Oberlandesgericht München Schlussurteil, 19. Nov. 2014 - 20 U 2215/14
vorgehend
Tenor
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
Gründe
I.
1) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.288,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2) Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
die Klage abzuweisen.
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte und Berufungsklägerin trägt die Kosten der Berufung.
II.
Zeitraum |
Betrag |
19.05.2010 - 09.06.2010 |
102,70 € |
11.06.2010 - 14.07.2010 |
157,36 € |
15.07.2010 - 11.08.2010 |
139,81 € |
12.08.2010 - 20.04.2010 |
1.370,86 € |
21.04.2011 - 30.05.2011 |
227,04 € |
31.05.2011 - 14.07.2011 |
272,70 € |
15.07.2011 - 03.08.2011 |
120,22 € |
04.08.2011 - 24.10.2011 |
533,04 € |
25.10.2011 - 20.03.2012 |
997,74 € |
21.03.2012 - 02.05.2012 |
276,09 € |
03.05.2012 - 28.06.2012 |
345,04 € |
29.06.2012 - 30.07.2012 |
181,60 € |
31.07.2012 - 17.10.2012 |
248,64 € |
18.10.2012 - 18.12.2012 |
281,48 € |
19.12.2012 - 15.04.2013 |
447,52 € |
16.04.2013 - 20.08.2013 |
465,71 € |
21.08.2013 - 04.03.2014 |
612,21 € |
05.03.2014 - 06.08.2014 |
452,25 € |
07.08.2014 - 19.11.2014 |
222,12 € |
Reale Vermögenslage Kläger |
Hypothetische Vermögenslage Kläger | ||
Grundstück |
83.041,67 € |
Kaufpreis |
85.000,00 € |
|
|
Maklergebühr |
2.023,00 € |
|
|
Grunderwerbssteuer |
2.975,00 € |
|
|
Grundbuchkosten Vormerkung |
96,00 € |
|
|
Grundbuchkosten Eigentumserwerb |
297,60 € |
|
|
Fahrtkosten Beurkundung |
185,00 € |
|
|
Zinsgewinn |
7.454,13 € |
|
|
Betriebsgrundkosten |
1.008,37 € |
Summe |
83.041,67 € |
Summe |
99.039,10 € |
III.
IV.
V.
VI.
Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Schlussurteil, 19. Nov. 2014 - 20 U 2215/14
Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Schlussurteil, 19. Nov. 2014 - 20 U 2215/14
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Oberlandesgericht München Schlussurteil, 19. Nov. 2014 - 20 U 2215/14 zitiert oder wird zitiert von 9 Urteil(en).
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.
(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.
(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.
(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.
(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.
(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.
(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Aufgrund einer Immobilienkurzbeschreibung eines Einfamilienhauses, in der es unter anderem hieß, "die Einliegerwohnung ist ebenso realisierbar wie Wohnen und Arbeiten", nahmen die Kläger Verbindung mit der beklagten Maklerin auf. Diese übersandte den Klägern mit Telefax vom 2. Februar 1996, das die Provisionserwartung enthielt, ein Exposé, in dem unter anderem eine Wohnfläche im Souterrain/Einliegerwohnung von 67,90 qm ausgewiesen ist.
Nach der Besichtigung des Objekts unterzeichneten die Klägerin zu 2) und die Beklagte am 5. Februar 1996 eine Reservierungsvereinbarung. Die Kläger erhielten von der Beklagten noch das Original des Exposés, dem ein Plan beigefügt war, in welchem drei Räume des Untergeschosses als "Zimmer" bezeichnet waren. Nach unmittelbaren Verhandlungen mit den Verkäufern erwarben die Kläger die Immobilie mit notariellem Kaufvertrag vom 21. Februar 1996 zu einem Kaufpreis von 750.000 DM und zahlten an die Beklagte die auf dieser Grundlage berechnete Provision von 43.125 DM.
Im März 1996 erfuhren die Kläger vom Kreisbauamt, die Räume im Untergeschoß seien nicht als Wohnräume genehmigt. In den Originalbauplänen sind die in Rede stehenden Räume mit dem Stempelaufdruck "kein Aufenthaltsraum" versehen. Mit der Behauptung, der Beklagten seien die Originalbaupläne bekannt gewesen und sie hätten bei Kenntnis dieses Umstandes die Immobilie nicht zu einem Preis von 750.000 DM gekauft, verlangen die Kläger als Schadensersatz den Betrag, um den das Haus wegen der mangelnden Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung weniger wert sei, und den hierauf bezogenen Anteil der Maklerprovision. Ihre auf Zahlung von 130.019,52 DM nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung noch möglich ist. Es verneint eine Schadensersatzpflicht der Beklagten, weil nicht nachgewiesen sei, daß der für die Beklagte tätig gewesene frühere Büroleiter W. gewußt, aber den Klägern verschwiegen habe, daß die Räume im Untergeschoß in der Baugenehmigung nicht als Wohnräume genehmigt gewesen seien. Die Beklagte habe auch nicht gegen die dem Makler obliegende Pflicht verstoßen, dem Auftraggeber keine unrichtigen Vorstellungen zu vermitteln. Zwar sei die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine Einliegerwohnung, objektiv falsch gewesen. Daß diese Aussage bereits insofern unrichtig gewesen sei, als eine Einliegerwohnung schon mangels einer Küche nicht vorhanden gewesen sei, hätten die Kläger selbst erkennen können. Für die Frage der Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung gelte dies zwar nicht. Insoweit treffe die Beklagte aber kein Verschulden. Der Beschaffenheit der Fußbodenbeläge habe der Büroleiter der Beklagten entnehmen können, daß die Voreigentümer die Räume als Wohnräume genutzt hätten. Für die Nutzbarkeit als Wohnräume hätten auch ihre Höhe und die großen Fenster zur Gartenseite gesprochen. Da die Kläger nicht behauptet hätten, daß die Möglichkeit der Nutzung einer Einliegerwohnung bei den Kaufverhandlungen eine Rolle gespielt hätte, habe der Büroleiter der Beklagten keinen Anlaß gehabt, diese Frage näher zu prüfen; er habe sich mit dem sich aufdrängenden Augenschein zufrieden geben dürfen.
II.
Diese Beurteilung hält den Rügen der Revision in einem maßgebenden Punkt nicht stand.
1. Der Makler steht - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - zu seinem Auftraggeber als dessen Interessenvertreter in einem besonderen Treueverhältnis , aus dem sich für ihn bei der Erfüllung seiner Aufgabe bestimmte Nebenpflichten ergeben. Eine sachgemäße Interessenwahrnehmung gebietet regelmäßig , den Auftraggeber nicht nur über das aufzuklären, was unerläßlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt wird, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - IVa ZR 244/80 - NJW 1981, 2685 f). Wieweit die Unterrichtungspflicht im einzelnen zu ziehen ist, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab. Ist der Makler hiernach zu einer Unterrichtung seines Auftraggebers verpflichtet, gebietet es die von ihm wahrzunehmende Sorgfalt, keine Informationen zu erteilen, für die es an einer hinreichenden Grundlage fehlt. Steht ihm eine solche nicht zur Verfügung oder kann er sie sich nicht verschaffen, muß er - ebenso wie der Bundesgerichtshof dies für den Anlagevermittler entschieden hat (vgl. Urteil vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114, 1115 und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998) - zumindest diesen Umstand offenlegen. Die Erklärungen des Maklers müssen insgesamt so beschaffen sein, daß sie bei seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 197/89 - NJW-RR 1991, 627, 628). Hier-
aus folgt für den Makler, der sich in Verhandlungen mit einem Kunden befindet, ebenso wie für den Anlagevermittler im Rahmen eines stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrags (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1997 - III ZR 278/95 - NJW 1998, 448), auch die Pflicht, fehlerhafte Angaben richtig zu stellen.
2. Gemessen an diesen Maßstäben kann nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts eine schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten der Beklagten nicht verneint werden.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine Einliegerwohnung, objektiv unrichtig war. Insoweit liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten vor; denn für ihre Aussage im Exposé fehlte es ihr an jeder Grundlage. Soweit das Berufungsgericht diesem Umstand haftungsrechtlich keine Bedeutung beimißt, weil die Kläger im Rahmen der Besichtigung das Nichtvorhandensein der Einliegerwohnung wahrgenommen hätten, ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden.
b) Demgegenüber konnten die Kläger bei der Besichtigung nicht erkennen , daß die in Frage stehenden Räume im Untergeschoß nicht als Aufenthaltsräume genehmigt waren. Mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts muß im Revisionsverfahren ferner zugunsten der Kläger davon ausgegangen werden, daß - jedenfalls auch aus diesem Grund - die Angabe der Beklagten, im Untergeschoß des Hauses ließe sich eine Einliegerwohnung realisieren, unrichtig war.
c) Wegen der hierin liegenden Pflichtverletzung hat die Beklagte den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Das Berufungsgericht übersieht bzw. berücksichtigt nicht, daß die Beklagte auch für ihren Hinweis auf die Realisierbarkeit einer Eigentumswohnung im Untergeschoß keine ausreichende Grundlage hatte. Nach ihrem eigenen Vortrag hatten die Voreigentümer ihrem Büroleiter bei der Hereinnahme des Objekts anläßlich einer Besichtigung erklärt , ein Raum sei von ihrem Vater als Gymnastikraum benutzt worden, einen anderen hätten sie als Arbeitsraum bezeichnet, in einem dritten habe einer von ihnen gewohnt. Auch wenn diese Darstellung nicht in jeder Einzelheit mit den Bekundungen der als Zeugen vernommenen Verkäufer übereinstimmt, läßt sich ihr doch nichts für eine Information der Beklagten durch die Verkäufer entnehmen , im Untergeschoß des Hauses befinde sich eine Einliegerwohnung oder eine solche sei realisierbar. Deshalb hätte die Beklagte lediglich die Information der Verkäufer weitergeben dürfen, die fraglichen Räume im Untergeschoß seien von den Vorbesitzern als Wohnräume genutzt worden. Zu einer entsprechenden Richtigstellung ihrer ohne ausreichende Grundlage gemachten Aussagen in der Kurzbeschreibung und im Exposéwar die Beklagte spätestens im Zusammenhang mit der Besichtigung des Anwesens oder kurz danach verpflichtet. Denn da s ich ihre haltlose Aussage über das Vorhandensein einer Einliegerwohnung jedenfalls bei der Besichtigung herausstellte, bestand für sie Anlaß, auch ihre weitere Aussage über die Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung zu überprüfen. Da die Beklagte nach ihrem Prozeßvortrag jedenfalls seinerzeit noch nicht die Erkundigungen beim Kreisbauamt eingeholt hatte, mit denen sie im anhängigen Rechtsstreit die Richtigkeit ihrer Angaben über die Realisierbarkeit der Einliegerwohnung dartun will, hätte eine solche Überprüfung ergeben, daß sie ihre zu weit gehenden Angaben hätte zurücknehmen
und sich auf eine Weitergabe der von den Verkäufern erteilten Informationen hätte beschränken müssen.
Gegen eine solche Verpflichtung kann nicht eingewandt werden, die Kläger hätten das Haus selbst nutzen wollen und an eine Vermietung der Räumlichkeiten im Untergeschoß nicht gedacht. Zum einen war der Beklagten dies nicht sicher bekannt, als sie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluß des Maklervertrages das von ihr hereingenommene Objekt in der Kurzbeschreibung und im Exposé beschrieb. Vielmehr spricht der Umstand, daß der Kunde des Maklers auf einen solchen Nachweis eingeht und das Objekt sodann besichtigt, grundsätzlich für ein entsprechendes Interesse. Zum anderen ergibt sich aus der Bekundung des Zeugen K., daß bei der Besichtigung die Frage erörtert wurde, ob ein Raum als Küche genutzt werden könne. Dann stand aber ungeachtet der möglicherweise im Vordergrund stehenden Absicht der Kläger, das Haus selbst zu nutzen, auch für die Beklagte erkennbar die Möglichkeit der Einrichtung einer Einliegerwohnung als eine - vielleicht später zu realisierende - Option im Raum, die die Beklagte dazu verpflichtete, ihre wirklichen Kenntnisse zu offenbaren und von dem zu trennen, was zum damaligen Zeitpunkt Gegenstand bloßer Vermutungen war.
III.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Ist die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung nicht möglich, ist nach dem derzeitigen Sachstand grundsätzlich von einer Haftung der Beklagten auszugehen. Die Kläger, die am Kaufvertrag mit den Verkäufern festgehalten haben, können als Ersatz ihres Vertrauensschadens den Betrag verlangen, um den sie das Haus objektiv zu teuer erworben haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es ihnen bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen wäre, den Vertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1988 - VII ZR 83/88 - NJW 1989, 1793, 1794). Daß den Klägern, die einen Wert ihres Hauses von maximal 627.000 DM behauptet haben, überhaupt ein Schaden in dieser Hinsicht entstanden ist, haben sie zulässigerweise in das Wissen eines Sachverständigen gestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Wertfestsetzung nach § 19 Abs. 1, 2 KostO durch die Geschäftsstelle der Abteilung 6 a des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 1995 für die Beurteilung des den Klägern möglicherweise entstandenen Schadens ohne Bedeutung.
2. Einem Anspruch der Kläger steht auch nicht nach § 254 BGB entgegen, daß sie auf eine vom Zeugen G. T. bekundete Anregung nicht eingegangen sind, mit Rücksicht auf die bekannt gewordenen Umstände den Kauf rückgängig zu machen. Die Kläger, die nach ihrem Vortrag zu diesem Zeitpunkt schon mit der Renovierung des Hauses begonnen hatten, mußten sich wegen eines möglichen Fehlverhaltens der Beklagten nicht auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrages einlassen, zumal die Frage noch völlig offen war, wer für die durch den Vertragsschluß bereits entstandenen und durch seine Rückgängigmachung weiter anfallenden Kosten hätte aufkommen sollen. Den Verkäufern war dies nicht anzusinnen. Daß die Beklagte bereit gewesen wäre, die Kläger hiervon zu entlasten, hat sie nicht dargetan.
3. Der Senat kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium davon absehen, auf die Verfahrensrügen der Revision gegen die Würdigung des Berufungsgerichts einzugehen, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, daß dem Büroleiter der Beklagten der Originalbauplan bekannt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat, sollte es hierauf im weiteren Verfahren ankommen, Gelegenheit, diesen Fragenkreis unter Berücksichtigung der von der Revision erhobenen Rügen erneut tatrichterlich zu würdigen.
Streck Schlick Kapsa Dörr Galke
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 7. September 1993 kauften die Kläger und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom Beklagten zwei gewerblich genutzte Grundstücke zum Preis von 4.950.000 DM. Nach vollständiger Kaufpreiszahlung wurde das Eigentum am 26. April 1994 umgeschrieben. Eine etwa 4.000 m² große Teilfläche eines der Grundstücke war durch Vertrag vom 21. Dezember 1979 an die H. H. KG vermietet, die dort einen Autound Reifenservicebetrieb eingerichtet hatte. Die den Klägern vor Vertragsabschluß vom Makler übergebene Vertragsurkunde bestimmte unter § 3 eine Befristung des Mietverhältnisses bis zum 31. Dezember 1994, wobei der Mieterin
ein "Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses um einmal fünf Jahre" eingeräumt wurde.
Die Kläger hatten das Grundstück erworben, um dort ein Boardinghouse zu errichten. Im Oktober 1993 verhandelten sie mit der H. H. KG über eine vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages. Nach ihrem Vortrag erfuhren die Kläger erst jetzt, daß der Beklagte der Mieterin durch eine Vereinbarung vom Mai 1993 eine weitere Option auf Verlängerung des Vertragsverhältnisses um nochmals fünf Jahre nach dem 31. Dezember 1999 eingeräumt hatte. Unter dem 22./30. Januar 1995 einigten sich die Kläger mit der Mieterin auf einen schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag. Danach wurde eine Hoffläche von etwa 1.000 m² "entmietet" und von den Klägern für den Bau des Boardinghouses genutzt. Außerdem wurde das Mietverhältnis bis zum 31. Dezember 2009 verlängert und der Mietzins reduziert. Die Kläger begannen noch im selben Jahr mit den Bauarbeiten, so daß das Boardinghouse im Oktober 1996 eröffnet werden konnte.
Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Zahlung von 300.000 DM als Schadensersatz, weil er mit der Option zur Verlängerung des Mietverhältnisses bis Ende 2004 einen Mangel des Grundstücks arglistig verschwiegen habe. Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgen sie ihr Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch aus culpa in contrahendo. Der Beklagte habe zwar seine Pflicht zur Aufklärung über das Bestehen der weiteren Option verletzt, die Differenz zu einem bei pflichtgemäßer Unterrichtung vereinbarten geringeren Kaufpreis könne aber nicht als Schaden geltend gemacht werden. Nach neuerer Rechtsprechung sei nämlich für einen Anspruch , der auf Ersatz des positiven Interesses aus einem nicht zustande gekommenen Vertrag gerichtet werde, der Nachweis erforderlich, daß der günstigere Vertrag tatsächlich abgeschlossen worden wäre. Umstände, die eine solche Feststellung ermöglichen könnten, seien aber nicht geltend gemacht. Der Schadensersatzanspruch könne auch nicht auf einen Rechtsmangel gestützt werden. Da die weitere Option einen behebbaren Mangel darstelle, habe eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gegenüber dem Beklagten erfolgen müssen. Daß diese entbehrlich gewesen sei, weil die Mieterin ohnehin zu keinem Verzicht auf die Option bereit gewesen wäre, habe nicht festgestellt werden können.Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
II.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 BGB verneint.
Die weitere Verlängerungsoption zugunsten der H. H. KG als Mieterin, von der die Kläger nach den ihnen zugänglich gemachten Vertragsunterlagen nicht ausgehen konnten, stellt einen Rechtsmangel dar. Die Verpflichtung des Verkäufers aus § 434 BGB, den Kaufgegenstand frei von Rechten Dritter zu verschaffen, erstreckt sich bei einem Grundstückskauf auch auf ein bestehendes Mietverhältnis (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1991, V ZR 225/90, NJW-RR 1992, 201, 202; Urt. v. 8. November 1991, V ZR 139/90, NJW 1992, 905; Urt. v. 24. Oktober 1997, V ZR 187/96, NJW 1998, 534). Da die Option auf Verlängerung eines Mietverhältnisses grundsätzlich als behebbarer Rechtsmangel anzusehen ist (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 105/86, NJW-RR 1988, 79; Urt. v. 24. Oktober 1997, V ZR 187/96, NJW 1998, 534, 535), scheitert ein Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 BGB aber daran, daß die Kläger dem Beklagten weder eine Frist zur Beseitigung des Rechtsmangels verbunden mit einer Ablehnungsandrohung gesetzt haben, noch besondere Umstände gegeben sind, die diese Voraussetzung entbehrlich machen. Das Berufungsgericht hat eine offensichtliche Zwecklosigkeit der Fristsetzung nicht feststellen können. Dies ist frei von Rechtsfehlern und wird mit der Revision nicht angegriffen.
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß seien nicht erfüllt.
a) Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß kann ausnahmsweise auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtet werden, wenn ohne das schädigende Verhalten mit einem Dritten oder auch demselben Vertragspartner ein Vertrag zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Be-
dingungen zustande gekommen wäre (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901 m.w.N.). Einen solchen Anspruch haben die Kläger mit dem Vortrag verfolgt, bei Kenntnis des weiteren Optionsrechts wäre ein um 300.000 DM niedrigerer Kaufpreis vereinbart worden. Der Ersatz des Erfüllungsinteresses setzt allerdings - was das Berufungsgericht nicht verkannt hat - die Feststellung voraus, daß der Vertrag ohne das pflichtwidrige Verhalten zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Bedingungen geschlossen worden wäre (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, aaO). Daß das Berufungsgericht diese Feststellung nicht hat treffen können, wird von der Revision hingenommen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Nichts spricht dafür, daß sich der Beklagte auf einen um 300.000 DM geringeren Kaufpreis eingelassen hätte. Er hatte kein nachhaltiges Interesse an dem Grundstücksverkauf, war doch die Initiative zu diesem Geschäft nicht von ihm, sondern von dem Makler, den die Kläger beauftragt hatten, ausgegangen. Überdies erklärte der Beklagte, nachdem die Kläger ihn auf die weitere Option angesprochen hatten, sogleich seine Bereitschaft, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Es kann daher offen bleiben, ob ein solcher auf das Erfüllungsinteresse gerichteter Anspruch neben den Vorschriften der Rechtsmängelhaftung (§§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB) Anwendung finden kann.
b) Das Berufungsgericht hat es jedoch fehlerhaft unterlassen, das Klagebegehren unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs auf Ersatz des Vertrauensschadens zu prüfen. Ein solcher Anspruch ist nicht durch die Vorschriften der §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB ausgeschlossen (vgl. BGHZ 65, 246, 253; Senat, Urt. v. 21. Dezember 1984, V ZR 206/83, NJW 1985, 2697, 2698; Urt. v. 17. Mai 1991, V ZR 92/90, NJW 1991, 2700; Urt. v. 11. Oktober 1991, V ZR 159/90, NJW-RR 1992, 91, 92; Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW
1994, 2947, 2949; Urt. v. 19. November 1999, V ZR 321/98, NJW 2000, 803, 804).
aa) Auch wenn das wegen Verschuldens bei Vertragsschluß zu ersetzende Vertrauensinteresse in bestimmten Fällen wirtschaftlich dem Erfüllungsinteresse entsprechen kann, liegen der Haftung aus culpa in contrahendo und der Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung nach §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB die Verletzung unterschiedlicher Rechtspflichten zugrunde (BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, XI ZR 235/99, WM 2000, 1840, 1841; vgl. auch BGHZ 142, 51, 62, 64). Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß folgt aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründet wird, vom tatsächlichen Zustandekommen eines Vertrages und seiner Wirksamkeit weitgehend unabhängig ist und zur verkehrsüblichen Sorgfalt sowie zu loyalem und redlichem Verhalten gegenüber dem Geschäftsgegner verpflichtet (Senat, BGHZ 6, 30, 333; BGHZ 49, 77, 82; 66, 51, 54; BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, aaO, 1840 f). Deshalb richtet sich der Anspruch nicht auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung, sondern auf den Ausgleich der Nachteile, die durch die Verletzung des bei der Vertragsanbahnung in den Vertragspartner gesetzten Vertrauens entstanden sind (BGHZ 49, 77, 82; 57, 191, 197; BGH, Urt. v. 2. März 1988, VIII ZR 380/86, NJW 1988, 2234, 2236; Urt. v. 6. Juni 2000, aaO, 1841). Der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo ist nicht durch das Erfüllungsinteresse begrenzt, sondern kann dieses auch übersteigen (BGHZ 49, 77, 82; 57, 191, 193; 69, 53, 56). Dagegen knüpft der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 440 Abs. 1, 325 ff BGB an die Verletzung von vertraglichen Hauptpflichten an, die erst durch den Vertragsschluß festgelegt werden (vgl. zu § 326 BGB: Senat, Urt. v. 28. November 1956, V ZR 77/55, NJW 1957, 217; BGH, Urt. v.
1. Oktober 1986, VIII ZR 132/85, NJW 1987, 251, 253). Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte (vgl. BGHZ 99, 182, 197; Senat, Urt. v. 19. September 1980, V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46 f; Urt. v. 21. Januar 2000, V ZR 387/98, NJW 2000, 1256).
bb) Erfüllt - wie hier - ein Lebenssachverhalt die Tatbestandsmerkmale mehrerer Anspruchsgrundlagen, ohne daß einer der Haftungstatbestände nach seinem Sinn und Zweck oder einer ausdrücklichen Regelung den Vorrang beanspruchen kann, so ist ein Fall der Anspruchskonkurrenz gegeben, bei dem sämtliche Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. GSZ, BGHZ 13, 88, 95; auch BGHZ 17, 214, 217; 66, 315, 319; 100, 190, 201). Bei einem Zusammentreffen in der geschilderten Weise kommt einem Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 Abs.1 BGB gegenüber einem solchen aus culpa in contrahendo kein Vorrang zu. Im Unterschied zu den Regelungen für Sachmängel in den §§ 459 ff BGB (vgl. hierzu Senat, BGHZ 60, 319, 321 ff) handelt es sich bei den Bestimmungen über die Rechtsmängelgewährleistung im Kaufrecht nicht um abschließende Sonderregelungen (vgl. Senat, Urt. v. 21. Dezember 1984, aaO). Für Rechtsmängel verweist § 440 Abs. 1 BGB lediglich pauschal auf die §§ 320 bis 327 BGB; es fehlt nicht nur an Regelungen mit einer den §§ 459 ff BGB vergleichbaren systematischen Geschlossenheit (BGHZ 110, 196, 203), sondern auch an einer § 477 BGB entsprechenden besonderen Verjährungsbestimmung. Überdies kennt die Rechtsmängelhaftung keine dem § 463 Satz 2 BGB (vgl. hierzu Senat BGHZ 60, 319, 321) vergleichbare , einschränkende Sonderregelung des Verschuldens bei Vertragsschluß. § 444 BGB, der den Verkäufer zur Aufklärung über die rechtlichen Verhältnisse der Kaufsache verpflichtet, erfaßt nur die vertraglichen, nicht aber
auch die vorvertraglichen Hinweispflichten (vgl. RGZ 52, 167, 168; Soergel /Huber, BGB, 12. Aufl., § 444 Rdn. 3).
cc) Daß sie dem Beklagten keine Gelegenheit zur Beseitigung des Rechtsmangels gaben, begründet keinen Verstoß der Kläger gegen die ihnen obliegende Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB). Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Kläger hätten mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß anstelle des Erfüllungsanspruchs aus § 434 BGB gegen das Gebot des eigenen Interesses verstoßen. Überdies läßt sich dem Vortrag des Beklagten nicht hinreichend entnehmen, daß es ihm durch Leistungen, deren Wert hinter den von den Klägern geforderten 300.000 DM zurückbleibt, gelungen wäre, die Mieterin zum Verzicht auf die verlängerte Mietoption zu bewegen.
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist mit dem Urteil des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 24. Juni 1998 (aaO) keine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zum Ersatz des Vertrauensinteresses durch Anpassung eines Vertrages nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo verbunden. Die Entscheidung bestätigt diese vielmehr mit dem Hinweis, die Vorinstanz habe in Übereinstimmung mit der - durch Zitate belegten - ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einen Anspruch auf Vertragsanpassung unter den gegebenen Umständen in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise verneint. Auch in der Literatur (vgl. Stoll, JZ 1999, 95 ff; Lorenz , NJW 1999, 1001 f) ist die Entscheidung nicht anders verstanden worden.
d) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die Kläger unzutreffend über die mögliche Dauer des mit der
H. H. KG geschlossenen Mietverhältnisses unterrichtet. Mit der Vereinbarung vom 13. Mai/1. Juli 1993 hatten der Beklagte und die Mieterin den bestehenden Mietvertrag um ein Gestaltungsrecht ergänzt, das es der Mieterin erlaubte, bis zum 31. Dezember 1998 durch eine entsprechende Erklärung das Mietverhältnis um weitere fünf Jahre zu verlängern. Diese Vertragsverlängerung ist durch die beiderseitig unterschriebene Urkunde nach § 566 BGB formwirksam vereinbart, weil auf die ursprüngliche Vertragsurkunde Bezug genommen und der im übrigen unveränderte Fortbestand des dort Vereinbarten zum Ausdruck gebracht wird (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 1992, XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283, 2284).
Durch das zumindest fahrlässige Verschweigen der zweiten Verlängerungsoption verletzte der Beklagte schuldhaft seine vorvertraglichen Pflichten. Macht nämlich der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben, die für den Kaufentschluß des anderen Teils von Bedeutung sein können, so müssen diese Angaben richtig sein (BGHZ 74, 103, 110; Senat, Urt. v. 20. November 1987, V ZR 66/86, NJWRR 1988, 458, 459; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Dies gilt bei der Unterrichtung über das bestehende Mietverhältnis selbst dann, wenn der Beklagte von der beabsichtigten Umgestaltung des Anwesens durch Errichtung eines Boardinghouses nichts wußte. Bereits im Hinblick auf § 571 Abs. 1 BGB ist die Dauer eines Mietverhältnisses wegen der damit eingeschränkten Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers grundsätzlich für dessen Kaufentschluß von Bedeutung.
e) Der Anspruch aus culpa in contrahendo ist regelmäßig auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet (BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; BGH, Urt. v.
6. Juni 2000, aaO). Danach sind die Kläger so zu stellen, wie sie bei Offenbarung der für ihren Kaufentschluß maßgeblichen Umstände stünden (vgl. Senat, Urt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77). Wenn der Geschädigte , wie hier die Kläger, an dem Vertrag festhalten will, obwohl dieser infolge der Pflichtverletzung zu für ihn ungünstigen Bedingungen zustande gekommen ist, so ist er so zu behandeln, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Kaufvertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen (BGHZ 69, 53, 58; BGH, Urt. v. 11. Februar 1999, IX ZR 352/97, NJW 1999, 2032, 2034). Schaden ist danach der Betrag, um den die Kläger im Streitfall wegen der fehlenden Mitteilung über das weitere Optionsrecht der Mieterin das Grundstück zu teuer erworben haben (vgl. BGHZ 114, 87, 94; Senat , Urt. v. 10. Juli 1987, V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11; Urt. v. 8. Oktober 1993, aaO; BGH, Urt. v. 1. April 1981, VIII ZR 51/80, NJW 1981, 2050, 2051; Urt. v. 27. September 1988, XI ZR 4/88, NJW-RR 1989, 150, 151; Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1325). Dies erfordert - im Unterschied zur Geltendmachung des Erfüllungsinteresses (vgl. BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, aaO) - nicht den Nachweis, daß sich der Vertragsgegner auf einen Vertragsschluß zu einem niedrigeren Preis eingelassen hätte (vgl. BGHZ 69, 53, 58; 114, 87, 94; BGH, Urt. v. 27. September 1988, aaO; Senat, Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690). Entscheidend ist allein, wie sich der Getäuschte bei Kenntnis der ihm verheimlichten Umstände verhalten hätte; verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten des aufklärungspflichtigen Verkäufers (vgl. BGHZ 114, 87, 94).
3. Den Betrag, um den sie das Grundstück vom Beklagten zu teuer erwarben , haben die Kläger allerdings bislang nicht dargetan. Sie haben ihren Schaden vielmehr mit den Mieteinnahmen begründet, die ihnen in Höhe von
319.000 DM der Zeit von Januar 1994 bis Dezember 1999 oder - in zweiter Linie - in Höhe von 307.501,49 DM in der Zeit von Januar 2000 bis Dezember 2004 wegen des Nachgebens gegenüber der H. H. KG in der Vereinbarung vom 22./25. Januar 1995 entgangen sein sollen. Diese Aufwendungen sind jedoch nicht zu ersetzen; denn sie unterfallen nicht dem Schutzzweck des Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß. Dessen Grundlage ist enttäuschtes Vertrauen (vgl. Senat, Urt. v. 12. Dezember 1980, V ZR 168/78, NJW 1981, 1035, 1036). Die von den Klägern mit der Mieterin getroffene Vereinbarung beruht jedoch nicht darauf, daß die Kläger weiterhin darauf vertrauten, zutreffend über die Dauer des Mietverhältnisses unterrichtet worden zu sein. Grund war vielmehr der Entschluß der Kläger, trotz der als falsch erkannten Auskunft am Vertrag festzuhalten und das beabsichtigte Boardinghouse auch unter den gegebenen Bedingungen zu errichten. Dem Verschulden des Beklagten zurechenbare Folge des Vertrauens der Kläger war nur der Abschluß des Kaufvertrages, nicht aber die Nachteile, die sich erst aus der Entscheidung der Kläger ergaben, trotz der erkannten längeren Dauer des Mietverhältnisses keine Rückabwicklung des Vertrages zu fordern (vgl. Senat, Urt. v. 12. Dezember 1980, aaO; auch BGH, Urt. v. 2. Juni 1980, VIII ZR 64/79, NJW 1980, 2408, 2410).
Die Kläger können die ihnen angeblich entgangenen Mieteinnahmen auch nicht mit der Begründung als Vertrauensschaden ersetzt verlangen, sie hätten davon ausgehen dürfen, über die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises hinaus keine weiteren Investitionen tätigen zu müssen. Zwar kann das Vertrauen des Getäuschten, daß sein Gesamtaufwand für die vorgesehene Verwendung der Kaufsache den Kaufpreis nicht übersteigen werde (vgl. BGHZ 111, 75, 82), geschützt sein. Im vorliegenden Fall bestand für eine solche Annahme
der Kläger indes keine dem Beklagten zurechenbare Grundlage. So behaupten die Kläger selbst nicht, den Beklagten über die von ihnen beabsichtigte Nutzung des Grundstücks informiert zu haben. Der Beklagte wußte aus dem Schreiben des von den Klägern beauftragten Maklers vom 13. Juli 1992 lediglich , daß "ein Investor" an dem Erwerb interessiert war. Waren aber die Pläne der Kläger weder Basis noch Gegenstand der Vertragsverhandlungen, so konnten die Kläger aufgrund des Verhaltens des Beklagten nicht darauf vertrauen , mit dem Kaufpreis sei auch die von ihnen beabsichtigte Ä nderung der Nutzung des Anwesens erkauft.
Selbst wenn sich die Kläger die Ausführungen des Sachverständigen aus dem im ersten Rechtszug eingeholten schriftlichen Gutachten zu eigen gemacht hätten, wäre auch dies kein für die Ermittlung des Vertrauensschadens erheblicher Vortrag. Der Sachverständige hat mit dem "Nachteil ... aus der nicht realisierten Investition" nichts anderes als den Gewinn ermittelt, der den Klägern bei einer verspäteten Fertigstellung des Bauvorhabens entgangen wäre. Dieser ist aber für die Berechnung der - nicht durch eine Verzögerung verursachten - Vermögensnachteile, die die Kläger hier als Schadensersatz geltend machen können, ohne Belang.
4. Damit festgestellt werden kann, ob und ggf. in welchem Umfang den Klägern ein Schaden dadurch entstanden ist, daß sie wegen der unzutreffenden Information über die Dauer des Mietverhältnisses das Grundstück zu teuer erworben haben, werden sie - bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses - vortragen und unter Beweis stellen müssen, welcher Minderwert des Grundstücks sich gegenüber einem Ende 1999 auslaufenden Mietverhältnis mit
der H. H. KG durch die Verlängerungsoption bis Ende 2004 ergibt (vgl. Senat, Urt. v. 10. Juli 1987, aaO; BGH, Urt. v. 27. September 1988 aaO).
Das bisherige Vorbringen der Kläger reicht nicht aus, um den für die Anpassung des Kaufpreises maßgeblichen Minderwert ermitteln zu können. Zwar haben die Kläger im ersten Rechtszug behauptet, durch ein Mietverhältnis von längerer Dauer sei der Verkehrswert eines zu Ausbau- oder Neubauzwecken erworbenen Grundstücks um 10 % gemindert. Die Parteien haben indes die Nutzung des Grundstücks für die Errichtung eines Boardinghouses oder auch nur für eine bauliche Umgestaltung nicht zum Vertragszweck gemacht. Es kann daher nur maßgeblich sein, welche Bedeutung der Geschäftsverkehr gewöhnlich einer Verlängerungsoption, wie sie hier vereinbart wurde, für die Wertermittlung beilegt. Den Absichten einzelner Interessenten, auf die der vom Landgericht beauftragte Sachverständige bei der Erläuterung seines Gutachtens abgestellt hat, kommt unter den hier gegebenen Umständen keine entscheidende Bedeutung zu.
III.
Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Da Entscheidungsreife fehlt, muß die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erfolgen.
Das Berufungsgericht hat sich dadurch, daß es nur einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch in Betracht gezogen hat, den Blick auf die Möglichkeit des Ersatzes des Vertrauensschadens ver-
stellt. Bei zutreffender rechtlicher Sicht hätte es - zumal der Beweisbeschluß des Landgerichts vom 12. Februar 1997 eine unerhebliche Behauptung zum Gegenstand hatte - Anlaß gehabt, die Kläger nach § 139 ZPO im Hinblick auf den ihnen etwa entstandenen Schaden zu einem ergänzenden Vortrag anzuhalten. Dies ist ihm durch die Zurückverweisung der Sache (§ 565 ZPO) wieder zu ermöglichen (vgl. Senat, BGHZ 129, 112, 122; Urt. v. 2. Dezember 1994, V ZR 193/93, NJW 1995, 587, 589).
Die Kläger erhalten auf diese Weise auch Gelegenheit, ihren Klageantrag zu überdenken. Da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zum Gesellschaftsvermögen zählen soll, ist von Mitgläubigerschaft auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 12. Oktober 1995, I ZR 172/93, NJW 1996, 1407, 1409). Die Kläger können daher nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB nur Leistung an alle Gläubiger verlangen. Zu diesen dürfte
aber auch die R. straße 1 - Grundstücksverwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung zählen, die ebenfalls als Gesamtschuldnerin hinsichtlich des Kaufpreises an dem Kaufvertrag mit dem Beklagten beteiligt war.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Lemke Gaier
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 30. Juli 1992 kaufte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Käuferin), von der Beklagten, einer Kleinstadt in Thüringen, ein erschlossenes und an eine dezentrale Containerkläranlage angeschlossenes Grundstück von rund 100.000 m² zur Errichtung einer Fabrik. Die Vertragsparteien vereinbarten einen Kaufpreis für das Grundstück von 9 DM/m² sowie einen von der Käuferin für die Erschließung zu zahlenden Betrag von weiteren 9 DM/m². Dieser Betrag sollte nach dem Vertrag unter anderem sämtlichen Aufwand für die Erschließungskosten nach § 127 BauGB und für die Abwasserentsorgung enthalten. Die Käuferin verpflichtete sich zum Bau der Fabrik innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung mit einer Investitionssumme von 80 Millionen DM. Der Vertrag wurde vollzogen und die Fabrik errichtet.
