V ZR 225/07, aaO).
9
2. Gegen diese Grundsätze hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es das Vorbringen der Beklagten zu den Absprachen zwischen dem Streithelfer und dem Vater über die Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten nach § 525 Satz 1 i.V.m. § 296a Satz 1 ZPO zurückgewiesen hat. Diesen Vortrag hätte es berücksichtigen müssen, selbst wenn es sich dabei um neues Vorbringen der Beklagten in einem nachgereichten Schriftsatz handelte, der von dem durch Schriftsatznachlass nach § 283 Satz 1 ZPO gewährten Recht zur Replik auf ein nicht rechtzeitig vor dem Termin vorgebrachtes Vorbringen der Klägerin nicht mehr gedeckt war.
10
a) Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte nicht von sich aus vor der mündlichen Verhandlung über die Berufung weitere Tatsachen zur Widerlegung des von der Klägerin darzulegenden und zu beweisenden Rechtsmissbrauch vorgetragen hat. Hierzu war sie nicht verpflichtet, da das erstinstanzliche Gericht die Vollstreckungsgegenklage unter anderem mit der Begründung abgewiesen hat, ein aus dem Innenverhältnis der Darlehensnehmer untereinander begründeter Einwand eines Rechtsmissbrauchs der Klägerin bei der Durchsetzung der von der Zedentin (Sparkasse) an die Beklagte abgetretenen Ansprüche sei unerheblich. Daher musste die Beklagte dazu zunächst nichts weiter vortragen. Hierzu war sie - wie vorstehend ausgeführt - erst auf Grund des Hinweises des Berufungsgerichts gehalten, dass es die Rechtslage in diesem Punkt anders als das erstinstanzliche Gericht beurteile und der Einwand der Klägerin, dass die Beklagte die abgetretenen Rechte rechtsmissbräuchlich geltend mache, begründet sein könne.
11
b) Dieser Hinweis ist jedoch erst in der mündlichen Verhandlung vom 19. April 2012 erteilt worden. Das war zu spät, weil die Beklagte so nicht mehr rechtzeitig vor dem Termin auf die abweichende Beurteilung der Rechtslage durch das Berufungsgericht reagieren konnte.
12
c) Das Berufungsgericht hätte danach das Vorbringen in dem nachgereichten Schriftsatz nicht zurückweisen dürfen, sondern berücksichtigen müssen. Reagiert nämlich eine Partei - wie hier die Beklagte - auf das nicht ordnungsgemäße , weil gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende Vorgehen des Berufungsgerichts , indem sie einen nicht nachgelassenen Schriftsatz einreicht, so muss das Berufungsgericht das darin enthaltene neue Vorbringen berücksichtigen und - wenn es sich als entscheidungserheblich darstellt - die mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wiedereröffnen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 1999 - IX ZR 341/98, NJW 2000, 142, 143 und vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 Rn. 4).
13
Dies gilt entgegen der Ansicht der Erwiderung auch dann, wenn die Partei auf den erst in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweis nicht in der angemessenen Weise reagiert, dass sie nach § 139 Abs. 5 ZPO eine Schriftsatzfrist beantragt, weil ihr eine sofortige Erklärung zu dem gerichtlichen Hinweis nicht möglich ist. Die durch § 139 Abs. 5 ZPO eröffnete Befugnis der von einem verspäteten Hinweis des Gerichts überraschten Partei, sich weiteren Vortrag vorzubehalten, führt nicht dazu, dass eine Verletzung des Verfahrensgrundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG zu verneinen wäre. Das Berufungsgericht kann nämlich, wenn es einen Hinweis erst in der mündlichen Verhandlung erteilt , nicht erwarten, dass die Partei die rechtlichen Konsequenzen des Hinweises sofort in vollem Umfang überblickt und entsprechend prozessual angemessen zur Wahrung ihrer Rechte reagiert. Deshalb stellt es einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar, wenn das Berufungsgericht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ablehnt und damit das in einem nachgereichten Schriftsatz enthaltene Vorbringen nicht mehr zur Kenntnis nimmt (BGH, Urteil vom 18. September 2006 - II ZR 10/05, NJW-RR 2007, 412 f. Rn. 6).
14
aa) Nicht berücksichtigt hat das Berufungsgericht das unter Beweis gestellte Vorbringen der Beklagten, wonach zwischen dem Vater und dem Streithelfer vereinbart worden sei, dass der Vater (und nach seinem Tod die Klägerin als Erbin) die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Zedentin übernehmen werde, wenn der Streithelfer auf die Erbschaft verzichte und die Klägerin dadurch Alleinerbin werde. Der Vater habe dem Streithelfer auch eine Vollmacht unter Befreiung von den Beschränkungen in § 181 BGB erteilt, um diese Wirkungen herbeiführen zu können. Vorgetragen ist zudem, dass dieKlägerin - nachdem sie auf Grund der Erbausschlagung des Streithelfers Alleinerbin geworden war - in Anerkennung des Willens des Vaters, sich gegenüber der Gläubigerin (Zedentin) ausdrücklich damit einverstanden erklärt habe, die Stiftung und den Streithelfer aus der Haftung für die Darlehensverbindlichkeiten zu entlassen.
15
bb) Dieses Vorbringen ist auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts entscheidungserheblich. Zwar wäre eine Vereinbarung zwischen dem Vater und dem Streithelfer über einen Erbverzicht nach § 2348 BGB i.V.m. § 125 Satz 1 BGB wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Form nichtig, wenn man davon ausginge, dass auch die Verpflichtung (und nicht nur der Erbverzicht als solcher) der notariellen Beurkundung bedarf (KG, OLGZ 1974, 263, 265; OLG Köln, ZEV 2011, 384, 386: Keller, ZEV 2005, 229, 231; aA Kuchinke, NJW 1983, 2358, 2359). Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsfrage bisher offen gelassen (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 1962 - V ZR 14/61, BGHZ 37, 319, 328; BGH, Urteile vom 14. Dezember 1995 - IX ZR 242/94, NJW 1996, 1062, 1065 und vom 7. Dezember 2011 - IV ZR 16/11, NJW-RR 2012, 332, 333 f. Rn. 15). Sie bedarf auch hier keiner Entscheidung.
16
Selbst wenn die Vereinbarungen zwischen dem Vater und dem Streithelfer wegen Nichteinhaltung der für die Vereinbarung einer Verpflichtung zum Erbverzicht vorgeschriebenen Form insgesamt nichtig gewesen sein sollten, stellte sich die Geltendmachung der Rechte aus den Urkunden über die Bestellung der Grundschulden durch die Beklagte nicht als eine missbräuchliche unzulässige Rechtsausübung dar, mit der der Stiftung ein ihr nicht zustehender finanzieller Vorteil zum Schaden der Klägerin verschafft werden soll. Denn die Klägerin hätte durch die Ausschlagung der Erbschaft einen Vermögenszuwachs in der durch die Vereinbarung mit dem Vater begründeten Erwartung des Streithelfers erhalten, dass die Klägerin mit dem Anfall der Erbschaft auch die durch die Grundschulden auf ihrem Grundstück gesicherten Darlehensverbindlichkeiten übernehmen werde. Dann stellt es keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn nunmehr die Beklagte als Lebensgefährtin des Streithelfers aus den zedierten Grundschulden gegen die Klägerin vorgeht, nachdem diese sich nicht mehr an diejenigen Abreden gebunden fühlt, auf denen die Erbausschlagung durch den Streithelfer beruhte. Vor dem Hintergrund der behaupteten Absprache wäre jedenfalls die Grundlage für die allein auf die Auszahlung der Darlehen an die Stiftung gestützte Annahme des Berufungsgerichts entfallen, dass die Verfolgung der Rechte aus den Unterwerfungserklärungen durch die Beklagte deshalb rechtsmissbräuchlich sei, weil im Innenverhältnis der Darlehens- nehmer untereinander nur die Stiftung zur Rückzahlung der Darlehen verpflichtet gewesen sei.
17
3. Das Berufungsgericht wird sich daher in der neuen Verhandlung mit diesem Vorbringen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auseinandersetzen müssen. Stresemann Czub Brückner Weinland Kazele
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 06.09.2010 - 6 O 608/09 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 08.06.2012 - 8 U 426/10-12/11-

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 192/06
vom
16. April 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Hat ein Gericht die Partei eindeutig und unmissverständlich auf die einschlägige
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage
hingewiesen, muss es den Hinweis nicht wiederholen, wenn die Partei ihren
Sachvortrag nicht auf den rechtlichen Hinweis eingerichtet hat (Abgrenzung zu BGH
Urteile vom 21. Januar 1999 - VII ZR 269/97 - NJW 1999, 1264 und vom 25. Juni
2002 - X ZR 83/00 - NJW 2002, 3317).
BGH, Beschluss vom 16. April 2008 - XII ZB 192/06 - OLG Celle
AG Lehrte
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2008 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 19. September 2006 wird auf Kosten des Beklagten als unzulässig verworfen. Beschwerdewert: 500 €

Gründe:


I.

1
Die Parteien streiten im Wege der Stufenklage um Trennungsunterhalt. Mit Teilurteil vom 6. April 2006 hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, "der Klägerin Auskunft über sein Einkommen zu erteilen und zwar durch Vorlage einer schriftlichen, systematischen Aufstellung über seine sämtlichen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen, aus Mieteinkünften sowie Einkünften anderer Herkunfts- und Steuerarten für den Zeitraum vom 01.01.2003 bis 31.12.2005, und die Auskünfte zu belegen durch Vorlage der Einkommensteuererklärungen nebst der vollständigen, gesetzlich vorgeschriebenen Anlagen hierzu und der Einkommensteuerbescheide sowie etwaiger Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen bzw. der etwaigen EinnahmeÜberschussrechnungen für die Jahre 2003, 2004 und 2005."
2
Gegen dieses Teilurteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Mit Zustellung der Berufungsbegründung hat das Oberlandesgericht beiden Parteien aufgegeben "innerhalb der Berufungserwiderungsfrist zum Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) vorzutragen (vgl. BGH FamRZ 2005, 104 unter II.1 der Gründe)."
3
Mit Schriftsatz vom 1. August 2006 hat der Beklagte die Auffassung vertreten , der Wert des Beschwerdegegenstandes entspreche dem Wert des erstinstanzlichen Verfahrens. Da die Klägerin außergerichtlich Unterhalt in Höhe von monatlich 2.000 € gefordert habe, belaufe sich der Wert des Beschwerdegegenstandes auf 24.000 €.
4
Mit Beschluss vom 29. August 2006 hat das Berufungsgericht den Wert der Beschwer auf 500 € festgesetzt. Für ein Rechtsmittel gegen die Verurteilung zur Erteilung einer Auskunft sei nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere. Dieser Aufwand belaufe sich zur Überzeugung des Gerichts auf nicht mehr als 500 €. Denn er bestehe nach Maßgabe der Entscheidungsformel des angefochtenen Urteils letztlich in der Zusammenstellung und Ablichtung der Einkommensteuererklärungen und Einkommensteuerbescheide des Beklagten sowie der zu deren Fertigung erforderlich gewesenen Aufstellungen.
5
Der Beschluss wurde am 30. August 2006 formlos an die Prozessbevollmächtigten der Parteien abgesandt. Der Beklagte behauptet, diesen Beschluss nicht erhalten zu haben. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19. September 2006 hat das Oberlandesgericht die Berufung als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.

