Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 20. Feb. 2019 - AN 14 K 16.01572
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
- ein Absatz zu den familiären Verhältnissen des Verurteilten (Seite 4, erster Absatz)
- ein Absatz zum Suchtmittelkonsum des Verurteilten (Seite 4, zweiter Absatz)
- die Darstellung der Vorverurteilungen, wobei in zwei Fällen der zugrundeliegende Sachverhalt ausgeführt ist (Seiten 4 - 7)
- die Einzelerwägungen, mit denen das Gericht begründet, warum die Schuldfähigkeit des Verurteilten weder aufgehoben noch eingeschränkt war (Seite 19 letzter Absatz - Seite 20)
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger eine Abschrift des strafgerichtlichen Urteils des Landgerichts … mit dem Aktenzeichen* …zur Verfügung zu stellen, wobei abgesehen von den Personalien des Verurteilten, der Zeugen, der Urkundsbeamten und dem Opfer auf Schwärzungen zu verzichten ist.
die Klage abzuweisen.
Gründe
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(1) Für eine Privatperson und für sonstige Stellen kann unbeschadet des § 57 des Bundesdatenschutzgesetzes ein Rechtsanwalt Auskünfte aus Akten erhalten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Auskünfte sind zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn die Erteilung von Auskünften einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern oder nach Darlegung dessen, der Akteneinsicht begehrt, zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses nicht ausreichen würde.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 können amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigt werden.
(4) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können auch Privatpersonen und sonstigen Stellen Auskünfte aus den Akten erteilt werden.
(1) Die Übermittlung personenbezogener Daten in Akten an Hochschulen, andere Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, und öffentliche Stellen ist zulässig, soweit
- 1.
dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsarbeiten erforderlich ist, - 2.
eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist und - 3.
das öffentliche Interesse an der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung erheblich überwiegt.
(2) Die Übermittlung der Daten erfolgt durch Erteilung von Auskünften, wenn hierdurch der Zweck der Forschungsarbeit erreicht werden kann und die Erteilung keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Andernfalls kann auch Akteneinsicht gewährt werden. Die Akten, die in Papierform vorliegen, können zur Einsichtnahme übersandt werden.
(3) Personenbezogene Daten werden nur an solche Personen übermittelt, die Amtsträger oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete sind oder die zur Geheimhaltung verpflichtet worden sind. § 1 Abs. 2, 3 und 4 Nr. 2 des Verpflichtungsgesetzes findet auf die Verpflichtung zur Geheimhaltung entsprechende Anwendung.
(4) Die personenbezogenen Daten dürfen nur für die Forschungsarbeit verwendet werden, für die sie übermittelt worden sind. Die Verwendung für andere Forschungsarbeiten oder die Weitergabe richtet sich nach den Absätzen 1 bis 3 und bedarf der Zustimmung der Stelle, die die Übermittlung der Daten angeordnet hat.
(5) Die Daten sind gegen unbefugte Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen. Die wissenschaftliche Forschung betreibende Stelle hat dafür zu sorgen, dass die Verwendung der personenbezogenen Daten räumlich und organisatorisch getrennt von der Erfüllung solcher Verwaltungsaufgaben oder Geschäftszwecke erfolgt, für die diese Daten gleichfalls von Bedeutung sein können.
(6) Sobald der Forschungszweck es erlaubt, sind die personenbezogenen Daten zu anonymisieren. Solange dies noch nicht möglich ist, sind die Merkmale gesondert aufzubewahren, mit denen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person zugeordnet werden können. Sie dürfen mit den Einzelangaben nur zusammengeführt werden, soweit der Forschungszweck dies erfordert.
(7) Wer nach den Absätzen 1 bis 3 personenbezogene Daten erhalten hat, darf diese nur veröffentlichen, wenn dies für die Darstellung von Forschungsergebnissen über Ereignisse der Zeitgeschichte unerlässlich ist. Die Veröffentlichung bedarf der Zustimmung der Stelle, die die Daten übermittelt hat.
(8) Ist der Empfänger eine nichtöffentliche Stelle, finden die Vorschriften der Verordnung (EU) 2016/679 und des Bundesdatenschutzgesetzes auch dann Anwendung, wenn die personenbezogenen Daten nicht automatisiert verarbeitet werden und nicht in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der als selbstständiger Journalist tätige Kläger begehrt von der JVA ..., zu einer Weihnachtsfeier eingeladen zu werden sowie die Beantwortung eines Fragenkataloges vom 7. März 2011.
Der Kläger war aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung im Jahr 2010 in der JVA ... inhaftiert. Sein Verlangen, nach seiner Haftentlassung noch zur Weihnachtsfeier in der Haftanstalt im Dezember 2010 als Pressevertreter eingeladen zu werden, wurde vom Leiter der Haftanstalt abgelehnt.
Mit Schreiben vom 8. Februar 2011 wandte sich der Kläger gegen die Entscheidung, ihn nicht als Pressevertreter zur Weihnachtsfeier in der JVA ... zuzulassen, und legte unter Hinweis auf einen presserechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 4 BayPrG einen umfangreichen Fragenkatalog vor, der mit Schreiben vom 7. März 2011 (Bl. 15 - 24 der Gerichtsakte - GA - M 22 K 13.116) noch erweitert wurde.
Mit Schreiben vom 16. März 2011 lehnte der Leiter der Justizvollzugsanstalt eine Beantwortung des Fragenkataloges ab. Zur Begründung wurde ausgeführt,
die im Schreiben des Klägers enthaltene Vielzahl von Fragestellungen finde ganz offensichtlich ihren Ursprung in der Zeit seiner Inhaftierung in der JVA ... Seine dabei gewonnen Vollzugserfahrungen hätten seinen Auffassungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Strafvollzuges nicht entsprochen. Dieser Meinungsverschiedenheit nun nach seiner Entlassung unter Hinweis auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch erneut einen weiten Raum verschaffen zu wollen, sei nicht Sinn und Zweck eines presserechtlichen Auskunftsrechtes. Zu allen seinen Fragen und Beschwerdepunkten, bei denen eine Selbstbetroffenheit vorliege, sei er noch in der Zeit seiner Inhaftierung ausführlich unterrichtet worden, dass dies dienstaufsichtlich gewürdigt worden sei, aber kein Anlass zu einem Einschreiten bestanden habe. Eine erneute Prüfung sei nicht angezeigt. Sein übriges Vorbringen berühre Themen, die ihn gänzlich nicht selbst beträfen, so dass von einer weiteren Beschwerdeüberprüfung Abstand genommen werde.
Mit Schreiben vom 20. April 2008 (richtig: 2011) erhob der Kläger Widerspruch gegen das Schreiben vom 16. März 2011 und forderte erneut die Beantwortung seines Fragenkataloges. Seine Anfrage erfülle die Voraussetzung des Art. 4 BayPrG. Sein Fragenkatalog sei zwar umfangreich, aber keineswegs ungewöhnlich oder außerhalb jeder Vernunft. Er greife lediglich Fragen auf, die sich jedem Staatsbürger aufgrund der von ihm stets kurz geschilderten Vorkommnisse in der JVA aufdrängten. Woher er die Informationen zu seinen Fragestellungen habe, sei unbeachtlich. Er stelle Fragen, die für einen Journalisten nicht ungewöhnlich seien, der - wie der Kläger - über Ausbildung und Praxis eines gehobenen Beamten der allgemeinen inneren Verwaltung und über eine liberale demokratisch-rechtsstaatliche Gesinnung verfüge.
Eine Beantwortung der Fragen wurde erneut mit Schreiben der JVA vom 10. Juni 2011 abgelehnt. Weitergehende Anfragen des Klägers beim Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz blieben letztlich ebenfalls ohne Erfolg.
Am 27. November 2012 erhob der Kläger Klage zum Landgericht Ingolstadt mit den Anträgen:
1. Die JVA ... wird verpflichtet, den Kläger zur Weihnachtsfeier des Jahres 2012 einzuladen.
2. Die JVA ... wird verpflichtet, den Fragenkatalog des Klägers vom 8. (richtig: 7.) März 2011 in vollem Umfang zu beantworten.
Seine Anträge in den Jahren 2010 und 2011, als Journalist an den Weihnachtsfeiern der JVA ... teilnehmen zu dürfen, seien abgelehnt worden. Diese Versagung sei unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten rechtswidrig. Seit vielen Jahren werde stets ein Journalist des ... Kuriers zur Weihnachtsfeier eingeladen. Der Kläger komme selbst aus einer Region, aus der zahlreiche Gefangene der JVA ... kämen. Die Versagung beeinträchtige ihn in seiner Berufsausübung. Seine Teilnahme an den Feiern werde nur aufgrund der Befürchtung verhindert, er könne eine organisierte, menschenunwürdige Behandlung Gefangener öffentlich machen. Das Recht auf eine Beantwortung der von ihm gestellten Fragen ergebe sich weiterhin aus dem Presserecht.
Mit Beschluss der Kleinen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Ingolstadt vom 7. Dezember 2012 wurde der ordentliche Rechtsweg für unzulässig erklärt und der Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht München verwiesen (M 22 K 13.116).
Mit Gerichtsbescheid vom 17. April 2013 wurde die Klage als unzulässig abgewiesen, da eine wirksame Klageerhebung nicht vorliege. Die Klage sei entgegen § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO vom Kläger nicht eigenhändig unterschrieben gewesen. Trotz gerichtlicher Aufforderung sei eine Korrektur der durch E-Mail erhobenen Klage nicht erfolgt.
Ein weiteres Schreiben des Klägers vom 24. März 2013 wurde von der damals zuständigen Kammer als neue Klage angesehen (zunächst Az. M 22 K 13.1304, jetzt durch Zuständigkeitswechsel: M 10 K 13.1304).
Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2013 beantragte der Beklagte,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger habe bisher keinen Nachweis dafür erbracht, dass er Redakteur sei, auf den die Bestimmungen des Bayerischen Pressegesetzes überhaupt Anwendung finden könnten. Unabhängig davon bestehe der Auskunftsanspruch des Klägers nicht, da dieser rechtsmissbräuchlich sei. Es gehe dem Kläger nur darum, Meinungen des Behördenleiters abzufragen, die nicht Gegenstand einer Auskunft sein könnten. Zudem bestehe keinerlei Bezug zu einem aktuellen, die Öffentlichkeit interessierenden Thema. Vielmehr setze der Kläger sein schikanöses und querulatorisches Verhalten, das er hinreichend während seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt an den Tag gelegt habe, in Freiheit fort und versuche sich dabei des Deckmantels des Presserechtes zu bedienen.
Alle Anträge und Beschwerden, die der Kläger seinerzeit als Gefangener gestellt und eingereicht habe, seien vom Anstaltsleiter überprüft und beschieden und größtenteils auch von der zuständigen Strafvollstreckungskammer im Rahmen der vom Kläger gestellten Anträge auf gerichtliche Entscheidung überprüft worden.
Auch hinsichtlich seines Begehrens, an der Weihnachtsfeier 2012 teilnehmen zu dürfen, sei kein Anspruch gegeben. Zum einen sei das Ereignis bereits vorüber, zudem handele es sich bei der Weihnachtsfeier um eine geschlossene Veranstaltung, zu der außenstehende Dritte grundsätzlich nicht zugelassen seien. Der Teilnehmerkreis sei auf aktuell einsitzende Gefangene, das Personal und ehrenamtliche sowie vertragliche Mitarbeiter begrenzt, die in die Betreuung der Gefangenen im engeren und weiteren Sinne eingebunden seien. Ob und welche Pressevertreter eingeladen würden, stehe im Ermessen des Anstaltsleiters. Die Nichtzulassung des Klägers zu dieser Feier sei nicht ermessensfehlerhaft gewesen.
Mit handschriftlichem und eigenhändig unterzeichnetem Schreiben, beim Verwaltungsgericht München eingegangen am 13. März 2014, beantragte der Kläger:
1. Die JVA ... wird verpflichtet, den Kläger zur nächsten Weihnachtsfeier einzuladen.
2. Die JVA ... wird verpflichtet, den Fragenkatalog des Klägers vom 8. (richtig: 7.) März 2011 in vollem Umfang zu beantworten.
Zudem legte er eine Bestätigung des ... Tagblattes vom 10. März 2014 vor, wonach er seit 1992 als freier Mitarbeiter für die Lokalredaktion des ... Tagblattes tätig sei.
Auf gerichtliche Nachfrage bestätigte der stellvertretende Redaktionsleiter des ... Tagblattes mit E-Mail vom 21. Mai 2014, dass der Kläger seit Jahren als freiberuflicher Mitarbeiter für das ... Tagblatt tätig sei und diese Zusammenarbeit auch fortgesetzt werden solle. Ein Rechercheauftrag im Zusammenhang mit der JVA ... sei ihm allerdings nicht erteilt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 22 K 13.116 und auf die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
Gründe
Die Klage bleibt ohne Erfolg, da sie teils unzulässig (Klageantrag zu 1) und teils unbegründet (Klageantrag zu 2) ist.
1. Soweit der Kläger begehrt, die Justizvollzugsanstalt zu verpflichten, ihn zur nächsten Weihnachtsfeier einzuladen, ist die Klage bereits unzulässig.
Dabei kann offenbleiben, ob die Klage als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO anzusehen ist, weil es dem Kläger nicht nur um eine Einladung, sondern um die Gestattung seiner Teilnahme an einer Weihnachtsfeier geht, welche eine Zulassungsentscheidung durch einen Verwaltungsakt darstellt, oder es sich eher um eine allgemeine Leistungsklage (vgl. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO) handelt, weil der Kläger eine Einladung zur Weihnachtsfeier und das tatsächliche Zulassen seiner Anwesenheit bei dieser Weihnachtsfeier als schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln begehrt.
In beiden Fällen - hoheitliche Zulassungsentscheidung durch Verwaltungsakt oder schlicht-hoheitliches Handeln im Wege einer Einladung und der faktischen Gestattung seiner Teilnahme an der Weihnachtsfeier - fehlt dem Kläger das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis.
Voraussetzung für die Zulässigkeit einer jeden Inanspruchnahme des Gerichts ist das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Für eine unnötige oder gar missbräuchliche Ausübung von Klagemöglichkeiten brauchen die Gerichte nicht zur Verfügung zu stehen. Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis ist insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Kläger sein Ziel auf anderem Weg schneller und einfacher erreichen könnte; das Gericht soll nicht überflüssig bemüht werden. So ist eine Leistungsklage unnötig, solange der Bürger bei der Behörde einen entsprechenden Antrag nicht gestellt und eine angemessene Bescheidungsfrist nicht abgewartet hat. Dies gilt nicht nur bei der Verpflichtungs-, sondern auch bei der allgemeinen Leistungsklage (Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor §§ 40-53, Rn. 11 - 13).
Der Kläger hat auf Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung erläutert, er habe in der Vergangenheit zweimal seine Teilnahme an der Weihnachtsfeier bei der Justizvollzugsanstalt beantragt. Ein neuerlicher Antrag - also für die nächste Weihnachtsfeier im Jahr 2014 - sei bisher von ihm nicht gestellt worden. Er gehe aber davon aus, dass auch sein nächster Antrag abgelehnt werde.
Damit hat der Kläger nach eigenem Bekunden gerade keinen vorgängigen Antrag zunächst bei der Behörde selbst gestellt. Dieses Verlangen nach einem vorgängigen Antrag ist auch keine bloße Förmelei. Es ist nicht davon auszugehen, dass der Beklagte stets und in jedem Fall auch künftig eine Teilnahme des Klägers als Journalist bei einer der Veranstaltungen der JVA ... nicht zulassen werde. Hierzu hat der Vertreter der Justizvollzugsanstalt in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass sich die bisherige Sachlage möglicherweise dadurch verändert habe, dass der Kläger nunmehr tatsächlich seine Journalisteneigenschaft (s. u.) nachgewiesen habe. Insoweit scheidet auch ein vorbeugender Rechtsschutz (Rennert in Eyermann, a. a. O., Rn. 25) aus.
Trotz gerichtlichen Hinweises hat der Kläger seinen Antrag auch nicht in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO umgestellt, für den zudem das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Klägers fraglich wäre.
2. Das weitere Begehren des Klägers auf die Beantwortung seines der JVA ... vorgelegten Fragenkataloges kann im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgt werden. Diese bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.
2.1 Weder die Erteilung einer Auskunft - hier: die Beantwortung der Fragen - noch ihre Verweigerung sind als Verwaltungsakt zu qualifizieren, zu dessen Verpflichtung mit einer Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO unter einschränkenden Zulässigkeitsvoraussetzungen zu streiten ist. Vielmehr kann die Auskunftserteilung im Wege der allgemeinen Leistungsklage durchgesetzt werden (Burkhardt in Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 4 LPG, Rn. 170, 171 m. w. N.). Da der Beklagte bzw. die JVA ... als angegangene Behörde eine Auskunft unter Beantwortung der vom Kläger gestellten Fragen verweigert hat, konnte der Kläger unmittelbar Klage zum Verwaltungsgericht München erheben.
Zweifel bestanden zunächst hinsichtlich einer wirksamen Klageerhebung mit Schriftsatz vom 24. März 2013, da dieses Schreiben zwar nicht als E-Mail (wie im Vf. M 22 K 13.116), sondern per Fax bei Gericht eingereicht wurde, was grundsätzlich dem Schriftformerfordernis des § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO entspricht. Allerdings bestanden Zweifel an der erforderlichen Eigenhändigkeit der Unterschrift auf diesem Schriftstück. Der Unterschriftszug unter diesem Schreiben macht im Vergleich mit dem Unterschriftszug unter einem Schreiben des Klägers vom 1. Juni 2013 im Verfahren M 22 K 13.116 den Eindruck, als seien beide Unterschriften nicht eigenhändig geleistet, sondern vielmehr in die Schreiben hineinkopiert worden.
Im Schreiben vom 1. Juni 2013 hat der Kläger eigenhändig mit blauem Kugelschreiber die Adresse des Verwaltungsgerichts München eingefügt, wohingegen die Unterschrift in diesem Schreiben in schwarz und gepixelt erscheint. Die Unterschrift unter der Klage vom 24. März 2013 weist ein identisches Bild zur Unterschrift unter dem Schreiben vom 1. Juni 2013 auf, erweckt einen verwaschenen und gepixelten Eindruck und ist in den Oberlängen der Endbuchstaben des klägerischen Familiennamens abgeschnitten. Insoweit genügt der Klageschriftsatz vom 24. März 2013 gerade nicht dem Erfordernis eigenhändiger Unterschriftsleistung, welches gerade sicherstellen soll, dass das Schreiben mit Wissen und Wollen des Unterzeichnenden in den Geschäftsverkehr gegeben wurde.
Allerdings ist das am 13. März 2014 bei Gericht eingegangene Schreiben des Klägers von diesem eigenhändig verfasst und zweifelsfrei auch eigenhändig unterschrieben. Insoweit liegt jedenfalls zu diesem Zeitpunkt eine wirksame Klage vor. Da die allgemeine Leistungsklage ohne Einhaltung von Fristen erhoben werden kann, ist zulässigerweise und wirksam jedenfalls ab diesem Zeitpunkt eine Klageerhebung gegeben.
2.2 Dem Kläger steht auch die Klagebefugnis bzw. die aktive Prozessführungsbefugnis - also seine Berechtigung, den prozessualen Anspruch in eigenem Namen geltend zu machen - zu (vgl. Happ in Eyermann, a. a. O., Rn. 71 + 76 zu § 42).
Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. April 2000, der die Gewährleistung der verfassungsrechtlichen Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 111 BV ausformt, hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Sie kann es nur durch Redakteure oder andere, von ihnen genügend ausgewiesen Mitarbeiter von Zeitungen oder Zeitschriften ausüben (Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG).
Der Kläger war zunächst gegenüber der JVA ... wie auch gegenüber dem Gericht (Aufforderung v. 2.4.2013, einen Presseausweis vorzulegen) den Nachweis schuldig geblieben, dass ihm ein presserechtlicher Auskunftsanspruch zustehen könne.
Allerdings hat er nunmehr eine Bestätigung des ... Tagblattes vom 10. März 2014 vorgelegt, wonach er seit Langem als freier Mitarbeiter für die Lokalredaktion des ... Tagblattes tätig sei. Diese Tätigkeit als freier Mitarbeiter wurde auch nochmals auf gerichtliche Nachfrage vom stellvertretenden Redaktionsleiter des ... Tagblattes vom 21. Mai 2014 bestätigt. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts reicht es für die Aktivlegitimation des Klägers aus, dass er - egal ob haupt- oder nebenberuflich - als Journalist tätig war und auch weiterhin ist. Nach seinem eigenen Vortrag ist der Kläger als freier Mitarbeiter tätig, der im vorliegenden Fall eine eigenständige Recherche durchführen will. Es ist nicht erforderlich, dass ein Journalist - der für sich einen Auskunftsanspruch nach Art. 4 BayPrG geltend macht - selbst Redakteur einer Zeitung oder Zeitschrift ist, dort als fester Mitarbeiter beschäftigt ist oder einen konkreten Recherche- oder Berichtsauftrag einer Redaktion für eine Auftragsarbeit hat (so: LG München I, U.v. 11.10.2006 - 9 S 8016/06 - juris Rn. 32 f.). Auch wenn der Kläger laut Auskunft des stellvertretenden Redaktionsleiters des ... Tagblattes keinen Rechercheauftrag der Zeitung im Zusammenhang mit der JVA ... hatte, ist es ihm als freiberuflichem Mitarbeiter freigestellt, sich selbst ein bestimmtes Thema zu stellen, hierfür zu recherchieren und letztlich auch einen Artikel zu verfassen, den er als Freiberufler dann als Werk dem ... Tagblatt oder einer anderen Redaktion anbietet, um hierdurch Einnahmen zu erzielen. Für die Legitimation im Sinne des Art. 4 Abs. 1 Satz 2 BayPrG als von einem durch Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter von Zeitungen genügt es, dass der Kläger die entsprechende Bestätigung seiner bisherigen und wohl auch künftigen journalistischen Tätigkeit für das... Tagblatt mit einer entsprechenden Auskunft nachweisen konnte. Damit ist jedenfalls - auch ohne Vorlage eines ohnehin nicht behördlich legitimierenden Presseausweises - hinreichend klargestellt, dass der Kläger nicht nur „ins Blaue hinein“, sondern grundsätzlich journalistisch tätig wird.