- 2
- Im Januar 1993 schlossen sich die Beklagte und weitere 36 Gemeinden zu einem Zweckverband zusammen. Dieser errichtete eine zentrale Kläranlage, an die auch das von der Käuferin erworbene Grundstück angeschlossen wurde. Der Zweckverband forderte hierfür Beiträge in Höhe von insgesamt 430.531,25 €, die bis zum 25. August 2003 gezahlt wurden. Die Käuferin erhob vor dem Verwaltungsgericht Anfechtungsklage gegen die Beitragsbescheide. Dieser Rechtsstreit endete mit einem Vergleich. Die Beitragsschuld blieb bestehen ; der Zweckverband zahlte allerdings einen Teilbetrag von 240.652,45 € an die Klägerin zurück und stundete diesen Teil der Beitragsschuld.
- 3
- Die Klägerin hat von der Beklagten zunächst die Erstattung der an den Zweckverband gezahlten Herstellungsbeiträge, hilfsweise die Feststellung der Erstattungspflicht der Beklagten verlangt. Das Landgericht hat der Klage nach dem Hilfsantrag stattgegeben. Nachdem der Zweckverband die Beiträge teilweise zurückgezahlt hatte, hat die Klägerin die Erstattung der an den Zweckverband gezahlten 189.878,80 € zzgl. Zinsen sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der zurzeit von dem Zweckverband gestundeten 240.652,45 € verlangt. Das Oberlandesgericht hat der Klage in diesem Umfang mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung stattgegeben.
- 4
- Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Die Beklagte sei bei den Vertragsverhandlungen verpflichtet gewesen, die Käuferin über alle Umstände auf- zuklären, die im Zusammenhang mit den Erschließungskosten in absehbarer Zukunft relevant werden konnten. Indem die Beklagte die Käuferin nicht über die bevorstehende Gründung des Zweckverbandes und die Errichtung der zentralen Kläranlage unterrichtete, habe sie pflichtwidrig Informationen zurückgehalten , die erkennbar von zentraler Bedeutung für den Entschluss der Käuferin gewesen seien, den Vertrag abzuschließen und die Fabrik in der beklagten Gemeinde zu errichten.
- 6
- Die Klägerin habe einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, weil die Käuferin den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn die Beklagte sie über die bevorstehenden kommunalen Veränderungen und Planungen informiert hätte. Dann hätte sie die an die Beklagte gezahlten Beträge von insgesamt 1.912.068 DM erspart. Die Klägerin dürfe aber nicht besser gestellt werden , als sie stünde, wenn ein dem geschützten Vertrauen entsprechender Vertrag wirksam abgeschlossen und erfüllt worden wäre. Das Erfüllungsinteresse der Käuferin habe darin bestanden, nicht mehr als den im Vertrag vereinbarten Erschließungskostenbeitrag von 956.034 DM zahlen zu müssen. Die nochmals an den Zweckverband zu zahlenden Herstellungsbeiträge in Höhe von 430.531,25 € stellten damit den von der Beklagten zu ersetzenden Schaden dar.
II.
- 7
- Die Revision bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz in dem im Berufungsurteil zuerkannten Umfang zu.
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch aus einem Verschulden bei Vertragsschluss gemäß dem hier nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anzuwendenden Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung bejaht.
- 9
- a) Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte verpflichtet, die Käuferin ungefragt darüber zu unterrichten, dass auf Grund der geplanten Errichtung einer zentralen Abwasseranlage durch den in Gründung befindlichen Zweckverband weitere Beitragslasten auf die Käuferin zukommen würden, die über den im Grundstückskaufvertrag in Ansatz gebrachten Betrag für die Erschließung des Fabrikgrundstücks hinausgingen.
- 10
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei den Vertragsverhandlungen, auch soweit die Beteiligten entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Verhandelnden die Pflicht, die andere Partei über solche Umstände aufzuklären, die den von ihr verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für ihren Entschluss zum Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern diese eine solche Unterrichtung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (Senat, Urt. v. 2. März 1979, V ZR 157/77, NJW 1979, 2243; Urt. v. 25. Juni 1982, V ZR 143/81, WM 1982, 960, 961; Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690; Urt. v. 19. Mai 2006, V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3141 m.w.N., insoweit in BGHZ 168, 35 nicht abgedruckt ). Begrenzt wird der Umfang der vorvertraglichen Informationspflichten dadurch, dass jede Partei grundsätzlich davon ausgehen darf, dass ihr künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse sich selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten und die mit dem Vertragsabschluss verbunden Risiken Klarheit verschafft hat. Eine Aufklärungspflicht und Warnpflicht besteht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) deshalb nur, wenn eine Partei wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, dass ihr künftiger Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH, Urt. v. 16. Januar 1996, XI ZR 151/95, NJW 1996, 1206, 1207; Urt. v. 15.
- 11
- bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht die Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte rechtsfehlerfrei angenommen.
- 12
- (1) Die Beklagte verfügte über einen Informationsvorsprung. Das ergibt sich aus den von der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen. Danach hatte nur die beklagte Gemeinde Kenntnis davon, dass auf die sich bei ihr ansiedelnden Investoren zusätzliche Beitragslasten infolge der künftigen Errichtung einer zentralen Kläranlage durch den in Gründung befindlichen Abwasserzweckverband zukommen werden.
- 13
- (2) Die Beklagte war zu einem Hinweis auf diese Umstände verpflichtet. Dass in den neuen Ländern nach der Wiedervereinigung Deutschlands mit derartigen Folgeerschließungen allgemein zu rechnen gewesen sei, steht dem nicht entgegen.
- 14
- Eine Gemeinde muss in den Vertragsverhandlungen einen Investor über die (noch verwaltungsinternen) Absichten unterrichten, wenn diese oder die sich daraus ergebenden Folgen durch Beitragslasten für dessen Vertragsentschluss von wesentlicher Bedeutung sind. Sie muss insbesondere unrichtige Erwartungen des Investors richtigstellen, die sie durch ihre Angaben erst geweckt hat (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 1991, IX ZR 84/90, WM 1991, 1731, 1733).
- 15
- Für den Entschluss der Käuferin, das Grundstück zu erwerben und an diesem Standort zu investieren, waren die Gesamtkosten des Grunderwerbs von wesentlicher Bedeutung, was sie der Beklagten auch mitgeteilt hatte. Die Beklagte hatte Fehlvorstellungen über den Aufwand aus der Erschließung - ent- gegen der Auffassung der Revision - nach den Feststellungen im Berufungsurteil schon dadurch erweckt, dass sie sich mit der Käuferin auf einen Kaufpreis (einschließlich eines im Kaufvertrag ausdrücklich benannten Anteils für den Erschließungsaufwand ) einigte, der nach den vorhergehenden Erklärungen der Käuferin die Obergrenze des Aufwands für den Erwerb des Fabrikgrundstücks darstellte. Unter diesen Umständen darf der Käufer, der mit den Vertretern der Gebietskörperschaft über die Konditionen einer Gewerbeansiedlung in der Gemeinde verhandelt, nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen Hinweis auf eine nur ihnen bereits absehbare Mehrbelastung aus Beitragslasten einer künftigen öffentlichen Investition erwarten, die in dem im abzuschließenden Kaufvertrag für den Erschließungsaufwand bestimmten Betrag nicht enthalten ist.
- 16
- 2. Nicht von Rechtsfehlern frei ist jedoch die Begründung des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen der Aufklärungspflichtverletzung.
- 17
- a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht es davon aus, dass die durch eine Pflichtverletzung bei den Vertragsverhandlungen geschädigte Vertragspartei grundsätzlich nur den Ersatz ihres Vertrauensschadens verlangen kann (std. Rspr. BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; Senat, BGHZ 168, 35, 39). Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch den Umfang des zu ersetzenden Schadens nach dem Erfüllungsinteresse der Käuferin bestimmt.
- 18
- aa) Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ist auf Ersatz des sogenannten negativen Interesses gerichtet (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901). Der wegen einer Aufklärungspflichtverletzung zu ersetzende Schaden kann nur dann nach dem Erfüllungsinteresse des Geschädigten bemessen werden, wenn bei der gebotenen Aufklärung ein günstigerer Vertrag mit dem bisherigen Vertragspartner oder mit einem Dritten zustande gekommen wäre. Nur wenn der Geschädigte das darlegt und beweist, kann er verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn er diesen günstigeren Vertrag geschlossen hätte (Senat, BGHZ 168, 35, 40 m.w.N.; BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, aaO; vgl. auch BGHZ 108, 200, 207 f.).
- 19
- bb) Bereits daran fehlt es. Dass die Beklagte sich auf eine vertragliche Verpflichtung eingelassen hätte, die Käuferin von weiteren Beitragslasten für die Erschließung des Fabrikgrundstücks freizustellen, hat die Klägerin nicht einmal vorgetragen; Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht auch nicht getroffen. Es kann daher dahinstehen, ob der Einwand der Revision zutrifft, dass dem Ersatzanspruch auf das Erfüllungsinteresse schon der Umstand entgegengestanden hätte, dass eine vertragliche Freistellungsverpflichtung der beklagten Gemeinde einer Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedurft hätte, die jedoch nicht erteilt worden wäre.
- 20
- b) Die Revision bleibt gleichwohl ohne Erfolg, da die Entscheidung in Bezug auf den der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch im Ergebnis richtig ist.
- 21
- aa) Die durch eine Aufklärungspflichtverletzung geschädigte Vertragspartei , die bei anfänglicher Kenntnis der wahren Sachlage den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, muss nicht deswegen die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung des Vertrages insgesamt verlangen; es steht ihr nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vielmehr frei, an dem für sie ungünstigen Vertrag festzuhalten und von dem Schädiger den Ersatz des ihr verbliebenen Vertrauensschadens zu verlangen (BGHZ 69, 53, 57; 111, 75, 82; Senat, BGHZ 168, 35, 39). Geschieht das, so bestimmt sich der zu ersetzende Schaden nach den Erwartungen des Geschädigten, die durch den zustande gekommenen Vertrag nicht befriedigt werden (Senat, BGHZ 168, 35, 39; Stoll JZ 1999, 95). Der Vertrauensschaden kann sich in verschiedener Weise im Vermögen des Geschädigten nachteilig ausgewirkt haben und dementsprechend unterschiedlich berechnet werden: Der zu ersetzende Vermögensnachteil kann in dem Betrag bestehen, um den die Gegenleistung des Geschädigten das übersteigt, was er bei Kenntnis der Sachlage höchstens bewilligt hätte, um den er die Sache zu teuer gekauft hat oder den er für den Erwerb oder die bestimmungsgemäße Verwendung zuviel aufgewendet hat. Maßgebend für die Schadensbestimmung ist das Zurückbleiben des von dem Gläubiger Empfangenen hinter dem hypothetischen Wert, den ein erwartungsgerechter Vertrag für den Geschädigten gehabt hätte (Stoll aaO).
- 22
- bb) Der Vertrauensschaden des Käufers kann demzufolge auch in dessen Mehraufwand nach dem Erwerb der Sache bestehen, wenn dieser wegen der Aufklärungspflichtverletzung des Verkäufers darauf vertrauen durfte, dass sein Gesamtaufwand für die nach dem Vertrag vorgesehene Verwendung der Kaufsache den Kaufpreis nicht übersteigen wird (BGHZ 111, 75, 83; Senat, Urt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77; Urt. v. 6. April 2001, V ZR 364/99, NJW 2001, 2875, 2877).
- 23
- (1) So ist es hier. Der Kaufvertrag über das Fabrikgrundstück war die Grundlage für eine Industrieansiedlung mit einem im Kaufvertrag vereinbarten Investitionsvolumen von 80 Millionen DM. Die Käuferin konnte nach den Verhandlungen über die Ansiedlung in der beklagten Gemeinde davon ausgehen, dass im Falle der Entscheidung für den Bau der Fabrik an diesem Standort die mit dem Kaufpreis von 18 DM/m² bestimmte Obergrenze des Aufwands für den Grunderwerb nicht durch weitere auf das Grundstück bezogene Beiträge für dessen Erschließung überschritten werden wird. Die Käuferin hat im Vertrauen darauf, dass in einem absehbaren Zeitraum von zumindest 20 Jahren keine weiteren Erschließungskosten anfallen (so lange hätte die zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages vorhandene Kläranlage nach den getroffenen Feststellungen im Berufungsurteil funktionstüchtig bleiben sollen) das Grundstück erworben und die Fabrik errichtet. Die von dem Zweckverband erhobenen Herstellungsbeiträge sind danach der Betrag, um den der Wert des geschlossenen Vertrages hinter dem hypothetischen Wert eines erwartungsgerechten Vertrages zurückbleibt.
- 24
- (2) Entgegen der Ansicht der Revision ist es für die Ersatzpflicht der Beklagten bedeutungslos, dass von dieser in den Verhandlungen die künftigen Kosten nicht angesprochen, sondern die Belastungen verschwiegen wurden. Der erhöhte Aufwand des Käufers wird auch bei einem Schweigen des Verkäufers von dem Schutzweck der verletzten Aufklärungspflicht erfasst, wenn dieser - wie hier - nach den Umständen über die voraussichtlich entstehenden Mehrkosten hätte aufklären müssen. Der Verkäufer muss dann auch für Mehraufwendungen des Käufers aus der Verwendung der Kaufsache einstehen, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig dem Käufer die für dessen Vertragsentschluss wichtigen Umstände verschwiegen hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2876). Eine zumindest fahrlässige Zurückhaltung der für den Vertragsentschluss der Käuferin wichtigen Informationen hat das Berufungsgericht indessen rechtsfehlerfrei festgestellt.
III.
- 25
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommene Anschlussrevision wegen des abgewiesenen Teils des Zinsanspruchs hat zu keiner Erhöhung des Streitwerts geführt (BGH, Beschl. v. 17. Mai 1984, X ZR 82/83, NJW 1984, 2952, 2953).
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 19.10.2005 - 3 O 2471/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 18.07.2007 - 4 U 1119/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 1. September 1998 erwarb der Kläger von der G. GmbH ein mit einem Mehrfamilienhaus und einer Gewerbehalle bebautes Grundstück in W. zum Preis von 750.000 DM. Den Kaufpreis setzten die Vertragsparteien später einvernehmlich auf 740.000 DM herab. Der Beklagte, der damals einer der beiden Geschäftsführer der Verkäuferin war, hatte dem Kläger vor Abschluss des Vertrages mehrfach erklärt, das Dach der Gewerbehalle sei kurz zuvor erneuert worden. Tatsächlich hatte er 1997 auf dem schadhaften Dachbelag nur eine neue Schalung und darauf eine Bitumenbahn sowie eine Schweißbahn aufbringen lassen. In der Folgezeit kam es zu Feuchtigkeitsschäden im Bereich des Dachs. Ausweislich eines von dem Kläger eingeholten Angebots beliefen sich die Kosten für den kompletten Abriss der Dacheindeckung und die vollständige Erneuerung des Dachs auf 259.891,14 DM. Der Kläger zahlte auf den Kaufpreis nur 680.000 DM. Er erklärte zunächst die Minderung und später in Höhe des Restkaufpreises die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch von mindestens 60.000 DM. Die Zwangsvollstreckung der Verkäuferin wurde insoweit für unzulässig erklärt. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger zunächst die Verkäuferin und den Beklagten als Gesamtschuldner auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 199.891,14 DM nebst Zinsen sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des weitergehenden Schadens in Anspruch genommen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verkäuferin hat das Landgericht angeordnet, die Ansprüche gegen sie und den Beklagten in getrennten Prozessen zu verhandeln. Im vorliegenden Rechtsstreit verfolgt der Kläger sein Begehren gegenüber dem Beklagten weiter.
- 2
- Das Landgericht hat dem Kläger 18.227,56 € zuerkannt und die weitergehende Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Rechtsmittel des Klägers, mit dem dieser die Zahlung weiterer 83.975,16 € nebst Zinsen sowie die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des darüber hinausgehenden Schadens begehrt hat, hatte keinen Erfolg. Die Berufung des Beklagten führte zur vollständigen Klageabweisung. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der Beklagte arglistig gehandelt hat, als er dem Kläger erklärte, das Dach sei kurz zuvor erneuert worden. Es verneint aus rechtlichen Gründen einen Schadensersatzanspruch des Klägers, weil allein eine Haftung aus unerlaubter Handlung in Betracht komme. Da der Kläger danach lediglich Anspruch auf das negative Interesse habe, könne er verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Beklagte ihn nicht über den tatsächlichen Umfang der durchgeführten Dacharbeiten getäuscht hätte. Demnach könne er gegebenenfalls beanspruchen, so gestellt zu werden, als habe er den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Ein auf Rückabwicklung des Vertrages gerichteter Anspruch sei jedoch nicht Gegenstand der Klage. Zwar könne der Ersatzanspruch in Ausnahmefällen auch auf das Erfüllungsinteresse gerichtet sein. Das gelte etwa dann, wenn ohne das schuldhafte Verhalten des Schädigers ein anderer, für den Geschädigten günstigerer Vertrag mit demselben Vertragspartner oder einem Dritten zustande gekommen wäre, doch sei dafür vorliegend nichts ersichtlich. Auf Ersatz des positiven Interesses, das der Kläger mit seinem Begehren auf Ersatz der notwendigen Reparaturkosten geltend mache, sei der deliktische Anspruch nicht gerichtet. Es sei auch nicht gerechtfertigt, den allein aus unerlaubter Handlung haftenden Schädiger haftungsrechtlich dem nach Gewährleistungsrecht haftenden Verkäufer gleichzustellen.
II.
- 4
- Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
- 5
- 1. Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob die subjektiven Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB erfüllt sind, ist der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers im Revisionsrechtszug zu seinen Gunsten zu unterstellen.
- 6
- 2. Dem Schadensersatzbegehren steht entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht entgegen, dass der Kläger ursprünglich die Minderung erklärt hat. Abgesehen davon, dass er schon mangels Vollzuges der Minderung (§ 465 BGB a.F.) sein Wahlrecht hinsichtlich der ihm gegen die Verkäuferin zustehenden Gewährleistungsansprüche nicht verloren hat (vgl. BGH, Urteile vom 8. Januar 1959 - VIII ZR 174/57, BGHZ 29, 148, 151; vom 24. November 1982 - VIII ZR 263/81, BGHZ 85, 367, 372 und vom 11. Juli 1990 - VIII ZR 219/89, NJW 1990, 2680, 2681), macht der Kläger vorliegend keinen Gewährleistungsanspruch, sondern einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend, und zwar gegen den Beklagten, der am Kaufvertrag nicht als Verkäufer beteiligt war und für dessen Haftung die sich aus §§ 459 ff. BGB a.F. ergebenden Beschränkungen nicht zum Tragen kommen.
- 7
- 3. Der Umfang der gegebenenfalls bestehenden Ersatzpflicht des Beklagten bestimmt sich, da das behauptete schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).
- 8
- a) Ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, ist nach der sogenannten Differenzhypothese grundsätzlich durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit der- jenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen (Senatsurteil vom 3. Juli 1984 - VI ZR 264/82, VersR 1984, 944; BGH, Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217; BGH, Urteile vom 15. Dezember 1982 - VIII ZR 315/80, BGHZ 86, 128, 130; vom 10. Dezember 1986 - VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182, 196; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2670 [insoweit in BGHZ 144, 343 nicht abgedruckt] und vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, VersR 1998, 906). Der nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zum Schadensersatz Verpflichtete hat lediglich den Differenzschaden zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 65/09, NJW-RR 2010, 1579 Rn. 15 m.w.N.; Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 249 Rn. 195; Staudinger /Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 437 Rn. 56; Schermaier, JZ 1998, 857 f. [Anm. zum Senatsurteil vom 25. November 1997 - VI ZR 402/96, VersR 1998, 245 = JZ 1998, 855 = MDR 1998, 266]). Davon zu unterscheiden ist der Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses. Dieses ist zu ersetzen, wenn der Anspruchsinhaber verlangen kann, so gestellt zu werden, als ob eine Verbindlichkeit ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Da die deliktische Haftung nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpft , stellt sich im Deliktsrecht die Frage nach dem Erfüllungsinteresse als solche nicht (vgl. MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rn. 125). Der deliktische Schadensersatzanspruch richtet sich allein auf das "Erhaltungsinteresse" (Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 67, § 2 IV 4.).
- 9
- Das gilt für die deliktische Haftung grundsätzlich auch dann, wenn sie neben einer vertraglichen Schadensersatzpflicht besteht. Der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte (vgl. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl., S. 323 Rn. 867). Dieser Grundsatz findet bei einem Kaufvertrag jedenfalls dann Anwendung, wenn dieser aufgrund falscher Angaben eines Dritten zustande gekommen ist. Die im Gewährleistungsrecht verankerte Besserstellung des Käufers (vgl. § 463 BGB a.F.) ist nur gerechtfertigt, weil sie auf einem Rechtsgeschäft beruht, denn nur dieses, nicht aber die unerlaubte Handlung, kann den Käufer besser stellen, als er vorher stand. Der Käufer kann nur von dem Verkäufer Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die unerlaubte Handlung eines Dritten kann nicht dazu führen, dass dieser haftungsrechtlich wie ein Verkäufer behandelt wird (Tiedtke, DB 1998, 1019, 1020; Schaub, ZEuP 1999, 941, 951 f.).
- 10
- Allerdings muss der Differenzschaden nicht notwendigerweise geringer sein als das positive Interesse des Geschädigten an der Vertragserfüllung. So ist anerkannt, dass die Anwendung der Differenzhypothese in dem Fall, in dem der Geschädigte nachweist, dass er ohne die für den Abschluss des Vertrages ursächliche Täuschungshandlung einen anderen, günstigeren Vertrag - mit dem Verkäufer oder einem Dritten - abgeschlossen hätte, im Ergebnis das Erfüllungsinteresse verlangen kann, und zwar deswegen, weil der Schaden in diesem Ausnahmefall dem Erfüllungsinteresse entspricht (vgl. Tiedtke, aaO, S. 1019; Rust, NJW 1999, 339; Imping, MDR 1998, 267 [Anm. zum Senatsurteil vom 25. November 1997 - VI ZR 402/96, aaO]).
- 11
- b) Nach diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass der Kläger verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Beklagte ihn nicht über den tatsächlichen Umfang der durchgeführten Dacharbeiten getäuscht hätte. Mithin könnte er gegebenenfalls beanspruchen, so gestellt zu werden, als habe er den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages macht er jedoch nicht geltend. Vielmehr will er das Kaufgrundstück behalten und daneben den ihm "aus dem Erwerb entstandenen Schaden" ersetzt erhalten. Diesen Schaden will er anhand der Kosten berechnen, die nach seiner Behaup- tung zur Mängelbeseitigung erforderlich sind. In der Sache ist sein Begehren mithin darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als wäre das Dach der Gewerbehalle , wie vom Beklagten vor Vertragsabschluss erklärt, tatsächlich erneuert worden. Damit beansprucht er aber das Erfüllungsinteresse, denn er möchte im Ergebnis so gestellt werden, als hätte die Verkäuferin den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Ein solcher Anspruch steht ihm jedenfalls gegenüber dem Beklagten als Drittem nach den für Ersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß § 249 Satz 1 BGB a.F. maßgebenden Grundsätzen der Differenzhypothese nicht zu.
- 12
- c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Kläger habe zumindest einen Anspruch auf den Betrag von 18.227,56 € (35.650 DM), der ihm in erster Instanz zuerkannt worden sei. Das Landgericht hat der Schadensbestimmung ersichtlich die für die Berechnung der Minderung maßgebende Vorschrift des § 472 Abs. 1 BGB a.F. zugrunde gelegt. Es hat dabei nicht beachtet, dass für den vom Kläger gegen den Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung nicht die Regeln des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts zur Anwendung gelangen. Vielmehr ist der Schaden, wie dargelegt , nach der sogenannten Differenzhypothese durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen. Dafür, dass der Kläger einen geminderten Kaufpreis hätte zahlen müssen, wenn der Beklagte nicht erklärt hätte, dass das Dach der Gewerbehalle vor kurzem erneuert worden sei, ist jedoch nichts ersichtlich. Sachvortrag dazu zeigt die Revision auch nicht auf. Soweit sie geltend macht, nach ständiger Rechtsprechung könne der Käufer den Wertunterschied zwischen der mangelfreien und der mangelhaften Sache durch Ermittlung der für eine Herrichtung des Kaufgegenstands in einen mangelfreien Zustand erforderlichen Kosten berechnen, lässt sie außer Acht, dass der Kläger gegen den Beklagten keine kaufrechtlichen Ge- währleistungsansprüche hat und der von ihm allein auf unerlaubte Handlung gestützte Schadensersatzanspruch eben nicht auf das Erfüllungsinteresse gerichtet ist.
- 13
- d) Etwas anderes lässt sich auch nicht der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen. Der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des Reichsgerichts (RG, Urteil vom 10. November 1921 - VI 195/21, RGZ 103, 154) lag ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Soweit das Reichsgericht in älteren Urteilen angenommen hat, der deliktische Anspruch des getäuschten Käufers könne ausnahmsweise auf das positive Interesse gerichtet sein (RG, Urteile vom 12. November 1904 - V 227/04, RGZ 59, 155, 157; vom 28. März 1906 - V 356/05, RGZ 63, 110, 112; und vom 2. Oktober 1907 - V 8/07, RGZ 66, 335, 337), betrafen die zugrunde liegenden Fallgestaltungen nicht die Haftung eines Dritten aus unerlaubter Handlung (vgl. Schaub, aaO S. 952). Auch die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1959 - VIII ZR 125/58, NJW 1960, 237, 238) betraf allein die Haftung des Verkäufers. Die Frage, ob der Käufer, der den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, von dem Verkäufer gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB das positive Interesse verlangen kann, ist dort erörtert, letztlich aber offen gelassen worden. Soweit in dem Senatsurteil vom 25. November 1997 (VI ZR 402/96, aaO) in einer für das Ergebnis der Entscheidung nicht tragenden Be- merkung zum Umfang des Anspruchs des Käufers auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung Abweichendes ausgeführt ist, wird daran nicht festgehalten.
- 14
- 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
LG Wuppertal, Entscheidung vom 20.11.2008 - 17 O 469/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.10.2009 - I-19 U 8/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 14. März 2007 verkaufte der Beklagte der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin) unter anderem ein mit einem Einkaufszentrum bebautes Grundstück in M. . Der Kaufpreis von 11.779.699 € war durch Multiplikation der Jahresmieten mit dem Faktor 11,33 errechnet worden. Die Richtigkeit dieser Mieten wurde von dem Beklagten garantiert.
- 2
- Von der mehr als 7.000 qm großen Gesamtfläche des Einkaufszentrums war mehr als die Hälfte durch Verträge aus den Jahren 1993 und 1994 für die Dauer von 15 Jahren an die S. AG (im Folgenden: Hauptmieter) für umgerechnet 12,42 €/qm vermietet. Diese nutzte die Flächen im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses allerdings nicht mehr selbst, sondern hatte sie, mit Ausnahme einer leerstehenden Teilfläche von etwa 900 qm, untervermietet. Der aus den Untermietverhältnissen durchschnittlich erzielte Mietzins betrug bei Abschluss des Kaufvertrages 3,38 €/qm. Der Schuldnerin war aufgrundeines Exposés bekannt , dass Teile der von der Hauptmieterin angemieteten Flächen untervermietet waren.
- 3
- In dem notariellen Kaufvertrag garantierte der Beklagte, dass die von den Mietern geschuldete jährliche Nettokaltmiete den in einer Anlage aufgeführten Beträgen entspricht, und dass dem Käufer und seinen Beratern die Mietvertragsunterlagen einschließlich aller Nachträge und Zusatzvereinbarungen sowie der Mieterkorrespondenz übergeben werden. Ferner heißt es in dem Vertrag, die Schuldnerin werde den Kaufgegenstand in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht überprüfen lassen (due dilligence) und behalte sich daher das Recht vor, innerhalb von neun Tagen nach Vertragsschluss Nachverhandlungen zu verlangen, bei deren Scheitern jede Partei vom Vertrag zurücktreten könne.
- 4
- Im Hinblick auf die von den Hauptmieten erheblich abweichenden Untermieten hat die Schuldnerin von dem Beklagten Zahlung von 2.794.340,56 € verlangt. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage die Freigabe von Mietausfallbürgschaften verlangt, die er der Schuldnerin vertragsgemäß gestellt hatte. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Schuldnerin - unter Feststellung der Erledigung des mit der Widerklage verfolgten Anspruchs - zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger, der als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin den Rechtsstreit aufgenommen hat, die Anträge auf Zahlung und auf Abweisung der Widerklage weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht meint, der Beklagte sei nicht gehalten gewesen, die Schuldnerin unaufgefordert über die Höhe der Untermieten zu informieren. Die Schuldnerin habe gewusst, dass die Hauptmietverträge nur noch eine kurze Laufzeit gehabt hätten, und dass die von der Hauptmieterin angemieteten Flächen untervermietet gewesen seien. Ihr sei daher das Risiko bekannt gewesen, bei der anschließenden Neuvermietung die bis dahin erzielten Mieten nicht mehr realisieren zu können. Jedenfalls habe der Beklagten davon ausgehen dürfen.
II.
A.
Zur Klage- 6
- Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 7
- 1. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Schuldnerin nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB wegen schuldhafter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht durch den Beklagten. Dieser musste die Schuldnerin nach den gegebenen Umständen nicht ungefragt darauf hinweisen, dass die von der Hauptmieterin erzielten Untermieten weniger als ein Viertel der im Kaufvertrag garantierten (und von der Hauptmieterin tatsächlich gezahlten) Hauptmieten betrugen.
- 8
- a) Allerdings besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Vertragsanschauung redlicherweise erwarten darf (Senat, Urteile vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34 und vom 11. November 2011 - V ZR 245/10, NJW 2012, 846, 847 Rn. 6; BGH, Urteil vom 11. August 2010 - XII ZR 192/08, NJW 2010, 3362 Rn. 22 jeweils mwN). Dabei kann der Verkäufer auch verpflichtet sein, den Käufer über Umstände aufzuklären, die für dessen Preiskalkulation wesentlich sind, wenn er erkennt, dass der Käufer sein Angebot auf der Grundlage falscher Vorstellungen abgibt (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1972 - VIII ZR 32/71, WM 1972, 854, 856).
- 9
- Eine erhebliche Diskrepanz zwischen den vereinbarten Mieten für das Kaufobjekt und die von dem Mieter erzielten Untermieten kann ein solcher Umstand sein. Da sich ein vertraglich vereinbarter Mietzins in der Regel nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten bildet, gilt der zur Zeit des Vertragsabschlusses von dem Eigentümer aus dem Grundstück gezogene Nutzen nach der Verkehrsanschauung als ein sicherer Maßstab und als eine der wichtigsten Grundlagen für die Ertragsfähigkeit und damit für die Wertschätzung eines Hausgrundstücks (Senat , Urteile vom 19. Oktober 1980 - V ZR 51/87, NJW 1981, 45, 46 und vom 5. Oktober 2001 - V ZR 275/00, WM 2002, 195, 196; Beschluss vom 10. Januar 2008 - V ZR 81/07, Grundeigentum 2008, 983, 984); dies ist auch der Grund dafür , dass die tatsächlichen Mieterträge - wie auch hier geschehen - in Grundstückskaufverträgen aufgeführt werden. Vermitteln die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erzielten Mieten aufgrund besonderer Umstände ein falsches Bild über die Ertragsfähigkeit des Grundstücks, ist also die übliche Schlussfolgerung von den vereinbarten Mieten auf die Ertragsfähigkeit nicht gerechtfertigt, muss der Verkäufer den Käufer hierüber ungefragt aufklären. Der Verkäufer hat den Käufer daher darüber zu informieren, dass die von ihm angegebenen Mieten zwar vereinbart und vereinnahmt worden sind, aber die rechtlich zulässige (vgl. Senat, Urteile vom 2. Dezember 1988 - V ZR 91/87, NJW 1989, 1795 und vom 22. Juni 1990 - V ZR 126/89, NJW-RR 1990, 1161, 1162 und Beschluss vom 10. Januar 2008 - V ZR 81/07, Rn. 16 - Wohnhausgrundstücke) oder die von Kostenträgern als erstattungsfähig anerkannte Höhe (Urteil vom 26. Januar 1996 - V ZR 42/94, NJWRR 1996, 690 - Seniorenheimgrundstück) übersteigen.
- 10
- b) Die Aufklärungspflicht setzt allerdings voraus, dass sich die Fehlvorstellung des Käufers auf Umstände bezieht, die für seinen Kaufentschluss erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1983 - VIII ZR 142/82, WM 1983, 1006, 1007). Davon wird in der Regel auszugehen sein, wenn der Kaufpreis, wie hier, auf der Grundlage der aktuellen Jahresmieten ermittelt wird. Anders kann es sich allerdings verhalten, wenn der Kaufpreis, den ein Käufer zu zahlen bereit ist, nicht an die tatsächliche Nutzung des Grundstücks im Verkaufszeitpunkt anknüpft. So liegt es hier. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe nicht davon ausgehen müssen, dass die Schuldnerin nicht bereit wäre, das Grundstück zu dem vereinbarten Preis zu kaufen, wenn ihr die Diskrepanz zwischen der Höhe der Mieten und der Höhe der Untermieten bekannt wäre, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Kaufpreis war ersichtlich nicht im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung des Einkaufszentrums im Verkaufszeitpunkt bestimmt worden; denn diese war von einer bereits mehrjährigen Aufgabe der Nutzung durch den Hauptmieter, einer nur noch zweijährigen Restlaufzeit der (langfristigen) Hauptmietverträge und erheblichen Leerständen bei den vermietbaren Flächen geprägt. Wenn die Schuldnerin in Kenntnis dieser Umstände einen Kaufpreis akzeptierte, der auf der Grundlage der von der Hauptmieterin - ersichtlich nur noch mit Rücksicht auf ihre Bindung an die 1993 bzw. 1994 geschlossenen Mietverträge - gezahlten Mieteinnahmen bemessen war, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Schuldnerin - eine Investmentgesellschaft - eigene Pläne hinsichtlich des Einkaufszentrums verfolgte, mit denen sie die Erwartung verband, einen entsprechenden Ertrag aus dem Grundstück zu erwirtschaften.
- 11
- 2. Das Berufungsurteil ist jedoch deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht den vorgetragenen Sachverhalt nicht unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten gewürdigt hat. Es hat nicht berücksichtigt, dass die Klage wegen eines Schadensersatzanspruchs nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Nichterfüllung einer im Kaufvertrag vereinbarten Informationspflicht begründet sein kann.
- 12
- a) Ein Verkäufer kann sich vertraglich dazu verpflichten, dem Käufer bestimmte Auskünfte zu erteilen oder Unterlagen vorzulegen. Die in einem Kaufvertrag vereinbarten Informationspflichten können über das hinausgehen, was der Verkäufer auf Grund der sich aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergebenden Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Käufers mitzuteilen verpflichtet ist (vgl. B. Grunewald, Kaufrecht, § 6 Rn. 9; PWW/D. Schmidt, BGB, 7. Auflage, § 437 Anm. 76).
- 13
- b) So ist es hier. Die Revision verweist dazu auf das Vorbringen der Schuldnerin, dass der Beklagte in dem Kaufvertrag solche Informationspflichten übernommen, aber nicht erfüllt habe.
- 14
- aa) Der Beklagte hat in Nr. 12 des notariellen Vertrags im Hinblick auf die Überprüfung des Kaufgegenstands durch die Schuldnerin garantiert, der Schuldnerin und deren Beratern nicht nur sämtliche Mietvertragsunterlagen, sondern auch die Mieterkorrespondenz zu übergeben. Zu dieser gehörte der von der Schuldnerin im Berufungsrechtszug vorgelegte Schriftwechsel zwischen der Vermögensverwaltung des Beklagten und der Hauptmieterin aus den Jahren 1997, 2002 und 2003, in der diese die Höhe der jeweiligen Untermieten mitteilte und in Bezug darauf - wenn auch vergeblich - um eine teilweise Entlassung aus dem Mietvertrag und um eine Mietminderung bat. Diese Korrespondenz mit den beigefügten Untermietverträgen hätte der Beklagte nach der vertraglichen Vereinbarung vorlegen müssen. Feststellungen, dass er dieser Verpflichtung nachgekommen ist, fehlen, weil das Berufungsgericht seine Prüfung auf die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten beschränkt und sich mit dem auf die vertraglich vereinbarten Informationspflichten bezogenen Vorbringen nicht befasst hat.
