Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 22. Nov. 2016 - AN 9 K 16.00421

bei uns veröffentlicht am22.11.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage von dem Beklagten die Erteilung der Baugenehmigung für die Errichtung einer freistehenden, unbeleuchteten Werbeanlage.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen für Außenwerbung, zu ihrem Gewerbebetrieb gehört die Errichtung von Werbeanlagen und deren Vermietung.

Das Baugrundstück in der ..., FlNr. ... der Gemarkung ... liegt im Bereich der Ortsdurchfahrt der Gemeinde .... Es steht im Eigentum von Herrn ... und Frau ... und weist eine Fläche von 2.884 m² auf. Für das Gebiet besteht kein qualifizierter Bebauungsplan im Sinne des § 30 BauGB, jedoch die Satzung über Werbeanlagen der Gemeinde... (Werbeanlagensatzung - WaS) vom 29. April 2015, welche unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

㤠1 - Gegenstand der Satzung

(1) Diese Satzung regelt die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Änderung und den Betrieb von Werbeanlagen und trifft insoweit besondere Anforderungen.

§ 2 - Räumlicher Geltungsbereich

(1) Die Regelungen des § 3 und § 4 sowie der §§ 10 bis 12 dieser Satzung gelten für alle Grundstücke an den Hauptdurchfahrtsstraßen des Hauptortes und der Ortsteile (s. Anlagen 1 bis 7).

§ 3 - Zulässigkeit von Werbeanlagen

(1) Im Geltungsbereich nach § 2 Abs. 1 sind Werbeanlagen nur an der Stätte ihrer Leistung zulässig.

(2) Werbeanlagen dürfen eine höchstzulässige Größe von 2 m² nicht überschreiten.“

Mit Bauantrag vom 12. Februar 2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung der Baugenehmigung für das Vorhaben „Errichtung einer Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung“. Die Anlage mit einer unbeleuchteten, nach Nordosten blickenden Werbefläche soll auf zwei Standbeinen in einer Höhe von 1,2 m mit den Abmessungen 3,8 m (Breite) mal 2,6 m (Höhe) ausgeführt werden. Geplant war ursprünglich ihre Aufstellung im südöstlichen Eckbereich des Grundstücks FlNr. ... vor einer dort befindlichen kleinen Scheune, in einem Abstand von 1 m zum nordöstlich angrenzenden Nachbargrundstück FlNr. ... und in einem Abstand von ebenfalls 1 m zur von Nordosten nach Südwesten verlaufenden Ortsdurchfahrtsstraße. Am 19. Oktober 2015 gingen beim Landratsamt ... geänderte Pläne ein, die nunmehr zur Straße einen Abstand von 2,0 m und zum Nachbargrundstück einen Abstand von 3,0 m vorsehen.

Mit Gemeinderatsbeschluss vom ... 2015 verweigerte die Gemeinde ... für das Vorhaben ihr Einvernehmen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Errichtung der Werbeanlage würde das Ortsbild im Bereich der jetzt sanierten Ortsdurchfahrt in ... stark beeinträchtigen und den Planungen der Gemeinde zur Verbesserung des Ortsbildes entgegenstehen, besonders hinzuweisen sei auf die Neugestaltung der „...“ an der ... ... entlang der Ortsdurchfahrt. Auch sei mit weiteren Bezugsfällen zu rechnen. Mit Schreiben vom 2. April 2015 nahm sie dem Landratsamt ... gegenüber zu dem Vorhaben Stellung und führte zur Verweigerung des Einvernehmens zusätzlich aus, das Vorhaben liege innerhalb eines faktischen Mischgebiets und füge sich dort nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, außerdem widerspreche es der Werbeanlagensatzung. Die Verweigerung des Einvernehmens hielt die Gemeinde ... auch nach der Umplanung aufrecht. Mit Schreiben vom 26. November 2015 teilte sie mit, die geänderte Planung betreffe lediglich die vorher nicht eingehaltenen Abstandsflächen, am übrigen Sachverhalt habe sich nichts geändert.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 teilte das Landratsamt ... der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, den Bauantrag abzulehnen, und gab ihr Gelegenheit, sich bis spätestens 29. Januar 2016 hierzu zu äußern.

Mit Bescheid vom 7. März 2016, der Beklagten ausweislich Postzustellungsurkunde am 11. März 2016 zugestellt, lehnte das Landratsamt ... den Antrag auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung auf dem Grundstück in der ... ... ..., FlNr. ... der Gemarkung ..., ab. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Vorhaben verstoße an seinem Errichtungsort gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften. Es widerspreche der Werbeanlagensatzung der Gemeinde ..., welche über Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO als örtliche Bauvorschrift Eingang in die Zulässigkeitsprüfung finde. Der Geltungsbereich der Satzung erstrecke sich über alle Grundstücke an den Hauptdurchfahrtsstraßen des Hauptortes, also alle Grundstücke, die von der Hauptdurchfahrtsstraße aus einsehbar seien - auch das betroffene Grundstück. Werbeanlagen seien hier lediglich an der Stätte ihrer Leistung sowie mit einer maximalen Größe von 2 m² zulässig. Beide Anforderungen würden von der geplanten Anlage für Fremdwerbung mit einer Gesamtgröße von 3,8 m mal 2,6 m und einer Werbefläche von 9,88 m² nicht erfüllt. Daneben verunstalte sie nach § 34 Abs. 1 Satz 2 2. Hs. BauGB das Ortsbild, weil sie aufgrund ihrer Größe im Verhältnis zu der kleinstädtischen Umgebungsbebauung unproportioniert wirke und die Maßstäblichkeit der überwiegend vorhandenen Architektur störe. Den Konflikt zwischen der Anforderung, aufzufallen und sich von der Umgebung abzuheben, andererseits jedoch das Gesamtbild nicht zu stören, könne die beantragte Anlage im vorliegenden Fall nicht auflösen, da sie aufdringlich wirke und als wesensfremdes Gebilde zu ihrer Umgebung in keiner Beziehung mehr stehe. Dies sei deshalb der Fall, da der Anbringungsort an einer Straße liege, die trotz des Vorhandenseins gewerblicher Nutzungen auch einen von Wohnnutzung geprägten Eindruck mache, der außer durch Werbeschriften bzw. -tafeln und Hinweisschilder an der Stätte der Leistung nicht durch Werbung geprägt werde. Großflächige Werbeanlagen wirkten hier regelmäßig aufdringlich, ja geradezu erschlagend und damit verunstaltend. Auch seien in der näheren Umgebung des vorgesehenen Standorts keine großflächigen Werbeanlagen vorhanden, die Anlage wäre die erste ihrer Art und füge sich somit auch nach der Art der Nutzung nicht in die Umgebung ein, sondern würde für die weitere städtebauliche Entwicklung eine negative Vorbildwirkung auslösen. Daneben sei ein Verstoß gegen das umgebungsbezogene Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 1 und 2 BayBO gegeben. Die Gemeinde ... habe ihr Einvernehmen zu Recht verweigert, der Bauantrag sei nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. In Verbindung mit Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO abzulehnen.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 15. März 2016, bei Gericht am selben Tag eingegangen, Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach erhoben. Zur Begründung lässt sie vortragen, sie habe einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, der Bescheid sei somit rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Dem Vorhaben könne die vom Beklagten angeführte Satzung weder als Gestaltungs- noch als Schutzsatzung entgegengehalten werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts würden durch derartige Vorschriften Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG bestimmt. Sie seien nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit sie von dem geregelten Sachbereich her geboten und in ihrer Ausgestaltung selbst sachgerecht seien. Im Einzelfall müssten die Belange der Allgemeinheit und die privaten Interessen des Einzelnen in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht werden. An diesem verfassungsrechtlichen Gebot gemessen sei die Beschränkung von Werbeanlagen an allen Hauptdurchfahrtsstraßen der Gemeinde auf die Stätte der Leistung und damit der völlige Ausschluss von Wirtschaftswerbeträgern im Euroformat ungültig. Diese Bereiche seien dadurch gekennzeichnet, dass verschiedenste Nutzungen, insbesondere auch nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe, gleichwertig nebeneinanderstünden. An diesen bauplanungsrechtlich bestimmten unterschiedlichen Nutzungsweisen der Bauflächen dürfe eine baugestalterische Regelung nicht schlechthin vorbeigehen, sondern ein generalisierendes Verbot bestimmter Werbeanlagen in bestimmten Baugebieten müsse seine Entsprechung in einem Mindestmaß an Einheitlichkeit des Baugebiets finden. Fehle es hieran, so lasse sich unter dem Gesichtspunkt besonderer gestalterischer Anforderungen keine einheitliche Beantwortung der Frage erreichen, ob sich bestimmte Werbeanlagen ihrer Umgebung funktionsgerecht anpassten. Ein generelles Verbot bestimmter Werbeanlagen sei dort nicht sachgerecht und deshalb nicht mehr mit den Grenzen vereinbar, die Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG für die Bestimmung und Beschränkung des Eigentumsinhalts setze (unter Verweis auf BVerwG, U.v. 28.4.1972 - 4 C 11/69). Auch die Beeinträchtigung des Ortsbildes im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB könne dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Die Vorschrift stelle nicht nur auf die nähere Umgebung des Standorts, sondern auf einen räumlich größeren Bereich ab. Auch könne ein solches Ortsbild im Innenbereich nur in einem Umfang geschützt sein, wie dies im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mittels Festsetzung möglich wäre (unter Verweis auf BVerwG, U.v. 11.5.2000 - 4 C 14/98). Nicht jedes Ortsbild sei schützenswert, es müsse vielmehr eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit und einen besonderen Charakter aufweisen bzw. eine Eigenart haben, die nicht überall anzutreffen sei und ihm deshalb eine herausragende Prägung verleihe, was hier nicht vorliege. Auch ein Verstoß gegen das Verunstaltungsverbot nach Art. 8 Satz 2 BayBO sei nicht gegeben. Es sei nicht Aufgabe des Bauordnungsrechts, bestimmte ästhetische Wertvorstellungen zu verwirklichen, sondern lediglich unerträgliche Auswüchse zu unterbinden. Ein lediglich unschönes Erscheinungsbild genüge nicht, vielmehr müsse ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand erreicht sein. Der streitgegenständlichen Werbeanlage gelinge es an ihrem gewerblich vorgeprägten Anbringungsort einen Ausgleich zu schaffen zwischen dem Erfordernis der Werbung, in gewisser Weise auffällig zu sein und dem an jede Anlage zu stellenden ästhetischen Anspruch im Sinne des Verunstaltungsverbots.

Die Klägerin beantragt:

Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 7. März 2016, Az.: ..., verpflichtet, der Klägerin die begehrte Bauerlaubnis zu erteilen.

Der Beklagte beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, der angegriffene Bescheid sei rechtmäßig. Die Werbeanlagensatzung der Gemeinde ..., die mangels Normverwerfungskompetenz vom Landratsamt im Baugenehmigungsverfahren keiner inhaltlichen Prüfung unterzogen worden sei, sei nicht zu unbestimmt und verstoße auch sonst nicht gegen höherrangiges Recht, da sie die Ermächtigungsgrundlage des Art. 81 Abs. 1 Nr.1 und 2 BayBO eingehalten und für atypische Einzelfälle eine Ausnahmeregelung vorgesehen habe und auch nicht für das gesamte Gemeindegebiet einen Ausschluss von Werbeanlagen vorsehe. Nach § 2 Abs. 1 und 2 der Werbeanlagensatzung umfasse der Geltungsbereich nur Grundstücke an oder entlang der dort genannten Straßen. Auch die erforderliche Einheitlichkeit des Baugebiets sei gegeben, da der Hauptort eindeutig als Mischgebiet zu qualifizieren sei. Eine diffuse, inhomogene Bebauung sei nicht vorhanden, so dass es einer kleinteiligeren Aufteilung oder Planung in der Werbeanlagensatzung nicht bedurft habe. Auch habe die Gemeinde ... unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG das gesamte schutzwürdige Orts- und Straßenbild den Regelungen der Werbeanlagensatzung unterworfen. Ein solches Verbot von Fremdwerbung mittels einer Werbeanlagensatzung entlang einer Durchgangsstraße in einem Mischgebiet habe auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandet (unter Verweis auf BayVGH, B.v. 29.6.2015 - 1 ZB 13.1903). Darüber hinaus würde die Zulassung großflächiger Werbeanlagen die in den vergangenen Jahren unternommen Anstrengungen der Gemeinde ... und ihrer Bürger zur Verschönerung des Ortsbildes konterkarieren. Zwei weitere anhängige Bauanträge ließen eine Häufung derartiger Anlagen befürchten. Zur Frage der Verunstaltung des Ortsbildes im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 2 2. Hs. BauGB wird ergänzend zu den Bescheidsgründen vorgetragen, die Anlage solle solitär auf einer Freifläche eines Grundstücks errichtet und dort so situiert werden, dass sie sich in den Straßenraum dränge, aufgesetzt wirke und somit als Fremdkörper wahrgenommen werde.

Am 22. November 2016 hat das Gericht durch Einnahme eines Augenscheins Beweis über die örtlichen Verhältnisse auf dem Baugrundstück FlNr. ... der Gemarkung ... und in dessen näherer Umgebung erhoben und im Anschluss mündlich verhandelt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Behörden- und der Gerichtsakte sowie auf die Niederschrift des gerichtlichen Augenscheins und der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 7. März 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Ihr steht ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung für die Errichtung einer Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung auf dem Grundstück FlNr. ... Gemarkung ... der Gemeinde ... zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht zu.

Bei dem beantragten Vorhaben („Errichtung einer Werbeanlage für wechselnde Fremdwerbung“) handelt es sich um eine ortsfeste Anlage der Wirtschaftswerbung, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayBO als eigenständige bauliche Anlage gilt und deren Errichtung nach Art. 55 BayBO genehmigungspflichtig ist. Nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 1. Hs. BayBO muss die Bauordnungsbehörde die Baugenehmigung erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen, die Gegenstand des Baugenehmigungsverfahrens sind. Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. BayBO gibt der Baugenehmigungsbehörde indes die Möglichkeit, den Bauantrag auch dann abzulehnen, wenn das Vorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Einschlägig ist im vorliegenden Fall das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren gemäß Art. 59 BayBO, weil es sich bei der beantragten Werbeanlage nicht um einen Sonderbau im Sinne des Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt. Zu beurteilen ist sie daher gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BayBO anhand der Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 ff. BauGB) sowie gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 BayBO nach den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO. Da der Beklagte den Ablehnungsbescheid vom 7. März 2016 auch auf Art. 8 Satz 1 und 2 BayBO gestützt hat und insofern von seinem Ablehnungsrecht aus Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Hs. BayBO Gebrauch gemacht hat, sind auch diese Vorschriften Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der geplanten Werbeanlage im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Die Werbeanlagensatzung der Gemeinde ... steht der Werbeanlage - ohne dass es hierauf ankommt - zwar nicht entgegen. Diese verstößt aber gegen das Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO.

1.1 Die Werbeanlagensatzung der Beigeladenen vom 29. April 2015, die in den §§ 2 und 3 Werbeanlagen für Fremdwerbung auf den Grundstücken an den Hauptdurchfahrtsstraßen verbietet, kann dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Diese Regelungen sind nach dem Urteil der Kammer vom 22. November 2016, Az.: AN 9 K 15.02380 - juris, unwirksam, wegen der Einzelheiten wird auf diese Entscheidung verwiesen.