2.3 Vorliegend hat die JVA ... aber zu Recht eine umfassende Beantwortung des vom Kläger zuletzt mit Schreiben vom 7. März 2011 vorgelegten Maßnahmenkataloges verweigert. Der Kläger hat keinen Auskunftsanspruch aufgrund Art. 4 Abs. 1 BayPrG hinsichtlich des von ihm vorgelegten Fragenkataloges, da diese Fragen teilweise nur in Frage gekleidete eigene Meinungsäußerungen des Klägers sind, teilweise nicht Fragen nach Daten und Fakten, sondern nach Meinungen der Anstaltsleitungen sind, und die Fragen auch teilweise beleidigenden Inhalt haben.
Die Versagung einer Beantwortung des Fragenkataloges kann aber von der JVA nicht darauf gestützt werden, es bestehe keinerlei Bezug zu einem aktuellen, die Öffentlichkeit interessierenden Thema, bzw. der Kläger wolle unter dem Deckmantel des Pressrechtes ausschließlich rein private Interessen, nicht aber journalistische Ziele verfolgen.
Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG hat die Presse gegenüber Behörden ein Recht auf Auskunft. Nach Art. 4 Abs. 2 Nr. 2 BayPrG darf eine Auskunft von einer Behörde gegenüber der Presse nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht.
Dies konkretisiert die grundrechtlich in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verbürgte Pressefreiheit, die nicht nur die Freiheit der Verbreitung von Nachrichten und Meinungen gewährleistet. Diese schützt vielmehr auch den gesamten Bereich publizistischer Vorbereitungstätigkeit, zu der insbesondere die Beschaffung von Informationen gehört (BVerfG, B.v. 28.8.2000 - 1 BvR 1307/91 - juris Rn. 13). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie eröffnete Rolle wirksam wahrzunehmen (BVerfG, B.v. 6.2.1979 - 2 BvR 154/78 - juris Rn. 32). Dabei ist die Pressefreiheit allerdings nicht schrankenlos gewährleistet; sie findet ihre Schranken unter anderem in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Dies bedeutet nicht, dass das Grundrecht der Pressefreiheit schlechthin unter dem Vorbehalt des einfachen Gesetzes stünde. Die allgemeinen Gesetze müssen vielmehr im Lichte der besonderen Bedeutung dieses Grundrechtes für den freiheitlich-demokratischen Staat ausgelegt werden und sind so zu interpretieren, dass der besondere Wertgehalt des Grundrechtes auf Pressefreiheit auf jeden Fall gewahrt bleibt (BVerfG, B.v. 6.2.1979 a. a. O. - juris Rn. 34).
Die Verpflichtung zur Auskunfts- oder Informationserteilung bedeutet, dass bezüglich eines bestimmten Sachverhaltes Aufklärung zu geben ist; das Auskunftsverlangen muss sich auf einen bestimmten Tatsachenkomplex beziehen. Hinsichtlich eines solchen Komplexes besteht ein Anspruch auf Mitteilung von Fakten. Nicht gefordert werden kann, bekannte Tatsachen zu kommentieren oder sonst zu bewerten. Auch zu einer rechtlichen Stellungnahme ist die Behörde nicht verpflichtet (Burkhardt in Löffler, a. a. O., Rn. 77 + 78; OVG NRW, U.v. 23.5.1995 - 5 A 2875/92 - juris Rn. 12, 14).
Der Fragenkatalog des Klägers vom 7. März 2011 begehrt überwiegend nicht die Mitteilung von Fakten bzw. Tatsachen. Vielmehr äußert der Kläger vielfach eigene Meinungen, zu der er dann eine Äußerung oder Gegenmeinung der Leitung der JVA ... fordert (so Frage 1: „Wie stellt sich die Anstaltsleitung der JVA ... zu dem Verfahren, dass der ehemalige Gefangene ...
In diesem Duktus setzen sich die Fragen auf insgesamt 10 Seiten fort. Gelegentlich haben die gestellten Fragen auch einen beleidigenden Beiklang (s. oben: unterstellte pädagogische Maßnahmen auf Kindergartenniveau, oder auch Teilfrage unter Nr. 6 des Fragenkatalogs: „Liegt die kognitive Leistungsfähigkeit der Vollzugsbeamten nach Ansicht der Anstaltsleitung im Normalbereich? Wenn ja: Wie wird das festgestellt?, wenn nein: Sind solche Menschen für den Vollzugsdienst geeignet?“ Teilfrage unter Frage 10: „Hält es die JVA-Leitung für gerechtfertigt, nächtliche Durchsuchungen als Faschismus zu bezeichnen, falls der Maßstab der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wäre? Wenn nein: Warum?“; Teilfrage der Frage 17: „Kann ein Beamter aus dem Mittleren Dienst, der 30 Jahre lang im Wesentlichen auf- und zugesperrt hat, solche Anfragen und Beschwerden ernstzunehmend bearbeiten?“ Frage 32: „Angesichts all dieser, gemessen an rechtsstaatlichen Maßstäben äußerst kritischen Vorgänge stelle ich die Frage, ob die JVA-... eine Behörde des Freistaates Bayern ist oder nur die Karikatur einer Behörde?“.
Angesichts dieser Formulierungen kann nicht mehr von konkreten Fragen nach Fakten bzw. Tatsachen gesprochen werden. Die Fragestellungen sind letztlich in Fragen gekleidete Vorwürfe und Feststellungen des Klägers; sie dienen nicht der Aufklärung bestimmter Vorfälle. Vielmehr unterstellt der Kläger häufig bestimmte Vorfälle, zu denen er dann in tendenziöser Fragestellung eine Meinung der JVA-Leitung abfragt. Dieses ist nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht mehr vom journalistischen Auskunftsanspruch aus Art. 4 Abs. 1 BayPrG und Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gedeckt. Schon tatbestandlich liegt mit dem Fragenkatalog kein Auskunftsbegehren im Sinne dieser Rechtsvorschriften vor. Damit kommt es mithin nicht zu einer weiteren Prüfung, ob nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht, weshalb eine Auskunft verweigert werden darf bzw. eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Beantwortung mit Blick auf andere geschützte Rechte dritter Personen.
Damit ist die Klage mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO).
Tenor
I.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Auskunftserteilung wird abgelehnt.
II.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
III.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV.
Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
I.
II.
II.
Tenor
-
1. Der Beschluss des Thüringer Oberverwaltungsgerichts vom 13. März 2015 - 1 EO 128/15 - verletzt die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Thüringer Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
-
2. Der Freistaat Thüringen hat der Beschwerdeführerin ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
-
3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit im Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
- 1
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Der Verfassungsbeschwerde liegt ein verwaltungsgerichtliches Eilrechtsschutzverfahren zugrunde, in welchem um die Übersendung einer anonymisierten Abschrift eines Strafurteils an die Beschwerdeführerin gestritten wurde.
- 2
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1. Die Beschwerdeführerin, eine Zeitungs-Verlagsgruppe, begehrte Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des in einem Strafverfahren vor dem Landgericht gegen den beigeladenen ehemaligen Innenminister des Freistaates T. und Beigeordneten der Stadt E. ergangenen Urteils durch die Übersendung einer anonymisierten Kopie des Urteils.
- 3
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Nach Durchführung einer sechstägigen Hauptverhandlung mit umfänglicher, Namen und Straftaten nennender Medienbegleitung wurde mit diesem Urteil der Beigeladene im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Beigeordneter sowie als Stadtratsmitglied wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen und Abgeordnetenbestechung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen weiteren Beschuldigten wurde bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs zurückgestellt. Eine weitere Person wird gesondert verfolgt. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt E. wegen Beihilfe zur Vorteilsannahme lehnte das Landgericht ab.
- 4
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2. Die Beschwerdeführerin beantragte beim Präsidenten des Landgerichts (im Folgenden: Antragsgegner) die Übersendung einer Kopie des Strafurteils. Der Antragsgegner lehnte dies ab. Durch Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antragsgegner antragsgemäß verpflichtet, der Antragstellerin Auskunft über die schriftlichen Urteilsgründe des ergangenen Urteils durch Übersendung einer anonymisierten Kopie des vollständigen Urteils zu erteilen.
- 5
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3. Auf die Beschwerde des Beigeladenen änderte das Oberverwaltungsgericht mit angefochtenem Beschluss die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab und lehnte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Auskunftserteilung ab.
- 6
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Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen. § 4 Abs. 1 ThürPrG gewähre der Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf die Übersendung eines anonymisierten vollständigen Urteils. Nach dieser Vorschrift seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG dürfe die Auskunft verweigert werden, wenn die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könne. Bei der Auslegung der Norm sei zu berücksichtigen, dass sich die Beschwerdeführerin auf das Grundrecht der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG berufen könne. Allerdings verpflichte § 4 Abs. 1 ThürPrG die Behörden lediglich zur Erteilung einer Auskunft. Eine besondere Form der Auskunft sei nicht vorgegeben. Aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG lasse sich kein Anspruch auf Einsichtnahme in Behördenakten herleiten. Lediglich in Ausnahmefällen könne das Auswahlermessen dahingehend reduziert sein, dass die Herausgabe einer Urteilskopie verlangt werden dürfe. Eine derartige Ermessensreduzierung sei jedoch nicht gegeben. Sie lasse sich nicht bereits aus der allgemeinen Verpflichtung der Justiz zur Veröffentlichung gerichtlicher, die Öffentlichkeit interessierender Entscheidungen herleiten. Bei der Veröffentlichung müssten die Gerichte neben den Persönlichkeitsrechten der Verfahrensbeteiligten und dem Datenschutz die ihnen auferlegten Neutralitätspflichten beachten. Diese Verpflichtung der Gerichte zu unbedingter Neutralität und Distanz gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand sei zentraler Bestandteil der rechtsstaatlichen Grundkonzeption und habe Einfluss auf die mit Verfassungsrang ausgestattete Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege. Sie dürfe und müsse im Rahmen der Veröffentlichung von Entscheidungen durch die Justiz berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Erteilung einer Auskunft gerade durch Übersendung eines die Presse interessierenden Urteils bestehe jedenfalls dann nicht, wenn einer der Versagungsgründe des § 4 Abs. 2 ThürPrG vorliege, insbesondere wenn dadurch die sachgemäße Durchführung eines Strafverfahrens gefährdet werden könne.
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Dies sei hier der Fall. Angesichts des - im Zeitpunkt des Auskunftsbegehrens noch laufenden - Revisionsverfahrens sei die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen werde und gegebenenfalls die Beweisaufnahme nochmals durchgeführt werden müsse. Darüber hinaus sei bisher noch nicht abschließend über die Eröffnung der Hauptverhandlung in den Verfahren derjenigen Personen entschieden worden, die bei der Verurteilung des Beigeladenen wegen Abgeordnetenbestechung (§ 108e Abs. 1 StGB) und Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) die jeweils spiegelbildlichen Tatbestände verwirklicht haben könnten. Bei einer Veröffentlichung des Urteils im Wortlaut bestehe die Möglichkeit, dass Zeugen beeinflusst würden. Die Durchführung der Beweisaufnahme in der öffentlichen Hauptverhandlung und die Verlesung des Urteils seien nicht mit einer Veröffentlichung des genauen Wortlauts gleichzusetzen. Der möglichen Gefährdung der weiteren Gerichtsverfahren lasse sich nicht mit einer Anonymisierung entgegensteuern, da sich die Beteiligten und die Zeugen ohne größere Mühen wiederfinden könnten. Unabhängig von der Frage, ob im Hinblick auf die Erörterung des Schriftverkehrs in der Hauptverhandlung, der dort erfolgten Zeugenvernehmungen sowie deren Bewertung in der Urteilsbegründung der Straftatbestand des § 353d Nr. 3 StGB nicht mehr erfüllt werden könne, lasse sich eine Gefährdung von Strafverfahren hier nicht von der Hand weisen. Veröffentlichungen amtlicher Schriftstücke im Wortlaut stellten eine größere Gefahr für die Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und die von dem Verfahren Betroffenen dar als lediglich inhaltlich berichtende Veröffentlichungen in nicht wörtlicher Rede, da sie eine besondere Überzeugungs- und Beweiskraft besäßen und den Eindruck amtlicher Authentizität erweckten. Diese Folgen seien bei der Beurteilung der Frage, ob der Antragsgegner hier gehalten sei, die begehrte Auskunft gerade durch Übersendung einer Urteilskopie zu erfüllen, zu berücksichtigen. Die Auskunft gebende Stelle müsse alle möglichen Auswirkungen der Freigabe der begehrten Information umfassend in den Blick nehmen, denn nach der Herausgabe einer entsprechenden Urteilskopie habe sie keinen Einfluss mehr darauf, ob die Urteilskopie vollständig veröffentlicht werde, nur Teile daraus zitiert würden oder sie überhaupt keine Verwendung finde. Entscheidend sei, dass die Information in der Hand Anderer geeignet sein könne, entsprechend bekannt zu werden. Unter Berücksichtigung dieser Umstände müsse sich die Beschwerdeführerin darauf verweisen lassen, konkrete Auskunftsbegehren - beispielsweise zu den Gründen der Strafzumessung - an das Landgericht zu richten.
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Ein Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bestehe in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelung in den landesrechtlichen Pressegesetzen nicht. Dies gelte im gleichen Maße im Hinblick auf Art. 10 EMRK.
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4. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde macht die Beschwerdeführerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 (Pressefreiheit) und aus Art. 19 Abs. 4 GG (effektiver Rechtsschutz) geltend.
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5. Dem Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz und dem Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung angenommen, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Das Bundesverfassungsgericht hat insbesondere die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen zu der Reichweite presserechtlicher Auskunftsansprüche bereits entschieden (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 20. Juli 1988 - 1 BvR 155/85 u. a. -, NJW 1989, S. 382; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 -, NJW 2001, S. 503 <503 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>).
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1. Die Verfassungsbeschwerde ist, soweit sich die Beschwerdeführerin auf eine Verletzung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Art. 19 Abs. 4 GG beruft, zulässig. Der Rüge steht insbesondere nicht der Grundsatz der Subsidiarität entsprechend § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG entgegen.
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Das in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz der Subsidiarität fordert, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Rechts-wegerschöpfung im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erreichen oder zu verhindern (vgl. BVerfGE 74, 102 <113>). Das bedeutet, dass auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein kann, wenn sich dort nach der Art des gerügten Grundrechtsverstoßes die Chance bietet, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen. Die Notwendigkeit vorab das Klageverfahren zu betreiben, fehlt allerdings, wenn dies für den Beschwerdeführer nicht zumutbar ist. Dies ist der Fall, wenn die Entscheidung von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung abhängt und diejenigen Voraussetzungen gegeben sind, unter denen gemäß § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.> m.w.N.; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22 f.>).
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Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Entscheidung hängt von keiner weiteren tatsächlichen Aufklärung ab. Verwiese man den Beschwerdeführer auf den Rechtsweg in der Hauptsache, würde dies einen schweren und unabwendbaren Nachteil darstellen, da auch mit Blick auf die Aktualität der Berichterstattung in einer Tageszeitung bei einem Erfolg in der Hauptsache eine Verwertung der Urteilsabschrift wegen des Zeitablaufs voraussichtlich nicht mehr in Betracht kommen würde.
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2. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
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a) Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichte (vgl. BVerfGE 20, 162 <175 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14 -, NJW 2014, S. 3711 <3712>), wobei zu berücksichtigen ist, dass der Grundsatz der Gerichtsöffentlichkeit selbst Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <63>) und eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen allgemein anerkannt ist (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Funktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. BVerfGE 50, 234 <240>; 91, 125 <134>). Der Presse kommt neben einer Informations- insbesondere eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <471>). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren geht es - überdies in besonders einschneidender Weise - um die Ausübung staatlicher Gewalt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Oktober 2014 - 6 C 35/13 -, NJW 2015, S. 807 <809>, unter Verweis auf BVerfGE 34, 269 <283>; 101, 361 <391>). Grundsätzlich entscheidet die Presse danach in den Grenzen des Rechts selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt (vgl. BVerfGE 10, 118 <121>; 101, 361 <389>; 107, 299 <329>).
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b) Die Pressefreiheit ist durch die Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 1 und 2 ThürPrG durch das Oberverwaltungsgericht verletzt worden.
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aa) Im Ausgangspunkt hat das Oberverwaltungsgericht die Vorschrift allerdings in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dahingehend ausgelegt, dass den auskunftspflichtigen Stellen - auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG - grundsätzlich ein Ermessensspielraum bei der Frage nach Art und Umfang der Auskunft zusteht. In keinem der Landespressegesetze - so auch nicht in Thüringen - wird der Inhalt des presserechtlichen Auskunftsanspruchs näher präzisiert. Es wird lediglich bestimmt, dass die Behörden sowie die der Aufsicht des Landes unterliegenden Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Bei der Erfüllung des Anspruchs wird den Behörden ein Ermessensspielraum zugestanden, der sich lediglich im Einzelfall zu einem Anspruch auf Akteneinsicht verdichten soll (vgl. Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 22b).
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Bei der Bestimmung der konkreten Tragweite des Auskunftsanspruchs im Einzelfall ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen (vgl. BVerfGE 35, 202 <233>). Das danach maßgebliche öffentliche Informationsinteresse ist anhand des Gegenstands des Auskunftsersuchens und damit der beabsichtigten Berichterstattung zu bestimmen. Dabei besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einsicht in Behördenakten.
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bb) Für die Auskunft über Gerichtsentscheidungen gelten jedoch Besonderheiten, die das Oberverwaltungsgericht nicht hinreichend beachtet hat. Es ist weithin anerkannt, dass aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht, dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung grundsätzlich eine Rechtspflicht zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen folgt (vgl. BVerwGE 104, 105 <108 f.> m.w.N.). Diese Veröffentlichungspflicht erstreckt sich nicht nur auf rechtskräftige Entscheidungen, sondern kann bereits vor Rechtskraft greifen (vgl. Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, S. 1777 <1778>). Sie bezieht sich auf die Entscheidungen als solche in ihrem amtlichen Wortlaut. Hiermit korrespondiert ein presserechtlicher Auskunftsanspruch von Medienvertretern.
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cc) Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren. Dies ändert an der grundsätzlichen Öffentlichkeit solcher Entscheidungen nichts.
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Unberührt von der grundsätzlichen Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen bleiben auch die allgemeinen gesetzlichen wie verfassungsrechtlichen Anforderungen an den weiteren Umgang der Medien mit den Entscheidungen. Äußerungen und Publikationen können, wie etwa nach den Grundsätzen zur Verdachtsberichterstattung (vgl. BVerfGE 12, 113 <130 f.>; 114, 339 <354>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 -, NJW-RR 2010, S. 470 <473>; BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 -, NJW 2014, S. 2029 <2032>) oder zur Zurückhaltung bei Berichten über zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen (BVerfGE 35, 202 <233 ff.>), Grenzen unterliegen. Die Medien haben insoweit gesteigerte Sorgfaltspflichten zu beachten. Die Verantwortung für die Beachtung dieser Pflichten liegt dabei grundsätzlich bei den Medien selbst. Diese Sorgfaltspflichten können nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen der gerichtlichen Entscheidungen seitens der Gerichtsverwaltung gemacht werden.
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dd) Wieweit die Beeinträchtigung des weiteren oder anderer Gerichtsverfahren der Zugänglichmachung von Gerichtsentscheidungen Grenzen setzen kann und Entscheidungen deshalb auch als Ganze zurückgehalten werden können, kann hier offenbleiben. Denn jedenfalls tragen die in dem angegriffenen Beschluss angeführten Gründe eine Zurückhaltung der in Frage stehenden Entscheidungen nicht.
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Der Beschluss verweist ohne nähere Darlegungen auf eine bloß mögliche Gefährdung des noch nicht rechtskräftigen Verfahrens des Beigeladenen sowie weiterer Strafverfahren im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG, namentlich die potentielle Beeinträchtigung von Zeugen, die im Falle einer Berichterstattung mit anonymisierter Urteilsabschrift drohen könnte. Dies genügt zur Ablehnung eines auf Herausgabe der Urteilsabschrift gerichteten Auskunftsanspruchs nicht. Jedenfalls angesichts des Umstands, dass es sich bei dem Beigeladenen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt und es um strafrechtliche Vorwürfe geht, die aufgrund der geschützten Rechtsgüter - die Sachlichkeit des Abstimmungsverhaltens und damit die Funktionsfähigkeit des repräsentativen Systems einerseits (§ 108e StGB) sowie die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes (§ 331 StGB) andererseits - im öffentlichen Interesse liegen, können die begehrten Entscheidungen allenfalls dann vollständig unter Verschluss gehalten werden, wenn konkrete Anhaltspunkte die Gefahr einer Vereitelung, Erschwerung, Verzögerung oder Gefährdung der sachgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 ThürPrG unmittelbar und dringend nahelegen.
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Hierfür sind Anhaltspunkte nicht ersichtlich. Auch drängt sich in keiner Weise auf, dass die Beschwerdeführerin ihr obliegende Sorgfaltspflichten und die Rechte Dritter nicht respektieren wird. Vielmehr erweist sich gerade in dem zugrundeliegenden Verfahren, dass die grundsätzliche Zugänglichkeit von Gerichtsentscheidungen und ein entsprechender Auskunftsanspruch in die im Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Öffentlichkeit des gerichtlichen Verfahrens unmittelbar eingebunden sind. So war vorliegend das Strafverfahren mit einer öffentlichen, sechs Verhandlungstage umfassenden Hauptverhandlung von einer umfangreichen Presseberichterstattung begleitet; die Pressemitteilungen des Landgerichts nannten die Beigeladenen, die ihnen vorgeworfenen Straftaten, die Wertungen des Landgerichts sowie die im Revisionsverfahren zu beurteilenden Fragen. Entsprechend geht das Verfahrensrecht davon aus, dass die Berichterstattung auch über Einzelheiten des Verfahrens grundsätzlich hinzunehmen ist und hierdurch das Strafverfahren nicht übermäßig beeinträchtigt wird. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass dies für die Gerichtsentscheidungen selbst grundsätzlich anders zu beurteilen ist. Dass die Kenntnis des Strafurteils, anders als die öffentliche Ausgestaltung des Strafverfahrens selbst, im konkreten Fall zu einer Voreingenommenheit von Zeugen und Schöffen oder zu einer Anpassung des Vorbringens des Betroffenen führen müsste, in Folge derer die Wahrheitsfindung gefährdet und kein gerechtes Urteil mehr erwartet werden könnte, ist jedenfalls hier nicht hinreichend dargetan.
