Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 13. Apr. 2015 - M 24 K 15.50092
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht München
M 24 K 15.50092
Im Namen des Volkes
Gerichtsbescheid
vom 13. April 2015
24. Kammer
Sachgebiets-Nr. 710
Hauptpunkte: Dublin-III-Verfahren (Bulgarien); Abschiebungsanordnung nach Bulgarien; erfolglose Klage; keine systemischen Mängel des bulgarischen Asylsystems
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
... - Kläger -
bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...
gegen
Bundesrepublik Deutschland,
vertreten durch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Außenstelle München, Boschetsrieder Str. 41, München
- Beklagte -
wegen Vollzugs des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG)
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 24. Kammer, durch den Richter am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichter am 13. April 2015 folgenden Gerichtsbescheid:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben (Nr. I).
Entscheidungsgründe:
- United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR), UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, 2 January 2014 (nachfolgend: UNHCR I), abrufbar unter:
http://www.refworld.org/docid/52c598354.html
- UNHCR, Bulgarien als Asylland - UNHCR Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien, April 2014 (nachfolgend: UNHCR II), abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des BAMF
- bordermonitoring, „Trapped in Europe’s Quagmire: The Situation of Asylum Seekers and Refugees in Bulgaria“, Bericht vom 07.07.2014 (nachfolgend: bordermonitoring-Bericht-2014; auch in deutscher Übersetzung abrufbar unter:
http://bordermonitoring.eu/2014/12/bulgarien-bericht-jetzt-auch-auf-deutsch/),
- European Asylum Support Office (EASO), EASO Special Support Plan to Bulgaria, 05.12.2014 (nachfolgend: aktueller EASO-Plan), abrufbar unter:
http://easo.europa.eu/wp-content/uploads/SSP-BG-2014-12-03.pdf
- UNHCR, Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen für Deutschland, Schreiben vom 23.12.2014 an das Verwaltungsgericht Minden in der Verwaltungsrechtssache 10 L 530/14.A (nachfolgend: UNHCR III; einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);
- Asylum Information Database (aida), Country Report Bulgaria, Stand: Januar 2015, (nachfolgend: aida) abrufbar unter:
http://www.asylumineurope.org/reports/country/bulgaria
- Eurostat - Asylum and new asylum applicants - monthly data, Stand: 17.03.2015 (nachfolgend: aktuelle Eurostat-Statistik), abrufbar unter (Abrufdatum 17.3.2015):
http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1
- vgl. dazu die unter
http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init= 1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1
durch Eurostat veröffentlichten Zahlen (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -
die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verlangsamt, zumal die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Dies führt für sich genommen aber nicht zur Feststellung systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems. Die neu installierte Videokonferenz-Ausrüstung in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, soll helfen, das Verfahren zu beschleunigen, sobald die SAR Dolmetscher benannt hat. Da die Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014 erhöht wurden, was dazu führte, dass 5.624 Antragstellern zwischen Januar und Oktober 2014 ein Schutzstatus gewährt wurde, funktioniert das Asylsystem nach Einschätzung des UNHCR derzeit „einigermaßen“, wobei die SAR allerdings weitere Mittel benötige, um die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erzielten Verbesserungen beizubehalten.
- vgl. die Seiten 3 und 4 seiner Auskunft an das VG Minden
Folgendes: Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus ist im Falle einer Wiedereinreise nach Bulgarien davon abhängig, welchen Stand das frühere Asylverfahren des betreffenden Asylbewerbers dort hatte. Ist der Asylantrag bei der Rückkehr noch nicht entschieden, wird für die Person (grundsätzlich) in Bulgarien eine sachliche Entscheidung getroffen. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird das Verfahren wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann „objektive Gründe“ für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellt; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft. Bei Dublin-Rückkehrern wird das Asylverfahren indessen grundsätzlich - unabhängig davon, ob die vorstehend genannten Fristen verstrichen sind - wiedereröffnet, und zwar an der Stelle, an welcher der Stillstand eingetreten ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Eine Prüfung seines Antrags ist dann prinzipiell sichergestellt; der Betroffene genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber auch. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig beendet worden ist. In diesem Fall hat auch der Dublin-Rückkehrer nur noch die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen.
- vgl. die Seiten 2 bis 4 seiner Auskunft an das VG Minden
reisen Asylbewerber mehrheitlich auf illegale Weise nach Bulgarien ein und werden dabei häufig durch die Grenzpolizei abgefangen, woraufhin sie in Einwanderungshaft genommen werden. Bulgarien verfügt über insgesamt drei Einrichtungen für die Einwanderungshaft. Bei zwei davon handelt es sich um sog. SCTAFs (Special Center for Temporary Accommodation of Foreigners). Eine davon befindet sich in Busmatsi (Sofia), die andere in Lyubiments (Südbulgarien). Hinzu kommt eine weitere vorübergehende Einwanderungshaftanstalt, das in der Nähe der türkischen Grenze gelegene Allocation Centre (AC) in Elhovo. Während es sich bei den SCTAFS in erster Linie um Einrichtungen für die Abschiebungshaft handelt, wurde das AC in Elhovo im Oktober 2013 durch das Innenministerium eingerichtet, um (u. a.) Asylbewerber aus Gruppen illegal einreisender Ausländer „herauszufiltern“. Illegal Eingereiste, die zunächst kein Asyl beantragen wollen, werden an ein SCTAF weitergeleitet. Soweit sie dort Asyl beantragen, werden sie nach Erledigung der vorgesehenen Formalitäten an eine Aufnahmeeinrichtung der SAR verwiesen. In keinem Fall müssen Asylsuchende aber eine längere Inhaftierung nach der Einreise in die Republik Bulgarien befürchten. Diese Verbesserung gegenüber früheren Zuständen beruht auf einer seit dem ersten Quartal 2014 verbesserten Kooperation zwischen den Grenzschutz- und Einwanderungsbehörden einerseits und der SAR andererseits. Die SAR hat sich nunmehr verpflichtet, die Erstregistrierung der Asylbewerber bereits in der Einwanderungshaft vorzunehmen, was dazu führt, dass die Asylbewerber nach durchschnittlich 7 bis 10 Tagen aus der Einwanderungshaft entlassen werden. Die Tatsache allein, dass Asylsuchende, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylverfahrens dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden
- ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014- A 11 S 1778/14 -, juris (Rdnr. 55).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Gerichtsbescheid können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.
Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.
Dem Antrag eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 13. Apr. 2015 - M 24 K 15.50092
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 13. Apr. 2015 - M 24 K 15.50092
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Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 13. Apr. 2015 - M 24 K 15.50092 zitiert oder wird zitiert von 12 Urteil(en).
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Rechtsstreit betrifft eine von der Antragsgegnerin (Ag.) gegenüber dem Antragsteller (ASt.) verfügte Abschiebungsanordnung nach Bulgarien aufgrund des sogenannten Dublin-Verfahrens.
Der (ASt.), der nach eigenen Angaben ein am ... 1987 geborener Staatsangehöriger Malis ist, stellte am
Bei einer am
Am
Am
Mit Schreiben vom
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom
Der streitgegenständliche Bescheid (vom
Mit Klage- und Antragsschrift vom
den streitgegenständlichen Bescheid aufzuheben (Nr. I) und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (Nr. II).
In der Klage- und Antragsbegründung wurde unter anderem ausgeführt, der ASt. sei im Februar oder März 2014 nach Bulgarien eingereist, dort in Grenznähe festgenommen und für 3 Monate in Haft genommen worden. In der Haft sei er von 3 Polizisten misshandelt worden - man habe dem ASt. mit einem Schlagstock mehrfach auf den Kopf geschlagen. Der ASt. sei deswegen im Krankenhaus in ... behandelt worden und habe wegen der Misshandlungen noch Beschwerden. Nach 3 Monaten sei der ASt. aus der Haft entlassen worden; seine Papiere seien ihm abgenommen, allerdings sei er nicht versorgt und untergebracht worden - er habe 3 bis 4 Monate auf der Straße geschlafen. Nachdem er schließlich völlig verzweifelt nach Griechenland zurückgegangen sei, sei er von Griechenland aus nach Deutschland geflohen. Weiter stellt die Klage- und Antragsbegründung dar, dass das bulgarische Asylsystem an systemischen Mängeln leide.
Mit Schreiben vom
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten der parallelen Verfahren M 24 K 15.50092 und M 24 S 15.50093 sowie auf die von der Ag. vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg, weil die in der Hauptsache erhobene Klage voraussichtlich erfolglos sein wird.
1. Das Verwaltungsgericht (VG) München ist als Gericht der Hauptsache insbesondere örtlich zuständig gemäß § 52 Nr. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), weil der Antragsteller im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Aufenthalt im Gerichtsbezirk zu nehmen hatte (§ 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG).
Im vorliegenden Eilverfahren ist der Berichterstatter kraft Gesetzes Einzelrichter zur Entscheidung berufen (§ 76 Abs. 4 AsylVfG).
Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei in einem ohne mündliche Verhandlung zu entscheidenden Eilverfahren (§ 101 Abs. 3 VwGO) der Zeitpunkt des vorliegenden Beschlusses (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG).
2. Der Antrag ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 75 Satz 1 AsylVfG) zulässig, insbesondere fristgerecht innerhalb 1 Woche ab Zustellung (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG), gestellt worden.
3. Der Antrag ist allerdings nicht begründet - die in der Hauptsache zulässig erhobene Klage wird sich aus Sicht des gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunktes des vorliegenden Beschlusses als unbegründet erweisen, weil der streitgegenständliche Bescheid (aus Sicht des für die vorliegende Entscheidung maßgeblichen Zeitpunktes) nicht rechtswidrig ist und den ASt. nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).
4. Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist § 27a AsylVfG; Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylVfG.
Der Asylantrag wäre dabei gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, wenn Bulgarien aufgrund des bereits dort vom ASt. gestellten Asylantrags gemäß den Zuständigkeitskriterien Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig wäre oder wenn dies auf einen anderen Mitgliedstaat zutrifft, der nach den Zuständigkeitsregelungen der Dublin-III-VO vorrangig zuständig ist (OVG NRW U. v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 31 m. w. N.). Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordnet das BAMF unter anderem in solchen Fällen des § 27a AsylVfG die Abschiebung in den zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.
Einschlägig ist dabei im vorliegenden Fall die Dublin-III-VO und nicht die frühere Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-II-VO), weil das Wiederaufnahmegesuch der Bundesrepublik Deutschland an Ungarn nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 Dublin-III-VO ist die Dublin-III-VO ungeachtet des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz ab dem 1. Januar 2014 auf alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern anwendbar.
5. Nachdem Bulgarien mit Schreiben vom
Unabhängig davon sind vorliegend auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die von Bulgarien vorliegend anerkannte Wiederaufnahmepflicht gemäß Art. 20 Abs. 5 Unterabs. 2 Dublin-III-VO (mit der in Art. 20 Abs. 5 Unterabs. 3 Dublin-III-VO vorgesehenen Konsequenz) erloschen sein könnte - es sind keine Nachweise ersichtlich, dass der ASt. das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hätte. Die Bundesrepublik Deutschland ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen zuständig geworden gemäß Art. 23 Abs. 3 oder Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO; denn die dort in Bezug genommenen Fristen (Art. 23 Abs. 2, Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO) sind vorliegend nicht abgelaufen. Auch die Klage- und Antragsschrift hat eine Ausgangszuständigkeit Bulgariens zugrunde gelegt und sich ganz auf Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO konzentriert.
6. Eine Überstellung an Bulgarien als den gemäß Art. 20 Abs. 5 i. V. m. Art. 18 Abs. 1 Buchst. b Dublin-III-VO zuständigen Mitgliedstaat ist vorliegend nicht gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO unmöglich.
Im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG) sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der der ASt. im Falle einer Rücküberstellung in Bulgarien infolge systemischer Schwachstellen des dortigen Asylverfahrens oder der dortigen Aufnahmebedingungen einer hinreichend wahrscheinlichen Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der EU-Grundrechtecharta (GRCh) ausgesetzt sein würde.
7. Das Gericht legt seiner Entscheidung folgende Erkenntnismittel zugrunde:
- United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR), UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, 2 January 2014 (nachfolgend: UNHCR I), abrufbar unter:
http://www.refworld.org/docid/52c598354.html
- UNHCR, Bulgarien als Asylland - UNHCR Anmerkungen zur aktuellen Asylsituation in Bulgarien, April 2014 (nachfolgend: UNHCR II), abrufbar in der öffentlich zugänglichen Datenbank MILO des BAMF
- European Asylum Support Office (EASO), EASO Special Support Plan to Bulgaria,
http://easo.europa.eu/wpcontent/uploads/SSP-BG-2014-12-03.pdf
- UNHCR, Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen für Deutschland, Schreiben vom 23.12.2014 an das Verwaltungsgericht Minden in der Verwaltungsrechtssache 10 L 530/14.A (nachfolgend: UNHCR III; einsehbar in der Asyldokumentation des VG München);
- Asylum Information Database (aida), Country Report Bulgaria, Stand: Januar 2015, (nachfolgend: aida) abrufbar unter:
http://www.asylumineurope.org/reports/country/bulgaria
- Eurostat - Asylum and new asylum applicants - monthly data, Stand:
http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1
Dabei ist für das Gericht im Hinblick auf Art. 77 Abs. 1 AsylVfG die aktuelle Situation im Zeitpunkt des vorliegenden Beschlusses maßgeblich, weswegen nicht mehr aktuelle Erkenntnismittel und frühere Judikate (vgl. etwa VG München, B. v. 16.7.2014 - M 24 S 14.50345 - juris), soweit sich seit deren Ergehen aktuellere Erkenntnisse ergeben haben, für das Gericht nicht entscheidend sind; das gilt insbesondere für den die in der Klage- und Antragsschrift zitierte Entscheidung des VG Köln (B. v. 12.12.2014 - 16 L 2408/14.A), die für die Frage des Vorliegens systemischer Mängeln auf Erkenntnismittel bis einschließlich Juli 2014 zurückgreift, so dass die jüngeren der oben genannten Erkenntnismittel dort keine Berücksichtigung finden.
8. Das Gericht geht zunächst davon aus, dass der ASt. im Falle einer Rückkehr nach Bulgarien als Dublin-Rückkehrer einen ausreichenden Zugang zum Asylverfahren hat. Insoweit schließt sich das Gericht folgenden Ausführungen des VG Minden (U. v. 10.2.2015 - 10 K 1660/14.A - juris Rn. 61-70) an:
http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init= 1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1
durch Eurostat veröffentlichten Zahlen (durch das Gericht abgerufen am
Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass dem ASt. bei einer Rücküberstellung nach Bulgarien eine hinreichende Möglichkeit offen stünde, sein Asylbegehren in Bulgarien prüfen zu lassen. Auch die aktuelle Eurostat-Statistik, die den von UNHCR III konstatierten Wiederanstieg der Asylbewerberzahlen in Bulgarien bestätigt, gibt im Hinblick auf den aktuellen EASO-Plan, der für Bulgarien weitere Unterstützung vorsieht, keinen Grund, von systemischen Mängeln - im Sinne vorhersehbar und regelhaft, nicht nur zufällig oder durch Verkettung unglücklicher Umstände oder Fehlleistungen, realisierter Rechtsverletzungen (vgl. zum Begriff VGH Baden-Württemberg U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, juris Rn. 33) - auszugehen. Auch ausweislich des aida-Reports Bulgarien (Stand:
9. Auch hinsichtlich des weiteren Verlaufs des dem ASt. offenstehenden Asylverfahrens sind keine durchgreifenden Mängel erkennbar - auch insoweit schließt sich das Gericht dem VG Minden (U. v. 10.2.2015 - 10 K 1660/14.A - juris Rn. 72-73) an:
10. Da der ASt. sich bereits auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten befindet, wäre er im Fall einer Rücküberstellung nach Bulgarien auch nicht (mehr) von der dortigen Zurückweisungspraxis an der Grenze betroffen, so dass die Frage, ob diese Zurückweisungspraxis Art. 33 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und Art. 21 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (Internationaler Schutz-Richtlinie - IntSchRL) entspricht, dahin stehen kann (VGH Baden-Württemberg U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, juris Rn. 47; VG Minden U. v. 10.2.2015 - 10 K 1660/14.A - juris Rn. 81).
11. Auch im Hinblick auf eine eventuelle Inhaftnahme in Bulgarien ist nicht von systemischen Mängeln auszugehen - insoweit wird auf folgende Ausführungen des VG Minden (U. v. 10.2.2015 - 10 K 1660/14.A - juris Rn. 83 - 88) Bezug genommen:
Vor diesem Hintergrund ist im Fall des ASt. nicht davon auszugehen, dass dieser im Fall einer Rücküberstellung nach Bulgarien aufgrund systemischer Schwachstellen derart mit Inhaftierungen zu rechnen hätte, dass darin eine unmenschliche oder entwürdigende Behandlung i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO zu befürchten wäre.
12. Auch im Hinblick auf die sozialen Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern in Bulgarien (Unterbringung und Versorgung) ist jedenfalls im Hinblick auf Personen, die wie der ASt. innerhalb der Gruppe der Asylbewerber keiner besonders verwundbaren Teilgruppe - wie insbesondere Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke - angehören, nicht von systemischen Mängeln i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO auszugehen.
Das Gericht schließt sich insoweit folgenden Ausführungen des VG Minden (U. v. 10.2.2015 - 10 K 1660/14.A - juris Rn. 101 - 109) an:
Vor diesem Hintergrund ist im Fall einer Rücküberstellung des ASt. nach Bulgarien nicht von einer Gefährdung i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO durch systemische Mängel im Hinblick auf Unterbringung und Versorgung von Asylberechtigten in Bulgarien auszugehen. Auch aus dem aida-Report Bulgarien (Stand: 31.1.2015, dort S. 39-47) ergibt sich nichts anderes, insbesondere nicht im Hinblick auf die medizinische Versorgung, die jedenfalls bei Personen wie dem ASt., der nicht zum Kreis besonders verwundbarer Personen (insbesondere Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke) gehört, verfügbar ist, so dass insoweit nicht von der Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO auszugehen ist (vgl. zur Differenzierung je nach Zugehörigkeit zu besonders verwundbaren Personengruppen auch VG Köln U. v. 3.2.2015 - 14 K 5928/14.A - juris m. w. N.). Auch soweit in Bulgarien Defizite bei der Versorgung anerkannter Schutzberechtigter diskutiert werden (vgl. VGH Baden-Württemberg U. v. 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77, juris Rn. 59), ist jedenfalls der ASt. hiervon in seinem derzeitigen asylrechtlichen Status nicht betroffen.
13. Die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung ist auch nicht im Hinblick auf ein etwaiges inlandsbezogenes Abschiebungshindernis rechtswidrig.
Allerdings ist über den engeren Kreis der durch die Dublin-III-VO vorgegebenen Zuständigkeitsaspekte hinaus eine Abschiebungsanordnung - schon im Hinblick darauf, dass § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG verlangt, dass die Abschiebung „durchgeführt werden kann“ - dann ausgeschlossen, wenn inlandsbezogene Abschiebungshindernisse, wie sie in § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) niedergelegt sind, vorliegen (BayVGH B. v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; BayVGH B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris Rn. 4).
Derartige Abschiebungshindernisse sind im Fall des ASt. aber im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG) nicht hinreichend dargetan und auch sonst nicht ersichtlich, und zwar auch nicht soweit die Klage- und Antragsschrift davon berichtet, der ASt. habe wegen Misshandlungen in der bulgarischen Haft bis zum heutigen Tage Beschwerden und sei im Krankenhaus ... deswegen behandelt worden. Hierzu ist zum einen festzustellen, dass schon die genaue Art der Beschwerden von der Antragspartei nicht präzise dargelegt worden und unabhängig davon auch in keiner Weise belegt worden ist. Hinzu kommt, dass der ASt. bei seiner Anhörung durch das BAMF den Vorfall in Bulgarien nicht ansatzweise erwähnt hat und darüber hinaus auch nicht von einem Aufenthalt in Bulgarien berichtete.
Vor diesem Hintergrund ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch für einen Anspruch des ASt. gegen die Ag. auf Erklärung eines Selbsteintritts (Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO) oder auch nur für einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber nichts ersichtlich.
Im Ergebnis erweist sich deshalb auch die Abschiebungsanordnung als rechtmäßig und bleibt die Klage auch insoweit ohne Erfolg.
14. Der vollständig unterliegende ASt. hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:
- 1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt. - 2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat. - 3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4. - 4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend. - 5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Das Gericht kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Die Vorschriften über Urteile gelten entsprechend.
(2) Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheids,
- 1.
Berufung einlegen, wenn sie zugelassen worden ist (§ 124a), - 2.
Zulassung der Berufung oder mündliche Verhandlung beantragen; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 3.
Revision einlegen, wenn sie zugelassen worden ist, - 4.
Nichtzulassungsbeschwerde einlegen oder mündliche Verhandlung beantragen, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist; wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt, - 5.
mündliche Verhandlung beantragen, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist.
(3) Der Gerichtsbescheid wirkt als Urteil; wird rechtzeitig mündliche Verhandlung beantragt, gilt er als nicht ergangen.
(4) Wird mündliche Verhandlung beantragt, kann das Gericht in dem Urteil von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Gerichtsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 17. Juni 2013 (A 12 K 331/13) geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Gründe
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I.