6
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO).
7
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist eine grundsätzliche Bedeutung weder hinsichtlich der Frage gegeben, wie sich die Beschwer eines zur Auskunft verurteilten Beklagten bemisst, noch hinsichtlich des Umfangs der Hinweispflicht des Berufungsgerichts. Beides ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt. Die Rechtsbeschwerde ist wegen dieser Fragen auch nicht zur Fortbildung des Rechts zulässig.
8
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich die Beschwer durch die Verurteilung zur Auskunft nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dabei ist - von dem vorliegend nicht gegebenen Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses abgesehen (vgl. insoweit Senatsbeschluss BGHZ 164, 63, 66 ff. = FamRZ 2005, 1986 f.) - auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGHZ - GSZ - 128, 85, 87 f.; Senatsbeschlüsse vom 25. April 2007 - XII ZB 10/07 - FamRZ 2007, 1090, 1091 und vom 3. November 2004 - XII ZB 165/00 - FamRZ 2005, 104). Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige selbst zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34, vom 31. Oktober 2001 - XII ZB 161/01 - FPR 2002, 161 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667).
9
Ebenso ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits grundsätzlich geklärt, dass im Falle einer Verurteilung zur Auskunft der Wert der Beschwer gemäß § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen ist. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur darauf überprüfen , ob das Berufungsgericht von dem ihm nach § 3 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht hat, was insbesondere dann der Fall ist, wenn das Gericht bei der Bewertung des Beschwerdegegenstandes maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt oder etwa erhebliche Tatsachen unter Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) nicht festgestellt hat. Denn der Sinn des dem Berufungsgericht eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Rechtsbeschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom Berufungsgericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Diese Beschränkung begrenzt zugleich die Möglichkeit des Rechtsbeschwerdegerichts, Tatsachen zu berücksichtigen, die erstmals im Verfahren der Rechtsbeschwerde geltend gemacht werden (Senatsbeschlüsse vom 31. Januar 2007 - XII ZB 133/06 - FamRZ 2007, 714 und vom 31. Januar 2001 - XII ZB 121/00 - NJW 2001, 1652 f.).
10
b) Auch der Umfang der richterlichen Hinweispflicht nach § 139 ZPO ist hinreichend geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Gericht seiner Hinweispflicht nur dann, wenn es die Parteien auf den noch fehlenden Sachvortrag, den es als entscheidungserheblich ansieht, unmissverständlich hinweist und den Parteien die Möglichkeit eröffnet, ihren Vortrag sachdienlich zu ergänzen. Die Hinweispflicht des Gerichts besteht im Grundsatz auch in Verfahren, in denen die Partei durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten wird; das gilt jedenfalls dann, wenn der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage falsch beurteilt (BGHZ 140, 365, 371 = NJW 1999, 1867, 1868). Will das Gericht von seiner in einer gerichtlichen Verfügung geäußerten Auffassung später abweichen oder hat die Partei einen nicht hinreichend eindeutigen Hinweis falsch aufgenommen, muss das Gericht diesen präzisieren und der Partei erneut Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen (BGH Urteile vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - NJW 2002, 3317, 3320 und vom 21. Januar 1999 - VII ZR 269/97 - NJW 1999, 1264).
11
2. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
12
a) Dieser Zulassungsgrund ist zunächst in Fällen der Divergenz gegeben , wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung , mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (BGHZ 154, 288, 292 f. = NJW 2003, 1943, 1945). Solches hat die Rechtsbeschwerde weder substantiiert dargelegt (vgl. insoweit BGHZ 152, 7, 8 f. = NJW 2002, 3334, 3335), noch ist dies sonst offenkundig (vgl. BGH Beschluss vom 18. März 2004 - V ZR 222/03 - FamRZ 2004, 947, 948).
13
b) Unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Rechtsbeschwerde aber auch dann zulässig, wenn einem Gericht bei der Rechtsanwendung Fehler unterlaufen, die die Wiederholung durch dasselbe Gericht oder die Nachahmung durch andere Gerichte erwarten lassen, und wenn dadurch so schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung zu entstehen oder fortzubestehen drohen, dass eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Dabei muss es sich um einen Rechtsfehler von symptomatischer Bedeutung handeln (BGHZ 152, 182, 187 = NJW 2003, 65, 66 f.). Diese Voraussetzungen sind also nicht schon dann erfüllt, wenn die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, fehlerhaft ergangen ist (BGHZ 154, 288, 293 = NJW 2003, 1943, 1945 f.). Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt erst dann vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deswegen von Verfassungs wegen der Korrektur bedarf. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung also zulässig, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht (BGHZ 154, 288, 296 = NJW 2003, 1943, 1946). Auch solches ist hier aber nicht der Fall:
14
aa) Soweit die Rechtsbeschwerde sich auf eine fehlende Begründung des angefochtenen Beschlusses stützt, ist schon zweifelhaft, ob der behauptete Rechtsverstoß nach § 547 Nr. 6 i.V.m. § 576 Abs. 3 ZPO eine Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung rechtfertigen kann (zur Zulassung der Revision, wenn ein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 1 bis 4 ZPO geltend gemacht wird vgl. BGHZ 172, 250 = FamRZ 2007, 1643 f.).
15
Entscheidend ist aber, dass das Berufungsgericht den angefochtenen Beschluss - entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde – tatsächlich begründet hat. Denn es hat in dem Beschluss ausgeführt, dass es die Berufung des Beklagten als unzulässig verwerfe, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes - entgegen § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO - 600 € nicht übersteige. Damit war die Entscheidung schon für sich genommen nachvollziehbar. Eine weitergehende Begründung war hier entbehrlich, weil das Oberlandesgericht den Wert der Beschwer schon durch einen im Einzelnen begründeten Beschluss festgesetzt hatte und damit diesen Wert für das weitere Verfahren als feststehend zu Grunde legen durfte. Ob dieser Beschluss dem Beklagten zugegangen ist, ist für die Frage der ausreichenden Begründung ohne Belang. Hinzu kommt, dass das Oberlandesgericht die Parteien ausdrücklich auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen hatte, wonach sich die Beschwer durch eine zur Auskunft verurteilende Entscheidung nach dem Interesse richtet, diese Auskunft nicht zu erteilen, also nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde war dem Beklagten mit dieser Information der Zugang zu der im Prozessrecht vorgesehenen Berufungsinstanz nicht in unzumutbarer , aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert, was seinen Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes verletzen würde (vgl. BVerfG NJW 2001, 2161, 2162). Die Entscheidung des Berufungs- gerichts ist im Rahmen der Rechtsbeschwerde auch hinreichend nachprüfbar, weil sie sich auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung auf eine Unterschreitung der Berufungssumme stützt.
16
bb) Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung , wonach der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteigt, den relevanten Sachverhalt vollständig gewürdigt und hinreichend berücksichtigt. Dabei ist es von dem Tenor des angefochtenen Teilurteils ausgegangen und hat die darin ausgesprochene Verpflichtung nur als Zusammenstellung bereits vorhandener Unterlagen aufgefasst. Dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts, zumal sie auch die eigene Bewertung auf den Aufwand für die Sichtung und Zusammenstellung vorhandener Unterlagen und die Erstellung eines Verzeichnisses der Einkünfte und Ausgaben beschränkt. Andere Anhaltspunkte waren im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung auch nicht ersichtlich. Insbesondere durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, dass die mit Teilurteil vom 6. April 2006 geschuldeten Auskünfte für die Jahre 2003 und 2004 nur geringen Aufwand verursachen, weil die Einkünfte für diese Jahre bereits im Rahmen der Einkommensteuer geklärt waren. Weil die Einkünfte des Beklagten aus dem Versorgungswerk der Ärzte sowie ggf. einer Witwerrente nach seiner verstorbenen ersten Ehefrau einerseits und die Differenz aus Mieten und den dafür erforderlichen Aufwendungen andererseits auch unterhaltsrechtlich relevant sind, konnte der Beklagte auf die vorliegenden steuerlichen Unterlagen zurückgreifen. Eine rechtliche Bewertung der einzelnen Kosten schuldete er nicht.
17
Selbst wenn im Zeitpunkt des amtsgerichtlichen Teilurteils noch keine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2005 erstellt war, würde der insoweit erforderliche Aufwand keine Kosten verursachen, die gemeinsam mit den Kosten für die Zusammenstellung bereits vorhandener Unterlagen für die Vorjahre den Berufungsstreitwert überstiegen. Denn dafür ist - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht auf die Kosten eines Steuerberaters abzustellen. Maßgebend ist nämlich, dass die auf einer besonderen familienrechtlichen Beziehung beruhende Auskunftspflicht nach §§ 1580, 1605 BGB persönlicher Natur und die Erfüllung mit berufstypischen Leistungen, z.B. eines Steuerberaters gegenüber Dritten, nicht vergleichbar ist. Daher wäre es nicht gerechtfertigt, die Bewertung danach auszurichten, welche Vergütung ggf. von einem Dritten gefordert werden könnte. Auch die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen , weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2005 - XII ZB 25/05 - FamRZ 2006, 33, 34, vom 31. Oktober 2001 - XII ZB 161/01 - FPR 2002, 161 und Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667). Solches ergibt sich aus dem Vortrag des Beklagten im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung nicht.
18
Aus den gleichen Gründen ist der Beklagte auch daran gehindert, unter Hinweis auf den Stundenlohn eines promovierten Arztes in behaupteter Höhe von mindestens 150 € für die von ihm geschuldeten Arbeiten einen solchen Stundensatz zu berechnen. Als möglicher Ansatzpunkt für die Bewertung seines Zeitaufwands kommen vielmehr die Stundensätze für die Entschädigung von Zeugen nach §§ 20 bis 22 JVEG in Betracht, die Stundensätze von 3 € bis höchstens 17 € vorsehen und eine nach dem geringsten Stundensatz bemessene Entschädigung gewähren, wenn - wie es beim Beklagten durch die Erfüllung seiner Auskunftspflicht der Fall ist - kein Verdienstausfall eintritt (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 2001 - XII ZR 14/00 - FamRZ 2002, 666, 667). Selbst wenn die Auskunft somit den vom Beklagten nunmehr erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren benannten Umfang von insgesamt weniger als 20 Stunden verursachen würde, wäre die Ermessensentscheidung des Oberlandesgerichts, das den Streitwert auf insgesamt 500 € festgesetzt hat, nicht zu beanstanden.
19
cc) Im Gegensatz zur Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht auch nicht gegen seine Hinweispflicht aus § 139 ZPO verstoßen. Denn es hatte die Parteien schon nach Eingang der Berufungsbegründung unter Hinweis auf eine einschlägige Senatsentscheidung auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hingewiesen. Aus dieser Entscheidung ergibt sich eindeutig, dass die Beschwer eines zur Auskunft verurteilten Beklagten nach dem Aufwand an Zeit und Kosten zu bemessen ist, den die Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert. Von einem Rechtsanwalt kann grundsätzlich verlangt werden, dass er die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage kennt (BGH Urteil vom 27. März 2003 - IX ZR 399/99 - NJW 2003, 2022, 2025). Spätestens wenn das Gericht eindeutig auf diese Rechtsprechung hinweist, hat der Rechtsanwalt sich mit dieser Rechtsprechung zu befassen und seinen Sachvortrag darauf einzustellen. Dafür reicht es aus, wenn das Gericht auf eine veröffentlichte und damit allgemein zugängliche höchstrichterliche Entscheidung verweist, in der die Rechtsfrage unzweifelhaft geklärt ist. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es dem Rechtsanwalt dann zumutbar, sich eigenverantwortlich über den Inhalt dieser Entscheidung zu informieren.
20
Danach hat das Berufungsgericht mit seinem Hinweis auf die entscheidende Passage in dem in FamRZ 2005, 104 veröffentlichten Senatsbeschluss die Verpflichtung aus § 139 ZPO erfüllt. Wenn der Beklagte unter Verkennung der eindeutigen Rechtslage gleichwohl eine Festsetzung des Streitwerts nach der Höhe des von der Klägerin begehrten Unterhalts beantragt hat, kann dies nur bedeuten, dass er die abweichende und eindeutige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bewusst nicht zur Kenntnis genommen hat. Denn andern- falls hätte der Beklagte in Kenntnis der eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls hilfsweise zu den aus seiner Sicht relevanten Umständen für die Wertfestsetzung vortragen müssen.
21
Selbst wenn sich aus dem Schriftsatz des Beklagten vom 1. August 2006 ergeben sollte, dass dieser den richterlichen Hinweis nicht verstanden hat, war das Berufungsgericht hier aber nicht zu einem weiteren Hinweis verpflichtet. Zwar ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass ein Gericht einen einmal erteilten Hinweis präzisieren und der Partei Gelegenheit zur Stellungnahme geben muss, wenn sich erweist, dass die Partei den ursprünglichen Hinweis falsch aufgenommen hat (BGHZ 140, 365, 371 = NJW 1999, 1867, 1868; BGH Urteile vom 21. Januar 1999 - VII ZR 269/97 - NJW 1999, 1264 und vom 25. Juni 2002 - X ZR 83/00 - NJW 2002, 3317, 3320). Solches ist aber nur dann sinnvoll, wenn der ursprüngliche Hinweis eine missverständliche Deutung zulässt. Ist der Hinweis hingegen eindeutig, könnte sich ein weiterer Hinweis lediglich auf die Wiederholung des ursprünglichen Hinweises beschränken, was der Partei nicht weiterhelfen könnte. So liegt der Fall hier, weil sich aus der aus nur zwei Sätzen bestehenden und ganz konkret bezeichneten Textpassage des angegebenen Senatsbeschlusses die eindeutige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Angabe einer Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs ergibt. Mehr brauchte das Berufungsgericht nicht zu tun.
22
Weil das Berufungsgericht somit seiner Hinweispflicht in dem erforderlichen Umfang nachgekommen war, kann der erst im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgte neue Sachvortrag nicht mehr berücksichtigt werden, und zwar unabhängig davon, dass er ohnehin zu keiner anderen Beurteilung Anlass geben würde. Hahne Sprick Weber-Monecke RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne Dose
Vorinstanzen:
AG Lehrte, Entscheidung vom 06.04.2006 - 8 F 8258/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 19.09.2006 - 15 UF 138/06 -