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3. Die angefochtene Entscheidung beruht auch auf dem Grundrechtsverstoß. Sie ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 BVerfGG).
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4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).
Tenor
I.
Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt.
II.
Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, welche Sach-, Personal- und Geldleistungen die Beklagte für das Bündnis für ... aufbringt und an welcher Position diese Kosten im Haushalt der Beklagten eingestellt werden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Der Kläger hat 6/7, die Beklagte 1/7 der Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger, ein eingetragener Verein, der unter der Adresse „www...org“ (vormals: „www...org“) ein Internetportal betreibt, begehrt die Erteilung einer presserechtlichen Auskunft gegenüber der Beklagten.
Der Kläger richtet seit Inbetriebnahme seines Internetportals zahlreiche Anfragen an die Beklagte, die bis zum
Die Bevollmächtigten des Klägers erhoben daraufhin mit Schriftsatz vom ... September 2014, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft zu erteilen über folgende Fragen:
- Existiert ein Finanzierungskonzept hinsichtlich des beabsichtigten ...-baus auf dem Grundstück ... Straße ..., ... München?
- Sieht ein solches Finanzierungskonzept Finanzmittel des ... oder aus anderen islamischen Ländern vor und wenn ja aus welchen?
- Wie hoch sind die von der Beklagten angesetzten Grundstückskosten und entspricht dies dem Preis, der auch auf dem freien Markt zu erzielen wäre?
- Welche Sach-, Personal- und Geldleistungen bringt die Beklagte für das Bündnis für ... auf? An welcher Position werden diese Kosten im Haushalt der Beklagten eingestellt?
- Wurde das Jugendheim an der ...straße im Stadtteil ... mittlerweile seiner Nutzung zugeführt?
- Sofern dies noch nicht der Fall ist, was ist der Grund für die Verzögerung?
- Welche Kosten sind durch den Leerstand insgesamt entstanden?
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Internetportal des Klägers über mehrere Rubriken verfüge, die in weitere Unterpunkte, wie verschiedene Politikfelder, Leitartikel und Kommentare unterteilt seien. Auf der Startseite würden täglich aktuelle Artikel zum Tagesgeschehen veröffentlicht. Diese Artikel blieben in den jeweiligen Archivbereichen der Politikfelder langfristig abrufbar und würden von den Mitgliedern des Klägers, insbesondere vom Vereinsvorsitzenden, recherchiert, nach gesellschaftlicher Relevanz ausgewählt, verfasst, formatiert und zusammengestellt. Die Inhalte der Seite seien klar strukturiert und nach Themenbereichen geordnet. Für den Kläger seien ständig fünf Autoren tätig, ersichtlich aus unterschiedlichen Verfasserkürzeln. Für die Erstellung der Artikel nützten die Autoren verschiedene Informationsquellen wie selbst geführte Interviews, eigene Eindrücke von Veranstaltungen, Stellungnahmen von Ämtern und Behörden, Auszüge aus der Tagespresse und aus TV-Sendungen. Sämtliche Artikelinhalte würden vor ihrer Verbreitung auf Inhalt und Wahrheit geprüft. Des Weiteren ließen die Redakteure ihre eigenen Wertungen in die Artikel, insbesondere in die unter die Rubrik „Hintergründe“ eingestellten Leitartikel und Essays, einfließen (Bl. 23 ff. d. GA). Bei sämtlichen Berichten erfolge eine Bearbeitung nach den Redaktionsleitlinien des Klägers, was dazu führe, dass die Artikel mit dem gleichen Schriftbild, der gleichen Farbgestaltung, einheitlichen Bildgrößen und einheitlicher Verlinkung zu anderen Seiten erschienen. Für Dritte bestehe die Möglichkeit, Gastbeiträge einzureichen. Diese würden zunächst von der Redaktion überprüft und gesichtet. Die Artikel würden je nach Brisanz des Themas mehrere tausend Zugriffe erreichen. Insgesamt zeige sich aufgrund der Vielfalt und Menge der Veröffentlichungen eine organisatorische Verfestigung der Redaktionsstruktur. Der Kläger verfolge das Ziel, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen und die Meinungsbildung anzuregen. Das Angebot des Klägers sei durch jedermann aufrufbar und richte sich an die breite Öffentlichkeit. Artikel und Beiträge enthielten wie auch die Kommentare und Meinungen einen Neuigkeitscharakter. Diese würden von den Redakteuren recherchiert, ausgewählt, auf der Seite optisch gekennzeichnet, ihrer Form angepasst, mit Bildmaterial versehen und somit redigiert. Eine Verweigerung der Auskünfte beschränke den Kläger in seiner Berichterstattung.
Die Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom
die Klage abzuweisen.
Ein Auskunftsanspruch des Klägers sei nicht gegeben, da es sich beim streitgegenständlichen Internetportal nicht um ein journalistischredaktionell gestaltetes Angebot handeln würde. Die Beweislast für das Bestehen eines Anspruchs liege beim Kläger. Seinem Internetangebot mangele es insbesondere an einer ausreichenden Professionalisierung und an einer redaktionellen Gestaltung. Es werde nicht der Eindruck vermittelt, dass Tatsachen umfassend recherchiert und verschiedene Informationsquellen genutzt würden. Eine hinreichend konkrete Substantiierung bleibe der Kläger schuldig. Die maßgebliche Homepage sei in Form eines Blogs aufgebaut. Zwar gebe es einzelne Themenbereiche (z. B. Meinungen, Hintergründe, Regional), der Aufbau folge aber generell der Aktualität, d. h. die neuesten Texte würden in den Themenbereichen jeweils zuerst präsentiert, alte Beiträge würden nach unten weitergereicht. Weder aus dem Internetauftritt noch aus dem Klägervortrag sei erkennbar, ob ein ausreichender Grad an organisatorischer Verfestigung bestehe, insbesondere unter Berücksichtigung der hinter dem Angebot stehenden Vereinsstruktur. Laut Eigenbeschreibung auf der Website befinde sich der Verein „derzeit noch in Gründung“. An diesem provisorischen Zustand habe sich nach der Selbstdarstellung des Klägers seit über zweieinhalb Jahren nichts geändert. Der Vorsitzende des Vereins, der zugleich die verantwortliche Person des Blogs sei, sei hauptberuflich bei der Beklagten im Rahmen eines Beamtenverhältnisses beschäftigt (gewesen). Dies spreche ebenfalls gegen eine ausreichende Verfestigung der Organisationsstrukturen und für eine rein private Aktivität des Vereinsvorsitzenden. Sollte es sich nicht um eine private Tätigkeit handeln, bestünden aus Sicht der Beklagten erhebliche Zweifel, ob ihm als Beamter gegenüber seinem Dienstherrn ein presserechtlicher Auskunftsanspruch zustehe. Wie viele Autoren neben dem Vereinsvorsitzenden Artikel veröffentlichen würden, sei unklar. Nur ein weiterer Autor würde in Einzelfällen seinen Klarnamen verwenden. Bei Angeboten der professionellen elektronischen Presse sei es aber üblich, dass nicht nur anonyme Kürzel verwendet würden, sondern auch eine kurze Darstellung zu den schreibenden Personen erfolge. Für eine redaktionelle Bearbeitung fänden sich auf dem blog nur wenige Anhaltspunkte. Kommentare von Lesern würden laut Selbstbeschreibung generell veröffentlicht, es sei denn, sie seien rechtlich unzulässig. Angebliche Redaktionsleitlinien würden sich nur auf ein einheitliches Erscheinungsbild der Artikel beziehen. Laut Internetportal gebe es lediglich „politische Leitlinien“, an denen sich die Arbeit orientiere. Gegen das Vorliegen einer ausreichenden redaktionellen Gestaltung und Professionalisierung spreche auch, dass das Impressum nicht den gesetzlichen Voraussetzungen entspreche. Es fehle an den notwendigen zwei Möglichkeiten für eine schnelle Kontaktaufnahme (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 TMG), da nur ein Kontaktformular, aber weder eine Telefon-/Telefaxnummer noch eine direkte E-Mail-Adresse angegeben seien. Insgesamt erscheine das Angebot eher als Internetseite zur Darstellung der Vereinsziele und Zwecke denn als ein publizistischen Zwecken dienendes Angebot.
Mit Schriftsätzen vom ... Dezember 2014, ... Dezember 2014, ... Januar 2015 und ... Februar 2015 führten die Klägerbevollmächtigten ergänzend aus, dass der Verein entgegen des versehentlich nicht gelöschten Gründungsvermerks auf der Internetseite bereits seit zweieinhalb Jahren seine Arbeit aufgenommen und umgesetzt habe. Ob der Vereinsvorsitzende in einem Dienstverhältnis mit der Beklagten stehe, sei für den Rechtsstreit und den hier geltend gemachten Anspruch unerheblich. In den veröffentlichten Artikeln zeige sich, dass der Kläger eine inhaltliche Vielfalt und Aktualität eines täglichen Nachrichtenmagazins abbilde. Indiz für die redaktionelle Bearbeitung der Artikel sei das einheitliche Schriftbild sowie die Rechtschreib- und Syntaxprüfung und die systematische Eingliederung der Artikel in den Seitenaufbau. Jedenfalls handle es sich vorliegend um keine automatischen Zusammenstellungen unbearbeiteter Originalquellen oder tagebuchartiger Berichte, bei denen es an einer redaktionellen Bearbeitung fehlen könnte. Im Allgemeinen sei auch nicht üblich, dass die Klarnamen der einzelnen Redakteure angegeben werden.
In der mündlichen Verhandlung am
Die Beklagte ergänzte ihren Vortrag mit Schriftsatz vom
Die Klägerbevollmächtigten führten mit Schriftsatz vom ... Dezember 2015 abschließend aus, dass Betreiber des Internetportals nach wie vor der Kläger sei. Inhaltlich werde keine Orientierung an den Zielen politischer Parteien vorgenommen. Objektivität und Neutralität spiegele sich in der Berichterstattung wider. Der Vorsitzende des Klägers habe eine Videodokumentation erstellt, die im ...-Verlag erschienen sei und recherchiere zudem für ein Buch, das im kommenden Jahr ebenfalls im ...-Verlag veröffentlicht werde. Er erfülle damit die Definition eines Journalisten. Die im Verfahren geforderten Informationen zum Finanzierungskonzept und zu den Grundstückskosten seien offensichtlich an andere Presseorgane gegeben worden. Aus dem Artikel der ... Zeitung vom 28. Juli 2015 würden die vom Kläger erfragten Informationen zumindest teilweise hervorgehen. Die Frage zur Unterstützung des Bündnisses für ... sei von der Beklagten nicht mit E-Mail vom 10. April 2015 beantwortet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der vorgelegten Behördenakte und der Niederschrift zur mündlichen Verhandlung am 19. November 2015 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
Gründe
1. Soweit die Klagepartei ihre Klage durch Beschränkung ihrer Anträge in der mündlichen Verhandlung am
2. Im Übrigen hat die Klage, über die im Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang Erfolg.
2.1. Soweit die Klage darauf gerichtet ist, dem Kläger darüber Auskunft zu erteilen, ob ein Finanzierungskonzept der Beklagten hinsichtlich des beabsichtigten ...-baus auf dem Grundstück ... Straße ... in München existiert (Frage unter Spiegelstrich 1 des Klageantrags vom 23. September 2014 - Bl. 1ff. d. GA) ist die Klage bereits unzulässig. Der statthaft erhobenen Leistungsklage fehlt es insoweit an einem Rechtschutzbedürfnis, da diese Frage spätestens mit Schreiben der Beklagten vom 30. November 2015 dahingehend beantwortet wurde, dass die Beklagte kein Finanzierungskonzept entwickelt habe.
Im Übrigen steht ein Rechtsschutzinteresse des Klägers nicht in Frage. Er war nicht gehalten, vor seiner Klageerhebung bei der Beklagten einen entsprechenden Antrag auf Auskunft zu stellen und eine angemessene Bescheidungsfrist abzuwarten (BVerwG, U. v. 28.11.2007 - 6 C 42/06 - BVerwGE VerwGE 130/39 - juris Rn. 22, Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, Vor §§ 40 bis 53 Rn. 13). Denn die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 21. Juli 2014 und 27. August 2014 abschließend und unzweifelhaft mit, in Zukunft dessen presserechtliche Auskunftsanfragen nicht mehr zu beantworten (Bl. 49 d.GA). Dem Kläger war es daher nicht zuzumuten, einen aussichtslosen Antrag nur formhalber zu stellen, wenn ohnehin offensichtlich war, dass dieser von der Beklagten abgelehnt werden würde. Die Erhebung der Leistungsklage war aus diesem Grund nicht unnötig, da deren Ziel nicht auf anderem Wege einfacher, schneller oder effizienter hätte erreicht werden können.
Auch fand auf Klägerseite während des gerichtlichen Verfahrens kein gewillkürter Parteiwechsel statt, da ausweislich des in der mündlichen Verhandlung am 19. November 2015 vorgelegten Auszugs aus dem Vereinsregister (VR) des Amtsgerichts München
2.2. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
Die Klagepartei hat zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts einen Anspruch auf Auskunft darüber, welche Sach-, Personal- und Geldleistungen die Beklagte für das Bündnis für ... aufbringt und an welche Position diese Kosten im Haushalt der Beklagten eingestellt werden (Frage unter Spiegelstrich 4 des Klageantrags vom 23. September 2014 - Bl. 1ff. d. GA; § 113 Abs. 5 VwGO; s.u. 2.2.1.). Im Übrigen besteht weder ein Anspruch auf Auskunft darüber, ob ein Finanzierungkonzept des Vereins „... e.V.“ hinsichtlich des ...-baus vorliegt und ob ein solches Finanzierungskonzept Finanzmittel des ... oder anderer islamischer Länder vorsieht noch darüber, wie hoch die von der Beklagten angesetzten Grundstückskosten sind und ob dies dem Preis entspricht, der auch auf dem freien Markt zu erzielen wäre (Fragen unter Spiegelstrich 1-3 des Klageantrags vom 23. September 2014 - Bl. 1ff. d. GA; s.u. 2.2.2.).
2.2.1. Gemäß § 55 Abs. 3 und Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 9 a Abs. 1 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatvertrag - RStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001 (BayRS 2251-6-S; GVBl S. 502), zuletzt geändert durch den Siebzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatverträge vom 8. Dezember 2015 (GVBl S. 502) hat der Kläger gegenüber der Beklagten ein Recht auf Auskunft in dem im Tenor ersichtlichen Umfang.
Der aktiv legitimierte (2.2.1.1.) Kläger ist Anbieter von Telemedien (2.2.1.2.) mit journalistischredaktionell gestalteten Angeboten (2.2.1.3.). Hinsichtlich der unter Spiegelstrich vier gestellten Frage kann sich die Beklagte nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 9 a Abs. 1 Satz 2 RStV berufen (2.2.1.4.).
2.2.1.1. Am Bestehen der klägerischen Aktivlegitimation zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts besteht kein Zweifel. Nach den tatsächlichen Verhältnissen betreibt der Kläger das Internetportal „www...org“ und ist damit Träger des beanspruchten Rechts. Der Vortrag der Beklagten, im Impressum des Internetportals sei nicht „... e.V.“ sondern „... e.V.“ eingetragen, ist nicht geeignet, die Aktivlegitimation des Klägers ernsthaft in Frage zu stellen. Der Vorsitzende des Klägers legte in der mündlichen Verhandlung am 19. November 2015 nachvollziehbar und plausibel dar, dass aufgrund eines markenrechtlichen Abmahnungsverfahrens im Impressum des Internetportals „www...org“ die Bezeichnung „... e.V.“ verwendet wird, die für die Abkürzung „... e.V.“ steht. Dass es sich dabei um den Kläger handelt, wird bereits aus dem Vereinsregister des Amtsgerichts München (VR. ...) hinreichend deutlich, in dem die Langfassung des Vereinsnamens aufgeführt wird. Auch aus der in der mündlichen Verhandlung am 19. November 2015 übergebenen Rechnung der Firma ... an den Kläger vom 2. Oktober 2015 (Bl. 135 d.GA) folgt, dass die Domainregistrierung/Einrichtung des Internetportals „www...org“ im Auftrag und auf Rechnung des Klägers erfolgte. Bestätigt wird dies durch die öffentlich zugänglichen Informationen zu der registrierten Domain „www...org“ (z. B. www.uniteddomains.de/who issuche/suche.html). Unter den Kontaktdaten des Internetportals „www...org“ erscheint der Vorsitzende des Klägers unter seiner ...-E-Mail-Adresse. Mögliche Verstöße gegen die gesetzliche Impressumspflicht nach § 55 Abs. 2 RStV i. V. m. § 5 Abs. 1 des Telemediengesetzes (TMG) sind jedenfalls für die Frage der Aktivlegitimation unmaßgeblich, da es hierfür darauf ankommt, ob der Kläger nach den tatsächlichen Verhältnissen Träger des beanspruchten Rechts (hier aus § 55 Abs. 3 und Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 9 a Abs. 1 RStV) ist, unabhängig von einer womöglich fehlerhaften resp. unvollständigen Bezeichnung im Impressum.
2.2.1.2. Als Betreiber eines Internetportals ist der Kläger ein Anbieter von Telemedien. Telemedien sind nach § 2 Abs. 1 Satz 3 RStV alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 Telekommunikationsgesetz (TKG) sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen oder telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 TKG oder Rundfunk nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 RStV sind. Internetportale, wie das hier streitgegenständliche (www...org), sind Telemedien im Sinne dieser Legaldefinition (vgl. dazu VGH BW, B. v. 25.3.2014 - 1 S 169/14 - juris Rn. 20; SächsOVG, B. v. 10.07.2015 - 3 B 137/15 - juris Rn. 9; OVG Berlin-Bbg, B. v. 13.08.2014 - OVG 11 S 15.14 - juris Rn. 23).
2.2.1.3. Das Internetportal erfüllt zudem die gesetzlichen Anforderungen an ein journalistischredaktionell gestaltetes Angebot im Sinn von § 55 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 9a RStV.
Die hier wesentliche Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Angebot im Sinne des § 55 Abs. 3 RStV „journalistischredaktionell“ gestaltet ist, ist im Rundfunkstaatsvertrag selbst nicht definiert (VGH BW, a. a. O., Rn. 21) und insbesondere hinsichtlich der sich daraus in verschiedener Hinsicht ergebenen Abgrenzungsschwierigkeiten bisher auch nicht abschließend geklärt (OVG Berlin-Bbg, a. a. O., Rn. 24; vgl. ausführlich Held in: Hahn/Vesting, Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage 2012, § 54 RStV Rn. 38 bis 59; siehe auch Lent, Der Auskunftsanspruch der elektronischen Presse gegenüber Behörden, LKV 2015, 145 [146 f.]; Lent, Was sind Telemedien mit journalistischredaktionell gestalteten Angeboten?, ZUM 2013, 914 ff.).
Gleichwohl hat die obergerichtlichen Rechtsprechung zwischenzeitlich Kriterien herausgebildet, die der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „journalistischredaktionell“ zugrunde zu legen sind und an denen sich das Angebot des Internetportals messen lassen muss.
Die Bindestrichverknüpfung „journalistischredaktionell“ bedeutet, dass beide Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein müssen. Journalistische Angebote sind stets auch redaktionell gestaltet. Umgekehrt gehören aber nicht alle redaktionell gestalteten Angebote zum Online-Journalismus (VGH BW, a. a. O., Rn. 22; Lent, ZUM 2013, 914). Journalistischredaktionelle Angebote zeichnen sich dadurch aus, dass Informationen nach ihrer angenommenen gesellschaftlichen Relevanz ausgewählt und zusammengestellt werden (vgl. Held in Hahn/Vesting, § 54 RStV Rn. 51; OLG Bremen, U. v. 14.01.2011 - 2 u 115/10 - juris Rn. 44, zu § 56 RStV; OVG Berlin-Bbg, a. a. O. Rn. 24; OVG NRW, B. v. 4.7.2014 - 5 B 1430/13 - juris Rn. 13f. m. w. N.). Dahinter steht das Ziel des Anbieters, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen. Es muss die Absicht einer Berichterstattung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Satz 5 GG gegeben sein, denn nur die Tätigkeit, die der Erfüllung einer funktional verstandenen Presse oder des Rundfunks dienen, werden vom Medienprivileg erfasst. Dafür spricht der Sinn und Zweck der §§ 55 i. V. m. 9a RStV, der Anbietern von Telemedien mit journalistischredaktionellen Angeboten eine vergleichbare Rechtsstellung mit Presse und Rundfunk einräumen will. Dabei ist es allerdings nicht erforderlich, dass das Angebot sich an eine breite Öffentlichkeit richtet. Auch auf enge Zielgruppen zugeschnittene Angebote können journalistisch sein, wenn sie eine erkennbare publizistische Zielsetzung haben, d. h. von der Intention her auf Teilhabe am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung - jedenfalls innerhalb der Zielgruppe - angelegt sind (vgl. VGH BW, a. a. O., Rn. 22; OVG Berlin-Bbg, a. a. O., Rn. 24; SächsOVG, a. a. O. Rn. 11; Lent, ZUM 2013, 915; ähnlich BGH, U. v. 23.6.2009 - VI Z R 196/08 - BGHZ 181, 328 zum datenschutzrechtlichen Medienprivileg in § 41 Abs. 1 BDSG: journalistischredaktionelle Gestaltung liegt vor, wenn die meinungsbildende Wirkung für die Allgemeinheit prägender Bestandteil des Angebots ist). Kommerzielle Kommunikation fällt grundsätzlich nicht unter die journalistischredaktionell gestalteten Angebote, da sie nicht an den Kriterien gesellschaftlicher Relevanz ausgerichtet ist, sondern an den verfolgten wirtschaftlichen Interessen (VGH BW, a. a. O. Rn. 22; OVG Berlin-Bbg, a. a. O., Rn. 24 ; SächsOVG, a. a. O., Rn. 11). Eine journalistische Gestaltung setzt aber jedenfalls voraus, dass die Auswahl und Strukturierung der Inhalte gewissen Kriterien genügt, zu denen die Aspekte der Universalität (inhaltliche Vielfalt), Aktualität (Neuigkeitscharakter der Beiträge), Periodizität (für elektronische Medien: kontinuierliche Aktualisierung), Publizität (allgemeine Zugänglichkeit) und eine erkennbar publizistische Zielsetzung des Angebots gehört (OVG Berlin-Bbg, a. a. O. Rn. 24; Lent, ZUM 2013, 915 f.). Entgegen der Auffassung der Beklagten muss das journalistischredaktionell gestaltete Angebot keinen hohen Grad an Professionalisierung aufweisen. Eine derart hohe Hürde würde den Schutzzweck des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unterwandern. Die Begrifflichkeit des journalistischredaktionellen Angebots orientiert sich gerade nicht an einer formalen Qualifikation sowie einem erhöhten Maß an Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten derjenigen Personen, die das Angebot gestalten, sondern vielmehr an der inhaltlichen Ausgestaltung und meinungsbildenden Zielsetzung des Internetportals.