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Der Kläger, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste nach eigenen Angaben im Jahr 2009 über den Seeweg nach Italien ein. Er lebte etwa einen Monat in einer Aufnahmeeinrichtung in Sizilien, wurde dort erkennungsdienstlich behandelt und reiste im Herbst 2009 nach Deutschland weiter, ohne in Italien Asyl beantragt zu haben. Im Oktober 2009 stellte er in Deutschland einen Asylantrag, den das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens nach der Dublin-II-Verordnung als unzulässig ablehnte. Der Kläger wurde daraufhin im Dezember 2009 auf dem Luftweg über den Flughafen Rom-Fiumicino nach Italien überstellt. Im Januar 2011 wurde er erneut in Deutschland angetroffen und stellte wieder einen Asylantrag. Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 27. April 2011 die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Italien an. Das Verwaltungsgericht hat seiner dagegen gerichteten Klage stattgegeben, das Oberverwaltungsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Es hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde.
-
II.
- 2
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Die Beschwerde, mit der der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend macht, hat keinen Erfolg.
- 3
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Die Beschwerde wirft als grundsätzlich bedeutsam die Frage auf,
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"inwieweit bei der Prognoseentscheidung über beachtliche Wahrscheinlichkeit unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung bei Rückführung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat individuelle Erfahrungen des Betroffenen im dortigen Mitgliedstaat in erheblichem Maße zu berücksichtigen sind."
- 4
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Damit in Zusammenhang stehe die Frage,
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"ob es der Feststellung systemischer Mängel bedarf, wenn einem Betroffenen schon einmal oder ggf. auch mehrmals erniedrigende und unmenschliche Behandlung widerfahren ist, insbesondere nach einer schon einmal erfolgten Überstellung."
- 5
-
Die aufgeworfenen Fragen rechtfertigen mangels Klärungsbedürftigkeit nicht die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn sie lassen sich, soweit sie nicht bereits in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts geklärt sind, auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Der beschließende Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 19. März 2014 - BVerwG 10 B 6.14 - (juris Rn. 5 ff.) ausgeführt:
-
"Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 der im vorliegenden Verfahren (noch) maßgeblichen Verordnung Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl EU Nr. L 50 S. 1) - Dublin-II-Verordnung - wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Wie sich aus ihren Erwägungsgründen 3 und 4 ergibt, besteht einer der Hauptzwecke der Dublin-II-Verordnung in der Schaffung einer klaren und praktikablen Formel für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, um den effektiven Zugang zu den Verfahren zur Bestimmung der Flüchtlingseigenschaft und eine zügige Bearbeitung der Asylanträge zu gewährleisten. Das Gemeinsame Europäische Asylsystem gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll von 1967 sowie in der EMRK finden (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10, N.S. u.a. - Slg. 2011, I-13905 Rn. 78 f. = NVwZ 2012, 417). Daraus hat der Gerichtshof die Vermutung abgeleitet, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta (GR-Charta) sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK steht (EuGH a.a.O. Rn. 80).
-
Dabei hat der Gerichtshof nicht verkannt, dass dieses System in der Praxis auf größere Funktionsstörungen in einem bestimmten Mitgliedstaat stoßen kann, so dass die ernstzunehmende Gefahr besteht, dass Asylbewerber bei einer Überstellung an den nach Unionsrecht zuständigen Mitgliedstaat auf unmenschliche oder erniedrigende Weise behandelt werden. Deshalb geht er davon aus, dass die Vermutung, die Rechte der Asylbewerber aus der Grundrechte-Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention würden in jedem Mitgliedstaat beachtet, widerlegt werden kann (EuGH a.a.O. Rn. 104). Eine Widerlegung der Vermutung hat er aber wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems an hohe Hürden geknüpft: Nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder geringste Verstöße gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln (EuGH a.a.O. Rn. 81 ff.). Ist hingegen ernsthaft zu befürchten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 GR-Charta zur Folge haben, ist eine Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar (EuGH a.a.O. Rn. 86 und 94).
-
Der Gerichtshof hat seine Überlegungen dahingehend zusammengefasst, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den 'zuständigen Mitgliedstaat' im Sinne der Dublin-II-Verordnung zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH a.a.O. Rn. 106 und LS 2; ebenso Urteil der Großen Kammer vom 14. November 2013 - Rs. C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 129 Rn. 30). Schließlich hat er für den Fall, dass der zuständige Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt, entschieden, dass der Asylbewerber mit dem in Art. 19 Abs. 2 der Dublin-II-Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelf gegen die Überstellung der Heranziehung des in Art. 10 Abs. 1 der Verordnung niedergelegten Zuständigkeitskriteriums nur mit dem o.g. Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber entgegentreten kann (EuGH - Große Kammer, Urteil vom 10. Dezember 2013 - Rs. C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208 Rn. 60). Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt auch Art. 3 Abs. 2 der Neufassung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (ABl EU L Nr. 180 S. 31) - Dublin-III-Verordnung - zugrunde.
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat derartige systemische Mängel für das Asylverfahren wie für die Aufnahmebedingungen der Asylbewerber in Griechenland in Fällen der Überstellung von Asylbewerbern im Rahmen des Dublin-Systems der Sache nach bejaht (EGMR - Große Kammer, Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M.S.S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413) und in Folgeentscheidungen insoweit ausdrücklich auf das Kriterium des systemischen Versagens ('systemic failure') abgestellt (EGMR, Entscheidungen vom 2. April 2013 - Nr. 27725/10, Mohammed Hussein u.a./Niederlande und Italien - ZAR 2013, 336 Rn. 78; vom 4. Juni 2013 - Nr. 6198/12, Daytbegova u.a./Österreich - Rn. 66; vom 18. Juni 2013 - Nr. 53852/11, Halimi/Österreich und Italien - ZAR 2013, 338 Rn. 68; vom 27. August 2013 - Nr. 40524/10, Mohammed Hassan/Niederlande und Italien - Rn. 176 und vom 10. September 2013 - Nr. 2314/10, Hussein Diirshi/Niederlande und Italien - Rn. 138).
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Für das in Deutschland - im Unterschied zu anderen Rechtssystemen - durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägte verwaltungsgerichtliche Verfahren hat das Kriterium der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen des Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK. Der Tatrichter muss sich zur Widerlegung der auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens unter den Mitgliedstaaten gründenden Vermutung, die Behandlung der Asylbewerber stehe in jedem Mitgliedstaat in Einklang mit den Erfordernissen der Grundrechte-Charta sowie mit der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK, die Überzeugungsgewissheit (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verschaffen, dass der Asylbewerber wegen systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit (vgl. Urteil vom 27. April 2010 - BVerwG 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 Rn. 22 m.w.N. = Buchholz 451.902 Europ. Ausl.- u. Asylrecht Nr. 39) einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird. Die Fokussierung der Prognose auf systemische Mängel ist dabei, wie sich aus den Erwägungen des Gerichtshofs zur Erkennbarkeit der Mängel für andere Mitgliedstaaten ergibt (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - Rs. C-411/10 und Rs. C-493/10 - a.a.O. Rn. 88 bis 94), Ausdruck der Vorhersehbarkeit solcher Defizite, weil sie im Rechtssystem des zuständigen Mitgliedstaates angelegt sind oder dessen Vollzugspraxis strukturell prägen. Solche Mängel treffen den Einzelnen in dem zuständigen Mitgliedstaat nicht unvorhersehbar oder schicksalhaft, sondern lassen sich aus Sicht der deutschen Behörden und Gerichte wegen ihrer systemimmanenten Regelhaftigkeit verlässlich prognostizieren. Die Widerlegung der o.g. Vermutung aufgrund systemischer Mängel setzt deshalb voraus, dass das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat aufgrund größerer Funktionsstörungen regelhaft so defizitär sind, dass anzunehmen ist, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. Dann scheidet eine Überstellung an den nach der Dublin-II-Verordnung zuständigen Mitgliedstaat aus."
- 6
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Aus der zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass ein Asylbewerber der Überstellung in den nach der Dublin-II-Verordnung für ihn zuständigen Mitgliedstaat mit Blick auf unzureichende Aufnahmebedingungen für Asylbewerber nur mit dem Einwand systemischer Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen entgegentreten kann und es nicht darauf ankommt, ob es unterhalb der Schwelle systemischer Mängel in Einzelfällen zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK kommen kann und ob ein Antragsteller dem in der Vergangenheit schon einmal ausgesetzt war. Das Berufungsgericht hat mit Recht darauf hingewiesen, dass derartige individuelle Erfahrungen vielmehr in die Gesamtwürdigung einzubeziehen sind, ob systemische Mängel im Zielland der Abschiebung des Antragstellers (hier: Italien) vorliegen (UA S. 26). In diesem begrenzten Umfang sind individuelle Erfahrungen des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass persönliche Erlebnisse Betroffener, die - wie hier - einige Jahre zurückliegen, durch neuere Entwicklungen im betreffenden Staat überholt sein können. Individuelle Erfahrungen einer gegen Art. 4 GR-Charta verstoßenden Behandlung führen hingegen nicht zu einer Beweislastumkehr für die Frage des Vorliegens systemischer Mängel (so auch das Berufungsgericht UA S. 26 f.). Weiteren Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union bedarf es zur Beantwortung der von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen nicht.
Durch Erhebung der Klage wird die Streitsache rechtshängig. In Verfahren nach dem Siebzehnten Titel des Gerichtsverfassungsgesetzes wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens wird die Streitsache erst mit Zustellung der Klage rechtshängig.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 5. Mai 2014 - A 4 K 1410/14 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der nach eigenem Bekunden am 21. Juni 1984 geborene Kläger stammt aus Mali. Am 6. November 2012 lehnte die deutsche Botschaft in Bamako (Mali) seinen Antrag auf Erteilung eines Visums ab. Am 26. Februar 2014 wurde er in der Gemeinde Dohma (Sachsen) durch die Polizei aufgegriffen. Dabei wies er sich mit einer am 23. Januar 2014 in Ungarn ausgestellten Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens aus. Eine daraufhin durch die Bundespolizei in Altenberg durchgeführte EURODAC-Abfrage ergab für den Kläger einen Treffer der Kategorie 1 hinsichtlich Ungarns (HU1330007615465). Das Amtsgericht Pirna – Az.: 23 XIV B 22/14 – ordnete eine vorläufige Freiheitsentziehung bis zum 12. März 2014 an, woraufhin der Kläger in den Abschiebegewahrsam Köpenick (Berlin) verbracht wurde.
3Am 27. Februar 2014 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Im Rahmen eines am selben Tag mit ihm geführten „Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ gab er an: Personalpapiere könne er nicht vorlegen. Er habe am 14. Dezember 2013 in Mali geheiratet. Seine Ehefrau, die am 14. April 1987 geborene E. -G. , halte sich ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er habe Mali im August 2013 mit dem Flugzeug verlassen und sich zunächst in die Türkei begeben. Er sei zwei Monate lang in Istanbul geblieben. Danach habe er sich nacheinander zwei Monate in Bulgarien, einen Monat in Griechenland und einen Tag in Serbien aufgehalten. Dann sei er nach Ungarn gereist, wo ihm am 15. Januar 2015 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Im Februar 2014 habe er in Ungarn einen Asylantrag gestellt. Er wolle aber aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung nicht dorthin rücküberstellt werden.
4Am 28. Februar 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden. Diese erklärten unter dem 6. März 2014: Dem Kläger seien in Bulgarien Fingerabdrücke abgenommen worden, da er am 25. September 2013 illegal die Grenze dieses Mitgliedstaates überschritten habe. Die entsprechende EURODAC-Nummer für Bulgarien laute BG2BR206C1309250012. Sie – die ungarischen Behörden – hätten daher am 27. Februar 2014 Bulgarien um Aufnahme des Klägers und seiner Ehefrau gebeten.
5Am 20. März 2014 hob das Landgericht Dresden – Az.: 2 T 197/14 – die gegen den Kläger verhängte Haft auf. Er wurde daraufhin aus dem Abschiebegewahrsam Köpenick entlassen.
6Am 27. März 2014 teilten die ungarischen Behörden dem Bundesamt mit, dass sie sich nicht für zuständig erachteten, da Bulgarien am 26. März 2014 unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO seine Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers akzeptiert habe. Am selben Tag wurde mit dem Kläger ein weiteres „Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ geführt. Dabei ergänzte und korrigierte er einige seiner früher gemachten Angaben und erklärte nunmehr: Die Ehe mit der ebenfalls in Deutschland weilenden kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. sei bereits am 14. Februar 2013 in Mali geschlossen worden. Die türkische Botschaft in Bamako (Mali) habe ihm ein Visum erteilt, mit dem er im August 2013 auf dem Luftweg in die Türkei gereist sei. Dort sei er einen Monat lang geblieben. Von der Türkei aus sei er mit dem Pkw nach Bulgarien gefahren, wo ihm im Oktober 2013 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Nach einem Monat des Aufenthalts in Bulgarien sei er eine Woche lang in Griechenland gewesen, bevor er über Serbien nach Ungarn gelangt sei. Dort habe er im Januar 2014 einen Asylantrag gestellt. In Ungarn sei er einen Monat lang geblieben. Dann sei er mit einem Pkw nach Deutschland weitergereist.
7Mit Bescheid vom 31. März 2014 wies die Bezirksregierung Arnsberg den Kläger unter Hinweis auf § 50 AsylVfG der Stadt C. M.---- (Kreis Q. ) zu.
8Am 2. April 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Diese erklärten sich am 10. April 2014 zur Rückübernahme des Klägers bereit.
9Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Bulgarien an. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 3. Juli 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
10Am 9. Juli 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass in Bulgarien durchgreifende systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden, die mit einer Verletzung von Art. 3 EMRK einhergingen. Diese Mängel beträfen den Zugang zum Asylverfahren, das Refoulement-Verbot, die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf verschiedene Berichte des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), von Amnesty International sowie der Asylum Information Database (Aida) und verweist auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, durch die er seine Auffassung bestätigt sieht.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie erklärt: Es bestünden keine Gründe für die Annahme, dass das bulgarische Asylverfahren mit systemischen Mängeln behaftet sei; dies werde auch durch eine Vielzahl entsprechender verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen bestätigt. Die bulgarische Regierung habe Maßnahmen getroffen, die bereits zu einer erheblichen Verbesserung im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geführt hätten.
16Auf Antrag des Klägers ordnete das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an.
17Bereits unter dem 8. August 2014 hatte das Gericht den UNHCR um Erteilung einer Auskunft zum Asylverfahren und zur Lage von Asylbewerbern in Bulgarien gebeten. Der UNHCR erteilte die erbetene Auskunft unter dem 23. Dezember 2014 in englischer Sprache (Blatt 63 bis 66 der Gerichtsakte). Das Gericht holte eine Übersetzung der Auskunft ins Deutsche ein (Blatt 67 bis 70 der Gerichtsakte).
18Frau E. -G. , bei der es sich nach Angaben des Klägers um seine Ehefrau handelt, wurde auf der Grundlage des § 50 AsylVfG der Stadt N. B1 zugewiesen. Sie betreibt beim Verwaltungsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 23 K 4771/14.A ein Klageverfahren, in dem ein gleichfalls vom 26. Juni 2014 datierender Bundesamtsbescheid – Az.: 5731212-262 –, mit dem ein Asylantrag Frau E. -G1. als unzulässig abgelehnt und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wurde, streitgegenständlich ist. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gewährte Frau E. -G. mit Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A – vorläufigen Rechtsschutz.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 1660/14.A und 10 L 530/14.A, den durch das Bundesamt übermittelten Verwaltungsvorgang sowie die beim Landrat des Kreises Q. über den Kläger geführte Ausländerakte (jeweils ein Heft) Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21A. Der Einzelrichter, dem das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 9. Januar 2015 durch die Kammer zur Entscheidung übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylVfG), ist nicht gehindert, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 zu entscheiden, obwohl kein Vertreter der Beklagten zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden unter Hinweis darauf, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
22B. Die auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 26. Juni 2014– Az.: 5731265-251 – gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Jedoch ist die Klage unbegründet. Die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 26. September 2014 enthaltenen Verwaltungsakte, nämlich die Ablehnung des durch den Kläger in Deutschland gestellten Asylantrags als unzulässig (§ 27a AsylVfG), sowie die daran anknüpfende Anordnung seiner Abschiebung nach Bulgarien (§ 34a AsylVfG), sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23I. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin III-VO) die Republik Bulgarien zuständig.
241. Die Dublin-III-VO und nicht deren Vorgängerverordnung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin-II-VO) ist hier einschlägig, weil der Kläger seinen Asylantrag, d.h. seinen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO, am 27. Februar 2014 und damit nach dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
252. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden. Welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedsstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Bei Anwendung dieser Kriterien ist die Republik Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
26a) Dies folgt aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Danach ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn ausgehend von seinen eigenen, insofern von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben hat der Kläger aus einem Drittstaat (Türkei) kommend als erstes die (Land-) Grenze zu dem Mitgliedstaat Bulgarien überschritten. Dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen Aufenthaltstitel und insofern illegal. Die daraus resultierende Zuständigkeit Bulgariens hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit (eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem der Mitgliedstaaten ein Asylantrag gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Dublin-Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Asylantrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Zwölfmonatszeitraum im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, m.w.N., juris (Rdnr. 46 ff.), zu den im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO.
28Damit steht Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO einer Zuständigkeit Bulgariens nicht entgegen. Nach der Mitteilung der ungarischen Behörden an das Bundesamt vom 6. März 2014 (Blatt 29 der beigezogenen Bundesamtsakte) ist der Kläger am 25. September 2013 nach Bulgarien eingereist. Die beim Kläger aufgefundene ungarische Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens weist als Ausstellungsdatum den 23. Januar 2014 aus (Blatt 4 der beigezogenen Ausländerakte), woraus folgt, dass er spätestens an diesem Tag in Ungarn einen Asylantrag gestellt haben muss. Dass die vorgenannten Unterlagen inhaltlich unrichtig sein könnten, ist weder vom Kläger substanziiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Liegt danach zwischen dem illegalen Grenzübertritt nach Bulgarien und der Antragstellung in Ungarn ein Zeitraum von höchstens vier Monaten, so ist die sich aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO ergebende zwölfmonatige Frist unzweifelhaft gewahrt. Darauf, dass der Asylantrag nicht in Bulgarien gestellt worden ist, kommt es für die Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates nicht an.
29b) Es greifen auch keine gemäß Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO vorrangig anzuwendenden Zuständigkeitstatbestände ein, namentlich keine solchen zum Schutz der Familieneinheit gemäß Art. 10 und 11 Dublin-III-VO. Dabei kann zugunsten des Klägers als wahr unterstellt werden, dass er tatsächlich die Ehe mit der am 14. April 1987 geborenen kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. geschlossen hat.
30Für die Anwendung des Art. 10 Dublin-III-VO wäre es erforderlich, dass beide Familienangehörigen, zu denen gemäß Art. 2 Buchst. g) Dublin-III-VO auch Ehegatten gehören, den Wunsch zur Prüfung ihrer Asylanträge in demselben Mitgliedstaat schriftlich kundtun. Eine schriftliche Erklärung dieser Art liegt indessen – zumindest für den Kläger – nicht vor.
31Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 13 L 2517/14.A –, juris (Rdnr. 15).
32Ebenso wenig vermag Art. 11 Dublin-III-VO etwas an der Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren des Klägers zu ändern. Unter der amtlichen Überschrift „Familienverfahren“ erfasst diese Bestimmung (u.a.) den Fall der gleichzeitigen Asylantragstellung durch mehrere Familienangehörige oder der Asylantragstellung mehrerer Familienangehöriger in so großer zeitlicher Nähe, dass die Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemeinsam durchgeführt werden können. Besteht in einem solchen Fall bei Anwendung der in der Dublin-III-VO genannten Kriterien die Gefahr der Trennung der Familienangehörigen, so gilt nach Art. 11 Dublin-III-VO Folgendes: a) Zuständig für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Familienangehöriger (…) ist der Mitgliedstaat, der nach den Kriterien für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist; b) andernfalls ist für die Prüfung der Mitgliedstaat zuständig, der nach den Kriterien für die Prüfung des von dem ältesten von ihnen gestellten Antrags zuständig ist.
33Es spricht bereits vieles dafür, dass Art. 11 Dublin-III-VO hier bereits in seinem Ausgangspunkt nicht einschlägig ist. Denn es dürfte schon keine Gefahr der Trennung im Sinne dieser Bestimmung bestehen, weil eine Zuständigkeit Bulgariens nach Lage der Akten wohl ohnehin – unabhängig von der Anwendung der Vorschriften zur Wahrung der Familieneinheit – auch für Frau E. -G. besteht. Doch selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte der Kläger aus Art. 11 Dublin-III-VO nichts für sich herleiten. In Bezug auf Art. 11 Buchst. a) Dublin-III-VO gilt dies schon deshalb, weil es hier um die Bestimmung der Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylverfahren von lediglich zwei Personen – des Klägers und seiner (angeblichen) Ehefrau – geht. In einem solchen Fall kann es bei einer etwaigen Verschiedenheit der an sich zuständigen Mitgliedstaaten rechnerisch keinen „größten Teil“ der Familienangehörigen geben.
34Vgl. dazu auch Filzwieser/Sprung, Kommentar zur Dublin-III-VO, 1. Auflage (2014), Art. 11 Dublin-III-VO Anm. K 5.
35Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO vermag ebenfalls nichts an der Zuständigkeit Bulgariens für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers zu ändern. Denn er ist nach den von ihm und seiner (angeblichen) Ehefrau gemachten Angaben, wonach er am 21. Juni 1984 und Frau E. -G. am 14. April 1987 geboren ist, der ältere der beiden Ehegatten. Daraus folgt, dass gemäß Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO jener Mitgliedstaat für alle Familienangehörigen (hier für beide Ehegatten) zuständig ist, der nach den einschlägigen Kriterien der Dublin-III-VO für den Kläger zuständig ist
36- ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A –, in dem Frau E. -G. betreffenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. im Einzelnen die Seiten 3 und 4 des den Beteiligten vorliegenden Beschlussabdrucks) -.