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Die Beachtung der für die Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten kann nur durch das Protokoll bewiesen werden. Gegen seinen diese Förmlichkeiten betreffenden Inhalt ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(1) Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Betrug oder Urkundenfälschung verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt,
3.
durch eine große Zahl von unechten oder verfälschten Urkunden die Sicherheit des Rechtsverkehrs erheblich gefährdet oder
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht.

(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer die Urkundenfälschung als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(1) Wer bewirkt, daß Erklärungen, Verhandlungen oder Tatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern, Dateien oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet oder gespeichert werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer eine falsche Beurkundung oder Datenspeicherung der in Absatz 1 bezeichneten Art zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen Dritten zu bereichern oder eine andere Person zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Der Versuch ist strafbar.

(1) Ein Amtsträger, der, zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt, innerhalb seiner Zuständigkeit eine rechtlich erhebliche Tatsache falsch beurkundet oder in öffentliche Register, Bücher oder Dateien falsch einträgt oder eingibt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 79/11 Verkündet am:
28. Februar 2012
Holmes
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 253; § 823 Ah, I
Für Klagen auf Zahlung einer Geldentschädigung, die auf ehrkränkende Äußerungen
in einem anderen Gerichtsverfahren bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden
gestützt werden, besteht in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis
, wenn die Äußerungen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
dienten oder in Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder Pflichten gemacht
wurden.
BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11 - Saarländisches OLG
LG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 16. Februar 2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte nimmt den klagenden Lebensversicherer (nachfolgend: Klägerin), soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, auf Zahlung einer Entschädigung wegen ehrverletzender Äußerungen in Anspruch.
2
Der Beklagte hatte im Dezember 2001 bei der Klägerin einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen. Versicherte Person war seine Ehefrau. Die Versicherungssumme betrug zuletzt 1.682.163 €. Ende des Jahres 2003 verbrachten der Beklagte und seine Ehefrau einen Badeurlaub in Vietnam. Am 1. Januar 2004 kam die Versicherte unter im Einzelnen ungeklärten Umständen beim Baden im Meer zu Tode. Sie wurde entsprechend der Bitte des Beklagten nicht obduziert. Der Beklagte ließ den Leichnam am 3. Januar 2004 ohne vorherige Unterrichtung der Familie verbrennen. Der Verbleib der Urne mit der Asche der Verstorbenen ist ungeklärt. Das - u.a. auf Betreiben der Klägerin - von der Staatsanwaltschaft H. gegen den Beklagten eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Tötung seiner Ehefrau wurde gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt.
3
In einem Vorprozess nahm der Beklagte die Klägerin auf Feststellung ihrer Leistungspflicht aus dem Lebensversicherungsvertrag in Anspruch. Die Klägerin berief sich auf Leistungsfreiheit gemäß § 170 Abs. 1 VVG a.F. Sie machte geltend, der Beklagte habe den Tod seiner Ehefrau vorsätzlich herbeigeführt, um in den Genuss der Versicherungsleistung zu kommen. Sie listete eine Reihe von Indizien auf, die nach ihrer Ansicht den Vorwurf stützten, insbesondere Unstimmigkeiten in den verschiedenen Schilderungen des Geschehens durch den Beklagten, das Unterbleiben einer Obduktion, das rasche Verbrennen des Leichnams, das Verschwinden der Urne mit der Asche, das wegen der Höhe der Gesamtversicherungssummen bei verschiedenen Versicherern und angeblicher finanzieller Schwierigkeiten des Beklagten naheliegende Tatmotiv sowie nach ihrer Einschätzung gegebene Zweifel an der allgemeinen persönlichen Integrität des Beklagten. In diesem Zusammenhang berief sie sich u.a. auf Ermittlungen der mit der Sachaufklärung beauftragten A. GmbH, auf Schilderungen aus dem Verwandten- und Freundeskreis der Verstorbenen zum Verhältnis der Eheleute und auf Vorwürfe der sexuellen Belästigung asiatischer Haushaltshilfen. Mit Urteil vom 21. August 2007 wies das Landgericht S. die Klage ab. Es hatte sich davon überzeugt, dass der Beklagte den Tod seiner Ehefrau vorsätzlich herbeigeführt hatte. Mit Urteil vom 11. November 2009 hob das Saarländische Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts auf und stellte fest, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Leistung aus dem Lebensversicherungsvertrag zu erbringen. Die Klägerin habe die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer gemäß § 170 Abs. 1 VVG a.F. nicht bewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
4
Wegen der im Vorprozess und gegenüber der Staatsanwaltschaft H. aufgestellten Behauptungen verlangte der Beklagte von der Klägerin die Zahlung einer Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Klägerin hat daraufhin negative Feststellungsklage erhoben. Nachdem der Beklagte Widerklage auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens 20.000 € erhoben hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der negativen Feststellungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Widerklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hält die Widerklage für unzulässig, weil die gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit einem rechtlich geordneten Verfahren geäußert worden seien. Es sei mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs unvereinbar, wenn redlicher Sachvortrag in einem Zivilprozess aus Gründen des Ehrenschutzes zu straf- oder zivilrechtlichen Nachteilen führe, weil die Behauptung sich später im Prozess als unrichtig oder unaufklärbar erweise. Zwar habe ein an Massivität kaum zu übertreffender Vorwurf im Raum gestanden. Dies ändere aber nichts daran, dass die Klägerin in rechtlich zulässiger Weise und ohne Sanktionen gewärtigen zu müssen, habe darlegen und zu beweisen versuchen dürfen, von ihrer versicherungsvertraglichen Leistungspflicht befreit zu sein. Da die Klägerin keine eigenen Erkenntnisse über den Geschehensablauf gehabt habe, es durchaus Anhaltspunkte gegeben habe, die eine genauere Überprüfung angezeigt hätten erscheinen lassen und es u.a. auf die vom Beklagten veranlassten Maßnahmen zurückzuführen gewesen sei, dass eine Untersuchung des Leichnams zur genauen Klärung der Todesursache nicht möglich gewesen sei, habe es der Klägerin zugebilligt werden müssen, von ihren prozessualen Rechten dadurch Gebrauch zu machen, dass sie einen ihr günstigen Sachverhalt behauptet , ihn stützende Informationen zu ermitteln versucht und nach ihrer Einschätzung geeignete Beweismittel in das Verfahren eingeführt habe. Dieses Verhalten dürfe nicht rückwirkend mit dem Risiko einer Entschädigungspflicht behaftet werden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin mit "wahrheitswidrigem und irreführendem" Sachvortrag über die reine Rechtsverteidigung hinausgegangen sei. Die Klägerin sei auch berechtigt gewesen, nicht unmittelbar mit dem Versicherungsfall zusammenhängende weitere Straftaten in den Raum zu stellen. Die diesbezüglichen Behauptungen ständen nicht völlig außerhalb des prozessrelevanten Sachverhalts. Die Klägerin habe hierdurch versucht, Zweifel an der persönlichen Integrität des Beklagten zu untermauern, die naturgemäß auch für die Frage, ob jemandem eine schwere Straftat zuzutrauen sei, eine Rolle spiele. Der Einwand des Beklagten, die Klägerin habe ihre diffamierende Kampagne auch außerhalb des Prozesses betrieben, indem sie versucht habe, ihn durch "eigene" Ermittlungen zu überführen, und dabei gezielt Personen aus seinem Umfeld mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen konfrontiert habe, gehe fehl. Es liege in der Natur der Sache, dass das Einbringen von Sachvortrag und das Anbieten von Beweismitteln in ein gerichtliches Verfahren vorbereitend und begleitend außerprozessuale Maßnahmen einschließe. Das Verhalten der Klägerin sei stets auf die Vorbereitung und Geltendmachung ihrer Rechte im Rechtsstreit bezogen gewesen. Eine Entschädigungspflicht der Klägerin sei auch im Hinblick auf das "Initiieren" und "In-Gang-Halten" des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgeschlossen. Auch im strafprozessualen Zusammenhang hätten Äußerungen in einem rechtlich geordneten Verfahren im Raum gestanden, bezüglich derer die Klägerin vor nachträglicher Sanktion zu schützen sei. Außerhalb des Zivilrechtsstreits bzw. des von der Staatsanwaltschaft H. geführten Strafverfahrens sei die Klägerin nicht zu dem Zweck an Personen herangetreten, den Beklagten unabhängig von der Durchsetzung ihrer Position im gerichtlichen Verfahren zu diffamieren. Im Übrigen könne niemand sicher sagen, auf welche Weise welche Personen Kenntnis von der Beschuldigung des Beklagten erlangt hätten. Dies könne ebenso infolge "durchsickernder" Informationen aus dem Erstprozess zwischen den Parteien geschehen sein wie auch durch die den Beklagten des Mordes bezichtigenden Schwiegereltern oder auch im Zusammenhang mit Zivilrechtsstreiten zwischen dem Beklagten und anderen Lebens- oder Unfallversicherern. Die Klägerin habe auch nicht vorsätzlich unwahre Behauptungen aufgestellt. Denn sie habe keine Kenntnisse aufgrund eigener Wahrnehmung haben können. Von Leichtfertigkeit sei im Hinblick auf die von ihr zusammengetragenen Indizien, insbesondere den Umstand , dass die Eltern der Verstorbenen selbst ihren Schwiegersohn des Mordes bezichtigt hätten, nicht auszugehen. An dieser Beurteilung änderten die Ermittlungsmethoden und Ermittlungsergebnisse der in Vietnam ermittelnden Detektive nichts. Denn unstreitig habe nicht die Klägerin, sondern die E. Lebensversicherung AG den entsprechenden Detektiv beauftragt; die Klägerin habe unstreitig auf dessen Ermittlungsergebnisse keinen Einfluss genommen. Nach allem könne auch keine Rede davon sein, dass die Unhaltbarkeit der Vorwürfe auf der Hand gelegen habe. Die genaue Todesursache der Versicherten sei und bleibe unaufklärbar.

II.