Gemessen daran erweist sich das Internetportal „www...org“ zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung als journalistischredaktionell gestaltetes Angebot mit publizistischer Zielsetzung im Sinne des § 55 Abs. 2, 3 i. V. m. § 9 a RStV. Denn es ist seinen Inhalten wie auch der Aufbereitung und Präsentation seiner Inhalte nach darauf ausgerichtet, mit einer erkennbar publizistischen Zielsetzung zur öffentlichen Meinungsbildung beizutragen. Es erfüllt zunächst die notwendige Anforderung einer Universalität. Sowohl Inhalt als auch Art und Weise der Themenbehandlung sind zwar erkennbar auf einzelne Schwerpunkte wie Flüchtlingspolitik, Finanzkrise, etc. ausgerichtet, gleichwohl erweist sich das Angebot als hinreichend differenziert, um den Anforderungen an ein journalistisches Angebot zu genügen. Die journalistische Behandlung von einzelnen Schwerpunktthemen kann jedenfalls nicht per se zu einem Ausschluss eines rundfunkrechtlichen Auskunftsanspruchs führen. Die inhaltliche Vielfalt des Angebots ergibt sich hinreichend aus den unterschiedlichen Rubriken (Menufeldern), die das Internetportal anbietet:
- News untergliedert in Innenpolitik, Europapolitik, Außenpolitik, Verteidigung, Wirtschaft, Gesellschaft, Kurioses und Israel
- Meinungen untergliedert in Kommentare einzelner Autoren, die unter verschiedenen Pseudonymen wie „...“, „...“ oder „...“ Beiträge veröffentlichen
- Hintergründe untergliedert in Leitartikel, Essays und Interviews
- Regional untergliedert in Frankfurt, München und Rhein-Ruhr
- Schwerpunkte untergliedert in Linker Extremismus, Haushaltsknaller, Salafismus in Deutschland und Schwerpunkte - Archiv sowie
- ...-TV
Damit werden zumindest Teile des Online- und Printjournalismus wie Nachrichtenjournalismus, Interviews und Kommentare abgedeckt. Der Umstand, dass das Internetportal auch eine mitunter politische Zielsetzung verfolgen mag, wofür die politischen Leitlinien (www...org...-.../) sprechen, steht dem Kriterium eines journalistischen Angebots jedenfalls nicht entgegen, da auch auf enge Zielgruppen fokussierte Angebote zum Kernbereich des Print- und Onlinejournalismus zählen (Lent, ZUM 2013, 914f.). Auch Medien mit erkennbar eindeutig politischer Ausrichtung können eine publizistische Zielsetzung verfolgen und unter den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fallen.
Das Internetportal erfüllt auch die Kriterien der Aktualität, Periodizität und Publizität. Die größtenteils täglich eingestellten unterschiedlichen Artikel besitzen hinlänglichen Neuigkeitscharakter und werden kontinuierlich wiederkehrend aktualisiert. Auf der Internetseite werden regelmäßig in zeitlich kurzen Abständen neue Inhalte eingestellt. Damit unterscheidet sich das Angebot von „statischen“ digitalen Presseerzeugnissen, deren Inhalt nicht (mehr) fortlaufend verändert wird. Das Internetportal ist zudem öffentlich und allgemein zugänglich. Eine Differenzierung nach dem Verbreitungsgrad sieht der Gesetzgeber für journalistischredaktionell gestaltete Angebote in Telemedien - anders als beim Rundfunk (§ 20 Abs. 3 Satz 2 RStV) und teilweise bei der Printpresse (Art. 6 Abs. 3 BayPrG) - nicht vor. Allenfalls eine geringe Rezeption des Angebots - wovon bei dem streitgegenständlichen Internetportal derzeit nicht auszugehen ist - kann ein Indiz dafür sein, dass es sich um ein Angebot mit nur sehr schwacher oder fehlender publizistischer Relevanz handelt (Lent, ZUM 2013, 914).
Das Angebot ist auch redaktionell gestaltet, da offensichtlich eine regelmäßige Inhaltsauswahl, Textbearbeitung und formale Vereinheitlichung der von den Autoren eingestellten Beiträge erfolgt. Dafür spricht die visuelle Aufmachung und das optische Erscheinungsbild des Internetportals. Die jeweiligen Beiträge sind sowohl in Schriftgröße, bildlicher Gestaltung (Bildgrößen), Überschriften und Formatierung, Verlinkung zu anderen Seiten vereinheitlicht und optisch aufeinander abgestimmt.
Für Leser besteht die Möglichkeit, (Gast)Beiträge einzureichen. Auch diese werden hinsichtlich ihrer äußeren Gestaltung (gleiches Schriftbild und identische Farbauswahl, einheitliche Bildgrößen), nicht jedoch hinsichtlich ihres Inhalts angepasst. Mit Schriftsatz vom ... Dezember 2012 legte die Bevollmächtigte des Klägers sog. „redaktionelle Leitlinien“ für das Verfassen von Artikeln vor, die unter anderem Regeln zur Rechtschreibung, Format, und Standardzitierweisen und Abkürzungen vorgeben.
Der Vortrag der Beklagten vermag das journalistischredaktionelle Angebot des Internetportals nicht in Zweifel zu ziehen. Für ein journalistischredaktionelles Angebot bedarf es nicht einer organisatorischen Verfestigung des Anbieters in dem von der Beklagten gefordertem Maß und Umfang. Insbesondere sind keine Redaktionskonferenzen unter persönlicher Anwesenheit der Redakteure vonnöten. Vielmehr genügt es im Lichte des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, dass die Redaktionsarbeit weitgehend online, über Skype, E-Mail und ähnliches stattfindet. Eigens angemietete Redaktionsräume sind für ein journalistischredaktionelles Angebot genauso wenig Voraussetzung wie eine abgeschlossene journalistische Ausbildung der Autoren, da es nach dem Wortlaut des § 55 RStV auf das Angebot und nicht auf die Profession der Verfasser der Beiträge ankommt. Entscheidend ist, ob das inhaltliche Angebot in der Gesamtschau die maßgeblichen Kriterien erfüllt. Der Schutzbereich der Presse- und Rundfunkfreiheit erfordert kein abgeschlossenes Journalistik-Studium oder ein hauptberufliches Tätigsein als freier Autor. Die Artikel werden nach Angabe des Vorsitzenden des Klägers von ihm und den Vereinsmitgliedern unter Heranziehung verschiedener Informationsquellen, wie selbst geführten Interviews, eigener Eindrücke von Veranstaltungen, Stellungnahmen von Ämtern und Behörden sowie Auszügen aus der Tagespresse und Fernsehsendungen, recherchiert, auf Inhalt und Wahrheit übergeprüft, nach gesellschaftlicher Relevanz ausgewählt, verfasst, formatiert und zusammengestellt. Des Weiteren lassen die Redakteure erkennbar ihre eigene Wertung in die auszugsweise in der mündlichen Verhandlung am 19. November 2015 eingesehenen, auf dem Internetportal „www...org“ veröffentlichten Artikel, insbesondere in die unter Hintergründe eingestellten Essays und Leitartikel, einfließen. Selbst wenn in einem nicht unbeträchtlichen Anteil der Beiträge Themen aufgegriffen werden, die bereits in anderen Presseorganen veröffentlicht wurden und damit die journalistische Eigenleistung im Rahmen des investigativen Journalismus durch arbeitsintensive Recherche beschränkt sein mag, genügt dieser qualitative Aspekt nicht, um ein journalistischredaktionelles Angebot gänzlich ausschließen zu können. So ist auch der Begriff der „Presse“ weit und formal auszulegen und kann nicht von einer - an welchen (qualitativen) Maßstäben auch immer ausgerichteten - Bewertung des einzelnen Druckerzeugnisses abhängig gemacht werden. In gleicher Weise, wie sich der Schutz der Presse- und Rundfunkfreiheit auch auf die Unterhaltungs- und Sensationspresse bezieht, so umfasst er auch die einseitige politische Darstellung spezifisch ausgewählter Themen (zur Auslegung des Pressebegriffs BVerfG, B. v. 14.2.1973 - 1 BvR 112/65 - BVerfGE 34, 260/283 „Soraya“).
Soweit die Beklagte als Indiz für die fehlende Verfestigung der ihrer Ansicht nach erforderlichen Strukturen darauf abstellt, dass sich auf dem ehemaligen Internetportal „www...org“ der Hinweis befunden habe, der Verein befinde sich „derzeit noch in Gründung“, vermag sie damit schon deshalb nicht durchzudringen, da diese Darstellung nach glaubhaften Angaben der Klagepartei aus mangelnder Sorgfalt nicht aktualisiert worden war, zwischenzeitlich aber entfernt wurde. Maßgeblich sind im Übrigen die tatsächlichen Verhältnisse. Danach fehlen aber hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger an einer ausreichend strukturellen organisatorischen Verfestigung mangelt. Die Tatsache, dass der Vorsitzende des Klägers bei der Beklagten im Rahmen eines Beamtenverhältnisses beschäftigt war, hat auf die Beurteilung der Rechtsfrage, ob es sich bei dem Angebot des Internetportals um ein journalistischredaktionelles Angebot handelt, keine Auswirkung, zumal die Funktion eines Vereinsvorsitzenden privat wahrgenommen wird, zwischenzeitlich die Versetzung des Beamten in den Ruhestand erfolgte und die Beklagte lediglich vage und unsubstantiiert mögliche Interessenskollisionen oder Verstöße gegen Dienstpflichten andeutete. Die Verwendung anonymer Kürzel durch die Autoren vermag ebenso nicht für die Beklagte zu streiten, da dies im Printbereich durchaus üblich ist und entsprechend praktiziert wird.
Zwar kann die Gestaltung des Impressums des Internetportals als Indiz für die Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob es sich dabei um einen Anbieter mit journalistischredaktionell gestalteten Angeboten handelt (VGH BW, B. v. 25.3.2014 - 1 S 169/14 - juris Rn. 24). Jedoch kommt es für die Beurteilung dieser Frage - wie dargestellt - im Schwerpunkt auf die inhaltliche Gestaltung des Internetportals an. Denn aus der Bewertung des Internetportals als journalistischredaktionell gestaltetes Angebot folgt die Impressumspflicht nach § 55 RStV und nicht umgekehrt.
Der Einwand der Beklagten, das Internetportal sei wie ein blog aufgebaut, da die neuesten Texte in Themenbereichen jeweils zuerst präsentiert, alte Beiträge jedoch nach unten weitergereicht würden, greift nicht. Zum einen handelt es sich bei dem streitgegenständlichem Internetportal nicht um einen blog, da solche zumeist von Einzelautoren verfasst und über eine Publishing-Software (z. B. WordPress) Artikel (Posts) zu einem oder mehreren Themen verfasst und publiziert werden, wobei die Artikel in zeitliche Reihenfolge angeordnet sind (als sog. Thread, vgl. Lent, ZUM 2013, 914) und Nutzer Bemerkungen verfassen können, die unter dem Artikel als Kommentar angezeigt werden. Zum anderen können aber auch blogs bei erkennbar publizistischer Intention, die dem streitgegenständlichem Internetportal nicht gänzlich abgesprochen werden kann, ein journalistischredaktionell gestaltetes Angebot darstellen.
An der publizistischen Autonomie des Angebots fehlt es auch nicht deshalb, weil das Internetportal im Schwerpunkt auf die Eigenpräsentation des Vereins gerichtet wäre, während ein journalistisches Angebot typischer Weise eine Fremddarstellung enthalten muss. Das Gericht folgt dabei nicht der Auffassung der Beklagten, dass das Internetportal im Wesentlichen den politischen Zielen des Vereins diene. Zwar verfolgt der Verein durchaus politische Ziele und nutzt dafür allem Anschein nach auch das Internetportal, um diese einer möglichst breiten Öffentlichkeit gegenüber publik zu machen. Allerdings erschöpft sich das Angebot des Internetportals bei weitem nicht in einer bloßen Eigendarstellung und Bewerbung des Vereins. Zwar wird auf der Startseite des Internetportals unter „Titelstory“ auf die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung des Klägers hingewiesen, was für dessen wirtschaftliches Eigeninteresse spricht, gleichwohl ist das Internetportal - abgesehen davon - im Schwerpunkt hinreichend darauf ausgerichtet, durch die einzelnen verfassten Artikel, Interviews und Essays, die jeweils soweit ersichtlich frei von Eigendarstellungen und Werbung für den Verein sind, zur öffentlichen Kommunikation beizutragen. Damit überlagert das publizistische Angebot des Internetportals die eigene Öffentlichkeitsarbeit und das mit dem Internetportal nur nebensächlich verfolgte wirtschaftliche Eigeninteresse des Vereins.
Damit steht fest, dass der Kläger ein Anbieter von Telemedien mit journalistischredaktionell gestalteten Angeboten im Sinne des § 55 Abs. 3, Abs. 2 Satz 1, § 9a RStV ist.
2.2.1.4. Hinsichtlich der Frage, welche Sach-, Personal- und Geldleistungen die Beklagte für das Bündnis für ... aufbringt und an welcher Position diese Kosten im Haushalt der Beklagten eingestellt werden, kann sich die Beklagte nicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 9 a Abs. 1 Satz 1 RStV berufen. Mit E-Mail der Beklagten vom 14. März 2014 (Bl. 142 d.GA) wurde diese Frage entgegen der Auffassung der Beklagten nicht beantwortet. Dem Kläger wurde auf seine Frage, wie hoch sich die Kosten für die Kampagnen des Bündnisses für ... „...“ und „..., ...“ belaufen würden, geantwortet, dass sich der Kläger für weitere Auskünfte direkt an Sprecher des Bündnisses wenden müsse. Im Weiteren wurden die Mitglieder des Sprecherrats des Bündnisses benannt und dargestellt, dass das ... Bündnis für ..., das sich in München seit 1989 gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus und Gewalt engagiert, ein überparteilicher Zusammenschluss aus Vertretern der Religionsgemeinschaften sowie von Sozialverbänden, Universitäten, Initiativen und Vereinen sei. Die unter Spiegelstrich 4 der Klageschrift vom 23. September 2014 aufgeworfene Frage des Klägers wurde auch nicht durch die Stellungnahme des Oberbürgermeisters vom ... Februar 2015 auf die Schriftliche Anfrage des Stadtrats ... (§ 68 der Geschäftsordnung des Stadtrates vom 2.5.2014, zuletzt geändert am 30.9.2015 - GeschO) beantwortet, die über das Ratsinformationssystem der Beklagten öffentlich im Internet abrufbar ist. Neben allgemeinen Ausführungen zu dem ... Bündnis für ... wurde in dieser Antwort allein mitgeteilt, dass keine Mittel der Beklagten zur Finanzierung einer am 10./11. Januar 2015 in der Wochenendausgabe der ...-zeitung „...“ erschienen großformatigen Anzeige verwendet wurden.
Weitere Auskunftsverweigerungsrechte wurden weder von der Beklagten benannt noch sind solche hinsichtlich dieser Fragestellung ersichtlich.
2.2.2. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Auskunft darüber, ob ein Finanzierungkonzept des Vereins „... e.V.“ hinsichtlich des ...-baus vorliegt und ob ein solches Finanzierungskonzept Finanzmittel des ... oder anderer islamischer Länder vorsieht noch darüber, wie hoch die von der Beklagten angesetzten Grundstückskosten sind und ob dies dem Preis entspricht, der auch auf dem freien Markt zu erzielen wäre (Fragen unter Spiegelstrich 1-3 des Klageantrags vom 23. September 2014 - Bl. 1ff. d. GA; § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Beklagten stehen insoweit Auskunftsverweigerungsrechte nach § 9a Abs. 1 Satz 2 RStV zu.
Die Auskunftspflicht bezieht sich grundsätzlich nur auf Vorgänge, für die die betreffende Behörde zuständig ist, oder mit denen sie amtlich befasst war, befasst ist oder befasst werden soll. Eine unzuständige Behörde braucht keine Auskunft zu erteilen, auch nicht, wenn sie auf amtlichem Wege Kenntnisse erlangt hat (Löffler, Presserecht, 6. Auflage, 2015, § 4 LPG Rn. 65). Auskünfte über die Tätigkeit anderer Behörden, und erst recht anderer privatrechtlich organisierter Vereine, brauchen ebenso nicht erteilt zu werden, selbst wenn dazu Unterlagen vorhanden sind (Löffler, a. a. O., § 4 Rn. 86). Der beabsichtigte ...-bau auf dem Grundstück ... Straße ... München ist ein Projekt des Vereins „... e.V.“. Die gestellten Fragen, ob ein Finanzierungkonzept hinsichtlich dieses ...-baus vorliegt und ob ein solches Finanzierungskonzept Finanzmittel des ... oder anderer islamischer Länder vorsehe, sind an diesen Verein und nicht an die Beklagte zu richten. Hinzu kommt, dass die konkreten Inhalte eines möglichen Finanzierungskonzeptes den (privaten) Geschäftsbereich des Vereins „... e. V.“ betreffen und damit ein schützenswertes privates Interesse des Vereins gemäß § 9 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 RStV vorliegt.
Auch die Frage nach der Höhe der angesetzten Grundstückskosten muss die Beklagte nicht beantworten, da ihr insoweit das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 9a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 3 RStV zusteht. Durch eine Veröffentlichung der Grundstückskosten wird die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens jedenfalls erschwert und überwiegende öffentliche Interessen verletzt. Die Veröffentlichung würde die Position der Beklagten bei zukünftigen Verhandlungen über den Kauf oder Verkauf des Grundstücks gegenüber Vertragspartnern negativ beeinträchtigen. Aus diesen Gründen sieht § 46 Abs. 2 GeschO vor, dass Verträge über Grundstücksangelegenheiten grundsätzlich in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden. Bei der gebotenen Abwägung, ob dem verfassungsrechtlich aufgrund der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleisteten Informationsinteresse des Klägers oder dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Geheimhaltungsinteresse der Beklagten der Vorzug zu geben ist, überwiegen letztere Interessen. So ist höchstgerichtlich anerkannt, dass bei Grundstücksangelegenheiten im Interesse der Vertragspartner eine vertrauliche Behandlung in Frage kommt und damit in nichtöffentlicher Sitzung des Stadtrates zu behandeln ist (BVerwG, G.
Als nicht tragfähig erweist sich der auf Art. 3 GG gestützte klägerische Vortrag, wonach die Beklagte die geforderten Informationen zu den Fragen des Finanzierungskonzepts und den Grundstückskosten an andere Presseorgane gegeben habe, was sich ersichtlich aus einem Zeitungsartikel der... Zeitung (...) vom 28. Juli 2015 ergebe. Aus dem zitierten ...-Artikel folgt hingegen, dass sich der ...-Redakteur für seine Recherchen an den Verein „... e.V.“ gewandt hat. Auch die in dem Artikel genannte Summe von 4,4 Mio. Euro für das ...grundstück wurde offensichtlich von dem Verein „... e.V.“ genannt. Dies wird aus folgender Passage in dem Artikel deutlich:
„Das Kommunalreferat wollte die vom ... [Anmerkung: ...] genannte Summe von rund 4,4 Mio. Euro nicht bestätigen, da man Verkaufspreise städtischer Grundstücke grundsätzlich nie veröffentliche, erklärt eine Sprecherin.“
Daraus wird hinreichend deutlich, dass die Beklagte auch anderen Presseorganen eine diesbezügliche Auskunft verweigerte.
3. Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage auf § 155 Abs. 2 VwGO, im Übrigen auf § 155 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt
(§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 2. Januar 2014 - 1 K 3377/13 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen - auf jeweils 5.000,-- EUR festgesetzt.
Gründe
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Tenor
I. Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Augsburg
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt von den Verfahrenskosten in beiden Rechtszügen zwei Drittel, der Antragsgegner ein Drittel.
III. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tatbestand
- 1
-
Im Streit ist der Umfang des Presseauskunftsrechts in Bezug auf die Namen von Personen, die an einem strafgerichtlichen Verfahren mitgewirkt haben.
- 2
-
Der Kläger ist Redakteur der juristischen Fachzeitschrift „Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht“ (ANA-ZAR). Er wurde durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. März 2010 auf ein Strafurteil des Amtsgerichts Nürtingen - Jugendschöffengericht - vom 2. Juli 2009 aufmerksam, mit dem ein afghanischer Staatsangehöriger zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt worden war. In den Entscheidungsgründen des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 16. März 2010, das die Ausweisung des Verurteilten betraf, war das Strafurteil als rechtsfehlerhaft bezeichnet worden.
- 3
-
Der Kläger bat den Direktor des Amtsgerichts Nürtingen um Übersendung einer Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 zwecks Publikation in den ANA-ZAR. Er erhielt eine anonymisierte Urteilsabschrift. Mitgeteilt wurde ihm später der Name der Berufsrichterin. Mit Schreiben vom 25. Mai 2010 lehnte der Direktor des Amtsgerichts das Ersuchen des Klägers ab, ihm eine hinsichtlich der Personen, die berufsmäßig am Verfahren mitgewirkt haben, nicht anonymisierte Urteilsabschrift zu übersenden. Sinngemäß hieß es in dem Schreiben, die Belange der Schöffen, des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle und des Verteidigers seien bei Abwägung gegen die Belange der Presse als vorrangig einzustufen. Der Kläger legte Widerspruch ein. Der Präsident des Landgerichts Stuttgart wertete diesen als Dienstaufsichtsbeschwerde und teilte dem Kläger mit, er sehe keine Veranlassung für Maßnahmen der Dienstaufsicht.