37Die sich aus Art. 13 Dublin-III-VO für das Verfahren des Klägers ergebende Zuständigkeit Bulgariens erstreckt sich mithin bei Anwendung des Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO auf seine Ehefrau.
383. Aufgrund der danach gegebenen Zuständigkeit der Republik Bulgarien ist diese gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO zur Aufnahme des Klägers verpflichtet. Dies hat zur Folge, dass in seinem Fall die Verfahrensvorschriften der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO zur Anwendung kommen (vgl. dazu nachfolgend 5.). Es besteht hier eine Pflicht zur Aufnahme nach diesen Bestimmungen und nicht eine solche zur Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) bis d) Dublin-III-VO i.V.m. Art. 23, 24, 29 Dublin-III-VO, weil Voraussetzung für eine Wiederaufnahme durch Bulgarien wäre, dass der Kläger dort bereits ein Asylverfahren betrieben hätte. Dies ist indessen nicht der Fall. Der Kläger hat selbst angegeben, lediglich in Ungarn (und nicht auch in Bulgarien) einen Asylantrag gestellt zu haben. Abgesehen davon haben die ungarischen Behörden dem Bundesamt unter dem 6. März 2014 mitgeteilt, dass für den Kläger hinsichtlich Bulgariens (lediglich) ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 (BG2BR206C1309250012) erzielt worden sei (Blatt 29 der Bundesamtsakte). Gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 5 der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-Durchführungsverordnung) werden nur Daten von Asylbewerbern mit der Kategorie 1 versehen. Hieran zeigt sich ebenfalls, dass der Kläger in Bulgarien noch keinen Asylantrag gestellt hat, zumal nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-VO) eine europarechtliche Richtigkeitsgewähr bzgl. der erhobenen und übermittelten Daten besteht.
39Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 13 L 2759/14.A –, juris (Rdnr. 37).
404. Die Aufnahmeverpflichtung Bulgariens nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO ist nicht gemäß Art. 19 Dublin-III-VO nachträglich erloschen. Namentlich ergibt sich Entsprechendes nicht aus der Bestimmung des Art. 19 Abs. 2 Dublin-III-VO. Danach erlöschen die Pflichten nach Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller, um dessen Aufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Nachweis einer mindestens drei Monate dauernden Abwesenheit des Klägers aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten ist nicht geführt. Zwar hat er vor dem Bundesamt erklärt, im Anschluss an seinen Aufenthalt in Bulgarien in Serbien, das nicht zu den Mitgliedstaaten zählt, gewesen zu sein. Dieser Aufenthalt in Serbien ist jedoch in keiner Weise belegt und kann abgesehen davon bei dem vom Kläger geschilderten zeitlichen Ablauf ohnehin nur kurzzeitig gewesen sein. Am 27. Februar 2014 hat er selbst gegenüber dem Bundesamt bekundet, sich lediglich einen Tag lang in Serbien aufgehalten zu haben (Blatt 8 der Bundesamtsakte).
415. Des Weiteren sind die Zuständigkeit Bulgariens und die daraus folgende Aufnahmepflicht nicht aufgrund eines Verstreichens der für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Antrags- und Überstellungsfristen erloschen:
42a) Das Bundesamt hat die im Aufnahmeverfahren maßgebliche Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs nach Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet. Dabei kann offen bleiben, ob hier eine Frist von drei Monaten (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) oder – aufgrund des von den ungarischen Behörden mitgeteilten EURODAC-Treffers hinsichtlich Bulgariens – eine zweimonatige Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin-III-VO) einschlägig gewesen ist, weil beide Fristen eingehalten worden sind. Das Bundesamt hat dadurch, dass der Kläger am 27. Februar 2015 über einen Aufenthalt in Bulgarien berichtet hat, erste Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates erhalten. Die Hinweise auf eine Zuständigkeit Bulgariens haben sich sodann durch den von den ungarischen Behörden unter dem 6. März 2014 mitgeteilten EURODAC-Treffer verdichtet. Am 27. März 2014 haben die ungarischen Behörden schließlich berichtet, dass Bulgarien sich ihnen gegenüber unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO für zuständig erklärt habe. Selbst wenn man hier – zugunsten des Klägers – für den Beginn der Antragsfrist auf den erstgenannten Zeitpunkt (27. Februar 2014) abstellte, hätte das Bundesamt dadurch, dass es sich bereits am 2. April 2014, d.h. nur rund fünf Wochen später, an die bulgarischen Behörden gewandt hat, die Fristen des Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet.
43b) Ebenso wenig ist die sechsmonatige Frist für die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedstaat (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) mit der Folge überschritten, dass die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen wäre.
44Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedsstaat (hier: Bundesrepublik Deutschland) in den zuständigen Mitgliedstaat (hier: Republik Bulgarien) gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedsstaates nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Fall 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat (Fall 2).
45Der Fristbeginn bestimmt sich hier nach dem in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO angesprochenen zweiten Fall, wonach die maßgebliche Überstellungsfrist von sechs Monaten erst mit der (endgültigen) Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat, beginnt. Ein „Rechtsbehelf“ im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, dem aufschiebende Wirkung zukommen kann, ist (jedenfalls) der Hauptsacherechtsbehelf (hier die vorliegende Klage). Diesem kommt aufschiebende Wirkung in jedem Fall dann zu, wenn diese gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet wird.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, m.w.N., juris (zur Überstellungsfrist nach der Dublin-II-VO).
47So liegt der Fall auch hier, weil das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet hatte. Diese gerichtliche Entscheidung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die zunächst angelaufene Frist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Fall 1 Dublin-III-VO, wonach die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat beginnt, noch nicht verstrichen und die Zuständigkeit mithin noch nicht auf die Beklagte übergegangen war. Denn die bulgarischen Behörden haben sich am 10. April 2014 gegenüber der Beklagten zur Aufnahme des Klägers bereit erklärt, so dass die Frist nach dem ersten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erst mit dem 10. Oktober 2014 verstrichen wäre. Diese Frist ist mit der gerichtlichen Entscheidung vom 30. September 2014, die dem Hauptsacherechtsbehelf aufschiebende Wirkung zugewiesen hat, mit der Folge (rechtzeitig) unterbrochen worden, dass sich die sechsmonatige Überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO bestimmt. Diese Frist wird erst mit der endgültigen Entscheidung über den Hauptsacherechtsbehelf, d.h. über die vorliegende Klage, zu laufen beginnen und ist mithin im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) noch nicht verstrichen.
486. Ferner kann der Antragsteller sich nicht mit Erfolg auf systemische Mängel des bulgarischen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien berufen.
49Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 VO Dublin-III-VO setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen (Unterabs. 2); kann eine Überstellung an einen aufgrund der Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Unterabs. 3).
50Der Regelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO liegt die Rechtsprechung des EuGH zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde. Dieses gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll zu dieser Konvention von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskommission zukommt. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Widerlegung der Vermutung aber an hohe Hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen Bestimmungen des zum Asylrecht ergangenen Sekundärrechts geeignet sind, die Vermutung zu widerlegen.
51Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) –, NVwZ 2012, 417, sowie vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208.
52Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin-III-VO liegen vor, wenn das Gericht zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gelangt, dass ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, 1039, zur Rechtslage nach der Dublin-II-VO.
54Im Rahmen dieser Prognose ist nicht allein auf die Rechtslage im betreffenden Mitgliedstaat abzustellen, maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis.
55Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S ./. Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413 und HUDOC (Rdnr. 359); Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rdnr. 21.
56Die vorstehend aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe gelten jedenfalls dann, wenn der betreffende Asylbewerber in dem Mitgliedstaat, in den er abgeschoben werden soll, noch keinen Schutzstatus erlangt hat
57- vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Oktober 2014– 17 L 2379/14.A –, juris (Rdnr. 20), unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, a.a.O. -.
58Dies ist beim Kläger der Fall, da er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt und dementsprechend auch noch keinen Schutzstatus erhalten hat.
59Ausgehend hiervon kann das erkennende Gericht entgegen der Auffassung des Klägers nicht feststellen, dass in der Republik Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im vorstehend genannten Sinne, von denen gerade der Kläger betroffen wäre, bestehen
60- ebenso in entsprechenden Fällen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 42 ff.), VG Potsdam, Urteil vom 4. Februar 2014 – 6 K 3905/13.A –, juris (Rdnr. 16), VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 14.30366 –, juris (Rdnr. 27), und VG Bremen, Urteil vom 16. Juli 2014 – 1 K 152/14 –, juris (Rdnr. 30 ff.); demgegenüber geht ein Teil der Rechtsprechung vom Vorliegen systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems aus oder sieht deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger Mängel: VG Bremen, Beschluss vom 11. März 2014 – 1 V 153/14 –, juris (Rdnr. 26 ff.), VG Schwerin, Beschluss vom 13. März 2014– 3 B 230/14 As –, juris (Rdnr. 20 ff.), VG Oldenburg, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 12 B 1387/14 –, juris (Rdnr. 18 ff.); vgl. außerdem VG Berlin, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 9 L 147/14.A –, juris (Rdnr. 8 ff.), das grundsätzlich keine systemischen Mängel des bulgarischen Asylsystems sieht, eine Ausnahme hiervon jedoch bei besonders schutzbedürftigen Personen (z.B. psychisch kranken Menschen) macht -.
61Der Vortrag des Klägers, wonach in Bezug auf (a) den Zugang zum Asylverfahren, (b) das Refoulement-Verbot, (c) die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie (d) die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, systemische Mängel des bulgarischen Asylwesens bestünden, greift nicht durch:
62a) Ein ausreichender Zugang zum Asylverfahren ist in Bulgarien für den Kläger gegeben.
63Allerdings war das bulgarische Asylsystem bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern, die aufgrund des Konflikts in Syrien über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, vollkommen überfordert. Dadurch war bereits ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft heraus, nicht mehr gewährleistet. Zwar wies Bulgarien auch zu dieser Zeit eine vergleichsweise hohe Schutzquote auf. Gleichwohl bestanden – bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation der beteiligten bulgarischen Amtswalter – unübersehbare Mängel im Verfahren, u.a. im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden. Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar vor allem im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind. Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der u.a. eine Verbesserung der Verfahrensabläufe, aber auch eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze mit der Türkei zum Inhalt hatte. Außerdem wurde durch das European Asylum Support Office (EASO) im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober 2013 wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist. Nicht zuletzt aufgrund dieser Grenzanlage ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres 2014 zunächst erheblich zurückgegangen. Dies wiederum hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Es wird von erheblichen Verbesserungen berichtet. Insbesondere wird eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet. Allerdings ist, worauf nachfolgend unter c) noch näher einzugehen sein wird, nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft heraus nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären. Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr).
64Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 44 ff., 55).
65Zwar hat sich aufgrund des ab August 2014 zu verzeichnenden stetigen Anstiegs der Anzahl der Neuanträge auf internationalen Schutz
66- vgl. dazu die unter http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init= 1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1 durch Eurostat veröffentlichten Zahlen (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -
67die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verlangsamt, zumal die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Dies führt für sich genommen aber nicht zur Feststellung systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems. Die neu installierte Videokonferenz-Ausrüstung in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, soll helfen, das Verfahren zu beschleunigen, sobald die SAR Dolmetscher benannt hat. Da die Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014 erhöht wurden, was dazu führte, dass 5.624 Antragstellern zwischen Januar und Oktober 2014 ein Schutzstatus gewährt wurde, funktioniert das Asylsystem nach Einschätzung des UNHCR derzeit „einigermaßen“, wobei die SAR allerdings weitere Mittel benötige, um die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erzielten Verbesserungen beizubehalten.
68Vgl. dazu die Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014, Seiten 2 und 3.
69Nach alledem ist derzeit die Prognose gerechtfertigt, dass für den Kläger im Anschluss an eine Überstellung nach Bulgarien ein ausreichender Zugang zum dortigen Asylverfahren gegeben sein wird. Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass er als sog. Dublin-Rückkehrer nach Bulgarien einreisen wird. Für nach Bulgarien zurückkehrende Asylbewerber gilt nach den Feststellungen des UNHCR
70- vgl. die Seiten 3 und 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
71Folgendes: Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus ist im Falle einer Wiedereinreise nach Bulgarien davon abhängig, welchen Stand das frühere Asylverfahren des betreffenden Asylbewerbers dort hatte. Ist der Asylantrag bei der Rückkehr noch nicht entschieden, wird für die Person (grundsätzlich) in Bulgarien eine sachliche Entscheidung getroffen. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird das Verfahren wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann „objektive Gründe“ für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellt; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft. Bei Dublin-Rückkehrern wird das Asylverfahren indessen grundsätzlich – unabhängig davon, ob die vorstehend genannten Fristen verstrichen sind – wiedereröffnet, und zwar an der Stelle, an welcher der Stillstand eingetreten ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Eine Prüfung seines Antrags ist dann prinzipiell sichergestellt; der Betroffene genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber auch. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig beendet worden ist. In diesem Fall hat auch der Dublin-Rückkehrer nur noch die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen.
72Vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 58).
73Gemessen hieran wird dem Kläger als Dublin-Rückkehrer das Asylerstverfahren in Bulgarien ohne Einschränkungen offen stehen, weil er dort noch keinen Asylantrag gestellt hatte und dementsprechend auch noch keine Anhörung stattgefunden haben kann, aufgrund der – ggf. auch in seiner Abwesenheit – eine endgültige verfahrensabschließende Entscheidung hätte getroffen werden können. Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund des in Ungarn gestellten Asylantrags in Bulgarien als bloßer Folgeantragsteller behandelt werden würde.
74Auch in Bezug auf den weiteren Verlauf des dem Kläger offenstehenden Asylverfahrens sind keine durchgreifenden Mängel des bulgarischen Asylsystems erkennbar. Die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen – wie dem Kläger – wesentlich verkürzt. Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können. Zumindest für ein – im Falle des Klägers in Rede stehendes – Asylerstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen. Diese Defizite können jedoch – auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen – nicht als derart gravierend eingestuft werden, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären und die Betroffenen in ihren Rechten aus Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verletzen würden.
75Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 56).
76Hinweise auf entsprechende Rechtsverletzungen aufgrund von Mängeln des Asylverfahrens ergeben sich im Übrigen auch nicht aus der in Bulgarien bestehenden Schutzquote. Denn die Zahl der in Bulgarien als international schutzberechtigt anerkannten Personen ist vergleichsweise hoch. So wurde im dritten Quartal 2014 bei 1.005 Asylentscheidungen in 785 Fällen ein Flüchtlingsstatus und in 90 Fällen ein subsidiärer Schutz zuerkennt; dies entspricht einer Gesamtschutzquote von rund 87 %
77- vgl. die Eurostat-Daten unter http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/images/8/88/First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates%2C_3rd_quarter_2014.png (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -,
78die allerdings zum Teil auch dadurch bedingt sein mag, dass viele Personen, die in Bulgarien einen Asylantrag stellen, aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammen.
79b) Soweit der Kläger Verstöße gegen das Refoulement-Verbot rügt, mag dies (teilweise) berechtigt sein, und zwar mit Blick darauf, dass es Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei ab dem Jahr 2013 gibt
80- vgl. dazu etwa Human Rights Watch, Containment Plan – Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian an Other Asylum Seekers and Migrants, 29. April 2014, Seiten 14 ff. -.
81Damit könnte Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK verstoßen. Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei Flüchtlinge nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist, wovon aber in Bezug auf Bulgarien wohl nicht auszugehen ist, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns – vgl. dazu bereits die Ausführungen unter a) – kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal keine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich sein dürfte.
82Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 47).
83Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil sich der Kläger bereits auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten befindet und somit von der Zurückweisungspraxis an der türkisch-bulgarischen Grenze nicht (mehr) betroffen ist. Dafür, dass sich Bulgarien des Klägers nach Durchführung eines Asylverfahrens unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen würde, ist im Übrigen nichts ersichtlich.
84c) Soweit der Kläger gegen den streitgegenständlichen Bundesamtsbescheid sinngemäß einwendet, Asylbewerber einschließlich Dublin-Rückkehrern hätten in Bulgarien im Widerspruch zu den Bestimmungen der EMRK und der GR-Charta mit Inhaftierung zu rechnen, kann er hiermit ebenfalls nicht durchdringen.
85Nach den Feststellungen des UNHCR
86- vgl. die Seiten 2 bis 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
87reisen Asylbewerber mehrheitlich auf illegale Weise nach Bulgarien ein und werden dabei häufig durch die Grenzpolizei abgefangen, woraufhin sie in Einwanderungshaft genommen werden. Bulgarien verfügt über insgesamt drei Einrichtungen für die Einwanderungshaft. Bei zwei davon handelt es sich um sog. SCTAFs (Special Center for Temporary Accommodation of Foreigners). Eine davon befindet sich in Busmatsi (Sofia), die andere in Lyubiments (Südbulgarien). Hinzu kommt eine weitere vorübergehende Einwanderungshaftanstalt, das in der Nähe der türkischen Grenze gelegene Allocation Centre (AC) in Elhovo. Während es sich bei den SCTAFS in erster Linie um Einrichtungen für die Abschiebungshaft handelt, wurde das AC in Elhovo im Oktober 2013 durch das Innenministerium eingerichtet, um (u.a.) Asylbewerber aus Gruppen illegal einreisender Ausländer „herauszufiltern“. Illegal Eingereiste, die zunächst kein Asyl beantragen wollen, werden an ein SCTAF weitergeleitet. Soweit sie dort Asyl beantragen, werden sie nach Erledigung der vorgesehenen Formalitäten an eine Aufnahmeeinrichtung der SAR verwiesen. In keinem Fall müssen Asylsuchende aber eine längere Inhaftierung nach der Einreise in die Republik Bulgarien befürchten. Diese Verbesserung gegenüber früheren Zuständen beruht auf einer seit dem ersten Quartal 2014 verbesserten Kooperation zwischen den Grenzschutz- und Einwanderungsbehörden einerseits und der SAR andererseits. Die SAR hat sich nunmehr verpflichtet, die Erstregistrierung der Asylbewerber bereits in der Einwanderungshaft vorzunehmen, was dazu führt, dass die Asylbewerber nach durchschnittlich 7 bis 10 Tagen aus der Einwanderungshaft entlassen werden. Die Tatsache allein, dass Asylsuchende, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylverfahrens dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden
88- ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 55).
89Abgesehen davon wird der Kläger bei einer Rückkehr nach Bulgarien von einer solchen Einwanderungshaft voraussichtlich nicht mehr betroffen sein, weil er im Wege der Überstellung gemäß der Dublin-III-Verordnung nach Bulgarien zurückkehren wird.
90Auch mit Blick auf die in Bulgarien herrschende Praxis im Bereich der Abschiebungshaft, können keine gerade den Kläger betreffenden systemischen Schwachstellen festgestellt werden. Die Verhängung von Abschiebungshaft kommt nach der Auskunft des UNHCR an das erkennende Gericht vom 23. Dezember 2014 (Seiten 3 und 4) zunächst dann in Betracht, wenn ein Asylbewerber Bulgarien während des laufenden Asylverfahrens verlässt und erst nach Verstreichen der unter a) behandelten dreimonatigen Betreibensfrist wieder zurückkehrt oder aber sein Asylantrag– ggf. auch während seiner Abwesenheit – abgelehnt wird. In diesen Fällen gilt der (erneute) Aufenthalt des betroffenen Drittstaatsangehörigen als illegal, mit der Folge, dass er (grundsätzlich) in Abschiebungshaft genommen wird. Den Betroffenen steht die Möglichkeit offen, einen Folgeantrag zu stellen. Wird dieser Antrag zur sachlichen Prüfung zugelassen, so ist eine Haftfortdauer gleichwohl wahrscheinlich. Eine Freilassung aus der Haft kommt allerdings in Betracht, wenn dem Folgeantragsteller ein Platz in einer Einrichtung der SAR zugewiesen wird oder aber eine externe Wohnung nachgewiesen wird. Mit Letzterem ist allerdings ein Verzicht auf staatliche Leistungen verbunden. Die vorstehend behandelte Art der Abschiebungshaft kann auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden, ohne dass nach Einschätzung des UNHCR bislang ein hinreichender Rechtsschutz dagegen existiert. Mit dieser Art der Haft hat der Kläger indessen ebenfalls nicht zu rechnen. Dublin-Rückkehr, zu denen auch er gehört, genießen nämlich – unabhängig vom etwaigen Ablauf der dreimonatigen Betreibensfrist – grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Asylbewerber im Erstverfahren, d.h. sie werden im Anschluss an die Rückkehr – nach Angaben des UNHCR „höchstwahrscheinlich“ – in einer SAR-Einrichtung untergebracht und somit nicht inhaftiert. Anhaltspunkte dafür, dass im Falle des Klägers ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, liegen nicht vor. Auch dann, wenn über den Antrag eines Dublin-Rückkehrers auf internationalen Schutz in der Sache bereits (endgültig) entscheiden worden ist, kann dieser, wenn er einen Folgeantrag stellt, zunächst wieder in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden, soweit ein entsprechender Platz vorhanden ist. Nur im Dublin-Verfahren überstellte Asylbewerber, deren Ansprüche durch eine bestands- bzw. rechtskräftige Entscheidung abgelehnt worden sind und die keinen Folgeantrag stellen, können in einer Haftanstalt festgehalten werden, aus der heraus dann die Abschiebung durchgeführt wird. Zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 30. Oktober 2014 wurden nach Auskunft der SAR an den UNHCR 143 Asylbewerber im Dublin-Verfahren nach Bulgarien überstellt. Die Asylanträge von 7 dieser Rückkehrer waren (gerichtlich bestätigt) endgültig abgelehnt worden; diese Personen wurden in Abschiebungshaft genommen. Die restlichen Dublin-Rückkehrer wurden in SAR-Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Daraus ergibt sich für den Kläger, dass er, wenn er – wie im streitgegenständlichen Bescheid vorgezeichnet – im Dublin-Verfahren nach Bulgarien zurückkehrt, allenfalls nach rechts- bzw. bestandskräftigem Abschluss eines in Bulgarien erst noch einzuleitenden Asylverfahrens in Abschiebungshaft genommen werden kann. Ob dies überhaupt geschehen wird, lässt sich derzeit jedoch nicht einmal ansatzweise zuverlässig prognostizieren, so dass das Gericht schon aus diesem Grund nicht die Feststellung treffen kann, der Kläger werde im Zusammenhang mit einer Inhaftierung in Bulgarien einer erniedrigenden, unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt.