- 15
- bb) Dieses Vorbringen ist jedoch erheblich. Der Kläger könnte im Fall der Verletzung der vertraglichen Informationspflicht - wie bei einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung - von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes den Betrag verlangen, um den die Schuldnerin den Kaufgegenstand zu teuer erworben hat (vgl. zum Schadensersatz aus vorvertraglichem Verschulden: Senatsurteile vom 6. April 2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 und vom 19. Mai 2006 - V ZR 264/05, BGHZ 168, 35, 39 Rn. 22). Diese Gleichstellung in den Rechtsfolgen ist deshalb geboten, weil die Überprüfung des Kaufgegenstands - zu deren Durchführung die Unterlagen vorzulegen waren - über den Zeitpunkt des Vertragsschlusses andauerte und die Schuldnerin sich das Recht vorbehalten hatte , noch nach dem Vertragsschluss innerhalb einer bestimmten Frist eine Nachverhandlung zur Anpassung des Vertrages zu verlangen.
- 16
- Dass die Schuldnerin von diesem Recht auch dann keinen Gebrauch gemacht hätte, wenn der Beklagte seine Informationspflicht durch Vorlage der Unterlagen erfüllt und die Schuldnerin dadurch von den Untermieten und dem darauf gestützten Begehren der Mieterin auf Herabsetzung der Mieten Kenntnis erlangt hätte, ist weder festgestellt noch vorgetragen.
III.
- 17
- Das Berufungsurteil ist deshalb insoweit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO), da die Sache nicht entscheidungsreif ist. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 18
- 1. Ob der Beklagte seiner vertraglichen Informationspflicht durch Vorlage der Mieterkorrespondenz nachgekommen ist, wird noch festzustellen sein.
- 19
- 2. Der Kläger hätte darzulegen und zu beweisen, dass im Fall der Erfüllung der Informationspflicht es für die Schuldnerin vernünftigerweise nur die Möglichkeit gegeben hätte, in Ausübung ihres vertraglichen Rechts eine Vertragsanpassung zu verlangen. Verhielt es sich so, wäre zugunsten des Klägers der bei der Verletzung von Aufklärungspflichten geltende Grundsatz anzuwenden, dass derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, beweispflichtig dafür ist, dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte (vgl. Senat, Urteile vom 6. April 2001 - V ZR 402/99, NJW 2001, 2021, 2022 und vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, NJW 2008, 649, 650 Rn. 10), weil der Geschädigte die Informationen über die Untermieten und das Begehren des Mieters auf Herabsetzung der Miete unbeachtet gelassen und den Vertrag so wie geschehen abgeschlossen hätte .
- 20
- 3. Sollte eigewandt werden, dass die Schuldnerin auf die ihr angebotenen Informationen über die Untermietverhältnisse verzichtet habe, wäre dies von dem Beklagten darzulegen und zu beweisen.
- 21
- 4. Ein dem Kläger wegen schuldhafter Verletzung vertraglicher Informationspflichten zuzuerkennender Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wäre nicht nach § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen. Im Fall einer Verletzung von Informationspflichten kommt ein Mitverschulden desjenigen, dem die zu erteilenden Informationen vorenthalten wurden, nämlich nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung, da sich dieser auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihm erteilten Informationen verlassen darf (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152, 159 Rn. 21 mwN). Daran ändert auch die Mitteilung in dem Kaufvertrag nichts, dass die Schuldnerin den Kaufgegenstand in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht einer Überprüfung (Due Diligence) unterziehen werde. Ob sich aus einer solchen Vertragsbestimmung eine vorvertragliche Obliegenheit des Käufers ergibt, den Kaufgegenstand sachverständig untersuchen zu lassen (verneinend: Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 846, 848; grundsätzlich bejahend: Hasselbach/Ebbinghaus, DB 2012, 216, 221), kann hier dahinstehen.
Ein Mitverschulden des Käufers ist nämlich zu verneinen, wenn er - wie es hier die Schuldnerin unter Einschaltung von Anwälten und Unternehmensberatern getan hat - eine solche Risikoprüfung durchgeführt, der Verkäufer jedoch seine vertraglichen Informationspflichten durch die Vorlage unvollständiger Unterlagen verletzt hat (vgl. OLG München, Urteil vom 26. Juli 2006 - 7 U 2128/06, Rn. 115, juris).
B.
Zur Widerklage- 22
- Diese ist zu Recht abgewiesen worden, weil die Bürgschaft nach Nr. 3.1.5 des Kaufvertrags zurückzugeben war, nachdem feststand, dass die verbürgte Verbindlichkeit des Verkäufers durch den Ablauf der Mietzeit erloschen war. Ein Zurückbehaltungsrecht der Schuldnerin nach § 273 BGB besteht aus den in dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Gründen des erstinstanzlichen Urteils nicht. Die Revision hat insoweit auch nichts vorgebracht. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.05.2009 - 333 O 178/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.02.2011 - 4 U 86/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 1. September 1998 erwarb der Kläger von der G. GmbH ein mit einem Mehrfamilienhaus und einer Gewerbehalle bebautes Grundstück in W. zum Preis von 750.000 DM. Den Kaufpreis setzten die Vertragsparteien später einvernehmlich auf 740.000 DM herab. Der Beklagte, der damals einer der beiden Geschäftsführer der Verkäuferin war, hatte dem Kläger vor Abschluss des Vertrages mehrfach erklärt, das Dach der Gewerbehalle sei kurz zuvor erneuert worden. Tatsächlich hatte er 1997 auf dem schadhaften Dachbelag nur eine neue Schalung und darauf eine Bitumenbahn sowie eine Schweißbahn aufbringen lassen. In der Folgezeit kam es zu Feuchtigkeitsschäden im Bereich des Dachs. Ausweislich eines von dem Kläger eingeholten Angebots beliefen sich die Kosten für den kompletten Abriss der Dacheindeckung und die vollständige Erneuerung des Dachs auf 259.891,14 DM. Der Kläger zahlte auf den Kaufpreis nur 680.000 DM. Er erklärte zunächst die Minderung und später in Höhe des Restkaufpreises die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch von mindestens 60.000 DM. Die Zwangsvollstreckung der Verkäuferin wurde insoweit für unzulässig erklärt. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger zunächst die Verkäuferin und den Beklagten als Gesamtschuldner auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 199.891,14 DM nebst Zinsen sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des weitergehenden Schadens in Anspruch genommen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verkäuferin hat das Landgericht angeordnet, die Ansprüche gegen sie und den Beklagten in getrennten Prozessen zu verhandeln. Im vorliegenden Rechtsstreit verfolgt der Kläger sein Begehren gegenüber dem Beklagten weiter.
- 2
- Das Landgericht hat dem Kläger 18.227,56 € zuerkannt und die weitergehende Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Rechtsmittel des Klägers, mit dem dieser die Zahlung weiterer 83.975,16 € nebst Zinsen sowie die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des darüber hinausgehenden Schadens begehrt hat, hatte keinen Erfolg. Die Berufung des Beklagten führte zur vollständigen Klageabweisung. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der Beklagte arglistig gehandelt hat, als er dem Kläger erklärte, das Dach sei kurz zuvor erneuert worden. Es verneint aus rechtlichen Gründen einen Schadensersatzanspruch des Klägers, weil allein eine Haftung aus unerlaubter Handlung in Betracht komme. Da der Kläger danach lediglich Anspruch auf das negative Interesse habe, könne er verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Beklagte ihn nicht über den tatsächlichen Umfang der durchgeführten Dacharbeiten getäuscht hätte. Demnach könne er gegebenenfalls beanspruchen, so gestellt zu werden, als habe er den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Ein auf Rückabwicklung des Vertrages gerichteter Anspruch sei jedoch nicht Gegenstand der Klage. Zwar könne der Ersatzanspruch in Ausnahmefällen auch auf das Erfüllungsinteresse gerichtet sein. Das gelte etwa dann, wenn ohne das schuldhafte Verhalten des Schädigers ein anderer, für den Geschädigten günstigerer Vertrag mit demselben Vertragspartner oder einem Dritten zustande gekommen wäre, doch sei dafür vorliegend nichts ersichtlich. Auf Ersatz des positiven Interesses, das der Kläger mit seinem Begehren auf Ersatz der notwendigen Reparaturkosten geltend mache, sei der deliktische Anspruch nicht gerichtet. Es sei auch nicht gerechtfertigt, den allein aus unerlaubter Handlung haftenden Schädiger haftungsrechtlich dem nach Gewährleistungsrecht haftenden Verkäufer gleichzustellen.
II.
- 4
- Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
- 5
- 1. Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob die subjektiven Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB erfüllt sind, ist der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers im Revisionsrechtszug zu seinen Gunsten zu unterstellen.
- 6
- 2. Dem Schadensersatzbegehren steht entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht entgegen, dass der Kläger ursprünglich die Minderung erklärt hat. Abgesehen davon, dass er schon mangels Vollzuges der Minderung (§ 465 BGB a.F.) sein Wahlrecht hinsichtlich der ihm gegen die Verkäuferin zustehenden Gewährleistungsansprüche nicht verloren hat (vgl. BGH, Urteile vom 8. Januar 1959 - VIII ZR 174/57, BGHZ 29, 148, 151; vom 24. November 1982 - VIII ZR 263/81, BGHZ 85, 367, 372 und vom 11. Juli 1990 - VIII ZR 219/89, NJW 1990, 2680, 2681), macht der Kläger vorliegend keinen Gewährleistungsanspruch, sondern einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend, und zwar gegen den Beklagten, der am Kaufvertrag nicht als Verkäufer beteiligt war und für dessen Haftung die sich aus §§ 459 ff. BGB a.F. ergebenden Beschränkungen nicht zum Tragen kommen.
- 7
- 3. Der Umfang der gegebenenfalls bestehenden Ersatzpflicht des Beklagten bestimmt sich, da das behauptete schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).
- 8
- a) Ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, ist nach der sogenannten Differenzhypothese grundsätzlich durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit der- jenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen (Senatsurteil vom 3. Juli 1984 - VI ZR 264/82, VersR 1984, 944; BGH, Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217; BGH, Urteile vom 15. Dezember 1982 - VIII ZR 315/80, BGHZ 86, 128, 130; vom 10. Dezember 1986 - VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182, 196; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2670 [insoweit in BGHZ 144, 343 nicht abgedruckt] und vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, VersR 1998, 906). Der nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zum Schadensersatz Verpflichtete hat lediglich den Differenzschaden zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 65/09, NJW-RR 2010, 1579 Rn. 15 m.w.N.; Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 249 Rn. 195; Staudinger /Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 437 Rn. 56; Schermaier, JZ 1998, 857 f. [Anm. zum Senatsurteil vom 25. November 1997 - VI ZR 402/96, VersR 1998, 245 = JZ 1998, 855 = MDR 1998, 266]). Davon zu unterscheiden ist der Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses. Dieses ist zu ersetzen, wenn der Anspruchsinhaber verlangen kann, so gestellt zu werden, als ob eine Verbindlichkeit ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Da die deliktische Haftung nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpft , stellt sich im Deliktsrecht die Frage nach dem Erfüllungsinteresse als solche nicht (vgl. MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rn. 125). Der deliktische Schadensersatzanspruch richtet sich allein auf das "Erhaltungsinteresse" (Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 67, § 2 IV 4.).
- 9
- Das gilt für die deliktische Haftung grundsätzlich auch dann, wenn sie neben einer vertraglichen Schadensersatzpflicht besteht. Der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte (vgl. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl., S. 323 Rn. 867). Dieser Grundsatz findet bei einem Kaufvertrag jedenfalls dann Anwendung, wenn dieser aufgrund falscher Angaben eines Dritten zustande gekommen ist. Die im Gewährleistungsrecht verankerte Besserstellung des Käufers (vgl. § 463 BGB a.F.) ist nur gerechtfertigt, weil sie auf einem Rechtsgeschäft beruht, denn nur dieses, nicht aber die unerlaubte Handlung, kann den Käufer besser stellen, als er vorher stand. Der Käufer kann nur von dem Verkäufer Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die unerlaubte Handlung eines Dritten kann nicht dazu führen, dass dieser haftungsrechtlich wie ein Verkäufer behandelt wird (Tiedtke, DB 1998, 1019, 1020; Schaub, ZEuP 1999, 941, 951 f.).
- 10
- Allerdings muss der Differenzschaden nicht notwendigerweise geringer sein als das positive Interesse des Geschädigten an der Vertragserfüllung. So ist anerkannt, dass die Anwendung der Differenzhypothese in dem Fall, in dem der Geschädigte nachweist, dass er ohne die für den Abschluss des Vertrages ursächliche Täuschungshandlung einen anderen, günstigeren Vertrag - mit dem Verkäufer oder einem Dritten - abgeschlossen hätte, im Ergebnis das Erfüllungsinteresse verlangen kann, und zwar deswegen, weil der Schaden in diesem Ausnahmefall dem Erfüllungsinteresse entspricht (vgl. Tiedtke, aaO, S. 1019; Rust, NJW 1999, 339; Imping, MDR 1998, 267 [Anm. zum Senatsurteil vom 25. November 1997 - VI ZR 402/96, aaO]).
- 11
- b) Nach diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass der Kläger verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Beklagte ihn nicht über den tatsächlichen Umfang der durchgeführten Dacharbeiten getäuscht hätte. Mithin könnte er gegebenenfalls beanspruchen, so gestellt zu werden, als habe er den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages macht er jedoch nicht geltend. Vielmehr will er das Kaufgrundstück behalten und daneben den ihm "aus dem Erwerb entstandenen Schaden" ersetzt erhalten. Diesen Schaden will er anhand der Kosten berechnen, die nach seiner Behaup- tung zur Mängelbeseitigung erforderlich sind. In der Sache ist sein Begehren mithin darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als wäre das Dach der Gewerbehalle , wie vom Beklagten vor Vertragsabschluss erklärt, tatsächlich erneuert worden. Damit beansprucht er aber das Erfüllungsinteresse, denn er möchte im Ergebnis so gestellt werden, als hätte die Verkäuferin den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Ein solcher Anspruch steht ihm jedenfalls gegenüber dem Beklagten als Drittem nach den für Ersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß § 249 Satz 1 BGB a.F. maßgebenden Grundsätzen der Differenzhypothese nicht zu.
- 12
- c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Kläger habe zumindest einen Anspruch auf den Betrag von 18.227,56 € (35.650 DM), der ihm in erster Instanz zuerkannt worden sei. Das Landgericht hat der Schadensbestimmung ersichtlich die für die Berechnung der Minderung maßgebende Vorschrift des § 472 Abs. 1 BGB a.F. zugrunde gelegt. Es hat dabei nicht beachtet, dass für den vom Kläger gegen den Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung nicht die Regeln des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts zur Anwendung gelangen. Vielmehr ist der Schaden, wie dargelegt , nach der sogenannten Differenzhypothese durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen. Dafür, dass der Kläger einen geminderten Kaufpreis hätte zahlen müssen, wenn der Beklagte nicht erklärt hätte, dass das Dach der Gewerbehalle vor kurzem erneuert worden sei, ist jedoch nichts ersichtlich. Sachvortrag dazu zeigt die Revision auch nicht auf. Soweit sie geltend macht, nach ständiger Rechtsprechung könne der Käufer den Wertunterschied zwischen der mangelfreien und der mangelhaften Sache durch Ermittlung der für eine Herrichtung des Kaufgegenstands in einen mangelfreien Zustand erforderlichen Kosten berechnen, lässt sie außer Acht, dass der Kläger gegen den Beklagten keine kaufrechtlichen Ge- währleistungsansprüche hat und der von ihm allein auf unerlaubte Handlung gestützte Schadensersatzanspruch eben nicht auf das Erfüllungsinteresse gerichtet ist.
- 13
- d) Etwas anderes lässt sich auch nicht der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen. Der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des Reichsgerichts (RG, Urteil vom 10. November 1921 - VI 195/21, RGZ 103, 154) lag ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Soweit das Reichsgericht in älteren Urteilen angenommen hat, der deliktische Anspruch des getäuschten Käufers könne ausnahmsweise auf das positive Interesse gerichtet sein (RG, Urteile vom 12. November 1904 - V 227/04, RGZ 59, 155, 157; vom 28. März 1906 - V 356/05, RGZ 63, 110, 112; und vom 2. Oktober 1907 - V 8/07, RGZ 66, 335, 337), betrafen die zugrunde liegenden Fallgestaltungen nicht die Haftung eines Dritten aus unerlaubter Handlung (vgl. Schaub, aaO S. 952). Auch die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1959 - VIII ZR 125/58, NJW 1960, 237, 238) betraf allein die Haftung des Verkäufers. Die Frage, ob der Käufer, der den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, von dem Verkäufer gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB das positive Interesse verlangen kann, ist dort erörtert, letztlich aber offen gelassen worden. Soweit in dem Senatsurteil vom 25. November 1997 (VI ZR 402/96, aaO) in einer für das Ergebnis der Entscheidung nicht tragenden Be- merkung zum Umfang des Anspruchs des Käufers auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung Abweichendes ausgeführt ist, wird daran nicht festgehalten.
- 14
- 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
LG Wuppertal, Entscheidung vom 20.11.2008 - 17 O 469/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.10.2009 - I-19 U 8/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 30. Juli 1992 kaufte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Käuferin), von der Beklagten, einer Kleinstadt in Thüringen, ein erschlossenes und an eine dezentrale Containerkläranlage angeschlossenes Grundstück von rund 100.000 m² zur Errichtung einer Fabrik. Die Vertragsparteien vereinbarten einen Kaufpreis für das Grundstück von 9 DM/m² sowie einen von der Käuferin für die Erschließung zu zahlenden Betrag von weiteren 9 DM/m². Dieser Betrag sollte nach dem Vertrag unter anderem sämtlichen Aufwand für die Erschließungskosten nach § 127 BauGB und für die Abwasserentsorgung enthalten. Die Käuferin verpflichtete sich zum Bau der Fabrik innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung mit einer Investitionssumme von 80 Millionen DM. Der Vertrag wurde vollzogen und die Fabrik errichtet.
- 2
- Im Januar 1993 schlossen sich die Beklagte und weitere 36 Gemeinden zu einem Zweckverband zusammen. Dieser errichtete eine zentrale Kläranlage, an die auch das von der Käuferin erworbene Grundstück angeschlossen wurde. Der Zweckverband forderte hierfür Beiträge in Höhe von insgesamt 430.531,25 €, die bis zum 25. August 2003 gezahlt wurden. Die Käuferin erhob vor dem Verwaltungsgericht Anfechtungsklage gegen die Beitragsbescheide. Dieser Rechtsstreit endete mit einem Vergleich. Die Beitragsschuld blieb bestehen ; der Zweckverband zahlte allerdings einen Teilbetrag von 240.652,45 € an die Klägerin zurück und stundete diesen Teil der Beitragsschuld.
- 3
- Die Klägerin hat von der Beklagten zunächst die Erstattung der an den Zweckverband gezahlten Herstellungsbeiträge, hilfsweise die Feststellung der Erstattungspflicht der Beklagten verlangt. Das Landgericht hat der Klage nach dem Hilfsantrag stattgegeben. Nachdem der Zweckverband die Beiträge teilweise zurückgezahlt hatte, hat die Klägerin die Erstattung der an den Zweckverband gezahlten 189.878,80 € zzgl. Zinsen sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der zurzeit von dem Zweckverband gestundeten 240.652,45 € verlangt. Das Oberlandesgericht hat der Klage in diesem Umfang mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung stattgegeben.
- 4
- Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Die Beklagte sei bei den Vertragsverhandlungen verpflichtet gewesen, die Käuferin über alle Umstände auf- zuklären, die im Zusammenhang mit den Erschließungskosten in absehbarer Zukunft relevant werden konnten. Indem die Beklagte die Käuferin nicht über die bevorstehende Gründung des Zweckverbandes und die Errichtung der zentralen Kläranlage unterrichtete, habe sie pflichtwidrig Informationen zurückgehalten , die erkennbar von zentraler Bedeutung für den Entschluss der Käuferin gewesen seien, den Vertrag abzuschließen und die Fabrik in der beklagten Gemeinde zu errichten.
- 6
- Die Klägerin habe einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, weil die Käuferin den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn die Beklagte sie über die bevorstehenden kommunalen Veränderungen und Planungen informiert hätte. Dann hätte sie die an die Beklagte gezahlten Beträge von insgesamt 1.912.068 DM erspart. Die Klägerin dürfe aber nicht besser gestellt werden , als sie stünde, wenn ein dem geschützten Vertrauen entsprechender Vertrag wirksam abgeschlossen und erfüllt worden wäre. Das Erfüllungsinteresse der Käuferin habe darin bestanden, nicht mehr als den im Vertrag vereinbarten Erschließungskostenbeitrag von 956.034 DM zahlen zu müssen. Die nochmals an den Zweckverband zu zahlenden Herstellungsbeiträge in Höhe von 430.531,25 € stellten damit den von der Beklagten zu ersetzenden Schaden dar.
II.
- 7
- Die Revision bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz in dem im Berufungsurteil zuerkannten Umfang zu.
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch aus einem Verschulden bei Vertragsschluss gemäß dem hier nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anzuwendenden Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung bejaht.
- 9
- a) Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte verpflichtet, die Käuferin ungefragt darüber zu unterrichten, dass auf Grund der geplanten Errichtung einer zentralen Abwasseranlage durch den in Gründung befindlichen Zweckverband weitere Beitragslasten auf die Käuferin zukommen würden, die über den im Grundstückskaufvertrag in Ansatz gebrachten Betrag für die Erschließung des Fabrikgrundstücks hinausgingen.
- 10
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei den Vertragsverhandlungen, auch soweit die Beteiligten entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Verhandelnden die Pflicht, die andere Partei über solche Umstände aufzuklären, die den von ihr verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für ihren Entschluss zum Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern diese eine solche Unterrichtung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (Senat, Urt. v. 2. März 1979, V ZR 157/77, NJW 1979, 2243; Urt. v. 25. Juni 1982, V ZR 143/81, WM 1982, 960, 961; Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690; Urt. v. 19. Mai 2006, V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3141 m.w.N., insoweit in BGHZ 168, 35 nicht abgedruckt ). Begrenzt wird der Umfang der vorvertraglichen Informationspflichten dadurch, dass jede Partei grundsätzlich davon ausgehen darf, dass ihr künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse sich selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten und die mit dem Vertragsabschluss verbunden Risiken Klarheit verschafft hat. Eine Aufklärungspflicht und Warnpflicht besteht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) deshalb nur, wenn eine Partei wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, dass ihr künftiger Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH, Urt. v. 16. Januar 1996, XI ZR 151/95, NJW 1996, 1206, 1207; Urt. v. 15.
- 11
- bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht die Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte rechtsfehlerfrei angenommen.
- 12
- (1) Die Beklagte verfügte über einen Informationsvorsprung. Das ergibt sich aus den von der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen. Danach hatte nur die beklagte Gemeinde Kenntnis davon, dass auf die sich bei ihr ansiedelnden Investoren zusätzliche Beitragslasten infolge der künftigen Errichtung einer zentralen Kläranlage durch den in Gründung befindlichen Abwasserzweckverband zukommen werden.
- 13
- (2) Die Beklagte war zu einem Hinweis auf diese Umstände verpflichtet. Dass in den neuen Ländern nach der Wiedervereinigung Deutschlands mit derartigen Folgeerschließungen allgemein zu rechnen gewesen sei, steht dem nicht entgegen.
- 14
- Eine Gemeinde muss in den Vertragsverhandlungen einen Investor über die (noch verwaltungsinternen) Absichten unterrichten, wenn diese oder die sich daraus ergebenden Folgen durch Beitragslasten für dessen Vertragsentschluss von wesentlicher Bedeutung sind. Sie muss insbesondere unrichtige Erwartungen des Investors richtigstellen, die sie durch ihre Angaben erst geweckt hat (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 1991, IX ZR 84/90, WM 1991, 1731, 1733).
- 15
- Für den Entschluss der Käuferin, das Grundstück zu erwerben und an diesem Standort zu investieren, waren die Gesamtkosten des Grunderwerbs von wesentlicher Bedeutung, was sie der Beklagten auch mitgeteilt hatte. Die Beklagte hatte Fehlvorstellungen über den Aufwand aus der Erschließung - ent- gegen der Auffassung der Revision - nach den Feststellungen im Berufungsurteil schon dadurch erweckt, dass sie sich mit der Käuferin auf einen Kaufpreis (einschließlich eines im Kaufvertrag ausdrücklich benannten Anteils für den Erschließungsaufwand ) einigte, der nach den vorhergehenden Erklärungen der Käuferin die Obergrenze des Aufwands für den Erwerb des Fabrikgrundstücks darstellte. Unter diesen Umständen darf der Käufer, der mit den Vertretern der Gebietskörperschaft über die Konditionen einer Gewerbeansiedlung in der Gemeinde verhandelt, nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen Hinweis auf eine nur ihnen bereits absehbare Mehrbelastung aus Beitragslasten einer künftigen öffentlichen Investition erwarten, die in dem im abzuschließenden Kaufvertrag für den Erschließungsaufwand bestimmten Betrag nicht enthalten ist.
- 16
- 2. Nicht von Rechtsfehlern frei ist jedoch die Begründung des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen der Aufklärungspflichtverletzung.
- 17
- a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht es davon aus, dass die durch eine Pflichtverletzung bei den Vertragsverhandlungen geschädigte Vertragspartei grundsätzlich nur den Ersatz ihres Vertrauensschadens verlangen kann (std. Rspr. BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; Senat, BGHZ 168, 35, 39). Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch den Umfang des zu ersetzenden Schadens nach dem Erfüllungsinteresse der Käuferin bestimmt.
- 18
- aa) Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ist auf Ersatz des sogenannten negativen Interesses gerichtet (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901). Der wegen einer Aufklärungspflichtverletzung zu ersetzende Schaden kann nur dann nach dem Erfüllungsinteresse des Geschädigten bemessen werden, wenn bei der gebotenen Aufklärung ein günstigerer Vertrag mit dem bisherigen Vertragspartner oder mit einem Dritten zustande gekommen wäre. Nur wenn der Geschädigte das darlegt und beweist, kann er verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn er diesen günstigeren Vertrag geschlossen hätte (Senat, BGHZ 168, 35, 40 m.w.N.; BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, aaO; vgl. auch BGHZ 108, 200, 207 f.).
- 19
- bb) Bereits daran fehlt es. Dass die Beklagte sich auf eine vertragliche Verpflichtung eingelassen hätte, die Käuferin von weiteren Beitragslasten für die Erschließung des Fabrikgrundstücks freizustellen, hat die Klägerin nicht einmal vorgetragen; Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht auch nicht getroffen. Es kann daher dahinstehen, ob der Einwand der Revision zutrifft, dass dem Ersatzanspruch auf das Erfüllungsinteresse schon der Umstand entgegengestanden hätte, dass eine vertragliche Freistellungsverpflichtung der beklagten Gemeinde einer Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedurft hätte, die jedoch nicht erteilt worden wäre.
- 20
- b) Die Revision bleibt gleichwohl ohne Erfolg, da die Entscheidung in Bezug auf den der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch im Ergebnis richtig ist.
- 21
- aa) Die durch eine Aufklärungspflichtverletzung geschädigte Vertragspartei , die bei anfänglicher Kenntnis der wahren Sachlage den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, muss nicht deswegen die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung des Vertrages insgesamt verlangen; es steht ihr nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vielmehr frei, an dem für sie ungünstigen Vertrag festzuhalten und von dem Schädiger den Ersatz des ihr verbliebenen Vertrauensschadens zu verlangen (BGHZ 69, 53, 57; 111, 75, 82; Senat, BGHZ 168, 35, 39). Geschieht das, so bestimmt sich der zu ersetzende Schaden nach den Erwartungen des Geschädigten, die durch den zustande gekommenen Vertrag nicht befriedigt werden (Senat, BGHZ 168, 35, 39; Stoll JZ 1999, 95). Der Vertrauensschaden kann sich in verschiedener Weise im Vermögen des Geschädigten nachteilig ausgewirkt haben und dementsprechend unterschiedlich berechnet werden: Der zu ersetzende Vermögensnachteil kann in dem Betrag bestehen, um den die Gegenleistung des Geschädigten das übersteigt, was er bei Kenntnis der Sachlage höchstens bewilligt hätte, um den er die Sache zu teuer gekauft hat oder den er für den Erwerb oder die bestimmungsgemäße Verwendung zuviel aufgewendet hat. Maßgebend für die Schadensbestimmung ist das Zurückbleiben des von dem Gläubiger Empfangenen hinter dem hypothetischen Wert, den ein erwartungsgerechter Vertrag für den Geschädigten gehabt hätte (Stoll aaO).
- 22
- bb) Der Vertrauensschaden des Käufers kann demzufolge auch in dessen Mehraufwand nach dem Erwerb der Sache bestehen, wenn dieser wegen der Aufklärungspflichtverletzung des Verkäufers darauf vertrauen durfte, dass sein Gesamtaufwand für die nach dem Vertrag vorgesehene Verwendung der Kaufsache den Kaufpreis nicht übersteigen wird (BGHZ 111, 75, 83; Senat, Urt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77; Urt. v. 6. April 2001, V ZR 364/99, NJW 2001, 2875, 2877).
- 23
- (1) So ist es hier. Der Kaufvertrag über das Fabrikgrundstück war die Grundlage für eine Industrieansiedlung mit einem im Kaufvertrag vereinbarten Investitionsvolumen von 80 Millionen DM. Die Käuferin konnte nach den Verhandlungen über die Ansiedlung in der beklagten Gemeinde davon ausgehen, dass im Falle der Entscheidung für den Bau der Fabrik an diesem Standort die mit dem Kaufpreis von 18 DM/m² bestimmte Obergrenze des Aufwands für den Grunderwerb nicht durch weitere auf das Grundstück bezogene Beiträge für dessen Erschließung überschritten werden wird. Die Käuferin hat im Vertrauen darauf, dass in einem absehbaren Zeitraum von zumindest 20 Jahren keine weiteren Erschließungskosten anfallen (so lange hätte die zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages vorhandene Kläranlage nach den getroffenen Feststellungen im Berufungsurteil funktionstüchtig bleiben sollen) das Grundstück erworben und die Fabrik errichtet. Die von dem Zweckverband erhobenen Herstellungsbeiträge sind danach der Betrag, um den der Wert des geschlossenen Vertrages hinter dem hypothetischen Wert eines erwartungsgerechten Vertrages zurückbleibt.
- 24
- (2) Entgegen der Ansicht der Revision ist es für die Ersatzpflicht der Beklagten bedeutungslos, dass von dieser in den Verhandlungen die künftigen Kosten nicht angesprochen, sondern die Belastungen verschwiegen wurden. Der erhöhte Aufwand des Käufers wird auch bei einem Schweigen des Verkäufers von dem Schutzweck der verletzten Aufklärungspflicht erfasst, wenn dieser - wie hier - nach den Umständen über die voraussichtlich entstehenden Mehrkosten hätte aufklären müssen. Der Verkäufer muss dann auch für Mehraufwendungen des Käufers aus der Verwendung der Kaufsache einstehen, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig dem Käufer die für dessen Vertragsentschluss wichtigen Umstände verschwiegen hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2876). Eine zumindest fahrlässige Zurückhaltung der für den Vertragsentschluss der Käuferin wichtigen Informationen hat das Berufungsgericht indessen rechtsfehlerfrei festgestellt.
III.
- 25
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommene Anschlussrevision wegen des abgewiesenen Teils des Zinsanspruchs hat zu keiner Erhöhung des Streitwerts geführt (BGH, Beschl. v. 17. Mai 1984, X ZR 82/83, NJW 1984, 2952, 2953).
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 19.10.2005 - 3 O 2471/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 18.07.2007 - 4 U 1119/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Aufgrund einer Immobilienkurzbeschreibung eines Einfamilienhauses, in der es unter anderem hieß, "die Einliegerwohnung ist ebenso realisierbar wie Wohnen und Arbeiten", nahmen die Kläger Verbindung mit der beklagten Maklerin auf. Diese übersandte den Klägern mit Telefax vom 2. Februar 1996, das die Provisionserwartung enthielt, ein Exposé, in dem unter anderem eine Wohnfläche im Souterrain/Einliegerwohnung von 67,90 qm ausgewiesen ist.
Nach der Besichtigung des Objekts unterzeichneten die Klägerin zu 2) und die Beklagte am 5. Februar 1996 eine Reservierungsvereinbarung. Die Kläger erhielten von der Beklagten noch das Original des Exposés, dem ein Plan beigefügt war, in welchem drei Räume des Untergeschosses als "Zimmer" bezeichnet waren. Nach unmittelbaren Verhandlungen mit den Verkäufern erwarben die Kläger die Immobilie mit notariellem Kaufvertrag vom 21. Februar 1996 zu einem Kaufpreis von 750.000 DM und zahlten an die Beklagte die auf dieser Grundlage berechnete Provision von 43.125 DM.
Im März 1996 erfuhren die Kläger vom Kreisbauamt, die Räume im Untergeschoß seien nicht als Wohnräume genehmigt. In den Originalbauplänen sind die in Rede stehenden Räume mit dem Stempelaufdruck "kein Aufenthaltsraum" versehen. Mit der Behauptung, der Beklagten seien die Originalbaupläne bekannt gewesen und sie hätten bei Kenntnis dieses Umstandes die Immobilie nicht zu einem Preis von 750.000 DM gekauft, verlangen die Kläger als Schadensersatz den Betrag, um den das Haus wegen der mangelnden Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung weniger wert sei, und den hierauf bezogenen Anteil der Maklerprovision. Ihre auf Zahlung von 130.019,52 DM nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung noch möglich ist. Es verneint eine Schadensersatzpflicht der Beklagten, weil nicht nachgewiesen sei, daß der für die Beklagte tätig gewesene frühere Büroleiter W. gewußt, aber den Klägern verschwiegen habe, daß die Räume im Untergeschoß in der Baugenehmigung nicht als Wohnräume genehmigt gewesen seien. Die Beklagte habe auch nicht gegen die dem Makler obliegende Pflicht verstoßen, dem Auftraggeber keine unrichtigen Vorstellungen zu vermitteln. Zwar sei die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine Einliegerwohnung, objektiv falsch gewesen. Daß diese Aussage bereits insofern unrichtig gewesen sei, als eine Einliegerwohnung schon mangels einer Küche nicht vorhanden gewesen sei, hätten die Kläger selbst erkennen können. Für die Frage der Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung gelte dies zwar nicht. Insoweit treffe die Beklagte aber kein Verschulden. Der Beschaffenheit der Fußbodenbeläge habe der Büroleiter der Beklagten entnehmen können, daß die Voreigentümer die Räume als Wohnräume genutzt hätten. Für die Nutzbarkeit als Wohnräume hätten auch ihre Höhe und die großen Fenster zur Gartenseite gesprochen. Da die Kläger nicht behauptet hätten, daß die Möglichkeit der Nutzung einer Einliegerwohnung bei den Kaufverhandlungen eine Rolle gespielt hätte, habe der Büroleiter der Beklagten keinen Anlaß gehabt, diese Frage näher zu prüfen; er habe sich mit dem sich aufdrängenden Augenschein zufrieden geben dürfen.
II.
Diese Beurteilung hält den Rügen der Revision in einem maßgebenden Punkt nicht stand.
1. Der Makler steht - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - zu seinem Auftraggeber als dessen Interessenvertreter in einem besonderen Treueverhältnis , aus dem sich für ihn bei der Erfüllung seiner Aufgabe bestimmte Nebenpflichten ergeben. Eine sachgemäße Interessenwahrnehmung gebietet regelmäßig , den Auftraggeber nicht nur über das aufzuklären, was unerläßlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt wird, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - IVa ZR 244/80 - NJW 1981, 2685 f). Wieweit die Unterrichtungspflicht im einzelnen zu ziehen ist, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab. Ist der Makler hiernach zu einer Unterrichtung seines Auftraggebers verpflichtet, gebietet es die von ihm wahrzunehmende Sorgfalt, keine Informationen zu erteilen, für die es an einer hinreichenden Grundlage fehlt. Steht ihm eine solche nicht zur Verfügung oder kann er sie sich nicht verschaffen, muß er - ebenso wie der Bundesgerichtshof dies für den Anlagevermittler entschieden hat (vgl. Urteil vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114, 1115 und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998) - zumindest diesen Umstand offenlegen. Die Erklärungen des Maklers müssen insgesamt so beschaffen sein, daß sie bei seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 197/89 - NJW-RR 1991, 627, 628). Hier-
aus folgt für den Makler, der sich in Verhandlungen mit einem Kunden befindet, ebenso wie für den Anlagevermittler im Rahmen eines stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrags (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1997 - III ZR 278/95 - NJW 1998, 448), auch die Pflicht, fehlerhafte Angaben richtig zu stellen.