- 4
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Der Kläger hat daraufhin Klage mit dem Begehren erhoben, unter Aufhebung der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 den Beklagten zu verpflichten, durch Übersendung einer nur hinsichtlich des Verurteilten anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen der Personen zu erteilen, die an dem Strafverfahren beteiligt waren. Das Verwaltungsgericht hat die Klage unter Verweis auf vorrangige schutzwürdige private Interessen (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG) dieser Personen abgewiesen.
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Der Kläger hat hiergegen Berufung eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat er mitgeteilt, das Strafurteil vom 2. Juli 2009 in den ANA-ZAR 2010, 32 unter Erwähnung des Namens der Berufsrichterin und des Verteidigers besprochen zu haben. Den Namen des Verteidigers habe er anderweitig erfahren. Hinsichtlich der Auskunft über den Namen der Berufsrichterin haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Kläger hat daraufhin vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und festzustellen, dass die Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 rechtswidrig war, soweit keine Auskunft über den Namen des Verteidigers erteilt worden ist, sowie den Beklagten unter Aufhebung der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 zu verpflichten, dem Kläger durch Übersendung einer - mit Ausnahme der Angaben zum Verurteilten, zur Berufsrichterin und zum Verteidiger - nicht anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen der Personen zu erteilen, die an dem Strafverfahren beteiligt waren.
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Im Umfang der Erledigungserklärung der Beteiligten hat der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren eingestellt und das erstinstanzliche Urteil für unwirksam erklärt. Er hat ferner den Beklagten verpflichtet, dem Kläger Auskunft über die Namen der an dem Strafverfahren mitwirkenden Schöffen zu erteilen, und die Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts Nürtingen vom 25. Mai 2010 insoweit aufgehoben. Die Klage im Übrigen hat er abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt:
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Die Klage sei hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen des Verteidigers unbegründet. Der Auskunftserteilung hätten schutzwürdige private Interessen des Verteidigers (§ 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG) entgegengestanden, die das Informationsinteresse des Klägers überwogen hätten. Bei Anwendung von § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG bedürfe es der grundrechtlichen Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Presse und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht Betroffener. Das Gewicht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verteidigers werde in der vorliegenden Konstellation durch den Grundsatz der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen (§ 169 GVG) gemindert. Ein Verteidiger müsse sich grundsätzlich auf die Beobachtung seines beruflichen Verhaltens und eine in der Öffentlichkeit verbreitete Kritik unter Namensnennung einstellen. Das Informationsinteresse des Klägers habe im Ausgangspunkt ein erhebliches Gewicht, da es eine Frage betreffe - ob nämlich der im Strafverfahren Verurteilte eine unangemessen harte Bestrafung erfahren habe -, welche die Öffentlichkeit wesentlich angehe. Es sei zudem nicht mit hinreichender Gewissheit davon auszugehen gewesen, dass die namentliche Benennung des Verteidigers in einer Veröffentlichung des Klägers eine unzulässige Pranger- oder Stigmatisierungswirkung erzeugt hätte. Dem Informationsinteresse des Klägers sei jedoch durch die Übersendung der anonymisierten Urteilsabschrift sowie die Nennung des Namens der Berufsrichterin bereits ganz überwiegend nachgekommen worden. Der Kläger habe so den Kern der die Öffentlichkeit angehenden Frage, ob der Verurteilte unangemessen hart bestraft worden sei, in der Fachzeitschrift hinreichend erörtern können. Der Name des Verteidigers sei für das Verständnis des Falls nicht wesentlich gewesen. Dieser trage unmittelbar keine Verantwortung für das Strafurteil. Das Informationsinteresse des Klägers sei daher als sehr gering und folglich nachrangig gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Verteidigers einzustufen.
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Die Klage sei begründet, soweit der Kläger Auskunft über die Namen der an dem Strafverfahren beteiligten Schöffen verlange. Die Namen der Schöffen hätten im Unterschied zum Namen des Verteidigers eigenen Informationswert für die Erörterung der Frage nach einer etwaigen unangemessen harten Bestrafung des Verurteilten. Die Schöffen verantworteten das Urteil in gleicher Weise wie ein Berufsrichter.
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Die Klage sei im Hinblick auf die begehrte Auskunft über die Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unbegründet. Insoweit würden, wie im Fall des Verteidigers, überwiegende schutzwürdige Interessen in Gestalt der Persönlichkeitsrechte dieser Personen der Auskunftserteilung entgegenstehen. Auch ihre Namen besäßen keinen eigenen Informationswert für die Erörterung der Frage nach einer etwaigen unangemessen harten Bestrafung. Staatsanwalt und Urkundsbeamtin trügen keine unmittelbare Verantwortung für das Strafurteil.
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Die Revision des Klägers richtet sich gegen das Berufungsurteil, soweit hiermit seiner Klage nicht stattgegeben worden ist. Sein bereits in der Vorinstanz anhängig gemachtes Fortsetzungsfeststellungsbegehren im Hinblick auf die unterbliebene Auskunftserteilung zum Namen des Verteidigers verfolgt der Kläger unverändert weiter. Nachdem das Amtsgericht Nürtingen dem Kläger mit Schreiben vom 20. März 2014 eine vollständig ungeschwärzte Ablichtung des Strafurteils vom 2. Juli 2009 übermittelt hatte, hat er auch hinsichtlich der Auskunftserteilung zu den Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin sein ursprüngliches Verpflichtungsbegehren durch ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren ersetzt.
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Der Kläger trägt in der Sache im Wesentlichen vor, die Presse müsse keine Gründe für ein Verlangen angeben, Informationen zu einem ihr bekannt gewordenen Strafverfahren zu erhalten. Ohne Kenntnis der Namen der am Verfahren Beteiligten seien bestimmte weitergehende Recherchen nicht möglich. Der Verwaltungsgerichtshof gehe fehl, wenn er dem Verteidiger und dem Staatsanwalt eine Mitverantwortung für den Verfahrensausgang abspreche. Das Gewicht ihres Persönlichkeitsrechts sei durch die Öffentlichkeit der Verhandlung erheblich gemindert.
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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen sei verpflichtet gewesen, ihm durch Überlassung einer insoweit ungeschwärzten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 Auskunft über die Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts zu erteilen, die an dem betreffenden Strafverfahren mitgewirkt haben. In Bezug auf die verweigerte Auskunft über den Namen der mitwirkenden Urkundsbeamtin ist die Revision unbegründet. Da der Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Nr. 1 VwGO).
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1. Die Revision des Klägers richtet sich gegen das Berufungsurteil im Hinblick auf die Auskunftsansprüche zu allen drei genannten Personen. Unschädlich ist, dass der Kläger in der Revisionsbegründung vom 2. Januar 2014 den Auskunftsanspruch hinsichtlich des Verteidigers nicht in dem dort formulierten Antrag aufgeführt hat. In den weiteren Ausführungen der Revisionsbegründung hat er hinreichend deutlich gemacht, das Berufungsurteil auch im Hinblick auf die Verneinung eines Auskunftsanspruchs zum Namen des Verteidigers für fehlerhaft zu halten und daher angreifen zu wollen; bereits bei Einlegung der Revision hatte er angegeben, das Berufungsurteil zur revisionsgerichtlichen Überprüfung stellen zu wollen, „soweit der Klage nicht stattgegeben wurde“ (Schriftsatz vom 24. Oktober 2013). Damit ist den aus § 139 Abs. 3 VwGO folgenden Anforderungen an die Bestimmung des Revisionsgegenstandes innerhalb der Revisionsbegründungsfrist Genüge getan (vgl. Urteil vom 27. August 2008 - BVerwG 6 C 32.07 - Buchholz 310 § 124a VwGO Nr. 38 Rn. 19). Der Revisionsbegründung kann ferner entnommen werden, dass es dem Kläger nicht nur um die Auskunftserteilung als solche geht, sondern auch um ihre spezifische Modalität in Gestalt der Überlassung einer nicht anonymisierten Urteilsabschrift.
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2. Die Klage ist mit dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren, das nunmehr die Auskunftsansprüche zu den Namen aller drei Personen einschließt, zulässig.
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a. Der Beklagte hat während des Revisionsverfahrens den Klageanspruch nicht anerkannt. Die Übermittlung einer ungeschwärzten Ablichtung der ersten Seite des Strafurteils vom 2. Juli 2009 mit Schreiben des Amtsgerichts Nürtingen an den Kläger vom 20. März 2014 erfüllt nicht die Anforderungen an ein Anerkenntnis im Sinne von § 173 VwGO i.V.m. § 307 ZPO.
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b. Der Rechtsstreit ist nicht im Nachgang zu der genannten Übermittlung aufgrund übereinstimmender Erklärung der Erledigung der Hauptsache beendet worden. Zwar sind dahingehende Ausführungen im Schriftsatz des Beklagten vom 18. Juni 2014 sowie im Schriftsatz des Klägers vom 14. Juli 2014 enthalten. Aus dem letztgenannten Schriftsatz ergibt sich jedoch hinreichend deutlich, dass es dem Kläger in Wahrheit nicht um eine Beendigung des Rechtsstreits gegangen ist, sondern er - nachdem durch die Übermittlung ein erledigendes Ereignis eingetreten war - die Absicht gefasst hat, nunmehr die gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der früheren Auskunftsverweigerung zu erwirken. Der Übergang zu einem Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO schließt es aus, gleichzeitig eine Erledigungserklärung nach § 161 Abs. 2 VwGO abzugeben (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1981 - BVerwG 8 C 39.80 - Buchholz 448.0 § 9 WPflG Nr. 7 S. 2). Da hinsichtlich des wahren Willens des Klägers kein Zweifel besteht, kann sein auf eine Erledigungserklärung weisendes Vorbringen aus dem Schriftsatz vom 14. Juli 2014 als unbeachtlich gewertet werden.
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c. Die im Revisionsverfahren auch hinsichtlich der Auskunft zu den Namen des Staatsanwalts und der Urkundsbeamtin erfolgte Umstellung der Klage auf ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren ist statthaft. Da der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt, handelt es sich hierbei nicht um eine im Revisionsverfahren unzulässige (§ 142 Abs. 1 VwGO) Klageänderung (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO; vgl. etwa Urteil vom 28. Oktober 1999 - BVerwG 7 C 32.98 - BVerwGE 110, 17 <19 f.> = Buchholz 406.252 § 7 UIG Nr. 1 S. 3). Das entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse liegt unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr vor. Es besteht die nicht entfernt liegende Möglichkeit, dass der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen in künftigen vergleichbaren Fällen ein Auskunftsbegehren des Klägers abschlägig bescheiden wird. An der Gefahr einer Wiederholung fehlt es entgegen dem Beklagten nicht deshalb, weil der Entscheidung über entsprechende Auskunftsbegehren stets eine am Einzelfall orientierte Abwägung zwischen dem Auskunftsinteresse der Presse und dem Persönlichkeitsrecht betroffener Personen voraus zu gehen hat. Eine solche Abwägung folgt, auch wenn sie Gegebenheiten des Einzelfalls einbezieht, bestimmten abstrakten Kriterien. Es ist denkbar, dass der Direktor des Amtsgerichts Nürtingen zukünftig gerade aufgrund der Kriterien, auf die er sich im vorliegenden Fall gestützt hat, dem Kläger eine Auskunft über die Namen von Personen verwehrt, die an Gerichtsverfahren mitwirken.
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3. Das Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts begründet. Die gegenteilige Annahme des Verwaltungsgerichtshofs verletzt revisibles Recht in Gestalt der Pressefreiheit des Klägers gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (§ 137 Abs. 1 VwGO). Dass sich das Berufungsurteil insoweit aus anderen Gründen als richtig darstellen könnte (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist für den Senat nicht ersichtlich.
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a. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Auffassung, schutzwürdige private Interessen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG hätten der Auskunftserteilung entgegen gestanden, mit der Annahme begründet, dass die verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte dieser Personen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) unter den vorliegend gegebenen Umständen das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Auskunftsinteresse des Klägers überwogen hätten. Insoweit beruht seine Anwendung der irrevisiblen Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 3 LPresseG auf einer bestimmten Gewichtung und Abwägung revisiblen Rechts. Ein Instanzgericht wendet revisibles Recht auch insoweit an, als es sich bei der Auslegung und Anwendung irrevisiblen Rechts durch revisibles Recht gebunden sieht (stRspr; vgl. etwa Urteil vom 16. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 8.01 - BVerwGE 117, 313 <317> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 160 S. 96).
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b. Mit der genannten Annahme hat der Verwaltungsgerichtshof die in Rede stehenden grundrechtlichen Positionen fehlerhaft abgewogen. Die Persönlichkeitsrechte des Verteidigers und des Staatsanwalts standen der Auskunftserteilung an den Kläger nicht entgegen, da dessen Auskunftsinteresse unter den gegebenen Umständen Vorrang zukam.
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aa. Dem vom Kläger verfolgten Auskunftsinteresse kam im vorliegenden Fall hohes Gewicht bei.
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(1) Das Auskunftsbegehren unterfiel dem Schutzbereich der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.
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Der Schutz der Pressefreiheit reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Der publizistischen Vorbereitungstätigkeit ist besonderes Gewicht beizulegen. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen. Das gilt auch im Hinblick auf das gerichtliche Verfahren. Die Pressefreiheit umschließt auch das Recht der im Pressewesen tätigen Personen, sich über Vorgänge in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu informieren (BVerfG, Beschluss vom 14. Juli 1994 - 1 BvR 1595, 1606/92 - BVerfGE 91, 125 <134>). Auch die Recherche über Gerichtsverfahren, in denen keine öffentliche Verhandlung stattfindet, ist von der Pressefreiheit umfasst.
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(2) Das Auskunftsinteresse hatte unter den gegebenen Umständen hohes Gewicht.
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Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist (stRspr; vgl. BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 - 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162 <174>; Beschluss vom 6. November 1979 - 1 BvR 81/76 - BVerfGE 52, 283 <296>). Der Presse kommt neben einer Informationsfunktion insbesondere auch eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. Juni 2009 - 1 BvR 134/03 - DVBl 2009, 1166 Rn. 62; BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - BVerwG 6 A 2.12 - BVerwGE 146, 56 Rn. 27 = Buchholz 422.1 Presserecht Nr. 12). Beide Funktionen sind berührt, wenn ein Pressevertreter zum Zwecke der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren recherchiert. In diesem Verfahren wird staatliche Gewalt - überdies in besonders einschneidender Weise - ausgeübt. Der Schutz der Pressefreiheit reicht hier weiter als in Fällen, in denen die Presse eine Berichterstattung über private Umstände zu Unterhaltungszwecken anstrebt (vgl. zu dieser Abstufung BVerfG, Beschluss vom 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - BVerfGE 34, 269 <283>; Urteil vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361 <391>).
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Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse in Bezug auf Gerichtsverfahren erstreckt sich auch auf Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege an einem Gerichtsverfahren mitwirken. Sie erschöpft sich nicht in der Berichterstattung zu sachlichen Verfahrensinhalten.
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(3) Das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers war nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine Gerichtsverhandlung bezog, an der er selbst nicht als Zuschauer teilgenommen hatte. Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse greift gleichermaßen bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter beigewohnt hat, wie bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter nicht beigewohnt hat. Sie greift auch in Bezug auf Verfahren, in denen keine öffentliche Verhandlung stattfindet.
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(4) Das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers war ferner nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine frühere Gerichtsverhandlung bezog. Zum Zeitpunkt der Anfrage des Klägers lag der Erlass des Strafurteils weniger als ein Jahr zurück und war daher weiterhin von aktuellem Interesse.
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bb. Die Persönlichkeitsrechte eines Verteidigers und eines Staatsanwalts, nach deren Namen die Presse wegen ihrer Verfahrensmitwirkung fragt, sind infolge des Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen in ihrem grundrechtlichen Gewicht gemindert.
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Der einfachgesetzlich in § 169 Satz 1 GVG normierte Grundsatz der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen besitzt als Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips Verfassungsrang (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 - 1 BvR 2623/95, 622/99 - BVerfGE 103, 44 <63>). Die Verfassung setzt damit als Regelfall voraus, dass die Mitwirkung des Verteidigers und des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft bei einer Gerichtsverhandlung unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet und so ihre Namen öffentlich bekannt werden können.
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Der Gesetzgeber ist zwar befugt, die Öffentlichkeit auf die im Raum der Verhandlung Anwesenden zu beschränken; von dieser Befugnis hat er in § 169 Satz 1 GVG Gebrauch gemacht. Eine derart beschränkte Öffentlichkeit genügt dem rechtsstaatlichen Interesse der öffentlichen Kontrolle des Gerichtsverfahrens sowie dem im Demokratieprinzip verankerten Grundsatz der Zugänglichkeit von Informationen, die für die individuelle und öffentliche Meinungsbildung von Bedeutung sind (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 65 f.). Wie anderen Personen ist aber auch Pressevertretern der Zugang zum Gerichtssaal eröffnet. Pressevertreter können so an Gerichtsverhandlungen teilnehmen und anschließend über sie berichten. Hierin wird berücksichtigt, dass Informationen in erster Linie über die Presse an die Öffentlichkeit vermittelt werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 a.a.O. S. 66). Ohne diese mediale Vermittlungsmöglichkeit würde der Kontroll- und Informationszweck des verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatzes unzureichend umgesetzt werden. Bürger, die nicht selbst an einer Gerichtsverhandlung teilnehmen, sind auf Presseberichterstattung angewiesen, um sich ein Bild von der Verhandlung machen und das Verfahren würdigen zu können. Die Zugänglichkeit der Gerichtsverhandlung gerade für Pressevertreter ist daher verfassungsrechtlich von besonderem Gewicht. Wenn die Verfassung voraussetzt, dass die Mitwirkung des Verteidigers sowie des Staatsanwalts bei einer Gerichtsverhandlung regelmäßig unter den Augen der Öffentlichkeit stattfindet, rechnet sie ein, dass es sich hierbei potentiell um eine Medienöffentlichkeit handelt, d.h. die Namen der genannten Personen auch Vertretern der Presse bekannt werden können.
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Die Möglichkeit des (presse-)öffentlichen Bekanntwerdens der namentlichen Identität von Personen, die in amtlicher Funktion oder als Organ der Rechtspflege in Gerichtsverhandlungen mitwirken, wird von der Verfassung nicht lediglich als tatsächliche Konsequenz des Öffentlichkeitsgrundsatzes bloß hingenommen, sondern sie entspricht der normativen Stoßrichtung dieses Grundsatzes. Das Bedürfnis, die Ausübung der rechtsprechenden Gewalt gegenüber der Öffentlichkeit transparent zu machen, erstreckt sich auch auf die Identität der hieran mitwirkenden nichtrichterlichen, aber in weitem Umfang unabhängig handelnden Funktionsträger. Die Öffentlichkeit der Verhandlung soll unter anderem auch die Möglichkeit eröffnen, personelle Zurechnungszusammenhänge deutlich zu machen und so persönliche Verantwortlichkeiten zu markieren. Die mitwirkenden Funktionsträger sollen für die Art und Weise der Mitwirkung öffentlich einstehen.
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Hieraus erschließt sich, dass das Gewicht der Persönlichkeitsrechte mitwirkender Verteidiger oder Staatsanwälte nicht nach dem Zeitpunkt variieren kann, zu dem ein Auskunftsbegehren gestellt wird, das auf die Kenntnis ihrer namentlichen Identität gerichtet ist. Fragt ein Pressevertreter erst nach Abschluss einer Gerichtsverhandlung, an der er selbst nicht teilgenommen hat, nach den Namen des mitwirkenden Verteidigers bzw. des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft, ist das Gewicht ihrer Persönlichkeitsrechte nicht höher einzustufen als in dem Fall, dass ein Pressevertreter ihre Namen aufgrund eigener Sitzungsteilnahme erfährt. Das rechtsstaatliche Bedürfnis, persönliche Verantwortlichkeiten für Akte der dritten Gewalt transparent zu machen, besteht im einen wie im anderen Fall gleichermaßen. Es kommt konsequenterweise auch nicht darauf an, ob im Einzelfall überhaupt eine Verhandlung bzw. eine öffentliche Verhandlung stattfindet. Die dem verfassungsrechtlichen Öffentlichkeitsgrundsatz innewohnende Wertung, amtliche Funktionsträger in gerichtlichen Verfahren hätten ebenso wie mitwirkende nichtamtliche Organe der Rechtspflege für ihre Mitwirkung öffentlich einzustehen, gilt unabhängig davon, welche Regelungen die Prozessordnungen über die Möglichkeit von Entscheidungen im schriftlichen Verfahren oder über den Ausschluss der Öffentlichkeit treffen.
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cc. Aus dem Vorstehenden folgt als Ergebnis, dass in einer Konstellation wie der Vorliegenden die Persönlichkeitsrechte von Staatsanwälten und Verteidigern das publizistische Informations- und Verbreitungsinteresse regelmäßig nicht überwiegen. Ebenso hat das Bundesverfassungsgericht anlässlich von Streitfällen entschieden, in denen die Zulässigkeit der Erstellung und Verbreitung von Bild- und Tonaufnahmen vor und nach gerichtlichen Verhandlungen oder in Sitzungspausen in Frage stand. Es hat hierbei ausgesprochen, dass Richter, Verteidiger und Staatsanwälte kraft des ihnen übertragenen Amtes bzw. ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege anlässlich ihrer Teilnahme an Gerichtsverhandlungen im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen und ein berechtigtes Interesse dieser Personen, nur durch die in der Sitzung Anwesenden wahrgenommen zu werden, angesichts der Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein rechtsstaatliches Gerichtsverfahren regelmäßig nicht anzunehmen ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 21. Juli 2000 - 1 BvQ 17/00 - DVBl 2000, 1778 <1779> und vom 7. Juni 2007 - 1 BvR 1438/07 - NJW-RR 2007, 1416; Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 620/07 - BVerfGE 119, 309 <323 f.>; Kammerbeschluss vom 30. März 2012 - 1 BvR 711/12 - NJW 2012, 2178 <2179>). Diese auf das Recht am eigenen Bild bezogene Rechtsprechung kann auf den Fall, dass das Recht am eigenen Namen betroffen ist, übertragen werden.