91Abgesehen davon begründet die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, für sich genommen noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems. Mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird nämlich das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO haben die Mitgliedstaaten die Pflicht, jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, zu prüfen. Dabei haben sie die durch die (hier noch geltende) Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 13. Dezember 2005 (ABl. L 326, S. 13 ff., sog. Aufnahmerichtlinie) bestimmten einheitlichen Standards zu beachten. Zu diesen Mindestgarantien zählt, dass die Verwaltung mit aller gebotenen Sorgfalt die entsprechenden Erklärungen der betroffenen Person zur Kenntnis nimmt, indem sie sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht und ihre Entscheidung eingehend begründet. Die Verfahrensgarantien umfassen jedoch nicht das Recht, im Falle eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat verbleiben zu dürfen und von Maßnahmen verschont zu werden, die der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen. Namentlich erfolgt die Inhaftnahme in einem solchen Fall nicht mehr allein deshalb, weil der Betroffene Asylbewerber ist (vgl. Art. 18 Abs. 1 der Aufnahmerichtlinie). Die Haft zum Zweck der Sicherung einer Abschiebung begründet demnach noch keinen systemischen Mangel im Sinne der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung.
92Vgl. dazu VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A, juris (Rdnr. 14 ff.).
93Soweit der Kläger unter Berufung auf eine Entscheidung des EGMR
94- Urteil vom 27. Januar 2015 – 36925/10 u.a. (Neskov u.a. ./. Bulgarien) –, HUDOC -
95sinngemäß geltend macht, dass in bulgarischen Gefängnissen menschenunwürdige und erniedrigende Zustände im Sinne von Art. 3 EMRK aufgrund von Überfüllung, unzureichenden sanitären Anlagen sowie fehlendem Ausgang herrschten, kann er auch hiermit nicht durchdringen. Die genannte Entscheidung betrifft die Verhältnisse in der Strafhaft und kann daher nicht auf den hier interessierenden Bereich der Abschiebungshaft, für die – wie dargelegt – gesonderte Haftanstalten zur Verfügung stehen, übertragen werden. Soweit in mehreren Berichten
96- vgl. Aida, National Country Report Bulgaria, April 2014, Seiten 49 ff.; Human Rights Watch, a.a.O., Seiten 39 ff. -
97auch die Verhältnisse in den bulgarischen Abschiebungshaftanstalten – u.a. aufgrund von Überbelegung und unzureichenden sanitären Anlagen – kritisiert werden, beruht dies im Schwerpunkt noch auf der Auswertung von Zahlenmaterial, Besuchen vor Ort und sonstigen Erkenntnissen aus den Jahren bis einschließlich 2013, d.h. aus einer Zeit, in der das gesamte bulgarische Asylsystem durch die (unvorhergesehen) hohe Zahl an Asylbewerbern erheblich überlastet war. Die Berichte vermögen mithin keine verlässliche Auskunft über die heutigen Verhältnisse zu geben. Der UNHCR hat in Bezug auf die Abschiebungshaftanstalten in Busmantsi und Lyubimets (SCAR) im April 2014 festgestellt, dass die Inhaftierten regelmäßig Essen bekämen und eine notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sei; zudem bestünden (auf einfachem Niveau) Freizeitmöglichkeiten, und zwar auch auf entsprechenden Außenanlagen.
98Vgl. UNHCR, Bulgaria as a Country of Asylum, April 2014, Seite 6.
99Soweit dem bulgarischen Gesetzgeber ein Gesetzentwurf vorliegt, der eine Verschärfung des Haftrechts vorsieht, bleibt abzuwarten, ob dieser überhaupt verabschiedet werden wird. Abgesehen davon ist derzeit noch nicht absehbar, dass ein entsprechendes Gesetz zu hier relevanten systemischen Mängeln führen würde, zumal nicht erkennbar ist, dass sich die bulgarischen Behörden und Gerichte einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung der betreffenden Bestimmungen (systematisch und durchgängig) verweigern würden.
100Vgl. dazu im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 57).
101Auch für den Bereich der Abschiebungshaft nach bestandskräftiger Entscheidung im Asylverfahren sind nach alledem – zumindest derzeit – keine durchgreifenden systemischen Mängel feststellbar. Wie ausgeführt ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aber ohnehin nicht hinreichend sicher, dass der Kläger in Bulgarien überhaupt von Abschiebungshaft betroffen werden wird.
102d) Schließlich greift auch der vom Kläger sinngemäß erhobene Einwand, die sozialen Aufnahmebedingungen in Bulgarien, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, seien mit gravierenden (systemischen) Mängeln behaftet, nicht durch.
103Die SAR verwaltet sieben Aufnahme-, Unterbringungs- und Übergangseinrichtungen (drei in Sofia, eines in der Nähe Sofias und drei im Süden Bulgariens) mit einer Gesamtaufnahmekapazität von 6.000 Personen. Am 3. November 2014 waren in diesen Einrichtungen (lediglich) 3.910 Personen (davon 2.817 Syrer) untergebracht. In den Einrichtungen der SAR sollen lediglich Asylbewerber untergebracht werden. Allerdings erlaubt die SAR die andauernde Unterbringung von 650 Einzelpersonen, denen Schutz gewährt wurde und die in diesen Einrichtungen verweilen, da sie keine sonstigen Mittel haben, um ihren Unterhalt in Bulgarien zu sichern.
104Vgl. dazu Seite 2 der Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014.
105Dass sich die genannten Zahlen seit November 2014 wesentlich verändert hätten, ist nicht ersichtlich. Der Kläger wird danach im Anschluss an eine Rückkehr in die Republik Bulgarien einen Platz in einer der Aufnahmeeinrichtungen der SAR erhalten können, da deren Kapazitäten bei weitem nicht erschöpft sind.
106Auch die Bedingungen in den Aufnahmeeinrichtungen sind nicht derart defizitär, dass insoweit von systemischen Mängeln ausgegangen werden müsste. Nach der Auskunft des UNHCR vom 23. Dezember 2014 sorgt der Staat in den Aufnahmeeinrichtungen der SAR zwei Mal täglich für warme Mahlzeiten und eine medizinische Grundversorgung der Bewohner. Aufgrund einer Förderung durch den UNHCR sorgen Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarisches Helsinki Komitee, Caritas) u.a. für soziale Dienste, rechtliche Beratung und Sprachkurse. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten Dublin-Rückkehrer haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die auch anderen Asylbewerbern zustehen.
107Insgesamt sind die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen in baulicher wie auch personeller Hinsicht grundlegend angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Dass die Verhältnisse in mancherlei Hinsicht nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Dass die Qualität der Nahrung in den Aufnahmeeinrichtungen möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Angesichts der erreichten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist – jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern – nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem (wie in der Vergangenheit) wieder kollabieren wird und die Asylsuchenden daher die Zentren erneut „auf eigenen Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. Dies gilt umso mehr, als die derzeit wieder (moderat) ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im Jahr 2013, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen.
108Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49 ff.).
109Allerdings sieht der UNHCR in seiner Auskunft vom 23. Dezember 2014 nach wie vor erhebliche Defizite des bulgarischen Asylsystems in Bezug auf besonders schutzbedürftige Personen, zu denen vor allem Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke gehören.
110Vgl. zu diesem Aspekt auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49, 51 ff.).
111Das Gericht lässt offen, ob sich aus den entsprechenden Defiziten systemische Mängel des bulgarischen Asylsystems ergeben. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Kläger hieraus nichts für sich herleiten, weil er nicht zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen im vorstehend genannten Sinne zählt. Für Alleinstehende und Paare ohne Kinder lassen sich entsprechende Mängel in der Regel – so auch hier – nicht feststellen.
112Soweit überdies in Bulgarien erhebliche Defizite bei der Versorgung anerkannter Schutzberechtigter bestehen mögen
113- vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 59) -,
114ist der Kläger hiervon – bei seinem derzeitigen Status – ebenfalls nicht betroffen.
1157. Auch dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom Vorliegen systemischer Mängel für jeden Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt
116- in diesem Sinne etwa EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) –, HUDOC (Rdnr. 104), und United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 (Rdnr. 42 bis 64), jeweils zu Überstellungen nach Italien -,
117würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Regelung nach § 27a AsylVfG führen. Denn es ist angesichts der Erkenntnisse zum bulgarischen Asylsystem (vgl. dazu vorstehend 6.) nicht erkennbar, dass der Kläger Gefahr liefe, im Anschluss an eine Rücküberstellung nach Bulgarien – ggf. auch unabhängig vom Fehlen systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
1188. Ist demnach Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und macht das Bundesamt – wie hier – auch nicht von seinem Recht zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) Gebrauch, so hat weder das Bundesamt noch das Gericht im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob einer Abschiebung des Klägers nach Mali Abschiebungsverbote entgegenstehen. Diese Prüfung obliegt gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO allein den zuständigen bulgarischen Behörden. Sieht sich der Kläger durch deren Entscheidung in seinen Rechten verletzt, muss er in Bulgarien um Rechtschutz nachsuchen.
119II. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bestimmt, dass dann, wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht dass sie durchgeführt werden kann.
120Danach ist die Anordnung der Abschiebung des Klägers nach Bulgarien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Republik Bulgarien ist – wie bereits unter I. dargelegt – für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in Bezug auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen sind.
121Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 – 2 B 215/14 –, juris (Rdnr. 7); OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris (Rdnr. 4); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011– A 11 S 1523/11 –, InfAuslR 2011, 310, juris (Rdnr. 3) sowie BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 –, juris (Rdnr. 11).
122Im Falle des Klägers vermag das erkennende Gericht vor allem kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK festzustellen. Namentlich folgt ein solches nicht aus dem Umstand, dass der Kläger nach eigenem Bekunden mit Frau E. -G. verheiratet ist und sich diese in Deutschland aufhält. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die jeweils zuständige Behörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen.
123Vgl. dazu etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Januar 2006– 2 BvR 1935/05 –, juris (Rdnr. 16).
124Nach Lage der Akten besteht vorliegend jedoch keine Gefahr einer (dauerhaften) Familientrennung, da nicht nur der Kläger, sondern auch seine Ehefrau zur Durchführung der beantragten Asylverfahren nach Bulgarien zu überstellen sein wird. Dies ergibt sich für Frau E. -G1. , sollte sie wirklich die Ehefrau des Klägers sein, jedenfalls aus Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO; insoweit wird auf die vorstehend unter I. 2. b). angestellten Erwägungen Bezug genommen. Darüber hinaus ist, selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass eine unter den Schutz von Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK fallende Bindung besteht, nicht ersichtlich, dass ihm eine vorübergehende Trennung von seiner Ehefrau unzumutbar wäre, zumal die Eheleute auch bereits in Deutschland unterschiedlichen Städten zugewiesen sind und somit derzeit an getrennten Orten leben, ohne dass – soweit ersichtlich – ernsthafte Bemühungen unternommen worden wären, diesen Zustand zu ändern. Weiter ist mit Blick auf das vom Kläger geltend gemachte Asylbegehren zu berücksichtigen, dass ein erhebliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland daran besteht, sich an dem gemeinsamen europäischen Asylsystem zu beteiligen, das eine anhand von einheitlichen Zuständigkeitskriterien erfolgende Verteilung von Asylbewerbern vorsieht. Kommt es einem Ausländer darauf an, ein Asylverfahren zu durchlaufen, so muss er hierbei angesichts des gemeinsamen europäischen Asylsystems grundsätzlich auch in Kauf nehmen, dass das Asylverfahren in einem anderen, hierfür zuständigen Mitgliedstaat durchgeführt wird. Das ist jedenfalls dann nicht völlig unzumutbar, wenn die Trennung von dem Ehegatten nicht von Dauer, sondern nur vorübergehend sein wird. Eben dies ist hier der Fall. Wie ausgeführt hat nach Lage der Akten auch die (angebliche) Ehefrau des Klägers kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, sondern ist ebenso wie der Kläger nach Bulgarien zu überstellen. Vor diesem Hintergrund ist, soweit nicht ohnehin eine gemeinsame Überstellung nach Bulgarien erfolgen wird, allenfalls eine kurzzeitige (weitere) Trennung zu befürchten. Dass eine solche dem Kläger unzumutbar sein würde, ist derzeit nicht ersichtlich
125- ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall: VG München, Beschluss vom 5. Mai 2014 – M 11 S 14.50165 –, juris (Rdnr. 30) -.
126Ebenso wenig ist erkennbar, dass eine dauerhafte Trennung des Klägers von seiner Ehefrau mit Blick darauf in Betracht käme, dass diese möglicherweise – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist – psychische Probleme hat und deshalb behandelt wird. Dass die Ehefrau des Klägers aufgrund dieses Umstands längerfristig oder gar dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben müsste und damit bei Überstellung allein des Klägers nach Bulgarien eine unzumutbare Trennung drohte, kann das Gericht nicht feststellen, zumal der (auch Frau E. -G. vertretende) Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, kein aussagekräftiges Attest vorlegen zu können, so dass sich das Gericht mangels eines entsprechenden Ansatzpunktes auch nicht veranlasst sieht, von Amts wegen Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Ehefrau des Klägers anzustellen.
127C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83 b AsylVfG.
128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der nach eigenem Bekunden am 21. Juni 1984 geborene Kläger stammt aus Mali. Am 6. November 2012 lehnte die deutsche Botschaft in Bamako (Mali) seinen Antrag auf Erteilung eines Visums ab. Am 26. Februar 2014 wurde er in der Gemeinde Dohma (Sachsen) durch die Polizei aufgegriffen. Dabei wies er sich mit einer am 23. Januar 2014 in Ungarn ausgestellten Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens aus. Eine daraufhin durch die Bundespolizei in Altenberg durchgeführte EURODAC-Abfrage ergab für den Kläger einen Treffer der Kategorie 1 hinsichtlich Ungarns (HU1330007615465). Das Amtsgericht Pirna – Az.: 23 XIV B 22/14 – ordnete eine vorläufige Freiheitsentziehung bis zum 12. März 2014 an, woraufhin der Kläger in den Abschiebegewahrsam Köpenick (Berlin) verbracht wurde.
3Am 27. Februar 2014 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Im Rahmen eines am selben Tag mit ihm geführten „Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ gab er an: Personalpapiere könne er nicht vorlegen. Er habe am 14. Dezember 2013 in Mali geheiratet. Seine Ehefrau, die am 14. April 1987 geborene E. -G. , halte sich ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er habe Mali im August 2013 mit dem Flugzeug verlassen und sich zunächst in die Türkei begeben. Er sei zwei Monate lang in Istanbul geblieben. Danach habe er sich nacheinander zwei Monate in Bulgarien, einen Monat in Griechenland und einen Tag in Serbien aufgehalten. Dann sei er nach Ungarn gereist, wo ihm am 15. Januar 2015 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Im Februar 2014 habe er in Ungarn einen Asylantrag gestellt. Er wolle aber aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung nicht dorthin rücküberstellt werden.
4Am 28. Februar 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden. Diese erklärten unter dem 6. März 2014: Dem Kläger seien in Bulgarien Fingerabdrücke abgenommen worden, da er am 25. September 2013 illegal die Grenze dieses Mitgliedstaates überschritten habe. Die entsprechende EURODAC-Nummer für Bulgarien laute BG2BR206C1309250012. Sie – die ungarischen Behörden – hätten daher am 27. Februar 2014 Bulgarien um Aufnahme des Klägers und seiner Ehefrau gebeten.
5Am 20. März 2014 hob das Landgericht Dresden – Az.: 2 T 197/14 – die gegen den Kläger verhängte Haft auf. Er wurde daraufhin aus dem Abschiebegewahrsam Köpenick entlassen.
6Am 27. März 2014 teilten die ungarischen Behörden dem Bundesamt mit, dass sie sich nicht für zuständig erachteten, da Bulgarien am 26. März 2014 unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO seine Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers akzeptiert habe. Am selben Tag wurde mit dem Kläger ein weiteres „Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ geführt. Dabei ergänzte und korrigierte er einige seiner früher gemachten Angaben und erklärte nunmehr: Die Ehe mit der ebenfalls in Deutschland weilenden kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. sei bereits am 14. Februar 2013 in Mali geschlossen worden. Die türkische Botschaft in Bamako (Mali) habe ihm ein Visum erteilt, mit dem er im August 2013 auf dem Luftweg in die Türkei gereist sei. Dort sei er einen Monat lang geblieben. Von der Türkei aus sei er mit dem Pkw nach Bulgarien gefahren, wo ihm im Oktober 2013 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Nach einem Monat des Aufenthalts in Bulgarien sei er eine Woche lang in Griechenland gewesen, bevor er über Serbien nach Ungarn gelangt sei. Dort habe er im Januar 2014 einen Asylantrag gestellt. In Ungarn sei er einen Monat lang geblieben. Dann sei er mit einem Pkw nach Deutschland weitergereist.
7Mit Bescheid vom 31. März 2014 wies die Bezirksregierung Arnsberg den Kläger unter Hinweis auf § 50 AsylVfG der Stadt C. M.---- (Kreis Q. ) zu.
8Am 2. April 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Diese erklärten sich am 10. April 2014 zur Rückübernahme des Klägers bereit.
9Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Bulgarien an. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 3. Juli 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
10Am 9. Juli 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass in Bulgarien durchgreifende systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden, die mit einer Verletzung von Art. 3 EMRK einhergingen. Diese Mängel beträfen den Zugang zum Asylverfahren, das Refoulement-Verbot, die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf verschiedene Berichte des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), von Amnesty International sowie der Asylum Information Database (Aida) und verweist auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, durch die er seine Auffassung bestätigt sieht.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie erklärt: Es bestünden keine Gründe für die Annahme, dass das bulgarische Asylverfahren mit systemischen Mängeln behaftet sei; dies werde auch durch eine Vielzahl entsprechender verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen bestätigt. Die bulgarische Regierung habe Maßnahmen getroffen, die bereits zu einer erheblichen Verbesserung im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geführt hätten.
16Auf Antrag des Klägers ordnete das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an.
17Bereits unter dem 8. August 2014 hatte das Gericht den UNHCR um Erteilung einer Auskunft zum Asylverfahren und zur Lage von Asylbewerbern in Bulgarien gebeten. Der UNHCR erteilte die erbetene Auskunft unter dem 23. Dezember 2014 in englischer Sprache (Blatt 63 bis 66 der Gerichtsakte). Das Gericht holte eine Übersetzung der Auskunft ins Deutsche ein (Blatt 67 bis 70 der Gerichtsakte).
18Frau E. -G. , bei der es sich nach Angaben des Klägers um seine Ehefrau handelt, wurde auf der Grundlage des § 50 AsylVfG der Stadt N. B1 zugewiesen. Sie betreibt beim Verwaltungsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 23 K 4771/14.A ein Klageverfahren, in dem ein gleichfalls vom 26. Juni 2014 datierender Bundesamtsbescheid – Az.: 5731212-262 –, mit dem ein Asylantrag Frau E. -G1. als unzulässig abgelehnt und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wurde, streitgegenständlich ist. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gewährte Frau E. -G. mit Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A – vorläufigen Rechtsschutz.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 1660/14.A und 10 L 530/14.A, den durch das Bundesamt übermittelten Verwaltungsvorgang sowie die beim Landrat des Kreises Q. über den Kläger geführte Ausländerakte (jeweils ein Heft) Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21A. Der Einzelrichter, dem das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 9. Januar 2015 durch die Kammer zur Entscheidung übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylVfG), ist nicht gehindert, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 zu entscheiden, obwohl kein Vertreter der Beklagten zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden unter Hinweis darauf, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
22B. Die auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 26. Juni 2014– Az.: 5731265-251 – gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Jedoch ist die Klage unbegründet. Die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 26. September 2014 enthaltenen Verwaltungsakte, nämlich die Ablehnung des durch den Kläger in Deutschland gestellten Asylantrags als unzulässig (§ 27a AsylVfG), sowie die daran anknüpfende Anordnung seiner Abschiebung nach Bulgarien (§ 34a AsylVfG), sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23I. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin III-VO) die Republik Bulgarien zuständig.
241. Die Dublin-III-VO und nicht deren Vorgängerverordnung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin-II-VO) ist hier einschlägig, weil der Kläger seinen Asylantrag, d.h. seinen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO, am 27. Februar 2014 und damit nach dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
252. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden. Welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedsstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Bei Anwendung dieser Kriterien ist die Republik Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
26a) Dies folgt aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Danach ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn ausgehend von seinen eigenen, insofern von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben hat der Kläger aus einem Drittstaat (Türkei) kommend als erstes die (Land-) Grenze zu dem Mitgliedstaat Bulgarien überschritten. Dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen Aufenthaltstitel und insofern illegal. Die daraus resultierende Zuständigkeit Bulgariens hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit (eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem der Mitgliedstaaten ein Asylantrag gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Dublin-Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Asylantrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Zwölfmonatszeitraum im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, m.w.N., juris (Rdnr. 46 ff.), zu den im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO.