2. Gemessen an diesen Maßstäben kann nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts eine schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten der Beklagten nicht verneint werden.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine Einliegerwohnung, objektiv unrichtig war. Insoweit liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten vor; denn für ihre Aussage im Exposé fehlte es ihr an jeder Grundlage. Soweit das Berufungsgericht diesem Umstand haftungsrechtlich keine Bedeutung beimißt, weil die Kläger im Rahmen der Besichtigung das Nichtvorhandensein der Einliegerwohnung wahrgenommen hätten, ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden.
b) Demgegenüber konnten die Kläger bei der Besichtigung nicht erkennen , daß die in Frage stehenden Räume im Untergeschoß nicht als Aufenthaltsräume genehmigt waren. Mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts muß im Revisionsverfahren ferner zugunsten der Kläger davon ausgegangen werden, daß - jedenfalls auch aus diesem Grund - die Angabe der Beklagten, im Untergeschoß des Hauses ließe sich eine Einliegerwohnung realisieren, unrichtig war.
c) Wegen der hierin liegenden Pflichtverletzung hat die Beklagte den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Das Berufungsgericht übersieht bzw. berücksichtigt nicht, daß die Beklagte auch für ihren Hinweis auf die Realisierbarkeit einer Eigentumswohnung im Untergeschoß keine ausreichende Grundlage hatte. Nach ihrem eigenen Vortrag hatten die Voreigentümer ihrem Büroleiter bei der Hereinnahme des Objekts anläßlich einer Besichtigung erklärt , ein Raum sei von ihrem Vater als Gymnastikraum benutzt worden, einen anderen hätten sie als Arbeitsraum bezeichnet, in einem dritten habe einer von ihnen gewohnt. Auch wenn diese Darstellung nicht in jeder Einzelheit mit den Bekundungen der als Zeugen vernommenen Verkäufer übereinstimmt, läßt sich ihr doch nichts für eine Information der Beklagten durch die Verkäufer entnehmen , im Untergeschoß des Hauses befinde sich eine Einliegerwohnung oder eine solche sei realisierbar. Deshalb hätte die Beklagte lediglich die Information der Verkäufer weitergeben dürfen, die fraglichen Räume im Untergeschoß seien von den Vorbesitzern als Wohnräume genutzt worden. Zu einer entsprechenden Richtigstellung ihrer ohne ausreichende Grundlage gemachten Aussagen in der Kurzbeschreibung und im Exposéwar die Beklagte spätestens im Zusammenhang mit der Besichtigung des Anwesens oder kurz danach verpflichtet. Denn da s ich ihre haltlose Aussage über das Vorhandensein einer Einliegerwohnung jedenfalls bei der Besichtigung herausstellte, bestand für sie Anlaß, auch ihre weitere Aussage über die Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung zu überprüfen. Da die Beklagte nach ihrem Prozeßvortrag jedenfalls seinerzeit noch nicht die Erkundigungen beim Kreisbauamt eingeholt hatte, mit denen sie im anhängigen Rechtsstreit die Richtigkeit ihrer Angaben über die Realisierbarkeit der Einliegerwohnung dartun will, hätte eine solche Überprüfung ergeben, daß sie ihre zu weit gehenden Angaben hätte zurücknehmen
und sich auf eine Weitergabe der von den Verkäufern erteilten Informationen hätte beschränken müssen.
Gegen eine solche Verpflichtung kann nicht eingewandt werden, die Kläger hätten das Haus selbst nutzen wollen und an eine Vermietung der Räumlichkeiten im Untergeschoß nicht gedacht. Zum einen war der Beklagten dies nicht sicher bekannt, als sie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluß des Maklervertrages das von ihr hereingenommene Objekt in der Kurzbeschreibung und im Exposé beschrieb. Vielmehr spricht der Umstand, daß der Kunde des Maklers auf einen solchen Nachweis eingeht und das Objekt sodann besichtigt, grundsätzlich für ein entsprechendes Interesse. Zum anderen ergibt sich aus der Bekundung des Zeugen K., daß bei der Besichtigung die Frage erörtert wurde, ob ein Raum als Küche genutzt werden könne. Dann stand aber ungeachtet der möglicherweise im Vordergrund stehenden Absicht der Kläger, das Haus selbst zu nutzen, auch für die Beklagte erkennbar die Möglichkeit der Einrichtung einer Einliegerwohnung als eine - vielleicht später zu realisierende - Option im Raum, die die Beklagte dazu verpflichtete, ihre wirklichen Kenntnisse zu offenbaren und von dem zu trennen, was zum damaligen Zeitpunkt Gegenstand bloßer Vermutungen war.
III.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Ist die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung nicht möglich, ist nach dem derzeitigen Sachstand grundsätzlich von einer Haftung der Beklagten auszugehen. Die Kläger, die am Kaufvertrag mit den Verkäufern festgehalten haben, können als Ersatz ihres Vertrauensschadens den Betrag verlangen, um den sie das Haus objektiv zu teuer erworben haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es ihnen bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen wäre, den Vertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1988 - VII ZR 83/88 - NJW 1989, 1793, 1794). Daß den Klägern, die einen Wert ihres Hauses von maximal 627.000 DM behauptet haben, überhaupt ein Schaden in dieser Hinsicht entstanden ist, haben sie zulässigerweise in das Wissen eines Sachverständigen gestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Wertfestsetzung nach § 19 Abs. 1, 2 KostO durch die Geschäftsstelle der Abteilung 6 a des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 1995 für die Beurteilung des den Klägern möglicherweise entstandenen Schadens ohne Bedeutung.
2. Einem Anspruch der Kläger steht auch nicht nach § 254 BGB entgegen, daß sie auf eine vom Zeugen G. T. bekundete Anregung nicht eingegangen sind, mit Rücksicht auf die bekannt gewordenen Umstände den Kauf rückgängig zu machen. Die Kläger, die nach ihrem Vortrag zu diesem Zeitpunkt schon mit der Renovierung des Hauses begonnen hatten, mußten sich wegen eines möglichen Fehlverhaltens der Beklagten nicht auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrages einlassen, zumal die Frage noch völlig offen war, wer für die durch den Vertragsschluß bereits entstandenen und durch seine Rückgängigmachung weiter anfallenden Kosten hätte aufkommen sollen. Den Verkäufern war dies nicht anzusinnen. Daß die Beklagte bereit gewesen wäre, die Kläger hiervon zu entlasten, hat sie nicht dargetan.
3. Der Senat kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium davon absehen, auf die Verfahrensrügen der Revision gegen die Würdigung des Berufungsgerichts einzugehen, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, daß dem Büroleiter der Beklagten der Originalbauplan bekannt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat, sollte es hierauf im weiteren Verfahren ankommen, Gelegenheit, diesen Fragenkreis unter Berücksichtigung der von der Revision erhobenen Rügen erneut tatrichterlich zu würdigen.
Streck Schlick Kapsa Dörr Galke
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notariellem Vertrag vom 7. September 1993 kauften die Kläger und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom Beklagten zwei gewerblich genutzte Grundstücke zum Preis von 4.950.000 DM. Nach vollständiger Kaufpreiszahlung wurde das Eigentum am 26. April 1994 umgeschrieben. Eine etwa 4.000 m² große Teilfläche eines der Grundstücke war durch Vertrag vom 21. Dezember 1979 an die H. H. KG vermietet, die dort einen Autound Reifenservicebetrieb eingerichtet hatte. Die den Klägern vor Vertragsabschluß vom Makler übergebene Vertragsurkunde bestimmte unter § 3 eine Befristung des Mietverhältnisses bis zum 31. Dezember 1994, wobei der Mieterin
ein "Optionsrecht auf Verlängerung des Mietverhältnisses um einmal fünf Jahre" eingeräumt wurde.
Die Kläger hatten das Grundstück erworben, um dort ein Boardinghouse zu errichten. Im Oktober 1993 verhandelten sie mit der H. H. KG über eine vorzeitige Aufhebung des Mietvertrages. Nach ihrem Vortrag erfuhren die Kläger erst jetzt, daß der Beklagte der Mieterin durch eine Vereinbarung vom Mai 1993 eine weitere Option auf Verlängerung des Vertragsverhältnisses um nochmals fünf Jahre nach dem 31. Dezember 1999 eingeräumt hatte. Unter dem 22./30. Januar 1995 einigten sich die Kläger mit der Mieterin auf einen schriftlichen Nachtrag zum Mietvertrag. Danach wurde eine Hoffläche von etwa 1.000 m² "entmietet" und von den Klägern für den Bau des Boardinghouses genutzt. Außerdem wurde das Mietverhältnis bis zum 31. Dezember 2009 verlängert und der Mietzins reduziert. Die Kläger begannen noch im selben Jahr mit den Bauarbeiten, so daß das Boardinghouse im Oktober 1996 eröffnet werden konnte.
Die Kläger verlangen von dem Beklagten die Zahlung von 300.000 DM als Schadensersatz, weil er mit der Option zur Verlängerung des Mietverhältnisses bis Ende 2004 einen Mangel des Grundstücks arglistig verschwiegen habe. Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision verfolgen sie ihr Klageziel weiter. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht verneint einen Anspruch aus culpa in contrahendo. Der Beklagte habe zwar seine Pflicht zur Aufklärung über das Bestehen der weiteren Option verletzt, die Differenz zu einem bei pflichtgemäßer Unterrichtung vereinbarten geringeren Kaufpreis könne aber nicht als Schaden geltend gemacht werden. Nach neuerer Rechtsprechung sei nämlich für einen Anspruch , der auf Ersatz des positiven Interesses aus einem nicht zustande gekommenen Vertrag gerichtet werde, der Nachweis erforderlich, daß der günstigere Vertrag tatsächlich abgeschlossen worden wäre. Umstände, die eine solche Feststellung ermöglichen könnten, seien aber nicht geltend gemacht. Der Schadensersatzanspruch könne auch nicht auf einen Rechtsmangel gestützt werden. Da die weitere Option einen behebbaren Mangel darstelle, habe eine Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung gegenüber dem Beklagten erfolgen müssen. Daß diese entbehrlich gewesen sei, weil die Mieterin ohnehin zu keinem Verzicht auf die Option bereit gewesen wäre, habe nicht festgestellt werden können.Diese Ausführungen halten im entscheidenden Punkt einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
II.
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 BGB verneint.
Die weitere Verlängerungsoption zugunsten der H. H. KG als Mieterin, von der die Kläger nach den ihnen zugänglich gemachten Vertragsunterlagen nicht ausgehen konnten, stellt einen Rechtsmangel dar. Die Verpflichtung des Verkäufers aus § 434 BGB, den Kaufgegenstand frei von Rechten Dritter zu verschaffen, erstreckt sich bei einem Grundstückskauf auch auf ein bestehendes Mietverhältnis (Senat, Urt. v. 25. Oktober 1991, V ZR 225/90, NJW-RR 1992, 201, 202; Urt. v. 8. November 1991, V ZR 139/90, NJW 1992, 905; Urt. v. 24. Oktober 1997, V ZR 187/96, NJW 1998, 534). Da die Option auf Verlängerung eines Mietverhältnisses grundsätzlich als behebbarer Rechtsmangel anzusehen ist (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 105/86, NJW-RR 1988, 79; Urt. v. 24. Oktober 1997, V ZR 187/96, NJW 1998, 534, 535), scheitert ein Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 BGB aber daran, daß die Kläger dem Beklagten weder eine Frist zur Beseitigung des Rechtsmangels verbunden mit einer Ablehnungsandrohung gesetzt haben, noch besondere Umstände gegeben sind, die diese Voraussetzung entbehrlich machen. Das Berufungsgericht hat eine offensichtliche Zwecklosigkeit der Fristsetzung nicht feststellen können. Dies ist frei von Rechtsfehlern und wird mit der Revision nicht angegriffen.
2. Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß seien nicht erfüllt.
a) Ein Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß kann ausnahmsweise auf Ersatz des Erfüllungsinteresses gerichtet werden, wenn ohne das schädigende Verhalten mit einem Dritten oder auch demselben Vertragspartner ein Vertrag zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Be-
dingungen zustande gekommen wäre (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901 m.w.N.). Einen solchen Anspruch haben die Kläger mit dem Vortrag verfolgt, bei Kenntnis des weiteren Optionsrechts wäre ein um 300.000 DM niedrigerer Kaufpreis vereinbart worden. Der Ersatz des Erfüllungsinteresses setzt allerdings - was das Berufungsgericht nicht verkannt hat - die Feststellung voraus, daß der Vertrag ohne das pflichtwidrige Verhalten zu anderen, für den Geschädigten günstigeren Bedingungen geschlossen worden wäre (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, aaO). Daß das Berufungsgericht diese Feststellung nicht hat treffen können, wird von der Revision hingenommen und läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Nichts spricht dafür, daß sich der Beklagte auf einen um 300.000 DM geringeren Kaufpreis eingelassen hätte. Er hatte kein nachhaltiges Interesse an dem Grundstücksverkauf, war doch die Initiative zu diesem Geschäft nicht von ihm, sondern von dem Makler, den die Kläger beauftragt hatten, ausgegangen. Überdies erklärte der Beklagte, nachdem die Kläger ihn auf die weitere Option angesprochen hatten, sogleich seine Bereitschaft, den Kaufvertrag rückgängig zu machen. Es kann daher offen bleiben, ob ein solcher auf das Erfüllungsinteresse gerichteter Anspruch neben den Vorschriften der Rechtsmängelhaftung (§§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB) Anwendung finden kann.
b) Das Berufungsgericht hat es jedoch fehlerhaft unterlassen, das Klagebegehren unter dem Gesichtspunkt eines Anspruchs auf Ersatz des Vertrauensschadens zu prüfen. Ein solcher Anspruch ist nicht durch die Vorschriften der §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB ausgeschlossen (vgl. BGHZ 65, 246, 253; Senat, Urt. v. 21. Dezember 1984, V ZR 206/83, NJW 1985, 2697, 2698; Urt. v. 17. Mai 1991, V ZR 92/90, NJW 1991, 2700; Urt. v. 11. Oktober 1991, V ZR 159/90, NJW-RR 1992, 91, 92; Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW
1994, 2947, 2949; Urt. v. 19. November 1999, V ZR 321/98, NJW 2000, 803, 804).
aa) Auch wenn das wegen Verschuldens bei Vertragsschluß zu ersetzende Vertrauensinteresse in bestimmten Fällen wirtschaftlich dem Erfüllungsinteresse entsprechen kann, liegen der Haftung aus culpa in contrahendo und der Schadensersatzpflicht wegen Nichterfüllung nach §§ 440 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB die Verletzung unterschiedlicher Rechtspflichten zugrunde (BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, XI ZR 235/99, WM 2000, 1840, 1841; vgl. auch BGHZ 142, 51, 62, 64). Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluß folgt aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen begründet wird, vom tatsächlichen Zustandekommen eines Vertrages und seiner Wirksamkeit weitgehend unabhängig ist und zur verkehrsüblichen Sorgfalt sowie zu loyalem und redlichem Verhalten gegenüber dem Geschäftsgegner verpflichtet (Senat, BGHZ 6, 30, 333; BGHZ 49, 77, 82; 66, 51, 54; BGH, Urt. v. 6. Juni 2000, aaO, 1840 f). Deshalb richtet sich der Anspruch nicht auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung, sondern auf den Ausgleich der Nachteile, die durch die Verletzung des bei der Vertragsanbahnung in den Vertragspartner gesetzten Vertrauens entstanden sind (BGHZ 49, 77, 82; 57, 191, 197; BGH, Urt. v. 2. März 1988, VIII ZR 380/86, NJW 1988, 2234, 2236; Urt. v. 6. Juni 2000, aaO, 1841). Der Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo ist nicht durch das Erfüllungsinteresse begrenzt, sondern kann dieses auch übersteigen (BGHZ 49, 77, 82; 57, 191, 193; 69, 53, 56). Dagegen knüpft der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach §§ 440 Abs. 1, 325 ff BGB an die Verletzung von vertraglichen Hauptpflichten an, die erst durch den Vertragsschluß festgelegt werden (vgl. zu § 326 BGB: Senat, Urt. v. 28. November 1956, V ZR 77/55, NJW 1957, 217; BGH, Urt. v.
1. Oktober 1986, VIII ZR 132/85, NJW 1987, 251, 253). Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte (vgl. BGHZ 99, 182, 197; Senat, Urt. v. 19. September 1980, V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46 f; Urt. v. 21. Januar 2000, V ZR 387/98, NJW 2000, 1256).
bb) Erfüllt - wie hier - ein Lebenssachverhalt die Tatbestandsmerkmale mehrerer Anspruchsgrundlagen, ohne daß einer der Haftungstatbestände nach seinem Sinn und Zweck oder einer ausdrücklichen Regelung den Vorrang beanspruchen kann, so ist ein Fall der Anspruchskonkurrenz gegeben, bei dem sämtliche Rechtsfolgen gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. GSZ, BGHZ 13, 88, 95; auch BGHZ 17, 214, 217; 66, 315, 319; 100, 190, 201). Bei einem Zusammentreffen in der geschilderten Weise kommt einem Schadensersatzanspruch aus §§ 440 Abs. 1, 326 Abs.1 BGB gegenüber einem solchen aus culpa in contrahendo kein Vorrang zu. Im Unterschied zu den Regelungen für Sachmängel in den §§ 459 ff BGB (vgl. hierzu Senat, BGHZ 60, 319, 321 ff) handelt es sich bei den Bestimmungen über die Rechtsmängelgewährleistung im Kaufrecht nicht um abschließende Sonderregelungen (vgl. Senat, Urt. v. 21. Dezember 1984, aaO). Für Rechtsmängel verweist § 440 Abs. 1 BGB lediglich pauschal auf die §§ 320 bis 327 BGB; es fehlt nicht nur an Regelungen mit einer den §§ 459 ff BGB vergleichbaren systematischen Geschlossenheit (BGHZ 110, 196, 203), sondern auch an einer § 477 BGB entsprechenden besonderen Verjährungsbestimmung. Überdies kennt die Rechtsmängelhaftung keine dem § 463 Satz 2 BGB (vgl. hierzu Senat BGHZ 60, 319, 321) vergleichbare , einschränkende Sonderregelung des Verschuldens bei Vertragsschluß. § 444 BGB, der den Verkäufer zur Aufklärung über die rechtlichen Verhältnisse der Kaufsache verpflichtet, erfaßt nur die vertraglichen, nicht aber
auch die vorvertraglichen Hinweispflichten (vgl. RGZ 52, 167, 168; Soergel /Huber, BGB, 12. Aufl., § 444 Rdn. 3).
cc) Daß sie dem Beklagten keine Gelegenheit zur Beseitigung des Rechtsmangels gaben, begründet keinen Verstoß der Kläger gegen die ihnen obliegende Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB). Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Kläger hätten mit der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß anstelle des Erfüllungsanspruchs aus § 434 BGB gegen das Gebot des eigenen Interesses verstoßen. Überdies läßt sich dem Vortrag des Beklagten nicht hinreichend entnehmen, daß es ihm durch Leistungen, deren Wert hinter den von den Klägern geforderten 300.000 DM zurückbleibt, gelungen wäre, die Mieterin zum Verzicht auf die verlängerte Mietoption zu bewegen.
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist mit dem Urteil des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 24. Juni 1998 (aaO) keine Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung zum Ersatz des Vertrauensinteresses durch Anpassung eines Vertrages nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo verbunden. Die Entscheidung bestätigt diese vielmehr mit dem Hinweis, die Vorinstanz habe in Übereinstimmung mit der - durch Zitate belegten - ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes einen Anspruch auf Vertragsanpassung unter den gegebenen Umständen in revisionsrechtlich nicht angreifbarer Weise verneint. Auch in der Literatur (vgl. Stoll, JZ 1999, 95 ff; Lorenz , NJW 1999, 1001 f) ist die Entscheidung nicht anders verstanden worden.
d) Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte die Kläger unzutreffend über die mögliche Dauer des mit der
H. H. KG geschlossenen Mietverhältnisses unterrichtet. Mit der Vereinbarung vom 13. Mai/1. Juli 1993 hatten der Beklagte und die Mieterin den bestehenden Mietvertrag um ein Gestaltungsrecht ergänzt, das es der Mieterin erlaubte, bis zum 31. Dezember 1998 durch eine entsprechende Erklärung das Mietverhältnis um weitere fünf Jahre zu verlängern. Diese Vertragsverlängerung ist durch die beiderseitig unterschriebene Urkunde nach § 566 BGB formwirksam vereinbart, weil auf die ursprüngliche Vertragsurkunde Bezug genommen und der im übrigen unveränderte Fortbestand des dort Vereinbarten zum Ausdruck gebracht wird (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 1992, XII ZR 129/90, NJW 1992, 2283, 2284).
Durch das zumindest fahrlässige Verschweigen der zweiten Verlängerungsoption verletzte der Beklagte schuldhaft seine vorvertraglichen Pflichten. Macht nämlich der Verkäufer oder eine Person, deren er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, Angaben, die für den Kaufentschluß des anderen Teils von Bedeutung sein können, so müssen diese Angaben richtig sein (BGHZ 74, 103, 110; Senat, Urt. v. 20. November 1987, V ZR 66/86, NJWRR 1988, 458, 459; Urt. v. 26. September 1997, V ZR 29/96, NJW 1998, 302). Dies gilt bei der Unterrichtung über das bestehende Mietverhältnis selbst dann, wenn der Beklagte von der beabsichtigten Umgestaltung des Anwesens durch Errichtung eines Boardinghouses nichts wußte. Bereits im Hinblick auf § 571 Abs. 1 BGB ist die Dauer eines Mietverhältnisses wegen der damit eingeschränkten Verfügungsmöglichkeit des Erwerbers grundsätzlich für dessen Kaufentschluß von Bedeutung.
e) Der Anspruch aus culpa in contrahendo ist regelmäßig auf Ersatz des negativen Interesses gerichtet (BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; BGH, Urt. v.
6. Juni 2000, aaO). Danach sind die Kläger so zu stellen, wie sie bei Offenbarung der für ihren Kaufentschluß maßgeblichen Umstände stünden (vgl. Senat, Urt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77). Wenn der Geschädigte , wie hier die Kläger, an dem Vertrag festhalten will, obwohl dieser infolge der Pflichtverletzung zu für ihn ungünstigen Bedingungen zustande gekommen ist, so ist er so zu behandeln, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Kaufvertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen (BGHZ 69, 53, 58; BGH, Urt. v. 11. Februar 1999, IX ZR 352/97, NJW 1999, 2032, 2034). Schaden ist danach der Betrag, um den die Kläger im Streitfall wegen der fehlenden Mitteilung über das weitere Optionsrecht der Mieterin das Grundstück zu teuer erworben haben (vgl. BGHZ 114, 87, 94; Senat , Urt. v. 10. Juli 1987, V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11; Urt. v. 8. Oktober 1993, aaO; BGH, Urt. v. 1. April 1981, VIII ZR 51/80, NJW 1981, 2050, 2051; Urt. v. 27. September 1988, XI ZR 4/88, NJW-RR 1989, 150, 151; Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1325). Dies erfordert - im Unterschied zur Geltendmachung des Erfüllungsinteresses (vgl. BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, aaO) - nicht den Nachweis, daß sich der Vertragsgegner auf einen Vertragsschluß zu einem niedrigeren Preis eingelassen hätte (vgl. BGHZ 69, 53, 58; 114, 87, 94; BGH, Urt. v. 27. September 1988, aaO; Senat, Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690). Entscheidend ist allein, wie sich der Getäuschte bei Kenntnis der ihm verheimlichten Umstände verhalten hätte; verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten des aufklärungspflichtigen Verkäufers (vgl. BGHZ 114, 87, 94).
3. Den Betrag, um den sie das Grundstück vom Beklagten zu teuer erwarben , haben die Kläger allerdings bislang nicht dargetan. Sie haben ihren Schaden vielmehr mit den Mieteinnahmen begründet, die ihnen in Höhe von
319.000 DM der Zeit von Januar 1994 bis Dezember 1999 oder - in zweiter Linie - in Höhe von 307.501,49 DM in der Zeit von Januar 2000 bis Dezember 2004 wegen des Nachgebens gegenüber der H. H. KG in der Vereinbarung vom 22./25. Januar 1995 entgangen sein sollen. Diese Aufwendungen sind jedoch nicht zu ersetzen; denn sie unterfallen nicht dem Schutzzweck des Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluß. Dessen Grundlage ist enttäuschtes Vertrauen (vgl. Senat, Urt. v. 12. Dezember 1980, V ZR 168/78, NJW 1981, 1035, 1036). Die von den Klägern mit der Mieterin getroffene Vereinbarung beruht jedoch nicht darauf, daß die Kläger weiterhin darauf vertrauten, zutreffend über die Dauer des Mietverhältnisses unterrichtet worden zu sein. Grund war vielmehr der Entschluß der Kläger, trotz der als falsch erkannten Auskunft am Vertrag festzuhalten und das beabsichtigte Boardinghouse auch unter den gegebenen Bedingungen zu errichten. Dem Verschulden des Beklagten zurechenbare Folge des Vertrauens der Kläger war nur der Abschluß des Kaufvertrages, nicht aber die Nachteile, die sich erst aus der Entscheidung der Kläger ergaben, trotz der erkannten längeren Dauer des Mietverhältnisses keine Rückabwicklung des Vertrages zu fordern (vgl. Senat, Urt. v. 12. Dezember 1980, aaO; auch BGH, Urt. v. 2. Juni 1980, VIII ZR 64/79, NJW 1980, 2408, 2410).
Die Kläger können die ihnen angeblich entgangenen Mieteinnahmen auch nicht mit der Begründung als Vertrauensschaden ersetzt verlangen, sie hätten davon ausgehen dürfen, über die Zahlung des vereinbarten Kaufpreises hinaus keine weiteren Investitionen tätigen zu müssen. Zwar kann das Vertrauen des Getäuschten, daß sein Gesamtaufwand für die vorgesehene Verwendung der Kaufsache den Kaufpreis nicht übersteigen werde (vgl. BGHZ 111, 75, 82), geschützt sein. Im vorliegenden Fall bestand für eine solche Annahme
der Kläger indes keine dem Beklagten zurechenbare Grundlage. So behaupten die Kläger selbst nicht, den Beklagten über die von ihnen beabsichtigte Nutzung des Grundstücks informiert zu haben. Der Beklagte wußte aus dem Schreiben des von den Klägern beauftragten Maklers vom 13. Juli 1992 lediglich , daß "ein Investor" an dem Erwerb interessiert war. Waren aber die Pläne der Kläger weder Basis noch Gegenstand der Vertragsverhandlungen, so konnten die Kläger aufgrund des Verhaltens des Beklagten nicht darauf vertrauen , mit dem Kaufpreis sei auch die von ihnen beabsichtigte Ä nderung der Nutzung des Anwesens erkauft.
Selbst wenn sich die Kläger die Ausführungen des Sachverständigen aus dem im ersten Rechtszug eingeholten schriftlichen Gutachten zu eigen gemacht hätten, wäre auch dies kein für die Ermittlung des Vertrauensschadens erheblicher Vortrag. Der Sachverständige hat mit dem "Nachteil ... aus der nicht realisierten Investition" nichts anderes als den Gewinn ermittelt, der den Klägern bei einer verspäteten Fertigstellung des Bauvorhabens entgangen wäre. Dieser ist aber für die Berechnung der - nicht durch eine Verzögerung verursachten - Vermögensnachteile, die die Kläger hier als Schadensersatz geltend machen können, ohne Belang.
4. Damit festgestellt werden kann, ob und ggf. in welchem Umfang den Klägern ein Schaden dadurch entstanden ist, daß sie wegen der unzutreffenden Information über die Dauer des Mietverhältnisses das Grundstück zu teuer erworben haben, werden sie - bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses - vortragen und unter Beweis stellen müssen, welcher Minderwert des Grundstücks sich gegenüber einem Ende 1999 auslaufenden Mietverhältnis mit
der H. H. KG durch die Verlängerungsoption bis Ende 2004 ergibt (vgl. Senat, Urt. v. 10. Juli 1987, aaO; BGH, Urt. v. 27. September 1988 aaO).
Das bisherige Vorbringen der Kläger reicht nicht aus, um den für die Anpassung des Kaufpreises maßgeblichen Minderwert ermitteln zu können. Zwar haben die Kläger im ersten Rechtszug behauptet, durch ein Mietverhältnis von längerer Dauer sei der Verkehrswert eines zu Ausbau- oder Neubauzwecken erworbenen Grundstücks um 10 % gemindert. Die Parteien haben indes die Nutzung des Grundstücks für die Errichtung eines Boardinghouses oder auch nur für eine bauliche Umgestaltung nicht zum Vertragszweck gemacht. Es kann daher nur maßgeblich sein, welche Bedeutung der Geschäftsverkehr gewöhnlich einer Verlängerungsoption, wie sie hier vereinbart wurde, für die Wertermittlung beilegt. Den Absichten einzelner Interessenten, auf die der vom Landgericht beauftragte Sachverständige bei der Erläuterung seines Gutachtens abgestellt hat, kommt unter den hier gegebenen Umständen keine entscheidende Bedeutung zu.
III.
Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Da Entscheidungsreife fehlt, muß die Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht erfolgen.
Das Berufungsgericht hat sich dadurch, daß es nur einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Schadensersatzanspruch in Betracht gezogen hat, den Blick auf die Möglichkeit des Ersatzes des Vertrauensschadens ver-
stellt. Bei zutreffender rechtlicher Sicht hätte es - zumal der Beweisbeschluß des Landgerichts vom 12. Februar 1997 eine unerhebliche Behauptung zum Gegenstand hatte - Anlaß gehabt, die Kläger nach § 139 ZPO im Hinblick auf den ihnen etwa entstandenen Schaden zu einem ergänzenden Vortrag anzuhalten. Dies ist ihm durch die Zurückverweisung der Sache (§ 565 ZPO) wieder zu ermöglichen (vgl. Senat, BGHZ 129, 112, 122; Urt. v. 2. Dezember 1994, V ZR 193/93, NJW 1995, 587, 589).
Die Kläger erhalten auf diese Weise auch Gelegenheit, ihren Klageantrag zu überdenken. Da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß auch der geltend gemachte Schadensersatzanspruch zum Gesellschaftsvermögen zählen soll, ist von Mitgläubigerschaft auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 12. Oktober 1995, I ZR 172/93, NJW 1996, 1407, 1409). Die Kläger können daher nach § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB nur Leistung an alle Gläubiger verlangen. Zu diesen dürfte
aber auch die R. straße 1 - Grundstücksverwaltungsgesellschaft mit beschränkter Haftung zählen, die ebenfalls als Gesamtschuldnerin hinsichtlich des Kaufpreises an dem Kaufvertrag mit dem Beklagten beteiligt war.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Lemke Gaier
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 30. Juli 1992 kaufte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Käuferin), von der Beklagten, einer Kleinstadt in Thüringen, ein erschlossenes und an eine dezentrale Containerkläranlage angeschlossenes Grundstück von rund 100.000 m² zur Errichtung einer Fabrik. Die Vertragsparteien vereinbarten einen Kaufpreis für das Grundstück von 9 DM/m² sowie einen von der Käuferin für die Erschließung zu zahlenden Betrag von weiteren 9 DM/m². Dieser Betrag sollte nach dem Vertrag unter anderem sämtlichen Aufwand für die Erschließungskosten nach § 127 BauGB und für die Abwasserentsorgung enthalten. Die Käuferin verpflichtete sich zum Bau der Fabrik innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung mit einer Investitionssumme von 80 Millionen DM. Der Vertrag wurde vollzogen und die Fabrik errichtet.
- 2
- Im Januar 1993 schlossen sich die Beklagte und weitere 36 Gemeinden zu einem Zweckverband zusammen. Dieser errichtete eine zentrale Kläranlage, an die auch das von der Käuferin erworbene Grundstück angeschlossen wurde. Der Zweckverband forderte hierfür Beiträge in Höhe von insgesamt 430.531,25 €, die bis zum 25. August 2003 gezahlt wurden. Die Käuferin erhob vor dem Verwaltungsgericht Anfechtungsklage gegen die Beitragsbescheide. Dieser Rechtsstreit endete mit einem Vergleich. Die Beitragsschuld blieb bestehen ; der Zweckverband zahlte allerdings einen Teilbetrag von 240.652,45 € an die Klägerin zurück und stundete diesen Teil der Beitragsschuld.
- 3
- Die Klägerin hat von der Beklagten zunächst die Erstattung der an den Zweckverband gezahlten Herstellungsbeiträge, hilfsweise die Feststellung der Erstattungspflicht der Beklagten verlangt. Das Landgericht hat der Klage nach dem Hilfsantrag stattgegeben. Nachdem der Zweckverband die Beiträge teilweise zurückgezahlt hatte, hat die Klägerin die Erstattung der an den Zweckverband gezahlten 189.878,80 € zzgl. Zinsen sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der zurzeit von dem Zweckverband gestundeten 240.652,45 € verlangt. Das Oberlandesgericht hat der Klage in diesem Umfang mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung stattgegeben.
- 4
- Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Die Beklagte sei bei den Vertragsverhandlungen verpflichtet gewesen, die Käuferin über alle Umstände auf- zuklären, die im Zusammenhang mit den Erschließungskosten in absehbarer Zukunft relevant werden konnten. Indem die Beklagte die Käuferin nicht über die bevorstehende Gründung des Zweckverbandes und die Errichtung der zentralen Kläranlage unterrichtete, habe sie pflichtwidrig Informationen zurückgehalten , die erkennbar von zentraler Bedeutung für den Entschluss der Käuferin gewesen seien, den Vertrag abzuschließen und die Fabrik in der beklagten Gemeinde zu errichten.
- 6
- Die Klägerin habe einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, weil die Käuferin den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn die Beklagte sie über die bevorstehenden kommunalen Veränderungen und Planungen informiert hätte. Dann hätte sie die an die Beklagte gezahlten Beträge von insgesamt 1.912.068 DM erspart. Die Klägerin dürfe aber nicht besser gestellt werden , als sie stünde, wenn ein dem geschützten Vertrauen entsprechender Vertrag wirksam abgeschlossen und erfüllt worden wäre. Das Erfüllungsinteresse der Käuferin habe darin bestanden, nicht mehr als den im Vertrag vereinbarten Erschließungskostenbeitrag von 956.034 DM zahlen zu müssen. Die nochmals an den Zweckverband zu zahlenden Herstellungsbeiträge in Höhe von 430.531,25 € stellten damit den von der Beklagten zu ersetzenden Schaden dar.
II.
- 7
- Die Revision bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz in dem im Berufungsurteil zuerkannten Umfang zu.
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch aus einem Verschulden bei Vertragsschluss gemäß dem hier nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anzuwendenden Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung bejaht.
- 9
- a) Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte verpflichtet, die Käuferin ungefragt darüber zu unterrichten, dass auf Grund der geplanten Errichtung einer zentralen Abwasseranlage durch den in Gründung befindlichen Zweckverband weitere Beitragslasten auf die Käuferin zukommen würden, die über den im Grundstückskaufvertrag in Ansatz gebrachten Betrag für die Erschließung des Fabrikgrundstücks hinausgingen.
- 10
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei den Vertragsverhandlungen, auch soweit die Beteiligten entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Verhandelnden die Pflicht, die andere Partei über solche Umstände aufzuklären, die den von ihr verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für ihren Entschluss zum Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern diese eine solche Unterrichtung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (Senat, Urt. v. 2. März 1979, V ZR 157/77, NJW 1979, 2243; Urt. v. 25. Juni 1982, V ZR 143/81, WM 1982, 960, 961; Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690; Urt. v. 19. Mai 2006, V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3141 m.w.N., insoweit in BGHZ 168, 35 nicht abgedruckt ). Begrenzt wird der Umfang der vorvertraglichen Informationspflichten dadurch, dass jede Partei grundsätzlich davon ausgehen darf, dass ihr künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse sich selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten und die mit dem Vertragsabschluss verbunden Risiken Klarheit verschafft hat. Eine Aufklärungspflicht und Warnpflicht besteht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) deshalb nur, wenn eine Partei wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, dass ihr künftiger Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH, Urt. v. 16. Januar 1996, XI ZR 151/95, NJW 1996, 1206, 1207; Urt. v. 15.
- 11
- bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht die Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte rechtsfehlerfrei angenommen.
- 12
- (1) Die Beklagte verfügte über einen Informationsvorsprung. Das ergibt sich aus den von der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen. Danach hatte nur die beklagte Gemeinde Kenntnis davon, dass auf die sich bei ihr ansiedelnden Investoren zusätzliche Beitragslasten infolge der künftigen Errichtung einer zentralen Kläranlage durch den in Gründung befindlichen Abwasserzweckverband zukommen werden.
- 13
- (2) Die Beklagte war zu einem Hinweis auf diese Umstände verpflichtet. Dass in den neuen Ländern nach der Wiedervereinigung Deutschlands mit derartigen Folgeerschließungen allgemein zu rechnen gewesen sei, steht dem nicht entgegen.
- 14
- Eine Gemeinde muss in den Vertragsverhandlungen einen Investor über die (noch verwaltungsinternen) Absichten unterrichten, wenn diese oder die sich daraus ergebenden Folgen durch Beitragslasten für dessen Vertragsentschluss von wesentlicher Bedeutung sind. Sie muss insbesondere unrichtige Erwartungen des Investors richtigstellen, die sie durch ihre Angaben erst geweckt hat (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 1991, IX ZR 84/90, WM 1991, 1731, 1733).