6
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Widerklage zu Recht für unzulässig gehalten, weil die Klägerin die beanstandeten Äußerungen in einem rechtsstaatlich geregelten Verfahren zur Rechtsverteidigung bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gemacht hat.
7
1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht für Ehrschutzklagen gegen Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen Vorbereitung dienen, in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis (Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, VersR 2008, 357 Rn. 12 mwN; vgl. auch BVerfG, NJW-RR 2007, 840 f. mwN; BGH, Urteil vom 9. April 1987 - I ZR 44/85, WRP 1987, 627, 628 - Gegenangriff). Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, VersR 1992, 443 mwN; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, VersR 2005, 277 f.). Vielmehr müssen die Parteien in einem Gerichtsverfahren grundsätzlich alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Der von der ehrkränkenden Äußerung Betroffene kann weder Unterlassungs- noch Widerrufsansprüche geltend machen (vgl. Senatsurteile vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502, 2503 mwN.; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, aaO, S. 278; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 13). Dies trägt dem Recht der Parteien auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Recht auf rechtliches Ge- hör aus Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung (vgl. BVerfG, NJW 1991, 29; NJW-RR 2007, 840, 841; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17, jeweils mwN). Die Rechte des Betroffenen werden hinreichend dadurch gewahrt, dass ihm bereits im Ausgangsverfahren prozessual wie materiell -rechtlich ausreichende Rechtsgarantien zum Schutz seiner Interessen bereitstehen ; er kann schon in diesem Verfahren die Behauptung des Prozessgegners zur Nachprüfung durch das Gericht stellen (vgl. Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, NJW 1962, 243, 244; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502, 2503; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 13, 16).
8
Diese Grundsätze gelten entsprechend für Äußerungen gegenüber Strafverfolgungsbehörden (Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, NJW 1962, 243, 245; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502, 2503; vgl. auch BVerfGE 74, 257, 258, 262 f.; BVerfG, NJW 1991, 29, 30; Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17). Wer der Staatsanwaltschaft oder der Polizei seinen Verdacht mitteilt, dass ein anderer eine strafbare Handlung begangen habe, berührt zwangsläufig die Ehre des anderen. Das kann ihm nicht verwehrt werden; denn mit der Erstattung der Anzeige übt er ein jedem Staatsbürger zustehendes Recht aus. Die Strafanzeige eines Bürgers liegt darüber hinaus grundsätzlich im allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und an der Aufklärung von Straftaten; der Rechtsstaat kann darauf bei der Strafverfolgung nicht verzichten (vgl. Senatsurteil vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, aaO; BVerfGE 74, 257, 262). Aus diesen Gründen muss der Anzeigendeim strafrechtlichen Ermittlungsverfahren grundsätzlich das vorbringen dürfen, was er nach seinem Ermessen zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält. Den berechtigten Belangen des in seiner Ehre Betroffenen ist durch die Bestimmung des § 164 StGB (falsche Verdächtigung ), die Kostenregelung in § 469 StPO für den Fall einer vorsätzlich oder leichtfertig erstatteten unwahren Anzeige sowie die rechtsstaatliche Ausgestaltung des Ermittlungsverfahrens hinreichend Rechnung getragen. Für zivilrechtliche Abwehransprüche ist dagegen in aller Regel kein Raum (vgl. Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, aaO; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, aaO; BVerfGE 74, 257, 262; Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, aaO).
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2. Zutreffend hat das Berufungsgericht diese Grundsätze auf Klagen auf Zahlung einer Geldentschädigung übertragen, die auf ehrkränkende Äußerungen in einem anderen Gerichtsverfahren bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gestützt werden. Auch für solche Klagen besteht in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Äußerungen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienten oder in Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder Pflichten gemacht wurden (vgl. Senatsurteile vom 5. November 1963 - VI ZR 216/62, MDR 1964, 136; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, aaO; Staudinger /Hager, BGB, 13. Bearbeitung 1999, § 823 Rn. C 138; MünchKommBGB /Rixecker, 6. Aufl., Anh. § 12 Rn. 191 f.; Helle, GRUR 1982, 207, 215 f.). Dies gilt auch dann, wenn das andere Verfahren bereits abgeschlossen ist. Denn mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist es nicht vereinbar, wenn redliche Äußerungen in einem Zivilprozess oder die redliche Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten im Straf(ermittlungs)verfahren aus Gründen des Ehrenschutzes zu rechtlichen Nachteilen führen, weil die Behauptung sich später im Prozess oder nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder unaufklärbar erweist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17 mwN). Ein wirkungsvoller gerichtlicher Rechtsschutz in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten setzt voraus, dass der Rechtsuchende , ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen, gegenüber den Organen der Rechtspflege alle Handlungen vornehmen kann, die nach seiner von gutem Glauben bestimmten Sicht geeignet sind, sich im Prozess zu behaupten (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 16; BVerfG, NJWRR 2007, 840, 841 mwN). In entsprechender Weise führte es zu einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden, unzumutbaren Beschränkung des Einzelnen und zu einer nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege, wenn derjenige, der in gutem Glauben eine Strafanzeige erstattet hat, befürchten müsste, wegen seiner Äußerungen gegenüber den Strafverfolgungsbehörden mit einer Schadensersatzklage wegen Ehrverletzung überzogen zu werden (vgl. BVerfGE 74, 257, 263; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17 mwN). Soweit dem Senatsurteil vom 10. Juni 1986 (VI ZR 154/85, aaO unter 5.) insoweit etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran nicht festgehalten.
10
3. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage zu Recht verneint.
11
a) Die Äußerungen der Klägerin im Vorprozess standen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gegenstand dieses Verfahrens und waren dazu bestimmt und geeignet, den Standpunkt der Klägerin darzulegen und zu rechtfertigen. Nachdem der Beklagte die Klägerin auf Feststellung ihrer Leistungspflicht aus dem Lebensversicherungsvertrag in Anspruch genommen hatte, musste er in Kauf nehmen, dass die näheren Umstände des plötzlichen Ablebens seiner Ehefrau eingehend erörtert werden. Die Klägerin war in diesem Zusammenhang grundsätzlich berechtigt, im Prozess all das vorzutragen, was ihr für die Entscheidung über die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit gemäß § 170 Abs. 1 VVG a.F. erheblich erschien, auch wenn es sich dabei um Äußerungen handelte, die geeignet waren, sich abträglich auf das Ansehen des Beklagten auszuwirken.
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Auf die Frage, ob der Beweis ihres Vorbringens möglich oder von Anfang an ausgeschlossen erschien, kommt es dabei entgegen der Auffassung der Revision nicht an (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 20). Es ist die ureigenste Aufgabe des mit dem Vorprozess befassten Gerichts , die ihm zur Rechtfertigung des Klagebegehrens und zur Rechtsverteidigung unterbreiteten Tatsachen zu prüfen und ihren Wahrheitsgehalt im Falle des Bestreitens durch eine Beweisaufnahme zu klären. Mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs wäre es unvereinbar, wenn eine Partei in einem Zivilprozess dem Ansehen des Gegners abträgliche Tatsachen zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur dann vortragen dürfte, wenn diese nach vorläufiger Würdigung beweisbar erscheinen (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 16; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17 mwN). Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision auch dann, wenn das beanstandete Vorbringen - wie im Streitfall - eine schwere Straftat zum Gegenstand hat und die Staatsanwaltschaft ein wegen des Verdachts dieser Straftat eingeleitetes Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt hat. Denn eine derartige Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft entfaltet keine Bindungswirkung für den Zivilprozess. Vielmehr haben die Zivilgerichte grundsätzlich selbständig und aufgrund freier Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) über die Voraussetzungen des vor ihnen geltend gemachten Anspruchs zu befinden. Sie sind in der Regel selbst an Feststellungen in einem Strafurteil nicht gebunden (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 69 f.; vom 22. September 1982 - IVb ZR 576/80, BGHZ 85, 32, 36 ff.; vom 26. Januar 1989 - X ZR 100/87, juris Rn. 18). Dies gilt umso mehr für Feststellungen in einer Einstellungsverfügung gemäß § 170 Abs. 2 StPO. Denn ihr kommt keinerlei Rechtskraftwirkung zu; das Ermittlungsverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden (vgl. RGSt 67, 315, 316; Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 170 Rn. 9; Karlsruher Kommentar/Schmid, StPO, 6. Aufl., § 170 Rn. 23). Die Unschuldsvermutung wird hierdurch entgegen der Auffassung der Revision nicht verletzt.
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Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht in Hinblick auf die - den Grundsatz freier richterlicher Überzeugungsbildung einschränkende und über § 823 Abs. 2 BGB ins Zivilrecht transformierte (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 216 - Wehrmachtsoffizier; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 190 Rn. 4; Lenckner/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 190 Rn. 4) - Beweisregel des § 190 Satz 2 StGB geboten. Ihre Anwendbarkeit scheitert in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt worden ist, schon daran, dass der Beschuldigte vor der inkriminierten Behauptung nicht - wie in der Bestimmung vorausgesetzt - vom Vorwurf der Tatbegehung freigesprochen worden ist. Abgesehen davon kommt diese Beweisregel im Zivilverfahren nur im Rahmen von Klagen wegen Ehrverletzung, nicht hingegen im Deckungsprozess zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zur Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, aaO S. 216 - Wehrmachtsoffizier).
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b) Es kann dahingestellt werden, ob das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen wäre, wenn die Äußerungen der Klägerin im Vorprozess bewusstunwahr oder auf der Hand liegend falsch gewesen wären oder eine Schmähung dargestellt hätten (vgl. Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, NJW 1962, 243, 244; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502, 2503; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 17; BVerfG, NJW-RR 2007, 840 Rn. 14; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, Rn. 18). Denn eine derartige Fallkonstellation ist nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht gegeben. Die Klägerin hatte keine eigene Kenntnis von den Umständen des Ablebens der Ehefrau des Beklagten.
Zur Begründung ihres Vorwurfs, der Beklagte habe den Tod seiner Frau vorsätzlich herbeigeführt, hatte sie eine Reihe von Verdachtsmomenten vorgetragen , die das Landgericht als zur Überzeugungsbildung ausreichend angesehen hatte. Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht eine wissentliche Unrichtigkeit oder auf der Hand liegende Unhaltbarkeit der Vorwürfe mit Recht verneint. Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die zu einer anderen Beurteilung des Vorbringens der Klägerin führen würden. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang beanstandet, das Berufungsgericht habe die Akten des Vorprozesses verfahrensfehlerhaft nicht beigezogen, bleibt der Rüge der Erfolg versagt. Es fehlt an den erforderlichen Darlegungen dazu, dass das Berufungsurteil auf diesem Mangel beruht (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1956 - VI ZR 150/55, LM Nr. 6 zu § 280 ZPO; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 551 Rn. 14).
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Die beanstandeten Äußerungen stellen auch keine Schmähung dar (vgl. zum Begriff der Schmähung: Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 22 mwN). Im Vordergrund des Vorbringens der Klägerin stand ersichtlich die Auseinandersetzung in der Sache, nämlich die Abwehr des gerichtlich geltend gemachten Anspruchs auf Feststellung der Leistungspflicht aus dem Lebensversicherungsvertrag, und nicht die Diffamierung der Person des Beklagten.
16
c) Das Berufungsgericht hat das Rechtsschutzbedürfnis auch insoweit zutreffend verneint, als die Klage auf das "Initiieren" und "In-Gang-Halten" des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch die Klägerin gestützt ist. Insoweit hat die Klägerin von ihrem staatsbürgerlichen Recht Gebrauch gemacht, den Strafverfolgungsbehörden den Verdacht einer Straftat mitzuteilen. Dass die Klägerin hierbei wissentlich unwahre oder leichtfertig unhaltbare Behauptungen aufgestellt oder Äußerungen gemacht hätte, die in keinem inneren Zusammenhang mit dem von ihr verfolgten berechtigten Anliegen stehen (vgl. BVerfG, Be- schluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris, Rn. 18), ist weder ersichtlich noch dargetan.
17
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 13.07.2010 - 14 O 64/10 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 16.02.2011 - 5 U 384/10-61 -