28Damit steht Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO einer Zuständigkeit Bulgariens nicht entgegen. Nach der Mitteilung der ungarischen Behörden an das Bundesamt vom 6. März 2014 (Blatt 29 der beigezogenen Bundesamtsakte) ist der Kläger am 25. September 2013 nach Bulgarien eingereist. Die beim Kläger aufgefundene ungarische Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens weist als Ausstellungsdatum den 23. Januar 2014 aus (Blatt 4 der beigezogenen Ausländerakte), woraus folgt, dass er spätestens an diesem Tag in Ungarn einen Asylantrag gestellt haben muss. Dass die vorgenannten Unterlagen inhaltlich unrichtig sein könnten, ist weder vom Kläger substanziiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Liegt danach zwischen dem illegalen Grenzübertritt nach Bulgarien und der Antragstellung in Ungarn ein Zeitraum von höchstens vier Monaten, so ist die sich aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO ergebende zwölfmonatige Frist unzweifelhaft gewahrt. Darauf, dass der Asylantrag nicht in Bulgarien gestellt worden ist, kommt es für die Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates nicht an.
29b) Es greifen auch keine gemäß Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO vorrangig anzuwendenden Zuständigkeitstatbestände ein, namentlich keine solchen zum Schutz der Familieneinheit gemäß Art. 10 und 11 Dublin-III-VO. Dabei kann zugunsten des Klägers als wahr unterstellt werden, dass er tatsächlich die Ehe mit der am 14. April 1987 geborenen kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. geschlossen hat.
30Für die Anwendung des Art. 10 Dublin-III-VO wäre es erforderlich, dass beide Familienangehörigen, zu denen gemäß Art. 2 Buchst. g) Dublin-III-VO auch Ehegatten gehören, den Wunsch zur Prüfung ihrer Asylanträge in demselben Mitgliedstaat schriftlich kundtun. Eine schriftliche Erklärung dieser Art liegt indessen – zumindest für den Kläger – nicht vor.
31Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 13 L 2517/14.A –, juris (Rdnr. 15).
32Ebenso wenig vermag Art. 11 Dublin-III-VO etwas an der Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren des Klägers zu ändern. Unter der amtlichen Überschrift „Familienverfahren“ erfasst diese Bestimmung (u.a.) den Fall der gleichzeitigen Asylantragstellung durch mehrere Familienangehörige oder der Asylantragstellung mehrerer Familienangehöriger in so großer zeitlicher Nähe, dass die Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemeinsam durchgeführt werden können. Besteht in einem solchen Fall bei Anwendung der in der Dublin-III-VO genannten Kriterien die Gefahr der Trennung der Familienangehörigen, so gilt nach Art. 11 Dublin-III-VO Folgendes: a) Zuständig für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Familienangehöriger (…) ist der Mitgliedstaat, der nach den Kriterien für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist; b) andernfalls ist für die Prüfung der Mitgliedstaat zuständig, der nach den Kriterien für die Prüfung des von dem ältesten von ihnen gestellten Antrags zuständig ist.
33Es spricht bereits vieles dafür, dass Art. 11 Dublin-III-VO hier bereits in seinem Ausgangspunkt nicht einschlägig ist. Denn es dürfte schon keine Gefahr der Trennung im Sinne dieser Bestimmung bestehen, weil eine Zuständigkeit Bulgariens nach Lage der Akten wohl ohnehin – unabhängig von der Anwendung der Vorschriften zur Wahrung der Familieneinheit – auch für Frau E. -G. besteht. Doch selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte der Kläger aus Art. 11 Dublin-III-VO nichts für sich herleiten. In Bezug auf Art. 11 Buchst. a) Dublin-III-VO gilt dies schon deshalb, weil es hier um die Bestimmung der Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylverfahren von lediglich zwei Personen – des Klägers und seiner (angeblichen) Ehefrau – geht. In einem solchen Fall kann es bei einer etwaigen Verschiedenheit der an sich zuständigen Mitgliedstaaten rechnerisch keinen „größten Teil“ der Familienangehörigen geben.
34Vgl. dazu auch Filzwieser/Sprung, Kommentar zur Dublin-III-VO, 1. Auflage (2014), Art. 11 Dublin-III-VO Anm. K 5.
35Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO vermag ebenfalls nichts an der Zuständigkeit Bulgariens für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers zu ändern. Denn er ist nach den von ihm und seiner (angeblichen) Ehefrau gemachten Angaben, wonach er am 21. Juni 1984 und Frau E. -G. am 14. April 1987 geboren ist, der ältere der beiden Ehegatten. Daraus folgt, dass gemäß Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO jener Mitgliedstaat für alle Familienangehörigen (hier für beide Ehegatten) zuständig ist, der nach den einschlägigen Kriterien der Dublin-III-VO für den Kläger zuständig ist
36- ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A –, in dem Frau E. -G. betreffenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. im Einzelnen die Seiten 3 und 4 des den Beteiligten vorliegenden Beschlussabdrucks) -.
37Die sich aus Art. 13 Dublin-III-VO für das Verfahren des Klägers ergebende Zuständigkeit Bulgariens erstreckt sich mithin bei Anwendung des Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO auf seine Ehefrau.
383. Aufgrund der danach gegebenen Zuständigkeit der Republik Bulgarien ist diese gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO zur Aufnahme des Klägers verpflichtet. Dies hat zur Folge, dass in seinem Fall die Verfahrensvorschriften der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO zur Anwendung kommen (vgl. dazu nachfolgend 5.). Es besteht hier eine Pflicht zur Aufnahme nach diesen Bestimmungen und nicht eine solche zur Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) bis d) Dublin-III-VO i.V.m. Art. 23, 24, 29 Dublin-III-VO, weil Voraussetzung für eine Wiederaufnahme durch Bulgarien wäre, dass der Kläger dort bereits ein Asylverfahren betrieben hätte. Dies ist indessen nicht der Fall. Der Kläger hat selbst angegeben, lediglich in Ungarn (und nicht auch in Bulgarien) einen Asylantrag gestellt zu haben. Abgesehen davon haben die ungarischen Behörden dem Bundesamt unter dem 6. März 2014 mitgeteilt, dass für den Kläger hinsichtlich Bulgariens (lediglich) ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 (BG2BR206C1309250012) erzielt worden sei (Blatt 29 der Bundesamtsakte). Gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 5 der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-Durchführungsverordnung) werden nur Daten von Asylbewerbern mit der Kategorie 1 versehen. Hieran zeigt sich ebenfalls, dass der Kläger in Bulgarien noch keinen Asylantrag gestellt hat, zumal nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-VO) eine europarechtliche Richtigkeitsgewähr bzgl. der erhobenen und übermittelten Daten besteht.
39Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 13 L 2759/14.A –, juris (Rdnr. 37).
404. Die Aufnahmeverpflichtung Bulgariens nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO ist nicht gemäß Art. 19 Dublin-III-VO nachträglich erloschen. Namentlich ergibt sich Entsprechendes nicht aus der Bestimmung des Art. 19 Abs. 2 Dublin-III-VO. Danach erlöschen die Pflichten nach Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller, um dessen Aufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Nachweis einer mindestens drei Monate dauernden Abwesenheit des Klägers aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten ist nicht geführt. Zwar hat er vor dem Bundesamt erklärt, im Anschluss an seinen Aufenthalt in Bulgarien in Serbien, das nicht zu den Mitgliedstaaten zählt, gewesen zu sein. Dieser Aufenthalt in Serbien ist jedoch in keiner Weise belegt und kann abgesehen davon bei dem vom Kläger geschilderten zeitlichen Ablauf ohnehin nur kurzzeitig gewesen sein. Am 27. Februar 2014 hat er selbst gegenüber dem Bundesamt bekundet, sich lediglich einen Tag lang in Serbien aufgehalten zu haben (Blatt 8 der Bundesamtsakte).
415. Des Weiteren sind die Zuständigkeit Bulgariens und die daraus folgende Aufnahmepflicht nicht aufgrund eines Verstreichens der für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Antrags- und Überstellungsfristen erloschen:
42a) Das Bundesamt hat die im Aufnahmeverfahren maßgebliche Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs nach Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet. Dabei kann offen bleiben, ob hier eine Frist von drei Monaten (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) oder – aufgrund des von den ungarischen Behörden mitgeteilten EURODAC-Treffers hinsichtlich Bulgariens – eine zweimonatige Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin-III-VO) einschlägig gewesen ist, weil beide Fristen eingehalten worden sind. Das Bundesamt hat dadurch, dass der Kläger am 27. Februar 2015 über einen Aufenthalt in Bulgarien berichtet hat, erste Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates erhalten. Die Hinweise auf eine Zuständigkeit Bulgariens haben sich sodann durch den von den ungarischen Behörden unter dem 6. März 2014 mitgeteilten EURODAC-Treffer verdichtet. Am 27. März 2014 haben die ungarischen Behörden schließlich berichtet, dass Bulgarien sich ihnen gegenüber unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO für zuständig erklärt habe. Selbst wenn man hier – zugunsten des Klägers – für den Beginn der Antragsfrist auf den erstgenannten Zeitpunkt (27. Februar 2014) abstellte, hätte das Bundesamt dadurch, dass es sich bereits am 2. April 2014, d.h. nur rund fünf Wochen später, an die bulgarischen Behörden gewandt hat, die Fristen des Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet.
43b) Ebenso wenig ist die sechsmonatige Frist für die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedstaat (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) mit der Folge überschritten, dass die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen wäre.
44Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedsstaat (hier: Bundesrepublik Deutschland) in den zuständigen Mitgliedstaat (hier: Republik Bulgarien) gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedsstaates nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Fall 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat (Fall 2).
45Der Fristbeginn bestimmt sich hier nach dem in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO angesprochenen zweiten Fall, wonach die maßgebliche Überstellungsfrist von sechs Monaten erst mit der (endgültigen) Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat, beginnt. Ein „Rechtsbehelf“ im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, dem aufschiebende Wirkung zukommen kann, ist (jedenfalls) der Hauptsacherechtsbehelf (hier die vorliegende Klage). Diesem kommt aufschiebende Wirkung in jedem Fall dann zu, wenn diese gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet wird.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, m.w.N., juris (zur Überstellungsfrist nach der Dublin-II-VO).
47So liegt der Fall auch hier, weil das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet hatte. Diese gerichtliche Entscheidung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die zunächst angelaufene Frist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Fall 1 Dublin-III-VO, wonach die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat beginnt, noch nicht verstrichen und die Zuständigkeit mithin noch nicht auf die Beklagte übergegangen war. Denn die bulgarischen Behörden haben sich am 10. April 2014 gegenüber der Beklagten zur Aufnahme des Klägers bereit erklärt, so dass die Frist nach dem ersten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erst mit dem 10. Oktober 2014 verstrichen wäre. Diese Frist ist mit der gerichtlichen Entscheidung vom 30. September 2014, die dem Hauptsacherechtsbehelf aufschiebende Wirkung zugewiesen hat, mit der Folge (rechtzeitig) unterbrochen worden, dass sich die sechsmonatige Überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO bestimmt. Diese Frist wird erst mit der endgültigen Entscheidung über den Hauptsacherechtsbehelf, d.h. über die vorliegende Klage, zu laufen beginnen und ist mithin im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) noch nicht verstrichen.
486. Ferner kann der Antragsteller sich nicht mit Erfolg auf systemische Mängel des bulgarischen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien berufen.
49Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 VO Dublin-III-VO setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen (Unterabs. 2); kann eine Überstellung an einen aufgrund der Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Unterabs. 3).
50Der Regelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO liegt die Rechtsprechung des EuGH zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde. Dieses gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll zu dieser Konvention von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskommission zukommt. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Widerlegung der Vermutung aber an hohe Hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen Bestimmungen des zum Asylrecht ergangenen Sekundärrechts geeignet sind, die Vermutung zu widerlegen.
51Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) –, NVwZ 2012, 417, sowie vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208.
52Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin-III-VO liegen vor, wenn das Gericht zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gelangt, dass ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, 1039, zur Rechtslage nach der Dublin-II-VO.
54Im Rahmen dieser Prognose ist nicht allein auf die Rechtslage im betreffenden Mitgliedstaat abzustellen, maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis.
55Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S ./. Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413 und HUDOC (Rdnr. 359); Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rdnr. 21.
56Die vorstehend aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe gelten jedenfalls dann, wenn der betreffende Asylbewerber in dem Mitgliedstaat, in den er abgeschoben werden soll, noch keinen Schutzstatus erlangt hat
57- vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Oktober 2014– 17 L 2379/14.A –, juris (Rdnr. 20), unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, a.a.O. -.
58Dies ist beim Kläger der Fall, da er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt und dementsprechend auch noch keinen Schutzstatus erhalten hat.
59Ausgehend hiervon kann das erkennende Gericht entgegen der Auffassung des Klägers nicht feststellen, dass in der Republik Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im vorstehend genannten Sinne, von denen gerade der Kläger betroffen wäre, bestehen
60- ebenso in entsprechenden Fällen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 42 ff.), VG Potsdam, Urteil vom 4. Februar 2014 – 6 K 3905/13.A –, juris (Rdnr. 16), VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 14.30366 –, juris (Rdnr. 27), und VG Bremen, Urteil vom 16. Juli 2014 – 1 K 152/14 –, juris (Rdnr. 30 ff.); demgegenüber geht ein Teil der Rechtsprechung vom Vorliegen systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems aus oder sieht deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger Mängel: VG Bremen, Beschluss vom 11. März 2014 – 1 V 153/14 –, juris (Rdnr. 26 ff.), VG Schwerin, Beschluss vom 13. März 2014– 3 B 230/14 As –, juris (Rdnr. 20 ff.), VG Oldenburg, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 12 B 1387/14 –, juris (Rdnr. 18 ff.); vgl. außerdem VG Berlin, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 9 L 147/14.A –, juris (Rdnr. 8 ff.), das grundsätzlich keine systemischen Mängel des bulgarischen Asylsystems sieht, eine Ausnahme hiervon jedoch bei besonders schutzbedürftigen Personen (z.B. psychisch kranken Menschen) macht -.
61Der Vortrag des Klägers, wonach in Bezug auf (a) den Zugang zum Asylverfahren, (b) das Refoulement-Verbot, (c) die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie (d) die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, systemische Mängel des bulgarischen Asylwesens bestünden, greift nicht durch:
62a) Ein ausreichender Zugang zum Asylverfahren ist in Bulgarien für den Kläger gegeben.
63Allerdings war das bulgarische Asylsystem bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern, die aufgrund des Konflikts in Syrien über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, vollkommen überfordert. Dadurch war bereits ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft heraus, nicht mehr gewährleistet. Zwar wies Bulgarien auch zu dieser Zeit eine vergleichsweise hohe Schutzquote auf. Gleichwohl bestanden – bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation der beteiligten bulgarischen Amtswalter – unübersehbare Mängel im Verfahren, u.a. im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden. Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar vor allem im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind. Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der u.a. eine Verbesserung der Verfahrensabläufe, aber auch eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze mit der Türkei zum Inhalt hatte. Außerdem wurde durch das European Asylum Support Office (EASO) im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober 2013 wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist. Nicht zuletzt aufgrund dieser Grenzanlage ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres 2014 zunächst erheblich zurückgegangen. Dies wiederum hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Es wird von erheblichen Verbesserungen berichtet. Insbesondere wird eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet. Allerdings ist, worauf nachfolgend unter c) noch näher einzugehen sein wird, nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft heraus nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären. Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr).
64Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 44 ff., 55).
65Zwar hat sich aufgrund des ab August 2014 zu verzeichnenden stetigen Anstiegs der Anzahl der Neuanträge auf internationalen Schutz
66- vgl. dazu die unter http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init= 1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1 durch Eurostat veröffentlichten Zahlen (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -
67die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verlangsamt, zumal die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Dies führt für sich genommen aber nicht zur Feststellung systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems. Die neu installierte Videokonferenz-Ausrüstung in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, soll helfen, das Verfahren zu beschleunigen, sobald die SAR Dolmetscher benannt hat. Da die Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014 erhöht wurden, was dazu führte, dass 5.624 Antragstellern zwischen Januar und Oktober 2014 ein Schutzstatus gewährt wurde, funktioniert das Asylsystem nach Einschätzung des UNHCR derzeit „einigermaßen“, wobei die SAR allerdings weitere Mittel benötige, um die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erzielten Verbesserungen beizubehalten.
68Vgl. dazu die Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014, Seiten 2 und 3.
69Nach alledem ist derzeit die Prognose gerechtfertigt, dass für den Kläger im Anschluss an eine Überstellung nach Bulgarien ein ausreichender Zugang zum dortigen Asylverfahren gegeben sein wird. Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass er als sog. Dublin-Rückkehrer nach Bulgarien einreisen wird. Für nach Bulgarien zurückkehrende Asylbewerber gilt nach den Feststellungen des UNHCR
70- vgl. die Seiten 3 und 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
71Folgendes: Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus ist im Falle einer Wiedereinreise nach Bulgarien davon abhängig, welchen Stand das frühere Asylverfahren des betreffenden Asylbewerbers dort hatte. Ist der Asylantrag bei der Rückkehr noch nicht entschieden, wird für die Person (grundsätzlich) in Bulgarien eine sachliche Entscheidung getroffen. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird das Verfahren wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann „objektive Gründe“ für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellt; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft. Bei Dublin-Rückkehrern wird das Asylverfahren indessen grundsätzlich – unabhängig davon, ob die vorstehend genannten Fristen verstrichen sind – wiedereröffnet, und zwar an der Stelle, an welcher der Stillstand eingetreten ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Eine Prüfung seines Antrags ist dann prinzipiell sichergestellt; der Betroffene genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber auch. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig beendet worden ist. In diesem Fall hat auch der Dublin-Rückkehrer nur noch die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen.
72Vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 58).
73Gemessen hieran wird dem Kläger als Dublin-Rückkehrer das Asylerstverfahren in Bulgarien ohne Einschränkungen offen stehen, weil er dort noch keinen Asylantrag gestellt hatte und dementsprechend auch noch keine Anhörung stattgefunden haben kann, aufgrund der – ggf. auch in seiner Abwesenheit – eine endgültige verfahrensabschließende Entscheidung hätte getroffen werden können. Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund des in Ungarn gestellten Asylantrags in Bulgarien als bloßer Folgeantragsteller behandelt werden würde.
74Auch in Bezug auf den weiteren Verlauf des dem Kläger offenstehenden Asylverfahrens sind keine durchgreifenden Mängel des bulgarischen Asylsystems erkennbar. Die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen – wie dem Kläger – wesentlich verkürzt. Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können. Zumindest für ein – im Falle des Klägers in Rede stehendes – Asylerstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen. Diese Defizite können jedoch – auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen – nicht als derart gravierend eingestuft werden, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären und die Betroffenen in ihren Rechten aus Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verletzen würden.
75Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 56).
76Hinweise auf entsprechende Rechtsverletzungen aufgrund von Mängeln des Asylverfahrens ergeben sich im Übrigen auch nicht aus der in Bulgarien bestehenden Schutzquote. Denn die Zahl der in Bulgarien als international schutzberechtigt anerkannten Personen ist vergleichsweise hoch. So wurde im dritten Quartal 2014 bei 1.005 Asylentscheidungen in 785 Fällen ein Flüchtlingsstatus und in 90 Fällen ein subsidiärer Schutz zuerkennt; dies entspricht einer Gesamtschutzquote von rund 87 %
77- vgl. die Eurostat-Daten unter http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/images/8/88/First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates%2C_3rd_quarter_2014.png (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -,
78die allerdings zum Teil auch dadurch bedingt sein mag, dass viele Personen, die in Bulgarien einen Asylantrag stellen, aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammen.
79b) Soweit der Kläger Verstöße gegen das Refoulement-Verbot rügt, mag dies (teilweise) berechtigt sein, und zwar mit Blick darauf, dass es Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei ab dem Jahr 2013 gibt
80- vgl. dazu etwa Human Rights Watch, Containment Plan – Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian an Other Asylum Seekers and Migrants, 29. April 2014, Seiten 14 ff. -.
81Damit könnte Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK verstoßen. Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei Flüchtlinge nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist, wovon aber in Bezug auf Bulgarien wohl nicht auszugehen ist, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns – vgl. dazu bereits die Ausführungen unter a) – kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal keine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich sein dürfte.
82Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 47).
83Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil sich der Kläger bereits auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten befindet und somit von der Zurückweisungspraxis an der türkisch-bulgarischen Grenze nicht (mehr) betroffen ist. Dafür, dass sich Bulgarien des Klägers nach Durchführung eines Asylverfahrens unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen würde, ist im Übrigen nichts ersichtlich.
84c) Soweit der Kläger gegen den streitgegenständlichen Bundesamtsbescheid sinngemäß einwendet, Asylbewerber einschließlich Dublin-Rückkehrern hätten in Bulgarien im Widerspruch zu den Bestimmungen der EMRK und der GR-Charta mit Inhaftierung zu rechnen, kann er hiermit ebenfalls nicht durchdringen.