- 15
- Für den Entschluss der Käuferin, das Grundstück zu erwerben und an diesem Standort zu investieren, waren die Gesamtkosten des Grunderwerbs von wesentlicher Bedeutung, was sie der Beklagten auch mitgeteilt hatte. Die Beklagte hatte Fehlvorstellungen über den Aufwand aus der Erschließung - ent- gegen der Auffassung der Revision - nach den Feststellungen im Berufungsurteil schon dadurch erweckt, dass sie sich mit der Käuferin auf einen Kaufpreis (einschließlich eines im Kaufvertrag ausdrücklich benannten Anteils für den Erschließungsaufwand ) einigte, der nach den vorhergehenden Erklärungen der Käuferin die Obergrenze des Aufwands für den Erwerb des Fabrikgrundstücks darstellte. Unter diesen Umständen darf der Käufer, der mit den Vertretern der Gebietskörperschaft über die Konditionen einer Gewerbeansiedlung in der Gemeinde verhandelt, nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen Hinweis auf eine nur ihnen bereits absehbare Mehrbelastung aus Beitragslasten einer künftigen öffentlichen Investition erwarten, die in dem im abzuschließenden Kaufvertrag für den Erschließungsaufwand bestimmten Betrag nicht enthalten ist.
- 16
- 2. Nicht von Rechtsfehlern frei ist jedoch die Begründung des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen der Aufklärungspflichtverletzung.
- 17
- a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht es davon aus, dass die durch eine Pflichtverletzung bei den Vertragsverhandlungen geschädigte Vertragspartei grundsätzlich nur den Ersatz ihres Vertrauensschadens verlangen kann (std. Rspr. BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; Senat, BGHZ 168, 35, 39). Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch den Umfang des zu ersetzenden Schadens nach dem Erfüllungsinteresse der Käuferin bestimmt.
- 18
- aa) Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ist auf Ersatz des sogenannten negativen Interesses gerichtet (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901). Der wegen einer Aufklärungspflichtverletzung zu ersetzende Schaden kann nur dann nach dem Erfüllungsinteresse des Geschädigten bemessen werden, wenn bei der gebotenen Aufklärung ein günstigerer Vertrag mit dem bisherigen Vertragspartner oder mit einem Dritten zustande gekommen wäre. Nur wenn der Geschädigte das darlegt und beweist, kann er verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn er diesen günstigeren Vertrag geschlossen hätte (Senat, BGHZ 168, 35, 40 m.w.N.; BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, aaO; vgl. auch BGHZ 108, 200, 207 f.).
- 19
- bb) Bereits daran fehlt es. Dass die Beklagte sich auf eine vertragliche Verpflichtung eingelassen hätte, die Käuferin von weiteren Beitragslasten für die Erschließung des Fabrikgrundstücks freizustellen, hat die Klägerin nicht einmal vorgetragen; Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht auch nicht getroffen. Es kann daher dahinstehen, ob der Einwand der Revision zutrifft, dass dem Ersatzanspruch auf das Erfüllungsinteresse schon der Umstand entgegengestanden hätte, dass eine vertragliche Freistellungsverpflichtung der beklagten Gemeinde einer Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedurft hätte, die jedoch nicht erteilt worden wäre.
- 20
- b) Die Revision bleibt gleichwohl ohne Erfolg, da die Entscheidung in Bezug auf den der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch im Ergebnis richtig ist.
- 21
- aa) Die durch eine Aufklärungspflichtverletzung geschädigte Vertragspartei , die bei anfänglicher Kenntnis der wahren Sachlage den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, muss nicht deswegen die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung des Vertrages insgesamt verlangen; es steht ihr nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vielmehr frei, an dem für sie ungünstigen Vertrag festzuhalten und von dem Schädiger den Ersatz des ihr verbliebenen Vertrauensschadens zu verlangen (BGHZ 69, 53, 57; 111, 75, 82; Senat, BGHZ 168, 35, 39). Geschieht das, so bestimmt sich der zu ersetzende Schaden nach den Erwartungen des Geschädigten, die durch den zustande gekommenen Vertrag nicht befriedigt werden (Senat, BGHZ 168, 35, 39; Stoll JZ 1999, 95). Der Vertrauensschaden kann sich in verschiedener Weise im Vermögen des Geschädigten nachteilig ausgewirkt haben und dementsprechend unterschiedlich berechnet werden: Der zu ersetzende Vermögensnachteil kann in dem Betrag bestehen, um den die Gegenleistung des Geschädigten das übersteigt, was er bei Kenntnis der Sachlage höchstens bewilligt hätte, um den er die Sache zu teuer gekauft hat oder den er für den Erwerb oder die bestimmungsgemäße Verwendung zuviel aufgewendet hat. Maßgebend für die Schadensbestimmung ist das Zurückbleiben des von dem Gläubiger Empfangenen hinter dem hypothetischen Wert, den ein erwartungsgerechter Vertrag für den Geschädigten gehabt hätte (Stoll aaO).
- 22
- bb) Der Vertrauensschaden des Käufers kann demzufolge auch in dessen Mehraufwand nach dem Erwerb der Sache bestehen, wenn dieser wegen der Aufklärungspflichtverletzung des Verkäufers darauf vertrauen durfte, dass sein Gesamtaufwand für die nach dem Vertrag vorgesehene Verwendung der Kaufsache den Kaufpreis nicht übersteigen wird (BGHZ 111, 75, 83; Senat, Urt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77; Urt. v. 6. April 2001, V ZR 364/99, NJW 2001, 2875, 2877).
- 23
- (1) So ist es hier. Der Kaufvertrag über das Fabrikgrundstück war die Grundlage für eine Industrieansiedlung mit einem im Kaufvertrag vereinbarten Investitionsvolumen von 80 Millionen DM. Die Käuferin konnte nach den Verhandlungen über die Ansiedlung in der beklagten Gemeinde davon ausgehen, dass im Falle der Entscheidung für den Bau der Fabrik an diesem Standort die mit dem Kaufpreis von 18 DM/m² bestimmte Obergrenze des Aufwands für den Grunderwerb nicht durch weitere auf das Grundstück bezogene Beiträge für dessen Erschließung überschritten werden wird. Die Käuferin hat im Vertrauen darauf, dass in einem absehbaren Zeitraum von zumindest 20 Jahren keine weiteren Erschließungskosten anfallen (so lange hätte die zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages vorhandene Kläranlage nach den getroffenen Feststellungen im Berufungsurteil funktionstüchtig bleiben sollen) das Grundstück erworben und die Fabrik errichtet. Die von dem Zweckverband erhobenen Herstellungsbeiträge sind danach der Betrag, um den der Wert des geschlossenen Vertrages hinter dem hypothetischen Wert eines erwartungsgerechten Vertrages zurückbleibt.
- 24
- (2) Entgegen der Ansicht der Revision ist es für die Ersatzpflicht der Beklagten bedeutungslos, dass von dieser in den Verhandlungen die künftigen Kosten nicht angesprochen, sondern die Belastungen verschwiegen wurden. Der erhöhte Aufwand des Käufers wird auch bei einem Schweigen des Verkäufers von dem Schutzweck der verletzten Aufklärungspflicht erfasst, wenn dieser - wie hier - nach den Umständen über die voraussichtlich entstehenden Mehrkosten hätte aufklären müssen. Der Verkäufer muss dann auch für Mehraufwendungen des Käufers aus der Verwendung der Kaufsache einstehen, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig dem Käufer die für dessen Vertragsentschluss wichtigen Umstände verschwiegen hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2876). Eine zumindest fahrlässige Zurückhaltung der für den Vertragsentschluss der Käuferin wichtigen Informationen hat das Berufungsgericht indessen rechtsfehlerfrei festgestellt.
III.
- 25
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommene Anschlussrevision wegen des abgewiesenen Teils des Zinsanspruchs hat zu keiner Erhöhung des Streitwerts geführt (BGH, Beschl. v. 17. Mai 1984, X ZR 82/83, NJW 1984, 2952, 2953).
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 19.10.2005 - 3 O 2471/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 18.07.2007 - 4 U 1119/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 14. März 2007 verkaufte der Beklagte der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin) unter anderem ein mit einem Einkaufszentrum bebautes Grundstück in M. . Der Kaufpreis von 11.779.699 € war durch Multiplikation der Jahresmieten mit dem Faktor 11,33 errechnet worden. Die Richtigkeit dieser Mieten wurde von dem Beklagten garantiert.
- 2
- Von der mehr als 7.000 qm großen Gesamtfläche des Einkaufszentrums war mehr als die Hälfte durch Verträge aus den Jahren 1993 und 1994 für die Dauer von 15 Jahren an die S. AG (im Folgenden: Hauptmieter) für umgerechnet 12,42 €/qm vermietet. Diese nutzte die Flächen im Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses allerdings nicht mehr selbst, sondern hatte sie, mit Ausnahme einer leerstehenden Teilfläche von etwa 900 qm, untervermietet. Der aus den Untermietverhältnissen durchschnittlich erzielte Mietzins betrug bei Abschluss des Kaufvertrages 3,38 €/qm. Der Schuldnerin war aufgrundeines Exposés bekannt , dass Teile der von der Hauptmieterin angemieteten Flächen untervermietet waren.
- 3
- In dem notariellen Kaufvertrag garantierte der Beklagte, dass die von den Mietern geschuldete jährliche Nettokaltmiete den in einer Anlage aufgeführten Beträgen entspricht, und dass dem Käufer und seinen Beratern die Mietvertragsunterlagen einschließlich aller Nachträge und Zusatzvereinbarungen sowie der Mieterkorrespondenz übergeben werden. Ferner heißt es in dem Vertrag, die Schuldnerin werde den Kaufgegenstand in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht überprüfen lassen (due dilligence) und behalte sich daher das Recht vor, innerhalb von neun Tagen nach Vertragsschluss Nachverhandlungen zu verlangen, bei deren Scheitern jede Partei vom Vertrag zurücktreten könne.
- 4
- Im Hinblick auf die von den Hauptmieten erheblich abweichenden Untermieten hat die Schuldnerin von dem Beklagten Zahlung von 2.794.340,56 € verlangt. Der Beklagte hat im Wege der Widerklage die Freigabe von Mietausfallbürgschaften verlangt, die er der Schuldnerin vertragsgemäß gestellt hatte. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Schuldnerin - unter Feststellung der Erledigung des mit der Widerklage verfolgten Anspruchs - zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger, der als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin den Rechtsstreit aufgenommen hat, die Anträge auf Zahlung und auf Abweisung der Widerklage weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht meint, der Beklagte sei nicht gehalten gewesen, die Schuldnerin unaufgefordert über die Höhe der Untermieten zu informieren. Die Schuldnerin habe gewusst, dass die Hauptmietverträge nur noch eine kurze Laufzeit gehabt hätten, und dass die von der Hauptmieterin angemieteten Flächen untervermietet gewesen seien. Ihr sei daher das Risiko bekannt gewesen, bei der anschließenden Neuvermietung die bis dahin erzielten Mieten nicht mehr realisieren zu können. Jedenfalls habe der Beklagten davon ausgehen dürfen.
II.
A.
Zur Klage- 6
- Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 7
- 1. Ohne Rechtsfehler verneint das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Schuldnerin nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2 BGB wegen schuldhafter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht durch den Beklagten. Dieser musste die Schuldnerin nach den gegebenen Umständen nicht ungefragt darauf hinweisen, dass die von der Hauptmieterin erzielten Untermieten weniger als ein Viertel der im Kaufvertrag garantierten (und von der Hauptmieterin tatsächlich gezahlten) Hauptmieten betrugen.
- 8
- a) Allerdings besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Vertragsanschauung redlicherweise erwarten darf (Senat, Urteile vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34 und vom 11. November 2011 - V ZR 245/10, NJW 2012, 846, 847 Rn. 6; BGH, Urteil vom 11. August 2010 - XII ZR 192/08, NJW 2010, 3362 Rn. 22 jeweils mwN). Dabei kann der Verkäufer auch verpflichtet sein, den Käufer über Umstände aufzuklären, die für dessen Preiskalkulation wesentlich sind, wenn er erkennt, dass der Käufer sein Angebot auf der Grundlage falscher Vorstellungen abgibt (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 1972 - VIII ZR 32/71, WM 1972, 854, 856).
- 9
- Eine erhebliche Diskrepanz zwischen den vereinbarten Mieten für das Kaufobjekt und die von dem Mieter erzielten Untermieten kann ein solcher Umstand sein. Da sich ein vertraglich vereinbarter Mietzins in der Regel nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten bildet, gilt der zur Zeit des Vertragsabschlusses von dem Eigentümer aus dem Grundstück gezogene Nutzen nach der Verkehrsanschauung als ein sicherer Maßstab und als eine der wichtigsten Grundlagen für die Ertragsfähigkeit und damit für die Wertschätzung eines Hausgrundstücks (Senat , Urteile vom 19. Oktober 1980 - V ZR 51/87, NJW 1981, 45, 46 und vom 5. Oktober 2001 - V ZR 275/00, WM 2002, 195, 196; Beschluss vom 10. Januar 2008 - V ZR 81/07, Grundeigentum 2008, 983, 984); dies ist auch der Grund dafür , dass die tatsächlichen Mieterträge - wie auch hier geschehen - in Grundstückskaufverträgen aufgeführt werden. Vermitteln die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses erzielten Mieten aufgrund besonderer Umstände ein falsches Bild über die Ertragsfähigkeit des Grundstücks, ist also die übliche Schlussfolgerung von den vereinbarten Mieten auf die Ertragsfähigkeit nicht gerechtfertigt, muss der Verkäufer den Käufer hierüber ungefragt aufklären. Der Verkäufer hat den Käufer daher darüber zu informieren, dass die von ihm angegebenen Mieten zwar vereinbart und vereinnahmt worden sind, aber die rechtlich zulässige (vgl. Senat, Urteile vom 2. Dezember 1988 - V ZR 91/87, NJW 1989, 1795 und vom 22. Juni 1990 - V ZR 126/89, NJW-RR 1990, 1161, 1162 und Beschluss vom 10. Januar 2008 - V ZR 81/07, Rn. 16 - Wohnhausgrundstücke) oder die von Kostenträgern als erstattungsfähig anerkannte Höhe (Urteil vom 26. Januar 1996 - V ZR 42/94, NJWRR 1996, 690 - Seniorenheimgrundstück) übersteigen.
- 10
- b) Die Aufklärungspflicht setzt allerdings voraus, dass sich die Fehlvorstellung des Käufers auf Umstände bezieht, die für seinen Kaufentschluss erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juli 1983 - VIII ZR 142/82, WM 1983, 1006, 1007). Davon wird in der Regel auszugehen sein, wenn der Kaufpreis, wie hier, auf der Grundlage der aktuellen Jahresmieten ermittelt wird. Anders kann es sich allerdings verhalten, wenn der Kaufpreis, den ein Käufer zu zahlen bereit ist, nicht an die tatsächliche Nutzung des Grundstücks im Verkaufszeitpunkt anknüpft. So liegt es hier. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe nicht davon ausgehen müssen, dass die Schuldnerin nicht bereit wäre, das Grundstück zu dem vereinbarten Preis zu kaufen, wenn ihr die Diskrepanz zwischen der Höhe der Mieten und der Höhe der Untermieten bekannt wäre, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Kaufpreis war ersichtlich nicht im Hinblick auf die tatsächliche Nutzung des Einkaufszentrums im Verkaufszeitpunkt bestimmt worden; denn diese war von einer bereits mehrjährigen Aufgabe der Nutzung durch den Hauptmieter, einer nur noch zweijährigen Restlaufzeit der (langfristigen) Hauptmietverträge und erheblichen Leerständen bei den vermietbaren Flächen geprägt. Wenn die Schuldnerin in Kenntnis dieser Umstände einen Kaufpreis akzeptierte, der auf der Grundlage der von der Hauptmieterin - ersichtlich nur noch mit Rücksicht auf ihre Bindung an die 1993 bzw. 1994 geschlossenen Mietverträge - gezahlten Mieteinnahmen bemessen war, durfte der Beklagte davon ausgehen, dass die Schuldnerin - eine Investmentgesellschaft - eigene Pläne hinsichtlich des Einkaufszentrums verfolgte, mit denen sie die Erwartung verband, einen entsprechenden Ertrag aus dem Grundstück zu erwirtschaften.
- 11
- 2. Das Berufungsurteil ist jedoch deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht den vorgetragenen Sachverhalt nicht unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten gewürdigt hat. Es hat nicht berücksichtigt, dass die Klage wegen eines Schadensersatzanspruchs nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen Nichterfüllung einer im Kaufvertrag vereinbarten Informationspflicht begründet sein kann.
- 12
- a) Ein Verkäufer kann sich vertraglich dazu verpflichten, dem Käufer bestimmte Auskünfte zu erteilen oder Unterlagen vorzulegen. Die in einem Kaufvertrag vereinbarten Informationspflichten können über das hinausgehen, was der Verkäufer auf Grund der sich aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB ergebenden Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Käufers mitzuteilen verpflichtet ist (vgl. B. Grunewald, Kaufrecht, § 6 Rn. 9; PWW/D. Schmidt, BGB, 7. Auflage, § 437 Anm. 76).
- 13
- b) So ist es hier. Die Revision verweist dazu auf das Vorbringen der Schuldnerin, dass der Beklagte in dem Kaufvertrag solche Informationspflichten übernommen, aber nicht erfüllt habe.
- 14
- aa) Der Beklagte hat in Nr. 12 des notariellen Vertrags im Hinblick auf die Überprüfung des Kaufgegenstands durch die Schuldnerin garantiert, der Schuldnerin und deren Beratern nicht nur sämtliche Mietvertragsunterlagen, sondern auch die Mieterkorrespondenz zu übergeben. Zu dieser gehörte der von der Schuldnerin im Berufungsrechtszug vorgelegte Schriftwechsel zwischen der Vermögensverwaltung des Beklagten und der Hauptmieterin aus den Jahren 1997, 2002 und 2003, in der diese die Höhe der jeweiligen Untermieten mitteilte und in Bezug darauf - wenn auch vergeblich - um eine teilweise Entlassung aus dem Mietvertrag und um eine Mietminderung bat. Diese Korrespondenz mit den beigefügten Untermietverträgen hätte der Beklagte nach der vertraglichen Vereinbarung vorlegen müssen. Feststellungen, dass er dieser Verpflichtung nachgekommen ist, fehlen, weil das Berufungsgericht seine Prüfung auf die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten beschränkt und sich mit dem auf die vertraglich vereinbarten Informationspflichten bezogenen Vorbringen nicht befasst hat.
- 15
- bb) Dieses Vorbringen ist jedoch erheblich. Der Kläger könnte im Fall der Verletzung der vertraglichen Informationspflicht - wie bei einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung - von dem Beklagten im Wege des Schadensersatzes den Betrag verlangen, um den die Schuldnerin den Kaufgegenstand zu teuer erworben hat (vgl. zum Schadensersatz aus vorvertraglichem Verschulden: Senatsurteile vom 6. April 2001 - V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2877 und vom 19. Mai 2006 - V ZR 264/05, BGHZ 168, 35, 39 Rn. 22). Diese Gleichstellung in den Rechtsfolgen ist deshalb geboten, weil die Überprüfung des Kaufgegenstands - zu deren Durchführung die Unterlagen vorzulegen waren - über den Zeitpunkt des Vertragsschlusses andauerte und die Schuldnerin sich das Recht vorbehalten hatte , noch nach dem Vertragsschluss innerhalb einer bestimmten Frist eine Nachverhandlung zur Anpassung des Vertrages zu verlangen.
- 16
- Dass die Schuldnerin von diesem Recht auch dann keinen Gebrauch gemacht hätte, wenn der Beklagte seine Informationspflicht durch Vorlage der Unterlagen erfüllt und die Schuldnerin dadurch von den Untermieten und dem darauf gestützten Begehren der Mieterin auf Herabsetzung der Mieten Kenntnis erlangt hätte, ist weder festgestellt noch vorgetragen.
III.
- 17
- Das Berufungsurteil ist deshalb insoweit aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO), da die Sache nicht entscheidungsreif ist. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
- 18
- 1. Ob der Beklagte seiner vertraglichen Informationspflicht durch Vorlage der Mieterkorrespondenz nachgekommen ist, wird noch festzustellen sein.
- 19
- 2. Der Kläger hätte darzulegen und zu beweisen, dass im Fall der Erfüllung der Informationspflicht es für die Schuldnerin vernünftigerweise nur die Möglichkeit gegeben hätte, in Ausübung ihres vertraglichen Rechts eine Vertragsanpassung zu verlangen. Verhielt es sich so, wäre zugunsten des Klägers der bei der Verletzung von Aufklärungspflichten geltende Grundsatz anzuwenden, dass derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt, beweispflichtig dafür ist, dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte (vgl. Senat, Urteile vom 6. April 2001 - V ZR 402/99, NJW 2001, 2021, 2022 und vom 30. November 2007 - V ZR 284/06, NJW 2008, 649, 650 Rn. 10), weil der Geschädigte die Informationen über die Untermieten und das Begehren des Mieters auf Herabsetzung der Miete unbeachtet gelassen und den Vertrag so wie geschehen abgeschlossen hätte .
- 20
- 3. Sollte eigewandt werden, dass die Schuldnerin auf die ihr angebotenen Informationen über die Untermietverhältnisse verzichtet habe, wäre dies von dem Beklagten darzulegen und zu beweisen.
- 21
- 4. Ein dem Kläger wegen schuldhafter Verletzung vertraglicher Informationspflichten zuzuerkennender Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wäre nicht nach § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen. Im Fall einer Verletzung von Informationspflichten kommt ein Mitverschulden desjenigen, dem die zu erteilenden Informationen vorenthalten wurden, nämlich nur unter besonderen Umständen zur Anrechnung, da sich dieser auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihm erteilten Informationen verlassen darf (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - III ZR 249/09, BGHZ 186, 152, 159 Rn. 21 mwN). Daran ändert auch die Mitteilung in dem Kaufvertrag nichts, dass die Schuldnerin den Kaufgegenstand in technischer, wirtschaftlicher und rechtlicher Hinsicht einer Überprüfung (Due Diligence) unterziehen werde. Ob sich aus einer solchen Vertragsbestimmung eine vorvertragliche Obliegenheit des Käufers ergibt, den Kaufgegenstand sachverständig untersuchen zu lassen (verneinend: Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 846, 848; grundsätzlich bejahend: Hasselbach/Ebbinghaus, DB 2012, 216, 221), kann hier dahinstehen.
Ein Mitverschulden des Käufers ist nämlich zu verneinen, wenn er - wie es hier die Schuldnerin unter Einschaltung von Anwälten und Unternehmensberatern getan hat - eine solche Risikoprüfung durchgeführt, der Verkäufer jedoch seine vertraglichen Informationspflichten durch die Vorlage unvollständiger Unterlagen verletzt hat (vgl. OLG München, Urteil vom 26. Juli 2006 - 7 U 2128/06, Rn. 115, juris).
B.
Zur Widerklage- 22
- Diese ist zu Recht abgewiesen worden, weil die Bürgschaft nach Nr. 3.1.5 des Kaufvertrags zurückzugeben war, nachdem feststand, dass die verbürgte Verbindlichkeit des Verkäufers durch den Ablauf der Mietzeit erloschen war. Ein Zurückbehaltungsrecht der Schuldnerin nach § 273 BGB besteht aus den in dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Gründen des erstinstanzlichen Urteils nicht. Die Revision hat insoweit auch nichts vorgebracht. Stresemann Lemke Schmidt-Räntsch Czub Kazele
LG Hamburg, Entscheidung vom 07.05.2009 - 333 O 178/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 23.02.2011 - 4 U 86/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 1. September 1998 erwarb der Kläger von der G. GmbH ein mit einem Mehrfamilienhaus und einer Gewerbehalle bebautes Grundstück in W. zum Preis von 750.000 DM. Den Kaufpreis setzten die Vertragsparteien später einvernehmlich auf 740.000 DM herab. Der Beklagte, der damals einer der beiden Geschäftsführer der Verkäuferin war, hatte dem Kläger vor Abschluss des Vertrages mehrfach erklärt, das Dach der Gewerbehalle sei kurz zuvor erneuert worden. Tatsächlich hatte er 1997 auf dem schadhaften Dachbelag nur eine neue Schalung und darauf eine Bitumenbahn sowie eine Schweißbahn aufbringen lassen. In der Folgezeit kam es zu Feuchtigkeitsschäden im Bereich des Dachs. Ausweislich eines von dem Kläger eingeholten Angebots beliefen sich die Kosten für den kompletten Abriss der Dacheindeckung und die vollständige Erneuerung des Dachs auf 259.891,14 DM. Der Kläger zahlte auf den Kaufpreis nur 680.000 DM. Er erklärte zunächst die Minderung und später in Höhe des Restkaufpreises die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch von mindestens 60.000 DM. Die Zwangsvollstreckung der Verkäuferin wurde insoweit für unzulässig erklärt. Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger zunächst die Verkäuferin und den Beklagten als Gesamtschuldner auf weiteren Schadensersatz in Höhe von 199.891,14 DM nebst Zinsen sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des weitergehenden Schadens in Anspruch genommen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verkäuferin hat das Landgericht angeordnet, die Ansprüche gegen sie und den Beklagten in getrennten Prozessen zu verhandeln. Im vorliegenden Rechtsstreit verfolgt der Kläger sein Begehren gegenüber dem Beklagten weiter.
- 2
- Das Landgericht hat dem Kläger 18.227,56 € zuerkannt und die weitergehende Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Rechtsmittel des Klägers, mit dem dieser die Zahlung weiterer 83.975,16 € nebst Zinsen sowie die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich des darüber hinausgehenden Schadens begehrt hat, hatte keinen Erfolg. Die Berufung des Beklagten führte zur vollständigen Klageabweisung. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob der Beklagte arglistig gehandelt hat, als er dem Kläger erklärte, das Dach sei kurz zuvor erneuert worden. Es verneint aus rechtlichen Gründen einen Schadensersatzanspruch des Klägers, weil allein eine Haftung aus unerlaubter Handlung in Betracht komme. Da der Kläger danach lediglich Anspruch auf das negative Interesse habe, könne er verlangen, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Beklagte ihn nicht über den tatsächlichen Umfang der durchgeführten Dacharbeiten getäuscht hätte. Demnach könne er gegebenenfalls beanspruchen, so gestellt zu werden, als habe er den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Ein auf Rückabwicklung des Vertrages gerichteter Anspruch sei jedoch nicht Gegenstand der Klage. Zwar könne der Ersatzanspruch in Ausnahmefällen auch auf das Erfüllungsinteresse gerichtet sein. Das gelte etwa dann, wenn ohne das schuldhafte Verhalten des Schädigers ein anderer, für den Geschädigten günstigerer Vertrag mit demselben Vertragspartner oder einem Dritten zustande gekommen wäre, doch sei dafür vorliegend nichts ersichtlich. Auf Ersatz des positiven Interesses, das der Kläger mit seinem Begehren auf Ersatz der notwendigen Reparaturkosten geltend mache, sei der deliktische Anspruch nicht gerichtet. Es sei auch nicht gerechtfertigt, den allein aus unerlaubter Handlung haftenden Schädiger haftungsrechtlich dem nach Gewährleistungsrecht haftenden Verkäufer gleichzustellen.
II.
- 4
- Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
- 5
- 1. Da das Berufungsgericht offen gelassen hat, ob die subjektiven Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB erfüllt sind, ist der diesbezügliche Sachvortrag des Klägers im Revisionsrechtszug zu seinen Gunsten zu unterstellen.
- 6
- 2. Dem Schadensersatzbegehren steht entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht entgegen, dass der Kläger ursprünglich die Minderung erklärt hat. Abgesehen davon, dass er schon mangels Vollzuges der Minderung (§ 465 BGB a.F.) sein Wahlrecht hinsichtlich der ihm gegen die Verkäuferin zustehenden Gewährleistungsansprüche nicht verloren hat (vgl. BGH, Urteile vom 8. Januar 1959 - VIII ZR 174/57, BGHZ 29, 148, 151; vom 24. November 1982 - VIII ZR 263/81, BGHZ 85, 367, 372 und vom 11. Juli 1990 - VIII ZR 219/89, NJW 1990, 2680, 2681), macht der Kläger vorliegend keinen Gewährleistungsanspruch, sondern einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend, und zwar gegen den Beklagten, der am Kaufvertrag nicht als Verkäufer beteiligt war und für dessen Haftung die sich aus §§ 459 ff. BGB a.F. ergebenden Beschränkungen nicht zum Tragen kommen.
- 7
- 3. Der Umfang der gegebenenfalls bestehenden Ersatzpflicht des Beklagten bestimmt sich, da das behauptete schädigende Ereignis vor dem 1. August 2002 eingetreten ist, nach den Vorschriften der §§ 249 ff. BGB in der seinerzeit geltenden Fassung (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB).
- 8
- a) Ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, ist nach der sogenannten Differenzhypothese grundsätzlich durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit der- jenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen (Senatsurteil vom 3. Juli 1984 - VI ZR 264/82, VersR 1984, 944; BGH, Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217; BGH, Urteile vom 15. Dezember 1982 - VIII ZR 315/80, BGHZ 86, 128, 130; vom 10. Dezember 1986 - VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182, 196; vom 30. Mai 2000 - IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2670 [insoweit in BGHZ 144, 343 nicht abgedruckt] und vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, VersR 1998, 906). Der nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zum Schadensersatz Verpflichtete hat lediglich den Differenzschaden zu ersetzen (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2010 - VIII ZR 65/09, NJW-RR 2010, 1579 Rn. 15 m.w.N.; Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 249 Rn. 195; Staudinger /Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 437 Rn. 56; Schermaier, JZ 1998, 857 f. [Anm. zum Senatsurteil vom 25. November 1997 - VI ZR 402/96, VersR 1998, 245 = JZ 1998, 855 = MDR 1998, 266]). Davon zu unterscheiden ist der Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses. Dieses ist zu ersetzen, wenn der Anspruchsinhaber verlangen kann, so gestellt zu werden, als ob eine Verbindlichkeit ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Da die deliktische Haftung nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpft , stellt sich im Deliktsrecht die Frage nach dem Erfüllungsinteresse als solche nicht (vgl. MünchKommBGB/Oetker, 5. Aufl., § 249 Rn. 125). Der deliktische Schadensersatzanspruch richtet sich allein auf das "Erhaltungsinteresse" (Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3. Aufl., S. 67, § 2 IV 4.).
- 9
- Das gilt für die deliktische Haftung grundsätzlich auch dann, wenn sie neben einer vertraglichen Schadensersatzpflicht besteht. Der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte (vgl. Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl., S. 323 Rn. 867). Dieser Grundsatz findet bei einem Kaufvertrag jedenfalls dann Anwendung, wenn dieser aufgrund falscher Angaben eines Dritten zustande gekommen ist. Die im Gewährleistungsrecht verankerte Besserstellung des Käufers (vgl. § 463 BGB a.F.) ist nur gerechtfertigt, weil sie auf einem Rechtsgeschäft beruht, denn nur dieses, nicht aber die unerlaubte Handlung, kann den Käufer besser stellen, als er vorher stand. Der Käufer kann nur von dem Verkäufer Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die unerlaubte Handlung eines Dritten kann nicht dazu führen, dass dieser haftungsrechtlich wie ein Verkäufer behandelt wird (Tiedtke, DB 1998, 1019, 1020; Schaub, ZEuP 1999, 941, 951 f.).
- 10
- Allerdings muss der Differenzschaden nicht notwendigerweise geringer sein als das positive Interesse des Geschädigten an der Vertragserfüllung. So ist anerkannt, dass die Anwendung der Differenzhypothese in dem Fall, in dem der Geschädigte nachweist, dass er ohne die für den Abschluss des Vertrages ursächliche Täuschungshandlung einen anderen, günstigeren Vertrag - mit dem Verkäufer oder einem Dritten - abgeschlossen hätte, im Ergebnis das Erfüllungsinteresse verlangen kann, und zwar deswegen, weil der Schaden in diesem Ausnahmefall dem Erfüllungsinteresse entspricht (vgl. Tiedtke, aaO, S. 1019; Rust, NJW 1999, 339; Imping, MDR 1998, 267 [Anm. zum Senatsurteil vom 25. November 1997 - VI ZR 402/96, aaO]).
- 11
- b) Nach diesen Grundsätzen geht das Berufungsgericht zutreffend davon aus, dass der Kläger verlangen kann, so gestellt zu werden, wie er stünde, wenn der Beklagte ihn nicht über den tatsächlichen Umfang der durchgeführten Dacharbeiten getäuscht hätte. Mithin könnte er gegebenenfalls beanspruchen, so gestellt zu werden, als habe er den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages macht er jedoch nicht geltend. Vielmehr will er das Kaufgrundstück behalten und daneben den ihm "aus dem Erwerb entstandenen Schaden" ersetzt erhalten. Diesen Schaden will er anhand der Kosten berechnen, die nach seiner Behaup- tung zur Mängelbeseitigung erforderlich sind. In der Sache ist sein Begehren mithin darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als wäre das Dach der Gewerbehalle , wie vom Beklagten vor Vertragsabschluss erklärt, tatsächlich erneuert worden. Damit beansprucht er aber das Erfüllungsinteresse, denn er möchte im Ergebnis so gestellt werden, als hätte die Verkäuferin den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Ein solcher Anspruch steht ihm jedenfalls gegenüber dem Beklagten als Drittem nach den für Ersatzansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß § 249 Satz 1 BGB a.F. maßgebenden Grundsätzen der Differenzhypothese nicht zu.
- 12
- c) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Kläger habe zumindest einen Anspruch auf den Betrag von 18.227,56 € (35.650 DM), der ihm in erster Instanz zuerkannt worden sei. Das Landgericht hat der Schadensbestimmung ersichtlich die für die Berechnung der Minderung maßgebende Vorschrift des § 472 Abs. 1 BGB a.F. zugrunde gelegt. Es hat dabei nicht beachtet, dass für den vom Kläger gegen den Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung nicht die Regeln des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts zur Anwendung gelangen. Vielmehr ist der Schaden, wie dargelegt , nach der sogenannten Differenzhypothese durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen. Dafür, dass der Kläger einen geminderten Kaufpreis hätte zahlen müssen, wenn der Beklagte nicht erklärt hätte, dass das Dach der Gewerbehalle vor kurzem erneuert worden sei, ist jedoch nichts ersichtlich. Sachvortrag dazu zeigt die Revision auch nicht auf. Soweit sie geltend macht, nach ständiger Rechtsprechung könne der Käufer den Wertunterschied zwischen der mangelfreien und der mangelhaften Sache durch Ermittlung der für eine Herrichtung des Kaufgegenstands in einen mangelfreien Zustand erforderlichen Kosten berechnen, lässt sie außer Acht, dass der Kläger gegen den Beklagten keine kaufrechtlichen Ge- währleistungsansprüche hat und der von ihm allein auf unerlaubte Handlung gestützte Schadensersatzanspruch eben nicht auf das Erfüllungsinteresse gerichtet ist.
- 13
- d) Etwas anderes lässt sich auch nicht der früheren höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen. Der vom Berufungsgericht zitierten Entscheidung des Reichsgerichts (RG, Urteil vom 10. November 1921 - VI 195/21, RGZ 103, 154) lag ein mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Soweit das Reichsgericht in älteren Urteilen angenommen hat, der deliktische Anspruch des getäuschten Käufers könne ausnahmsweise auf das positive Interesse gerichtet sein (RG, Urteile vom 12. November 1904 - V 227/04, RGZ 59, 155, 157; vom 28. März 1906 - V 356/05, RGZ 63, 110, 112; und vom 2. Oktober 1907 - V 8/07, RGZ 66, 335, 337), betrafen die zugrunde liegenden Fallgestaltungen nicht die Haftung eines Dritten aus unerlaubter Handlung (vgl. Schaub, aaO S. 952). Auch die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1959 - VIII ZR 125/58, NJW 1960, 237, 238) betraf allein die Haftung des Verkäufers. Die Frage, ob der Käufer, der den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, von dem Verkäufer gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB das positive Interesse verlangen kann, ist dort erörtert, letztlich aber offen gelassen worden. Soweit in dem Senatsurteil vom 25. November 1997 (VI ZR 402/96, aaO) in einer für das Ergebnis der Entscheidung nicht tragenden Be- merkung zum Umfang des Anspruchs des Käufers auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung Abweichendes ausgeführt ist, wird daran nicht festgehalten.
- 14
- 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Diederichsen Pauge von Pentz
LG Wuppertal, Entscheidung vom 20.11.2008 - 17 O 469/00 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 21.10.2009 - I-19 U 8/09 -
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 13. Januar 2012 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 9.531,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juni 2010 zu zahlen sowie die Kläger von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte ...[A] in Höhe von 949,14 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger 52 % und die Beklagte 48 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
- 1
Die Kläger begehren von der Beklagten wegen arglistiger Täuschung über die Asbesthaltigkeit des Daches des von ihnen durch Vermittlung der Beklagten erworbenen Hauses die Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Maklerprovision in Höhe von 9.531,90 € sowie Schadensersatz in Höhe von 10.447,62 € für die Neueindeckung des Daches nach einem Abzug von „neu für alt“ in Höhe von 50 %.