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

16
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die ungehinderte Durchführung staatlich geregelter Verfahren im Interesse der daran Beteiligten, aber auch im öffentlichen Interesse nicht mehr als unbedingt notwendig behindert werden darf. Im Zivilprozess ist den Parteien rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) zu gewähren. Sie müssen, soweit dem nicht zwingende rechtliche Grenzen entgegenstehen , das vortragen können, was sie zur Rechtsverfolgung oder zur Rechtsverteidigung für erforderlich halten. Der Rechtssuchende muss vor den Organen der Rechtspflege jene Handlungen vornehmen können, die aus seiner von gutem Glauben bestimmten Sicht geeignet sind, sich im Prozess zu behaupten (vgl. BVerfG, NJW 1991, 29). Bei zahlreichen Sachverhalten, etwa bei gesetzlichen Anspruchsübergängen (§ 116 SGB X, § 67 VVG), aber auch bei komplexen Sachverhalten, wie sie im wirtschaftsrechtlichen oder wettbewerbsrechtlichen Bereich typisch sind, ist es unvermeidlich, dass das Verhalten Drit- ter, die an dem Rechtsstreit nicht beteiligt sind, zum Gegenstand des Parteivortrags gemacht wird. Im Zivilprozess besteht der Parteivortrag aus einseitigen Tatsachenbehauptungen und Bewertungen, die dem eigenen Prozesserfolg dienen sollen. So wird er auch verstanden. Dass dabei oft nicht objektiv, sondern aus der Perspektive der eigenen Rechtsüberzeugung argumentiert wird und dass es dabei zu einer möglicherweise verzerrten oder überspitzten Darstellung des Sachverhalts und zu überzogenen Bewertungen nicht nur in Bezug auf den Prozessgegner, sondern auch in Bezug auf Dritte kommen kann, liegt in der Natur der Sache. Es ist Aufgabe des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts , aus dem Parteivortrag das Entscheidungserhebliche herauszufiltern und den streitigen Punkten - wo nötig durch Beweiserhebung - nachzugehen, um zu einer Entscheidung zu gelangen. Nur so ist eine rechtsstaatliche Prozessführung gewährleistet. Es wäre unerträglich, wenn diese mehr als unabdingbar notwendig von außen beeinflusst werden könnte, indem Dritte mit Hilfe anderer Gerichte vorgeben könnten, was vorgetragen und damit zum Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung gemacht werden darf.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 79/11 Verkündet am:
28. Februar 2012
Holmes
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 253; § 823 Ah, I
Für Klagen auf Zahlung einer Geldentschädigung, die auf ehrkränkende Äußerungen
in einem anderen Gerichtsverfahren bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden
gestützt werden, besteht in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis
, wenn die Äußerungen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung
dienten oder in Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder Pflichten gemacht
wurden.
BGH, Urteil vom 28. Februar 2012 - VI ZR 79/11 - Saarländisches OLG
LG Saarbrücken
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 16. Februar 2011 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte nimmt den klagenden Lebensversicherer (nachfolgend: Klägerin), soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, auf Zahlung einer Entschädigung wegen ehrverletzender Äußerungen in Anspruch.
2
Der Beklagte hatte im Dezember 2001 bei der Klägerin einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen. Versicherte Person war seine Ehefrau. Die Versicherungssumme betrug zuletzt 1.682.163 €. Ende des Jahres 2003 verbrachten der Beklagte und seine Ehefrau einen Badeurlaub in Vietnam. Am 1. Januar 2004 kam die Versicherte unter im Einzelnen ungeklärten Umständen beim Baden im Meer zu Tode. Sie wurde entsprechend der Bitte des Beklagten nicht obduziert. Der Beklagte ließ den Leichnam am 3. Januar 2004 ohne vorherige Unterrichtung der Familie verbrennen. Der Verbleib der Urne mit der Asche der Verstorbenen ist ungeklärt. Das - u.a. auf Betreiben der Klägerin - von der Staatsanwaltschaft H. gegen den Beklagten eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Tötung seiner Ehefrau wurde gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt.
3
In einem Vorprozess nahm der Beklagte die Klägerin auf Feststellung ihrer Leistungspflicht aus dem Lebensversicherungsvertrag in Anspruch. Die Klägerin berief sich auf Leistungsfreiheit gemäß § 170 Abs. 1 VVG a.F. Sie machte geltend, der Beklagte habe den Tod seiner Ehefrau vorsätzlich herbeigeführt, um in den Genuss der Versicherungsleistung zu kommen. Sie listete eine Reihe von Indizien auf, die nach ihrer Ansicht den Vorwurf stützten, insbesondere Unstimmigkeiten in den verschiedenen Schilderungen des Geschehens durch den Beklagten, das Unterbleiben einer Obduktion, das rasche Verbrennen des Leichnams, das Verschwinden der Urne mit der Asche, das wegen der Höhe der Gesamtversicherungssummen bei verschiedenen Versicherern und angeblicher finanzieller Schwierigkeiten des Beklagten naheliegende Tatmotiv sowie nach ihrer Einschätzung gegebene Zweifel an der allgemeinen persönlichen Integrität des Beklagten. In diesem Zusammenhang berief sie sich u.a. auf Ermittlungen der mit der Sachaufklärung beauftragten A. GmbH, auf Schilderungen aus dem Verwandten- und Freundeskreis der Verstorbenen zum Verhältnis der Eheleute und auf Vorwürfe der sexuellen Belästigung asiatischer Haushaltshilfen. Mit Urteil vom 21. August 2007 wies das Landgericht S. die Klage ab. Es hatte sich davon überzeugt, dass der Beklagte den Tod seiner Ehefrau vorsätzlich herbeigeführt hatte. Mit Urteil vom 11. November 2009 hob das Saarländische Oberlandesgericht die Entscheidung des Landgerichts auf und stellte fest, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Leistung aus dem Lebensversicherungsvertrag zu erbringen. Die Klägerin habe die vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherungsnehmer gemäß § 170 Abs. 1 VVG a.F. nicht bewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
4
Wegen der im Vorprozess und gegenüber der Staatsanwaltschaft H. aufgestellten Behauptungen verlangte der Beklagte von der Klägerin die Zahlung einer Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Die Klägerin hat daraufhin negative Feststellungsklage erhoben. Nachdem der Beklagte Widerklage auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von mindestens 20.000 € erhoben hatte, haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der negativen Feststellungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landgericht hat die Widerklage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hält die Widerklage für unzulässig, weil die gegen den Beklagten erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit einem rechtlich geordneten Verfahren geäußert worden seien. Es sei mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs unvereinbar, wenn redlicher Sachvortrag in einem Zivilprozess aus Gründen des Ehrenschutzes zu straf- oder zivilrechtlichen Nachteilen führe, weil die Behauptung sich später im Prozess als unrichtig oder unaufklärbar erweise. Zwar habe ein an Massivität kaum zu übertreffender Vorwurf im Raum gestanden. Dies ändere aber nichts daran, dass die Klägerin in rechtlich zulässiger Weise und ohne Sanktionen gewärtigen zu müssen, habe darlegen und zu beweisen versuchen dürfen, von ihrer versicherungsvertraglichen Leistungspflicht befreit zu sein. Da die Klägerin keine eigenen Erkenntnisse über den Geschehensablauf gehabt habe, es durchaus Anhaltspunkte gegeben habe, die eine genauere Überprüfung angezeigt hätten erscheinen lassen und es u.a. auf die vom Beklagten veranlassten Maßnahmen zurückzuführen gewesen sei, dass eine Untersuchung des Leichnams zur genauen Klärung der Todesursache nicht möglich gewesen sei, habe es der Klägerin zugebilligt werden müssen, von ihren prozessualen Rechten dadurch Gebrauch zu machen, dass sie einen ihr günstigen Sachverhalt behauptet , ihn stützende Informationen zu ermitteln versucht und nach ihrer Einschätzung geeignete Beweismittel in das Verfahren eingeführt habe. Dieses Verhalten dürfe nicht rückwirkend mit dem Risiko einer Entschädigungspflicht behaftet werden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin mit "wahrheitswidrigem und irreführendem" Sachvortrag über die reine Rechtsverteidigung hinausgegangen sei. Die Klägerin sei auch berechtigt gewesen, nicht unmittelbar mit dem Versicherungsfall zusammenhängende weitere Straftaten in den Raum zu stellen. Die diesbezüglichen Behauptungen ständen nicht völlig außerhalb des prozessrelevanten Sachverhalts. Die Klägerin habe hierdurch versucht, Zweifel an der persönlichen Integrität des Beklagten zu untermauern, die naturgemäß auch für die Frage, ob jemandem eine schwere Straftat zuzutrauen sei, eine Rolle spiele. Der Einwand des Beklagten, die Klägerin habe ihre diffamierende Kampagne auch außerhalb des Prozesses betrieben, indem sie versucht habe, ihn durch "eigene" Ermittlungen zu überführen, und dabei gezielt Personen aus seinem Umfeld mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen konfrontiert habe, gehe fehl. Es liege in der Natur der Sache, dass das Einbringen von Sachvortrag und das Anbieten von Beweismitteln in ein gerichtliches Verfahren vorbereitend und begleitend außerprozessuale Maßnahmen einschließe. Das Verhalten der Klägerin sei stets auf die Vorbereitung und Geltendmachung ihrer Rechte im Rechtsstreit bezogen gewesen. Eine Entschädigungspflicht der Klägerin sei auch im Hinblick auf das "Initiieren" und "In-Gang-Halten" des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgeschlossen. Auch im strafprozessualen Zusammenhang hätten Äußerungen in einem rechtlich geordneten Verfahren im Raum gestanden, bezüglich derer die Klägerin vor nachträglicher Sanktion zu schützen sei. Außerhalb des Zivilrechtsstreits bzw. des von der Staatsanwaltschaft H. geführten Strafverfahrens sei die Klägerin nicht zu dem Zweck an Personen herangetreten, den Beklagten unabhängig von der Durchsetzung ihrer Position im gerichtlichen Verfahren zu diffamieren. Im Übrigen könne niemand sicher sagen, auf welche Weise welche Personen Kenntnis von der Beschuldigung des Beklagten erlangt hätten. Dies könne ebenso infolge "durchsickernder" Informationen aus dem Erstprozess zwischen den Parteien geschehen sein wie auch durch die den Beklagten des Mordes bezichtigenden Schwiegereltern oder auch im Zusammenhang mit Zivilrechtsstreiten zwischen dem Beklagten und anderen Lebens- oder Unfallversicherern. Die Klägerin habe auch nicht vorsätzlich unwahre Behauptungen aufgestellt. Denn sie habe keine Kenntnisse aufgrund eigener Wahrnehmung haben können. Von Leichtfertigkeit sei im Hinblick auf die von ihr zusammengetragenen Indizien, insbesondere den Umstand , dass die Eltern der Verstorbenen selbst ihren Schwiegersohn des Mordes bezichtigt hätten, nicht auszugehen. An dieser Beurteilung änderten die Ermittlungsmethoden und Ermittlungsergebnisse der in Vietnam ermittelnden Detektive nichts. Denn unstreitig habe nicht die Klägerin, sondern die E. Lebensversicherung AG den entsprechenden Detektiv beauftragt; die Klägerin habe unstreitig auf dessen Ermittlungsergebnisse keinen Einfluss genommen. Nach allem könne auch keine Rede davon sein, dass die Unhaltbarkeit der Vorwürfe auf der Hand gelegen habe. Die genaue Todesursache der Versicherten sei und bleibe unaufklärbar.

II.