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Etwaigen persönlichkeitsrechtlichen Risiken sind die genannten Personen hierdurch nicht schutzlos ausgesetzt. Die Rechtsordnung gibt ihnen Instrumente an die Hand, um sich gegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen von Seiten der Presse angemessen zur Wehr setzen zu können. Die Offenbarung ihres Namens an die Presse entbindet diese nicht davon, beim weiteren Umgang mit der erlangten Information ihre Persönlichkeitsrechte zu wahren. Auch öffentliche Amtsträger sind - auch hinsichtlich ihrer Amtstätigkeit - in den Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts einbezogen (vgl. Urteil vom 23. Juni 2004 - BVerwG 3 C 41.03 - BVerwGE 121, 115 <125 f.> = Buchholz 115 Sonst. Wiedervereinigungsrecht Nr. 49 S. 89).
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dd. Ein Vorrang der Persönlichkeitsrechte von mitwirkenden Verteidigern und Staatsanwälten gegenüber dem Informationsinteresse der Presse ist bei Zugrundelegung der genannten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur dann anzunehmen, sofern diese Personen erhebliche Belästigungen oder eine Gefährdung ihrer Sicherheit durch Übergriffe Dritter zu befürchten haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2007 a.a.O. S. 324; Kammerbeschluss vom 21. Juli 2000 a.a.O.). Für solche Befürchtungen bestand nach dem vorinstanzlich festgestellten Sachverhalt jedoch kein Grund. Dies gilt auch für die - hier maßgebliche - Erkenntnislage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Direktors des Amtsgerichts über das Auskunftsersuchen des Klägers.
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ee. Der Verwaltungsgerichtshof durfte dem Auskunftsinteresse des Klägers nicht aufgrund der Erwägung Nachrang gegenüber den Persönlichkeitsrechten des Verteidigers und des Staatsanwalts einräumen, diese trügen keine unmittelbare Verantwortung für das Strafurteil vom 2. Juli 2009, so dass die Kenntnis ihrer Namen für das Verständnis des Falles nicht bedeutsam gewesen sei.
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(1) Mit dieser Erwägung lässt sich zum einen nicht begründen, dass das grundrechtliche Gewicht der Persönlichkeitsrechte des Verteidigers und des Staatsanwalts höher als vorstehend ausgeführt zu veranschlagen wäre. Zwar ist ihre Verantwortung für Verlauf und Ausgang des gerichtlichen Verfahrens nicht dieselbe wie bei Mitgliedern des gerichtlichen Spruchkörpers. Jedoch verfügen Verteidiger und Staatsanwalt über eigene Verfahrensrechte und haben hierüber substantiellen Einfluss auf die gerichtliche Wahrheits- und Entscheidungsfindung. Die Informations- und Kontrollzwecke des Öffentlichkeitsgrundsatzes greifen aus diesem Grund auch ihnen gegenüber.
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(2) Die genannte Erwägung rechtfertigt zum anderen nicht, das grundrechtliche Gewicht des Auskunftsinteresses des Klägers geringer als vorstehend ausgeführt zu veranschlagen.
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Mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Presse wäre es nicht vereinbar, wenn die Durchsetzung ihres Informationsinteresses von einer staatlichen Inhaltsbewertung des Informationsanliegens abhinge. Die Presse muss nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält und was nicht (vgl. BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1999 - 1 BvR 653/96 - BVerfGE 101, 361 <389>; Kammerbeschluss vom 28. August 2000 - 1 BvR 1307/91 - NJW 2001, 503 <505>). Diese Maßgaben, die sich als Gebot staatlicher Inhaltsneutralität verstehen lassen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. August 2000 a.a.O. S. 506), sind nicht nur für das Stadium der Publikation, sondern auch für das vorgelagerte Stadium der Recherche von Belang. Es ist Sache der Presse, selbst zu beurteilen, welche Informationen für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zweck einer möglichen Berichterstattung im Recherchewege aufzubereiten. Staatlichen Stellen dürfen sich keine Möglichkeiten bieten, über den Informationswert bestimmter Gegebenheiten mit zu entscheiden und auf diese Weise mittelbar auf den Publikationsinhalt Einfluss zu nehmen. Dem Einwand fehlender Eignung einer Information für die Aufbereitung eines bestimmten Themas steht darüber hinaus entgegen, dass die Bedeutung einer Information vielfach im Stadium vor ihrer Erhebung und zuweilen selbst im unmittelbaren Anschluss hieran noch nicht abschließend bewertet werden kann. Es liegt im Wesen der journalistischen Recherche, dass sie teilweise von unbewiesenen Hypothesen ausgeht und sich so ihr Zweck auch in der Falsifizierung bzw. darin erfüllen kann, dass von einer Publikation Abstand genommen wird. Der Aussagegehalt einzelner Informationen ergibt sich unter Umständen erst aus der Verknüpfung mit anderen, möglicherweise später gewonnenen Informationen. Einzelne Informationen können, auch wenn sie selbst nicht publikationswürdig sind, Anhaltspunkte für die Gewinnung weiterer Informationen liefern oder zur Neubewertung bereits vorliegender Informationen führen. Aus alledem ergibt sich die Notwendigkeit journalistischer Freiräume im Rahmen von Informationsanfragen und hier insbesondere bei der Beurteilung der sachlichen Notwendigkeit angefragter Informationen. Der Komplexität und möglichen Zweckfülle von Rechercheprozessen werden staatliche Stellen grundsätzlich nicht gerecht, wenn sie das grundrechtliche Gewicht eines von der Presse geltend gemachten Auskunftsinteresses von einer journalistischen Relevanzprüfung abhängig machen. Sie würden hiermit auf einen Maßstab zugreifen, den Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht ihnen, sondern der Presse überantwortet.
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Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Presse im Rahmen der Recherche zu Gerichtsverfahren auch solche personenbezogenen Informationen herausverlangen dürfte, denen selbst bei Anlegung eines großzügigen, den besonderen Funktionsbedürfnissen und Arbeitsweisen der Presse vollauf Rechnung tragenden Maßstabs jede erkennbare materielle Bedeutung im Zusammenhang mit dem verlautbarten Thema der Recherche bzw. der ins Auge gefassten Berichterstattung abgeht. Das Auskunftsinteresse der Presse genießt keinen Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht eines an einem Gerichtsverfahren mitwirkenden nichtrichterlichen Funktionsträgers, wenn es speziell in Bezug auf diese Person im Dunkeln bleibt und so die Vermutung naheliegen muss, das Informationsverlangen erfolge insoweit „ins Blaue“ hinein oder besitze jedenfalls keinen ernsthaften sachlichen Hintergrund. Verweigert eine staatliche Stelle aus diesen Gründen die Herausgabe einer personenbezogenen Information und erläutert die Presse daraufhin nicht zumindest ansatzweise die von ihr zugrunde gelegte Einschätzung des Werts dieser Information für ihre Recherche bzw. die ins Auge gefasste Berichterstattung, muss die staatliche Stelle davon ausgehen, dass dem Informationsverlangen ein ernsthafter Hintergrund fehlt, und ist sie daher ausnahmsweise nicht zur Informationsherausgabe verpflichtet.
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Richtet sich wie hier das Informationsverlangen darauf, bei Überlassung einer Urteilsabschrift zu Publikationszwecken auch die Namen des mitwirkenden Verteidigers und des mitwirkenden Staatsanwalts zu erfahren, kann in Anbetracht der dargelegten Stellung dieser Personen im Rahmen des Gerichtsverfahrens indes schon den äußeren Umständen nach nicht davon ausgegangen werden, das Verlangen erfolge „ins Blaue“ hinein oder ihm fehle ein ernsthafter sachlicher Hintergrund. Der Kläger war folglich insoweit nicht gehalten, gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts nähere Erläuterungen vorzunehmen.
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(3) Keiner Erörterung bedarf im vorliegenden Zusammenhang die Frage, in welchem Umfang der Presse bei Auskunftsverlangen gegenüber staatlichen Stellen, die sich auf nicht frei zugängliche Informationen beziehen, vorgelagert die Spezifizierung des von ihr anvisierten Recherche- bzw. Publikationsthemas obliegt, um die staatliche Stelle überhaupt erst in den Stand zu versetzen, eine Abwägung mit etwaigen entgegenstehenden Rechtspositionen vorzunehmen. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger gegenüber dem Direktor des Amtsgerichts angegeben, es gehe ihm um eine mögliche Publikation in einer juristischen Fachzeitschrift. Zu hierüber hinausgehenden Angaben war er nicht gehalten.
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c. Der Kläger besaß einen Anspruch darauf, dass ihm die Namen des Verteidigers und des Staatsanwalts im Wege der Überlassung einer hinsichtlich dieser Personen nicht anonymisierten Abschrift des Strafurteils vom 2. Juli 2009 mitgeteilt werden. Insoweit genügt der Hinweis auf das Berufungsurteil, mit dem der Verwaltungsgerichtshof in Anwendung der landesrechtlichen Vorschrift des § 4 Abs. 1 LPresseG hinsichtlich der Namen der mitwirkenden Schöffen der Verpflichtungsklage des Klägers stattgegeben hat. Diese Entscheidung ist mangels entgegenstehender Hinweise in den Entscheidungsgründen so zu verstehen, dass sie - entsprechend dem ausdrücklich hierauf abzielenden Klagebegehren - den Beklagten zur Nennung der Namen der Schöffen speziell im Wege der Urteilsüberlassung verpflichtet hat. Für den Anspruch auf Auskunft über den Namen von Verteidiger und Staatsanwalt kann im Hinblick auf diese Modalität der Auskunftserteilung landesrechtlich nichts anderes gelten.
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4. Das Feststellungsbegehren ist hinsichtlich der Auskunftserteilung über den Namen der Urkundsbeamtin unbegründet. Ihr Persönlichkeitsrecht überwog im vorliegenden Fall das Auskunftsinteresse des Klägers. Insoweit verstößt das Berufungsurteil im Ergebnis nicht gegen revisibles Recht.
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Es kann dahinstehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass der Urkundsbeamtin eine vergleichsweise untergeordnete Funktion im Rahmen der gerichtlichen Wahrheits- und Entscheidungsfindung zukommt. Jedenfalls musste für den Direktor des Amtsgerichts Nürtingen hinsichtlich ihrer Person im Dunkeln bleiben, welches Informationsinteresse der Kläger mit seinem Auskunftsverlangen verfolgte. Weder im Rahmen eines bloßen Urteilsabdrucks, noch im Rahmen einer Urteilsbesprechung entspricht es auch nur annähernd einer geläufigen journalistischen Praxis, auf die Person des Urkundsbeamten einzugehen oder gar dessen Namen zu publizieren. Der Verdacht, dass insoweit dem Auskunftsverlangen des Klägers ein ernsthafter sachlicher Hintergrund fehlte, lag daher nahe. Ausgehend von den oben dargelegten Maßstäben hätte es bei dieser Sachlage dem Kläger oblegen, sein Auskunftsinteresse zumindest ansatzweise zu substantiieren, nachdem ihm von Seiten des Amtsgerichtsdirektors die Einschätzung mitgeteilt worden war, der Name der Urkundsbeamtin sei „ohne Belang“. Zu diesem Schritt hat sich der Kläger jedoch nicht bereitgefunden.
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5. Kein anderes Ergebnis ergibt sich im Lichte sonstiger Vorschriften.
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a. Dies gilt zum einen für § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO, sofern man diese Vorschrift hier überhaupt für anwendbar halten sollte. Gemäß § 475 Abs. 1 Satz 1 StPO sind Auskünfte zu erteilen, soweit hierfür ein berechtigtes Interesse dargelegt wird. Gemäß § 475 Abs. 1 Satz 2 StPO sind sie zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat. Bei Anwendung dieser Maßgaben gelangt man jeweils zu den gleichen Erwägungen, wie sie vorstehend ausgeführt worden sind.
- 50
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b. Für einen Anspruch unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 GG bestand schon in Anbetracht der abschließenden, die verfassungsrechtliche Position der Presse hinreichend berücksichtigenden gesetzlichen Regelungen in § 4 LPresseG kein Raum.
- 51
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c. Der Senat hat in einem Urteil vom 26. Februar 1997 - BVerwG 6 C 3.96 - (BVerwGE 104, 105 ff. = Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 155) aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährleistungspflicht, dem Demokratiegebot sowie dem Grundsatz der Gewaltenteilung einen Verfassungsauftrag aller Gerichte hergeleitet, die Entscheidungen ihrer Spruchkörper der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Urteil vom 26. Februar 1997 a.a.O. S. 108 f. bzw. 8 f.). Hierzu seien zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten, des Datenschutzes und des Steuergeheimnisses auf einer ersten Stufe herausgabefähige, insbesondere anonymisierte und neutralisierte Fassungen der zur Veröffentlichung vorgesehenen Entscheidungen herzustellen (Urteil vom 26. Februar 1997 a.a.O. S. 111 f. bzw. 10 f.). Für das vorliegende Verfahren kann dieses Urteil außer Betracht bleiben. Die danach bestehende verfassungsunmittelbare Herausgabepflicht reicht nicht weiter als die Herausgabepflicht nach der gesetzlichen Vorschrift des § 4 LPresseG, die gegenüber jener Anwendungsvorrang genießt. Auf der anderen Seite hat der Senat mit diesem Urteil ersichtlich nicht zum Ausdruck bringen wollen, es sei unter jeglichen Umständen verfassungsrechtlich geboten, Gerichtsentscheidungen Dritten, insbesondere auch Pressevertretern, ausschließlich bei Anonymisierung sämtlicher am Gerichtsverfahren mitwirkenden Personen zugänglich zu machen.
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6. Das im Berufungsurteil hervorgehobene Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 14. November 2002 in der Sache „Wirtschafts-Trend“ Zeitschriften-Verlagsgesellschaft mbH gegen Österreich - Nr. 62746/00 - (Slg. 2002-X, 281 ff.) steht nicht im Widerspruch zur vorliegenden Entscheidung. Zu entscheiden war dort über einen Pressebericht zu einem Abschiebungsversuch, der mit dem Tod des Abzuschiebenden endete. In dem Pressebericht waren Details aus strafrechtlichen Vorermittlungen gegen drei die Abschiebung begleitende Polizeibeamte sowie der Name eines dieser Beamten veröffentlicht worden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seinem Urteil das Persönlichkeitsrecht des namentlich erwähnten Polizeibeamten höher gewichtet als das Auskunftsinteresse der Presse und es hiervon ausgehend für vereinbar mit Art. 10 EMRK gehalten, dass das Presseunternehmen zur Schadensersatzleistung gegenüber dem Polizeibeamten verurteilt worden war. Er hat sich hierbei mit auf die Erwägung gestützt, die Offenlegung des Namens des Polizeibeamten hätte keinen zusätzlichen Informationswert von derartigem Gewicht gehabt, dass er das Interesse dieses Beamten an der Nichtoffenlegung seiner Identität überwogen hätte („The disclosure of his full name did not add anything of public interest to the information already given in the article that could have outweighed the interests of the person concerned in non-disclosure of his identity“). Der Gerichtshof hat sich allerdings zusätzlich auf weitere Erwägungen gestützt, insbesondere darauf, dass sich die strafrechtlichen Vorermittlungen noch in einem frühen Stadium befunden hatten und dass das Privatleben des benannten Polizeibeamten durch die Veröffentlichung tatsächlich beeinträchtigt worden war. Der im hier zu entscheidenden Fall zentrale Gesichtspunkt, dass das Persönlichkeitsrecht von Verteidigern und Staatsanwälten, die an gerichtlichen Verhandlungen mitwirken, infolge des Öffentlichkeitsgrundsatzes in seinem Gewicht gemindert ist, konnte in dem vom Gerichtshof entschiedenen Fall nicht zum Tragen kommen. Mit Rücksicht auf diese Umstände ist die genannte Erwägung des Gerichtshofs zum fehlenden Informationswert des offengelegten Namens des Polizeibeamten auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.
- 53
-
7. Die Kostenentscheidung, in die der rechtskräftig gewordene Teil der vorinstanzlichen Kostenentscheidung einzubeziehen ist, beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
(1) Für eine Privatperson und für sonstige Stellen kann unbeschadet des § 57 des Bundesdatenschutzgesetzes ein Rechtsanwalt Auskünfte aus Akten erhalten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Auskünfte sind zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn die Erteilung von Auskünften einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern oder nach Darlegung dessen, der Akteneinsicht begehrt, zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses nicht ausreichen würde.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 können amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigt werden.
(4) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können auch Privatpersonen und sonstigen Stellen Auskünfte aus den Akten erteilt werden.
BUNDESGERICHTSHOF
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, den Richter Lehmann, die Richterinnen Dr. Brockmöller und Dr. Bußmann
am 5. April 2017
beschlossen:
Der Beschwerdewert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- I. Die Antragstellerin wendet sich gegen einen Bescheid des Präsidenten des Landgerichts Frankfurt am Main, mit dem dieser den weiteren Beteiligten die Erteilung einer anonymisierten Abschrift des in einem Zivilprozess ergangenen Beschlusses bewilligt hat.
- 2
- Die Antragstellerin ist eine Bank. Sie war unterlegene Beklagte eines beim Landgericht und Oberlandesgericht Frankfurt am Main anhängigen Zivilprozesses, der einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung zum Gegenstand hatte. Nachdem das Berufungsgericht im dortigen Verfahren am 30. Januar 2013 einen Beschluss er- lassen und darin auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung hingewiesen hatte, nahm die Antragstellerin ihre Berufung zurück.
- 3
- Mit Schreiben vom 13. März 2015 beantragten die weiteren Beteiligten , bei denen es sich um Rechtsanwälte handelt, beim Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main die Gewährung von Einsicht in die Akten jenes Verfahrens, hilfsweise die Übersendung einer Kopie der dort ergangenen "Entscheidung". Sie führten eine Reihe von Verfahren , denen jeweils eine vergleichbare Fallgestaltung zugrunde läge.
- 4
- Die Antragstellerin widersetzte sich der Bewilligung von Akteneinsicht wie auch der Übersendung einer Abschrift des Hinweisbeschlusses des Berufungsgerichts. Ein rechtliches Interesse an der begehrten Akteneinsicht hätten die weiteren Beteiligten nicht dargetan; der Akteneinsicht und der Übersendung einer - auch anonymisierten - Entscheidungsabschrift stünden zudem überwiegende Geheimhaltungsinteressen der Antragstellerin entgegen.
- 5
- Mit Bescheid vom 2. Juni 2015 bewilligte der Präsident des Landgerichts Frankfurt am Main den weiteren Beteiligten die Übersendung der hilfsweise begehrten anonymisierten Kopie des Beschlusses vom 30. Januar
2013.
- 6
- Den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat das Oberlandesgericht durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. An die Erteilung der anonymisierten Abschrift einer gerichtlichen Entscheidung an einen Dritten seien geringere Anforderungen zu stellen als an die Gewährung der in ihren Wirkungen weitergehenden Akteneinsicht. Die Gerichte dürften und müssten veröffentlichungswürdige Entscheidungen unter Berücksichtigung schutzwürdiger Interessen der Prozessparteien in anonymisierter Form der Öffentlichkeit ohne weiteres zur Verfügung stellen. Stehe die Überlassung unveröffentlichter Entscheidungen an einzelne interessierte Personen in Frage, lege eine derartige Einzelanfrage zugleich die Prüfung nahe, ob nicht ohnehin eine Veröffentlichung geboten sei. Einem Gesuch von Rechtsanwälten, die in einer ähnlichen Sache mandatiert seien, sei regelmäßig zu entsprechen, soweit nicht ausnahmsweise schutzwürdige Interessen entgegenstünden. Derartige Interessen der Parteien des Ausgangsverfahrens habe der Präsident des Landgerichts ermessensfehlerfrei verneint. Ohne Belang sei, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Entscheidung um einen Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO handele. Dass der Beschluss nicht in öffentlicher Sitzung verkündet werde, ändere daran nichts.
- 7
- Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren auf vollständige Zurückweisung des Antrags der weiteren Beteiligten weiter.
- 8
- II. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, insbesondere aufgrund der - für das Rechtsbeschwerdegericht nach § 29 Abs. 2 Satz 2 EGGVG bindenden - Zulassung gemäß § 29 Abs. 1 EGGVG statthaft, jedoch unbegründet.
- 9
- Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu Recht zurückgewiesen. Der Bescheid des Präsidenten des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2. Juni 2015 verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
- 10
- 1. In Zivilsachen kann der Gerichtsvorstand am Verfahren nicht beteiligten Dritten regelmäßig anonymisierte Abschriften von Urteilen und Beschlüssen erteilen, ohne dass dies den Anforderungen an die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 299 Abs. 2 ZPO unterliegt.
- 11
- a) Die Frage, welche rechtlichen Anforderungen für die Überlassung anonymisierter Entscheidungsabschriften an Dritte gelten, wird unterschiedlich beurteilt.
- 12
- Eine Ansicht sieht die Erteilung von Abschriften gerichtlicher Entscheidungen an Dritte als Unterfall der Akteneinsicht an (OLG Karlsruhe NStZ 1994, 50; Kissel/Mayer, GVG 8. Aufl. § 12 Rn. 119; jeweils m.w.N.) und hält daher die Bestimmung über die Akteneinsicht in § 299 Abs. 2 ZPO bzw. vergleichbare Regelungen der übrigen Verfahrensordnungen für unmittelbar anwendbar (BPatG GRUR 1992, 55; 1984, 342, 343; OLG München, Beschluss vom 27. Januar 2016 - 2 Ws 79/16, juris Rn. 14; OLGZ 1984, 477, 478; OLG Saarbrücken OLGR 2003, 54; Assmann in Wieczorek/Schütze, ZPO 4. Aufl. § 299 Rn. 38; BeckOK-ZPO/Bacher, § 299 Rn. 53 [Stand: 1. Dezember 2016]; Haertlein, ZZP 114 [2001], 441, 443). Einer anderen Auffassung zufolge ist über den Antrag nur in entsprechender Anwendung von § 299 Abs. 2 ZPO nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden; eine Herausgabe soll dabei jedenfalls dann zulässig und im Regelfall auch geboten sein, wenn der Dritte ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht (Leipold in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 299 Rn. 59; ähnlich Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO 75. Aufl. § 299 Rn. 25 - Ablichtung, Abschrift). Dagegen versteht eine weitere Ansicht den Antrag auf Überlassung einer anonymisierten Entscheidungsabschrift als eine Auskunftsbitte eigener Art, der ohne Anwendung der Vorschriften über die Akteneinsicht und außerhalb eines förmlichen Akteneinsichtsverfahrens entsprochen werden kann (vgl.