- 2
Das Landgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung der Maklerprovision in Höhe von 9.531,90 € nebst Zinsen sowie zur Zahlung von 4.997,18 € Schadensersatz nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass die Beklagte durch ihren Mitarbeiter ...[B] die Frage der Kläger nach der Asbesthaltigkeit der Dacheindeckung wissentlich und willentlich falsch beantwortet habe. Die Beklagte sei deshalb sowohl zur Rückzahlung der erhaltenen Maklerprovision verpflichtet als auch zur Leistung von Schadensersatz, der sich nicht lediglich auf den Vertrauensschaden beschränke. Vielmehr habe die Beklagte die Kläger so zu stellen, wie wenn der Fehler nicht vorgelegen hätte. Anderenfalls stünde nämlich dem Käufer ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch allenfalls gegen den Verkäufer zu, der sich wiederum möglicherweise an den Makler halten könne. In Anbetracht des Alters des Daches von 30 Jahren bei einer anzunehmenden Lebenszeit eines mit Kunstschiefer gedeckten Daches von 40 Jahren sei jedoch ein Abzug „neu für alt“ in Höhe von 75 % vorzunehmen, weshalb sich lediglich ein Schadensersatzbetrag in Höhe von 4.997,18 € ergebe. Ferner stehe den Klägern aus dem Gesichtspunkt des Verzuges ein Freistellungsanspruch hinsichtlich der durch die vorgerichtliche Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten verursachten Kosten in Höhe von 1.101,46 € zu. Auch der weiter mit der Klage geltend gemachte Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Klägern sämtlichen weiteren Schaden, der ihnen aus der Verletzung der vertraglichen Verpflichtung aus dem Maklervertrag durch die Beklagte entstanden sei, zu ersetzen, sei zulässig und begründet.
- 3
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, soweit sie zur Zahlung eines Betrages über 9.531,90 € hinaus sowie zur Freistellung von Gebührenansprüchen über einen Betrag in Höhe von 949,14 € hinaus verurteilt und ihre Schadensersatzverpflichtung festgestellt wurde.
- 4
Die Beklagte macht geltend, den Klägern stehe der begehrte Schadensersatz nicht zu, da diese nicht besser gestellt werden könnten, als wenn die Beklagte den Maklervertrag pflichtgemäß erfüllt hätte. Den Ersatz des positiven Interesses könnten sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur direkt von dem Verkäufer erlangen, nicht jedoch von dem das Geschäft vermittelnden Makler.
- 5
Die Beklagte beantragt,
- 6
das Urteil des Landgerichts abzuändern, soweit die Beklagte zur Zahlung eines Betrages über 9.531,90 € hinaus sowie zur Freistellung von Gebührenansprüchen über einen Betrag in Höhe von 949,14 € hinaus verurteilt wurde und die Klage entsprechend abzuweisen.
- 7
Die Kläger beantragen,
- 8
die Berufung zurückzuweisen
- 9
und verteidigen das landgerichtliche Urteil.
- 10
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 11
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
- 12
Die Klage ist, soweit sie mit der Berufung angegriffen wird, nicht begründet. Den Klägern steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ebenso wie der Anspruch auf Feststellung einer weiteren Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht zu.
- 13
Aufgrund der insoweit rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts ist davon auszugehen, dass der Zeuge ...[B] als Mitarbeiter der Beklagten die Kläger arglistig über die Asbesthaltigkeit des von ihnen erworbenen Hauses getäuscht hat und deshalb die Kläger berechtigt sind, von der Beklagten aufgrund dieser Pflichtverletzung nicht nur den gezahlten Maklerlohn zurückzuverlangen, sondern auch Schadensersatz zu fordern. Jedoch beschränkt sich dieser Schadensersatzanspruch der Kläger auf das sogenannte negative Interesse, denn die Kläger haben lediglich einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie sie stünden, wenn die Täuschung nicht erfolgt wäre.
- 14
Hierbei ist nicht entscheidend, ob die Beklagte aufgrund einer Verletzung des direkt mit den Klägern geschlossenen Maklervertrages haftet oder allein aus Deliktsrecht, da in beiden Fällen der grundsätzlich gegebene Ersatzanspruch nicht auf das positive Interesse, also auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens, gerichtet ist, sondern ausschließlich auf den Ausgleich des Vertrauensschadens (vgl. BGH Report 2002, 397 sowie BGH NJW 2011, 1962). Denn der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte. Dieser Grundsatz gilt bei einem Kaufvertrag jedenfalls dann, wenn dieser aufgrund falscher Angaben eines Dritten zustande gekommen ist. Die im Gewährleistungsrecht verankerte Besserstellung des Käufers ist nur gerechtfertigt, weil sie auf einem Rechtsgeschäft beruht, denn nur dieses, nicht aber die unerlaubte Handlung, kann den Käufer besser stellen, als er vorher stand. Der Käufer kann nur von dem Verkäufer Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die unerlaubte Handlung eines Dritten kann nicht dazu führen, dass dieser haftungsrechtlich wie ein Verkäufer behandelt wird (so BGH NJW 2011, 1962). Dies gilt auch dann, wenn die unerlaubte Handlung des Dritten im Rahmen eines Maklervertrages mit diesem erfolgte und deshalb der Käufer einen Schadensersatzanspruch gegen den Dritten aus der Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Nebenpflichten hat (vgl. BGH Report 2002, 397).
- 15
Vorliegend verlangen die Kläger so gestellt zu werden, wie sie stünden, wenn die Beklagte sie nicht über die Art der Dacheindeckung getäuscht hätte. Sie könnten daher gegebenenfalls verlangen, so gestellt zu werden, als hätten sie den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages machen sie jedoch nicht geltend, vielmehr möchten sie das Kaufgrundstück behalten und daneben den ihnen „aus dem Erwerb entstandenen Schaden, den sie auf die Kosten der Mängelbeseitigung beziffern“, ersetzt erhalten. In der Sache ist das Begehren der Kläger mithin darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als wäre das Dach des Hauses, wie von der Beklagten vor Vertragsabschluss erklärt, ohne Asbest errichtet worden. Damit beanspruchen sie jedoch das Erfüllungsinteresse, denn im Ergebnis möchten sie so gestellt werden, als hätte der Verkäufer den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Ein solcher Anspruch steht ihnen jedoch gegenüber der Beklagten als Drittem nicht zu.
- 16
Die von dem Landgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW-RR 2004, 1196) ist insoweit, worauf die Berufung zutreffend hinweist, nicht einschlägig. Sie betrifft zwar ebenfalls einen Schadensersatzanspruch wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels beim Grundstücksverkauf, jedoch die Haftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer und nicht die Haftung des Maklers gegenüber dem Käufer. In dem Haftungsverhältnis des Verkäufers gegenüber dem Käufer ist jedoch eine Haftung des Verkäufers auf Ersatz des positiven Interesses ohne weiteres anzunehmen, hier jedoch nicht streitgegenständlich.
- 17
Da die Klage somit im Umfang des Berufungsangriffs unbegründet ist, ist auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.
- 18
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
- 19
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
- 20
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.497,18 € festgesetzt (Differenz der Verurteilung zu 14.529,08 € zu den von der Beklagten anerkannten 9.531,90 €, somit 4.997,18 € sowie Wert des Feststellungsausspruchs von 2.500 €).
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 13. Januar 2012 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 9.531,90 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. Juni 2010 zu zahlen sowie die Kläger von Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte ...[A] in Höhe von 949,14 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger 52 % und die Beklagte 48 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
- 1
Die Kläger begehren von der Beklagten wegen arglistiger Täuschung über die Asbesthaltigkeit des Daches des von ihnen durch Vermittlung der Beklagten erworbenen Hauses die Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Maklerprovision in Höhe von 9.531,90 € sowie Schadensersatz in Höhe von 10.447,62 € für die Neueindeckung des Daches nach einem Abzug von „neu für alt“ in Höhe von 50 %.
- 2
Das Landgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung der Maklerprovision in Höhe von 9.531,90 € nebst Zinsen sowie zur Zahlung von 4.997,18 € Schadensersatz nebst Zinsen verurteilt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen sei, dass die Beklagte durch ihren Mitarbeiter ...[B] die Frage der Kläger nach der Asbesthaltigkeit der Dacheindeckung wissentlich und willentlich falsch beantwortet habe. Die Beklagte sei deshalb sowohl zur Rückzahlung der erhaltenen Maklerprovision verpflichtet als auch zur Leistung von Schadensersatz, der sich nicht lediglich auf den Vertrauensschaden beschränke. Vielmehr habe die Beklagte die Kläger so zu stellen, wie wenn der Fehler nicht vorgelegen hätte. Anderenfalls stünde nämlich dem Käufer ein auf das positive Interesse gerichteter Schadensersatzanspruch allenfalls gegen den Verkäufer zu, der sich wiederum möglicherweise an den Makler halten könne. In Anbetracht des Alters des Daches von 30 Jahren bei einer anzunehmenden Lebenszeit eines mit Kunstschiefer gedeckten Daches von 40 Jahren sei jedoch ein Abzug „neu für alt“ in Höhe von 75 % vorzunehmen, weshalb sich lediglich ein Schadensersatzbetrag in Höhe von 4.997,18 € ergebe. Ferner stehe den Klägern aus dem Gesichtspunkt des Verzuges ein Freistellungsanspruch hinsichtlich der durch die vorgerichtliche Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten verursachten Kosten in Höhe von 1.101,46 € zu. Auch der weiter mit der Klage geltend gemachte Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Klägern sämtlichen weiteren Schaden, der ihnen aus der Verletzung der vertraglichen Verpflichtung aus dem Maklervertrag durch die Beklagte entstanden sei, zu ersetzen, sei zulässig und begründet.
- 3
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, soweit sie zur Zahlung eines Betrages über 9.531,90 € hinaus sowie zur Freistellung von Gebührenansprüchen über einen Betrag in Höhe von 949,14 € hinaus verurteilt und ihre Schadensersatzverpflichtung festgestellt wurde.
- 4
Die Beklagte macht geltend, den Klägern stehe der begehrte Schadensersatz nicht zu, da diese nicht besser gestellt werden könnten, als wenn die Beklagte den Maklervertrag pflichtgemäß erfüllt hätte. Den Ersatz des positiven Interesses könnten sie nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur direkt von dem Verkäufer erlangen, nicht jedoch von dem das Geschäft vermittelnden Makler.
- 5
Die Beklagte beantragt,
- 6
das Urteil des Landgerichts abzuändern, soweit die Beklagte zur Zahlung eines Betrages über 9.531,90 € hinaus sowie zur Freistellung von Gebührenansprüchen über einen Betrag in Höhe von 949,14 € hinaus verurteilt wurde und die Klage entsprechend abzuweisen.
- 7
Die Kläger beantragen,
- 8
die Berufung zurückzuweisen
- 9
und verteidigen das landgerichtliche Urteil.
- 10
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
- 11
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
- 12
Die Klage ist, soweit sie mit der Berufung angegriffen wird, nicht begründet. Den Klägern steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ebenso wie der Anspruch auf Feststellung einer weiteren Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht zu.
- 13
Aufgrund der insoweit rechtskräftigen Feststellungen des Landgerichts ist davon auszugehen, dass der Zeuge ...[B] als Mitarbeiter der Beklagten die Kläger arglistig über die Asbesthaltigkeit des von ihnen erworbenen Hauses getäuscht hat und deshalb die Kläger berechtigt sind, von der Beklagten aufgrund dieser Pflichtverletzung nicht nur den gezahlten Maklerlohn zurückzuverlangen, sondern auch Schadensersatz zu fordern. Jedoch beschränkt sich dieser Schadensersatzanspruch der Kläger auf das sogenannte negative Interesse, denn die Kläger haben lediglich einen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie sie stünden, wenn die Täuschung nicht erfolgt wäre.
- 14
Hierbei ist nicht entscheidend, ob die Beklagte aufgrund einer Verletzung des direkt mit den Klägern geschlossenen Maklervertrages haftet oder allein aus Deliktsrecht, da in beiden Fällen der grundsätzlich gegebene Ersatzanspruch nicht auf das positive Interesse, also auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens, gerichtet ist, sondern ausschließlich auf den Ausgleich des Vertrauensschadens (vgl. BGH Report 2002, 397 sowie BGH NJW 2011, 1962). Denn der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte. Dieser Grundsatz gilt bei einem Kaufvertrag jedenfalls dann, wenn dieser aufgrund falscher Angaben eines Dritten zustande gekommen ist. Die im Gewährleistungsrecht verankerte Besserstellung des Käufers ist nur gerechtfertigt, weil sie auf einem Rechtsgeschäft beruht, denn nur dieses, nicht aber die unerlaubte Handlung, kann den Käufer besser stellen, als er vorher stand. Der Käufer kann nur von dem Verkäufer Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die unerlaubte Handlung eines Dritten kann nicht dazu führen, dass dieser haftungsrechtlich wie ein Verkäufer behandelt wird (so BGH NJW 2011, 1962). Dies gilt auch dann, wenn die unerlaubte Handlung des Dritten im Rahmen eines Maklervertrages mit diesem erfolgte und deshalb der Käufer einen Schadensersatzanspruch gegen den Dritten aus der Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Nebenpflichten hat (vgl. BGH Report 2002, 397).
- 15
Vorliegend verlangen die Kläger so gestellt zu werden, wie sie stünden, wenn die Beklagte sie nicht über die Art der Dacheindeckung getäuscht hätte. Sie könnten daher gegebenenfalls verlangen, so gestellt zu werden, als hätten sie den Kaufvertrag über das Grundstück nicht abgeschlossen. Einen Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages machen sie jedoch nicht geltend, vielmehr möchten sie das Kaufgrundstück behalten und daneben den ihnen „aus dem Erwerb entstandenen Schaden, den sie auf die Kosten der Mängelbeseitigung beziffern“, ersetzt erhalten. In der Sache ist das Begehren der Kläger mithin darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als wäre das Dach des Hauses, wie von der Beklagten vor Vertragsabschluss erklärt, ohne Asbest errichtet worden. Damit beanspruchen sie jedoch das Erfüllungsinteresse, denn im Ergebnis möchten sie so gestellt werden, als hätte der Verkäufer den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt. Ein solcher Anspruch steht ihnen jedoch gegenüber der Beklagten als Drittem nicht zu.
- 16
Die von dem Landgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW-RR 2004, 1196) ist insoweit, worauf die Berufung zutreffend hinweist, nicht einschlägig. Sie betrifft zwar ebenfalls einen Schadensersatzanspruch wegen arglistigen Verschweigens eines Mangels beim Grundstücksverkauf, jedoch die Haftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer und nicht die Haftung des Maklers gegenüber dem Käufer. In dem Haftungsverhältnis des Verkäufers gegenüber dem Käufer ist jedoch eine Haftung des Verkäufers auf Ersatz des positiven Interesses ohne weiteres anzunehmen, hier jedoch nicht streitgegenständlich.
- 17
Da die Klage somit im Umfang des Berufungsangriffs unbegründet ist, ist auf die Berufung der Beklagten das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen.
- 18
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 1, § 100 Abs. 1, § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.
- 19
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.
- 20
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.497,18 € festgesetzt (Differenz der Verurteilung zu 14.529,08 € zu den von der Beklagten anerkannten 9.531,90 €, somit 4.997,18 € sowie Wert des Feststellungsausspruchs von 2.500 €).
(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.
(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Mit notariellem Vertrag vom 30. Juli 1992 kaufte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Käuferin), von der Beklagten, einer Kleinstadt in Thüringen, ein erschlossenes und an eine dezentrale Containerkläranlage angeschlossenes Grundstück von rund 100.000 m² zur Errichtung einer Fabrik. Die Vertragsparteien vereinbarten einen Kaufpreis für das Grundstück von 9 DM/m² sowie einen von der Käuferin für die Erschließung zu zahlenden Betrag von weiteren 9 DM/m². Dieser Betrag sollte nach dem Vertrag unter anderem sämtlichen Aufwand für die Erschließungskosten nach § 127 BauGB und für die Abwasserentsorgung enthalten. Die Käuferin verpflichtete sich zum Bau der Fabrik innerhalb von drei Jahren nach Erteilung der Baugenehmigung mit einer Investitionssumme von 80 Millionen DM. Der Vertrag wurde vollzogen und die Fabrik errichtet.
- 2
- Im Januar 1993 schlossen sich die Beklagte und weitere 36 Gemeinden zu einem Zweckverband zusammen. Dieser errichtete eine zentrale Kläranlage, an die auch das von der Käuferin erworbene Grundstück angeschlossen wurde. Der Zweckverband forderte hierfür Beiträge in Höhe von insgesamt 430.531,25 €, die bis zum 25. August 2003 gezahlt wurden. Die Käuferin erhob vor dem Verwaltungsgericht Anfechtungsklage gegen die Beitragsbescheide. Dieser Rechtsstreit endete mit einem Vergleich. Die Beitragsschuld blieb bestehen ; der Zweckverband zahlte allerdings einen Teilbetrag von 240.652,45 € an die Klägerin zurück und stundete diesen Teil der Beitragsschuld.
- 3
- Die Klägerin hat von der Beklagten zunächst die Erstattung der an den Zweckverband gezahlten Herstellungsbeiträge, hilfsweise die Feststellung der Erstattungspflicht der Beklagten verlangt. Das Landgericht hat der Klage nach dem Hilfsantrag stattgegeben. Nachdem der Zweckverband die Beiträge teilweise zurückgezahlt hatte, hat die Klägerin die Erstattung der an den Zweckverband gezahlten 189.878,80 € zzgl. Zinsen sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz der zurzeit von dem Zweckverband gestundeten 240.652,45 € verlangt. Das Oberlandesgericht hat der Klage in diesem Umfang mit Ausnahme eines Teils der Zinsforderung stattgegeben.
- 4
- Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe:
I.
- 5
- Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz wegen Verschuldens bei Vertragsschluss. Die Beklagte sei bei den Vertragsverhandlungen verpflichtet gewesen, die Käuferin über alle Umstände auf- zuklären, die im Zusammenhang mit den Erschließungskosten in absehbarer Zukunft relevant werden konnten. Indem die Beklagte die Käuferin nicht über die bevorstehende Gründung des Zweckverbandes und die Errichtung der zentralen Kläranlage unterrichtete, habe sie pflichtwidrig Informationen zurückgehalten , die erkennbar von zentraler Bedeutung für den Entschluss der Käuferin gewesen seien, den Vertrag abzuschließen und die Fabrik in der beklagten Gemeinde zu errichten.
- 6
- Die Klägerin habe einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses, weil die Käuferin den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn die Beklagte sie über die bevorstehenden kommunalen Veränderungen und Planungen informiert hätte. Dann hätte sie die an die Beklagte gezahlten Beträge von insgesamt 1.912.068 DM erspart. Die Klägerin dürfe aber nicht besser gestellt werden , als sie stünde, wenn ein dem geschützten Vertrauen entsprechender Vertrag wirksam abgeschlossen und erfüllt worden wäre. Das Erfüllungsinteresse der Käuferin habe darin bestanden, nicht mehr als den im Vertrag vereinbarten Erschließungskostenbeitrag von 956.034 DM zahlen zu müssen. Die nochmals an den Zweckverband zu zahlenden Herstellungsbeiträge in Höhe von 430.531,25 € stellten damit den von der Beklagten zu ersetzenden Schaden dar.
II.
- 7
- Die Revision bleibt ohne Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz in dem im Berufungsurteil zuerkannten Umfang zu.
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei einen Schadensersatzanspruch aus einem Verschulden bei Vertragsschluss gemäß dem hier nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB anzuwendenden Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden Fassung bejaht.
- 9
- a) Entgegen der Ansicht der Revision war die Beklagte verpflichtet, die Käuferin ungefragt darüber zu unterrichten, dass auf Grund der geplanten Errichtung einer zentralen Abwasseranlage durch den in Gründung befindlichen Zweckverband weitere Beitragslasten auf die Käuferin zukommen würden, die über den im Grundstückskaufvertrag in Ansatz gebrachten Betrag für die Erschließung des Fabrikgrundstücks hinausgingen.
- 10
- aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei den Vertragsverhandlungen, auch soweit die Beteiligten entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Verhandelnden die Pflicht, die andere Partei über solche Umstände aufzuklären, die den von ihr verfolgten Vertragszweck vereiteln können und daher für ihren Entschluss zum Vertragsschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern diese eine solche Unterrichtung nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (Senat, Urt. v. 2. März 1979, V ZR 157/77, NJW 1979, 2243; Urt. v. 25. Juni 1982, V ZR 143/81, WM 1982, 960, 961; Urt. v. 26. Januar 1996, V ZR 42/94, NJW-RR 1996, 690; Urt. v. 19. Mai 2006, V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3141 m.w.N., insoweit in BGHZ 168, 35 nicht abgedruckt ). Begrenzt wird der Umfang der vorvertraglichen Informationspflichten dadurch, dass jede Partei grundsätzlich davon ausgehen darf, dass ihr künftiger Vertragspartner im eigenen Interesse sich selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten und die mit dem Vertragsabschluss verbunden Risiken Klarheit verschafft hat. Eine Aufklärungspflicht und Warnpflicht besteht nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) deshalb nur, wenn eine Partei wegen besonderer Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, dass ihr künftiger Vertragspartner nicht hinreichend unterrichtet ist und die Verhältnisse nicht durchschaut (BGH, Urt. v. 16. Januar 1996, XI ZR 151/95, NJW 1996, 1206, 1207; Urt. v. 15.
- 11
- bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Berufungsgericht die Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte rechtsfehlerfrei angenommen.
- 12
- (1) Die Beklagte verfügte über einen Informationsvorsprung. Das ergibt sich aus den von der Revision nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen. Danach hatte nur die beklagte Gemeinde Kenntnis davon, dass auf die sich bei ihr ansiedelnden Investoren zusätzliche Beitragslasten infolge der künftigen Errichtung einer zentralen Kläranlage durch den in Gründung befindlichen Abwasserzweckverband zukommen werden.
- 13
- (2) Die Beklagte war zu einem Hinweis auf diese Umstände verpflichtet. Dass in den neuen Ländern nach der Wiedervereinigung Deutschlands mit derartigen Folgeerschließungen allgemein zu rechnen gewesen sei, steht dem nicht entgegen.
- 14
- Eine Gemeinde muss in den Vertragsverhandlungen einen Investor über die (noch verwaltungsinternen) Absichten unterrichten, wenn diese oder die sich daraus ergebenden Folgen durch Beitragslasten für dessen Vertragsentschluss von wesentlicher Bedeutung sind. Sie muss insbesondere unrichtige Erwartungen des Investors richtigstellen, die sie durch ihre Angaben erst geweckt hat (vgl. BGH, Urt. v. 27. Juni 1991, IX ZR 84/90, WM 1991, 1731, 1733).
- 15
- Für den Entschluss der Käuferin, das Grundstück zu erwerben und an diesem Standort zu investieren, waren die Gesamtkosten des Grunderwerbs von wesentlicher Bedeutung, was sie der Beklagten auch mitgeteilt hatte. Die Beklagte hatte Fehlvorstellungen über den Aufwand aus der Erschließung - ent- gegen der Auffassung der Revision - nach den Feststellungen im Berufungsurteil schon dadurch erweckt, dass sie sich mit der Käuferin auf einen Kaufpreis (einschließlich eines im Kaufvertrag ausdrücklich benannten Anteils für den Erschließungsaufwand ) einigte, der nach den vorhergehenden Erklärungen der Käuferin die Obergrenze des Aufwands für den Erwerb des Fabrikgrundstücks darstellte. Unter diesen Umständen darf der Käufer, der mit den Vertretern der Gebietskörperschaft über die Konditionen einer Gewerbeansiedlung in der Gemeinde verhandelt, nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen Hinweis auf eine nur ihnen bereits absehbare Mehrbelastung aus Beitragslasten einer künftigen öffentlichen Investition erwarten, die in dem im abzuschließenden Kaufvertrag für den Erschließungsaufwand bestimmten Betrag nicht enthalten ist.
- 16
- 2. Nicht von Rechtsfehlern frei ist jedoch die Begründung des Berufungsgerichts zu den Rechtsfolgen der Aufklärungspflichtverletzung.
- 17
- a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht es davon aus, dass die durch eine Pflichtverletzung bei den Vertragsverhandlungen geschädigte Vertragspartei grundsätzlich nur den Ersatz ihres Vertrauensschadens verlangen kann (std. Rspr. BGHZ 114, 87, 94; 142, 51, 62; Senat, BGHZ 168, 35, 39). Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch den Umfang des zu ersetzenden Schadens nach dem Erfüllungsinteresse der Käuferin bestimmt.
- 18
- aa) Der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss ist auf Ersatz des sogenannten negativen Interesses gerichtet (BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901). Der wegen einer Aufklärungspflichtverletzung zu ersetzende Schaden kann nur dann nach dem Erfüllungsinteresse des Geschädigten bemessen werden, wenn bei der gebotenen Aufklärung ein günstigerer Vertrag mit dem bisherigen Vertragspartner oder mit einem Dritten zustande gekommen wäre. Nur wenn der Geschädigte das darlegt und beweist, kann er verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn er diesen günstigeren Vertrag geschlossen hätte (Senat, BGHZ 168, 35, 40 m.w.N.; BGH, Urt. v. 24. Juni 1998, XII ZR 126/96, aaO; vgl. auch BGHZ 108, 200, 207 f.).
- 19
- bb) Bereits daran fehlt es. Dass die Beklagte sich auf eine vertragliche Verpflichtung eingelassen hätte, die Käuferin von weiteren Beitragslasten für die Erschließung des Fabrikgrundstücks freizustellen, hat die Klägerin nicht einmal vorgetragen; Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht auch nicht getroffen. Es kann daher dahinstehen, ob der Einwand der Revision zutrifft, dass dem Ersatzanspruch auf das Erfüllungsinteresse schon der Umstand entgegengestanden hätte, dass eine vertragliche Freistellungsverpflichtung der beklagten Gemeinde einer Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedurft hätte, die jedoch nicht erteilt worden wäre.
- 20
- b) Die Revision bleibt gleichwohl ohne Erfolg, da die Entscheidung in Bezug auf den der Klägerin zugesprochenen Schadensersatzanspruch im Ergebnis richtig ist.
- 21
- aa) Die durch eine Aufklärungspflichtverletzung geschädigte Vertragspartei , die bei anfänglicher Kenntnis der wahren Sachlage den Kaufvertrag nicht abgeschlossen hätte, muss nicht deswegen die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung des Vertrages insgesamt verlangen; es steht ihr nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vielmehr frei, an dem für sie ungünstigen Vertrag festzuhalten und von dem Schädiger den Ersatz des ihr verbliebenen Vertrauensschadens zu verlangen (BGHZ 69, 53, 57; 111, 75, 82; Senat, BGHZ 168, 35, 39). Geschieht das, so bestimmt sich der zu ersetzende Schaden nach den Erwartungen des Geschädigten, die durch den zustande gekommenen Vertrag nicht befriedigt werden (Senat, BGHZ 168, 35, 39; Stoll JZ 1999, 95). Der Vertrauensschaden kann sich in verschiedener Weise im Vermögen des Geschädigten nachteilig ausgewirkt haben und dementsprechend unterschiedlich berechnet werden: Der zu ersetzende Vermögensnachteil kann in dem Betrag bestehen, um den die Gegenleistung des Geschädigten das übersteigt, was er bei Kenntnis der Sachlage höchstens bewilligt hätte, um den er die Sache zu teuer gekauft hat oder den er für den Erwerb oder die bestimmungsgemäße Verwendung zuviel aufgewendet hat. Maßgebend für die Schadensbestimmung ist das Zurückbleiben des von dem Gläubiger Empfangenen hinter dem hypothetischen Wert, den ein erwartungsgerechter Vertrag für den Geschädigten gehabt hätte (Stoll aaO).
- 22
- bb) Der Vertrauensschaden des Käufers kann demzufolge auch in dessen Mehraufwand nach dem Erwerb der Sache bestehen, wenn dieser wegen der Aufklärungspflichtverletzung des Verkäufers darauf vertrauen durfte, dass sein Gesamtaufwand für die nach dem Vertrag vorgesehene Verwendung der Kaufsache den Kaufpreis nicht übersteigen wird (BGHZ 111, 75, 83; Senat, Urt. v. 8. Oktober 1993, V ZR 146/92, NJW-RR 1994, 76, 77; Urt. v. 6. April 2001, V ZR 364/99, NJW 2001, 2875, 2877).
- 23
- (1) So ist es hier. Der Kaufvertrag über das Fabrikgrundstück war die Grundlage für eine Industrieansiedlung mit einem im Kaufvertrag vereinbarten Investitionsvolumen von 80 Millionen DM. Die Käuferin konnte nach den Verhandlungen über die Ansiedlung in der beklagten Gemeinde davon ausgehen, dass im Falle der Entscheidung für den Bau der Fabrik an diesem Standort die mit dem Kaufpreis von 18 DM/m² bestimmte Obergrenze des Aufwands für den Grunderwerb nicht durch weitere auf das Grundstück bezogene Beiträge für dessen Erschließung überschritten werden wird. Die Käuferin hat im Vertrauen darauf, dass in einem absehbaren Zeitraum von zumindest 20 Jahren keine weiteren Erschließungskosten anfallen (so lange hätte die zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrages vorhandene Kläranlage nach den getroffenen Feststellungen im Berufungsurteil funktionstüchtig bleiben sollen) das Grundstück erworben und die Fabrik errichtet. Die von dem Zweckverband erhobenen Herstellungsbeiträge sind danach der Betrag, um den der Wert des geschlossenen Vertrages hinter dem hypothetischen Wert eines erwartungsgerechten Vertrages zurückbleibt.
- 24
- (2) Entgegen der Ansicht der Revision ist es für die Ersatzpflicht der Beklagten bedeutungslos, dass von dieser in den Verhandlungen die künftigen Kosten nicht angesprochen, sondern die Belastungen verschwiegen wurden. Der erhöhte Aufwand des Käufers wird auch bei einem Schweigen des Verkäufers von dem Schutzweck der verletzten Aufklärungspflicht erfasst, wenn dieser - wie hier - nach den Umständen über die voraussichtlich entstehenden Mehrkosten hätte aufklären müssen. Der Verkäufer muss dann auch für Mehraufwendungen des Käufers aus der Verwendung der Kaufsache einstehen, wenn er vorsätzlich oder fahrlässig dem Käufer die für dessen Vertragsentschluss wichtigen Umstände verschwiegen hat (vgl. Senat, Urt. v. 6. April 2001, V ZR 394/99, NJW 2001, 2875, 2876). Eine zumindest fahrlässige Zurückhaltung der für den Vertragsentschluss der Käuferin wichtigen Informationen hat das Berufungsgericht indessen rechtsfehlerfrei festgestellt.
III.
- 25
- Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 97 Abs. 1 ZPO. Die in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommene Anschlussrevision wegen des abgewiesenen Teils des Zinsanspruchs hat zu keiner Erhöhung des Streitwerts geführt (BGH, Beschl. v. 17. Mai 1984, X ZR 82/83, NJW 1984, 2952, 2953).
Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Gera, Entscheidung vom 19.10.2005 - 3 O 2471/03 -
OLG Jena, Entscheidung vom 18.07.2007 - 4 U 1119/05 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Aufgrund einer Immobilienkurzbeschreibung eines Einfamilienhauses, in der es unter anderem hieß, "die Einliegerwohnung ist ebenso realisierbar wie Wohnen und Arbeiten", nahmen die Kläger Verbindung mit der beklagten Maklerin auf. Diese übersandte den Klägern mit Telefax vom 2. Februar 1996, das die Provisionserwartung enthielt, ein Exposé, in dem unter anderem eine Wohnfläche im Souterrain/Einliegerwohnung von 67,90 qm ausgewiesen ist.
Nach der Besichtigung des Objekts unterzeichneten die Klägerin zu 2) und die Beklagte am 5. Februar 1996 eine Reservierungsvereinbarung. Die Kläger erhielten von der Beklagten noch das Original des Exposés, dem ein Plan beigefügt war, in welchem drei Räume des Untergeschosses als "Zimmer" bezeichnet waren. Nach unmittelbaren Verhandlungen mit den Verkäufern erwarben die Kläger die Immobilie mit notariellem Kaufvertrag vom 21. Februar 1996 zu einem Kaufpreis von 750.000 DM und zahlten an die Beklagte die auf dieser Grundlage berechnete Provision von 43.125 DM.
Im März 1996 erfuhren die Kläger vom Kreisbauamt, die Räume im Untergeschoß seien nicht als Wohnräume genehmigt. In den Originalbauplänen sind die in Rede stehenden Räume mit dem Stempelaufdruck "kein Aufenthaltsraum" versehen. Mit der Behauptung, der Beklagten seien die Originalbaupläne bekannt gewesen und sie hätten bei Kenntnis dieses Umstandes die Immobilie nicht zu einem Preis von 750.000 DM gekauft, verlangen die Kläger als Schadensersatz den Betrag, um den das Haus wegen der mangelnden Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung weniger wert sei, und den hierauf bezogenen Anteil der Maklerprovision. Ihre auf Zahlung von 130.019,52 DM nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung noch möglich ist. Es verneint eine Schadensersatzpflicht der Beklagten, weil nicht nachgewiesen sei, daß der für die Beklagte tätig gewesene frühere Büroleiter W. gewußt, aber den Klägern verschwiegen habe, daß die Räume im Untergeschoß in der Baugenehmigung nicht als Wohnräume genehmigt gewesen seien. Die Beklagte habe auch nicht gegen die dem Makler obliegende Pflicht verstoßen, dem Auftraggeber keine unrichtigen Vorstellungen zu vermitteln. Zwar sei die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine Einliegerwohnung, objektiv falsch gewesen. Daß diese Aussage bereits insofern unrichtig gewesen sei, als eine Einliegerwohnung schon mangels einer Küche nicht vorhanden gewesen sei, hätten die Kläger selbst erkennen können. Für die Frage der Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung gelte dies zwar nicht. Insoweit treffe die Beklagte aber kein Verschulden. Der Beschaffenheit der Fußbodenbeläge habe der Büroleiter der Beklagten entnehmen können, daß die Voreigentümer die Räume als Wohnräume genutzt hätten. Für die Nutzbarkeit als Wohnräume hätten auch ihre Höhe und die großen Fenster zur Gartenseite gesprochen. Da die Kläger nicht behauptet hätten, daß die Möglichkeit der Nutzung einer Einliegerwohnung bei den Kaufverhandlungen eine Rolle gespielt hätte, habe der Büroleiter der Beklagten keinen Anlaß gehabt, diese Frage näher zu prüfen; er habe sich mit dem sich aufdrängenden Augenschein zufrieden geben dürfen.
II.
Diese Beurteilung hält den Rügen der Revision in einem maßgebenden Punkt nicht stand.
1. Der Makler steht - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - zu seinem Auftraggeber als dessen Interessenvertreter in einem besonderen Treueverhältnis , aus dem sich für ihn bei der Erfüllung seiner Aufgabe bestimmte Nebenpflichten ergeben. Eine sachgemäße Interessenwahrnehmung gebietet regelmäßig , den Auftraggeber nicht nur über das aufzuklären, was unerläßlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt wird, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - IVa ZR 244/80 - NJW 1981, 2685 f). Wieweit die Unterrichtungspflicht im einzelnen zu ziehen ist, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab. Ist der Makler hiernach zu einer Unterrichtung seines Auftraggebers verpflichtet, gebietet es die von ihm wahrzunehmende Sorgfalt, keine Informationen zu erteilen, für die es an einer hinreichenden Grundlage fehlt. Steht ihm eine solche nicht zur Verfügung oder kann er sie sich nicht verschaffen, muß er - ebenso wie der Bundesgerichtshof dies für den Anlagevermittler entschieden hat (vgl. Urteil vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114, 1115 und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998) - zumindest diesen Umstand offenlegen. Die Erklärungen des Maklers müssen insgesamt so beschaffen sein, daß sie bei seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 197/89 - NJW-RR 1991, 627, 628). Hier-
aus folgt für den Makler, der sich in Verhandlungen mit einem Kunden befindet, ebenso wie für den Anlagevermittler im Rahmen eines stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrags (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1997 - III ZR 278/95 - NJW 1998, 448), auch die Pflicht, fehlerhafte Angaben richtig zu stellen.
2. Gemessen an diesen Maßstäben kann nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts eine schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten der Beklagten nicht verneint werden.