6
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Widerklage zu Recht für unzulässig gehalten, weil die Klägerin die beanstandeten Äußerungen in einem rechtsstaatlich geregelten Verfahren zur Rechtsverteidigung bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gemacht hat.
7
1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats besteht für Ehrschutzklagen gegen Äußerungen, die der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in einem Gerichtsverfahren oder dessen Vorbereitung dienen, in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis (Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, VersR 2008, 357 Rn. 12 mwN; vgl. auch BVerfG, NJW-RR 2007, 840 f. mwN; BGH, Urteil vom 9. April 1987 - I ZR 44/85, WRP 1987, 627, 628 - Gegenangriff). Das sogenannte Ausgangsverfahren soll nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden (vgl. Senatsurteile vom 17. Dezember 1991 - VI ZR 169/91, VersR 1992, 443 mwN; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, VersR 2005, 277 f.). Vielmehr müssen die Parteien in einem Gerichtsverfahren grundsätzlich alles vortragen dürfen, was sie zur Wahrung ihrer Rechte für erforderlich halten, auch wenn hierdurch die Ehre eines anderen berührt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem seiner eigenen Ordnung unterliegenden Ausgangsverfahren geprüft werden. Der von der ehrkränkenden Äußerung Betroffene kann weder Unterlassungs- noch Widerrufsansprüche geltend machen (vgl. Senatsurteile vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502, 2503 mwN.; vom 16. November 2004 - VI ZR 298/03, aaO, S. 278; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 13). Dies trägt dem Recht der Parteien auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip sowie dem Recht auf rechtliches Ge- hör aus Art. 103 Abs. 1 GG Rechnung (vgl. BVerfG, NJW 1991, 29; NJW-RR 2007, 840, 841; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17, jeweils mwN). Die Rechte des Betroffenen werden hinreichend dadurch gewahrt, dass ihm bereits im Ausgangsverfahren prozessual wie materiell -rechtlich ausreichende Rechtsgarantien zum Schutz seiner Interessen bereitstehen ; er kann schon in diesem Verfahren die Behauptung des Prozessgegners zur Nachprüfung durch das Gericht stellen (vgl. Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, NJW 1962, 243, 244; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502, 2503; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 13, 16).
8
Diese Grundsätze gelten entsprechend für Äußerungen gegenüber Strafverfolgungsbehörden (Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, NJW 1962, 243, 245; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502, 2503; vgl. auch BVerfGE 74, 257, 258, 262 f.; BVerfG, NJW 1991, 29, 30; Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17). Wer der Staatsanwaltschaft oder der Polizei seinen Verdacht mitteilt, dass ein anderer eine strafbare Handlung begangen habe, berührt zwangsläufig die Ehre des anderen. Das kann ihm nicht verwehrt werden; denn mit der Erstattung der Anzeige übt er ein jedem Staatsbürger zustehendes Recht aus. Die Strafanzeige eines Bürgers liegt darüber hinaus grundsätzlich im allgemeinen Interesse an der Erhaltung des Rechtsfriedens und an der Aufklärung von Straftaten; der Rechtsstaat kann darauf bei der Strafverfolgung nicht verzichten (vgl. Senatsurteil vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, aaO; BVerfGE 74, 257, 262). Aus diesen Gründen muss der Anzeigendeim strafrechtlichen Ermittlungsverfahren grundsätzlich das vorbringen dürfen, was er nach seinem Ermessen zur Aufklärung der Sache für erforderlich hält. Den berechtigten Belangen des in seiner Ehre Betroffenen ist durch die Bestimmung des § 164 StGB (falsche Verdächtigung ), die Kostenregelung in § 469 StPO für den Fall einer vorsätzlich oder leichtfertig erstatteten unwahren Anzeige sowie die rechtsstaatliche Ausgestaltung des Ermittlungsverfahrens hinreichend Rechnung getragen. Für zivilrechtliche Abwehransprüche ist dagegen in aller Regel kein Raum (vgl. Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, aaO; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, aaO; BVerfGE 74, 257, 262; Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, aaO).
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2. Zutreffend hat das Berufungsgericht diese Grundsätze auf Klagen auf Zahlung einer Geldentschädigung übertragen, die auf ehrkränkende Äußerungen in einem anderen Gerichtsverfahren bzw. gegenüber den Strafverfolgungsbehörden gestützt werden. Auch für solche Klagen besteht in aller Regel kein Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Äußerungen der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienten oder in Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte oder Pflichten gemacht wurden (vgl. Senatsurteile vom 5. November 1963 - VI ZR 216/62, MDR 1964, 136; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, aaO; Staudinger /Hager, BGB, 13. Bearbeitung 1999, § 823 Rn. C 138; MünchKommBGB /Rixecker, 6. Aufl., Anh. § 12 Rn. 191 f.; Helle, GRUR 1982, 207, 215 f.). Dies gilt auch dann, wenn das andere Verfahren bereits abgeschlossen ist. Denn mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) ist es nicht vereinbar, wenn redliche Äußerungen in einem Zivilprozess oder die redliche Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten im Straf(ermittlungs)verfahren aus Gründen des Ehrenschutzes zu rechtlichen Nachteilen führen, weil die Behauptung sich später im Prozess oder nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder unaufklärbar erweist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17 mwN). Ein wirkungsvoller gerichtlicher Rechtsschutz in bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten setzt voraus, dass der Rechtsuchende , ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen, gegenüber den Organen der Rechtspflege alle Handlungen vornehmen kann, die nach seiner von gutem Glauben bestimmten Sicht geeignet sind, sich im Prozess zu behaupten (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 16; BVerfG, NJWRR 2007, 840, 841 mwN). In entsprechender Weise führte es zu einer mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht zu vereinbarenden, unzumutbaren Beschränkung des Einzelnen und zu einer nicht mehr hinnehmbaren Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege, wenn derjenige, der in gutem Glauben eine Strafanzeige erstattet hat, befürchten müsste, wegen seiner Äußerungen gegenüber den Strafverfolgungsbehörden mit einer Schadensersatzklage wegen Ehrverletzung überzogen zu werden (vgl. BVerfGE 74, 257, 263; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17 mwN). Soweit dem Senatsurteil vom 10. Juni 1986 (VI ZR 154/85, aaO unter 5.) insoweit etwas anderes entnommen werden könnte, wird daran nicht festgehalten.
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3. Nach diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage zu Recht verneint.
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a) Die Äußerungen der Klägerin im Vorprozess standen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Gegenstand dieses Verfahrens und waren dazu bestimmt und geeignet, den Standpunkt der Klägerin darzulegen und zu rechtfertigen. Nachdem der Beklagte die Klägerin auf Feststellung ihrer Leistungspflicht aus dem Lebensversicherungsvertrag in Anspruch genommen hatte, musste er in Kauf nehmen, dass die näheren Umstände des plötzlichen Ablebens seiner Ehefrau eingehend erörtert werden. Die Klägerin war in diesem Zusammenhang grundsätzlich berechtigt, im Prozess all das vorzutragen, was ihr für die Entscheidung über die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit gemäß § 170 Abs. 1 VVG a.F. erheblich erschien, auch wenn es sich dabei um Äußerungen handelte, die geeignet waren, sich abträglich auf das Ansehen des Beklagten auszuwirken.
12
Auf die Frage, ob der Beweis ihres Vorbringens möglich oder von Anfang an ausgeschlossen erschien, kommt es dabei entgegen der Auffassung der Revision nicht an (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 20). Es ist die ureigenste Aufgabe des mit dem Vorprozess befassten Gerichts , die ihm zur Rechtfertigung des Klagebegehrens und zur Rechtsverteidigung unterbreiteten Tatsachen zu prüfen und ihren Wahrheitsgehalt im Falle des Bestreitens durch eine Beweisaufnahme zu klären. Mit dem Rechtsstaatsprinzip und dem Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs wäre es unvereinbar, wenn eine Partei in einem Zivilprozess dem Ansehen des Gegners abträgliche Tatsachen zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur dann vortragen dürfte, wenn diese nach vorläufiger Würdigung beweisbar erscheinen (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 16; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris Rn. 17 mwN). Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision auch dann, wenn das beanstandete Vorbringen - wie im Streitfall - eine schwere Straftat zum Gegenstand hat und die Staatsanwaltschaft ein wegen des Verdachts dieser Straftat eingeleitetes Ermittlungsverfahren mangels hinreichenden Tatverdachts gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt hat. Denn eine derartige Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft entfaltet keine Bindungswirkung für den Zivilprozess. Vielmehr haben die Zivilgerichte grundsätzlich selbständig und aufgrund freier Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) über die Voraussetzungen des vor ihnen geltend gemachten Anspruchs zu befinden. Sie sind in der Regel selbst an Feststellungen in einem Strafurteil nicht gebunden (vgl. BGH, Urteile vom 9. Juli 1951 - IV ZR 3/50, BGHZ 3, 65, 69 f.; vom 22. September 1982 - IVb ZR 576/80, BGHZ 85, 32, 36 ff.; vom 26. Januar 1989 - X ZR 100/87, juris Rn. 18). Dies gilt umso mehr für Feststellungen in einer Einstellungsverfügung gemäß § 170 Abs. 2 StPO. Denn ihr kommt keinerlei Rechtskraftwirkung zu; das Ermittlungsverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden (vgl. RGSt 67, 315, 316; Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl., § 170 Rn. 9; Karlsruher Kommentar/Schmid, StPO, 6. Aufl., § 170 Rn. 23). Die Unschuldsvermutung wird hierdurch entgegen der Auffassung der Revision nicht verletzt.
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Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht in Hinblick auf die - den Grundsatz freier richterlicher Überzeugungsbildung einschränkende und über § 823 Abs. 2 BGB ins Zivilrecht transformierte (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 216 - Wehrmachtsoffizier; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 190 Rn. 4; Lenckner/Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 190 Rn. 4) - Beweisregel des § 190 Satz 2 StGB geboten. Ihre Anwendbarkeit scheitert in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt worden ist, schon daran, dass der Beschuldigte vor der inkriminierten Behauptung nicht - wie in der Bestimmung vorausgesetzt - vom Vorwurf der Tatbegehung freigesprochen worden ist. Abgesehen davon kommt diese Beweisregel im Zivilverfahren nur im Rahmen von Klagen wegen Ehrverletzung, nicht hingegen im Deckungsprozess zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zur Anwendung (vgl. Senatsurteil vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, aaO S. 216 - Wehrmachtsoffizier).
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b) Es kann dahingestellt werden, ob das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen wäre, wenn die Äußerungen der Klägerin im Vorprozess bewusstunwahr oder auf der Hand liegend falsch gewesen wären oder eine Schmähung dargestellt hätten (vgl. Senatsurteile vom 14. November 1961 - VI ZR 89/59, NJW 1962, 243, 244; vom 10. Juni 1986 - VI ZR 154/85, NJW 1986, 2502, 2503; vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 17; BVerfG, NJW-RR 2007, 840 Rn. 14; BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, Rn. 18). Denn eine derartige Fallkonstellation ist nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht gegeben. Die Klägerin hatte keine eigene Kenntnis von den Umständen des Ablebens der Ehefrau des Beklagten.
Zur Begründung ihres Vorwurfs, der Beklagte habe den Tod seiner Frau vorsätzlich herbeigeführt, hatte sie eine Reihe von Verdachtsmomenten vorgetragen , die das Landgericht als zur Überzeugungsbildung ausreichend angesehen hatte. Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht eine wissentliche Unrichtigkeit oder auf der Hand liegende Unhaltbarkeit der Vorwürfe mit Recht verneint. Die Revision zeigt keine Gesichtspunkte auf, die zu einer anderen Beurteilung des Vorbringens der Klägerin führen würden. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang beanstandet, das Berufungsgericht habe die Akten des Vorprozesses verfahrensfehlerhaft nicht beigezogen, bleibt der Rüge der Erfolg versagt. Es fehlt an den erforderlichen Darlegungen dazu, dass das Berufungsurteil auf diesem Mangel beruht (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1956 - VI ZR 150/55, LM Nr. 6 zu § 280 ZPO; Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 551 Rn. 14).