1.2 Die geplante Werbeanlage verstößt jedoch gegen das Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO. Art. 8 Satz 1 BayBO regelt, dass bauliche Anlagen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein müssen, dass sie nicht verunstaltet wirken. Nach Satz 2 dürfen bauliche Anlagen das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten. Art. 8 BayBO hat als Norm des Bauordnungsrechts die Funktion, Auswüchse zu unterbinden, nicht jedoch bestimmte ästhetische Wertvorstellungen zur Gestaltung des Stadt- bzw. Ortsbildes zu verwirklichen (vgl. BayVGH, U.v. 21.2.1995 - 14 B 92.2128; U.v. 11.8.2006 - 26 B 05.3024; Simon/Busse, BayBO, Art. 8, Rn. 53 m. w. N.). Dementsprechend ist unter dem Begriff der Verunstaltung ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des für solche Eindrücke aufgeschlossenen Betrachters nicht bloß beeinträchtigender sondern verletzender Zustand zu verstehen. Er bedeutet nicht nur Störung der architektonischen Harmonie, vielmehr muss die optische Situation als belastend oder Unlust erregend empfunden werden (vgl. BayVGH, U.v.25.7.2002, 2 B 02.164; B.v. 12.5.2014, 2 ZB 12.2498). Soll eine Werbeanlage an einer Gebäudewand oder - wie im vorliegenden Fall - unmittelbar vor einer solchen errichtet werden, kann ein Verstoß gegen das umgebungsbezogene Verunstaltungsverbot in Art. 8 Satz 2 BayBO in Betracht kommen, wenn die Werbeanlage das Gebäude und durch dieses die Umgebung verunstaltet (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2016 - 2 ZB 15.2503; Schwarzer/König, BayBO, Art. 8, Rn. 9). Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass eine Werbeanlage ihren Anbringungsort verunstaltet, wenn sie die entsprechende Wand zu einem Werbeträger herabwürdigt bzw. umfunktioniert (vgl. BayVGH, B.v.24.9.2002 - 14 ZB 02.1849; U.v. 28.10.2014 - 15 B 12.2765; U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.765; B.v. 16.2.2016 - 2 ZB 15.2503) oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzt, der zu seiner Umgebung in keiner Beziehung steht und es damit empfindlich stört. Eine Verunstaltung kann auch angenommen werden, wenn die Werbeanlage vor oder an eine bauliche Anlage ohne Rücksicht auf deren Gestalt und Gestaltung gesetzt wird, wenn sich die Kanten der Werbeanlage mit den Konturen der vorhandenen baulichen Anlage überschneiden (vgl. HessVGH, U.v. 14.4.1982 - IV OE 11/80) oder wenn die Werbeanlage die andere bauliche Anlage, an der sie angebracht wird, deutlich dominiert und so zur Hauptsache wird, wenn sie also mit ihrer Größe in einem Missverhältnis zu ihrem Anbringungsort steht (vgl. BayVGH, U.v. 24.6.1965 - 147 VI 64; Simon/Busse, BayBO, Art. 8, Rn. 202, 233). Anerkannt ist zudem, dass eine Werbeanlage, die nach den genannten Kriterien die Architektur eines Gebäudes in verunstaltender Weise stört, damit zugleich auch das (engere) Ortsbild verunstaltet (vgl. BayVGH B.v. 16.2.2016 - 2 ZB 15.2503).

Insbesondere aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Augenscheins geht die Kammer davon aus, dass die geplante Werbeanlage an ihrem Anbringungsort eine solche Verunstaltung bewirken würde. Bei dem Gebäude, vor dem sie errichtet werden soll, handelt es sich um ein kleines, untergeordnetes, eingeschossiges Nebengebäude zu dem auf demselben Grundstück FlNr. ... sich nordwestlich anschließenden ehemals landwirtschaftlich genutzten Betriebsgebäude sowie dem dort befindlichen Wohnhaus. Ausgeführt ist es mit einem flachen Satteldach mit nach Nordosten zeigender Giebelseite. Durch ihre Abmessungen würde die Werbeanlage die Giebelwand des Nebengebäudes nahezu vollständig verdecken und optisch verdrängen. Auch die Dachform und die Außenkonturen würden überdeckt, so dass die zwar schlichte aber dennoch vorhandene architektonische Gliederung des Nebengebäudes vollständig verloren ginge. Hierdurch würde die geplante Werbeanlage in ihrer Umgebung übermäßig dominant und nicht mehr maßstäblich wirken. Hiermit ist nach Ansicht der Kammer eine Verunstaltung des Straßen- und Ortsbildes im Sinne des Art. 8 Satz 2 BayBO verbunden. Ob daneben - wie in dem Ablehnungsbescheid angenommen - die Werbeanlage auch für sich verunstaltet im Sinne des Art. 8 Satz 1 BayBO ist, kann dahinstehen.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Beigeladene trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg‚ weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. An der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen im Ergebnis keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Das Verwaltungsgericht hat der Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Anbringung einer Anlage für Fremdwerbung an der Außenwand eines Gebäudes zu Recht stattgegeben‚ weil das generelle Verbot von Fremdwerbeanlagen‚ um das der Bebauungsplan „C...-Ortsmitte“ mit seiner am 14. August 2009 bekannt gemachten 14. Änderung ergänzt worden ist‚ unwirksam ist. Allerdings stellt das Verwaltungsgericht zu strenge Anforderungen an den Ausschluss von Fremdwerbeanlagen in Dorfgebieten.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt‚ dass das baugestalterische Ziel‚ eine Beeinträchtigung des vorhandenen oder durch Planung erstrebten Charakters eines Baugebiets durch optisch störende Anlagen zu verhindern‚ ein beachtenswertes öffentliches Anliegen ist (vgl. BVerwG‚ U. v. 25.6.1965 - IV C 73.65 - BVerwGE 21‚ 251/255; U. v. 28.4.1972 - IV C 11.69 - BVerwGE 40‚ 94/99). Demgemäß sind generalisierende Regelungen‚ die die Zulässigkeit von Werbeanlagen im Allgemeinen oder die Zulässigkeit bestimmter Werbeanlagen von der Art des Baugebiets abhängig machen‚ wiederholt als vertretbar angesehen worden (vgl. die Rechtsprechungsnachweise im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.4.1972 a. a. O.). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 28. April 1972 - IV C 11.69 - (BVerwGE 40‚ 94) entschieden‚ dass das generalisierende Verbot bestimmter Werbeanlagen im bestimmten Baugebieten eine Entsprechung in einem Mindestmaß an Einheitlichkeit des Baugebietscharakters finden müsse; es hat deshalb ein generelles Verbot großflächiger Werbetafeln in Mischgebieten für unzulässig angesehen. Seit dem Inkrafttreten der Baunutzungsverordnung 1990 gilt für Dorfgebiete insoweit dasselbe wie für Mischgebiete‚ weil auch dort nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe dem Wohnen grundsätzlich gleichgestellt sind. Der Vorrang des Wohnens in Dorfgebieten (s. § 5 Abs. 1 BauNVO 1962 und § 5 Abs. 1 BauNVO 1968: „Dorfgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und dem Wohnen“) wurde mit der Baunutzungsverordnung 1990 abgeschafft‚ so dass die frühere Rechtsprechung zur (Un-)Zulässigkeit von Werbeanlagen in Dorfgebieten (vgl. BVerwG‚ U. v. 25.6.1965 - IV C 73.65 - BVerwGE 21‚ 251 m. w. N.) überholt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber in seinem Urteil vom 22. Februar 1980 - 4 C 44.76 - (BayVBl 1980‚ 408) klargestellt‚ dass die erforderliche Einheitlichkeit bzw. Homogenität auch durch eine städtebaulich bedeutsame Prägung eines bestimmten Teilgebiets einer Gemeinde bewirkt sein kann. Dies setzt entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine „besondere“ Schutzwürdigkeit des Teilgebiets voraus. Es genügt vielmehr‚ dass das jeweilige Straßen- und Ortsbild überhaupt schutzwürdig ist. Dies ist nach Aktenlage zumindest in dem durch die von der Beigeladenen in erster Instanz vorgelegten Fotos dokumentierten Bereich der Ortsdurchfahrt‚ zu dem auch der Standort der geplanten Werbeanlage gehört‚ der Fall‚ weil dieser Bereich trotz zahlreicher Gewerbebetriebe nach wie vor durch das traditionelle Straßen- und Ortsbild geprägt ist.

Allerdings ergibt sich nicht zuletzt aus der Stellungnahme des Ortsheimatpflegers vom 12. September 2013‚ dass eine erhebliche Beeinträchtigung („Verschandelung“) des ländlich geprägten Straßen- und Ortsbilds jedenfalls ganz überwiegend durch großflächige Werbeanlagen erfolgt („überdimensionale Werbeflächen“‚ „große Tafeln‚ Transparente und Fahnen“). Dagegen werden kleinere Werbeanlagen in der Regel nicht als störende Fremdkörper wahrgenommen (vgl. BVerwG‚ U. v. 28.4.1972 - IV C 11.69 - BVerwGE 40‚ 94/99: „… erweisen sich die … Einwände als unbegründet‚ soweit für reine und allgemeine Wohngebiete sowie für Dorf- und Kleinsiedlungsgebiete Werbeanlagen für Zettel- und Bogenanschlag nur in Form von Säulen oder säulenähnlichen Werbeträgern in bestimmten Abmessungen zugelassen sind“). Daraus folgt‚ dass Regelungen‚ die - wie diejenige der Antragsgegnerin - Anlagen für Fremdwerbung unabhängig von ihrer Größe verbieten‚ regelmäßig wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unwirksam sind. Soweit die Antragsgegnerin auch einen störenden Wildwuchs kleinerer Werbeanlagen verhindern will‚ bleibt es ihr unbenommen‚ diesbezüglich eine Konzentration auf wenige ausgewählte Standorte vorzusehen.

b) Als geeignetes Mittel für eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragende differenzierte Regelung der Zulässigkeit von Werbeanlagen bietet sich eine Ortsgestaltungssatzung gemäß Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO an. Zwar gehören Werbeanlagen als solche weder allein zum Bauplanungsrecht noch allein zum Bauordnungsrecht; sie sind vielmehr im Ansatz je nach der gesetzgeberischen Zielsetzung sowohl einer bauplanungsrechtlichen als auch einer bauordnungsrechtlichen Regelung zugänglich (vgl. BVerwG‚ U. v. 28.4.1972 - IV C 11.69 - BVerwGE 40‚ 94). Soweit es um den Schutz des Erscheinungsbilds eines größeren Gemeindebereichs geht‚ kann das Instrumentarium des Bauplanungsrechts eingesetzt werden. Dagegen ist das Bauordnungsrecht einschlägig, soweit die nähere Umgebung bzw. das Straßenbild geschützt werden soll (vgl. BVerwG‚ U. v. 11.5.2000 - 4 C 14.98 - NVwZ 2000‚ 1169/1170). Dies schließt nicht aus‚ dass über den Schutz einer Mehrzahl von Straßenbildern letztlich mittelbar das gesamte Ortsbild geschützt wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.7.1997 - 4 NB 15.97 - NVwZ-RR 1998, 486/487; BayVGH‚ U. v. 11.9.2014 - 1 B 14.169 - NVwZ-RR 2015‚ 193). Eine bauplanungsrechtliche Regelung ermöglicht jedoch nicht die regelmäßig bei Werbeanlagen gebotene Differenzierung nach der Größe‚ weil § 16 BauNVO‚ der näher regelt‚ wie das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden kann‚ für Werbeanlagen nicht passt. Hinzu kommt‚ dass es der Antragsgegnerin offenbar in erster Linie um den Schutz der Ortsdurchfahrt geht (vgl. die Begründung für die geplante Änderung des Bebauungsplans in der Vorlage zur Sitzung des Gemeinderats am 17.9.2013). Der Geltungsbereich des Bebauungsplans erfasst jedoch die Bereiche längs der Ortsdurchfahrt nicht vollständig. Nördlich und nordöstlich der Pfarrkirche sowie westlich der Grundstücke FlNr. 161 und 162 grenzen größere Bereiche an die Ortsdurchfahrt‚ die außerhalb des Plangebiets liegen‚ obwohl nach Aktenlage das Straßen- und Ortsbild dort ebenso schutzwürdig erscheint wie auf der anderen Straßenseite. Nach den von der Beigeladenen in erster Instanz vorgelegten Fotos würde der Schutz des Straßen- und Ortsbilds konterkariert‚ wenn vom Bauvorhaben aus gesehen auf der anderen Seite der Ortsdurchfahrt im Bereich des Fahrradgeschäfts und des Restaurants U... großflächige Fremdwerbeanlagen aufgestellt würden. Es erscheint deshalb unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG geboten‚ den Geltungsbereich der Ortsgestaltungssatzung über das Plangebiet hinaus zu erstrecken.

c) Dem Vorhaben der Klägerin kann auch nicht die für das Plangebiet erlassene Veränderungssperre entgegengehalten werden. Innerhalb der gesetzlichen Frist zur Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) hat die Beigeladene als Rechtsmittelführerin lediglich vorgetragen‚ der Gemeinderat habe in der Sitzung vom 17. September 2013 eine Änderung des Bebauungsplans hinsichtlich der Regelungen von Eigen- und Fremdwerbung beschlossen. Der Beschluss als solcher ist aber lediglich ein Verwaltungsinternum ohne Rechtswirkung nach außen. Die für die Außenwirkung erforderliche Bekanntmachung erfolgte erst am 15. November 2013 zu einem Zeitpunkt‚ als die gesetzliche Begründungsfrist bereits abgelaufen war. Sie wurde dementsprechend verspätet vorgetragen‚ so dass die Veränderungssperre bereits aus formalen Gründen dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen kann.

Zudem ist die Veränderungssperre aus materiellen Gründen unwirksam. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 der Veränderungssperre dürfen Vorhaben im Sinn von § 29 BauGB generell nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden. Diese Regelung‚ deren Wortlaut unmittelbar dem § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entnommen ist‚ geht jedoch weit über das hinaus‚ was zur Sicherung der Planung der Antragsgegnerin erforderlich ist (vgl. die Begründung für die geplante Änderung des Bebauungsplans in der Vorlage zur Sitzung des Gemeinderats am 17.9.2013). Sie berücksichtigt nicht‚ dass es lediglich um die Änderung eines kleinen Teils des Bebauungsplans geht‚ nämlich die Änderung der 14. Änderung‚ mit der die (Un-)Zulässigkeit von Werbeanlagen im Plangebiet geregelt wird. Statt dementsprechend die vorläufige Unzulässigkeit von Werbeanlagen zu normieren‚ erfasst die Veränderungssperre nahezu alle Bauvorhaben. Damit ist sie größtenteils nicht von § 14 Abs. 1 BauGB gedeckt und folglich unwirksam. Angesichts des klaren‚ nicht auslegungsfähigen Wortlauts kommt eine gesetzeskonforme Auslegung nicht in Betracht.

Somit kommt es nicht mehr auf die zwischen den Beteiligten strittige Frage an‚ ob die Antragsgegnerin hinsichtlich der Fremdwerbeanlagen tatsächlich eine Satzungsänderung beabsichtigt oder nur eine ausreichende Begründung nachschieben möchte.

2. Wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt‚ weist die Rechtssache weder besondere rechtliche noch tatsächliche Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

3. Die Beigeladene hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen‚ weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.1.2.3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ Heft 23/2013 Beilage 2).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 2. November 2015 verpflichtet, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenausspruch vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verfolgt mit ihrem Klagebegehren die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Plakatanschlagtafel in Wandmontage auf einer Fassadenwand, die mit Bescheid des Beklagten vom 2. November 2015 versagt wurde.

Die Klägerin betreibt ein Unternehmen der Außenwerbung.

Die Klägerin beantragte mit Bauantrag vom 6. März 2015 die Errichtung einer Plakatwerbetafel mit den Maßen 2,8 m x 3,8 m für wechselnde Produktwerbung, die an der fensterlosen Wandfassade eines Wirtschaftsgebäudes auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ..., ... in ... errichtet werden soll. Für das Vorhabengrundstück existiert kein qualifizierter Bebauungsplan nach § 30 BauGB, es liegt innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile nach § 34 BauGB. Die Werbeanlage soll auf der nordöstlichen Fassadenwand auf der rechten Seite der Wandfläche (straßenseitig) in einem Abstand von ca. 12 m vom Fahrbahnrand entfernt errichtet werden. Der Eigentümer des Vorhabengrundstücks hat mit Erklärung vom 9. Dezember 2014 dem Vorhaben zugestimmt.