- 13
- b) Die letztgenannte Ansicht trifft zu.
- 14
- aa) Die Überlassung anonymisierter Entscheidungsabschriften ist keine Gewährung von Akteneinsicht und mit ihr auch nicht vergleichbar, so dass § 299 Abs. 2 ZPO weder unmittelbar noch entsprechend Anwendung findet. Zwischen der in § 299 Abs. 2 ZPO geregelten Akteneinsicht und der Übermittlung anonymisierter Entscheidungsabschriften besteht ein sachlicher Unterschied. Gerichtsakten enthalten personenbezogene Daten der Parteien und anderer Beteiligter. Die Akteneinsicht ermöglicht es, von diesen Daten anhand des gesamten Sach- und Streitstandes eines Verfahrens unter Einschluss aller Unterlagen umfassende Kenntnis zu erlangen. Die Gewährung von Akteneinsicht stellt daher einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung derjenigen dar, deren personenbezogene Daten auf diese Weise zugänglich gemacht werden (BVerfG NJW 2007, 1052). Daraus folgt eine Pflicht der Akteneinsicht gewährenden Stelle, die schutzwürdigen Interessen dieser Personen gegen das Informationsinteresse abzuwägen und den Zugang zu den Daten gegebenenfalls angemessen zu beschränken (BVerfG aaO). § 299 Abs. 2 ZPO erlaubt deswegen die Gestattung der Akteneinsicht ohne Einwilligung der Parteien nur, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.
- 15
- Dagegen ist eine anonymisierte Entscheidungsabschrift kein Aktenbestandteil , sondern nur ein Auszug, bei dem essentielle Teile der Entscheidung, nämlich die Namen der Beteiligten und ggf. weitere individualisierende Merkmale fehlen (vgl. BPatG GRUR 1992, 53; zustimmend Schmieder, MittPat. 1991, 207, 210). Dritte erhalten auf diesem Wege keinen umfassenden Einblick in die geschützten privaten oder geschäftlichen Unterlagen der Parteien. Der Inhalt der gerichtlichen Entscheidungen ist dagegen - wie das Verfahren generell (§§ 169, 173 GVG) - öffentlich. Gerichtsentscheidungen unterliegen nicht der Geheimhaltung, soweit nicht ausnahmsweise unabweisbare höhere Interessen die Unterrichtung der Allgemeinheit oder einer einzelnen Person verbieten. Ein Verfahrensbeteiligter kann daher grundsätzlich nicht ausschließen, dass die ihn betreffende Entscheidung auch veröffentlicht wird (vgl. BPatG, GRUR 1992, 53, 54), auch wenn die Prozessparteien der Öffentlichkeit oder einzelnen Dritten trotz Anonymisierung bekannt sein mögen.
- 16
- bb) Die Weitergabe anonymisierter Entscheidungsabschriften an Dritte ist daher kein Fall der Akteneinsicht, sondern Teil der öffentlichen Aufgabe der Gerichte, Entscheidungen zu veröffentlichen (vgl. BPatG GRUR 1992, 54; Lames, Rechtsfortbildung als Prozesszweck, 1993, S. 45). Aus dem Rechtsstaatsgebot einschließlich der Justizgewährungspflicht , dem Demokratiegebot und dem Grundsatz der Gewaltenteilung folgt grundsätzlich eine Rechtspflicht der Gerichtsverwaltung zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen (BVerfG NJW 2015, 3708 Rn. 16, 20; BVerwGE 104, 105, 108 f.; ausführlich Walker, Die Publikation von Gerichtsentscheidungen, 1998 S. 132 ff.). Der Bürger muss zumal in einer zunehmend komplexen Rechtsordnung zuverlässig in Erfahrung bringen können, welche Rechte er hat und welche Pflichten ihm obliegen; die Möglichkeiten und Aussichten eines Individualrechtsschutzes müssen für ihn annähernd vorhersehbar sein. Ohne ausreichende Publizität der Rechtsprechung ist dies nicht möglich (BVerwGE 104, 105, 109). Zur Begründung der Pflicht der Gerichte, der Öffentlichkeit ihre Entscheidungen zugänglich zu machen und zur Kennt- nis zu geben, bedarf es bei dieser Verfassungslage keiner speziellen gesetzlichen Regelung (BVerwG aaO). Diese Publikationspflicht hat ihre Grundlage daneben auch in dem leitenden Grundsatz des Prozessrechts der Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen und Urteilsverkündungen (§§ 169, 173 GVG), geht aber über diesen hinaus (BVerwG aaO 110). Die Befugnis zur Weitergabe von Urteilen und Beschlüssen beschränkt sich daher nicht auf Entscheidungen, die nach Ansicht des betreffenden Gerichts veröffentlichungswürdig sind, zumal entsprechende Anfragen aus der Öffentlichkeit regelmäßig ein öffentliches Interesse belegen (vgl. BVerwG aaO 111).
- 17
- cc) Zu Unrecht wendet die Beschwerde daher ein, die Veröffentlichung - und daher auch die Weitergabe an Dritte - eines nicht prozessbeendenden , nicht der Rechtskraft fähigen und nicht öffentlich verkündeten Hinweisbeschlusses nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO komme nicht in Betracht, weil ihm von vornherein keine präjudizielle Wirkung für andere Verfahren beizumessen sei. Vielmehr kann auch ein Hinweisbeschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO Orientierungshilfe und Maßstab für den Rechtsuchenden in einem Parallelfall sein. Zudem dient die Möglichkeit, eine Berufung abweichend vom Grundsatz der mündlichen Verhandlung im Beschlusswege nach Hinweiserteilung zurückzuweisen, der Verfahrensbeschleunigung und der sinnvollen Einteilung richterlicher Arbeitskraft (vgl. BT-Drucks. 14/3750 S. 68), nicht aber der Geheimhaltung oder dem Persönlichkeitsschutz der Parteien. Die Frage, ob eine Entscheidung der Rechtskraft fähig ist, ist dabei für ihre Veröffentlichungswürdigkeit von untergeordneter Bedeutung. Es ist - wie die Beschwerde einräumt - auch anerkannt, dass die Veröffentlichungspflicht nicht auf rechtskräftige Entscheidungen beschränkt ist (BVerfG NJW 2015, 3708 Rn. 20; OLG München OLGZ 1984, 477, 483; Putzke/Zenthöfer, NJW 2015, 1777, 1778; Albrecht, CR 1998, 373, 375).
- 18
- dd) Soweit ausnahmsweise überwiegende Rechte der Parteien durch die Weitergabe einer Abschrift trotz Anonymisierung verletzt sein können, kann dem im Einzelfall durch die Schwärzung von Urteilspassagen , die über die übliche Anonymisierung hinausgeht, oder im äußersten Fall durch einen Ausschluss der Weitergabe von Abschriften - und dann auch der sonstigen Veröffentlichung - Rechnung getragen werden. Es ist daher auch nicht ausgeschlossen, dass die Mitteilung einer anonymisierten Entscheidungsabschrift in Ausnahmefällen verweigert werden kann. Dabei können begründete Bedenken gegen die Weitergabe von Abschriften aber noch nicht allein daraus abgeleitet werden, dass trotz Schwärzung von Namen und Bezeichnungen der mit dem Fall Vertraute feststellen kann, um welche Parteien und welchen Sachverhalt - hier: um welchen Fall der Anlageberatung - es sich handelt. Dies lässt sich wegen der grundsätzlichen Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens nicht ausschließen. Erforderlich wären vielmehr unabweisbare höhere Interessen, die eine Abweichung vom Grundsatz der Öffentlichkeit gebieten. Es obliegt den betroffenen Parteien, solche Interessen im Ausgangsverfahren vorsorglich im Hinblick auf eine künftige Veröffentlichung der Entscheidung oder die Erteilung von anonymisierten Abschriften an Dritte geltend zu machen und um Rechtsschutz im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG nachzusuchen.
- 19
- 2. War der Präsident des Landgerichts Frankfurt am Main hiernach grundsätzlich berechtigt, dem hilfsweise gestellten Antrag der weiteren Beteiligten stattzugeben, ohne dass dies weitergehenden rechtlichen Anforderungen unterlag, wäre die Mitteilung einer anonymisierten Entscheidung nur ausnahmsweise unzulässig gewesen, wenn die Antragstellerin trotz Anonymisierung in überwiegenden rechtlich geschützten Interessen erheblich verletzt worden wäre. Eine solche Rechtsverletzung ist in diesem Fall nicht ersichtlich und wird auch von der Beschwerde nicht geltend gemacht. Das Oberlandesgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die dort vorgetragenen allgemeinen Einwände zur Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, des Bankgeheimnisses und von Geschäftsgeheimnissen keine konkrete Beeinträchtigung der Antragstellerin in schützenswerten Rechtspositionen erkennen lassen.
Dr. Brockmöller Dr. Bußmann
Vorinstanz:
OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 11.02.2016- 20 VA 14/15 -
(1) Für eine Privatperson und für sonstige Stellen kann unbeschadet des § 57 des Bundesdatenschutzgesetzes ein Rechtsanwalt Auskünfte aus Akten erhalten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. Auskünfte sind zu versagen, wenn der hiervon Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung hat.
(2) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 kann Akteneinsicht gewährt werden, wenn die Erteilung von Auskünften einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern oder nach Darlegung dessen, der Akteneinsicht begehrt, zur Wahrnehmung des berechtigten Interesses nicht ausreichen würde.
(3) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 können amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigt werden.
(4) Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 können auch Privatpersonen und sonstigen Stellen Auskünfte aus den Akten erteilt werden.
(1) Die Parteien können die Prozessakten einsehen und sich aus ihnen durch die Geschäftsstelle Ausfertigungen, Auszüge und Abschriften erteilen lassen.
(2) Dritten Personen kann der Vorstand des Gerichts ohne Einwilligung der Parteien die Einsicht der Akten nur gestatten, wenn ein rechtliches Interesse glaubhaft gemacht wird.
(3) Werden die Prozessakten elektronisch geführt, gewährt die Geschäftsstelle Akteneinsicht durch Bereitstellung des Inhalts der Akten zum Abruf oder durch Übermittlung des Inhalts der Akten auf einem sicheren Übermittlungsweg. Auf besonderen Antrag wird Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Akten in Diensträumen gewährt. Ein Aktenausdruck oder ein Datenträger mit dem Inhalt der Akte wird auf besonders zu begründenden Antrag nur übermittelt, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse darlegt. Stehen der Akteneinsicht in der nach Satz 1 vorgesehenen Form wichtige Gründe entgegen, kann die Akteneinsicht in der nach den Sätzen 2 und 3 vorgesehenen Form auch ohne Antrag gewährt werden. Eine Entscheidung über einen Antrag nach Satz 3 ist nicht anfechtbar.
(4) Die Entwürfe zu Urteilen, Beschlüssen und Verfügungen, die zu ihrer Vorbereitung gelieferten Arbeiten sowie die Dokumente, die Abstimmungen betreffen, werden weder vorgelegt noch abschriftlich mitgeteilt.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Tenor
I.
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller Auskunft über die Namen der Veranstalter der „Pegida“- bzw. „Wügida“-Demonstrationen in der W. Innenstadt am 1. Dezember 2014, 8. Dezember 2014, 15. Dezember 2014, 22. Dezember 2014, 5. Januar 2015 und 12. Januar 2015 zu erteilen.
II.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1. Der Antragsteller ist Redakteur der in W. erscheinenden Tageszeitung „M.“. Er macht gegenüber der Antragsgegnerin einen presserechtlichen Auskunftsanspruch geltend.
Am 1. Dezember 2014, 8. Dezember 2014, 15. Dezember 2014, 22. Dezember 2014, 5. Januar 2015 und 12. Januar 2015 fanden in der W.er Innenstadt sog. „Pegida“- bzw. „Wügida“-Demonstrationen statt. Die Namen der Veranstalter sind in der Öffentlichkeit unbekannt.
Mit E-Mail vom 9. Januar 2015 forderte der Antragsteller den Oberbürgermeister der Antragsgegnerin unter Fristsetzung bis zum 13. Januar 2015 auf, die Namen der Anmelder der Demonstrationen bekannt zu geben. Mit E-Mail vom 13. Januar 2015 antwortete die Antragsgegnerin, dass aus Gründen des Datenschutzes die begehrte Auskunft nicht erteilt werden könne. Mit Schreiben vom 15. Januar 2015 forderte die Chefredaktion der „M.“ die Antragsgegnerin unter Fristsetzung erneut auf, die Frage des Antragstellers zu beantworten. Die Antragsgegnerin lehnte diese Aufforderung mit E-Mail vom 19. Januar 2015 erneut ab. Der Auskunftserteilung stünden datenschutzrechtliche Bedenken sowie eine potentielle Gefährdung der Veranstalter der Demonstrationen entgegen. Der Antragsteller ließ die Antragsgegnerin erneut mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 20. Januar 2015 auffordern, die Auskunft zu erteilen. Die Antragsgegnerin wiederholte daraufhin mit Schreiben vom 26. Januar 2015 ihre Rechtsauffassung.
2. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29. Januar 2015, bei Gericht am selben Tag per Telefax eingegangen, ließ der Antragsteller einen Antrag nach § 123 VwGO stellen und begehrt Auskunft über die Identität der Anmelder der „Pegida“- bzw. „Wügida“-Demonstrationen in W. Begründet wird der Antrag im Wesentlichen damit, dass der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Erteilung der Auskunft gemäß Art. 4 Abs. 1 S. 1 Bayerisches Pressegesetz (BayPrG) habe. Insbesondere könne die Antragsgegnerin den Auskunftsgegenstand nicht im Hinblick auf die Zulässigkeit späterer Veröffentlichungen durch den Antragsteller eigenmächtig einschränken. Dass der Antragsteller die Auskunft begehre, bedeute nicht, dass er die daraufhin erlangten Informationen ungeprüft veröffentliche. Es sei zu trennen zwischen der Zulässigkeit der Auskunftsverweigerung und der Zulässigkeit der Veröffentlichung. Die Presse habe ohnehin vor jeder Veröffentlichung in eigener Verantwortung und im Hinblick auf die besondere Verantwortung gemäß Art. 3 BayPrG zu prüfen, ob die von ihr ermittelten Informationen veröffentlicht würden oder nicht. Die Entscheidung hierüber liege jedoch ausschließlich beim Antragsteller.
Die Antragsgegnerin habe kein Recht, die begehrte Auskunft zu verweigern. Es bestehe keine Verschwiegenheitspflicht aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften. Das seitens der Antragsgegnerin behauptete, nicht weiter konkretisierte schutzwürdige Interesse der Anmelder am Ausschluss der Übermittlung ihrer Namen erreiche nicht das nach Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG erforderliche Schutzniveau. Durch die Auskunftserteilung werde kein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse verletzt. Das nicht näher dargelegte Geheimhaltungsinteresse der Anmelder sowie deren abstrakte Gefährdung würden das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit nicht überwiegen. Bei einer Abwägung im Wege der praktischen Konkordanz wiege das Informationsinteresse des Antragstellers schwerer. Die Anmelder hätten das öffentliche Informationsinteresse an ihren Namen durch ihre Anmeldung erst veranlasst und seien allenfalls in ihrer Sozialsphäre betroffen.
Zur Begründung eines Anordnungsgrundes lässt der Antragsteller im Wesentlichen vortragen, dass die begehrte Auskunft für eine zeitnahe, sachlich fundierte und kritische journalistische Darstellung und Kommentierung der lokalen „Pegida“-Bewegung unerlässlich sei. Die Öffentlichkeit habe ein aktuelles Interesse, zu erfahren, wer hinter der lokalen „Pegida“-Bewegung stehe. Vor allem, weil die Presse zur Erfüllung ihres Verfassungsauftrags auf den Erhalt aktueller Informationen angewiesen sei und ein Zuwarten bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens eine Berichterstattung überflüssig machen würde, liege in der Regel bei der Durchsetzung eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs trotz Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung ein Anordnungsgrund vor. Der Antragstellerbevollmächtigte verweist insoweit auch auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. September 2014 - 1 BvR 23/14. Die begehrte Auskunft ermögliche erst eine sachgerechte Berichterstattung auf objektiver Grundlage. Aufgrund der Aktualität der Berichterstattung sei ein Abwarten eines Hauptsacheverfahrens nicht möglich. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Antragsschrift vom 29. Januar 2015 Bezug genommen.
Der Antragsteller lässt sinngemäß beantragen,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen, wer die „Pegida“-Demonstrationen in der W. Innenstadt am 1. Dezember 2014, 8. Dezember 2014, 15. Dezember 2014, 22. Dezember 2014, 5. Januar 2015 und 12. Januar 2015 angemeldet hat.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin im Wesentlichen vor, dass durch den Antrag die Hauptsache in unzulässiger Weise vorweggenommen werde. Es sei nicht erkennbar oder konkret vorgetragen, warum die Namen der Anmelder für die öffentliche Diskussion benötigt würden bzw. warum die Berichterstattung ansonsten in nicht hinzunehmender Weise erschwert werde. Sobald die Namen bekannt seien, müssten sich die betroffenen Personen mit den daraus folgenden Konsequenzen auseinander setzen.
Darüber hinaus seien weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch gegeben. Verschwiegenheitspflichten i. S. d. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG würden sich aus Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) sowie aufgrund der Berührung Grundrechte Dritter ergeben. Die Anmelder der Demonstrationen seien durch die begehrte Auskunft in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. In einer Abwägung sei das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Anmelder höher zu gewichten als das aufgrund der Pressefreiheit gewährleistete Informationsrecht des Antragstellers. Die Anmelder wollten ihre Namen selbst nicht nennen, hätten einer Weitergabe durch die Antragsgegnerin ausdrücklich nicht zugestimmt und befürchteten im Falle der Weitergabe ihrer Daten Übergriffe aus der linksradikalen Szene. Nach Einschätzung der Antragsgegnerin bestehe eine ernstzunehmende Gefahr für Leib und Leben der Anmelder. Dies werde durch die Ereignisse in Dresden deutlich, wo sich konkrete Drohungen speziell gegen die Organisatoren richteten, mit der Folge, dass eine Demonstration deswegen habe abgesagt werden müssen. Die Erhebung der Daten bei der Anmeldung der Demonstrationen diene allein sicherheitsrechtlichen Zwecken. Die Wahrnehmung des Versammlungsrechts setze nicht die Preisgabe persönlicher Daten voraus. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Antragserwiderung vom 4. Februar 2015 Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig und begründet. Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind vorliegend gegeben. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsanspruch (1.1.) als auch einen Anordnungsgrund (1.2.) auf Erteilung der begehrten Auskunft glaubhaft gemacht. Die durch die (vorläufige) Erteilung der begehrten Auskunft bedingte Vorwegnahme der Hauptsache ist im vorliegenden Einzelfall ausnahmsweise zulässig (1.3.).
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei muss der Antragsteller eine Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechtes oder rechtlich geschützten Interesses (Anordnungsanspruch) geltend und die zur Begründung erforderlichen Tatsachen glaubhaft machen, § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
1.1. Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch i.d.S. glaubhaft gemacht. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit hat er einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskunft gemäß Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG. Der Antragsteller ist als Redakteur der „M.“ aktivlegitimiert, bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Behörde i. S. d. Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayPrG. Auch im Übrigen sind die Voraussetzungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs nach Art. 4 BayPrG erfüllt.
Der Auskunftserteilung steht nicht die Vorschrift des Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayPrG entgegen. Danach darf die Auskunft nur verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht. Über die genannten Verschwiegenheitspflichten hinaus ist ein Auskunftsverweigerungsrecht im Bayerischen Pressegesetz nicht vorgesehen. Verschwiegenheitspflichten können dabei aber nicht nur aus (generellen) „Geheimhaltungsvorschriften“ folgen. Grenzen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs können sich auch daraus ergeben, dass die Beantwortung einer Anfrage Grundrechte Dritter, etwa das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als besondere Ausprägung des all-gemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG), berührt (BayVGH, B.v. 14.5.2012 - 7 CE 12.370 - juris Rn. 13;
Vorliegend steht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Anmelder der Demonstrationen der Auskunftserteilung an den Antragsteller nicht entgegen, weil dessen Auskunftsinteresse das Geheimhaltungsinteresse der Anmelder überwiegt.