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine Einliegerwohnung, objektiv unrichtig war. Insoweit liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten vor; denn für ihre Aussage im Exposé fehlte es ihr an jeder Grundlage. Soweit das Berufungsgericht diesem Umstand haftungsrechtlich keine Bedeutung beimißt, weil die Kläger im Rahmen der Besichtigung das Nichtvorhandensein der Einliegerwohnung wahrgenommen hätten, ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden.
b) Demgegenüber konnten die Kläger bei der Besichtigung nicht erkennen , daß die in Frage stehenden Räume im Untergeschoß nicht als Aufenthaltsräume genehmigt waren. Mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts muß im Revisionsverfahren ferner zugunsten der Kläger davon ausgegangen werden, daß - jedenfalls auch aus diesem Grund - die Angabe der Beklagten, im Untergeschoß des Hauses ließe sich eine Einliegerwohnung realisieren, unrichtig war.
c) Wegen der hierin liegenden Pflichtverletzung hat die Beklagte den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Das Berufungsgericht übersieht bzw. berücksichtigt nicht, daß die Beklagte auch für ihren Hinweis auf die Realisierbarkeit einer Eigentumswohnung im Untergeschoß keine ausreichende Grundlage hatte. Nach ihrem eigenen Vortrag hatten die Voreigentümer ihrem Büroleiter bei der Hereinnahme des Objekts anläßlich einer Besichtigung erklärt , ein Raum sei von ihrem Vater als Gymnastikraum benutzt worden, einen anderen hätten sie als Arbeitsraum bezeichnet, in einem dritten habe einer von ihnen gewohnt. Auch wenn diese Darstellung nicht in jeder Einzelheit mit den Bekundungen der als Zeugen vernommenen Verkäufer übereinstimmt, läßt sich ihr doch nichts für eine Information der Beklagten durch die Verkäufer entnehmen , im Untergeschoß des Hauses befinde sich eine Einliegerwohnung oder eine solche sei realisierbar. Deshalb hätte die Beklagte lediglich die Information der Verkäufer weitergeben dürfen, die fraglichen Räume im Untergeschoß seien von den Vorbesitzern als Wohnräume genutzt worden. Zu einer entsprechenden Richtigstellung ihrer ohne ausreichende Grundlage gemachten Aussagen in der Kurzbeschreibung und im Exposéwar die Beklagte spätestens im Zusammenhang mit der Besichtigung des Anwesens oder kurz danach verpflichtet. Denn da s ich ihre haltlose Aussage über das Vorhandensein einer Einliegerwohnung jedenfalls bei der Besichtigung herausstellte, bestand für sie Anlaß, auch ihre weitere Aussage über die Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung zu überprüfen. Da die Beklagte nach ihrem Prozeßvortrag jedenfalls seinerzeit noch nicht die Erkundigungen beim Kreisbauamt eingeholt hatte, mit denen sie im anhängigen Rechtsstreit die Richtigkeit ihrer Angaben über die Realisierbarkeit der Einliegerwohnung dartun will, hätte eine solche Überprüfung ergeben, daß sie ihre zu weit gehenden Angaben hätte zurücknehmen
und sich auf eine Weitergabe der von den Verkäufern erteilten Informationen hätte beschränken müssen.
Gegen eine solche Verpflichtung kann nicht eingewandt werden, die Kläger hätten das Haus selbst nutzen wollen und an eine Vermietung der Räumlichkeiten im Untergeschoß nicht gedacht. Zum einen war der Beklagten dies nicht sicher bekannt, als sie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluß des Maklervertrages das von ihr hereingenommene Objekt in der Kurzbeschreibung und im Exposé beschrieb. Vielmehr spricht der Umstand, daß der Kunde des Maklers auf einen solchen Nachweis eingeht und das Objekt sodann besichtigt, grundsätzlich für ein entsprechendes Interesse. Zum anderen ergibt sich aus der Bekundung des Zeugen K., daß bei der Besichtigung die Frage erörtert wurde, ob ein Raum als Küche genutzt werden könne. Dann stand aber ungeachtet der möglicherweise im Vordergrund stehenden Absicht der Kläger, das Haus selbst zu nutzen, auch für die Beklagte erkennbar die Möglichkeit der Einrichtung einer Einliegerwohnung als eine - vielleicht später zu realisierende - Option im Raum, die die Beklagte dazu verpflichtete, ihre wirklichen Kenntnisse zu offenbaren und von dem zu trennen, was zum damaligen Zeitpunkt Gegenstand bloßer Vermutungen war.
III.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Ist die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung nicht möglich, ist nach dem derzeitigen Sachstand grundsätzlich von einer Haftung der Beklagten auszugehen. Die Kläger, die am Kaufvertrag mit den Verkäufern festgehalten haben, können als Ersatz ihres Vertrauensschadens den Betrag verlangen, um den sie das Haus objektiv zu teuer erworben haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es ihnen bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen wäre, den Vertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1988 - VII ZR 83/88 - NJW 1989, 1793, 1794). Daß den Klägern, die einen Wert ihres Hauses von maximal 627.000 DM behauptet haben, überhaupt ein Schaden in dieser Hinsicht entstanden ist, haben sie zulässigerweise in das Wissen eines Sachverständigen gestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Wertfestsetzung nach § 19 Abs. 1, 2 KostO durch die Geschäftsstelle der Abteilung 6 a des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 1995 für die Beurteilung des den Klägern möglicherweise entstandenen Schadens ohne Bedeutung.
2. Einem Anspruch der Kläger steht auch nicht nach § 254 BGB entgegen, daß sie auf eine vom Zeugen G. T. bekundete Anregung nicht eingegangen sind, mit Rücksicht auf die bekannt gewordenen Umstände den Kauf rückgängig zu machen. Die Kläger, die nach ihrem Vortrag zu diesem Zeitpunkt schon mit der Renovierung des Hauses begonnen hatten, mußten sich wegen eines möglichen Fehlverhaltens der Beklagten nicht auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrages einlassen, zumal die Frage noch völlig offen war, wer für die durch den Vertragsschluß bereits entstandenen und durch seine Rückgängigmachung weiter anfallenden Kosten hätte aufkommen sollen. Den Verkäufern war dies nicht anzusinnen. Daß die Beklagte bereit gewesen wäre, die Kläger hiervon zu entlasten, hat sie nicht dargetan.
3. Der Senat kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium davon absehen, auf die Verfahrensrügen der Revision gegen die Würdigung des Berufungsgerichts einzugehen, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, daß dem Büroleiter der Beklagten der Originalbauplan bekannt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat, sollte es hierauf im weiteren Verfahren ankommen, Gelegenheit, diesen Fragenkreis unter Berücksichtigung der von der Revision erhobenen Rügen erneut tatrichterlich zu würdigen.
Streck Schlick Kapsa Dörr Galke
Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn
- 1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und - 2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.
(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:
- 1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.
(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
Der Gläubiger kann dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Herstellung nach dem Ablauf der Frist ablehne. Nach dem Ablauf der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist ausgeschlossen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache auf die Revision der Beklagten zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes - eines Rechtsanwalts und Notars - von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und unzureichender Information im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem steuersparenden Bauherrenmodell. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im September 1996 suchte der Ehemann der Klägerin die vormalige G.Bank (nachfolgend: Beklagte) auf, um ein Darlehen für eine Steuernachzahlung aufzunehmen. Der Kundenberater schlug ihm vor, die Steuerschuld durch eine Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", empfahl ein Kaufgespräch mit der W. Immobilien GmbH (nachfolgend: Bauträgerin), einer zur "G.Bank-Gruppe" gehörenden Gesellschaft, und veranlaßte die Übersendung des Emissionsprospekts für ein Objekt in der Nähe von B.. In dem Prospekt mit der Aufschrift "Ein Angebot der G. Bank-Gruppe" wurden noch zu erstellende Eigentumswohnungen im ersten von insgesamt fünf Bauabschnitten zum Kauf angeboten. Nach den Prognoseberechnungen des Herausgebers war mit Mieten von durchschnittlich 14 DM/qm und einer Mieterhöhung auf 15 DM/qm ab 2001 sowie mit weiteren jährlichen Steigerungen von 3% zu rechnen, wobei auf mögliche Abweichungen hingewiesen wurde.
Am 10. September 1996 fand ein Gespräch des damaligen Geschäftsführers der Bauträgerin und des Kundenberaters der Beklagten mit dem Ehemann der Klägerin in dessen Kanzlei statt, bei dem das Bauobjekt entsprechend den Prospektangaben als ein über die Bauträ-
gerin vermarktetes Produkt der Beklagten bezeichnet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war bereits einem ihrer Vorstandsmitglieder bekannt, daß von 153 im Jahr 1995 und 12 im ersten Halbjahr 1996 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet waren und die durchschnittliche Miete entgegen den Prospektangaben lediglich 13 DM/qm betrug. Gleichwohl riet der Geschäftsführer der Bauträgerin dem Ehemann der Klägerin im Hinblick auf angeblich eine Vielzahl von Mietinteressenten vom Abschluß eines Mietgarantievertrages ab.
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen am 23. September 1996 einen Kaufvertrag über zehn Eigentumswohnungen mit Pkw-Stellplätzen in dem Objekt zu einem Preis von 3.083.643 DM ab. Zur Finanzierung des Geschäfts erhielt der Ehemann der Klägerin, der alle mit dem Erwerb der Wohnungen verbundenen Kosten allein trug, von der Beklagten am 27. November/5. Dezember 1996 einen Realkredit über 2.740.000 DM und außerdem zur privaten Disposition Kontokorrentkredite von insgesamt 896.000 DM. Nach Zahlung des Kaufpreises übernahmen die Eheleute die Wohnungen ab Mai 1997, konnten sie aber erst im Laufe der nächsten drei Jahre zu Preisen zwischen 10 DM/qm und 13,04 DM/qm vermieten. Über das Vermögen der Bauträgerin wurde am 1. Oktober 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Nach Ansicht der Klägerin ist die Beklagte für die falschen oder unvollständigen Prospektangaben über die Ertragsfähigkeit der erworbenen Eigentumswohnungen verantwortlich und aufgrund eines Beratungsund eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis einschließlich aller angefallenen Kosten sowie die
infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen abzüglich der Mieteinnahmen zu ersetzen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 2.292.870,50 Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung der zehn Eigentumswohnungen und Abtretung sie betreffender Gewährleistungsansprüche gerichteten Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 1.841.497,50 en. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, die Klägerin mit der Anschlußrevision eine vollumfängliche Verurteilung.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzhaftung der Beklagten bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Es könne offenbleiben, ob sie als Miterwerberin der Eigentumswohnungen aus eigenem Recht gegen die
Beklagte vorgehen könne, weil sie in jedem Fall aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 16. Dezember 1999 den ihrem Ehemann zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen könne. Das Abtretungsverbot des § 399 BGB finde keine Anwendung. Die Schadensersatzforderung des Ehemannes sei nicht auf Freistellung von der zur Finanzierung des Kaufpreises begründeten Darlehensverbindlichkeit, sondern auf Geld gerichtet. Nachdem die Zahlungsansprüche der Bauträgerin unstreitig unter Einsatz der Darlehensvaluta befriedigt worden seien, fehle es bereits an der erforderlichen tatsächlichen Beschwernis mit einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Die "Freistellung" von der Kreditverbindlichkeit diene nur der Vereinfachung, nämlich der Abkürzung des Zahlungswegs und der Miterfassung noch entstehender Kreditkosten. Dies ändere indessen nichts daran, daß der Zahlungsanspruch und der Anspruch auf Freistellung Ausprägungen ein und desselben Anspruchs auf Vermögensausgleich seien.
Unbeschadet der Frage, ob die Beklagte eine im Rahmen der Prospekthaftung relevante Garantenstellung innegehabt habe, führe ihr Engagement auf seiten der Bauträgerin zu einer Haftung wegen Aufklärungs - oder Beratungsverschuldens gegenüber dem Zedenten. Dadurch, daß der Anlageberater der Beklagten ihn auf das Anlageobjekt hingewiesen , das Prospektmaterial besorgt und die Vertragsverhandlungen mit der Bauträgerin begleitet habe, sei jedenfalls der Tatbestand einer Anlagevermittlung erfüllt. Der dadurch begründeten Pflicht zur richtigen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluß bedeutsamen Umstände sei die Beklagte nicht nachgekommen. Vielmehr hätte ihr Kundenberater den aufklärungsbedürftigen Ehemann der Klägerin bei dem Gespräch vom 10. September 1996 - auch im Hinblick auf die beab-
sichtigte "Großinvestition" - darauf hinweisen müssen, daß von 160 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet seien und die Durchschnittsmiete nicht wie im Prospekt angegeben 14 DM/qm, sondern lediglich 13 DM/qm betrage. Ferner sei er über Risiken für die Verwirklichung der weiteren Bauabschnitte und über die Liquiditätsprobleme der Bauträgerin zu informieren gewesen.
Die von der Beklagten zu verantwortenden Fehlvorstellungen des Ehemannes der Klägerin seien für die Anlageentscheidung auch ursächlich geworden. Im Wege des Schadensersatzes könne die Klägerin verlangen , so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann gestanden hätten , wenn die Anlageentscheidung nicht getroffen worden wäre. Die Beklagte habe daher den für das Anlageobjekt gezahlten Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über 70.772 DM, die Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM zu ersetzen, was unter Abzug der Mieteinnahmen den ausgeurteilten Betrag von 3.601.656,10 DM (= 1.841.497,50 !
Die im Falle der Rückabwicklung des Bauträgervertrages auf die Klägerin und ihren Ehemann zukommenden Steuernachzahlungen über # +-, 546 451.373,06 " %$& ' ( ) * %. / '/ ( 0 213 / rden aus der Kapitalanlage erwachsene Vorteile ausgeglichen, die andernfalls schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Nach § 252 BGB umfasse der Schadensersatzanspruch des Anlegers zwar grundsätzlich auch den entgangenen Gewinn, der ihm ohne das schädigende Ereignis zugeflossen wäre. Es gebe aber keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß die Beteiligung an einem Bauherrenmodell immer gewinn-
bringend sei. Daß sich der Ehemann der Klägerin an einem anderen - erfolgreichen - Bauobjekt beteiligt hätte und dort die angestrebten Steuervorteile realisiert worden wären, sei nicht substantiiert dargelegt.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im wesentlichen stand, berücksichtigen aber nicht alle für die Berechnung und Abwicklung des Schadens des Zedenten erheblichen Umstände.
A. Revision der Beklagten
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin im Ergebnis zutreffend als berechtigt angesehen, die an sie abgetretenen Schadensersatzansprüche ihres Ehemannes geltend zu machen. Entgegen der Ansicht der Revision war die Abtretung nicht gemäß § 399 BGB ausgeschlossen. Danach kann zwar eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung seines Inhalts erfolgen kann. Eine auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtete Forderung ist daher im allgemeinen nicht abtretbar (BGHZ 12, 136, 141; 41, 203, 205; BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 m.w.Nachw.). Daraus vermag die Revision aber nichts für sich herzuleiten. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden könnte, nach der der Schadensersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin gegen die Beklagte in seiner Gesamtheit von vornherein auf Geld und nicht nach
§ 257 BGB auf Befreiung von der zur Finanzierung der Kapitalanlage begründeten Darlehensverbindlichkeiten gerichtet war. Darauf kommt es nicht entscheidend an, weil ein etwaiger Befreiungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergegangen ist.
Diese Vorschrift eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteile vom 7. Januar 1965 - VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 289, vom 11. Juni 1986 - VIII ZR 153/85, WM 1986, 1115, 1117, vom 26. Februar 1991 - XI ZR 331/89, WM 1991, 1002, vom 29. April 1992 - VIII ZR 77/91, WM 1992, 1074, 1076, vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 f., vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 243/94, WM 1996, 1282, 1283 und vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, WM 1999, 779, 781).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat von Anfang an nicht nur die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, sondern eine Schadensersatzverpflichtung insbesondere aus einem Beratungsverschulden schon dem Grunde nach strikt abgelehnt. Für die Klägerin und ihren Ehemann mußte sich daher der Eindruck aufdrängen, daß eine Nachfrist die Beklagte nicht umstimmen würde, sondern lediglich eine leere und sinnlose Förmelei wäre.
2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden der Beklagten gegenüber dem Zedenten zu Recht bejaht.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt zwischen der Bank und ihrem Kunden konkludent ein Beratungsvertrag zustande, wenn - gleichgültig ob auf Initiative des Kunden oder aber der Bank - im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat BGHZ 123, 126, 128, Urteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662 f. und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt). Das war hier der Fall.
Die Beklagte hat dem Ehemann der Klägerin, der lediglich ein Darlehen zur Begleichung einer Steuernachzahlung aufnehmen wollte, von sich aus geraten, die Steuerschuld durch Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", dafür das Modell einer Bauträgerin, an der sie über eine Tochtergesellschaft maßgeblich beteiligt war, empfohlen , die Übersendung des Emissionsprospekts veranlaßt und sich außerdem auch noch an dem entscheidenden Verkaufsgespräch über zehn Eigentumswohnungen zu einem Preis von mehr als drei Millionen DM beteiligt.
b) Aufgrund des danach konkludent geschlossenen Beratungsvertrages war die Beklagte unter anderem zu einer zutreffenden, negative Fakten nicht verschweigenden, aktuellen Information über das Anlageobjekt , dessen Rentabilität und die damit verbundenen spezifischen Risi-
ken verpflichtet. Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffen- des aktuelles Bild über die empfohlene Anlage boten, war der Ehemann der Klägerin, der der Beklagten besonderes Vertrauen entgegenbrachte und erkennbar von deren besonderen Kenntnissen und Verbindungen hinsichtlich des Anlageobjekts profitieren wollte, in der Lage, eine sachgerechte Anlageentscheidung zu treffen.
Diese Pflichten hat die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision zumindest hinsichtlich der Ertragsfähigkeit der von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Eigentumswohnungen verletzt. Als das Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem damaligen Geschäftsführer der Bauträgerin in Gegenwart des Kundenberaters der Beklagten im September 1996 geführt wurde, stand ein erheblicher Teil der bereits erstellten Eigentumswohnungen mindestens seit einem halben Jahr leer. Gleichwohl erklärte der Geschäftsführer der Bauträgerin, ohne daß der Kundenbetreuer der Beklagten dem entgegentrat, angesichts der Vielzahl von Mietinteressenten sei der Abschluß eines Mietgarantievertrages nicht sinnvoll. Zudem betrug die tatsächlich erzielte Miete durchschnittlich nur 13 DM/qm und nicht wie im Prospekt prognostiziert 14 DM/qm. Darauf mußte der Kundenberater den Ehemann der Klägerin - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - ungefragt hinweisen.
Dem kann - anders als die Revision meint - nicht entgegengehalten werden, daß die Abweichung der Mieterträge von den Prospektangaben zu geringfügig gewesen sei, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen. Zwar mag die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Mietdifferenz in Höhe von rund 1 DM/qm auf den ersten Blick nicht sehr
bedeutsam erscheinen. Schon die Tatsache, daß die Vermietung der Eigentumswohnungen ins Stocken geraten war, konnte aber für sich genommen einen zur Vorsicht neigenden Anleger vom Kauf abhalten. Darüber hinaus war es nicht nur die aktuelle Mietdifferenz, die den Ertrag und damit den Verkehrswert der Immobilie herabminderte. Vielmehr mußten auch die im Prospekt prognostizierten Mietsteigerungen angesichts der im September 1996 in B. und im B. Umland bestehenden Marktverhältnisse und deren voraussichtlicher Entwicklung nach unten korrigiert werden. Von einer nur geringfügigen, die Bagatellgrenze nicht überschreitenden und für die Anlageentscheidung unbedeutenden Wertbeeinträchtigung kann unter solchen Umständen angesichts des beabsichtigten Kaufs von zehn Eigentumswohnungen keine Rede sein.
Ob die Ertragsangaben und prognostizierten Mietsteigerungen bei Erstellung des Prospektes realistisch waren, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Die Pflichtverletzung der Beklagten beruht nicht auf einem ihr zuzurechnenden Prospektfehler, sondern allein darauf , daß die zum Zeitpunkt der vertraglich geschuldeten Information bestehende Vermietungssituation und Ertragslage sowie deren voraussichtliche Entwicklung in den nächsten Jahren verschwiegen wurden.
c) Die Beklagte hat ihre Pflicht, über die Höhe der durchschnittlich erzielten Miete und die Vermietungssituation aktuell und richtig zu informieren , auch schuldhaft verletzt. Das gilt auch dann, wenn ihr tätig gewordener Kundenberater darüber nicht informiert gewesen sein sollte. Aufgrund des Projektstandsberichts von Mai 1996 steht fest, daß die aufklärungsbedürftigen Umstände einem Vorstandsmitglied der Klägerin bekannt waren. Dieses Wissen mußte bei ordnungsgemäßer Organisati-
on der Kommunikation zum Schutze des Ehemanns der Klägerin, der nicht allein deshalb schlechter gestellt werden darf, weil Vertragspartner nicht eine natürliche Person, sondern eine Bank mit organisationsbedingter Wissensaufspaltung ist, akten- oder EDV-mäßig dokumentiert, für alle mit der Vermarktung des Bauträgermodells befaßten Mitarbeiter verfügbar gehalten und von ihnen genutzt werden. Daß das über die erforderlichen Kenntnisse verfügende Vorstandsmitglied der Beklagten an dem Vertrag mit dem Ehemann der Klägerin nicht mitgewirkt und davon möglicherweise nichts gewußt hat, ist deshalb ohne Belang (vgl. BGHZ 109, 327, 331; 117, 104, 108; 132, 30, 35 ff.; 135, 202, 205; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, WM 2000, 2515, 2516).
d) Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten ist für die Anlageentscheidung des Ehemanns der Klägerin auch ursächlich geworden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. BGHZ 61, 118, 121 f.; 151, 5, 12; Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245) ist zu vermuten, daß die in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Beratung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.
e) Ebenso ist gegen die von der Klägerin gewählte Art der Schadensberechnung entgegen der Auffassung der Revision nichts einzuwenden.
aa) Bei schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrages kann der Anleger von dem Schädiger nach dem in § 249 Satz 1 BGB normier-
ten Grundsatz der Naturalrestitution regelmäßig verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt (st.Rspr., siehe etwa BGH, Urteile vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143 f. und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 429). Dabei genügt für den Nachweis eines Vermögensschadens, daß die Kaufsache den gezahlten Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2311). Daß die Klägerin und ihr Ehemann danach durch die Anlageentscheidung einen Schaden erlitten haben, liegt angesichts der Tatsache, daß der geminderte Ertragswert der Eigentumswohnungen für deren Verkaufswert von wesentlicher Bedeutung ist, auf der Hand.
bb) Anders als die Revision meint, gibt es auch keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigt, die Schadensersatzpflicht auf einen angemessenen Ausgleich des Minderwerts der Kaufsache zu beschränken. Da die Beklagte dem Ehemann der Klägerin eine umfassende Information über die Vor- und Nachteile der Anlage schuldete, ist eine derartige Art der Schadensabwicklung - wie auch das Berufungsgericht ausdrücklich betont hat - aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht herzuleiten (vgl. Senatsurteile, BGHZ 116, 209, 212, vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1357 und vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe z.B. BGHZ 69, 53, 56; 111, 75, 82; BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, 1120 f.) im Rahmen der vorvertraglichen Verschuldenshaftung des Verkäufers entwickelten Grundsätzen, nach denen der Käu-
fer zwischen einer angemessenen Herabsetzung des überhöhten Kaufpreises und einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages frei wählen kann.
f) Der Revision ist auch nicht zu folgen, soweit sie sich auf ein Mitverschulden des Ehemannes der Klägerin beruft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16 m.w.Nachw.) kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Daß der Ehemann der Klägerin als Rechtsanwalt und Notar die allgemeinen Risiken einer derartigen Kapitalanlage kannte, macht ihn nicht weniger schutzwürdig als andere Personen, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Beratung vertrauen.
3. Indessen hat das Berufungsgericht nicht alle für die Schadensberechnung und -abwicklung erheblichen Umstände berücksichtigt.
a) Nach dem in § 249 Satz 1 BGB normierten Grundsatz der Naturalrestitution kann die Klägerin aus den dargelegten Gründen von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann ohne die Anlageentscheidung stünden. Ihr sind daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - der für den Erwerb der zehn Eigentumswohnungen gezahlte Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über
70.772 DM, die auf die Finanzierungsdarlehen entfallenden Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM unter Anrechnung der Mieteinnahmen zu ersetzen. Dabei hat das Berufungsgericht jedoch nicht beachtet, daß auch die Darlehensverträge , die ohne das Beratungsverschulden der Beklagten nicht abgeschlossen worden wären, gemäß § 249 Satz 1 BGB rückabzuwikkeln sind. Bei der Schadensberechnung sind deshalb nicht nur die angefallenen Kreditkosten, sondern auch die aufgrund der Anlageentscheidung ausgereichten Darlehen zu berücksichtigen. Andernfalls würden die Klägerin und ihr Ehemann - wie die Revision vor allem in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat - wirtschaftlich wesentlich besser stehen als sie vor dem Kauf der Eigentumswohnungen standen. Da nicht festgestellt ist, in welcher Höhe die Finanzierungsdarlehen valutieren , ist dem erkennenden Senat eine eigene Entscheidung über die in Abzug zu bringenden Beträge nicht möglich. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
b) Ferner wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin und ihr Ehemann nicht nur abzutretende Gewährleistungsansprüche über 1.370.287,94 DM aus dem Kauf der Eigentumswohnungen im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Immobilien GmbH beim Amtsgericht C. unter Aktenzeichen ..., sondern ebensolche Ansprüche über 2.003.358 DM im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Verwaltungs GmbH unter Aktenzeichen ... angemeldet haben. Im Tenor des Berufungsurteils wurden indes nur die erst-
genannten Gewährleistungsansprüche berücksichtigt, obwohl die Anmeldung der Ansprüche über 2.003.358 DM im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich aufgeführt ist.
B. Anschlußrevision der Klägerin
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der bei Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGHZ 74, 103, 114 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 288/00, WM 2001, 2262, 2264 m.w.Nachw.) stellen Steuernachforderungen , die nach Rückabwicklung eines steuersparenden Rechtsgeschäfts zu erwarten sind, grundsätzlich keinen Schaden gemäß § 249 BGB dar, weil durch sie die aus der Anlageentscheidung erwachsenen Steuervorteile kompensiert werden, die andernfalls zugunsten des Schädigers schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Der Einwand der Anschlußrevision , die Klägerin habe die aus der Anlageentscheidung entstandenen Vorteile bereits vorab in Abzug gebracht, greift nicht. Zwar hat sie bei der Schadensberechnung die Mieteinnahmen berücksichtigt, nicht jedoch die finanziellen Vorteile die ihr und/oder ihrem Ehemann dadurch entstanden sind, daß sie als Eigentümer der Wohnungen steuerliche Sonderabschreibungen in Anspruch genommen haben.
2. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist die Klage auf Ersatz entgangener Steuervorteile auch nicht gemäß § 252 BGB begrün-
det, weil die Klägerin und ihr Ehemann sich ohne die Pflichtverletzung der Beklagten an einem anderen Steuersparmodell beteiligt und dadurch erfolgreich Steuern gespart hätten. Zwar schließt die auf den Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) gestützte Inanspruchnahme der Beklagten die Geltendmachung eines Schadens wegen entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB nicht aus. Richtig ist auch, daß an die Darlegung des entgangenen Gewinns entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine strengen Anforderungen zu stellen sind, sondern der Klägerin nach dieser Vorschrift - wie bei § 287 ZPO - gewisse Erleichterungen bei der Darlegungslast zugute kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung kann aber grundsätzlich nur mit Hilfe einer konkreten Berechnung festgestellt werden. Dazu reicht es nicht aus, daß ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts, hier steuerliche Abschreibungsvorteile , herausgegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen , die mit der Anlageentscheidung verbunden gewesen wären. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 24. September 1999 - V ZR 71/99, WM 1999, 2510, 2512). Dazu fehlt ausreichendes Vorbringen der Klägerin.
Diese hat ohne jede Konkretisierung des Objekts, der damit verbundenen Aufwendungen und der Rendite lediglich behauptet, ihr Ehemann und sie hätten, wenn sie von der Beklagten richtig beraten worden wären, in ein anderes steuersparendes Bauherrenmodell investiert, dadurch ihre Steuerbelastung um 688.749,83 DM vermindert und Zinsen auf die jetzt zu erwartende Steuernachzahlung vermieden. Dieser Vortrag ist, worauf die Beklagte in den Vorinstanzen mehrfach hingewiesen
hat, ersichtlich unsubstantiiert. Die auf § 139 ZPO gestützte Rüge der Revision, auch das Berufungsgericht habe sie darauf hinweisen müssen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
III.
Der Revision der Beklagten war daher stattzugeben und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
(1) Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück nach § 873 erforderliche Einigung des Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor einer zuständigen Stelle erklärt werden. Zur Entgegennahme der Auflassung ist, unbeschadet der Zuständigkeit weiterer Stellen, jeder Notar zuständig. Eine Auflassung kann auch in einem gerichtlichen Vergleich oder in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan erklärt werden.
(2) Eine Auflassung, die unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.
Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.
(1) Bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt.
(2) Bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs werden
- 1.
dem Zeugen oder dem Dritten (§ 23) zur Abgeltung der Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,35 Euro, - 2.
den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Anspruchsberechtigten zur Abgeltung der Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,42 Euro
(3) Höhere als die in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Fahrtkosten werden ersetzt, soweit dadurch Mehrbeträge an Vergütung oder Entschädigung erspart werden oder höhere Fahrtkosten wegen besonderer Umstände notwendig sind.
(4) Für Reisen während der Terminsdauer werden die Fahrtkosten nur insoweit ersetzt, als dadurch Mehrbeträge an Vergütung oder Entschädigung erspart werden, die beim Verbleiben an der Terminsstelle gewährt werden müssten.
(5) Wird die Reise zum Ort des Termins von einem anderen als dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten oder der zuständigen Stelle unverzüglich angezeigten Ort angetreten oder wird zu einem anderen als zu diesem Ort zurückgefahren, werden Mehrkosten nach billigem Ermessen nur dann ersetzt, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war.
Der zu ersetzende Schaden umfasst auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn, welcher nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.
(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie
- 1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist, - 2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder - 3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache auf die Revision der Beklagten zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemannes - eines Rechtsanwalts und Notars - von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung und unzureichender Information im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einem steuersparenden Bauherrenmodell. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Im September 1996 suchte der Ehemann der Klägerin die vormalige G.Bank (nachfolgend: Beklagte) auf, um ein Darlehen für eine Steuernachzahlung aufzunehmen. Der Kundenberater schlug ihm vor, die Steuerschuld durch eine Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", empfahl ein Kaufgespräch mit der W. Immobilien GmbH (nachfolgend: Bauträgerin), einer zur "G.Bank-Gruppe" gehörenden Gesellschaft, und veranlaßte die Übersendung des Emissionsprospekts für ein Objekt in der Nähe von B.. In dem Prospekt mit der Aufschrift "Ein Angebot der G. Bank-Gruppe" wurden noch zu erstellende Eigentumswohnungen im ersten von insgesamt fünf Bauabschnitten zum Kauf angeboten. Nach den Prognoseberechnungen des Herausgebers war mit Mieten von durchschnittlich 14 DM/qm und einer Mieterhöhung auf 15 DM/qm ab 2001 sowie mit weiteren jährlichen Steigerungen von 3% zu rechnen, wobei auf mögliche Abweichungen hingewiesen wurde.
Am 10. September 1996 fand ein Gespräch des damaligen Geschäftsführers der Bauträgerin und des Kundenberaters der Beklagten mit dem Ehemann der Klägerin in dessen Kanzlei statt, bei dem das Bauobjekt entsprechend den Prospektangaben als ein über die Bauträ-
gerin vermarktetes Produkt der Beklagten bezeichnet wurde. Zu diesem Zeitpunkt war bereits einem ihrer Vorstandsmitglieder bekannt, daß von 153 im Jahr 1995 und 12 im ersten Halbjahr 1996 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet waren und die durchschnittliche Miete entgegen den Prospektangaben lediglich 13 DM/qm betrug. Gleichwohl riet der Geschäftsführer der Bauträgerin dem Ehemann der Klägerin im Hinblick auf angeblich eine Vielzahl von Mietinteressenten vom Abschluß eines Mietgarantievertrages ab.
Die Klägerin und ihr Ehemann schlossen am 23. September 1996 einen Kaufvertrag über zehn Eigentumswohnungen mit Pkw-Stellplätzen in dem Objekt zu einem Preis von 3.083.643 DM ab. Zur Finanzierung des Geschäfts erhielt der Ehemann der Klägerin, der alle mit dem Erwerb der Wohnungen verbundenen Kosten allein trug, von der Beklagten am 27. November/5. Dezember 1996 einen Realkredit über 2.740.000 DM und außerdem zur privaten Disposition Kontokorrentkredite von insgesamt 896.000 DM. Nach Zahlung des Kaufpreises übernahmen die Eheleute die Wohnungen ab Mai 1997, konnten sie aber erst im Laufe der nächsten drei Jahre zu Preisen zwischen 10 DM/qm und 13,04 DM/qm vermieten. Über das Vermögen der Bauträgerin wurde am 1. Oktober 1998 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Nach Ansicht der Klägerin ist die Beklagte für die falschen oder unvollständigen Prospektangaben über die Ertragsfähigkeit der erworbenen Eigentumswohnungen verantwortlich und aufgrund eines Beratungsund eines vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens verpflichtet, den gezahlten Kaufpreis einschließlich aller angefallenen Kosten sowie die
infolge der Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen abzüglich der Mieteinnahmen zu ersetzen.
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 2.292.870,50 Zinsen Zug-um-Zug gegen Übereignung der zehn Eigentumswohnungen und Abtretung sie betreffender Gewährleistungsansprüche gerichteten Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 1.841.497,50 en. Mit der - zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, die Klägerin mit der Anschlußrevision eine vollumfängliche Verurteilung.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin ist nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat eine Schadensersatzhaftung der Beklagten bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Es könne offenbleiben, ob sie als Miterwerberin der Eigentumswohnungen aus eigenem Recht gegen die
Beklagte vorgehen könne, weil sie in jedem Fall aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 16. Dezember 1999 den ihrem Ehemann zustehenden Schadensersatzanspruch geltend machen könne. Das Abtretungsverbot des § 399 BGB finde keine Anwendung. Die Schadensersatzforderung des Ehemannes sei nicht auf Freistellung von der zur Finanzierung des Kaufpreises begründeten Darlehensverbindlichkeit, sondern auf Geld gerichtet. Nachdem die Zahlungsansprüche der Bauträgerin unstreitig unter Einsatz der Darlehensvaluta befriedigt worden seien, fehle es bereits an der erforderlichen tatsächlichen Beschwernis mit einer Verbindlichkeit gegenüber einem Dritten. Die "Freistellung" von der Kreditverbindlichkeit diene nur der Vereinfachung, nämlich der Abkürzung des Zahlungswegs und der Miterfassung noch entstehender Kreditkosten. Dies ändere indessen nichts daran, daß der Zahlungsanspruch und der Anspruch auf Freistellung Ausprägungen ein und desselben Anspruchs auf Vermögensausgleich seien.
Unbeschadet der Frage, ob die Beklagte eine im Rahmen der Prospekthaftung relevante Garantenstellung innegehabt habe, führe ihr Engagement auf seiten der Bauträgerin zu einer Haftung wegen Aufklärungs - oder Beratungsverschuldens gegenüber dem Zedenten. Dadurch, daß der Anlageberater der Beklagten ihn auf das Anlageobjekt hingewiesen , das Prospektmaterial besorgt und die Vertragsverhandlungen mit der Bauträgerin begleitet habe, sei jedenfalls der Tatbestand einer Anlagevermittlung erfüllt. Der dadurch begründeten Pflicht zur richtigen und vollständigen Information über die für den Anlageentschluß bedeutsamen Umstände sei die Beklagte nicht nachgekommen. Vielmehr hätte ihr Kundenberater den aufklärungsbedürftigen Ehemann der Klägerin bei dem Gespräch vom 10. September 1996 - auch im Hinblick auf die beab-
sichtigte "Großinvestition" - darauf hinweisen müssen, daß von 160 verkauften Wohnungen nur 138 vermietet seien und die Durchschnittsmiete nicht wie im Prospekt angegeben 14 DM/qm, sondern lediglich 13 DM/qm betrage. Ferner sei er über Risiken für die Verwirklichung der weiteren Bauabschnitte und über die Liquiditätsprobleme der Bauträgerin zu informieren gewesen.
Die von der Beklagten zu verantwortenden Fehlvorstellungen des Ehemannes der Klägerin seien für die Anlageentscheidung auch ursächlich geworden. Im Wege des Schadensersatzes könne die Klägerin verlangen , so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann gestanden hätten , wenn die Anlageentscheidung nicht getroffen worden wäre. Die Beklagte habe daher den für das Anlageobjekt gezahlten Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über 70.772 DM, die Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM zu ersetzen, was unter Abzug der Mieteinnahmen den ausgeurteilten Betrag von 3.601.656,10 DM (= 1.841.497,50 !
Die im Falle der Rückabwicklung des Bauträgervertrages auf die Klägerin und ihren Ehemann zukommenden Steuernachzahlungen über # +-, 546 451.373,06 " %$& ' ( ) * %. / '/ ( 0 213 / rden aus der Kapitalanlage erwachsene Vorteile ausgeglichen, die andernfalls schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Nach § 252 BGB umfasse der Schadensersatzanspruch des Anlegers zwar grundsätzlich auch den entgangenen Gewinn, der ihm ohne das schädigende Ereignis zugeflossen wäre. Es gebe aber keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, daß die Beteiligung an einem Bauherrenmodell immer gewinn-
bringend sei. Daß sich der Ehemann der Klägerin an einem anderen - erfolgreichen - Bauobjekt beteiligt hätte und dort die angestrebten Steuervorteile realisiert worden wären, sei nicht substantiiert dargelegt.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung im wesentlichen stand, berücksichtigen aber nicht alle für die Berechnung und Abwicklung des Schadens des Zedenten erheblichen Umstände.