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Die beanstandeten Äußerungen stellen auch keine Schmähung dar (vgl. zum Begriff der Schmähung: Senatsurteil vom 11. Dezember 2007 - VI ZR 14/07, aaO Rn. 22 mwN). Im Vordergrund des Vorbringens der Klägerin stand ersichtlich die Auseinandersetzung in der Sache, nämlich die Abwehr des gerichtlich geltend gemachten Anspruchs auf Feststellung der Leistungspflicht aus dem Lebensversicherungsvertrag, und nicht die Diffamierung der Person des Beklagten.
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c) Das Berufungsgericht hat das Rechtsschutzbedürfnis auch insoweit zutreffend verneint, als die Klage auf das "Initiieren" und "In-Gang-Halten" des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens durch die Klägerin gestützt ist. Insoweit hat die Klägerin von ihrem staatsbürgerlichen Recht Gebrauch gemacht, den Strafverfolgungsbehörden den Verdacht einer Straftat mitzuteilen. Dass die Klägerin hierbei wissentlich unwahre oder leichtfertig unhaltbare Behauptungen aufgestellt oder Äußerungen gemacht hätte, die in keinem inneren Zusammenhang mit dem von ihr verfolgten berechtigten Anliegen stehen (vgl. BVerfG, Be- schluss vom 15. Dezember 2008 - 1 BvR 1404/04, juris, Rn. 18), ist weder ersichtlich noch dargetan.
17
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Wellner Pauge Stöhr von Pentz
Vorinstanzen:
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 13.07.2010 - 14 O 64/10 -
OLG Saarbrücken, Entscheidung vom 16.02.2011 - 5 U 384/10-61 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 534/15 Verkündet am:
14. November 2017
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:141117UVIZR534.15.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Wellner, die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff und den Richter Dr. Klein
für Recht erkannt:
Das Versäumnisurteil des Senats vom 13. Dezember 2016 wird aufrechterhalten. Der Kläger hat die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von den Beklagten Unterlassung von Äußerungen und Zahlung eines Schmerzensgeldes. Er war ab 2003 einer der Partner der Beklagten zu 1, einer Gesellschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern, der auch die Beklagten zu 2 bis 4 angehören. Nach erheblichen Auseinandersetzungen schied er spätestens im Sommer 2008 aus der Gesellschaft aus. Die Auseinandersetzungen zwischen ihm und der Beklagten zu 1 oder einzelnen anderen Partnern dauern an. Am Abend des 24. Dezember 2008 versandte der Kläger an X., einen der Seniorpartner der Beklagten zu 1, eine E-Mail folgenden Inhalts: "Herr X., ich habe vor kurzem gehört, dass Sie krebskrank sind. Sie wissen dass ich religiös bin und der Auffassung bin, dass das Leben vom Herrgott vorbestimmt ist. Ich bin mir daher ganz sicher, dass Ihre Krankheit die Strafe Gottes dafür ist, was Sie mir angetan haben angefangen von ihren Mails vom 20.3.06, der Verhinderung eines anständigen Vergleiches, das hämische und überhebliche Auslachen der Mediatorin am …gericht, die ständigen Verleumdungen und Beleidigungen, die Unterstellung, ich hätte Alkoholprobleme, das ständige Lügen und Betrügen, das Nichtauszahlen der unstreitigen Beträge, die Sie mir schulden, die Übersendung von unsinnigen Kommentaren von Herrn …., die Beteiligung an der ….. GmbH, bis zur Behinderung der Arbeit eines Mandanten von mir am heutigen Tage, in dem Sie ihm wichtige Unterlagen vorenthalten , die er zur Wahrung von Verjährungsfristen zum Ende des Jahres braucht, und das alles aus dem niederträchtigen Grund, mir vorsätzlich schaden zu wollen und meine Kariere zu behindern, obwohl Sie genau wissen, dass sie …. genauso schaden und das alles zu nichts führt (wie unsinnig Ihr Handeln ist, zeigt sich doch schon daran, dass sie schon jetzt ….. mehr bezahlt haben als die Differenz zwischen dem von mir angebotenen Vergleich und Ihrer Position; wenn Sie Ihre Mandanten vertreten, handeln Sie intelligenter). Gerade von einem Studienstiftler hätte ich ein solches Verhalten nicht erwartet. Ich habe noch nie jemandem etwas schlechtes gewünscht, und ich wünsche auch Ihnen nichts schlechtes. Ich empfinde aber eine tiefe Zufriedenheit und Genugtuung darüber , dass Sie die gerechte Strafe für Ihr Verhalten in der Form Ihrer Krankheit erhalten, und das zügig nach Ihrem Handeln. Und ich gehe davon aus, dass Sie weiter bestraft werden, bis Sie Einsicht zeigen und Vernunft annehmen. Fangen sie heute damit an: Senden Sie der …. AG die Unterlagen, die sie zur Wahrung der Verjährung benötigt, zahlen Sie mir die unstreitigen Beträge aus, fangen Sie einfach an, ein anständiger Mensch zu werden (vielleicht waren Sie das früher ja auch schon mal), und ich bin mir sicher, dass der gnädige Gott dann Einsicht mit Ihnen zeigen wird. Anderenfalls werden Sie weiter bestraft werden in Form von Krankheit uns so fort und spätestens vor dem Jüngsten Gericht werden Sie die Konsequenzen Ihres Handelns zu tragen haben, auch wenn Sie bisher von den staatlichen Gerichten noch nicht bestraft worden sind (was aber noch kommen wird). Frohe Weihnachten"
2
Die E-Mail des Klägers wurde anderen Partnern bekannt. Der Beklagte zu 2 sandte darauf noch am gleichen Abend an den Kläger eine E-Mail folgenden Inhalts: "Herr Y., Erlauben Sie mir die Feststellung, dass Sie einfach ein bedauernswertes dummes Arschloch sind. Auf Ihre Strafanzeige freue ich mich heute schon. Beste Grüße" An diesem Abend e-mailte auch der Beklagte zu 3 dem Kläger: "Dem schließe ich mich aus vollem Herzen an. Armer kleiner einsamer Kerl."
3
Am Vormittag des 1. Weihnachtsfeiertages e-mailte der Beklagte zu 4 dem Kläger: "Ich mich auch - hoffentlich fallen sie beim erdbeerpflücken mal von der leiter - vielleicht geht ihnen dann auch mal ein licht auf ..."
4
Alle drei E-Mails wurden von den E-Mail-Accounts versandt, die die Beklagte zu 1 den übrigen Beklagten und anderen Partnern eingerichtet hatte.
5
Der Kläger vertritt die Auffassung, ihm stünde gegen alle Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der Bezeichnung "Arschloch" zu. Die E-Mails seien auch im Namen der Beklagten zu 1 verschickt worden. Es bestehe Wiederholungsgefahr , die durch den Zeitablauf nicht ausgeräumt werde, sie folge auch daraus, dass die Beklagten ihn seit Jahren gemobbt hätten. Wegen der Bezeichnung als "Arschloch" habe er weiterhin einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Seine beim Landgericht erhobene Klage war außerdem auf die Feststellung gerichtet, dass die Beklagten ihm zum materiellen Schadensersatz verpflichtet seien.
6
Mit Versäumnisurteil vom 8. Februar 2013 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dagegen hat der Kläger Einspruch eingelegt. Im anschließenden Termin zur mündlichen Verhandlung hat er sein Feststellungsbegehren auf ei- nen Zahlungsantrag umgestellt. Diesen Teil des Verfahrens hat das Landgericht mit Beschluss vom 17. Mai 2013 abgetrennt. Es hat im Streitfall, der nur noch den Antrag auf Unterlassung und auf Zahlung einer angemessenen Geldentschädigung betrifft, das Versäumnisurteil aufrecht erhalten, soweit es nicht gegenstandslos sei, weil der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht nicht weiter verfolgt werde. In dem abgetrennten Verfahren betreffend den bezifferten Schadensersatzantrag hat das Landgericht mit Urteil vom 14. März 2014 auch diese Klage abgewiesen. Das diesbezügliche Berufungsverfahren ist bei einem anderen Zivilsenat des Kammergerichts anhängig geworden. Den Antrag der Beklagten, das hiesige Berufungsverfahren mit jenem zu verbinden, hat das Berufungsgericht im Streitfall zurückgewiesen, weil der Kläger seine Zustimmung nicht erteilt hat. Mittlerweile ist die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts vom 14. März 2014 betreffend den materiellen Schadensersatz durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO vom 23. September 2016 (20 U 66/14) rechtskräftig zurückgewiesen worden. Die im Streitfall eingelegte Berufung des Klägers blieb ohne Erfolg. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der der Kläger seine Unterlassungs- und Zahlungsbegehren weiter verfolgt, hat der Senat durch Versäumnisurteil vom 13. Dezember 2016 zurückgewiesen, nachdem der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Einspruch eingelegt.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei gemäß § 538 Abs. 1 ZPO zu einer eigenen Entscheidung in der Sache berufen, eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht komme nicht in Betracht. Ein unzulässiges Teilurteil liege nicht vor. Auch im Hinblick auf den Regelungszweck von § 538 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 ZPO, nämlich sich widersprechende Entscheidungen zu verhindern, scheide eine Zurückverweisung aus. In der Sache habe die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Ein Anspruch des Klägers analog § 1004 i.V.m. § 823 BGB, ihn nicht mehr als "Arschloch" zu bezeichnen, sei nicht gegeben. Es könne dahinstehen, ob mit den E-Mails der Beklagten zu 2 bis 4 der Tatbestand des § 823 BGB verwirklicht worden sei bzw. ob die streitgegenständlichen Äußerungen auch im Namen der Beklagten zu 1 erfolgt seien, ein Unterlassungsanspruch scheide jedenfalls deshalb aus, weil die erforderliche Wiederholungsgefahr nicht feststellbar sei. Aufgrund des zwischenzeitlichen Zeitablaufs und des Ausbleibens erneuter Erklärungen könne von einer Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden. Die Erklärungen der Beklagten seien in einer ganz speziellen, nicht wiederholbaren Situation erfolgt. Die Wiederholbarkeit fehle schon deshalb, weil X. zwischenzeitlich seine schwere Krankheit überwunden habe. Auch das Verhalten der Beklagten zu 2 bis 4 im Rechtsstreit zeige, dass von ihnen keine weiteren Erklärungen der gerügten Art zu erwarten seien. Der Kläger habe in seiner Berufungsbegründung u.a. ausgeführt: "Der Kläger hält es nicht nur für gerecht und befriedigend, sondern auch für geboten , dass Herr X. für sein Verhalten bestraft wird, durch welche Instanz und in welcher Form auch immer. Das Verhalten von Herrn X. ist an Abscheulichkeit nicht zu überbieten, und daher können auch die Worte, mit welchen dieses Verhalten kritisiert wird, nicht deutlich genug sein. Die Welt hat die Tötung von Osama bin Laden bejubelt, und daher ist es das gute Recht des Klägers, eine Bestrafung von Herrn X., der ihm durch seine Schandtaten persönlich vielmehr Leid als bin Laden angetan hat, als tiefe Befriedigung zu empfinden."
8
Auch diese Erklärung habe bei den Beklagten keinerlei zu beanstandende Reaktionen ausgelöst. Ein Schmerzensgeldanspruch scheide aus, weil bei gebotener Berücksichtigung der Gesamtumstände die Zahlung einer Geldentschädigung nicht gerechtfertigt sei. Zwar werde so erheblich in das Persönlich- keitsrecht des Klägers eingegriffen, dass die erforderliche Geringfügigkeitsschwelle überschritten werde, und es sei offensichtlich, dass eine solche Ausdrucksweise nicht zu tolerieren sei, es sei aber auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den Äußerungen der Beklagten nicht um anlasslose Äußerungen gehandelt habe, sondern um konkrete Reaktionen auf die E-Mail des Klägers an Herrn X.. Diesem werde unterstellt, ein unanständiger Mensch zu sein. Die E-Mail an X. zeichne sich durch ein besonderes und eklatantes Maß an Gehässigkeit und Verachtung bzw. Schadensfreude aus. Aus der E-Mail gehe in einer äußerst perfiden Art und Weise hervor, dass er sich über die Krebserkrankung in besonderem Maße bis hin zum Tod des X. freue und diese Erkrankung als Strafe Gottes für ein vorangegangenes Geschehen ansehe. Die Verletzungsintensität sei durch den vom Kläger gewählten Zeitpunkt der Versendung am 24. Dezember 2008 noch gesteigert worden. Mit diesen Äußerungen habe der Kläger die Reaktionen der Beklagten zu 2 bis 4 hervorgerufen. Angesichts der vorangegangenen erheblichen eigenen Verfehlung des Klägers sei es nicht gerechtfertigt , diesen nunmehr im Hinblick auf die von ihm selbst provozierten Reaktionen der Beklagten zu 2 bis 4 Schmerzensgeld für deren Verletzung seines Persönlichkeitsrechts zu gewähren. Dass die E-Mail des Klägers vom 24. Dezember 2008 gleichfalls eine Reaktion auf eine unmittelbar zuvor vorangegangene Beleidigung durch die Beklagten zu 2 bis 4 oder durch X. gewesen sei, lege der Kläger nicht dar. Die von dem Kläger zum Ausdruck gebrachte äußerst grobe Gehässigkeit und Freude über die Krebserkrankung und den damit gegebenenfalls einhergehenden möglichen Tod des X. stelle sich als schwerer wiegender Eingriff in dessen Persönlichkeitsrecht dar als die bloße Verwendung des Kraftausdrucks "dummes Arschloch" ihm gegenüber.