85Nach den Feststellungen des UNHCR
86- vgl. die Seiten 2 bis 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
87reisen Asylbewerber mehrheitlich auf illegale Weise nach Bulgarien ein und werden dabei häufig durch die Grenzpolizei abgefangen, woraufhin sie in Einwanderungshaft genommen werden. Bulgarien verfügt über insgesamt drei Einrichtungen für die Einwanderungshaft. Bei zwei davon handelt es sich um sog. SCTAFs (Special Center for Temporary Accommodation of Foreigners). Eine davon befindet sich in Busmatsi (Sofia), die andere in Lyubiments (Südbulgarien). Hinzu kommt eine weitere vorübergehende Einwanderungshaftanstalt, das in der Nähe der türkischen Grenze gelegene Allocation Centre (AC) in Elhovo. Während es sich bei den SCTAFS in erster Linie um Einrichtungen für die Abschiebungshaft handelt, wurde das AC in Elhovo im Oktober 2013 durch das Innenministerium eingerichtet, um (u.a.) Asylbewerber aus Gruppen illegal einreisender Ausländer „herauszufiltern“. Illegal Eingereiste, die zunächst kein Asyl beantragen wollen, werden an ein SCTAF weitergeleitet. Soweit sie dort Asyl beantragen, werden sie nach Erledigung der vorgesehenen Formalitäten an eine Aufnahmeeinrichtung der SAR verwiesen. In keinem Fall müssen Asylsuchende aber eine längere Inhaftierung nach der Einreise in die Republik Bulgarien befürchten. Diese Verbesserung gegenüber früheren Zuständen beruht auf einer seit dem ersten Quartal 2014 verbesserten Kooperation zwischen den Grenzschutz- und Einwanderungsbehörden einerseits und der SAR andererseits. Die SAR hat sich nunmehr verpflichtet, die Erstregistrierung der Asylbewerber bereits in der Einwanderungshaft vorzunehmen, was dazu führt, dass die Asylbewerber nach durchschnittlich 7 bis 10 Tagen aus der Einwanderungshaft entlassen werden. Die Tatsache allein, dass Asylsuchende, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylverfahrens dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden
88- ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 55).
89Abgesehen davon wird der Kläger bei einer Rückkehr nach Bulgarien von einer solchen Einwanderungshaft voraussichtlich nicht mehr betroffen sein, weil er im Wege der Überstellung gemäß der Dublin-III-Verordnung nach Bulgarien zurückkehren wird.
90Auch mit Blick auf die in Bulgarien herrschende Praxis im Bereich der Abschiebungshaft, können keine gerade den Kläger betreffenden systemischen Schwachstellen festgestellt werden. Die Verhängung von Abschiebungshaft kommt nach der Auskunft des UNHCR an das erkennende Gericht vom 23. Dezember 2014 (Seiten 3 und 4) zunächst dann in Betracht, wenn ein Asylbewerber Bulgarien während des laufenden Asylverfahrens verlässt und erst nach Verstreichen der unter a) behandelten dreimonatigen Betreibensfrist wieder zurückkehrt oder aber sein Asylantrag– ggf. auch während seiner Abwesenheit – abgelehnt wird. In diesen Fällen gilt der (erneute) Aufenthalt des betroffenen Drittstaatsangehörigen als illegal, mit der Folge, dass er (grundsätzlich) in Abschiebungshaft genommen wird. Den Betroffenen steht die Möglichkeit offen, einen Folgeantrag zu stellen. Wird dieser Antrag zur sachlichen Prüfung zugelassen, so ist eine Haftfortdauer gleichwohl wahrscheinlich. Eine Freilassung aus der Haft kommt allerdings in Betracht, wenn dem Folgeantragsteller ein Platz in einer Einrichtung der SAR zugewiesen wird oder aber eine externe Wohnung nachgewiesen wird. Mit Letzterem ist allerdings ein Verzicht auf staatliche Leistungen verbunden. Die vorstehend behandelte Art der Abschiebungshaft kann auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden, ohne dass nach Einschätzung des UNHCR bislang ein hinreichender Rechtsschutz dagegen existiert. Mit dieser Art der Haft hat der Kläger indessen ebenfalls nicht zu rechnen. Dublin-Rückkehr, zu denen auch er gehört, genießen nämlich – unabhängig vom etwaigen Ablauf der dreimonatigen Betreibensfrist – grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Asylbewerber im Erstverfahren, d.h. sie werden im Anschluss an die Rückkehr – nach Angaben des UNHCR „höchstwahrscheinlich“ – in einer SAR-Einrichtung untergebracht und somit nicht inhaftiert. Anhaltspunkte dafür, dass im Falle des Klägers ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, liegen nicht vor. Auch dann, wenn über den Antrag eines Dublin-Rückkehrers auf internationalen Schutz in der Sache bereits (endgültig) entscheiden worden ist, kann dieser, wenn er einen Folgeantrag stellt, zunächst wieder in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden, soweit ein entsprechender Platz vorhanden ist. Nur im Dublin-Verfahren überstellte Asylbewerber, deren Ansprüche durch eine bestands- bzw. rechtskräftige Entscheidung abgelehnt worden sind und die keinen Folgeantrag stellen, können in einer Haftanstalt festgehalten werden, aus der heraus dann die Abschiebung durchgeführt wird. Zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 30. Oktober 2014 wurden nach Auskunft der SAR an den UNHCR 143 Asylbewerber im Dublin-Verfahren nach Bulgarien überstellt. Die Asylanträge von 7 dieser Rückkehrer waren (gerichtlich bestätigt) endgültig abgelehnt worden; diese Personen wurden in Abschiebungshaft genommen. Die restlichen Dublin-Rückkehrer wurden in SAR-Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Daraus ergibt sich für den Kläger, dass er, wenn er – wie im streitgegenständlichen Bescheid vorgezeichnet – im Dublin-Verfahren nach Bulgarien zurückkehrt, allenfalls nach rechts- bzw. bestandskräftigem Abschluss eines in Bulgarien erst noch einzuleitenden Asylverfahrens in Abschiebungshaft genommen werden kann. Ob dies überhaupt geschehen wird, lässt sich derzeit jedoch nicht einmal ansatzweise zuverlässig prognostizieren, so dass das Gericht schon aus diesem Grund nicht die Feststellung treffen kann, der Kläger werde im Zusammenhang mit einer Inhaftierung in Bulgarien einer erniedrigenden, unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt.
91Abgesehen davon begründet die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, für sich genommen noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems. Mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird nämlich das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO haben die Mitgliedstaaten die Pflicht, jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, zu prüfen. Dabei haben sie die durch die (hier noch geltende) Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 13. Dezember 2005 (ABl. L 326, S. 13 ff., sog. Aufnahmerichtlinie) bestimmten einheitlichen Standards zu beachten. Zu diesen Mindestgarantien zählt, dass die Verwaltung mit aller gebotenen Sorgfalt die entsprechenden Erklärungen der betroffenen Person zur Kenntnis nimmt, indem sie sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht und ihre Entscheidung eingehend begründet. Die Verfahrensgarantien umfassen jedoch nicht das Recht, im Falle eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat verbleiben zu dürfen und von Maßnahmen verschont zu werden, die der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen. Namentlich erfolgt die Inhaftnahme in einem solchen Fall nicht mehr allein deshalb, weil der Betroffene Asylbewerber ist (vgl. Art. 18 Abs. 1 der Aufnahmerichtlinie). Die Haft zum Zweck der Sicherung einer Abschiebung begründet demnach noch keinen systemischen Mangel im Sinne der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung.
92Vgl. dazu VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A, juris (Rdnr. 14 ff.).
93Soweit der Kläger unter Berufung auf eine Entscheidung des EGMR
94- Urteil vom 27. Januar 2015 – 36925/10 u.a. (Neskov u.a. ./. Bulgarien) –, HUDOC -
95sinngemäß geltend macht, dass in bulgarischen Gefängnissen menschenunwürdige und erniedrigende Zustände im Sinne von Art. 3 EMRK aufgrund von Überfüllung, unzureichenden sanitären Anlagen sowie fehlendem Ausgang herrschten, kann er auch hiermit nicht durchdringen. Die genannte Entscheidung betrifft die Verhältnisse in der Strafhaft und kann daher nicht auf den hier interessierenden Bereich der Abschiebungshaft, für die – wie dargelegt – gesonderte Haftanstalten zur Verfügung stehen, übertragen werden. Soweit in mehreren Berichten
96- vgl. Aida, National Country Report Bulgaria, April 2014, Seiten 49 ff.; Human Rights Watch, a.a.O., Seiten 39 ff. -
97auch die Verhältnisse in den bulgarischen Abschiebungshaftanstalten – u.a. aufgrund von Überbelegung und unzureichenden sanitären Anlagen – kritisiert werden, beruht dies im Schwerpunkt noch auf der Auswertung von Zahlenmaterial, Besuchen vor Ort und sonstigen Erkenntnissen aus den Jahren bis einschließlich 2013, d.h. aus einer Zeit, in der das gesamte bulgarische Asylsystem durch die (unvorhergesehen) hohe Zahl an Asylbewerbern erheblich überlastet war. Die Berichte vermögen mithin keine verlässliche Auskunft über die heutigen Verhältnisse zu geben. Der UNHCR hat in Bezug auf die Abschiebungshaftanstalten in Busmantsi und Lyubimets (SCAR) im April 2014 festgestellt, dass die Inhaftierten regelmäßig Essen bekämen und eine notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sei; zudem bestünden (auf einfachem Niveau) Freizeitmöglichkeiten, und zwar auch auf entsprechenden Außenanlagen.
98Vgl. UNHCR, Bulgaria as a Country of Asylum, April 2014, Seite 6.
99Soweit dem bulgarischen Gesetzgeber ein Gesetzentwurf vorliegt, der eine Verschärfung des Haftrechts vorsieht, bleibt abzuwarten, ob dieser überhaupt verabschiedet werden wird. Abgesehen davon ist derzeit noch nicht absehbar, dass ein entsprechendes Gesetz zu hier relevanten systemischen Mängeln führen würde, zumal nicht erkennbar ist, dass sich die bulgarischen Behörden und Gerichte einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung der betreffenden Bestimmungen (systematisch und durchgängig) verweigern würden.
100Vgl. dazu im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 57).
101Auch für den Bereich der Abschiebungshaft nach bestandskräftiger Entscheidung im Asylverfahren sind nach alledem – zumindest derzeit – keine durchgreifenden systemischen Mängel feststellbar. Wie ausgeführt ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aber ohnehin nicht hinreichend sicher, dass der Kläger in Bulgarien überhaupt von Abschiebungshaft betroffen werden wird.
102d) Schließlich greift auch der vom Kläger sinngemäß erhobene Einwand, die sozialen Aufnahmebedingungen in Bulgarien, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, seien mit gravierenden (systemischen) Mängeln behaftet, nicht durch.
103Die SAR verwaltet sieben Aufnahme-, Unterbringungs- und Übergangseinrichtungen (drei in Sofia, eines in der Nähe Sofias und drei im Süden Bulgariens) mit einer Gesamtaufnahmekapazität von 6.000 Personen. Am 3. November 2014 waren in diesen Einrichtungen (lediglich) 3.910 Personen (davon 2.817 Syrer) untergebracht. In den Einrichtungen der SAR sollen lediglich Asylbewerber untergebracht werden. Allerdings erlaubt die SAR die andauernde Unterbringung von 650 Einzelpersonen, denen Schutz gewährt wurde und die in diesen Einrichtungen verweilen, da sie keine sonstigen Mittel haben, um ihren Unterhalt in Bulgarien zu sichern.
104Vgl. dazu Seite 2 der Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014.
105Dass sich die genannten Zahlen seit November 2014 wesentlich verändert hätten, ist nicht ersichtlich. Der Kläger wird danach im Anschluss an eine Rückkehr in die Republik Bulgarien einen Platz in einer der Aufnahmeeinrichtungen der SAR erhalten können, da deren Kapazitäten bei weitem nicht erschöpft sind.
106Auch die Bedingungen in den Aufnahmeeinrichtungen sind nicht derart defizitär, dass insoweit von systemischen Mängeln ausgegangen werden müsste. Nach der Auskunft des UNHCR vom 23. Dezember 2014 sorgt der Staat in den Aufnahmeeinrichtungen der SAR zwei Mal täglich für warme Mahlzeiten und eine medizinische Grundversorgung der Bewohner. Aufgrund einer Förderung durch den UNHCR sorgen Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarisches Helsinki Komitee, Caritas) u.a. für soziale Dienste, rechtliche Beratung und Sprachkurse. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten Dublin-Rückkehrer haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die auch anderen Asylbewerbern zustehen.
107Insgesamt sind die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen in baulicher wie auch personeller Hinsicht grundlegend angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Dass die Verhältnisse in mancherlei Hinsicht nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Dass die Qualität der Nahrung in den Aufnahmeeinrichtungen möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Angesichts der erreichten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist – jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern – nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem (wie in der Vergangenheit) wieder kollabieren wird und die Asylsuchenden daher die Zentren erneut „auf eigenen Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. Dies gilt umso mehr, als die derzeit wieder (moderat) ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im Jahr 2013, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen.
108Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49 ff.).
109Allerdings sieht der UNHCR in seiner Auskunft vom 23. Dezember 2014 nach wie vor erhebliche Defizite des bulgarischen Asylsystems in Bezug auf besonders schutzbedürftige Personen, zu denen vor allem Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke gehören.
110Vgl. zu diesem Aspekt auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49, 51 ff.).
111Das Gericht lässt offen, ob sich aus den entsprechenden Defiziten systemische Mängel des bulgarischen Asylsystems ergeben. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Kläger hieraus nichts für sich herleiten, weil er nicht zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen im vorstehend genannten Sinne zählt. Für Alleinstehende und Paare ohne Kinder lassen sich entsprechende Mängel in der Regel – so auch hier – nicht feststellen.
112Soweit überdies in Bulgarien erhebliche Defizite bei der Versorgung anerkannter Schutzberechtigter bestehen mögen
113- vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 59) -,
114ist der Kläger hiervon – bei seinem derzeitigen Status – ebenfalls nicht betroffen.
1157. Auch dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom Vorliegen systemischer Mängel für jeden Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt
116- in diesem Sinne etwa EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) –, HUDOC (Rdnr. 104), und United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 (Rdnr. 42 bis 64), jeweils zu Überstellungen nach Italien -,
117würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Regelung nach § 27a AsylVfG führen. Denn es ist angesichts der Erkenntnisse zum bulgarischen Asylsystem (vgl. dazu vorstehend 6.) nicht erkennbar, dass der Kläger Gefahr liefe, im Anschluss an eine Rücküberstellung nach Bulgarien – ggf. auch unabhängig vom Fehlen systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
1188. Ist demnach Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und macht das Bundesamt – wie hier – auch nicht von seinem Recht zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) Gebrauch, so hat weder das Bundesamt noch das Gericht im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob einer Abschiebung des Klägers nach Mali Abschiebungsverbote entgegenstehen. Diese Prüfung obliegt gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO allein den zuständigen bulgarischen Behörden. Sieht sich der Kläger durch deren Entscheidung in seinen Rechten verletzt, muss er in Bulgarien um Rechtschutz nachsuchen.
119II. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bestimmt, dass dann, wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht dass sie durchgeführt werden kann.
120Danach ist die Anordnung der Abschiebung des Klägers nach Bulgarien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Republik Bulgarien ist – wie bereits unter I. dargelegt – für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in Bezug auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen sind.
121Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 – 2 B 215/14 –, juris (Rdnr. 7); OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris (Rdnr. 4); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011– A 11 S 1523/11 –, InfAuslR 2011, 310, juris (Rdnr. 3) sowie BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 –, juris (Rdnr. 11).
122Im Falle des Klägers vermag das erkennende Gericht vor allem kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK festzustellen. Namentlich folgt ein solches nicht aus dem Umstand, dass der Kläger nach eigenem Bekunden mit Frau E. -G. verheiratet ist und sich diese in Deutschland aufhält. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die jeweils zuständige Behörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen.
123Vgl. dazu etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Januar 2006– 2 BvR 1935/05 –, juris (Rdnr. 16).
124Nach Lage der Akten besteht vorliegend jedoch keine Gefahr einer (dauerhaften) Familientrennung, da nicht nur der Kläger, sondern auch seine Ehefrau zur Durchführung der beantragten Asylverfahren nach Bulgarien zu überstellen sein wird. Dies ergibt sich für Frau E. -G1. , sollte sie wirklich die Ehefrau des Klägers sein, jedenfalls aus Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO; insoweit wird auf die vorstehend unter I. 2. b). angestellten Erwägungen Bezug genommen. Darüber hinaus ist, selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass eine unter den Schutz von Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK fallende Bindung besteht, nicht ersichtlich, dass ihm eine vorübergehende Trennung von seiner Ehefrau unzumutbar wäre, zumal die Eheleute auch bereits in Deutschland unterschiedlichen Städten zugewiesen sind und somit derzeit an getrennten Orten leben, ohne dass – soweit ersichtlich – ernsthafte Bemühungen unternommen worden wären, diesen Zustand zu ändern. Weiter ist mit Blick auf das vom Kläger geltend gemachte Asylbegehren zu berücksichtigen, dass ein erhebliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland daran besteht, sich an dem gemeinsamen europäischen Asylsystem zu beteiligen, das eine anhand von einheitlichen Zuständigkeitskriterien erfolgende Verteilung von Asylbewerbern vorsieht. Kommt es einem Ausländer darauf an, ein Asylverfahren zu durchlaufen, so muss er hierbei angesichts des gemeinsamen europäischen Asylsystems grundsätzlich auch in Kauf nehmen, dass das Asylverfahren in einem anderen, hierfür zuständigen Mitgliedstaat durchgeführt wird. Das ist jedenfalls dann nicht völlig unzumutbar, wenn die Trennung von dem Ehegatten nicht von Dauer, sondern nur vorübergehend sein wird. Eben dies ist hier der Fall. Wie ausgeführt hat nach Lage der Akten auch die (angebliche) Ehefrau des Klägers kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, sondern ist ebenso wie der Kläger nach Bulgarien zu überstellen. Vor diesem Hintergrund ist, soweit nicht ohnehin eine gemeinsame Überstellung nach Bulgarien erfolgen wird, allenfalls eine kurzzeitige (weitere) Trennung zu befürchten. Dass eine solche dem Kläger unzumutbar sein würde, ist derzeit nicht ersichtlich
125- ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall: VG München, Beschluss vom 5. Mai 2014 – M 11 S 14.50165 –, juris (Rdnr. 30) -.
126Ebenso wenig ist erkennbar, dass eine dauerhafte Trennung des Klägers von seiner Ehefrau mit Blick darauf in Betracht käme, dass diese möglicherweise – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist – psychische Probleme hat und deshalb behandelt wird. Dass die Ehefrau des Klägers aufgrund dieses Umstands längerfristig oder gar dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben müsste und damit bei Überstellung allein des Klägers nach Bulgarien eine unzumutbare Trennung drohte, kann das Gericht nicht feststellen, zumal der (auch Frau E. -G. vertretende) Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, kein aussagekräftiges Attest vorlegen zu können, so dass sich das Gericht mangels eines entsprechenden Ansatzpunktes auch nicht veranlasst sieht, von Amts wegen Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Ehefrau des Klägers anzustellen.
127C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83 b AsylVfG.
128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der nach eigenem Bekunden am 21. Juni 1984 geborene Kläger stammt aus Mali. Am 6. November 2012 lehnte die deutsche Botschaft in Bamako (Mali) seinen Antrag auf Erteilung eines Visums ab. Am 26. Februar 2014 wurde er in der Gemeinde Dohma (Sachsen) durch die Polizei aufgegriffen. Dabei wies er sich mit einer am 23. Januar 2014 in Ungarn ausgestellten Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens aus. Eine daraufhin durch die Bundespolizei in Altenberg durchgeführte EURODAC-Abfrage ergab für den Kläger einen Treffer der Kategorie 1 hinsichtlich Ungarns (HU1330007615465). Das Amtsgericht Pirna – Az.: 23 XIV B 22/14 – ordnete eine vorläufige Freiheitsentziehung bis zum 12. März 2014 an, woraufhin der Kläger in den Abschiebegewahrsam Köpenick (Berlin) verbracht wurde.
3Am 27. Februar 2014 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Im Rahmen eines am selben Tag mit ihm geführten „Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ gab er an: Personalpapiere könne er nicht vorlegen. Er habe am 14. Dezember 2013 in Mali geheiratet. Seine Ehefrau, die am 14. April 1987 geborene E. -G. , halte sich ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er habe Mali im August 2013 mit dem Flugzeug verlassen und sich zunächst in die Türkei begeben. Er sei zwei Monate lang in Istanbul geblieben. Danach habe er sich nacheinander zwei Monate in Bulgarien, einen Monat in Griechenland und einen Tag in Serbien aufgehalten. Dann sei er nach Ungarn gereist, wo ihm am 15. Januar 2015 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Im Februar 2014 habe er in Ungarn einen Asylantrag gestellt. Er wolle aber aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung nicht dorthin rücküberstellt werden.
4Am 28. Februar 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden. Diese erklärten unter dem 6. März 2014: Dem Kläger seien in Bulgarien Fingerabdrücke abgenommen worden, da er am 25. September 2013 illegal die Grenze dieses Mitgliedstaates überschritten habe. Die entsprechende EURODAC-Nummer für Bulgarien laute BG2BR206C1309250012. Sie – die ungarischen Behörden – hätten daher am 27. Februar 2014 Bulgarien um Aufnahme des Klägers und seiner Ehefrau gebeten.
5Am 20. März 2014 hob das Landgericht Dresden – Az.: 2 T 197/14 – die gegen den Kläger verhängte Haft auf. Er wurde daraufhin aus dem Abschiebegewahrsam Köpenick entlassen.