Die Beigeladene hat anlässlich mehrerer Bauanträge für Werbeanlagen im Gemeindegebiet mit Wirkung vom 30. April 2015 eine Werbeanlagensatzung erlassen und deshalb das gemeindliche Einvernehmen für das streitgegenständliche Vorhaben verweigert. Die vom Gemeinderat der Beigeladenen am 29. April 2015 beschlossene Werbeanlagensatzung sieht insbesondere folgende Regelungen vor:

㤠1 - Gegenstand der Satzung

(1) Diese Satzung regelt die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Änderung und den Betrieb von Werbeanlagen und trifft insoweit besondere Anforderungen.

§ 2 - Räumlicher Geltungsbereich

(1) Die Regelungen des § 3 und 4 sowie der §§ 10 bis 12 dieser Satzung gelten für alle Grundstücke an den Hauptdurchfahrtsstraßen des Hauptortes und der Ortsteile (s. Anlagen 1 bis 7).

§ 3 - Zulässigkeit von Werbeanlagen

(1) Im Geltungsbereich nach § 2 Abs. 1 sind Werbeanlagen nur an der Stätte ihrer Leistung zulässig.

(2) Werbeanlagen dürfen eine höchstzulässige Größe von 2 qm nicht überschreiten.“

Im unter „Anlage 1“ beigefügten, nicht gesondert unterschriebenen Plan ist die Ortsdurchfahrt durch ... im Westen ab der ersten Bebauung und im Nordosten bis zum Einmündungsbereich der Straße ... farblich markiert.

Das Staatliche Bauamt ... nahm mit Schreiben vom 21. Juli 2015 zum geplanten Bauvorhaben Stellung und erhob keine Einwände, wenn näher ausgeführte Bedingungen und Auflagen im Baubescheid festgesetzt würden.

Mit Schreiben vom 31. August 2015 hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung des Bauantrags an. Mit Email-Schreiben vom 13. Oktober 2015 erbat die Klägerin die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheids.

Mit Bescheid vom 2. November 2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Plakatwerbetafel auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ... ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beigeladene habe das Einvernehmen zu dem geplanten Bauvorhaben verweigert, da es der örtlichen Bauvorschrift der Werbeanlagensatzung der Gemeinde ... in der Fassung vom 29. April 2015 widerspreche. Das Bauvorhaben widerspreche Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO, wonach neben den §§ 29 bis 38 BauGB auch Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO eingehalten werden müssten. Für das streitgegenständliche Vorhaben gelte gemäß § 1 Abs. 1 der Werbeanlagensatzung der Gemeinde... (WaS) in der Fassung vom 29. April 2015 diese örtliche Bauvorschrift. Der räumliche Geltungsbereich erstrecke sich über alle Grundstücke an den Hauptdurchfahrtsstraßen des Hauptortes sowie der Ortsteile der Gemeinde ... (§ 2 Abs. 1 WaS). Es handele sich dabei um alle Grundstücke, die von der Hauptdurchfahrtsstraße aus einsehbar seien. Hierunter falle auch das betroffene Grundstück in der ..., FlNr. ... der Gemarkung ..., auf welchem die Plakatwerbetafel errichtet werden solle. Im Geltungsbereich der Satzung seien Werbeanlagen lediglich an der Stätte der Leistung sowie mit einer maximalen Größe von 2 qm zulässig (§ 3 Abs. 1 und 2 WaS). Beide Aspekten würden von dem geplanten Vorhaben nicht erfüllt. Zum einen diene die Anschlagtafel der allgemeinen und wechselnden Produktwerbung und befinde sich somit nicht an der Stätte ihrer Leistung und zum anderen werde die höchstzulässige Größe von 2 qm bei einer geplanten Gesamtgröße von 2,8 m x 3,8 m (10,64 qm) deutlich überschritten. Somit sei die Plakatwerbetafel in der geplanten Weise unzulässig. Eine Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens könne daher gemäß Art. 67 Abs. 1 Satz 1 BayBO nicht erfolgen. Die Gemeinde ... habe demnach ihr Einvernehmen rechtmäßig verweigert, so dass deshalb das Bauvorhaben abzulehnen gewesen sei.

Mit Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 25. November 2015, eingegangen am selben Tag, hat die Klägerin vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach Klage gegen den ablehnenden Bescheid vom 2. November 2015 erhoben. Zur Begründung wird ausgeführt, dem beantragten Werbevorhaben stünden öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegen. In der Werbeanlagensatzung sei ein genereller Fremdwerbeausschluss verankert, auf den sich die Ablehnung stütze. Die streitgegenständliche Werbeanlagensatzung der Gemeinde ... könne dem Werbevorhaben nicht entgegengehalten werden, da diese zu unbestimmt sei und gegen höherrangiges Recht verstoße. Die Werbeanlagensatzung der Gemeinde ... überplane sämtliche an der Hauptdurchgangsstraße des Hauptortes und der Ortsteile gelegenen Grundstücke mit einem generellen Fremdwerbeausschluss, ohne zwischen der gebietstypischen Nutzung zu differenzieren. Insoweit seien hier inhomogene Bereiche im Ortsgebiet von ... mit einer gleichlautenden generalisierenden Regelung überplant, was sich so schon aufgrund des räumlichen Geltungsbereichs und der sich als inhomogen darstellenden Bebauung in den einzelnen Ortsteilen und auch entlang des einzelnen Straßenzuges in ... als unwirksam darstelle. Daneben sei die Satzung auch zu unbestimmt, da der Satzungsadressat gar nicht nachvollziehen könne, ob das jeweilige Grundstück überhaupt und bis zu welcher Tiefe von der Satzung betroffen ist. In § 2 WaS sei geregelt, dass die Grundstücke an den Hauptdurchgangsstraßen des Hauptortes (...) und der Ortsteile hier den Geltungsbereich abdeckten. Es sei allerdings nicht geregelt, in welcher Tiefe die Grundstücke betroffen seien. Den Planeinzeichnungen als Anlage zu der gegenständlichen Satzung sei insoweit nicht zu entnehmen, bis zu welcher Tiefe das Fremdwerbeverbot des § 3 Abs. 1 WaS Geltung haben solle. Insoweit sei die Satzung zu unbestimmt und könne schon deshalb dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden. Auf die rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 16. Juni 2003 - 3 S 2533/02 - werde verwiesen, in der dargelegt werde, dass, wie im vorliegenden Verfahren, ein verwendeter Plan keine hinreichende Klarheit bringe. Auch in dem vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zu entscheidenden Fall sei unklar geblieben, bis zu welcher Tiefe der an den Einfallstraßen gelegenen Grundstücke ein Verbot gelten solle. Ebenso fehle es an einem Maßstab an den Plänen, der eine Herausmessbarkeit der Anbauverbotszone überhaupt ermöglichen würde. Insoweit sei gerade für Werbeanlagen zu berücksichtigen, dass eine räumliche Abgrenzung des Geltungsbereiches eines Verbotes eine bedeutsame Rolle spiele. Da es hier an einer Bestimmbarkeit des Anbauverbotes für das Vorhabengrundstück völlig fehle, sei die vorliegende Satzung zu unbestimmt und unwirksam. Zudem sei ein generalisierender Fremdwerbeausschluss, wie in § 3 WaS verankert, unwirksam. Die nähere Umgebung zeige sich diffus durchmischt zwischen gewerblicher Nutzung, Wohnnutzung und teilweise landwirtschaftlicher Nutzung. Insoweit sei von einer Gemengelage oder einer dörflichen Bebauung um den Vorhabenstandort herum auszugehen, wobei sich an diesem Bebauungszustand um den Vorhabenstandort herum dann wiederum klassische mischgebietstypische Bebauung anschließe. Hier sei also eine diffuse inhomogene Bebauung entlang des Hauptverkehrsstraßenzugs in ... zu erkennen, der so nicht mit einer gleichlautenden generalisierenden Regelung überzogen werden dürfe. Vielmehr hätte hier eine kleinteiligere Aufteilung nach den jeweiligen zulässigen Werbeanlagen erfolgen müssen. Da eine kleinteilige Planung allerdings nicht erfolgt sei, sondern vielmehr ein inhomogener Bereich überplant worden sei, könne die Satzung dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, da die Satzung schlicht unwirksam sei. Insoweit werde auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 1972, abgedruckt BRS 25, Nr. 127, sowie ergänzend zur Kleinteiligkeit der Planung auf Bundesverwaltungsgericht vom 16. März 1995, abgedruckt BRS 57, Nr. 175 verwiesen. Sofern das Anbauverbot, dessen genaue Tiefe in den einzelnen Vorhabengrundstücken nicht bekannt sei, hier entlang der Hauptstraße in ... Geltung beanspruchen solle, so werde auf das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. Juli 2012 - 1 K 2107/10 - verwiesen. Wie in dem entschiedenen Fall ergebe sich keine tragfähige Begründung, warum die Hauptverkehrsstraße durch den Ort ... mit einem generellen Fremdwerbeausschluss belegt sein solle. Vorliegend sei auch keine entsprechende Begründung für den Vorhabenstandort durchgreifend, da hier entlang der ... in ... sich diffuse Nutzungen nach der BauNVO aneinanderreihten. In ähnlicher Weise habe das Verwaltungsgericht Freiburg die Auffassung vertreten, dass in einem derart diffus geprägten Bereich, in dem sich diverse Nutzungstypen nach der BauNVO aneinanderreihten, nicht eine gleichlautende generalisierende Regelung zu Werbeanlagen einen Ausschluss manifestieren könne. Alles in allem sei zu erkennen, dass der generalisierende Fremdwerbeausschluss in § 3 Abs. 1 WaS unwirksam sei und dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden könne. Sofern § 3 Abs. 2 WaS noch eine weitergehende Regelung zu Werbeanlagen beinhalte in der Weise, dass Werbeanlagen kein größeres Format als 2 qm aufweisen dürften, so sei auch diese Regelung unwirksam, da die Regelung des § 3 Abs. 2 WaS insgesamt unter dem Diktat der Regelung des § 3 Abs. 1 WaS zu verstehen sei. Das satzungsgeberische Konstrukt stelle hier darauf ab, dass Fremdwerbung vom Grundsatz her ausgeschlossen sei. Erst dann komme es auf die Regelung des § 3 Abs. 2 WaS an. Denknotwendigerweise könne sich also die Größenbeschränkung gar nicht auf Fremdwerbeanlagen beziehen, sondern nur auf Werbeanlagen an der Stätte der Leistung. Fremdwerbeanlagen seien abschließend und ausschließlich geregelt über § 3 Abs. 1 WaS. Wenn man isoliert nur den Fremdwerbeausschluss betreffend § 3 Abs. 1 WaS als unwirksam erachten würde, dann, bei Auslegung des satzungsgeberischen Willens, müsste man zu dem Ergebnis gelangen, dass Fremdwerbung im gesamten Satzungsgebiet unreglementiert zulässig wäre, wobei Werbung an der Stätte der Leistung gemäß § 3 Abs. 2 WaS weiter geregelt wäre, nämlich hinsichtlich ihrer Größe. Dies würde den satzungsgeberischen Willen insoweit konterkarieren, so dass von einer insgesamten Unwirksamkeit der Werbeanlagenregelung des § 3 WaS auszugehen sei. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen habe in seiner Entscheidung vom 6. Februar 1992 - 11 A 2232/89 - ausgeführt, dass eine Werbeanlagensatzung auch insgesamt unwirksam sei, da eine Teilunwirksamkeit nur insoweit, als die Fremdwerbung von den Vorschriften betroffen sei, zu einer nicht gerechtfertigten Besserbehandlung von Fremd- gegenüber Eigenwerbung führen würde. Insoweit sei erkennbar, dass insgesamt die Werbeanlagensatzung der Gemeinde ... dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden könne.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 2. November 2015 zu verpflichten, die Baugenehmigung zur Anbringung einer statischen Plakatwerbetafel auf der Liegenschaft ..., ... gemäß näherer Darstellung in den Bauvorlagen zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, nach Auffassung des Landratsamtes sei die Werbeanlagensatzung der Gemeinde ..., die im Rahmen der Ablehnung des Bauantrags mangels einer Normverwerfungskompetenz des Landratsamtes keiner inhaltlichen Prüfung unterzogen werden konnte, nicht zu unbestimmt und verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Nach § 2 Abs. 1 und 2 WaS gelte die Werbeanlagensatzung für die Grundstücke an oder entlang der dort genannten Straßen. Dies bedeute, dass nur die Grundstücke betroffen seien, die an die Straße angrenzten bzw. eine von der Straße aus erkennbare Nutzungseinheit bildeten, oder die an den Straßenzug mit dem dazu gehörigen Gehweg angrenzten. Der Geltungsbereich der Werbeanlagensatzung sei daher aus Sicht des Beklagten eindeutig erkennbar und klar definiert. Auch sei der Gebietstyp nach BauNVO im Hauptort, in dem die Werbeanlage errichtet werden solle, eindeutig bestimmbar. Es handele sich um eine Mischnutzung im Sinne eines Mischgebietes. Eine diffuse, inhomogene Bebauung sei daher nicht gegeben. Vielmehr handele es sich um ein Gebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB, einem faktischen Mischgebiet. Einer kleinteiligeren Aufteilung oder Planung habe es in der Werbeanlagensatzung daher nicht bedurft. Die Werbeanlagensatzung trage auch der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 23. Januar 2012 - Vf. 18-VII-09 - Rechnung, da die dort verworfene Satzung für das gesamte Stadtgebiet einer Großstadt gelten sollte, während im Fall der Gemeinde ... die Werbeanlagensatzung aber nur für einen kleinen Teil des bebauten Gemeindegebietes mit dem Gebietstyp Mischgebiet gelte. § 3 Abs. 1 WaS sei nicht zu beanstanden, da die Fremdwerbung vom Grundsatz her nur im Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 WaS unzulässig sei. Die Größenbeschränkung beziehe sich nicht auf Fremdwerbung, was jedoch im streitgegenständlichen Fall keine Bedeutung habe, da Fremdwerbung am vorgesehenen Standort unzulässig sei.

Auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg oder des Verwaltungsgerichts Freiburg könne insoweit nicht zurückgegriffen werden, da schon § 74 der Landesbauordnung Baden-Württemberg (LBO BW) nicht inhaltsgleich sei zu Art. 81 BayBO. Es fehle daher schon eine Vergleichbarkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Werbeanlagensatzung begründe kein generelles Verbot von Werbeanlagen im Mischgebiet, da vom Geltungsbereich nur die Durchgangsstraße(n) betroffen sei (seien). Zum anderen habe die Gemeinde, wie vom Verwaltungsgerichtshof als notwendig dargelegt, unter dem Blickwinkel des Art. 3 Abs. 1 GG das gesamte schutzwürdige Orts- und Straßenbild den Regelungen der Werbeanlagensatzung unterworfen. Die Gemeinde ... als auch deren Bürger hätten in den letzten Jahren große Anstrengungen unternommen, um im für die positive städtebauliche Entwicklung stets kritischen Bereich einer viel befahrenen Ortsdurchgangsstraße ein ansprechendes Ortsbild entstehen zu lassen. Die Zulassung von großflächigen Werbeanlagen würde diese erfolgreichen Anstrengungen konterkarieren, weshalb der Erlass einer Werbeanlagensatzung mit einer Geltung für diesen Bereich die logische Konsequenz gewesen sei, um auch in Zukunft eine weitere positive Entwicklung zu gewährleisten.