Das Auskunftsinteresse des Antragstellers hat im vorliegenden Fall hohes Gewicht. Das Auskunftsbegehren unterfällt dem Schutzbereich der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Schutz der Pressefreiheit reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Der publizistischen Vorbereitungstätigkeit ist besonderes Gewicht beizulegen. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen (BVerwG, U.v. 1.10.2014 - 6 C 35/13 - juris Rn. 22 ff.). Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist (st. Rspr.; vgl. BVerfG, U.v. 5.8.1966 - 1 BvR 586/62 u. a. - BVerfGE 20, 162, 174; B.v. 6.11.1979 - 1 BvR 81/76
Dem gegenüber stehen das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG und die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG der Anmelder der Demonstrationen, welche jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung zusichern. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt ein besonders hoher Rang zu, insbesondere seinem Menschenwürdekern. Zu den anerkannten Inhalten gehören das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person, die soziale Anerkennung sowie die persönliche Ehre. Eine wesentliche Gewährleistung ist der Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Person insbesondere vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, B.v. 13.6.2007 - 1 BvR 1783/05 - BVerfGE 119, 1, 24 m. w. N.). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet auch das Recht, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BVerfG, U.v. 5.6.1973 - 1 BvR 536/72 - BVerfGE 35, 202, 220). Als besondere Ausformung umfasst ist als Recht auf informationelle Selbstbestimmung die Befugnis jedes Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen (vgl. nur BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 u. a. - BVerfGE 65, 1, 41 ff.; B.v. 9.3.1988 - 1 BvL 49/86
Bei der hier vorzunehmenden Abwägung zwischen dem durch das Grundrecht der Pressefreiheit geschützten Informationsinteresse des Antragstellers und dem Persönlichkeitsrecht bzw. Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Anmelder der „Pegida“- bzw. „Wügida“-Demonstrationen im Wege praktischer Konkordanz ist zunächst zu berücksichtigen, dass Versammlungen im öffentlichen Raum von vorne herein auf Publizität ausgelegt sind und die Öffentlichkeit in aller Regel ein legitimes Interesse daran hat, zu erfahren, wer hinter einer angezeigten Versammlung steht. Dies wird auch in der datenschutzrechtlichen Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 14. Januar 2015 zugestanden. Die Anmelder der Demonstrationen sind hierbei lediglich in ihrer Sozialsphäre betroffen, welcher nur eine geringere Schutzintensität zukommt. Eine Gefährdung der Betroffenen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) durch die Preisgabe ihrer Identität ist vorliegend nicht ersichtlich. Anders als im Falle der „Pegida“-Organisatoren in Dresden gibt es in W. keine konkreten Anhaltspunkte für beabsichtigte Übergriffe auf die Veranstalter der Demonstrationen. Eine bloß abstrakte Gefahr und die Aussage, schlechte Erfahrungen mit der Presse gemacht zu haben sowie Übergriffe aus der linken Szene zu befürchten, ist nicht geeignet, das Informationsinteresse des Antragstellers einzuschränken. Überdies stehen zumindest die verantwortlichen Personen, die u. a. auch als Redner bei den „Wügida“-Demonstrationen auftreten, bereits im Licht der Öffentlichkeit, so dass die Bekanntgabe ihrer Namen darüber hinaus nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung führt. Dem gegenüber besteht aktuell ein überragendes öffentliches Interesse an der Berichterstattung über die sogenannten „Pegida“-Demonstrationen. Dieses relativ neue Phänomen beherrschte in den vergangenen Wochen und Monaten die bundesweite und regionale Berichterstattung in allen Medien sowie die öffentliche Diskussion. Zur journalistischen Auseinandersetzung und fundierten Darstellung der Hintergründe und Motive der Bewegung zählt es auch, sich mit den verantwortlichen Persönlichkeiten, die hinter „Pegida“ bzw. „Wügida“ stehen, auseinanderzusetzen. Gemäß Art. 3 Abs. 2 BayPrG hat die Presse und damit der Antragsteller die Pflicht zu wahrheitsgemäßer Berichterstattung. Die Auskunftserteilung ermöglicht insoweit erst eine sachgerechte Berichterstattung auf objektiver Grundlage.
Die Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der oben genannten Aspekte führt damit eindeutig zu einem Überwiegen des Informationsinteresses der Öffentlichkeit bzw. des Informationsanspruchs des Antragstellers gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Anmelder der Demonstrationen.
1.2. Ein Anordnungsgrund für die Erteilung der begehrten Auskunft ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Für die Beurteilung des Bestehens eines Anordnungsgrundes ist maßgeblich, ob ein Zuwarten bis zur Klärung des Informationsrechts in einem Hauptsacheverfahren zumutbar erscheint oder durch den Verlust an Aktualitätsbezug ein effektiver Rechtsschutz nicht mehr möglich ist. Dabei muss in presserechtlichen Eilverfahren berücksichtigt werden, dass es zu der öffentlichen Aufgabe der Presse gehört, Nachrichten zu beschaffen und zu verbreiten, und dass Informationen einen Nachrichtenwert nur so lange haben, als sie einen aktuellen Gegenwartsbezug aufweisen. Es muss gewährleistet sein, dass die Presse in die Lage versetzt wird, ihrer für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung unerlässlichen Aufgabe nachzukommen (BayVGH, B.v. 13.08.2004 - 7 CE 04.1601 - juris, Rn. 27; VG Augsburg, B.v. 29.1.2014 - Au 7 E 13.2018 - juris Rn. 86).
Vorliegend ist ein Abwarten einer Entscheidung über das Informationsrecht des Antragstellers in einem Hauptsacheverfahren diesem nicht zumutbar. Denn aktuell besteht ein großes öffentliches Interesse an der Berichterstattung über „Pegida“ und deren lokale Ableger, welchem ein Zuwarten der Entscheidung in der Hauptsache nicht gerecht würde.
1.3. Schließlich ist vorliegend hinzunehmen, dass durch die (vorläufige) Erteilung der begehrten Auskunft tatsächlich eine Vorwegnahme der Hauptsache erfolgt, die grundsätzlich dem Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens widerspricht. Ein Abwarten auf den Ausgang eines noch anhängig zu machenden Hauptsacheverfahrens würde jedoch den geltend gemachten Auskunftsanspruch auch mit Blick auf die aktuelle Berichterstattung über die vom Antragsteller angesprochenen Themen voraussichtlich faktisch leerlaufen lassen (vgl. OVG MV, B.v. 12.2.2013 - 2 M 66/12 - juris Rn. 9).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist insoweit zu berücksichtigen, dass Art. 19 Abs. 4 GG einen effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt garantiert. Wirksam ist nur ein Rechtsschutz, der innerhalb angemessener Zeit gewährt wird. Namentlich der vorläufige Rechtsschutz im Eilverfahren hat so weit wie möglich der Schaffung vollendeter Tatsachen zuvorzukommen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können, wenn sich eine Maßnahme bei endgültiger richterlicher Prüfung als rechtswidrig erweist. Die Gerichte sind gehalten, bei der Auslegung und Anwendung der Vorschriften über einstweiligen Rechtsschutz der besonderen Bedeutung der jeweils betroffenen Grundrechte und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen. Je schwerer die aus der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtspositionen zurückgestellt werden. Diese Anforderungen an die Auslegung und Anwendung der jeweiligen gesetzlichen Bestimmung über den Eilrechtsschutz wirken auch auf den verwaltungsprozessualen Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache zurück und begrenzen diesen im Einzelfall. Entscheidend ist, dass die Prüfung im Verfahren des Eilrechtsschutzes eingehend genug ist, um den Antragsteller vor erheblichen und unzumutbaren, anders weder abwendbaren noch reparablen Nachteilen effektiv zu schützen (BVerfG, B.v. 8.9.2014 - 1 BvR 23/14 - juris Rn. 23 m. w. N.).
Bei einer Eilentscheidung über einen presserechtlichen Auskunftsanspruch ist die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen (BVerfG, B.v. 8.9.2014 - 1 BvR 23/14 - juris Rn. 26 m. w. N.). Aufgrund der verfassungsrechtlichen Wertungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine gewisse Aktualitätseinbuße von der Presse regelmäßig hinzunehmen sei und eine Ausnahme "allenfalls" dann vorliege, wenn Vorgänge in Rede stünden, die unabweisbar einer sofortigen, keinen Aufschub duldenden journalistischen Aufklärung bedürften, etwa wenn manifeste Hinweise auf aktuelle schwere Rechtsbrüche staatlicher Stellen vorlägen oder ein unmittelbares staatliches Handeln zur Abwehr von Gemeinwohlgefahren dringend gefordert sein könnte. Diese Auslegung führt den schweren Nachteil zu eng und legt damit einen Maßstab an, der die Aufgabe der Presse in einem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat nicht hinreichend berücksichtigt (BVerfG, B.v. 8.9.2014 - 1 BvR 23/14 - juris Rn. 28). Die Aufgabe der Presse ist vornehmlich die Information der Bevölkerung als Grundlage der öffentlichen Meinungsbildung. In den Grenzen des Rechts entscheidet sie selbst, ob und wie sie über ein bestimmtes Thema berichtet. Das "Ob" und "Wie" der Berichterstattung ist Teil des Selbstbestimmungsrechts der Presse, das auch die Art und Weise ihrer hierauf gerichteten Informationsbeschaffungen grundrechtlich schützt. Unter das Selbstbestimmungsrecht in zeitlicher Hinsicht fällt auch die Freiheit der Presse, zu entscheiden, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll. Zwar genügt es, wenn Eilrechtsschutz nur gewährt wird, wo ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen. Dies kann jedoch nicht deshalb verneint werden, weil die Berichterstattung nicht auf unaufschiebbare Berichte wie die Aufdeckung von schweren Rechtsbrüchen staatlicher Entscheidungen zielt und sie im Übrigen auch später möglich bleibt; denn dies ist angesichts der Fähigkeit der Presse, selbst Themen zu setzen, immer denkbar. Vielmehr kann die Presse ihre Kontroll- und Vermittlungsfunktion nur wahrnehmen, wenn an den Eilrechtsschutz in Auskunftsverfahren auch hinsichtlich der Aktualität einer Berichterstattung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (BVerfG, B.v. 8.9.2014 - 1 BvR 23/14 - juris Rn. 29 f.).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist vorliegend die Vorwegnahme der Hauptsache hinzunehmen. Der vom Antragsteller geltend gemachte Auskunftsanspruch steht ihm mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu. Aufgrund der vorliegend durchgeführten Prüfung kann mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass den Veranstaltern der „Pegida“-bzw. „Wügida“-Demonstrationen unzumutbare und irreparable Nachteile durch die Erteilung der begehrten Auskunft entstehen. Schließlich besteht in Bezug auf die begehrte Auskunft und die darauf aufbauende beabsichtigte Berichterstattung des Antragstellers ein besonderer Aktualitätsbezug. Gerade derzeit herrscht bundesweit und regional ein gesteigertes öffentliches Interesse an einer fundierten und kritischen Berichterstattung über das relativ neue Phänomen der „Pegida“-Bewegung und ihre lokalen Ableger. Diesem aktuellen Interesse ist hier im Rahmen des Eilrechtsschutzes - ausnahmsweise - unter Hinnahme der Vorwegnahme der Hauptsache Rechnung zu tragen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 52 Abs. 1, Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Die Kammer hat dabei den Auffangstreitwert zugrunde gelegt und im Hinblick auf die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache keine Halbierung des Betrags vorgenommen.
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.
Tenor
1. Der Beschwerde des Beschwerdeführers ... gegen den Beschluss des Amtsgerichts München
Vorsitzender Richter am Landgericht H., Richter am Landgericht K., am ... Schöffin S. M. Schöffin C. L., Staatsanwalt als Gruppenleiter E., Rechtsanwalt F., Rechtsanwalt G., Rechtsanwalt G.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beschwerdeführer. Die Gebühren für das Beschwerdeverfahren werden auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist Journalist. Er beantragte per Email am 11.9.2014 bei der Pressestelle des OLG München die Übersendung des Urteils im „Fall H.“ vom 13.3.2014, Az. W5 Kls Js 3284/13. Die Pressestelle verwies ihn an die Staatsanwaltschaft München II, wo er am 12.9.2014, ebenfalls per Email, sowie schriftlich am 15.9.2014 nochmals die Übersendung beantragte. Die Staatsanwaltschaft München II wies den Antrag am 17.9.2014 unter anderem mit der Begründung zurück, dass sich ein etwaiger Anspruch allein aus § 475 StPO ergeben könne, weil der Antrag an die Staatsanwaltschaft gerichtet sei. Ein presserechtlicher Anspruch bestehe nicht gegenüber der Staatsanwaltschaft. Hiergegen legte der Beschwerdeführer am 29.9.2014 Dienstaufsichtsbeschwerde ein.
Mit Email vom 6.11.2014 übermittelte die Staatsanwaltschaft München II dem Beschwerdeführer eine anonymisierte Fassung des Urteils in Sachen U. H. mit dem Zusatz, dass sie davon ausgehe, dass der Beschwerde hiermit abgeholfen sei. Das übermittelte Urteil entspricht der vom OLG München veröffentlichten Fassung, die keine Namen von am Verfahren beteiligten Personen (Richter, Staatsanwalt, Verteidiger) enthält. In dieser Fassung unterbleibt die Veröffentlichung der Feststellungen zum privaten und beruflichen Werdegang mit Blick auf das Steuergeheimnis gemäß § 30 AO.
Mit Email vom 7.11.2014 warf der Beschwerdeführer mehrere Fragen zur Anonymisierung des Urteils auf. Die Begründung des Rubrums mit sämtlichen Namen der Richter, Staatsanwälte und Verteidiger sei nicht begründet. Insbesondere betonte, er weiter, dass, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten sowieso allgemein bekannt seien, wie in dem Urteil erwähnt, auch kein Bedürfnis danach bestehe, sie nicht zu veröffentlichen.
Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz verwiesen.
Die Staatsanwaltschaft legte diesen Antrag als Antrag auf gerichtliche Entscheidung aus. Dem stimmte der Beschwerdeführer zu. Mit Verfügung vom 2.12.2014 leitete die Staatsanwaltschaft München II die Sache dem Amtsgericht - Ermittlungsrichter - zur Entscheidung zu. Das Amtsgericht - Ermittlungsrichter II - wies den Antrag mit Beschluss vom 4.12.2014 zurück mit der Begründung, dass ein berechtigtes Interesse zur weitergehenden Akteneinsicht nicht vorliege. Die Anonymisierung des Urteils entspreche den Vorschriften des § 3 Abs. 6 BDatenschutzG. Die nicht übermittelten Daten unterfielen § 30 AO.
Hiergegen legte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17.12.2014 Beschwerde ein. Der angegriffene Beschluss verkenne die Reichweite des § 30 AO. „§ 475 Abs. 4 Nr. 5 StPO“ (gemeint ist wohl § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO) lasse die Durchbrechung des Steuergeheimnisses ausdrücklich zu, wenn ein zwingendes öffentliches Interesse bestehe. An dem Verfahren gegen U. H. bestehe großes öffentliches Interesse. Geheimhaltungswürdige Tatsache nach §§ 171 b, 172 GVG lägen nicht vor. Es gebe eine einhellige Rechtsprechung, dass die Presse Urteilsabschriften voraussetzungslos verlangen dürfe. Eine Anonymisierung der teilnehmenden Richter und anderer Verfahrensbeteiligter sei nicht zulässig. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Beschwerde verwiesen.
Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 14.1.2015, Az ER II Gs 6484/14 nicht ab.
II.
Die Beschwerde ist zulässig (§§ 304 ff. StPO), aber sachlich nur zum Teil begründet.
1. Die Beschwerde ist zulässig, weil sie sich gegen eine Entscheidung des Gerichts nach § 478 Abs. 3, 162 Abs. 1, 3 S. 3 StPO richtet. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist gegeben, soweit es um den Anspruch nach § 475 StPO geht. § 23 EGGVG ist wegen des in § 478 StPO ausdrücklich geregelten Verfahrens nicht anzuwenden (so z. B. OLG Hamm wistra 2002, 118).
2. Dabei ist der presserechtliche Anspruch hier nicht über §§ 17 Abs. 2 S. 1, 17a Abs. 5 GVG mit zu prüfen. Zwar liegt eine erstinstanzliche Entscheidung über den Auskunftsanspruch vor, § 17 Abs. 5 GVG, doch hat das Amtsgericht ausdrücklich keine Entscheidung über den presserechtlichen Anspruch getroffen und es Hegt noch keine Entscheidung des zuständigen Behördenleiters vor. Im Einzelnen: Für den vom Beschwerdeführer hauptsächlich geltend gemachten presserechtlichen Auskunftsanspruch wäre der Verwaltungsrechtsweg gegeben (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, DVBl 2014, 101: VGH München BeckRs 2014, 49928, BVerwG NStZ 1988; 513). Der Beschwerdeführer harte zunächst bei der Pressestelle des OLG München unter Hinweis auf seine Eigenschaft als Journalist eine Übersendung des Urteils im Verfahren H. beantragt. Von dort war er an die Staatsanwaltschaft München II verwiesen worden, gegenüber der er mit Email vom 12.9.2014 darauf hinwies, dass es ihm um den presserechtlichen Auskunftsanspruch gehe. Die Pressestelle des OLG München fungiert auch als Pressestelle für die Staatsanwaltschaft und das LG München II und ist gemäß 2.3. der PresseRL vom 26.5.2014 unmittelbar der Behördenleitung unterstellt. Der Beschwerdeführer hatte sich damit ursprünglich an die auch für den presserechtlichen Auskunftsanspruch zuständige Stelle gewandt.
Es liegt jedoch keine hinsichtlich des presserechtlichen Auskunftsanspruchs rechtsmittelfähige Entscheidung der zuständigen Behördenleitung vor. Wenn aber ein verwaltungsrechtliches Handeln des Behördenleiters nicht vorliegt, dann kann auch das Beschwerdegericht nicht über § 17 Abs. 2 S. 1 GVG eine Entscheidung hierüber fällen. Es würde sich sonst an die Stelle des für den presserechtlichen Anspruch zuständigen Behördenleiters setzen, der noch keine Gelegenheit zur Entscheidung hatte.
3. Soweit das dem Beschwerdeführer übermittelte Urteil keine Angaben zu den verfahrensbeteiligten Richtern, Staatsanwälten und Verteidigern enthält, ist die Beschwerde begründet. Nach der Rechtsprechung des BVerwG müssen die an einem Gerichtsverfahren beruflich oder ehrenamtlich Beteiligten (Berufsrichter, Schöffen Staatsanwälte, Verteidiger; nicht hingegen Urkundsbeamte) mit einer Wahrnehmung von und einer Berichterstattung über Gerichtsverfahren, an denen sie teilnehmen, stets rechnen. Dadurch ist in der Abwägung mit dem Informationsinteresse der Presse, die Namen der Verfahrensbeteiligten zu erfahren, ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht von vornherein in seiner Schutzintensität herabgesetzt. Einer Begründung für die beantragte Namensnennung bedarf es nicht (BVerwG, FA 2014, 332). Zwar hat das BVerwG dies für den presserechtlichen Auskunftsanspruch entschieden, jedoch unter Entscheidungsgründe 5.a. ausgeführt, dass die gleichen Erwägungen auch für § 475 StPO gelten. Die entsprechenden Namen waren daher mitzuteilen.
4. Im Übrigen ist die Beschwerde jedoch unbegründet. Dem Beschwerdeführer wurde eine Urteilsabschrift übermittelt, ohne Feststellungen zum privaten und beruflichen Werdegang des Angeklagten. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf weiter gehende Akteneinsicht. Der Betroffene hat ein schutzwürdiges Interesse an der Versagung weitergehender Auskünfte, § 475 Abs. 1 S. 2 StPO.
a. Der Beschwerdeführer hat ein berechtigtes Interesse an der Auskunft. Sein Auskunftsbegehren unterfällt dem Schutzbereich der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Pressefreiheit umschließt auch das Recht der im Pressewesen tätigen Personen, sich über Vorgänge in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu informieren (BVerfGE 91, 125).
b. Das Auskunftsinteresses des Beschwerdeführers war nicht deshalb gemindert, weil es sich auf eine Gerichtsverhandlung bezog, an der er selbst nicht als Zuschauer teilgenommen hatte. Die Informations- und Kontrollfunktion der Presse greift gleichermaßen bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter beigewohnt hat, wie bei Verhandlungen, denen ein Pressevertreter nicht beigewohnt hat.
c. Dem Auskunftsinteresse des Beschwerdeführers steht aber das schutzwürdige Interesse des Verurteilten an der Versagung der Auskünfte entgegen. Das LG Berlin hat in seiner Entscheidung vom 28.6.2001 (NJW 2002, 838) ausgeführt, dass im Vergleich zu der Erteilung nicht anonymisierter Auskünfte, bei der eine Abwägung mit den Interessen der am Strafverfahren Beteiligten besonderer Sorgfalt bedarf, bei der Erteilung anonymisierter Urteilsabschriften die Schutzwürdigkeit der Beteiligten geringer ist, es sei denn, das Verfahren hat in der Öffentlichkeit eine so große Beachtung gefunden, dass auch im Fall der Anonymisierung die Identität der Beteiligten unschwer erkennbar ist (NJW 2002, 838). Letzteres ist hier der Fall: Bei der Übermittlung der - anonymisierten - Entscheidung war allen Beteiligten klar, dass es sich um das gegen U. H. ergangene Urteil handelt. Trotz der Anonymisierung ist hier die Identität des Angeklagten unschwer zu erkennen, seine Schutzwürdigkeit daher hoch.
Ob die betroffenen privaten Interessen im Sinne des § 475 Abs. 1 S. 2 StPO schutzwürdig sind, ist dabei im Wege einer umfassenden Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den entgegenstehenden privaten Interessen zu ermitteln. Entscheidend ist dabei, wie hoch das öffentliche Informationsinteresse an der begehrten Auskunft zu bewerten und wie stark der Eingriff in private Rechte durch die Offenlegung der begehrten Informationen im Einzelfall zu gewichten ist. Je geringer der Eingriff in das Recht des Privaten, desto geringere Anforderungen sind an. das Informationsinteresse der Allgemeinheit zu stellen; je intensiver und weitergehend die begehrte Auskunft reicht, desto gewichtiger muss das öffentliche Informationsinteresse sein (vgl. VGH Baden-Württemberg DVBl. 2014, 101 m. w. N.). Ob eine Verletzung schutzwürdiger privater Interessen vorliegt, ist daher jeweils anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen, zumal wegen der Eigenart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts dessen Reichweite nicht absolut festliegt, sondern erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.1990, a. a. O.; Urt. v. 19.03.2013, a. a. O., S. 1681; je m. w. N.). Diese Abwägung geht hier zugunsten des Verurteilten aus:
Die Angaben über den persönlichen und beruflichen Werdegang des Angeklagten betreffen dessen Persönlichkeitsrecht in hohem Maße. Die Veröffentlichung der Angaben beispielsweise zu seiner Familie, zu seiner Schul- und Berufsausbildung stellen einen erheblichen Eingriff in das Recht des Privaten dar, und zwar auch dann wenn diese Informationen einem Teil der Öffentlichkeit bereits bekannt sind. Demgegenüber steht das Informationsinteresse der Allgemeinheit. Dieses besteht im Hinblick auf das vorliegende Steuerstrafverfahren insbesondere hinsichtlich der tatbestandsmäßigen Handlungen des Beschuldigten, insoweit wurde Akteneinsicht durch Übermittlung des anonymisierten Urteils gewährt. Hinsichtlich der darüber hinausgehenden Ausführungen im Urteil „zum Privatleben dem privaten und beruflichen Werdegang, seinen weiteren Vermögensverhältnissen ist das Interesse der Öffentlichkeit nicht so hoch anzusetzen wie das Recht des Privaten. Die Staatsanwaltschaft hat daher die weitergehende Auskunftserteilung zu Recht abgelehnt.
Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 473 Abs. 1, 4 StPO. Eine teilweise Auferlegung der Auslagen des Beschwerdeführers auf die Staatskasse aus Billigkeitsgründen war nicht veranlasst.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.