6Am 27. März 2014 teilten die ungarischen Behörden dem Bundesamt mit, dass sie sich nicht für zuständig erachteten, da Bulgarien am 26. März 2014 unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO seine Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers akzeptiert habe. Am selben Tag wurde mit dem Kläger ein weiteres „Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ geführt. Dabei ergänzte und korrigierte er einige seiner früher gemachten Angaben und erklärte nunmehr: Die Ehe mit der ebenfalls in Deutschland weilenden kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. sei bereits am 14. Februar 2013 in Mali geschlossen worden. Die türkische Botschaft in Bamako (Mali) habe ihm ein Visum erteilt, mit dem er im August 2013 auf dem Luftweg in die Türkei gereist sei. Dort sei er einen Monat lang geblieben. Von der Türkei aus sei er mit dem Pkw nach Bulgarien gefahren, wo ihm im Oktober 2013 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Nach einem Monat des Aufenthalts in Bulgarien sei er eine Woche lang in Griechenland gewesen, bevor er über Serbien nach Ungarn gelangt sei. Dort habe er im Januar 2014 einen Asylantrag gestellt. In Ungarn sei er einen Monat lang geblieben. Dann sei er mit einem Pkw nach Deutschland weitergereist.
7Mit Bescheid vom 31. März 2014 wies die Bezirksregierung Arnsberg den Kläger unter Hinweis auf § 50 AsylVfG der Stadt C. M.---- (Kreis Q. ) zu.
8Am 2. April 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Diese erklärten sich am 10. April 2014 zur Rückübernahme des Klägers bereit.
9Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Bulgarien an. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 3. Juli 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
10Am 9. Juli 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass in Bulgarien durchgreifende systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden, die mit einer Verletzung von Art. 3 EMRK einhergingen. Diese Mängel beträfen den Zugang zum Asylverfahren, das Refoulement-Verbot, die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf verschiedene Berichte des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), von Amnesty International sowie der Asylum Information Database (Aida) und verweist auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, durch die er seine Auffassung bestätigt sieht.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie erklärt: Es bestünden keine Gründe für die Annahme, dass das bulgarische Asylverfahren mit systemischen Mängeln behaftet sei; dies werde auch durch eine Vielzahl entsprechender verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen bestätigt. Die bulgarische Regierung habe Maßnahmen getroffen, die bereits zu einer erheblichen Verbesserung im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geführt hätten.
16Auf Antrag des Klägers ordnete das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an.
17Bereits unter dem 8. August 2014 hatte das Gericht den UNHCR um Erteilung einer Auskunft zum Asylverfahren und zur Lage von Asylbewerbern in Bulgarien gebeten. Der UNHCR erteilte die erbetene Auskunft unter dem 23. Dezember 2014 in englischer Sprache (Blatt 63 bis 66 der Gerichtsakte). Das Gericht holte eine Übersetzung der Auskunft ins Deutsche ein (Blatt 67 bis 70 der Gerichtsakte).
18Frau E. -G. , bei der es sich nach Angaben des Klägers um seine Ehefrau handelt, wurde auf der Grundlage des § 50 AsylVfG der Stadt N. B1 zugewiesen. Sie betreibt beim Verwaltungsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 23 K 4771/14.A ein Klageverfahren, in dem ein gleichfalls vom 26. Juni 2014 datierender Bundesamtsbescheid – Az.: 5731212-262 –, mit dem ein Asylantrag Frau E. -G1. als unzulässig abgelehnt und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wurde, streitgegenständlich ist. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gewährte Frau E. -G. mit Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A – vorläufigen Rechtsschutz.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 1660/14.A und 10 L 530/14.A, den durch das Bundesamt übermittelten Verwaltungsvorgang sowie die beim Landrat des Kreises Q. über den Kläger geführte Ausländerakte (jeweils ein Heft) Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21A. Der Einzelrichter, dem das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 9. Januar 2015 durch die Kammer zur Entscheidung übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylVfG), ist nicht gehindert, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 zu entscheiden, obwohl kein Vertreter der Beklagten zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden unter Hinweis darauf, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
22B. Die auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 26. Juni 2014– Az.: 5731265-251 – gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Jedoch ist die Klage unbegründet. Die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 26. September 2014 enthaltenen Verwaltungsakte, nämlich die Ablehnung des durch den Kläger in Deutschland gestellten Asylantrags als unzulässig (§ 27a AsylVfG), sowie die daran anknüpfende Anordnung seiner Abschiebung nach Bulgarien (§ 34a AsylVfG), sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23I. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin III-VO) die Republik Bulgarien zuständig.
241. Die Dublin-III-VO und nicht deren Vorgängerverordnung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin-II-VO) ist hier einschlägig, weil der Kläger seinen Asylantrag, d.h. seinen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO, am 27. Februar 2014 und damit nach dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
252. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden. Welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedsstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Bei Anwendung dieser Kriterien ist die Republik Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
26a) Dies folgt aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Danach ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn ausgehend von seinen eigenen, insofern von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben hat der Kläger aus einem Drittstaat (Türkei) kommend als erstes die (Land-) Grenze zu dem Mitgliedstaat Bulgarien überschritten. Dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen Aufenthaltstitel und insofern illegal. Die daraus resultierende Zuständigkeit Bulgariens hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit (eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem der Mitgliedstaaten ein Asylantrag gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Dublin-Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Asylantrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Zwölfmonatszeitraum im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, m.w.N., juris (Rdnr. 46 ff.), zu den im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO.
28Damit steht Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO einer Zuständigkeit Bulgariens nicht entgegen. Nach der Mitteilung der ungarischen Behörden an das Bundesamt vom 6. März 2014 (Blatt 29 der beigezogenen Bundesamtsakte) ist der Kläger am 25. September 2013 nach Bulgarien eingereist. Die beim Kläger aufgefundene ungarische Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens weist als Ausstellungsdatum den 23. Januar 2014 aus (Blatt 4 der beigezogenen Ausländerakte), woraus folgt, dass er spätestens an diesem Tag in Ungarn einen Asylantrag gestellt haben muss. Dass die vorgenannten Unterlagen inhaltlich unrichtig sein könnten, ist weder vom Kläger substanziiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Liegt danach zwischen dem illegalen Grenzübertritt nach Bulgarien und der Antragstellung in Ungarn ein Zeitraum von höchstens vier Monaten, so ist die sich aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO ergebende zwölfmonatige Frist unzweifelhaft gewahrt. Darauf, dass der Asylantrag nicht in Bulgarien gestellt worden ist, kommt es für die Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates nicht an.
29b) Es greifen auch keine gemäß Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO vorrangig anzuwendenden Zuständigkeitstatbestände ein, namentlich keine solchen zum Schutz der Familieneinheit gemäß Art. 10 und 11 Dublin-III-VO. Dabei kann zugunsten des Klägers als wahr unterstellt werden, dass er tatsächlich die Ehe mit der am 14. April 1987 geborenen kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. geschlossen hat.
30Für die Anwendung des Art. 10 Dublin-III-VO wäre es erforderlich, dass beide Familienangehörigen, zu denen gemäß Art. 2 Buchst. g) Dublin-III-VO auch Ehegatten gehören, den Wunsch zur Prüfung ihrer Asylanträge in demselben Mitgliedstaat schriftlich kundtun. Eine schriftliche Erklärung dieser Art liegt indessen – zumindest für den Kläger – nicht vor.
31Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 13 L 2517/14.A –, juris (Rdnr. 15).
32Ebenso wenig vermag Art. 11 Dublin-III-VO etwas an der Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren des Klägers zu ändern. Unter der amtlichen Überschrift „Familienverfahren“ erfasst diese Bestimmung (u.a.) den Fall der gleichzeitigen Asylantragstellung durch mehrere Familienangehörige oder der Asylantragstellung mehrerer Familienangehöriger in so großer zeitlicher Nähe, dass die Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemeinsam durchgeführt werden können. Besteht in einem solchen Fall bei Anwendung der in der Dublin-III-VO genannten Kriterien die Gefahr der Trennung der Familienangehörigen, so gilt nach Art. 11 Dublin-III-VO Folgendes: a) Zuständig für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Familienangehöriger (…) ist der Mitgliedstaat, der nach den Kriterien für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist; b) andernfalls ist für die Prüfung der Mitgliedstaat zuständig, der nach den Kriterien für die Prüfung des von dem ältesten von ihnen gestellten Antrags zuständig ist.
33Es spricht bereits vieles dafür, dass Art. 11 Dublin-III-VO hier bereits in seinem Ausgangspunkt nicht einschlägig ist. Denn es dürfte schon keine Gefahr der Trennung im Sinne dieser Bestimmung bestehen, weil eine Zuständigkeit Bulgariens nach Lage der Akten wohl ohnehin – unabhängig von der Anwendung der Vorschriften zur Wahrung der Familieneinheit – auch für Frau E. -G. besteht. Doch selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte der Kläger aus Art. 11 Dublin-III-VO nichts für sich herleiten. In Bezug auf Art. 11 Buchst. a) Dublin-III-VO gilt dies schon deshalb, weil es hier um die Bestimmung der Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylverfahren von lediglich zwei Personen – des Klägers und seiner (angeblichen) Ehefrau – geht. In einem solchen Fall kann es bei einer etwaigen Verschiedenheit der an sich zuständigen Mitgliedstaaten rechnerisch keinen „größten Teil“ der Familienangehörigen geben.
34Vgl. dazu auch Filzwieser/Sprung, Kommentar zur Dublin-III-VO, 1. Auflage (2014), Art. 11 Dublin-III-VO Anm. K 5.
35Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO vermag ebenfalls nichts an der Zuständigkeit Bulgariens für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers zu ändern. Denn er ist nach den von ihm und seiner (angeblichen) Ehefrau gemachten Angaben, wonach er am 21. Juni 1984 und Frau E. -G. am 14. April 1987 geboren ist, der ältere der beiden Ehegatten. Daraus folgt, dass gemäß Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO jener Mitgliedstaat für alle Familienangehörigen (hier für beide Ehegatten) zuständig ist, der nach den einschlägigen Kriterien der Dublin-III-VO für den Kläger zuständig ist
36- ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A –, in dem Frau E. -G. betreffenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. im Einzelnen die Seiten 3 und 4 des den Beteiligten vorliegenden Beschlussabdrucks) -.
37Die sich aus Art. 13 Dublin-III-VO für das Verfahren des Klägers ergebende Zuständigkeit Bulgariens erstreckt sich mithin bei Anwendung des Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO auf seine Ehefrau.
383. Aufgrund der danach gegebenen Zuständigkeit der Republik Bulgarien ist diese gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO zur Aufnahme des Klägers verpflichtet. Dies hat zur Folge, dass in seinem Fall die Verfahrensvorschriften der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO zur Anwendung kommen (vgl. dazu nachfolgend 5.). Es besteht hier eine Pflicht zur Aufnahme nach diesen Bestimmungen und nicht eine solche zur Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) bis d) Dublin-III-VO i.V.m. Art. 23, 24, 29 Dublin-III-VO, weil Voraussetzung für eine Wiederaufnahme durch Bulgarien wäre, dass der Kläger dort bereits ein Asylverfahren betrieben hätte. Dies ist indessen nicht der Fall. Der Kläger hat selbst angegeben, lediglich in Ungarn (und nicht auch in Bulgarien) einen Asylantrag gestellt zu haben. Abgesehen davon haben die ungarischen Behörden dem Bundesamt unter dem 6. März 2014 mitgeteilt, dass für den Kläger hinsichtlich Bulgariens (lediglich) ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 (BG2BR206C1309250012) erzielt worden sei (Blatt 29 der Bundesamtsakte). Gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 5 der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-Durchführungsverordnung) werden nur Daten von Asylbewerbern mit der Kategorie 1 versehen. Hieran zeigt sich ebenfalls, dass der Kläger in Bulgarien noch keinen Asylantrag gestellt hat, zumal nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-VO) eine europarechtliche Richtigkeitsgewähr bzgl. der erhobenen und übermittelten Daten besteht.
39Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 13 L 2759/14.A –, juris (Rdnr. 37).
404. Die Aufnahmeverpflichtung Bulgariens nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO ist nicht gemäß Art. 19 Dublin-III-VO nachträglich erloschen. Namentlich ergibt sich Entsprechendes nicht aus der Bestimmung des Art. 19 Abs. 2 Dublin-III-VO. Danach erlöschen die Pflichten nach Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller, um dessen Aufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Nachweis einer mindestens drei Monate dauernden Abwesenheit des Klägers aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten ist nicht geführt. Zwar hat er vor dem Bundesamt erklärt, im Anschluss an seinen Aufenthalt in Bulgarien in Serbien, das nicht zu den Mitgliedstaaten zählt, gewesen zu sein. Dieser Aufenthalt in Serbien ist jedoch in keiner Weise belegt und kann abgesehen davon bei dem vom Kläger geschilderten zeitlichen Ablauf ohnehin nur kurzzeitig gewesen sein. Am 27. Februar 2014 hat er selbst gegenüber dem Bundesamt bekundet, sich lediglich einen Tag lang in Serbien aufgehalten zu haben (Blatt 8 der Bundesamtsakte).
415. Des Weiteren sind die Zuständigkeit Bulgariens und die daraus folgende Aufnahmepflicht nicht aufgrund eines Verstreichens der für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Antrags- und Überstellungsfristen erloschen:
42a) Das Bundesamt hat die im Aufnahmeverfahren maßgebliche Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs nach Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet. Dabei kann offen bleiben, ob hier eine Frist von drei Monaten (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) oder – aufgrund des von den ungarischen Behörden mitgeteilten EURODAC-Treffers hinsichtlich Bulgariens – eine zweimonatige Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin-III-VO) einschlägig gewesen ist, weil beide Fristen eingehalten worden sind. Das Bundesamt hat dadurch, dass der Kläger am 27. Februar 2015 über einen Aufenthalt in Bulgarien berichtet hat, erste Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates erhalten. Die Hinweise auf eine Zuständigkeit Bulgariens haben sich sodann durch den von den ungarischen Behörden unter dem 6. März 2014 mitgeteilten EURODAC-Treffer verdichtet. Am 27. März 2014 haben die ungarischen Behörden schließlich berichtet, dass Bulgarien sich ihnen gegenüber unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO für zuständig erklärt habe. Selbst wenn man hier – zugunsten des Klägers – für den Beginn der Antragsfrist auf den erstgenannten Zeitpunkt (27. Februar 2014) abstellte, hätte das Bundesamt dadurch, dass es sich bereits am 2. April 2014, d.h. nur rund fünf Wochen später, an die bulgarischen Behörden gewandt hat, die Fristen des Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet.
43b) Ebenso wenig ist die sechsmonatige Frist für die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedstaat (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) mit der Folge überschritten, dass die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen wäre.
44Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedsstaat (hier: Bundesrepublik Deutschland) in den zuständigen Mitgliedstaat (hier: Republik Bulgarien) gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedsstaates nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Fall 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat (Fall 2).
45Der Fristbeginn bestimmt sich hier nach dem in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO angesprochenen zweiten Fall, wonach die maßgebliche Überstellungsfrist von sechs Monaten erst mit der (endgültigen) Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat, beginnt. Ein „Rechtsbehelf“ im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, dem aufschiebende Wirkung zukommen kann, ist (jedenfalls) der Hauptsacherechtsbehelf (hier die vorliegende Klage). Diesem kommt aufschiebende Wirkung in jedem Fall dann zu, wenn diese gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet wird.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, m.w.N., juris (zur Überstellungsfrist nach der Dublin-II-VO).
47So liegt der Fall auch hier, weil das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet hatte. Diese gerichtliche Entscheidung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die zunächst angelaufene Frist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Fall 1 Dublin-III-VO, wonach die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat beginnt, noch nicht verstrichen und die Zuständigkeit mithin noch nicht auf die Beklagte übergegangen war. Denn die bulgarischen Behörden haben sich am 10. April 2014 gegenüber der Beklagten zur Aufnahme des Klägers bereit erklärt, so dass die Frist nach dem ersten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erst mit dem 10. Oktober 2014 verstrichen wäre. Diese Frist ist mit der gerichtlichen Entscheidung vom 30. September 2014, die dem Hauptsacherechtsbehelf aufschiebende Wirkung zugewiesen hat, mit der Folge (rechtzeitig) unterbrochen worden, dass sich die sechsmonatige Überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO bestimmt. Diese Frist wird erst mit der endgültigen Entscheidung über den Hauptsacherechtsbehelf, d.h. über die vorliegende Klage, zu laufen beginnen und ist mithin im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) noch nicht verstrichen.
486. Ferner kann der Antragsteller sich nicht mit Erfolg auf systemische Mängel des bulgarischen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien berufen.
49Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 VO Dublin-III-VO setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen (Unterabs. 2); kann eine Überstellung an einen aufgrund der Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Unterabs. 3).
50Der Regelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO liegt die Rechtsprechung des EuGH zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde. Dieses gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll zu dieser Konvention von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskommission zukommt. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Widerlegung der Vermutung aber an hohe Hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen Bestimmungen des zum Asylrecht ergangenen Sekundärrechts geeignet sind, die Vermutung zu widerlegen.
51Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) –, NVwZ 2012, 417, sowie vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208.
52Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin-III-VO liegen vor, wenn das Gericht zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gelangt, dass ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, 1039, zur Rechtslage nach der Dublin-II-VO.
54Im Rahmen dieser Prognose ist nicht allein auf die Rechtslage im betreffenden Mitgliedstaat abzustellen, maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis.
55Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S ./. Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413 und HUDOC (Rdnr. 359); Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rdnr. 21.
56Die vorstehend aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe gelten jedenfalls dann, wenn der betreffende Asylbewerber in dem Mitgliedstaat, in den er abgeschoben werden soll, noch keinen Schutzstatus erlangt hat
57- vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Oktober 2014– 17 L 2379/14.A –, juris (Rdnr. 20), unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, a.a.O. -.
58Dies ist beim Kläger der Fall, da er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt und dementsprechend auch noch keinen Schutzstatus erhalten hat.
59Ausgehend hiervon kann das erkennende Gericht entgegen der Auffassung des Klägers nicht feststellen, dass in der Republik Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im vorstehend genannten Sinne, von denen gerade der Kläger betroffen wäre, bestehen
60- ebenso in entsprechenden Fällen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 42 ff.), VG Potsdam, Urteil vom 4. Februar 2014 – 6 K 3905/13.A –, juris (Rdnr. 16), VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 14.30366 –, juris (Rdnr. 27), und VG Bremen, Urteil vom 16. Juli 2014 – 1 K 152/14 –, juris (Rdnr. 30 ff.); demgegenüber geht ein Teil der Rechtsprechung vom Vorliegen systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems aus oder sieht deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger Mängel: VG Bremen, Beschluss vom 11. März 2014 – 1 V 153/14 –, juris (Rdnr. 26 ff.), VG Schwerin, Beschluss vom 13. März 2014– 3 B 230/14 As –, juris (Rdnr. 20 ff.), VG Oldenburg, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 12 B 1387/14 –, juris (Rdnr. 18 ff.); vgl. außerdem VG Berlin, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 9 L 147/14.A –, juris (Rdnr. 8 ff.), das grundsätzlich keine systemischen Mängel des bulgarischen Asylsystems sieht, eine Ausnahme hiervon jedoch bei besonders schutzbedürftigen Personen (z.B. psychisch kranken Menschen) macht -.
61Der Vortrag des Klägers, wonach in Bezug auf (a) den Zugang zum Asylverfahren, (b) das Refoulement-Verbot, (c) die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie (d) die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, systemische Mängel des bulgarischen Asylwesens bestünden, greift nicht durch:
62a) Ein ausreichender Zugang zum Asylverfahren ist in Bulgarien für den Kläger gegeben.
63Allerdings war das bulgarische Asylsystem bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern, die aufgrund des Konflikts in Syrien über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, vollkommen überfordert. Dadurch war bereits ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft heraus, nicht mehr gewährleistet. Zwar wies Bulgarien auch zu dieser Zeit eine vergleichsweise hohe Schutzquote auf. Gleichwohl bestanden – bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation der beteiligten bulgarischen Amtswalter – unübersehbare Mängel im Verfahren, u.a. im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden. Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar vor allem im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind. Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der u.a. eine Verbesserung der Verfahrensabläufe, aber auch eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze mit der Türkei zum Inhalt hatte. Außerdem wurde durch das European Asylum Support Office (EASO) im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober 2013 wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist. Nicht zuletzt aufgrund dieser Grenzanlage ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres 2014 zunächst erheblich zurückgegangen. Dies wiederum hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Es wird von erheblichen Verbesserungen berichtet. Insbesondere wird eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet. Allerdings ist, worauf nachfolgend unter c) noch näher einzugehen sein wird, nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft heraus nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären. Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr).
64Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 44 ff., 55).
65Zwar hat sich aufgrund des ab August 2014 zu verzeichnenden stetigen Anstiegs der Anzahl der Neuanträge auf internationalen Schutz
66- vgl. dazu die unter http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init= 1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1 durch Eurostat veröffentlichten Zahlen (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -
67die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verlangsamt, zumal die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Dies führt für sich genommen aber nicht zur Feststellung systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems. Die neu installierte Videokonferenz-Ausrüstung in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, soll helfen, das Verfahren zu beschleunigen, sobald die SAR Dolmetscher benannt hat. Da die Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014 erhöht wurden, was dazu führte, dass 5.624 Antragstellern zwischen Januar und Oktober 2014 ein Schutzstatus gewährt wurde, funktioniert das Asylsystem nach Einschätzung des UNHCR derzeit „einigermaßen“, wobei die SAR allerdings weitere Mittel benötige, um die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erzielten Verbesserungen beizubehalten.
68Vgl. dazu die Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014, Seiten 2 und 3.