Abgesehen von der Werbeanlagensatzung stünden auch andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Erteilung der Baugenehmigung entgegen. Die geplante großflächige Werbeanlage dürfe nach § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB das Ortsbild nicht verunstalten, was hier jedoch der Fall sei. Die beantragte Werbeanlage wirke aufgrund ihrer Größe im Verhältnis zu der kleinstädtischen Umgebungsbebauung unproportioniert und störe die Maßstäblichkeit der überwiegend vorhandenen Architektur. Die geplante Werbeanlage wirke so aufdringlich, dass sie als wesensfremdes Gebilde zu ihrer Umgebung in keiner Beziehung mehr stehe, da der geplante Standort der Werbeanlage in einer Straße liege, die trotz des Vorhandenseins gewerblicher Nutzungen auch einen von Wohnnutzung geprägten Eindruck mache und der außer durch Werbeschriften und Hinweisschilder an der Stätte der Leistung nicht durch Werbung geprägt werde. Großflächige Werbeanlagen wirkten besonders in Gebieten, die auch der Wohnnutzung dienten, regelmäßig aufdringlich, ja geradezu erschlagend und damit verunstaltend. Sie seien in einem Umfeld hinzunehmen, das durch Großräumigkeit, laute Geschäftstätigkeit und baugestalterische Anspruchslosigkeit gekennzeichnet sei. Ein solches Umfeld sei hier jedoch nicht vorhanden. Innerhalb der näheren Umgebung um den vorgesehenen Standort seien auch keine großflächigen Werbeanlagen vorhanden. Die beantragte Werbeanlage wäre somit die erste ihrer Art in diesem Umfeld und füge sich nach der Art der Nutzung nicht in die Umgebung ein und würde für die weitere städtebauliche Entwicklung eine negative Vorbildwirkung auslösen.

Das Vorhaben verstoße auch gegen das umgebungsbezogene Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 1 und 2 BayBO. Die Voraussetzungen der Verunstaltung seien im vorliegenden Fall gegeben, da die streitgegenständliche Werbeanlage aufdringlich wirke und als wesensfremdes Gebilde zu ihrer Umgebung in keiner Beziehung mehr stehe. Dies sei vor allem deshalb der Fall, weil sich die Werbeanlage aufgrund ihrer geplanten asymmetrischen Situierung an der Wand - aus der Mitte nach rechts im der Straße näheren Wandteil - in den Straßenraum dränge, aufgesetzt wirke und somit als Fremdkörper wahrgenommen werde und den vorhandenen Charakter der Umgebung damit verunstalte. Es handele sich bei der Umgebung um eine Mischnutzung und damit gerade nicht um ein Umfeld, das durch Großräumigkeit, laute Geschäftstätigkeit und baugestalterische Anspruchslosigkeit gekennzeichnet sei. Das Vorhaben verstoße somit sowohl gegen die Werbeanlagensatzung der Gemeinde ... als auch gegen das Verunstaltungsverbot. Die Beigeladene habe zu Recht ihr Einvernehmen verweigert, ein Ersetzen des gemeindlichen Einvernehmens sei nicht angezeigt gewesen.

Das Gericht hat durch Einnahme eines Augenscheins am 22. November 2016 Beweis erhoben. In der sich anschließenden mündlichen Verhandlung am 22. November 2016 hat die Beigeladenenvertreterin ausgeführt, der räumliche Geltungsbereich der Werbeanlagensatzung habe sich am Geltungsbereich der Sanierungssatzung orientiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Verfahrensakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen. Hinsichtlich der Ergebnisse der Beweisaufnahme und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zur Errichtung einer Plakatanschlagtafel in Wandmontage auf einer Fassadenwand auf dem Grundstück FlNr. ... der Gemarkung ..., ... in ... (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO). Der ablehnende Bescheid des Beklagten vom 2. November 2015 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).

Prüfungsmaßstab für die nach Art. 2 Abs. 1 Satz 2, Art. 57 Abs. 1 Nr. 12 BayBO genehmigungspflichtige Werbeanlage sind gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO im vorliegend durchzuführenden vereinfachten Genehmigungsverfahren die Vorschriften über die planungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 ff. BauGB - vgl. nachfolgend 1.) sowie die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO (vgl. nachfolgend 2.). Nachdem sich der Beklagte als Ablehnungsgrund auch auf das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot des Art. 8 BayBO berufen hat, ist auch diese Vorschrift im gerichtlichen Verfahren Prüfungsgegenstand (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO - vgl. nachfolgend 3.). Wenngleich der ablehnende Bescheid vom 2. November 2015 keine Ausführungen zum bauordnungsrechtlichen Verunstaltungsverbot gemäß Art. 8 BayBO entsprechend des Prüfprogramms nach Art. 59 BayBO enthält, durfte sich der Beklagte im Wege des Nachschiebens von Gründen auch noch im Verwaltungsprozess gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO auf einen Verstoß gegen sonstige öffentlichrechtliche Vorschriften, insbesondere das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot berufen (vgl. VG Augsburg, U.v. 10.6.2015 - Au 4 K 15.168 - juris, Rn. 25).

1. Das Vorhaben ist bauplanungsrechtlich zulässig. Es fügt sich seiner Art nach gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 BauNVO in die als faktisches Dorfgebiet zu qualifizierende nähere Umgebung ein. Das Baugrundstück liegt nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, sondern innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und beurteilt sich daher nach § 34 BauGB. Die maßgebliche nähere Umgebungsbebauung stellt sich nach den Feststellungen der Beweisaufnahme im Augenschein aufgrund der noch vorhandenen Hofstellen, insbesondere auf den benachbarten Grundstücken FlNrn. ..., ... und ... als faktisches Dorfgebiet dar. Auch aufgegebene landwirtschaftliche Nutzungen verlieren insoweit nicht ihre prägende Kraft, solange die Wirtschaftsgebäude nicht gänzlich und auf Dauer einer landwirtschaftlichen Nutzung entzogen sind (beispielsweise durch Umwandlung einer Scheune in Wohnungen). Selbst bei völliger Aufgabe wirkt die prägende Kraft nach, soweit eine völlige oder teilweise Wiederaufnahme einer landwirtschaftlichen Nutzung, auch in geänderten Betriebsformen möglich erscheint und nach der Verkehrsauffassung nicht ausgeschlossen ist. Erst wenn die landwirtschaftliche Nutzung aus einem faktischen Dorfgebiet gänzlich verschwindet und eine Wiederaufnahme der Nutzung als ausgeschlossen erscheint, ist davon auszugehen, dass sich der Gebietscharakter (faktisch) gewandelt hat (vgl. BayVGH, B.v. 24.4.2012 - 2 ZB 10.2894 - juris, Rn. 3; BVerwG, B.v. 29.5.2001 - 4 B 33/01 - NVwZ 2001, 1055). Aufgrund der vorliegend noch funktionsfähigen Hofstellen ist nach den Erkenntnissen des Augenscheins mithin von einem faktischen Dorfgebiet gemäß § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 BauNVO auszugehen, insbesondere da der Charakter eines Baugebiets grundsätzlich nicht von einem bestimmten prozentualen Mischverhältnis der zulässigen Nutzungsarten wie bei einem Mischgebiet abhängt (vgl. BVerwG, B.v. 4.12.1995 - 4 B 258.95 - juris). Das Bauvorhaben stellt sich als Anlage der Fremdwerbung bauplanungsrechtlich als eine eigenständige Hauptnutzung in Form einer nicht störenden gewerblichen Nutzung dar (vgl. BVerwG, U.v. 3.12.1992 - 4 C 27/91 - BVerwGE 91, 234 ff.; BayVGH, U.v. 11.12.2007 - 14 B 06.2880 - juris). Als solche ist die streitgegenständliche Werbeanlage im vorliegenden faktischen Dorfgebiet bauplanungsrechtlich zulässig nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 5 Abs. 2 Nr. 6 BauNVO.

Ob sich eine Anlage nach dem Maß der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfügt, ist nicht allein danach zu beurteilen, ob sich dort vergleichbare Werbeanlagen finden. Beurteilungsmaßstab hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind vielmehr alle in der näheren Umgebung anzutreffenden baulichen Anlagen, insbesondere auch Gebäude (vgl. BayVGH, U.v. 7.7.2004 - 26 B 03.2798 - juris, Rn. 21). Unter Berücksichtigung der Größe der Fassadenwand, an der die streitgegenständliche Werbeanlage angebracht werden soll, und der Maßgeblichkeit aller im Gebiet vorhandenen baulichen Anlagen einschließlich der Gebäude fügt sich die beantragte Werbeanlage hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung ohne Weiteres in die nähere Umgebung ein (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB).

Darüber hinaus beeinträchtigt die beantragte Werbeanlage nicht das im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB bundesrechtlich geschützte Ortsbild. Das im Baugesetzbuch verankerte und damit den Kompetenztitel des Bodenrechts entstammende Beeinträchtigungsverbot des Ortsbildes erfasst nur solche, die in der Lage sind, bodenrechtliche Spannungen zu erzeugen. Diese ergeben sich jedoch nicht schon aus jeder ästhetisch unschönen Baugestaltung, sondern nur, wenn eine größere Umgebung der Gemeinde tangiert ist, die über den Umgriff der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB hinausreicht (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2000 - 4 C 14/98 - juris). Bei dem bundesrechtlich geschützten Ortsbild kommt es insoweit auf einen zumindest größeren Bereich der jeweiligen Gemeinde an. Entscheidend ist, ob sich das Vorhaben in diese weite Umgebung einpasst. Da die negativen Auswirkungen des Vorhabens den Grad einer Beeinträchtigung erreichen müssen, muss eine Störung eines Gesamtbildes, das durch unterschiedliche Elemente geprägt sein kann, vorliegen. Ferner ist zu beachten, dass nicht jedes Ortsbild schützenswert ist. Vielmehr muss das Ortsbild, um schützenswert zu sein und die Baugestaltungsfreiheit des Eigentümers einschränken zu können, eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit haben, einen besonderen Charakter, eine gewisse Eigenheit, die dem Ort oder dem Ortsteil eine über dem Üblichen herausragende Prägung verleiht (vgl. BVerwG, U.v. 11.5.2000, a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben ist eine Beeinträchtigung des bodenrechtlichen „großen“ Ortsbilds nach § 34 Abs. 1 Satz 2 2. Halbsatz BauGB nicht festzustellen. Vielmehr handelt es sich nach den Erkenntnissen des Augenscheins um das Ortsbild einer durch landwirtschaftliche und gemischte Nutzungen geprägten Gemeinde, wie es überall anzutreffen sein könnte. Ein besonderer Charakter, der dem Ort eine aus dem Üblichen herausragende Prägung verleiht, und der durch die streitgegenständliche Werbeanlage beeinträchtigt werden könnte, ist insbesondere unter Berücksichtigung der vielfach anzutreffenden Leerstände und Baumängel im Ortsbild auch unter Würdigung der Bemühungen zur Aufwertung des Ortsbildes nicht anzuerkennen. Die von Beklagtenseite vorgebrachten ästhetischen Beeinträchtigungen besitzen insoweit keine städtebauliche Qualität, zumal eine Beeinträchtigung nicht bereits bei einer fehlenden Übereinstimmung mit den einzelnen Merkmalen der Bebauung angenommen werden kann. Mangels einer Beleuchtung der streitgegenständlichen Werbeanlage gehen von ihr auch keine unzumutbaren Belästigungen oder Störungen im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO im Hinblick auf die gegenüberliegende Wohnbebauung aus.

Das beantragte Werbevorhaben stellt sich somit als bauplanungsrechtlich zulässig dar.

2. Dem streitgegenständlichen Vorhaben steht auch die Werbeanlagensatzung der Beigeladenen vom 29. April 2015 nicht entgegen.

Nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 BayBO ist im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren auch die Übereinstimmung mit den Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO zu prüfen. Nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BayBO können die Gemeinde durch Satzung örtliche Bauvorschriften erlassen über besondere Anforderungen an die äußere Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern (Nr. 1), sowie über das Verbot der Errichtung von Werbeanlagen aus ortsgestalterischen Gründen (Nr. 2). Die Werbeanlagensatzung der Beigeladenen vom 29. April 2016 stellt eine solche örtliche Bauvorschrift dar.

Dem Bauvorhaben können die Regelungen der Werbeanlagensatzung allerdings nicht entgegengehalten werden, da sie - soweit das Vorhabengrundstück überhaupt in den räumlichen Geltungsbereich der Werbeanlagensatzung nach § 2 Abs. 1 der Werbeanlagensatzung (WaS) vom 29. April 2015 fällt - den sich aus der Ermächtigungsgrundlage ergebenden Anforderungen nicht gerecht wird.

Offenbleiben kann dabei, ob sich die Unwirksamkeit bereits aus formalen Gründen aufgrund einer fehlenden gesonderten Ausfertigung der dem Satzungstext unverbunden beigefügten und als „Anlage 1“ gekennzeichneten Anlage ergibt. Eine Ausfertigung soll die Identität des Normtextes mit dem vom Normgeber beschlossenen Inhalt bestätigen (vgl. BayVGH, U.v. 3.3.2015 - 15 N 13.636 - juris, Rn. 11 mit Verweis auf BVerwG, B.v. 16.5.1991 - 4 NB 26/90 - BVerwGE 88, 204). Mit der Ausfertigung wird die Satzung als Originalurkunde hergestellt und beglaubigt, dass die Satzung, so wie sie vorliegt, vom Gemeinderat beschlossen worden ist. Dieser Identitätsfunktion wird im Allgemeinen durch die eigenhändige Unterschrift des 1. Bürgermeisters auf der durch die Ausfertigung hergestellten Originalurkunde, die der Bekanntmachung der Norm zugrunde zu legen ist, entsprochen. Besteht die Satzung aus einem Plan und einem Textteil, dann sind grundsätzlich entweder beide Teile auszufertigen oder der ausgefertigte Teil ist mit dem weiteren Teil untrennbar zu verbinden. Die Ausfertigung nur eines Teiles genügt nur dann, wenn in diesem mit hinreichender Bestimmtheit auf den anderen Teil der Satzung Bezug genommen wird, so dass beide Teile durch eine „gedankliche Schnur“ verbunden sind (vgl. BayVGH, U.v. 3.3.2015, a. a. O.). Vorliegend verweist zwar der Normtext der Satzung unter § 2 Abs. 1 und 2 WaS auf Anlagen, die beigefügten Anlagen sind mit dem Satzungstext jedoch nicht untrennbar verbunden; auch sind die Anlagen lediglich als „Anlage“ ohne Bezugnahme auf die Satzung gekennzeichnet.

Darüber hinaus erscheint zweifelhaft, ob das Vorhabengrundstück FlNr. ... der Gemarkung ... überhaupt in den räumlichen Geltungsbereich der Werbeanlagensatzung nach § 2 Abs. 1 WaS fällt. Nach § 2 Abs. 1 WaS gelten die Regelungen des §§ 3 und 4 sowie der §§ 10 bis 12 der Satzung „für alle Grundstücke an den Hauptdurchfahrtsstraßen des Hauptortes und der Ortsteile“. In wörtlicher Auslegung des Satzungstextes ist das Vorhabengrundstück mit der FlNr. ... der Gemarkung ... damit nicht vom räumlichen Geltungsbereich erfasst, da es nicht unmittelbar an die Hauptdurchfahrtsstraße angrenzt, sondern vielmehr zwischen der Straße und dem Vorhabengrundstück das Grundstück des Baches FlNr. ... der Gemarkung ... liegt. Die sich hieraus ergebende uneinheitliche Tiefe des räumlichen Geltungsbereichs eines Fremdwerbungsverbots entlang der Hauptverkehrsstraße erscheint aufgrund der ungleichmäßigen Belastung der jeweiligen Grundstückseigentümer mit dem die Baufreiheit einschränkenden Werbeverbot unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls als fragwürdig.