II.

9
Die Revision hat in der Sache keinen Erfolg. Das Versäumnisurteil des Senats ist aufrechtzuerhalten (§ 555 Abs. 1, § 343 Satz 1 ZPO).
10
1. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers ist insgesamt statthaft. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht die Revision unbeschränkt zugelassen. Es hat im Tenor des Urteils die Revisionszulassung ohne Einschränkungen ausgesprochen. Zwar kann sich eine Beschränkung der Rechtsmittelzulassung auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. nur Senatsurteil vom 22. Dezember 2015 - VI ZR 134/14, juris Rn. 20; BGH, Urteile vom 4. März 2014 - XI ZR 178/12, BKR 2014, 245; vom 13. November 2012 - XI ZR 334/11, NJW 2013, 450 Rn. 7 mwN; vom 11. Mai 2012 - V ZR 193/11, NJW 2012, 2648, 2649 Rn. 5). Dies muss sich allerdings klar und eindeutig aus den Gründen des Urteils ableiten lassen (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Mai 2015 - III ZR 368/13, VersR 2014, 383 Rn. 11 mwN). Das ist hier nicht der Fall. Zwar hat das Berufungsgericht die im Tenor nicht eingeschränkte Zulassung der Revision in den Entscheidungsgründen damit begründet , dass die Rechtsfolgen einer unzulässigen Verfahrenstrennung und insbesondere die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen in derartigen Fällen eine Zurückverweisung geboten sei, höchstrichterlich noch nicht geklärt sei. Doch kann offen bleiben, ob das Berufungsgericht die Zulassung der Revision damit auf die erwähnte Frage einschränken wollte. Denn eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Frage der Rechtsfolgen einer unzulässigen Verfahrenstrennung wäre jedenfalls nicht zulässig, da sich die Beantwortung dieser Rechtsfrage nicht auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitgegenstands beziehen würde (vgl. nur BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 mwN).
11
2. Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Überprüfung stand.
12
a) Ob der angegriffene Trennungsbeschluss des Landgerichts verfahrensfehlerhaft ergangen ist und deshalb eine Zurückverweisung an das Landgericht oder eine Verbindung in der Berufungsinstanz geboten gewesen wäre, kann dahinstehen, da die Verfahrensrüge durch das weitere Verfahrensgeschehen überholt ist.
13
Der vom Kläger geltend gemachten Gefahr sich widersprechender Entscheidungen aufgrund der Trennung des Verfahrens in der ersten Instanz kann durch eine grundsätzlich mögliche (Wieder-)Verbindung im Revisionsverfahren (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 1995 - I ZR 20/93, NJW 1995, 3120) oder in der Berufungsinstanz (vgl. dazu BAG, NZA 2016, 1352) oder durch eine Zurückverweisung nicht mehr begegnet werden. Nachdem die Berufung des Klägers im abgetrennten Verfahren zum materiellen Schadensersatz rechtskräftig zurückgewiesen worden ist, ist dieses Verfahren abgeschlossen und eine gemeinsame Entscheidung über beide Verfahrensteile kommt nicht mehr in Betracht. Sie wäre lediglich zu erwägen gewesen, wenn der Kläger auch bezüglich dieses abgetrennten Verfahrens eine Nichtzulassungsbeschwerde oder ggf. Revision eingelegt hätte.
14
Soweit die Revision noch eine Zurückverweisung wegen des Verlustes einer Instanz anstrebt, ist darauf hinzuweisen, dass in den getrennten Verfahren jeweils die erste und die zweite Instanz befasst waren und selbst im Falle eines unzulässigen Teilurteils, mit dem die Revision die unzulässige Trennung vergleichen möchte, eine Instanz entfallen kann, wenn das Berufungsgericht den im ersten Rechtszug anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits an sich zieht und darüber mitentscheidet (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13. Juli 2011 - VIII ZR 342/09, NJW 2011 Rn. 33 mwN).
15
b) Die Revision wendet sich erfolglos gegen die Zurückweisung der Unterlassungsklage wegen fehlender Wiederholungsgefahr und die Versagung einer Geldentschädigung.
16
aa) Das Berufungsgericht konnte offen lassen, ob mit den E-Mails der Beklagten zu 2 bis 4 vom 24. und 25. Dezember 2008 der Tatbestand des § 823 BGB verwirklicht worden ist und deren Äußerungen der Beklagten zu 1 zuzurechnen sind.
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Entgegen der Ansicht der Revision scheitert ein etwaiger Unterlassungsanspruch des Klägers am Fehlen der Wiederholungsgefahr. Das Berufungsgericht geht zumindest in seinen Hilfserwägungen mit Recht davon aus, dass dann, wenn bereits ein rechtswidriger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen erfolgt ist, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr besteht (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 30; vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 134/15, NJW 2016, 870 Rn. 23; vom 27. Mai 1986 - VI ZR 169/85, AfP 1986, 241, 242; vom 30. Juni 2009 - VI ZR 210/08, AfP 2009, 494 Rn. 29; vom 19. März 2013 - VI ZR 93/12, AfP 2013, 250 Rn. 31). Es trifft auch zu, dass diese Vermutung widerlegt werden kann (vgl. Senatsurteil vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, NJW 2016, 789 Rn. 30). Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mag der häufigste Grund und im Regelfall meist die alleinige Möglichkeit für die Beseitigung dieser Gefahr sein, sie ist aber nicht die einzige. Allerdings sind an die Widerlegung der Vermutung strenge Anforderungen zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 19. Oktober 2004 - VI ZR 292/03, NJW 2005, 594, 595). Eine Widerlegung kann ausnahmsweise angenommen werden, wenn der Eingriff durch eine einmalige Sondersituation veranlasst gewesen ist (vgl. Senatsurteil vom 8. Februar 1994 - VI ZR 286/93, AfP 1994, 138, 139). Das Berufungsgericht hat trotz weiterhin schwelender Streitig- keiten der ehemaligen Partner eine solche spezielle, nicht wiederholbare Situation angenommen. Der Kläger habe seine E-Mail, die - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle ausgeführt hat - ein besonderes Maß an Verachtung und Gehässigkeit gegenüber X. zeigte, zu einem durch dessen schwere Krebserkrankung auch für die ihm geschäftlich eng verbundenen Partner emotional aufgeladenen Zeitpunkt gesandt, worauf die Beklagten zu 2 bis 4 spontan reagiert hätten. Das Berufungsgericht hat dabei weiter berücksichtigt, dass der "in einer äußerst perfiden Art und Weise" geführte verbale Angriff des Klägers gegen X. am Heiligabend erfolgte und dadurch geeignet war, besonders verletzend zu wirken. Da X. seine Erkrankung inzwischen überwunden hat, hat das Berufungsgericht einen solchen emotionalen Anlass für nicht wiederholbar erachtet. Für diese Einschätzung sprach nach Auffassung des Berufungsgerichts auch, dass die Beklagten trotz vergleichbarer Provokationen des Klägers in seiner Berufungsbegründung, in der er wiederum von Strafen für X. sprach, keinerlei zu beanstandende Reaktionen zeigten. Diese Erwägungen halten sich im Rahmen rechtlich zulässiger tatrichterlicher Würdigung.
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bb) Einen Anspruch des Klägers auf Geldentschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler verneint.
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Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsurteile vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 38; vom 21. April 2015 - VI ZR 245/14, VersR 2015, 898 Rn. 33, jeweils mwN) begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 214 f.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 38 ff.; vom 21. April 2015 - VI ZR 245/14, VersR 2015, 898 Rn. 33; vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 38; vom 24. Mai 2016 - VI ZR 496/15, VersR 2016, 1001 Rn. 9).
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Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Danach hat es die Zahlung einer Geldentschädigung rechtsfehlerfrei für nicht erforderlich erachtet. Die beanstandeten Äußerungen stellen zwar eine grobe Beleidigung dar, diese ist jedoch singulär geblieben und nur im Kreis der Partner der Beklagten und damit in einer sehr begrenzten Öffentlichkeit bekannt geworden. Unter Berücksichtigung des Anlasses und des Beweggrundes kann ein hoher, die Zulassung einer Geldentschädigung rechtfertigender Grad des Verschuldens der Beklagten zu 2 bis 4 nicht angenommen werden. Der Kläger hatte zuvor selbst durch seine E-Mail das Persönlichkeitsrecht des Seniorpartners X. der Beklagten zu 2 bis 4 erheblich verletzt, indem er seine tiefe Genugtuung über dessen schwerwiegende und bedrohliche Erkrankung äußerte und ihn somit herabwürdigte, jemand zu sein, der Qualen und den Tod verdient habe. Diese Äußerung erfolgte im Zuge der Auseinandersetzung innerhalb der Sozietät und war daher geeignet auch bei den Beklagten zu 2 bis 4, den Partnern des X., ein besonderes Maß an Betroffenheit auszulösen. Vergleichbare emotionale Situationen liegen der Regelung von § 199 StGB zugrunde, wonach der Richter beide Beleidiger oder einen derselben für straffrei erklären kann, wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird (Kompensation). Dabei spricht für den Zweitbeleidiger die reaktive Verknüpfung; seine Schuld ist gemindert, wenn er provoziert durch den Ersttäter in affektiver Erregung Gleiches mit Gleichem bzw. Böses mit Bösem vergilt (vgl. Hilgendorf in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl., § 199 StGB Rn. 1 mwN; Lenckner/Eisele in Schönke /Schröder, StGB, 29. Aufl., § 199 Rn. 1, vgl. auch RGSt 7, 100, 102; BAG, Urteil vom 19. Juni 1969 - 2 AZR 511/68, BeckRS 1969, 00017 Rn. 11). Es kommt im Streitfall nicht darauf an, ob in einem Strafverfahren eine Straffreierklärung der Beklagten zu 2 bis 4 hätte ausgesprochen werden können. Die Regelung des § 199 StGB zeigt aber, dass das Gesetz die durch eine verbale Herabwürdigung ausgelöste affektive Erregung, die eine entsprechende ehrverletzende Reaktion hervorruft, als mildernden Umstand sieht. In der Situation des Streitfalls, in der der Kläger in einer durch die schwere Erkrankung des X. und das Weihnachtsfest gekennzeichneten, emotional aufgeladenen Lage der Beklagten zu 2 bis 4 seiner Verärgerung und Verbitterung mit einer schwerwiegenden Kränkung des Seniorpartners der Beklagten zu 2 bis 4 freien Lauf gelassen hat, ist ein Ausgleich seiner darauf davongetragenen Beeinträchtigung nicht geboten. Galke Wellner Oehler Roloff Klein
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 17.05.2013 - 22 O 42/12 -
KG Berlin, Entscheidung vom 14.07.2015 - 4 U 107/13 -

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
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die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.