A. Revision der Beklagten
1. Das Berufungsgericht hat die Klägerin im Ergebnis zutreffend als berechtigt angesehen, die an sie abgetretenen Schadensersatzansprüche ihres Ehemannes geltend zu machen. Entgegen der Ansicht der Revision war die Abtretung nicht gemäß § 399 BGB ausgeschlossen. Danach kann zwar eine Forderung nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung seines Inhalts erfolgen kann. Eine auf Befreiung von einer Verbindlichkeit gerichtete Forderung ist daher im allgemeinen nicht abtretbar (BGHZ 12, 136, 141; 41, 203, 205; BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 m.w.Nachw.). Daraus vermag die Revision aber nichts für sich herzuleiten. Dabei kann offenbleiben, ob der Ansicht des Berufungsgerichts gefolgt werden könnte, nach der der Schadensersatzanspruch des Ehemannes der Klägerin gegen die Beklagte in seiner Gesamtheit von vornherein auf Geld und nicht nach
§ 257 BGB auf Befreiung von der zur Finanzierung der Kapitalanlage begründeten Darlehensverbindlichkeiten gerichtet war. Darauf kommt es nicht entscheidend an, weil ein etwaiger Befreiungsanspruch gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen Geldanspruch übergegangen ist.
Diese Vorschrift eröffnet dem Geschädigten die Möglichkeit, unabhängig von den §§ 249 Abs. 2, 251 BGB zu einem Anspruch auf Geldersatz zu gelangen, wenn er dem Ersatzpflichtigen erfolglos eine Frist zur Herstellung, d.h. hier Haftungsfreistellung, mit Ablehnungsandrohung setzt. Dem steht es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gleich, wenn der Schuldner die geforderte Herstellung oder überhaupt jeden Schadensersatz ernsthaft und endgültig verweigert. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um, wenn der Geschädigte Geldersatz fordert (BGH, Urteile vom 7. Januar 1965 - VII ZR 28/63, WM 1965, 287, 289, vom 11. Juni 1986 - VIII ZR 153/85, WM 1986, 1115, 1117, vom 26. Februar 1991 - XI ZR 331/89, WM 1991, 1002, vom 29. April 1992 - VIII ZR 77/91, WM 1992, 1074, 1076, vom 12. März 1993 - V ZR 69/92, WM 1993, 1557, 1559 f., vom 31. Januar 1996 - VIII ZR 243/94, WM 1996, 1282, 1283 und vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 70/98, WM 1999, 779, 781).
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat von Anfang an nicht nur die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, sondern eine Schadensersatzverpflichtung insbesondere aus einem Beratungsverschulden schon dem Grunde nach strikt abgelehnt. Für die Klägerin und ihren Ehemann mußte sich daher der Eindruck aufdrängen, daß eine Nachfrist die Beklagte nicht umstimmen würde, sondern lediglich eine leere und sinnlose Förmelei wäre.
2. Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht ein Aufklärungs- und Beratungsverschulden der Beklagten gegenüber dem Zedenten zu Recht bejaht.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats kommt zwischen der Bank und ihrem Kunden konkludent ein Beratungsvertrag zustande, wenn - gleichgültig ob auf Initiative des Kunden oder aber der Bank - im Zusammenhang mit einer Anlageentscheidung tatsächlich eine Beratung stattfindet (Senat BGHZ 123, 126, 128, Urteile vom 28. Januar 1997 - XI ZR 22/96, WM 1997, 662 f. und vom 24. September 2002 - XI ZR 345/01, WM 2002, 2281, 2283, insoweit in BGHZ 152, 114 ff. nicht abgedruckt). Das war hier der Fall.
Die Beklagte hat dem Ehemann der Klägerin, der lediglich ein Darlehen zur Begleichung einer Steuernachzahlung aufnehmen wollte, von sich aus geraten, die Steuerschuld durch Beteiligung an einem Bauherrenmodell "wegzudrücken", dafür das Modell einer Bauträgerin, an der sie über eine Tochtergesellschaft maßgeblich beteiligt war, empfohlen , die Übersendung des Emissionsprospekts veranlaßt und sich außerdem auch noch an dem entscheidenden Verkaufsgespräch über zehn Eigentumswohnungen zu einem Preis von mehr als drei Millionen DM beteiligt.
b) Aufgrund des danach konkludent geschlossenen Beratungsvertrages war die Beklagte unter anderem zu einer zutreffenden, negative Fakten nicht verschweigenden, aktuellen Information über das Anlageobjekt , dessen Rentabilität und die damit verbundenen spezifischen Risi-
ken verpflichtet. Denn nur aufgrund von Informationen, die ein zutreffen- des aktuelles Bild über die empfohlene Anlage boten, war der Ehemann der Klägerin, der der Beklagten besonderes Vertrauen entgegenbrachte und erkennbar von deren besonderen Kenntnissen und Verbindungen hinsichtlich des Anlageobjekts profitieren wollte, in der Lage, eine sachgerechte Anlageentscheidung zu treffen.
Diese Pflichten hat die Beklagte entgegen der Ansicht der Revision zumindest hinsichtlich der Ertragsfähigkeit der von der Klägerin und ihrem Ehemann erworbenen Eigentumswohnungen verletzt. Als das Gespräch zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem damaligen Geschäftsführer der Bauträgerin in Gegenwart des Kundenberaters der Beklagten im September 1996 geführt wurde, stand ein erheblicher Teil der bereits erstellten Eigentumswohnungen mindestens seit einem halben Jahr leer. Gleichwohl erklärte der Geschäftsführer der Bauträgerin, ohne daß der Kundenbetreuer der Beklagten dem entgegentrat, angesichts der Vielzahl von Mietinteressenten sei der Abschluß eines Mietgarantievertrages nicht sinnvoll. Zudem betrug die tatsächlich erzielte Miete durchschnittlich nur 13 DM/qm und nicht wie im Prospekt prognostiziert 14 DM/qm. Darauf mußte der Kundenberater den Ehemann der Klägerin - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - ungefragt hinweisen.
Dem kann - anders als die Revision meint - nicht entgegengehalten werden, daß die Abweichung der Mieterträge von den Prospektangaben zu geringfügig gewesen sei, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten zu begründen. Zwar mag die zum damaligen Zeitpunkt bestehende Mietdifferenz in Höhe von rund 1 DM/qm auf den ersten Blick nicht sehr
bedeutsam erscheinen. Schon die Tatsache, daß die Vermietung der Eigentumswohnungen ins Stocken geraten war, konnte aber für sich genommen einen zur Vorsicht neigenden Anleger vom Kauf abhalten. Darüber hinaus war es nicht nur die aktuelle Mietdifferenz, die den Ertrag und damit den Verkehrswert der Immobilie herabminderte. Vielmehr mußten auch die im Prospekt prognostizierten Mietsteigerungen angesichts der im September 1996 in B. und im B. Umland bestehenden Marktverhältnisse und deren voraussichtlicher Entwicklung nach unten korrigiert werden. Von einer nur geringfügigen, die Bagatellgrenze nicht überschreitenden und für die Anlageentscheidung unbedeutenden Wertbeeinträchtigung kann unter solchen Umständen angesichts des beabsichtigten Kaufs von zehn Eigentumswohnungen keine Rede sein.
Ob die Ertragsangaben und prognostizierten Mietsteigerungen bei Erstellung des Prospektes realistisch waren, ist entgegen der Auffassung der Revision ohne Bedeutung. Die Pflichtverletzung der Beklagten beruht nicht auf einem ihr zuzurechnenden Prospektfehler, sondern allein darauf , daß die zum Zeitpunkt der vertraglich geschuldeten Information bestehende Vermietungssituation und Ertragslage sowie deren voraussichtliche Entwicklung in den nächsten Jahren verschwiegen wurden.
c) Die Beklagte hat ihre Pflicht, über die Höhe der durchschnittlich erzielten Miete und die Vermietungssituation aktuell und richtig zu informieren , auch schuldhaft verletzt. Das gilt auch dann, wenn ihr tätig gewordener Kundenberater darüber nicht informiert gewesen sein sollte. Aufgrund des Projektstandsberichts von Mai 1996 steht fest, daß die aufklärungsbedürftigen Umstände einem Vorstandsmitglied der Klägerin bekannt waren. Dieses Wissen mußte bei ordnungsgemäßer Organisati-
on der Kommunikation zum Schutze des Ehemanns der Klägerin, der nicht allein deshalb schlechter gestellt werden darf, weil Vertragspartner nicht eine natürliche Person, sondern eine Bank mit organisationsbedingter Wissensaufspaltung ist, akten- oder EDV-mäßig dokumentiert, für alle mit der Vermarktung des Bauträgermodells befaßten Mitarbeiter verfügbar gehalten und von ihnen genutzt werden. Daß das über die erforderlichen Kenntnisse verfügende Vorstandsmitglied der Beklagten an dem Vertrag mit dem Ehemann der Klägerin nicht mitgewirkt und davon möglicherweise nichts gewußt hat, ist deshalb ohne Belang (vgl. BGHZ 109, 327, 331; 117, 104, 108; 132, 30, 35 ff.; 135, 202, 205; BGH, Urteil vom 13. Oktober 2000 - V ZR 349/99, WM 2000, 2515, 2516).
d) Die schuldhafte Beratungspflichtverletzung der Beklagten ist für die Anlageentscheidung des Ehemanns der Klägerin auch ursächlich geworden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe z.B. BGHZ 61, 118, 121 f.; 151, 5, 12; Senatsurteile vom 28. Mai 2002 - XI ZR 150/01, WM 2002, 1445, 1447 und vom 21. Oktober 2003 - XI ZR 453/02, ZIP 2003, 2242, 2245) ist zu vermuten, daß die in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Beratung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Diese tatsächliche Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.
e) Ebenso ist gegen die von der Klägerin gewählte Art der Schadensberechnung entgegen der Auffassung der Revision nichts einzuwenden.
aa) Bei schuldhafter Verletzung eines Beratungsvertrages kann der Anleger von dem Schädiger nach dem in § 249 Satz 1 BGB normier-
ten Grundsatz der Naturalrestitution regelmäßig verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er sich an dem Anlagemodell nicht beteiligt (st.Rspr., siehe etwa BGH, Urteile vom 2. Dezember 1991 - II ZR 141/90, WM 1992, 143 f. und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99, WM 2000, 426, 429). Dabei genügt für den Nachweis eines Vermögensschadens, daß die Kaufsache den gezahlten Kaufpreis nicht wert ist oder wenn trotz Werthaltigkeit des Kaufgegenstandes die mit dem Vertrag verbundenen Verpflichtungen und sonstigen Nachteile durch die Vorteile nicht ausgeglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, WM 1997, 2309, 2311). Daß die Klägerin und ihr Ehemann danach durch die Anlageentscheidung einen Schaden erlitten haben, liegt angesichts der Tatsache, daß der geminderte Ertragswert der Eigentumswohnungen für deren Verkaufswert von wesentlicher Bedeutung ist, auf der Hand.
bb) Anders als die Revision meint, gibt es auch keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigt, die Schadensersatzpflicht auf einen angemessenen Ausgleich des Minderwerts der Kaufsache zu beschränken. Da die Beklagte dem Ehemann der Klägerin eine umfassende Information über die Vor- und Nachteile der Anlage schuldete, ist eine derartige Art der Schadensabwicklung - wie auch das Berufungsgericht ausdrücklich betont hat - aus dem Schutzzweck der verletzten Pflicht nicht herzuleiten (vgl. Senatsurteile, BGHZ 116, 209, 212, vom 5. Mai 1992 - XI ZR 242/91, WM 1992, 1355, 1357 und vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Eine andere Beurteilung entspräche auch nicht den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung (siehe z.B. BGHZ 69, 53, 56; 111, 75, 82; BGH, Urteil vom 4. April 2001 - VIII ZR 32/00, WM 2001, 1118, 1120 f.) im Rahmen der vorvertraglichen Verschuldenshaftung des Verkäufers entwickelten Grundsätzen, nach denen der Käu-
fer zwischen einer angemessenen Herabsetzung des überhöhten Kaufpreises und einer Rückgängigmachung des Kaufvertrages frei wählen kann.
f) Der Revision ist auch nicht zu folgen, soweit sie sich auf ein Mitverschulden des Ehemannes der Klägerin beruft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16 m.w.Nachw.) kann der Informationspflichtige dem Geschädigten grundsätzlich nicht nach § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten, er habe den Angaben nicht vertrauen dürfen und sei deshalb für den entstandenen Schaden mitverantwortlich. Die gegenteilige Annahme stünde im Widerspruch zum Grundgedanken der Aufklärungs- und Beratungspflicht. Daß der Ehemann der Klägerin als Rechtsanwalt und Notar die allgemeinen Risiken einer derartigen Kapitalanlage kannte, macht ihn nicht weniger schutzwürdig als andere Personen, die auf die Richtigkeit und Vollständigkeit einer Beratung vertrauen.
3. Indessen hat das Berufungsgericht nicht alle für die Schadensberechnung und -abwicklung erheblichen Umstände berücksichtigt.
a) Nach dem in § 249 Satz 1 BGB normierten Grundsatz der Naturalrestitution kann die Klägerin aus den dargelegten Gründen von der Beklagten verlangen, so gestellt zu werden, wie sie und ihr Ehemann ohne die Anlageentscheidung stünden. Ihr sind daher - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - der für den Erwerb der zehn Eigentumswohnungen gezahlte Kaufpreis in Höhe von 3.083.643 DM, die im Zusammenhang mit der Investition angefallenen Nebenkosten über
70.772 DM, die auf die Finanzierungsdarlehen entfallenden Kreditkosten von insgesamt 636.731,23 DM und die Kosten der Bewirtschaftung von 104.612,76 DM unter Anrechnung der Mieteinnahmen zu ersetzen. Dabei hat das Berufungsgericht jedoch nicht beachtet, daß auch die Darlehensverträge , die ohne das Beratungsverschulden der Beklagten nicht abgeschlossen worden wären, gemäß § 249 Satz 1 BGB rückabzuwikkeln sind. Bei der Schadensberechnung sind deshalb nicht nur die angefallenen Kreditkosten, sondern auch die aufgrund der Anlageentscheidung ausgereichten Darlehen zu berücksichtigen. Andernfalls würden die Klägerin und ihr Ehemann - wie die Revision vor allem in der mündlichen Verhandlung zu Recht geltend gemacht hat - wirtschaftlich wesentlich besser stehen als sie vor dem Kauf der Eigentumswohnungen standen. Da nicht festgestellt ist, in welcher Höhe die Finanzierungsdarlehen valutieren , ist dem erkennenden Senat eine eigene Entscheidung über die in Abzug zu bringenden Beträge nicht möglich. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat.
b) Ferner wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die Klägerin und ihr Ehemann nicht nur abzutretende Gewährleistungsansprüche über 1.370.287,94 DM aus dem Kauf der Eigentumswohnungen im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Immobilien GmbH beim Amtsgericht C. unter Aktenzeichen ..., sondern ebensolche Ansprüche über 2.003.358 DM im Gesamtvollstreckungsverfahren der W. Verwaltungs GmbH unter Aktenzeichen ... angemeldet haben. Im Tenor des Berufungsurteils wurden indes nur die erst-
genannten Gewährleistungsansprüche berücksichtigt, obwohl die Anmeldung der Ansprüche über 2.003.358 DM im Tatbestand des Berufungsurteils ausdrücklich aufgeführt ist.
B. Anschlußrevision der Klägerin
Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin in Höhe der bei Rückabwicklung des Kaufvertrages zu erwartenden Steuernachzahlungen jedenfalls im Ergebnis zu Recht verneint.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe etwa BGHZ 74, 103, 114 ff.; BGH, Urteil vom 11. Oktober 2001 - III ZR 288/00, WM 2001, 2262, 2264 m.w.Nachw.) stellen Steuernachforderungen , die nach Rückabwicklung eines steuersparenden Rechtsgeschäfts zu erwarten sind, grundsätzlich keinen Schaden gemäß § 249 BGB dar, weil durch sie die aus der Anlageentscheidung erwachsenen Steuervorteile kompensiert werden, die andernfalls zugunsten des Schädigers schadensmindernd zu berücksichtigen wären. Der Einwand der Anschlußrevision , die Klägerin habe die aus der Anlageentscheidung entstandenen Vorteile bereits vorab in Abzug gebracht, greift nicht. Zwar hat sie bei der Schadensberechnung die Mieteinnahmen berücksichtigt, nicht jedoch die finanziellen Vorteile die ihr und/oder ihrem Ehemann dadurch entstanden sind, daß sie als Eigentümer der Wohnungen steuerliche Sonderabschreibungen in Anspruch genommen haben.
2. Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision ist die Klage auf Ersatz entgangener Steuervorteile auch nicht gemäß § 252 BGB begrün-
det, weil die Klägerin und ihr Ehemann sich ohne die Pflichtverletzung der Beklagten an einem anderen Steuersparmodell beteiligt und dadurch erfolgreich Steuern gespart hätten. Zwar schließt die auf den Grundsatz der Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) gestützte Inanspruchnahme der Beklagten die Geltendmachung eines Schadens wegen entgangenen Gewinns gemäß § 252 BGB nicht aus. Richtig ist auch, daß an die Darlegung des entgangenen Gewinns entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine strengen Anforderungen zu stellen sind, sondern der Klägerin nach dieser Vorschrift - wie bei § 287 ZPO - gewisse Erleichterungen bei der Darlegungslast zugute kommen. Die Wahrscheinlichkeit einer Gewinnerzielung aufgrund einer zeitnahen alternativen Investitionsentscheidung kann aber grundsätzlich nur mit Hilfe einer konkreten Berechnung festgestellt werden. Dazu reicht es nicht aus, daß ein positiver Aspekt des hypothetischen Geschäfts, hier steuerliche Abschreibungsvorteile , herausgegriffen wird, ohne ihm die Kosten und Nachteile gegenüberzustellen , die mit der Anlageentscheidung verbunden gewesen wären. Nur die Differenz ergibt den wahrscheinlich eingetretenen Gewinn im Sinne des § 252 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 24. September 1999 - V ZR 71/99, WM 1999, 2510, 2512). Dazu fehlt ausreichendes Vorbringen der Klägerin.
Diese hat ohne jede Konkretisierung des Objekts, der damit verbundenen Aufwendungen und der Rendite lediglich behauptet, ihr Ehemann und sie hätten, wenn sie von der Beklagten richtig beraten worden wären, in ein anderes steuersparendes Bauherrenmodell investiert, dadurch ihre Steuerbelastung um 688.749,83 DM vermindert und Zinsen auf die jetzt zu erwartende Steuernachzahlung vermieden. Dieser Vortrag ist, worauf die Beklagte in den Vorinstanzen mehrfach hingewiesen
hat, ersichtlich unsubstantiiert. Die auf § 139 ZPO gestützte Rüge der Revision, auch das Berufungsgericht habe sie darauf hinweisen müssen, hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
III.
Der Revision der Beklagten war daher stattzugeben und die Anschlußrevision der Klägerin zurückzuweisen.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen
(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
Die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Verteidigungsmittels können der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.
(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.
(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(3) Sind die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger war mit einer Beteiligungsquote von 25,2 % Gründungsgesellschafter der im Jahre 1993 gegründeten R. GmbH (im Folgenden: R. GmbH) und dort als Werkstatt- und Produktionsleiter beschäftigt. Der Beklagte zu 1 war bei der Gesellschaft als technischer Leiter tätig; seine Ehefrau, die frühere Beklagte zu 2 - hinsichtlich derer das Verfahren erstinstanzlich abgetrennt und an die Kammer für Handelssachen verwiesen wurde -, war mit einer Beteiligungsquote von 74,8 % Mehrheitsgesellschafterin und zugleich Geschäftsführerin der R. GmbH. Der frühere Beklagte zu 3 war anwaltlich für den Beklagten zu 1 und die ehemalige Beklagte zu 2 tätig.
- 2
- Wegen zunehmender, schließlich unüberbrückbar gewordener Streitigkeiten unter den Gesellschaftern fasste die frühere Beklagte zu 2 nach längerfristiger Planung den Entschluss, in kollusivem Zusammenwirken mit dem Beklagten zu 1 die R. GmbH unter Umgehung des Klägers "auf kaltem Wege" zu liquidieren und dabei hinter dessen Rücken den Geschäftsbetrieb faktisch auf ein in Konkurrenz zu der Gesellschaft von ihrem Ehemann einzelkaufmännisch betriebenes Dreherei-Unternehmen zu verlagern. In Umsetzung dieses Planes wurden ab Ende Juli 1997 bis Anfang November 1997 der Gesellschaft - ohne die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Zustimmung einer 3/ 4-Mehrheit der Gesellschafterversammlung - nach und nach die notwen- digen Betriebsmittel im Wege der Veräußerung durch die frühere Beklagte zu 2 entzogen und dabei zum überwiegenden Teil sowohl unmittelbar als auch mittelbar der vom Beklagten zu 1 betriebenen Dreherei zugeführt. Infolge dieser planmäßigen faktischen Aufgabe des Geschäftsbetriebs wurde die R.
- 3
- Mit der Klage hat der Kläger die Beklagten zu 1 und 2 u.a. wegen gemeinschaftlich begangener sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung und daneben den früheren Beklagten zu 3 als Gehilfen gesamtschuldnerisch auf Schadensersatz in Höhe von 96.781,93 € in Anspruch genommen, ferner die Feststellung ihrer gesamtschuldnerischen Einstandspflicht für künftige Schäden begehrt und außerdem von den Beklagten zu 1 und 2 die Erteilung bestimmter Auskünfte verlangt; dabei hat der Kläger das Schadensersatzbegehren auf einen Gewinnanspruch für das Jahr 1995 in Höhe von 8.385,00 DM, vorläufigen entgangenen Gewinn für die weiteren Geschäftsjahre von 1996 bis 1999 in Höhe von 139.264,00 DM und die durch die unlauteren Machenschaften bewirkte vollständige Entwertung seines - im Sommer 1997 noch mit 41.640,00 DM werthaltigen und auch in dieser Höhe realisierbaren - Geschäftsanteils gestützt.
- 4
- Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 als unsubstantiiert abgewiesen. Mit seiner Berufung - die er gegenüber dem Beklagten zu 3 zurückgenommen hat - hat der Kläger gegenüber dem Beklagten zu 1 zunächst im Wege der Teilklage die Zahlung von 3.000,00 € - darunter Teilbeträge von je 1.000,00 € hinsichtlich des ausstehenden Gewinnanspruchs 1995, des vorläufig entgangenen Gewinns für die folgenden vier Jahre (anteilig je 250,00 €) sowie bezüglich des verloren gegangenen Beteiligungswertes - geltend gemacht und hierfür sowie für die weitergehenden früheren Anträge Prozesskostenhilfe begehrt. Das Berufungsgericht hat das Prozesskostenhilfegesuch abgelehnt und durch Versäumnisurteil die Berufung in Bezug auf die im Umfang von 3.000,00 € unbedingt gestellten Berufungsanträge zurückgewie- sen. Gegen das Versäumnisurteil hat der Kläger Einspruch, gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe - erfolglos - Gegenvorstellung erhoben. In Anlehnung an die vom Berufungsgericht im Prozesskostenhilfeverfahren geäußerte Rechtsauffassung hat er nunmehr im Einspruchsverfahren - unter Einschluss seines bisherigen auf Zahlung von 3.000,00 € beschränkten Berufungsantrags - die Verurteilung des Beklagten zu 1 zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von 25.000,00 € begehrt; seine Schadensberechnung hat der Kläger nunmehr auch darauf gestützt, dass die frühere Beklagte zu 2 im kollusiven Zusammenwirken mit ihrem Ehemann die beabsichtigte "kalte Liquidation" der Gesellschaft bereits im Jahre 1996 - etwa durch die sachlich nicht gerechtfertigte Erhöhung des Personalaufwands um mehr als 100 % - hinter seinem Rücken begonnen und so eine Realisierung seines Abfindungsanspruchs im Werte von - damals - mindestens 125.351,00 DM auf dem Wege eines Austritts aus der Gesellschaft schon zum Ende des Jahres 1996 vereitelt habe.
- 5
- Das Berufungsgericht hat unter Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils die Berufung auch im Übrigen zurückgewiesen. Mit seiner - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Berufungsanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
- 6
- Die Revision des Klägers ist überwiegend begründet und führt in diesem Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 7
- I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung der Zurückweisung der Berufung Folgendes ausgeführt:
- 8
- Die ehemalige Beklagte zu 2 habe zwar in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit ihrem Ehemann, dem Beklagten zu 1, auf sittenwidrige Art und Weise ab Ende Juli 1997 die R. GmbH systematisch durch Verlagerung sämtlicher Betriebsmittel auf das Konkurrenzunternehmen ihres Mannes ohne die erforderliche Zustimmung des Klägers hinter dessen Rücken faktisch liquidiert und dadurch in die Insolvenz getrieben. Indessen habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt, dass ihm aus diesen Vermögensverlagerungen ein Schaden entstanden sei. Die Vereitelung eines Gewinnanspruchs für das Jahr 1995 sei schon deshalb nicht erkennbar, weil ein Beschluss der Gesellschafterversammlung über eine Gewinnausschüttung nicht vorgelegen habe. Die Geltendmachung eines entgangenen Gewinns für die Jahre 1996 bis 1999 auf der Basis der Durchschnittsumsätze der Geschäftsjahre 1994 und 1995 scheitere schon daran, dass die Gesellschaft wegen der unüberbrückbaren Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern selbst bei Unterlassung der eigenmächtigen "kalten Liquidation" nicht mit Erfolg habe weitergeführt werden können und zudem bereits im Geschäftsjahr 1996 ein Fehlbetrag erwirtschaftet worden sei. Ein isolierter Anspruch auf Ersatz eines "good will" bestehe nicht; ein solcher sei allenfalls Berechnungsposten im Rahmen einer am Unternehmenswert orientierten anteiligen Abfindung für den Wert des Geschäftsanteils. Soweit der Kläger nunmehr in der Berufungsinstanz im Anschluss an entsprechende Hinweise des Gerichts seine Schadensberechnung darauf stütze, dass ihm durch früheres sittenwidriges Verhalten des Beklagten zu 1 und seiner Ehefrau schon zum Jahresende 1996 die Möglichkeit eines rechtzeitigen Austritts aus der Gesellschaft und damit die Realisierung seines Abfindungsanspruches schuldhaft zunichte gemacht worden sei, handele es sich um eine in der Berufungsinstanz unzulässige Klageänderung, die zumindest im Hinblick auf die nunmehr erfor- derlichen umfangreichen Beweiserhebungen zur Schadensermittlung nicht sachdienlich sei.
- 9
- II. Diese Beurteilung hält nur hinsichtlich der Abweisung der in der Berufungsinstanz verfolgten Teilklagen in Höhe von je 1.000,00 € bezüglich des Gewinnanspruchs für 1995 und des behaupteten entgangenen Gewinns für die vier Folgejahre (1.), nicht jedoch hinsichtlich des Verlustes eines - im Falle des rechtzeitigen Austritts realisierbaren - Abfindungsanspruchs (2.) revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
- 10
- 1. a) Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings einen aus der gemeinschaftlich von den Beklagten zu 1 und 2 begangenen sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung (§§ 826, 830 BGB) resultierenden Schaden in Form der vom Kläger geltend gemachten Nichtrealisierbarkeit eines Gewinnanspruchs für das Jahr 1995 verneint. Der Kläger hat insoweit bereits nicht schlüssig dargelegt , auf welcher Grundlage ein solcher isolierter Gewinnanspruch bestanden haben sollte. Ein Beschluss über eine entsprechende Gewinnverwendung für 1995, dessen Umsetzung etwa durch die - nach seinem Vortrag - im Jahr 1996 begonnene und - nach den Feststellungen des Berufungsgerichts - im Jahre 1997 vollendete systematische "kalte" Liquidation der R. GmbH verhindert worden wäre, wurde unstreitig nicht gefasst.
- 11
- b) Ebenso zutreffend hat das Oberlandesgericht konkrete Ansprüche auf entgangenen Gewinn für die vier folgenden Geschäftsjahre in Höhe eines Teilklagebetrags von jeweils 250,00 € - wie er in der Berufungsinstanz noch geltend gemacht worden ist - verneint. Für das Geschäftsjahr 1996 fehlt es angesichts des unstreitig erwirtschafteten Fehlbetrages bereits an der Darlegung eines hinreichend wahrscheinlichen Gewinns. Für die weiteren Zeiträume waren etwaige isoliert verfolgbare Gewinnansprüche schon deshalb nicht realisierbar, weil angesichts der vom Oberlandesgericht festgestellten unüberbrückbaren Differenzen zwischen den Gesellschaftern die R. GmbH auch ohne das sittenwidrige Verhalten des Beklagten zu 1 und seiner Ehefrau jedenfalls in der bestehenden Form nicht erfolgreich hätte weitergeführt werden können.
- 12
- 2. Demgegenüber hat das Oberlandesgericht zu Unrecht die - den eigenen Vorgaben im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens entsprechende - umgestaltete Schadensberechnung des Klägers, die nunmehr an die Verhinderung der Realisierung eines werthaltigen Abfindungsanspruchs durch Austritt aus der Gesellschaft bereits zum 31. Dezember 1996 aufgrund des - nach seiner vom Berufungsgericht nicht geprüften, für die revisionsrechtliche Beurteilung als richtig zu unterstellenden Behauptung - schon im Jahre 1996 begonnenen schädigenden Verhaltens des Beklagten zu 1 und seiner Ehefrau anknüpft, in Bezug auf den weiterhin geltend gemachten Zahlungsanspruch in Höhe von 23.000,00 € als eine in der Berufungsinstanz unzulässige Klageänderung angesehen.
- 13
- Eine Änderung des Streitgegenstandes (§§ 263, 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), die sich wegen des lediglich reduzierten, im Übrigen aber gleich gebliebenen Leistungsantrags allenfalls auf den Klagegrund zur Schadensberechnung beziehen könnte, liegt hier nicht vor.
- 14
- a) Eine i. S. von § 263 ZPO relevante Veränderung des Lebenssachverhalts , aus dem der Klageanspruch hinsichtlich des begehrten Schadensersatzes hergeleitet wird, liegt im vorliegenden Fall nicht darin, dass der Kläger in Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nicht nur auf die Vorgänge des Jahres 1997, sondern nunmehr auch auf weitere Vorfälle gestützt hat, die bereits im Jahre 1996 stattgefunden haben sollen. Denn ersichtlich handelt es sich dabei insgesamt um den einheitlichen Lebenssachverhalt einer die mitgliedschaftlichen Interessen des Klägers verletzenden, systematischen Aushöhlung des Geschäftsbetriebs der R. GmbH, die von den Beklagten zu 1 und 2 aufgrund längerfristiger Planung nach Art eines Dauerdelikts im Jahre 1996 mit der sachlich nicht gerechtfertigten Erhöhung der Personalkosten begonnen und mit der anschließenden Veräußerung des notwendigen Betriebsvermögens im Jahre 1997 bis hin zur Konkursantragstellung vollendet wurde.
- 15
- b) Ein neuer Klagegrund liegt aber - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - auch nicht in der aus dem erweiterten Lebenssachverhalt abgeleiteten zweitinstanzlichen Schadensberechnung des Klägers zum Verlust des Wertes seiner Beteiligung an der R. GmbH.
- 16
- Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 22. November 1990 - IX ZR 73/90, WM 1991, 609, 610 m.w.Nachw.) ändert neuer Sachvortrag zur haftungsausfüllenden Kausalität den Klagegrund jedenfalls solange nicht, wie er einzelne Posten des gleichen Schadens betrifft; innerhalb des identischen Schadens stellen die verschiedenen Berechnungsgrundlagen vielmehr lediglich unselbständige Faktoren eines einheitlichen Schadens und Ersatzanspruchs dar, die im Rahmen des geltend gemachten Gesamtbetrags austauschbar sind. Daran ändert es nichts, wenn die sachlichen Voraussetzungen teilweise unterschiedlich sind; ergänzt die Partei selbst ihre tatsächlichen Behauptungen in dieser Hinsicht, begründet das sogar dann keinen neuen Streitgegenstand , wenn die Klage möglicherweise erst dadurch gerechtfertigt erscheinen kann.
- 17
- So liegt es auch hier. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger bereits erstinstanzlich einen "verloren gegangenen Beteiligungswert" in Höhe von 41.640,00 DM geltend gemacht, den er in der Berufungsinstanz zunächst im Wege der Teilklage in Höhe von 1.000,00 € unbedingt weiterverfolgt hat und den er im Anschluss an die Hinweise des Berufungsgerichts im Prozesskostenhilfeverfahren sodann im erweiterten Umfang von insgesamt 23.000,00 € beansprucht. Wenn der Kläger diesen zunächst als "verloren gegangenen Beteiligungswert" bezeichneten Schaden nunmehr in Form des infolge der sittenwidrigen Schädigung eingetretenen Verlustes seines - bei rechtzeitigem Austritt aus wichtigem Grund realisierbaren - (fiktiven) Abfindungsanspruchs geltend macht und in diesem Zusammenhang lediglich die Schadensentstehung im Rahmen des behaupteten "Dauerdelikts" bereits für einen früheren Zeitpunkt als bisher vorträgt, so verlangt er damit nicht den Ersatz eines anderen Schadens; denn der jetzt geltend gemachte Wert der Beteiligung im Falle des Ausscheidens durch Kündigung unterscheidet sich von dem ursprünglich begehrten verlorenen Beteiligungswert allenfalls quantitativ und in bestimmtem Umfang qualitativ im Hinblick auf die anzuwendende konkrete Bewertungsmethode. Hiervon ist im Übrigen das Berufungsgericht an anderer Stelle seines Urteils selbst ausgegangen, wenn es - insoweit zutreffend - ausgeführt hat, der ursprünglich begehrte Ersatz eines "good will" sei - je nach gewählter Berechnungsmethode - ein bloßer Rechnungsposten im Rahmen einer am Unternehmenswert orientierten (anteiligen) Abfindung für den Wert des Geschäftsanteils.
- 18
- III. Im Hinblick auf den vorstehend aufgezeigten Rechtsfehler ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO), damit es die noch erforderlichen Feststellungen zur Entstehung und Bemessung des vom Kläger behaupteten Schadens im Rahmen des § 826 BGB treffen kann.
Strohn Caliebe
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 02.08.2002 - 9 O 5346/00 -
OLG Celle, Entscheidung vom 01.10.2003 - 9 U 173/02 -
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
- 1
- Der Kläger berühmt sich einer Schadensersatzforderung gegen den Beklagten aus unerlaubter Handlung und positiver Vertragsverletzung. Er hat in erster Instanz beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 10 Mio. Euro zu verurteilen. Dazu hat er vorgetragen, dieser Schaden sei ihm als entgangener Gewinn in den Jahren 2000 bis 2004 entstanden. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger sein Begehren als Hauptantrag weiterverfolgt und - soweit hier von Interesse - hilfsweise beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 8.419.809,43 € zu verurteilen. Unter Aufschlüsselung des Betrags auf die einzelnen Jahre hat er vorgetragen, dieser Gewinn sei ihm in den Jahren 2002 bis 2006 entgangen. Den Schaden der Jahre 2005 und 2006 hat er mit insgesamt 3.378.141,93 € beziffert. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 13.378.141,93 € festgesetzt. Es hat ausgeführt, hinsichtlich der Jahre 2005 und 2006 liege eine Erweiterung des Streitgegenstandes im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 2 GKG vor, so dass der hierauf entfallende Betrag und der Betrag von 10 Mio. Euro gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 (gemeint: Satz 2) GKG zusammenzurechnen seien.
- 2
- Der Kläger hat Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit der beabsichtigten Revision wollte er sein zweitinstanzliches Begehren weiter verfolgen. Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen und den Gegenstandswert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf 10 Mio. Euro festgesetzt. Dagegen richtet sich die Gegenvorstellung der Prozessbevollmächtigten des Beklagten, die eine Erhöhung des Gegenstandswerts der Nichtzulassungsbeschwerde auf 13.378.141,93 € erreichen wollen.
II.
- 3
- Die Gegenvorstellung ist nicht begründet. Eine Addition des auf die Jahre 2005 und 2006 entfallenden Gewinnentgangs zu dem hauptsächlich begehrten Schadensersatz von 10 Mio. Euro kommt nicht in Betracht.
- 4
- Der Kläger hat wiederholt darauf hingewiesen, dass er auch mit der Berufung nur einen Betrag von maximal 10 Mio. Euro geltend mache und beide von ihm genannten Beträge auf den gleichen haftungsbegründenden Tatbestand , den gleichen Schaden und die gleiche Kausalität stütze; es handele sich bei dem Hilfsantrag nur um eine alternative Begründung des gleichen Schadens.
- 5
- Daraus folgt, dass der Kläger in der Berufungsinstanz seine Schadensberechnung zwar zeitlich, nicht aber betragsmäßig um die Jahre 2005 und 2006 erweitert hat. Die maximale Höhe des geltend gemachten Schadens sollte da- von nicht betroffen sein. Gegenstand des Berufungsverfahrens war somit der entgangene Gewinn in den Jahren 2000 bis 2006, einmal berechnet mit mindestens 10 Mio. Euro durch den Vergleich mit dem Gewinn anderer Architektenbüros in den Jahren 2000 bis 2004 und hilfsweise alternativ berechnet in Höhe von 8.419.809,43 € anhand der vom Kläger für die Jahre 2002 bis 2006 behaupteten konkreten Gewinneinbußen. Damit betreffen Haupt- und Hilfsanspruch denselben Gegenstand im Sinne von § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG und es liegt auch keine Klageerweiterung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 2 GKG vor.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 20.06.2007 - 8O 23330/05 -
OLG München, Entscheidung vom 29.04.2008 - 18 U 3872/07 -
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.
(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.
(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.