Dies kann letztlich dahinstehen, da die Werbeanlagensatzung der Beigeladenen der Ermächtigungsgrundlage in Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BayBO insoweit nicht entspricht, als sich im hier maßgeblichen Geltungsbereich des Hauptortes keine einheitliche Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit für ein generalisierendes Verbot entlang der Hauptdurchgangsstraße ergibt.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs sind generalisierende Verbote bestimmter Werbeanlagen durch Ortsgestaltungssatzungen nur dann im Einklang mit Art. 14 GG und verhältnismäßig, wenn sie eine Entsprechung in einem Mindestmaß an Einheitlichkeit des Baugebietscharakters finden und die vom Gesetzgeber genannten ortsgestalterischen Gründe ein entsprechendes Verbot tatsächlich erfordern (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.1972 - IV C 11.69 - BeckRS 1972, 30435060; BayVerfGA, E.v. 23.1.2012 - Vf 18-VII-09 - BayVBl. 2012, 397 ff.). Eine generalisierende Regelung für Werbeanlagen setzt somit die Homogenität eines zu schützenden Bereiches voraus. An planungsrechtlich bestimmten oder durch die tatsächlichen Verhältnisse gegebenen unterschiedlichen Nutzungsweisen der Bauflächen darf eine baugestalterische Regelung über Anforderungen an Werbeanlagen nicht schlechthin vorbeigehen (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.1972, a. a. O.). Eine Satzung muss sich unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit als Ergebnis einer sachgerechten Abwägung zwischen den im öffentlichen Interesse stehenden ortsgestalterischen Gründen und den grundrechtlich betroffenen Belangen, insbesondere dem merkantilen Interesse von Grundstückseigentümern an einer Nutzung zu Werbezwecken darstellen. Als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ist ein generalisierender Ausschluss von Fremdwerbeanlagen nur gerechtfertigt, wenn und soweit er vom geregelten Sachbereich her geboten und in seiner Ausgestaltung selbst sachgerecht ist. Das baugestalterische Ziel, eine Beeinträchtigung des vorhandenen oder durch Planung erstrebten Charakters eines Baugebiets durch funktionswidrige Anlagen zu verhindern, ist ein beachtenswertes öffentliches Anliegen in diesem Sinn. Im Hinblick auf die tangierten Grundrechte ist ein Verbot der Errichtung von Fremdwerbeanlagen auf Grundlage des Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO nur dort gerechtfertigt und somit verhältnismäßig, wo die vom Gesetzgeber genannten ortsgestalterischen Gründe ein entsprechendes Verbot erfordern. Soll mit einer Werbeanlagensatzung eine Regelung für das gesamte Gemeindegebiet erlassen werden, hat sich der Satzungsgeber mit dem Problem auseinander zu setzen, dass ein Gemeindegebiet in seiner Gesamtheit in der Regel aus verschiedenen Bereichen besteht, deren Ortsbild unterschiedlich schutzwürdig ist. Demnach hat der Satzungsgeber die Schutzbedürftigkeit des betroffenen Gebiets sorgfältig abzuwägen und im Zweifel nach Baugebieten, Bauquartieren und unter Umständen weitergehend etwa nach Straßenzügen abzustufen (vgl. BayVerfGH, E.v. 23.1.2012, a. a. O.). Ein generalisierendes Verbot von Anlagen der Fremdwerbung im gesamten Ortsbereich, in Mischgebieten ohne Konkretisierung nach den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten, wie etwa zum Schutz bestimmter Bauten, Straßen, Plätze oder Ortsteile von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung, erweist sich als unverhältnismäßig. Auch trifft die Annahme, Anlagen der Fremdwerbung seien in ländlichen Bereichen funktionsfremd oder per se störend, in der Sache nicht zu; allein das Abstellen auf einen ländlichen Charakter bzw. den ländlichen Eindruck eines Gebiets genügt insoweit nicht, einen gestalterischen Eigenwert zu begründen (vgl. BayVGH, B.v. 12.1.2015 - 15 ZB 13.1896 - juris, Rn. 10).

Wenn gleich die erforderliche Einheitlichkeit bzw. Homogenität durch eine städtebaulich bedeutsame Prägung eines bestimmten Teilgebiets einer Gemeinde wie die Ortsdurchfahrt bewirkt sein kann, und eine „besondere“ Schutzwürdigkeit des Teilgebiets nicht vorauszusetzen ist (vgl. BayVGH, B.v. 29.6.2015 - 1 ZB 13.1903 - juris, Rn. 4), sind gleichwohl zur Annahme einer Schutzwürdigkeit der gesamten Ortsdurchgangsstraße einheitliche ortsgestalterische Gründe zu fordern. Allein die Erwägung, die Ortsdurchgangsstraße sei die „Visitenkarte“ einer Gemeinde vermag insoweit eine besondere städtebauliche Bedeutung bzw. einheitliche Schutzwürdigkeit nicht zu begründen (vgl. VG Freiburg, U.v. 24.3.2004 - 2 K 1725/02 - EckRS 2006, 22026).

Auch wenn die Werbeanlagensatzung der Beigeladenen vom 29. April 2015 nicht das gesamte Gemeindegebiet, sondern die an den Hauptdurchfahrtsstraßen gelegenen Grundstücke mit einem Fremdwerbeverbot belegt, lassen sich nach den Erkenntnissen im Augenschein für den gesamten Geltungsbereich des Hauptortes keine einheitlichen ortsgestalterischen Gründe für ein generalisierendes Verbot entlang der gesamten Ortsdurchfahrt feststellen. Vielmehr bezieht die Werbeanlagensatzung in ihrem Geltungsbereich ausweislich des in Anlage 1 zur Werbeanlagensatzung vom 29. April 2015 markierten Bereiches auch Grundstücke mit ein, die in einem durch Bebauungsplan festgesetzten eingeschränkten Gewerbegebiet belegen sind (insbesondere Grundstücke FlNrn. ... sowie ... der Gemarkung ...). Damit hat die Beigeladene einen Ausschluss jeglicher Fremdwerbung entlang der gesamten Ortsdurchgangsstraße ohne jegliche Differenzierung danach vorgenommen, welches Baugebiet jeweils vorliegt. Wenngleich Hauptverkehrsstraßen für das äußere Erscheinungsbild eines Ortes besonders bedeutsam sein können und daher Gemeinden nach den örtlichen Gegebenheiten zum Schutz bestimmter Straßen von städtebaulicher Bedeutung Werbeverbote aussprechen können, kommt es für die Frage, wie weit ein solches Verbot unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gehen darf, auf die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und die Homogenität des Ortsbildes entlang der Ortsdurchfahrt an (vgl. BayVGH, B.v. 14.10.2014 - 1 ZB 12.1832 - juris, Rn. 5). Von einem einheitlich schützenswerten, homogenen Ortsbild entlang der Ortsdurchfahrt kann jedoch dann keine Rede sein, wenn das Werbeverbot die gesamte Ortsdurchfahrt, die sich auf den Ortskern, das faktische Dorfgebiet sowie gegebenenfalls Gemengelagen und schließlich auf Außenbereichsgrundstücke und durch Bebauungsplan festgesetzte Gewerbegebiete erstreckt, umfasst. Durch die Einbeziehung gewerblich genutzter Bereiche in den räumlichen Geltungsbereich der Werbeanlagensatzung, die einen generellen Fremdwerbungsausschluss vorsieht, sind die nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BayBO erforderlichen ortsgestalterischen Gründe für das festgesetzte Fremdwerbungsverbot nicht in dieser Gesamtheit gegeben. Die Satzung weist insoweit eine nicht hinreichende Differenzierung nach den vorherrschenden bzw. bauplanungsrechtlich möglichen Nutzungen entlang der Hauptverkehrsstraße auf. § 2 Abs. 1 WaS i. V. m. § 3 Abs. 1 WaS überschreitet damit die Ermächtigungsnorm des Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BayBO, steht mit Art. 12 und 14 GG nicht im Einklang und kann daher wegen Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Werbeanlage insoweit nicht entgegengehalten werden.

Auch die Größenbegrenzung in § 3 Abs. 2 WaS ist - unabhängig von der Frage, ob diese auf Fremdwerbeanlagen überhaupt Anwendung findet - nicht mit Art. 12 und 14 GG vereinbar, da auch insoweit keine hinreichende Differenzierung nach den ortsgestalterischen Gründen in den jeweils unterschiedlichen Baugebieten Rechnung getragen wird. Ortseinheitliche gestalterische Gründe, wonach Werbeanlagen sowohl in festgesetzten Gewerbegebieten als auch in wohnlich bzw. gemischt genutzten Bereichen eine höchstzulässige Größe von 2 m2 nicht überschreiten dürfen, sind unter Berücksichtigung der Uneinheitlichkeit des Ortsbildes entlang der Hauptdurchfahrtsstraße des Hauptortes der Beigeladenen nicht erkennbar.

Eine teilweise Aufrechterhaltung der Satzung im Sinne einer Reduktion ihres räumlichen Geltungsbereichs auf die Gebiete, in denen ein genereller Ausschluss von Fremdwerbung und großflächigen Werbeanlagen zulässig wäre, ist dem Gericht mangels eines entsprechenden Gestaltungsermessens verwehrt (vgl. VG Freiburg, U.v. 25.7.2012 - 1 K 2107/10). Eine Werbeanlagen- oder Gestaltungssatzung tangiert das Eigentumsgrundrecht, wenn sie Großflächenwerbetafeln in genereller Weise oder durch eine Größenbeschränkung verbietet und damit die Nutzung von Grundstücken zu Werbezwecken beschränkt. Ein solches Verbot ist nur dann gerechtfertigt und somit verhältnismäßig, wo die vom Gesetzgeber genannten ortsgestalterischen Gründe ein entsprechendes Verbot erfordern. Dementsprechend sind an die Zulässigkeit von Werbeanlagen je nach den Gegebenheiten des jeweiligen Gemeindebereichs und den damit verbundenen Schutzzweck unterschiedliche Anforderungen zu stellen und nach diesen Schutzmaßstäben abzustufen. Generalisierende Regelungen für Werbeanlagen können nur bei einer Homogenität des zu schützenden Bereichs getroffen werden (vgl. zum Ganzen: BayVerfGH, E.v. 23.1.2012, a. a. O.). Der Satzungsgeber hat nach alledem bei Erlass einer Werbeanlagen- oder Gestaltungssatzung nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO die Schutzbedürftigkeit des betroffenen Gebiets sorgfältig abzuwägen und im Zweifel nach Baugebieten, Bauquartieren und unter Umständen noch weitergehend nach Straßenzügen abzustufen. Das erkennende Gericht hat bei der Inaugenscheinnahme des räumlichen Geltungsbereichs der Werbeanlagensatzung entlang der Hauptdurchfahrtsstraße des Hauptortes keine einheitlichen ortsgestalterischen Gründe erkennen können, die ein einheitliches Fremdwerbeverbot gemäß § 3 Abs. 1 WaS erfordern. § 3 Abs. 1 und Abs. 2 WaS i. V. m. § 2 Abs. 1 WaS können dem Vorhaben der Klägerin daher nicht entgegengehalten werden.

3. Das streitgegenständliche Vorhaben verstößt auch nicht gegen das Verunstaltungsverbot gemäß Art. 8 Satz 1 und 2 BayBO, auf das sich der Beklagte gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BayBO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren berufen hat. Nach Art. 8 Satz 1 BayBO müssen bauliche Anlagen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Art. 8 Satz 2 BayBO schreibt vor, dass bauliche Anlagen das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten dürfen (sogenanntes umgebungsbezogenes Verunstaltungsverbot). Eine Verunstaltung im Sinne dieser Vorschrift ist nur dann anzunehmen, wenn ein für ästhetische Eindrücke offener Durchschnittsbetrachter die betreffende Werbeanlage an ihrer Anbringungsstelle als belastend oder unlusterregend empfinden würde. Aufgabe des Art. 8 Satz 2 BayBO ist es insoweit in erster Linie, Auswüchse zu unterbinden, nicht jedoch bestimmte ästhetische Wertvorstellungen zur Stadtbildgestaltung durchzusetzen (vgl. BayVGH, B.v. 11.8.2006 - 26 B 05.3024 - juris m. w. N.). Unter dem Begriff der Verunstaltung ist ein hässlicher, das ästhetische Empfinden eines für solche Eindrücke aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters nicht bloß beeinträchtigender, sondern verletzender Zustand zu verstehen; eine Störung der architektonischen Harmonie genügt insofern nicht, vielmehr muss die optische Situation als belastend oder unlusterregend empfunden werden (vgl. BayVGH, B.v. 12.5.2014 - 2 ZB 12.2498 - juris, Rn. 3; U.v. 25.7.2002 - 2 B 02.165 - juris, Rn. 19). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kann das Straßenbild in Einzelfällen bereits dann verunstaltet sein, wenn ein architektonisch hervorgehobenes Gebäude, das Bestandteil des Straßenbildes ist, verunstaltet wird. In Bezug auf Werbeanlagen entspricht es darüber hinaus der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dass sie ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie die Gebäudewand, an der sie angebracht werden sollen, zu einem Werbeträger umfunktionieren oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und dieses damit empfindlich stören (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2016 - 2 ZB 15.2503 - juris, Rn. 2; U.v. 11.11.2014 - 15 B 12.2765 - juris m. w. N.). Eine Werbeanlage verunstaltet das Orts- und Straßenbild im Sinne des Art. 8 Satz 2 BayBO durch die Verunstaltung des Gebäudes selbst, an welchem sie angebracht werden soll, durch die hiervon ausgehenden Auswirkungen auf das umgebende Straßenbild, wenn der erforderliche maßvolle Kontrast zu der vorhandenen näheren Umgebung nicht gegeben ist.

Nach diesen Maßstäben liegt nach Auffassung der erkennenden Kammer eine verunstaltende Wirkung der Werbeanlage auf das Gebäude selbst und mithin auf das Orts- und Straßenbild im vorliegenden Verfahren nicht vor. Bei der streitgegenständlichen Werbeanlage handelt es sich um eine unbeleuchtete Werbeanlage im Euroformat. Diese soll nicht auf der Giebelfläche, sondern auf der fensterlosen Traufwand des Wirtschaftsgebäudes auf dem Vorhabengrundstück in einer Höhe von 1,3 m im rechten straßenseitigen Bereich angebracht werden. Unter Berücksichtigung der Höhe und Größe der Wand, an der die streitgegenständliche Werbeanlage angebracht werden soll, lässt die streitgegenständliche Werbeanlage das Erscheinungsbild der Fassadenwand nicht unangemessen zurücktreten. Die Werbetafel wirkt sich nach den Feststellungen im Augenschein in dem durch landwirtschaftliche Betriebsgebäude, gewerbliche Nutzungen und durch Wohnnutzung geprägten Straßen- und Ortsbild nicht als ein das ästhetische Empfinden massiv verletzender Fremdkörper aus. Wenngleich die fensterlose Fassadenwand bislang eine gestalterisch ruhige Fläche bot, ist sie aufgrund ihrer Größe geeignet, die Werbeanlage aufzunehmen und bewirkt keine gestalterische Unruhe oder Disharmonie des in der Umgebung vorhandenen engeren Ortsbildes. Allein die Tatsache, dass es sich bei dem Bauvorhaben um die erste Werbeanlage in der maßgeblichen näheren Umgebung handelt, ist nicht geeignet, eine verunstaltende Wirkung zu begründen. Die sich in das Straßenbild einordnende Wirkung wird durch die fehlende Beleuchtung der streitgegenständlichen Werbeanlage unterstrichen.

Das streitgegenständliche Vorhaben verstößt somit auch nicht gegen die von der Bauordnungsbehörde geprüften sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Bauordnungsrechts.

Abgesehen davon, dass sich die Bauordnungsbehörde hierauf nicht berufen hat, stellen Regelungen der Sanierungssatzung der Beigeladenen keine sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO dar (vgl. VG Ansbach, U.v. 30.7.2015 - AN 3 K 15.00482 - juris, Rn. 41).

Der Klägerin ist daher die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, 711 Satz 1 ZPO.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt.

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet im Rahmen der dargelegten Zulassungsgründe keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass sich die geplante Werbeanlage an der Nordfassade des Hauptbahnhofs im konkreten Einzelfall als verunstaltend im Sinn von Art. 8 BayBO darstellt und damit der Klägerin kein Anspruch auf die Erteilung der begehrten Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Eine Verunstaltung im Sinn des Art. 8 Satz 2 BayBO ist dann anzunehmen, wenn ein für ästhetische Eindrücke offener Durchschnittsbetrachter die betreffende Werbeanlage an ihrer Anbringungsstelle als belastend oder Unlust erregend empfinden würde (vgl. BVerwG, U. v. 28.6.1955 - I C 146.53 - BVerwGE 2, 172; BayVGH, U. v. 26.7.1999 - 2 B 94.1533 - juris; U. v. 25.7.2002 - 2 B 02.164 - juris). Dabei reicht jedoch nicht jede Störung der architektonischen Harmonie aus, vielmehr ist ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Beschauers nicht nur beeinträchtigender, sondern verletzender Zustand erforderlich (vgl. BVerwG, U. v. 28.6.1955 - I C 146.53 - BVerwGE 2, 172; BayVGH, U. v. 26.7.1999 - 2 B 94.1533 - juris; U. v. 25.7.2002 - 2 B 02.164 - juris).

Gemessen an diesen Grundsätzen stellt sich die geplante Werbeanlage als verunstaltend dar. Zwar mag das Gebäude des Hauptbahnhofs sich in einem eher sanierungsbedürftigen und nicht mehr sehr ansprechenden Zustand befinden. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass das Gebäude in gestalterischer und architektonischer Hinsicht gleichsam aufgegeben worden ist, wie die Klägerin annimmt. Dies kann auch nicht der Tatsache entnommen werden, dass der fensterlose Bereich an der Nordfassade, auf welchem die Mega-Light-Werbeanlage angebracht werden soll, im Jahr 2011 saniert und dabei die Natursteinfassade durch eine mit einem Verbundsystem verputzte Oberfläche in gedeckten Sandton ersetzt wurde. Gestalterisch prägend für den Gebäudekomplex ist einerseits der unruhige Erdgeschossbereich mit Läden und Gastronomie sowie Eigenwerbeanlagen und andererseits der davon horizontal abgesetzte Bereich der Obergeschosse, der sich durch eine Fassadengliederung mit eloxierten Aluminiumplatten in Grau- und Blautönen in einer kleinteiligen Struktur auszeichnet. Der Bereich der Obergeschosse ist freigehalten von Werbeanlagen. Zur gestalterischen Beruhigung der kleinteiligen Fassadengestaltung im Obergeschossbereich ist sowohl an der Nordfassade als auch an der Südfassade im Eckbereich zur Hauptfassade im Osten hin ein ca. 8 m breiter fensterloser Bereich freigehalten, der ursprünglich mit Natursteinen verkleidet war und nunmehr mit einem Verbundsystem verputzt ist. Die Klägerin verkennt dabei, dass nicht die Natursteinfassade selbst durch eine - ohnehin ausweislich der alten in den Akten befindlichen Fotos eher geringe - Gliederung zur architektonischen Beruhigung beigetragen hat, sondern das Bestehen des ca. 8 m breiten fensterlosen Bereichs als solcher. Daher ist der Austausch der Natursteinfassade durch eine mit einem Verbundsystem verputzte Oberfläche kein Zeichen dafür, dass das Gebäude des Hauptbahnhofs insoweit in gestalterischer und architektonischer Hinsicht aufgegeben worden wäre. Vielmehr wird die beruhigende Wirkung dieses Fassadenbereichs durch die glatt verputzte Fläche noch verstärkt. Entsprechend behalten die im Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. März 2001(Az. M 8 K 00.5050) getroffenen Aussagen auch heute noch ihre Gültigkeit.

Dem Gebäude des Hauptbahnhofs kommt bereits aufgrund seiner Größe - die Hauptfassade ist rund 170 m breit - und seiner zentralen Lage im Stadtgebiet sowie seiner Funktion eine ganz erheblich prägende Wirkung für das Orts- und Straßenbild zu. Diese Wirkung wird durch die architektonische Gestaltung mit dem zentralen Eingangsbereich samt Vordach und der großen Uhr noch verstärkt. Am Gebäude finden sich ausweislich der Feststellungen des Erstgerichts im Augenschein (Niederschrift vom 15. Juni 2012, Bl. 31ff. der Gerichtsakte M 8 K 11.5149) lediglich Werbeanlagen der Eigenwerbung der dort befindlichen Geschäfte und Gastronomie im Erdgeschoss und im trennenden Simsbereich zwischen Erdgeschoss und erstem Obergeschoss. Auch in der unmittelbaren Umgebung konnten an den Gebäuden lediglich Eigenwerbeanlagen festgestellt werden. Dies gilt ebenfalls für das gegenüberliegende Hotelgebäude, welches zwar zahlreiche Werbeanlagen in den Obergeschossen des dreigeschossigen Sockelgeschosses aufweist, die jedoch ausschließlich der Eigenwerbung dienen. Die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts wurden insoweit nicht mit Erfolg in Frage gestellt. Die Fensteraufkleber im ersten Obergeschoss des Bahnhofsgebäudes, die erstmals im Zulassungsverfahren dargetan wurden und deren Genehmigungssituation ungeklärt ist, dienen ebenfalls der Eigenwerbung des dort befindlichen Süßwaren-Ladens. Zudem durchbrechen sie die eigentliche Fassadengestaltung nicht, sondern ordnen sich dieser unter. Die beantragte Werbeanlage würde hingegen erstmals unmittelbar am Gebäude eine großformatige Anlage der Fremdwerbung darstellen und die eigentlich zur architektonischen Beruhigung gedachte Fläche durchbrechen. Gerade im Hinblick auf die für das Orts- und Stadtbild besonders prägende Funktion des Hauptbahnhofgebäudes erscheint die im Bereich der eher ruhigen Obergeschosse geplante Fremdwerbeanlage besonders auffällig und für den aufgeschlossenen Durchschnittbetrachter als ein die architektonische Gesamtkonzeption verletzender Zustand.

2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen bzw. nicht dargelegt wurden.

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass sich die geplante Werbeanlage an der östlichen Gebäudewand des nördlichen Gebäudeteils des ehemals als Postamt errichteten Klinkergebäudes im konkreten Einzelfall als verunstaltend im Sinn von Art. 8 BayBO darstellt und damit der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Allerdings kann die Ablehnung der Errichtung der Werbeanlage entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht auf Art. 8 Satz 1 BayBO gestützt werden. Nach Art. 8 Satz 1 BayBO müssen bauliche Anlagen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet (nicht: verunstaltend!) wirken. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung wohl auf den Wortlaut des früheren Art. 11 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1998 abgestellt. Der Wechsel in der sprachlichen Formulierung „nicht verunstaltend“ (Partizip Präsens) einerseits und „nicht verunstaltet“ (Partizip Perfekt) andererseits ist darauf zurückzuführen, dass nunmehr der baurechtlich vor allem relevante, unzulässige Dauerzustand der baulichen Anlage nach deren Errichtung hervorgehoben werden soll (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: September 2015, Art. 8 Rn. 69). Art. 8 Satz 1 BayBO verbietet, dass die bauliche Anlage als solche verunstaltet ist. Wenn eine bauliche Anlage wie eine Werbetafel an einer baulichen Anlage wie einem Gebäude errichtet werden soll, ist - da es sich nicht um die gleiche bauliche Anlage handelt - eine Verunstaltung nicht nach Satz 1, sondern nach dem umgebungsbezogenen Satz 2 zu beurteilen (vgl. Dirnberger a. a. O., Art. 8 Rn. 70). Der Sache nach hat das Verwaltungsgericht jedoch Art. 8 Satz 2 BayBO geprüft, wenn es ausführt, es sei unter Berücksichtigung der obergerichtlichen Maßstäbe davon auszugehen, dass durch die Anbringung der Werbetafel das ehemalige Postgebäude verunstaltet werde. Nach Art. 8 Satz 2 BayBO dürfen bauliche Anlagen das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten (siehe a)). Dabei kann nach Auffassung des Senats das Straßenbild in Einzelfällen bereits dann verunstaltet sein, wenn ein architektonisch hervorgehobenes Gebäude, das Bestandteil des Straßenbilds ist, verunstaltet wird (siehe b)).

a) Das Erstgericht hat herausgearbeitet, dass die geplante Werbeanlage im vorliegenden Einzelfall den unbestimmten Rechtsbegriff der Verunstaltung erfüllt. Eine Verunstaltung ist dann gegeben, wenn die zur Prüfung stehende Anlage das ästhetische Empfinden eines für solche Eindrücke aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters nicht nur beeinträchtigt, sondern verletzt. In Bezug auf Werbeanlagen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sie ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie die entsprechende Wand zu einem Werbeträger umfunktionieren oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und dieses damit empfindlich stören (vgl. BayVGH, U. v. 28.10.2014 - 15 B 12.2765 - juris m. w. N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen würde die an der Klinkerfassade anzubringende 3,70 m breite und 2,70 m hohe Plakatwerbetafel gegen die Gebote der Maßstäblichkeit und des Verhältnisses der Baumassen und Bauteile zueinander verstoßen und einen unästhetischen Fremdkörper darstellen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass bereits das Bestandsgebäude eine unruhige und diffuse Wirkung ausstrahle. Zwar mag die asymmetrische Gestaltung der Giebelwand ein gewisses Unruheelement in sich tragen, von einer architektonischen Verunstaltung bereits durch das Bestandsgebäude kann jedoch keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich bei dem Bau um eine bewusste architektonische Gestaltung, wie das Erstgericht zutreffend herausgearbeitet hat. Das Verwaltungsgericht hat dabei sowohl die Giebelwand als auch das Gebäude insgesamt betrachtet. Zwar soll die Werbeanlage so angebracht werden, dass sie bündig an den Waschbetonsockel ansetzt sowie sich in ihrer Ausdehnung genau zwischen dem an der Örtlichkeit vorhandenen Fenster im Untergeschoss und der linken Gebäudekante einfügt. Dies führt jedoch zu keinem anderen Ergebnis. Denn wie sich aus den in den Akten befindlichen Fotos und auch der Computersimulation ergibt, würde die Werbeanlage auf die gesamte Klinkerfassade ausstrahlen. Zu vernachlässigen ist in diesem Zusammenhang, dass der graue Waschputz nach Auffassung der Klägerin nicht mit den Klinkersteinen abgestimmt ist. Denn der farbliche Kontrast kann durchaus auch als architektonisches Gestaltungsmittel gesehen werden.

b) Das ehemalige Postgebäude ist Bestandteil des Straßenbilds. Durch die Verunstaltung des Postgebäudes wird im vorliegenden Einzelfall zugleich das Straßenbild verunstaltet. In welchem Umfang die Umgebung zur gestalterischen Beurteilung heranzuziehen ist, richtet sich nämlich danach, wie weit sich die bauliche Anlage gestalterisch auswirkt. Als Umgebung kommen deshalb insbesondere andere bauliche Anlagen (vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand; August 2015, Art. 8 Rn. 35), wie hier das ehemalige Postgebäude, in Betracht. Eine Verunstaltung des Straßenbilds ist insbesondere dann gegeben, wenn das Gebäude aufgrund der besonderen architektonischen Gestaltung einen Solitär darstellt, der das Straßenbild prägt. Dies hat das Verwaltungsgericht noch hinreichend deutlich herausgearbeitet. Das Erstgericht hat das gesamte Gebäude auf den FlNrn. 1121/15 und 1121/9 durch seine bewusste architektonische Gestaltung mit markanten Dachgiebeln und gezielt gesetzten Fensterflächen als Solitär eingestuft. Diese Einschätzung ist für den Senat anhand der vom Verwaltungsgericht im Augenscheinstermin gefertigten Fotos sowie der in den Akten befindlichen Lagepläne nachvollziehbar. Ob eine bauliche Anlage eine andere schützenswerte bauliche Anlage in der Umgebung verunstaltet, hängt des Weiteren insbesondere auch davon ab, ob beide Anlagen ohne weiteres mit einem Blick erfasst werden können (vgl. Molodovsky a. a. O., Art. 8 Rn. 35). Das ist hier der Fall.

Die Klägerin trägt vor, dass die Bebauung in östlicher Richtung vom Vorhabensstandort hin zum Bahnhof modern gestaltet sei. Der Senat versteht dieses Vorbringen so, dass sie damit die verunstaltende Wirkung auf das Straßenbild verneinen will. Allein eine moderne Gestaltung der weiteren Umgebung - was auch immer man darunter verstehen mag - führt jedoch nicht dazu, dass die verunstaltende Wirkung einer Werbeanlage auf ein einzelnes Gebäude und die Umgebung aufgehoben wird. Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Fensterfronten zum Großteil mit Werbung beklebt seien, teilt der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts. Dies kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen, weil die Beklebungen nicht gesondert außen am Gebäude angebracht sind, sondern - relativ unauffällig - bereits vorhandene Fenster bzw. Türöffnungen nutzen.

2. Soweit der Zulassungsantrag auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützt wird, fehlt jeglicher Vortrag zum Zulassungsgrund (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. August 2011 wird geändert. Die Klage gegen den Bescheid der Stadt Augsburg vom 1. Juli 2010 wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 16. Februar 2010 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer beleuchteten Werbetafel („TopLux“) an der straßenseitigen Außenwand einer flach überdachten Tiefgarageneinfahrt auf dem Grundstück FlNr. .../... der Gemarkung O. im Ortsteil K. der Beklagten. Die Wand, an der das Vorhaben rund 0,20 m oberhalb des unmittelbar vorbeiführenden Gehwegs angebracht werden soll, ist circa 7,00 m lang und 2,63 m hoch. Die aus drei Aluminiumblech-Segmenten bestehende Werbetafel selbst ist knapp 2,84 m hoch und etwas über 3,86 m breit; der auf allen vier Seiten zu öffnende, an den Ecken abgerundete Aluminiumrahmen ist circa 0,12 m tief; diese Konstruktion kann nach den Bauvorlagen mit oben und unten angebrachten Wandhaltern, zu deren Bautiefe keine konkreten Angaben gemacht wurden, an einer Mauer oder Wand befestigt werden. Auf der Oberseite soll die Tafel mit einer 3,46 m langen und insgesamt ab deren (wohl auf der Rückseite der Tafel angebrachten) Befestigungslaschen an zwei Auslegern rund 0,55 m auskragenden Beleuchtungsleiste (insgesamt 72 Watt Lampenleistung) versehen werden.

Die Beklagte lehnte den Bauantrag mit Bescheid vom 1. Juli 2010 ab. Die Plakatanschlagtafel sei in der als faktisches allgemeines Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 4 BauNVO) einzustufenden näheren Umgebung bauplanungsrechtlich grundsätzlich unzulässig und könne auch nicht ausnahmsweise als nicht störender Gewerbebetrieb zugelassen werden. Am Aufstellungsort würde sie direkt auf die auf der anderen Seite der N. Straße befindliche Wohnbebauung wirken, in gewerblicher Hinsicht sei das Umfeld durch dem Pietätsbereich zuzuordnende Nutzungen geprägt, die durch ein zurückhaltendes Auftreten im Straßenraum und fehlende Betriebsamkeit gekennzeichnet seien. Daneben stehe die Tafel im Widerspruch zu Art. 18 BayStrWG und zu der gemäß Art. 22a BayStrWG erlassenen Satzung über Straßensondernutzungen in der Stadt Augsburg (SNS) i. d. F. v. 1. Januar 2002. Das Vorhaben werde um die 0,16 m in den Straßenraum hineinragen. Eine Sondernutzungserlaubnis könne nicht erteilt werden, da die Anbringung der Werbetafel zu einer Verunstaltung des Aufstellungsortes selbst und des Orts- bzw. Straßenbildes in der näheren Umgebung i. S. v. Art. 8 BayBO führen würde. Dieses Bild werde vom benachbarten Friedhofsgelände, dessen straßenseitige, zwischen 1,78 m und 2,13 m hohe Einfriedungsmauer circa 1,60 m südlich vom Vorhaben beginne, sowie von Wohnbebauung bestimmt. Die Garageneinfahrtswand, an der sie angebracht werden solle, würde das Vorhaben um 0,67 m überragen.

Mit Urteil vom 4. August 2011 hob das Verwaltungsgericht Augsburg den ablehnenden Bescheid auf und verpflichtete die Beklagte, den Bauantrag unter Beachtung seiner Rechtsauffassung neu zu verbescheiden. Entgegen der Auffassung der Beklagten entspreche das maßgebliche Quartier auf der Ostseite der N. Straße zwischen der Dr. D... Straße im Norden und der U. Straße im Süden einem Mischgebiet i. S. d. § 6 BauNVO, in dem die geplante Werbeanlage als nicht störender Gewerbebetrieb nach § 34 Abs. 2 Halbs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 BauNVO allgemein zulässig sei. Das Vorhaben wirke auch wegen seiner Größe nicht besonders aufdringlich und dominiere seine Umgebung städtebaulich nicht so sehr, dass es als eine das Wohnen wesentlich störende Anlage angesehen werden könne. Von den auf der Ostseite der N. Straße gelegenen Häusern aus könne die Werbetafel gar nicht eingesehen werden, sie wirke allein auf Betrachter, die sich im Straßenraum bewegten. Nach Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO, Art. 21 Satz 1 BayStrWG sei über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis, die hier - unabhängig von einer in der städtischen Satzung mit 0,15 m angesetzten Bagatellgrenze - jedenfalls wegen des um mindestens 0,55 m in den Straßenraum hineinragenden Beleuchtungselements erforderlich sei, im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu entscheiden. Dabei habe die Beklagte ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Bei der Vergabe von Sondernutzungserlaubnissen sei die Ermessensbetätigung auf solche Kriterien beschränkt, die in sachlichem Zusammenhang mit der Straße, ihrer Funktion und ihrem Widmungszweck stehen; übergeordneter Gesichtspunkt sei die Wahrung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, nur vereinzelt könne auch auf städtebauliche, baupflegerische oder denkmalschützerische Belange abgestellt werden. Rein bauordnungsrechtliche Gesichtspunkte ohne jeden straßenrechtlichen Bezug dürften bei der Interessenabwägung nicht in den Blick genommen werden. Im Übrigen sei die Kammer der Auffassung, dass sich die Plakatanschlagtafel nicht zuletzt deswegen, weil in der näheren Umgebung keine vergleichbaren Objekte vorzufinden seien, nicht als verunstaltend darstellen würde. Der vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung (BayVGH, U. v. 24.5.2011 - 1 B 1.369 - juris) letztlich ohne weitere Begründung vertretenen Auffassung, eine Baugenehmigung könne schon deswegen nicht erteilt werden, weil eine Sondernutzung nach Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG nur auf Zeit oder auf Widerruf erlaubt werden dürfe, könne die Kammer nicht folgen. Denn dann könnte nach der Einführung der Verfahrenskonzentration zum 1. Januar 2008 in derartigen Fällen praktisch nie eine Bauerlaubnis erteilt werden. Bei der Neubescheidung werde die Beklagte ihre Entscheidung über die Erlaubnis einer Sondernutzung in erster Linie an den Auswirkungen des Vorhabens auf die widmungsgemäße Nutzung der N. Straße, insbesondere auf die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs, dem Ausgleich zeitlicher und örtlich gegenläufiger Interessen verschiedener Straßenbenutzer und Straßenanlieger sowie an sonstigen unmittelbar auf den Straßengrund bezogenen sachlichen Erwägungen zu orientieren haben.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung beantragt die Beklagte (sinngemäß),

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 4. August 2011 zu ändern und die Klage gegen den Bescheid vom 1. Juli 2010 abzuweisen.

Das Verwaltungsgericht habe bei der Abgrenzung der maßgeblichen näheren Umgebung außer Acht gelassen, dass der mit einer steinernen Mauer von 65 m Länge eingefriedete, 2,13 ha große Friedhof den Bebauungszusammenhang auf der Ostseite der N. Straße unterbreche und in den nördlich und südlich davon gelegenen Bereichen jeweils Nutzungen vorhanden seien, die nur in unterschiedlichen Baugebieten zulässig seien. Der Betrieb des an der Kreuzung mit der U. Straße ansässigen Clubs sei wegen seiner überregionalen Besucherstruktur und der vom Parkplatzsuchverkehr ausgelösten Störungen nur in einem Mischgebiet möglich. Die nördlich des Friedhofs in der Nähe des Standorts der streitgegenständlichen beleuchteten Werbeanlage vorhandenen Nutzungen (Bestattungsunternehmen, Blumengeschäft, Friseurladen, Gaststätte, Tankstelle, Versicherungsbüro) seien in einem allgemeinen Wohngebiet entweder regelhaft (§ 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO) oder ausnahmsweise (§ 4 Abs. 3 Nr. 2 und 5 BauNVO) bzw. als freiberufliche Nutzung (§ 13 BauNVO) zulässig; ansonsten befinde sich dort nur Wohnbebauung. Seitens der Beklagten würden Baugenehmigungen für Werbeanlagen im öffentlichen Straßengrund widerruflich und/oder auf Zeit sowie unter Bedingungen und Auflagen erteilt. Die vom Verwaltungsgericht geübte Kritik an dem Kriterienkatalog, auf den die Beklagte dabei zurückgegriffen habe, gehe vor dem Hintergrund der den Bauaufsichtsbehörden von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO eingeräumten Ablehnungsbefugnis im Ergebnis ins Leere. Auch für Werbeanlagen auf öffentlichen Verkehrsflächen gälten die allgemeinen baugestalterischen Anforderungen des Verunstaltungsverbots, dessen Verletzung im Bescheid vom 1. Juli 2010 bereits festgestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Landesanwaltschaft Bayern stellt keinen Antrag. Sie hält abweichend vom Urteil des 1. Senats vom 24. Mai 2011 (Az. 1 B 11.369 - juris) eine gänzliche Versagung der Baugenehmigung unter Verweis auf Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG für unverhältnismäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die Beklagte nicht unter Aufhebung des Bescheids vom 1. Juli 2010 zur Neubescheidung verpflichten dürfen. Die Beklagte hat den Bauantrag für die Errichtung der beleuchteten Werbetafel im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung (§ 113 Abs. 5 VwGO, Art. 68 Abs. 1 BayBO). Das Vorhaben ist aus bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Gründen nicht zulassungsfähig.

1. Die streitgegenständliche Werbetafel für Außen-Fremdwerbung ist eine eigenständige Hauptnutzung im Sinn des Bauplanungsrechts (BVerwG, U. v. 3.12.1992 -4 C 27/91 - BVerwGE 91, 234 = juris Rn. 13 bis 18 und 24 bis 27). Dessen Anwendung auf den vorliegenden Bauantrag wird nicht dadurch ausgeschlossen oder eingeschränkt, dass die Anlage, von Befestigungsteilen in der Wand, an der sie angebracht werden soll, abgesehen, zur Gänze im öffentlichen Straßenraum verwirklicht werden soll, der für eine Bebauung nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, B. v. 11.2.2000 - 4 B 1/00 - BRS 63 Nr. 102 = juris Rn. 16). Einerseits zeigt nicht nur der vorliegende Fall, dass der vom Bundesverwaltungsgericht - in anderem Zusammenhang - apodiktisch formulierte Satz gerade bei Werbeanlagen, aber beispielsweise auch bei Freischankflächen oder Werbevitrinen auf Gehsteigen oder in Fußgängerzonen zahlreiche Ausnahmen erfährt. Die zitierte Aussage stellte daneben aber auch nicht die Geltung des Bauplanungsrechts für einen bestimmten Fall in Frage, sondern zog - und insoweit offenkundig in Anwendung materiellen Planungsrechts -aus der prinzipiellen Unbebaubarkeit von Verkehrsflächen nur den Schluss, dass diese zur Klärung der Frage, welche Prägung die nähere Umgebung besitzt, nichts beitragen können und deshalb grundsätzlich nicht zur näheren Umgebung im Sinn des § 34 Abs. 1 BauGB gehören. Die Bayerische Bauordnung macht ihre grundsätzliche Geltung auch für ortsfeste Anlagen der Wirtschaftswerbung im Übrigen ebenfalls nicht von deren Aufstellungsort abhängig, vgl. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 Satz 2 BayBO.

2. In einem Bauleitplan festgesetzte Baugrenzen sind von allen baulichen Anlagen, damit auch von Werbeanlagen, einzuhalten (BVerwG, U. v. 7.6.2001 - 4 C 1/01 -NVwZ 2002, 90 = juris Ls 2 und Rn. 11 bis 17). In einem, hier unstreitig gegebenen, unbeplanten Innenbereich muss sich das Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, zur Konkretisierung dieser Anforderungen kann auf die Bestimmungen des § 23 BauNVO zurückgegriffen werden (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2005 - 1 CS 04.3461 - juris Rn. 15 ff.). Die nähere Umgebung ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - ZfBR 2014, 574 = juris Ls 1 und Rn. 7). Der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstückfläche maßgebliche Bereich ist in der Regel enger zu ziehen als derjenige für die Ermittlung der zulässigen Art der Nutzung (BayVGH, B. v. 25.4.2005 a. a. O. Rn. 18; BVerwG, B. v. 13.5.2014 a. a. O. Rn. 8).

Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt im vorliegenden Fall, dass der von der Klägerin für ihr Vorhaben gewählte Standort bauplanungsrechtlich nicht zulässig ist. Der für die Bestimmung der überbaubaren Grundstücksfläche entscheidende Bereich beschränkt sich auf den geplanten Anbringungsort der Werbetafel und die in nordnordwestlicher Richtung auf der Ostseite der N. Straße bis zu deren Kreuzung mit der Dr. D... Straße befindlichen Grundstücke. Dieser Bereich ist etwas über 160 m lang und umfasst sechs verschiedene, jeweils mit Hauptgebäuden bzw. Zapfsäulenanlagen entlang der Straße bebaute Grundstücke. Den Lageplänen und Farbfotos in den Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts ist zu entnehmen, dass das Erscheinungsbild des südlich hieran anschließenden Teiles der straßenbegleitenden Bebauung auf einer Länge von rund 67 m von der grenzständigen, zwischen 1,78 m und 2,13 m hohen steinernen Mauer des katholischen Friedhofs K. bestimmt wird. Auf den letzten circa 55 m bis zur Kreuzung mit der U. Straße folgt - nur noch - das in Nord-Süd-Richtung angeordnete und damit in spitzem Winkel zur N. Straße stehende und mit seiner Südwestecke bis an die Straße heranreichende Gebäude des „S.-Club“. Die wertende Betrachtung der gesamten Straßenfront ergibt, dass es für die Beurteilung der überbaubaren Grundstücksfläche mit der verfahrensgegenständlichen Hauptnutzung lediglich auf den eingangs beschriebenen, nördlich des Friedhofs gelegenen Teil entlang der N. Straße ankommt, schon weil der Friedhof insoweit eine optisch markante Zäsur im baulichen Erscheinungsbild darstellt. In dem danach maßgeblichen Abschnitt bleibt die maßstabsbildende (vgl. BVerwG, B. v.2.8.2001 -4 B 26/01 - BauR 2002, 277 = juris Rn. 5; BayVGH, B. v. 23.4.2002 - 20 B 03.3002 -NVwZ-RR 2005, 391 = juris Rn. 13/14) Bebauung mit Hauptgebäuden durchgängig um mindestens rund 3 m vom Straßengrundstück zurück. Unmittelbar an der Grenze zum Gehweg befinden sich hier unter anderem Pflanzbeete (FlNr. .../...), eine dichte Hecke (FlNr. .../...) und eine baumbestandene Wiese (FlNr. .../...). Auch wenn es im vorliegenden Zusammenhang hierauf nicht ankommt, lässt sich feststellen, dass selbst die rechtwinklig zur Straße stehenden Hinweisschilder (Preise/Shop/Wäsche/Reifen) auf dem Gelände der Tankstelle (FlNr. .../... und /11)) erst deutlich hinter dem Gehsteigrand beginnen. Daraus folgt, dass sich aus der in der Umgebung vorhandenen Bebauung eine vordere Baugrenze (vgl. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO) ablesen lässt. Für die Unzulässigkeit eines Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB reicht es aus, dass dieses sich hinsichtlich eines der Maßstäbe - hier: nach der überbaubaren Grundstücksfläche - nicht einfügt (BVerwG, B. v. 23.11.1998 - 4 B 29/98 - BauR 1999, 233 = juris Ls 2 und Rn. 10 zu einem Zurückspringen hinter eine faktische vordere Baulinie). Ein solcher Fall liegt hier vor, weil die Zulassung des in der Umgebung vorbildlosen Vorhabens einen Ansatz für nachfolgende vergleichbare Bauwünsche, etwa auf dem Gelände der Tankstelle oder am straßennahen Rand der Wiese auf der FlNr. .../... bieten und deshalb zu „städtebaulichen Spannungen“ führen würde (vgl. BVerwG, U. v. 26.5.1978 - 4 C 9/77 - BVerwGE 55, 369 = juris Ls 9 und Rn. 45 bis 47). Nur zur Klarstellung sei angemerkt, dass dieses Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass es für den Standort einer Werbetafel im öffentlichen Verkehrsraum, weil dieser Bereich als solcher für eine Bebauung nicht zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, B. v.11.2.2000 - 4 B 1/00 - BRS 63 Nr. 102 = juris Rn. 16, siehe bereits oben) regelmäßig auch keine faktischen Bauraumbegrenzungen geben kann. Es liegt auf der Hand, dass das im vorliegenden Fall als entscheidungserheblich festgestellte Herausfallen des Vorhabens aus den auf den Baugrundstücken entlang der Straße von maßstabsbildender Bebauung eingenommenen Flächen nicht dadurch relativiert oder beseitigt werden kann, dass die Anlage darüber hinaus auch noch jenseits der Grenze eines anliegenden privaten Grundstücks in den Luftraum einer öffentlichen Verkehrsfläche hineinreichend geplant ist. Dieser Umstand mag in diesem und in vergleichbaren Fällen - wenn überhaupt - allenfalls zusätzlich zulasten des Vorhabens ins Gewicht fallen.

3. Das Vorhaben verstößt auch gegen das Verunstaltungsverbot des Art. 8 Satz 1 BayBO. Danach müssen bauliche Anlage nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Verunstaltung ist erfüllt, wenn die zur Prüfung stehende Anlage das ästhetische Empfinden eines für solche Eindrücke aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters nicht nur beeinträchtigt, sondern verletzt (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Mai 2014, Art. 8 Rn. 1; König in Schwarzer/König, BayBO, 4. Aufl. 2012, Art. 8 Rn. 2; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand Januar 2014, Art. 8 Rn. 54; Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand 1. Juli 2014, Art. 8 Rn. 22 bis 25). In Bezug auf Werbeanlagen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sie ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie die entsprechende Wand zu einem Werbeträger umfunktionieren (vgl. BayVGH, B. v. 24.9.2002 - 14 ZB 02.1849 - juris Rn. 2) oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und dieses damit empfindlich stören (vgl. OVG Berlin, B. v. 7.1.2002 - 2 SN 30.01 - NVwZ 2002, 489 = juris Ls 3 und Rn. 16; HessVGH, B. v. 5.10.1995 - 3 TG 2900/95 - BRS 57 Nr. 179 = juris Rn. 8).

Nach diesen Maßstäben würde die an der 7 m breiten und 2,63 m hohen, unaufdringlicheinheitlich gestalteten Außenwand der Tiefgarageneinfahrt anzubringende, annähernd 3,90 m breite und samt ihrer Beleuchtungsleiste etwa 3,30 m hohe Werbetafel für wechselnde Fremdwerbung gegen die Gebote der Maßstäblichkeit und des Verhältnisses der Baumassen und Bauteile zueinander verstoßen und einen unästhetischen Fremdkörper darstellen. Die Anlage ließe die Wand, an der sie angebracht werden soll, als reinen Werbeträger erscheinen. Dieser Eindruck wird - wie die in der Bauakte enthaltene farbige Lichtbildmontage (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 2 BauVorlV) verdeutlicht - durch den mehr als 60 cm messenden senkrechten Überstand über das Flachdach des „Trägerbauwerks“ noch verstärkt.

Diesen Gesichtspunkt hat der streitgegenständliche Bescheid zwar (unter anderem) lediglich als Ablehnungsgrund für die für das Vorhaben gleichzeitig erforderliche Sondernutzungserlaubnis genannt (Bescheid vom 1.7.2010 s. 12 bis 14 unter Gründe II. 3.). Dies war rechtsfehlerhaft. Denn materieller Maßstab für die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ist nach Art. 18 Abs. 1 Satz 1 BayStrWG, ob und inwieweit die Nutzung der Straße über den Gemeingebrauch (Art. 14 BayStrWG) hinaus diesen beeinträchtigen kann. Zu prüfen ist dabei grundsätzlich nur, ob die straßenfremde Nutzung mit den Belangen des Straßen- und Wegerechts vereinbar ist. Die abzuwägenden Belange finden sich dabei vor allem in den Vorschriften des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes (namentlich, soweit sie die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleisten), vereinzelt aber auch in Vorschriften des Straßenverkehrsrechts und - ebenso vereinzelt - auch in städtebaulichen, baupflegerischen oder denkmalschützerischen Vorschriften, soweit diese einen eindeutigen Bezug zur Straße haben (st. Rspr., vgl. BayVGH, B. v. 17.4.2012 - 8 ZB 11.2785 - juris Rn. 13 m. w. N.). Die von Art. 8 Satz 1 BayBO an die Gestaltung baulicher Anlagen gestellten Anforderungen weisen einen solchen eindeutigen (Aussen-)Bezug zur Straße und deren Nutzung nicht auf; ihr rechtlicher Wirkungskreis beschränkt sich unmittelbar nur auf die jeweilige Anlage selbst.

Das ist für die Rechtmäßigkeit der Ablehnungsentscheidung indes ohne Bedeutung. Denn im Berufungsverfahren hat die Beklagte sich hierfür ausdrücklich auf die von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBO eingeräumte Ablehnungsbefugnis berufen (Schrs. vom 8.2.2013 S. 5/6). Danach kann die Bauaufsichtsbehörde einen Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige, im Einzelfall nicht zum Prüfungsumfang (vgl. Art. 59 Satz 1 BayBO) gehörende, öffentlichrechtliche Vorschriften verstößt. Das ist, wie oben ausgeführt, im Hinblick auf die Anforderungen des Art. 8 Satz 1 BayBO, der Fall. Die bauordnungsrechtlichen Gestaltungsanforderungen sind zwar nicht Gegenstand des vorliegenden vereinfachten Genehmigungsverfahrens (vgl. Art. 59 Satz 1 Nr. 1 BayBO), in dem Bauordnungsrecht grundsätzlich nicht (mehr) geprüft wird. Die materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen gelten, ebenso wie die bauplanungsrechtlichen Vorgaben, ohne jeden Zweifel aber auch für in den öffentlichen Straßenraum hineinragende oder dort angebrachte Werbeanlagen (vgl. zur Anwendung der Abstandsflächenvorschriften: BayVGH, U. v. 15.5.2006 - 1 B 04.1893 - NVwZ-RR 2007, 83 = juris Rn. 2/3 und 18 ff., erfolgreiche Nachbarklage gegen die Genehmigung einer Doppelwerbetafel auf dem benachbarten Gehweg wegen eines Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 2 Satz 1 BayBO 1998).

Die Beklagte konnte sich auf die vom Gesetz eingeräumte Möglichkeit, die Ablehnung des Bauantrags auf außerhalb des Prüfungsumfangs stehende Gesichtspunkte zu stützen, hier auch noch berufen, da maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Begründetheit der vorliegenden Verpflichtungsklage der Klägerin nach § 113 Abs. 5 VwGO derjenige der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war.

Aus den vorstehenden Gründen war das Berufungsurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

4. Auf die im Verfahren erörterten Frage, ob die Erteilung einer Baugenehmigung ausscheidet, wenn im bauaufsichtlichen Verfahren zugleich (vgl. Art. 21 Satz 1 BayStrWG, Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO) über die Erlaubnis einer Sondernutzung zu entscheiden ist und letztere nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden darf (Art. 18 Abs. 2 Satz 1, Art. 21 Satz 3 BayStrWG), kommt es mangels Entscheidungserheblichkeit nicht an. Die Begründung zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und anderer Gesetze (LT-Drs. 15/7161 vom 15.1.2007) mit dem die Konzentration bisher paralleler Genehmigungsverfahren bei der Bauaufsichtsbehörde eingeführt wurde, enthält dazu - auszugsweise - folgende Aussagen (LT-Drs. a. a. O. S. 74, zu § 2 Nr. 2, Art. 21):

„Art. 21 BayStrWG regelt bereits in der geltenden Fassung den Fall des Zusammentreffens einer straßenverkehrsrechtlichen Erlaubnis bzw. Ausnahmegenehmigung für eine übermäßige, d. h. über den Gemeingebrauch hinausgehende Straßenbenutzung mit einer öffentlichrechtlichen Sondernutzungserlaubnis.

Zweck der Neuregelung ist eine Verfahrenskonzentration auch in den Fällen, in denen nach den baurechtlichen Vorschriften eine Baugenehmigung erforderlich ist und zugleich eine nach Straßenrecht erlaubnispflichtige Sondernutzung vorliegt, weil mit dem Vorhaben eine öffentliche Straße über den Gemeingebrauch hinaus in Anspruch genommen wird (z. B. Freischankflächen, ortsfeste Verkaufsstände). Die Vorschrift (erg.: Art. 21 Satz 1 n. F.) will auch in diesen Fällen parallele Verwaltungsverfahren vermeiden und im Außenverhältnis zum Bürger die Entscheidungskompetenz über beide Bereiche bei der Bauaufsichtsbehörde konzentrieren. Sie dient damit der Verwaltungsvereinfachung. Die Belange der sonst für die Sondernutzungserlaubnis zuständigen Behörde (im Regelfall die Gemeinde, ggf. unter Einbeziehung der Straßenbaubehörde, vgl. Art. 18 Abs. 1 BayStrWG) werden durch die vorgeschriebene Beteiligung gewahrt. ….

Der Wegfall der Sondernutzungserlaubnis in diesen Fällen dient nur der Verfahrenskonzentration, materiellrechtlich liegt eine straßenrechtliche Sondernutzung vor, die sich nach den Bestimmungen des Art. 18 Abs. 2 bis 6 BayStrWG richtet. Insbesondere darf die Sondernutzungserlaubnis (im Gegensatz zu Baugenehmigung) nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden (vgl. Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayStrWG).

Einer Sondernutzungserlaubnis bedarf es demnach nicht, wenn für den Benutzungstatbestand eine Baugenehmigung erforderlich ist. Das bedeutet, dass die Bauaufsichtsbehörde zugleich die Sondernutzung erlaubt.“

Auf der Grundlage dieser Ausführungen dürfte es nicht ernstlich zweifelhaft sein, dass die Baugenehmigung in den Fällen der hier zu vorliegenden Art (Werbetafel) mit einer Befristung oder einem Widerrufsvorbehalt versehen werden darf und muss. Ob Gleiches für einen Überbau mit einem Gebäude gilt, dessen Fortbestand auf unabsehbare Dauer angelegt ist, oder ob dann die Erteilung einer, regelmäßig für die „Lebenszeit“ der jeweiligen Anlage bestimmten, Baugenehmigung grundsätzlich ausscheidet, ist in Anbetracht der hier zu entscheidenden Sach- und Rechtslage nicht näher zu erörtern.

5. Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO. Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO.

6. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung nach §§ 124, 124a Abs. 4 VwGO hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen bzw. nicht dargelegt wurden.

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung des Erstgerichts, dass sich die geplante Werbeanlage an der östlichen Gebäudewand des nördlichen Gebäudeteils des ehemals als Postamt errichteten Klinkergebäudes im konkreten Einzelfall als verunstaltend im Sinn von Art. 8 BayBO darstellt und damit der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Allerdings kann die Ablehnung der Errichtung der Werbeanlage entgegen der Auffassung des Erstgerichts nicht auf Art. 8 Satz 1 BayBO gestützt werden. Nach Art. 8 Satz 1 BayBO müssen bauliche Anlagen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumassen und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet (nicht: verunstaltend!) wirken. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung wohl auf den Wortlaut des früheren Art. 11 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1998 abgestellt. Der Wechsel in der sprachlichen Formulierung „nicht verunstaltend“ (Partizip Präsens) einerseits und „nicht verunstaltet“ (Partizip Perfekt) andererseits ist darauf zurückzuführen, dass nunmehr der baurechtlich vor allem relevante, unzulässige Dauerzustand der baulichen Anlage nach deren Errichtung hervorgehoben werden soll (vgl. Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Stand: September 2015, Art. 8 Rn. 69). Art. 8 Satz 1 BayBO verbietet, dass die bauliche Anlage als solche verunstaltet ist. Wenn eine bauliche Anlage wie eine Werbetafel an einer baulichen Anlage wie einem Gebäude errichtet werden soll, ist - da es sich nicht um die gleiche bauliche Anlage handelt - eine Verunstaltung nicht nach Satz 1, sondern nach dem umgebungsbezogenen Satz 2 zu beurteilen (vgl. Dirnberger a. a. O., Art. 8 Rn. 70). Der Sache nach hat das Verwaltungsgericht jedoch Art. 8 Satz 2 BayBO geprüft, wenn es ausführt, es sei unter Berücksichtigung der obergerichtlichen Maßstäbe davon auszugehen, dass durch die Anbringung der Werbetafel das ehemalige Postgebäude verunstaltet werde. Nach Art. 8 Satz 2 BayBO dürfen bauliche Anlagen das Straßen-, Orts- und Landschaftsbild nicht verunstalten (siehe a)). Dabei kann nach Auffassung des Senats das Straßenbild in Einzelfällen bereits dann verunstaltet sein, wenn ein architektonisch hervorgehobenes Gebäude, das Bestandteil des Straßenbilds ist, verunstaltet wird (siehe b)).

a) Das Erstgericht hat herausgearbeitet, dass die geplante Werbeanlage im vorliegenden Einzelfall den unbestimmten Rechtsbegriff der Verunstaltung erfüllt. Eine Verunstaltung ist dann gegeben, wenn die zur Prüfung stehende Anlage das ästhetische Empfinden eines für solche Eindrücke aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters nicht nur beeinträchtigt, sondern verletzt. In Bezug auf Werbeanlagen entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass sie ihren Anbringungsort verunstalten, wenn sie die entsprechende Wand zu einem Werbeträger umfunktionieren oder einem vorhandenen ruhigen Erscheinungsbild einen Fremdkörper aufsetzen und dieses damit empfindlich stören (vgl. BayVGH, U. v. 28.10.2014 - 15 B 12.2765 - juris m. w. N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen würde die an der Klinkerfassade anzubringende 3,70 m breite und 2,70 m hohe Plakatwerbetafel gegen die Gebote der Maßstäblichkeit und des Verhältnisses der Baumassen und Bauteile zueinander verstoßen und einen unästhetischen Fremdkörper darstellen. Die Klägerin ist der Auffassung, dass bereits das Bestandsgebäude eine unruhige und diffuse Wirkung ausstrahle. Zwar mag die asymmetrische Gestaltung der Giebelwand ein gewisses Unruheelement in sich tragen, von einer architektonischen Verunstaltung bereits durch das Bestandsgebäude kann jedoch keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich bei dem Bau um eine bewusste architektonische Gestaltung, wie das Erstgericht zutreffend herausgearbeitet hat. Das Verwaltungsgericht hat dabei sowohl die Giebelwand als auch das Gebäude insgesamt betrachtet. Zwar soll die Werbeanlage so angebracht werden, dass sie bündig an den Waschbetonsockel ansetzt sowie sich in ihrer Ausdehnung genau zwischen dem an der Örtlichkeit vorhandenen Fenster im Untergeschoss und der linken Gebäudekante einfügt. Dies führt jedoch zu keinem anderen Ergebnis. Denn wie sich aus den in den Akten befindlichen Fotos und auch der Computersimulation ergibt, würde die Werbeanlage auf die gesamte Klinkerfassade ausstrahlen. Zu vernachlässigen ist in diesem Zusammenhang, dass der graue Waschputz nach Auffassung der Klägerin nicht mit den Klinkersteinen abgestimmt ist. Denn der farbliche Kontrast kann durchaus auch als architektonisches Gestaltungsmittel gesehen werden.

b) Das ehemalige Postgebäude ist Bestandteil des Straßenbilds. Durch die Verunstaltung des Postgebäudes wird im vorliegenden Einzelfall zugleich das Straßenbild verunstaltet. In welchem Umfang die Umgebung zur gestalterischen Beurteilung heranzuziehen ist, richtet sich nämlich danach, wie weit sich die bauliche Anlage gestalterisch auswirkt. Als Umgebung kommen deshalb insbesondere andere bauliche Anlagen (vgl. Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand; August 2015, Art. 8 Rn. 35), wie hier das ehemalige Postgebäude, in Betracht. Eine Verunstaltung des Straßenbilds ist insbesondere dann gegeben, wenn das Gebäude aufgrund der besonderen architektonischen Gestaltung einen Solitär darstellt, der das Straßenbild prägt. Dies hat das Verwaltungsgericht noch hinreichend deutlich herausgearbeitet. Das Erstgericht hat das gesamte Gebäude auf den FlNrn. 1121/15 und 1121/9 durch seine bewusste architektonische Gestaltung mit markanten Dachgiebeln und gezielt gesetzten Fensterflächen als Solitär eingestuft. Diese Einschätzung ist für den Senat anhand der vom Verwaltungsgericht im Augenscheinstermin gefertigten Fotos sowie der in den Akten befindlichen Lagepläne nachvollziehbar. Ob eine bauliche Anlage eine andere schützenswerte bauliche Anlage in der Umgebung verunstaltet, hängt des Weiteren insbesondere auch davon ab, ob beide Anlagen ohne weiteres mit einem Blick erfasst werden können (vgl. Molodovsky a. a. O., Art. 8 Rn. 35). Das ist hier der Fall.

Die Klägerin trägt vor, dass die Bebauung in östlicher Richtung vom Vorhabensstandort hin zum Bahnhof modern gestaltet sei. Der Senat versteht dieses Vorbringen so, dass sie damit die verunstaltende Wirkung auf das Straßenbild verneinen will. Allein eine moderne Gestaltung der weiteren Umgebung - was auch immer man darunter verstehen mag - führt jedoch nicht dazu, dass die verunstaltende Wirkung einer Werbeanlage auf ein einzelnes Gebäude und die Umgebung aufgehoben wird. Soweit die Klägerin vorträgt, dass die Fensterfronten zum Großteil mit Werbung beklebt seien, teilt der Senat die Einschätzung des Verwaltungsgerichts. Dies kann nicht zu einer anderen Beurteilung führen, weil die Beklebungen nicht gesondert außen am Gebäude angebracht sind, sondern - relativ unauffällig - bereits vorhandene Fenster bzw. Türöffnungen nutzen.

2. Soweit der Zulassungsantrag auf § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützt wird, fehlt jeglicher Vortrag zum Zulassungsgrund (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.