69Nach alledem ist derzeit die Prognose gerechtfertigt, dass für den Kläger im Anschluss an eine Überstellung nach Bulgarien ein ausreichender Zugang zum dortigen Asylverfahren gegeben sein wird. Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass er als sog. Dublin-Rückkehrer nach Bulgarien einreisen wird. Für nach Bulgarien zurückkehrende Asylbewerber gilt nach den Feststellungen des UNHCR
70- vgl. die Seiten 3 und 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
71Folgendes: Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus ist im Falle einer Wiedereinreise nach Bulgarien davon abhängig, welchen Stand das frühere Asylverfahren des betreffenden Asylbewerbers dort hatte. Ist der Asylantrag bei der Rückkehr noch nicht entschieden, wird für die Person (grundsätzlich) in Bulgarien eine sachliche Entscheidung getroffen. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird das Verfahren wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann „objektive Gründe“ für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellt; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft. Bei Dublin-Rückkehrern wird das Asylverfahren indessen grundsätzlich – unabhängig davon, ob die vorstehend genannten Fristen verstrichen sind – wiedereröffnet, und zwar an der Stelle, an welcher der Stillstand eingetreten ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Eine Prüfung seines Antrags ist dann prinzipiell sichergestellt; der Betroffene genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber auch. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig beendet worden ist. In diesem Fall hat auch der Dublin-Rückkehrer nur noch die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen.
72Vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 58).
73Gemessen hieran wird dem Kläger als Dublin-Rückkehrer das Asylerstverfahren in Bulgarien ohne Einschränkungen offen stehen, weil er dort noch keinen Asylantrag gestellt hatte und dementsprechend auch noch keine Anhörung stattgefunden haben kann, aufgrund der – ggf. auch in seiner Abwesenheit – eine endgültige verfahrensabschließende Entscheidung hätte getroffen werden können. Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund des in Ungarn gestellten Asylantrags in Bulgarien als bloßer Folgeantragsteller behandelt werden würde.
74Auch in Bezug auf den weiteren Verlauf des dem Kläger offenstehenden Asylverfahrens sind keine durchgreifenden Mängel des bulgarischen Asylsystems erkennbar. Die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen – wie dem Kläger – wesentlich verkürzt. Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können. Zumindest für ein – im Falle des Klägers in Rede stehendes – Asylerstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen. Diese Defizite können jedoch – auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen – nicht als derart gravierend eingestuft werden, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären und die Betroffenen in ihren Rechten aus Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verletzen würden.
75Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 56).
76Hinweise auf entsprechende Rechtsverletzungen aufgrund von Mängeln des Asylverfahrens ergeben sich im Übrigen auch nicht aus der in Bulgarien bestehenden Schutzquote. Denn die Zahl der in Bulgarien als international schutzberechtigt anerkannten Personen ist vergleichsweise hoch. So wurde im dritten Quartal 2014 bei 1.005 Asylentscheidungen in 785 Fällen ein Flüchtlingsstatus und in 90 Fällen ein subsidiärer Schutz zuerkennt; dies entspricht einer Gesamtschutzquote von rund 87 %
77- vgl. die Eurostat-Daten unter http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/images/8/88/First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates%2C_3rd_quarter_2014.png (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -,
78die allerdings zum Teil auch dadurch bedingt sein mag, dass viele Personen, die in Bulgarien einen Asylantrag stellen, aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammen.
79b) Soweit der Kläger Verstöße gegen das Refoulement-Verbot rügt, mag dies (teilweise) berechtigt sein, und zwar mit Blick darauf, dass es Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei ab dem Jahr 2013 gibt
80- vgl. dazu etwa Human Rights Watch, Containment Plan – Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian an Other Asylum Seekers and Migrants, 29. April 2014, Seiten 14 ff. -.
81Damit könnte Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK verstoßen. Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei Flüchtlinge nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist, wovon aber in Bezug auf Bulgarien wohl nicht auszugehen ist, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns – vgl. dazu bereits die Ausführungen unter a) – kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal keine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich sein dürfte.
82Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 47).
83Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil sich der Kläger bereits auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten befindet und somit von der Zurückweisungspraxis an der türkisch-bulgarischen Grenze nicht (mehr) betroffen ist. Dafür, dass sich Bulgarien des Klägers nach Durchführung eines Asylverfahrens unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen würde, ist im Übrigen nichts ersichtlich.
84c) Soweit der Kläger gegen den streitgegenständlichen Bundesamtsbescheid sinngemäß einwendet, Asylbewerber einschließlich Dublin-Rückkehrern hätten in Bulgarien im Widerspruch zu den Bestimmungen der EMRK und der GR-Charta mit Inhaftierung zu rechnen, kann er hiermit ebenfalls nicht durchdringen.
85Nach den Feststellungen des UNHCR
86- vgl. die Seiten 2 bis 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
87reisen Asylbewerber mehrheitlich auf illegale Weise nach Bulgarien ein und werden dabei häufig durch die Grenzpolizei abgefangen, woraufhin sie in Einwanderungshaft genommen werden. Bulgarien verfügt über insgesamt drei Einrichtungen für die Einwanderungshaft. Bei zwei davon handelt es sich um sog. SCTAFs (Special Center for Temporary Accommodation of Foreigners). Eine davon befindet sich in Busmatsi (Sofia), die andere in Lyubiments (Südbulgarien). Hinzu kommt eine weitere vorübergehende Einwanderungshaftanstalt, das in der Nähe der türkischen Grenze gelegene Allocation Centre (AC) in Elhovo. Während es sich bei den SCTAFS in erster Linie um Einrichtungen für die Abschiebungshaft handelt, wurde das AC in Elhovo im Oktober 2013 durch das Innenministerium eingerichtet, um (u.a.) Asylbewerber aus Gruppen illegal einreisender Ausländer „herauszufiltern“. Illegal Eingereiste, die zunächst kein Asyl beantragen wollen, werden an ein SCTAF weitergeleitet. Soweit sie dort Asyl beantragen, werden sie nach Erledigung der vorgesehenen Formalitäten an eine Aufnahmeeinrichtung der SAR verwiesen. In keinem Fall müssen Asylsuchende aber eine längere Inhaftierung nach der Einreise in die Republik Bulgarien befürchten. Diese Verbesserung gegenüber früheren Zuständen beruht auf einer seit dem ersten Quartal 2014 verbesserten Kooperation zwischen den Grenzschutz- und Einwanderungsbehörden einerseits und der SAR andererseits. Die SAR hat sich nunmehr verpflichtet, die Erstregistrierung der Asylbewerber bereits in der Einwanderungshaft vorzunehmen, was dazu führt, dass die Asylbewerber nach durchschnittlich 7 bis 10 Tagen aus der Einwanderungshaft entlassen werden. Die Tatsache allein, dass Asylsuchende, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylverfahrens dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden
88- ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 55).
89Abgesehen davon wird der Kläger bei einer Rückkehr nach Bulgarien von einer solchen Einwanderungshaft voraussichtlich nicht mehr betroffen sein, weil er im Wege der Überstellung gemäß der Dublin-III-Verordnung nach Bulgarien zurückkehren wird.
90Auch mit Blick auf die in Bulgarien herrschende Praxis im Bereich der Abschiebungshaft, können keine gerade den Kläger betreffenden systemischen Schwachstellen festgestellt werden. Die Verhängung von Abschiebungshaft kommt nach der Auskunft des UNHCR an das erkennende Gericht vom 23. Dezember 2014 (Seiten 3 und 4) zunächst dann in Betracht, wenn ein Asylbewerber Bulgarien während des laufenden Asylverfahrens verlässt und erst nach Verstreichen der unter a) behandelten dreimonatigen Betreibensfrist wieder zurückkehrt oder aber sein Asylantrag– ggf. auch während seiner Abwesenheit – abgelehnt wird. In diesen Fällen gilt der (erneute) Aufenthalt des betroffenen Drittstaatsangehörigen als illegal, mit der Folge, dass er (grundsätzlich) in Abschiebungshaft genommen wird. Den Betroffenen steht die Möglichkeit offen, einen Folgeantrag zu stellen. Wird dieser Antrag zur sachlichen Prüfung zugelassen, so ist eine Haftfortdauer gleichwohl wahrscheinlich. Eine Freilassung aus der Haft kommt allerdings in Betracht, wenn dem Folgeantragsteller ein Platz in einer Einrichtung der SAR zugewiesen wird oder aber eine externe Wohnung nachgewiesen wird. Mit Letzterem ist allerdings ein Verzicht auf staatliche Leistungen verbunden. Die vorstehend behandelte Art der Abschiebungshaft kann auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden, ohne dass nach Einschätzung des UNHCR bislang ein hinreichender Rechtsschutz dagegen existiert. Mit dieser Art der Haft hat der Kläger indessen ebenfalls nicht zu rechnen. Dublin-Rückkehr, zu denen auch er gehört, genießen nämlich – unabhängig vom etwaigen Ablauf der dreimonatigen Betreibensfrist – grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Asylbewerber im Erstverfahren, d.h. sie werden im Anschluss an die Rückkehr – nach Angaben des UNHCR „höchstwahrscheinlich“ – in einer SAR-Einrichtung untergebracht und somit nicht inhaftiert. Anhaltspunkte dafür, dass im Falle des Klägers ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, liegen nicht vor. Auch dann, wenn über den Antrag eines Dublin-Rückkehrers auf internationalen Schutz in der Sache bereits (endgültig) entscheiden worden ist, kann dieser, wenn er einen Folgeantrag stellt, zunächst wieder in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden, soweit ein entsprechender Platz vorhanden ist. Nur im Dublin-Verfahren überstellte Asylbewerber, deren Ansprüche durch eine bestands- bzw. rechtskräftige Entscheidung abgelehnt worden sind und die keinen Folgeantrag stellen, können in einer Haftanstalt festgehalten werden, aus der heraus dann die Abschiebung durchgeführt wird. Zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 30. Oktober 2014 wurden nach Auskunft der SAR an den UNHCR 143 Asylbewerber im Dublin-Verfahren nach Bulgarien überstellt. Die Asylanträge von 7 dieser Rückkehrer waren (gerichtlich bestätigt) endgültig abgelehnt worden; diese Personen wurden in Abschiebungshaft genommen. Die restlichen Dublin-Rückkehrer wurden in SAR-Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Daraus ergibt sich für den Kläger, dass er, wenn er – wie im streitgegenständlichen Bescheid vorgezeichnet – im Dublin-Verfahren nach Bulgarien zurückkehrt, allenfalls nach rechts- bzw. bestandskräftigem Abschluss eines in Bulgarien erst noch einzuleitenden Asylverfahrens in Abschiebungshaft genommen werden kann. Ob dies überhaupt geschehen wird, lässt sich derzeit jedoch nicht einmal ansatzweise zuverlässig prognostizieren, so dass das Gericht schon aus diesem Grund nicht die Feststellung treffen kann, der Kläger werde im Zusammenhang mit einer Inhaftierung in Bulgarien einer erniedrigenden, unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt.
91Abgesehen davon begründet die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, für sich genommen noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems. Mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird nämlich das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO haben die Mitgliedstaaten die Pflicht, jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, zu prüfen. Dabei haben sie die durch die (hier noch geltende) Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 13. Dezember 2005 (ABl. L 326, S. 13 ff., sog. Aufnahmerichtlinie) bestimmten einheitlichen Standards zu beachten. Zu diesen Mindestgarantien zählt, dass die Verwaltung mit aller gebotenen Sorgfalt die entsprechenden Erklärungen der betroffenen Person zur Kenntnis nimmt, indem sie sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht und ihre Entscheidung eingehend begründet. Die Verfahrensgarantien umfassen jedoch nicht das Recht, im Falle eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat verbleiben zu dürfen und von Maßnahmen verschont zu werden, die der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen. Namentlich erfolgt die Inhaftnahme in einem solchen Fall nicht mehr allein deshalb, weil der Betroffene Asylbewerber ist (vgl. Art. 18 Abs. 1 der Aufnahmerichtlinie). Die Haft zum Zweck der Sicherung einer Abschiebung begründet demnach noch keinen systemischen Mangel im Sinne der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung.
92Vgl. dazu VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A, juris (Rdnr. 14 ff.).
93Soweit der Kläger unter Berufung auf eine Entscheidung des EGMR
94- Urteil vom 27. Januar 2015 – 36925/10 u.a. (Neskov u.a. ./. Bulgarien) –, HUDOC -
95sinngemäß geltend macht, dass in bulgarischen Gefängnissen menschenunwürdige und erniedrigende Zustände im Sinne von Art. 3 EMRK aufgrund von Überfüllung, unzureichenden sanitären Anlagen sowie fehlendem Ausgang herrschten, kann er auch hiermit nicht durchdringen. Die genannte Entscheidung betrifft die Verhältnisse in der Strafhaft und kann daher nicht auf den hier interessierenden Bereich der Abschiebungshaft, für die – wie dargelegt – gesonderte Haftanstalten zur Verfügung stehen, übertragen werden. Soweit in mehreren Berichten
96- vgl. Aida, National Country Report Bulgaria, April 2014, Seiten 49 ff.; Human Rights Watch, a.a.O., Seiten 39 ff. -
97auch die Verhältnisse in den bulgarischen Abschiebungshaftanstalten – u.a. aufgrund von Überbelegung und unzureichenden sanitären Anlagen – kritisiert werden, beruht dies im Schwerpunkt noch auf der Auswertung von Zahlenmaterial, Besuchen vor Ort und sonstigen Erkenntnissen aus den Jahren bis einschließlich 2013, d.h. aus einer Zeit, in der das gesamte bulgarische Asylsystem durch die (unvorhergesehen) hohe Zahl an Asylbewerbern erheblich überlastet war. Die Berichte vermögen mithin keine verlässliche Auskunft über die heutigen Verhältnisse zu geben. Der UNHCR hat in Bezug auf die Abschiebungshaftanstalten in Busmantsi und Lyubimets (SCAR) im April 2014 festgestellt, dass die Inhaftierten regelmäßig Essen bekämen und eine notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sei; zudem bestünden (auf einfachem Niveau) Freizeitmöglichkeiten, und zwar auch auf entsprechenden Außenanlagen.
98Vgl. UNHCR, Bulgaria as a Country of Asylum, April 2014, Seite 6.
99Soweit dem bulgarischen Gesetzgeber ein Gesetzentwurf vorliegt, der eine Verschärfung des Haftrechts vorsieht, bleibt abzuwarten, ob dieser überhaupt verabschiedet werden wird. Abgesehen davon ist derzeit noch nicht absehbar, dass ein entsprechendes Gesetz zu hier relevanten systemischen Mängeln führen würde, zumal nicht erkennbar ist, dass sich die bulgarischen Behörden und Gerichte einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung der betreffenden Bestimmungen (systematisch und durchgängig) verweigern würden.
100Vgl. dazu im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 57).
101Auch für den Bereich der Abschiebungshaft nach bestandskräftiger Entscheidung im Asylverfahren sind nach alledem – zumindest derzeit – keine durchgreifenden systemischen Mängel feststellbar. Wie ausgeführt ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aber ohnehin nicht hinreichend sicher, dass der Kläger in Bulgarien überhaupt von Abschiebungshaft betroffen werden wird.
102d) Schließlich greift auch der vom Kläger sinngemäß erhobene Einwand, die sozialen Aufnahmebedingungen in Bulgarien, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, seien mit gravierenden (systemischen) Mängeln behaftet, nicht durch.
103Die SAR verwaltet sieben Aufnahme-, Unterbringungs- und Übergangseinrichtungen (drei in Sofia, eines in der Nähe Sofias und drei im Süden Bulgariens) mit einer Gesamtaufnahmekapazität von 6.000 Personen. Am 3. November 2014 waren in diesen Einrichtungen (lediglich) 3.910 Personen (davon 2.817 Syrer) untergebracht. In den Einrichtungen der SAR sollen lediglich Asylbewerber untergebracht werden. Allerdings erlaubt die SAR die andauernde Unterbringung von 650 Einzelpersonen, denen Schutz gewährt wurde und die in diesen Einrichtungen verweilen, da sie keine sonstigen Mittel haben, um ihren Unterhalt in Bulgarien zu sichern.
104Vgl. dazu Seite 2 der Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014.
105Dass sich die genannten Zahlen seit November 2014 wesentlich verändert hätten, ist nicht ersichtlich. Der Kläger wird danach im Anschluss an eine Rückkehr in die Republik Bulgarien einen Platz in einer der Aufnahmeeinrichtungen der SAR erhalten können, da deren Kapazitäten bei weitem nicht erschöpft sind.
106Auch die Bedingungen in den Aufnahmeeinrichtungen sind nicht derart defizitär, dass insoweit von systemischen Mängeln ausgegangen werden müsste. Nach der Auskunft des UNHCR vom 23. Dezember 2014 sorgt der Staat in den Aufnahmeeinrichtungen der SAR zwei Mal täglich für warme Mahlzeiten und eine medizinische Grundversorgung der Bewohner. Aufgrund einer Förderung durch den UNHCR sorgen Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarisches Helsinki Komitee, Caritas) u.a. für soziale Dienste, rechtliche Beratung und Sprachkurse. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten Dublin-Rückkehrer haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die auch anderen Asylbewerbern zustehen.
107Insgesamt sind die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen in baulicher wie auch personeller Hinsicht grundlegend angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Dass die Verhältnisse in mancherlei Hinsicht nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Dass die Qualität der Nahrung in den Aufnahmeeinrichtungen möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Angesichts der erreichten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist – jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern – nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem (wie in der Vergangenheit) wieder kollabieren wird und die Asylsuchenden daher die Zentren erneut „auf eigenen Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. Dies gilt umso mehr, als die derzeit wieder (moderat) ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im Jahr 2013, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen.
108Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49 ff.).
109Allerdings sieht der UNHCR in seiner Auskunft vom 23. Dezember 2014 nach wie vor erhebliche Defizite des bulgarischen Asylsystems in Bezug auf besonders schutzbedürftige Personen, zu denen vor allem Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke gehören.
110Vgl. zu diesem Aspekt auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49, 51 ff.).
111Das Gericht lässt offen, ob sich aus den entsprechenden Defiziten systemische Mängel des bulgarischen Asylsystems ergeben. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Kläger hieraus nichts für sich herleiten, weil er nicht zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen im vorstehend genannten Sinne zählt. Für Alleinstehende und Paare ohne Kinder lassen sich entsprechende Mängel in der Regel – so auch hier – nicht feststellen.
112Soweit überdies in Bulgarien erhebliche Defizite bei der Versorgung anerkannter Schutzberechtigter bestehen mögen
113- vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 59) -,
114ist der Kläger hiervon – bei seinem derzeitigen Status – ebenfalls nicht betroffen.
1157. Auch dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom Vorliegen systemischer Mängel für jeden Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt
116- in diesem Sinne etwa EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) –, HUDOC (Rdnr. 104), und United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 (Rdnr. 42 bis 64), jeweils zu Überstellungen nach Italien -,
117würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Regelung nach § 27a AsylVfG führen. Denn es ist angesichts der Erkenntnisse zum bulgarischen Asylsystem (vgl. dazu vorstehend 6.) nicht erkennbar, dass der Kläger Gefahr liefe, im Anschluss an eine Rücküberstellung nach Bulgarien – ggf. auch unabhängig vom Fehlen systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
1188. Ist demnach Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und macht das Bundesamt – wie hier – auch nicht von seinem Recht zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) Gebrauch, so hat weder das Bundesamt noch das Gericht im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob einer Abschiebung des Klägers nach Mali Abschiebungsverbote entgegenstehen. Diese Prüfung obliegt gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO allein den zuständigen bulgarischen Behörden. Sieht sich der Kläger durch deren Entscheidung in seinen Rechten verletzt, muss er in Bulgarien um Rechtschutz nachsuchen.
119II. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bestimmt, dass dann, wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht dass sie durchgeführt werden kann.
120Danach ist die Anordnung der Abschiebung des Klägers nach Bulgarien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Republik Bulgarien ist – wie bereits unter I. dargelegt – für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in Bezug auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen sind.
121Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 – 2 B 215/14 –, juris (Rdnr. 7); OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris (Rdnr. 4); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011– A 11 S 1523/11 –, InfAuslR 2011, 310, juris (Rdnr. 3) sowie BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 –, juris (Rdnr. 11).
122Im Falle des Klägers vermag das erkennende Gericht vor allem kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK festzustellen. Namentlich folgt ein solches nicht aus dem Umstand, dass der Kläger nach eigenem Bekunden mit Frau E. -G. verheiratet ist und sich diese in Deutschland aufhält. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die jeweils zuständige Behörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen.
123Vgl. dazu etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Januar 2006– 2 BvR 1935/05 –, juris (Rdnr. 16).
124Nach Lage der Akten besteht vorliegend jedoch keine Gefahr einer (dauerhaften) Familientrennung, da nicht nur der Kläger, sondern auch seine Ehefrau zur Durchführung der beantragten Asylverfahren nach Bulgarien zu überstellen sein wird. Dies ergibt sich für Frau E. -G1. , sollte sie wirklich die Ehefrau des Klägers sein, jedenfalls aus Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO; insoweit wird auf die vorstehend unter I. 2. b). angestellten Erwägungen Bezug genommen. Darüber hinaus ist, selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass eine unter den Schutz von Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK fallende Bindung besteht, nicht ersichtlich, dass ihm eine vorübergehende Trennung von seiner Ehefrau unzumutbar wäre, zumal die Eheleute auch bereits in Deutschland unterschiedlichen Städten zugewiesen sind und somit derzeit an getrennten Orten leben, ohne dass – soweit ersichtlich – ernsthafte Bemühungen unternommen worden wären, diesen Zustand zu ändern. Weiter ist mit Blick auf das vom Kläger geltend gemachte Asylbegehren zu berücksichtigen, dass ein erhebliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland daran besteht, sich an dem gemeinsamen europäischen Asylsystem zu beteiligen, das eine anhand von einheitlichen Zuständigkeitskriterien erfolgende Verteilung von Asylbewerbern vorsieht. Kommt es einem Ausländer darauf an, ein Asylverfahren zu durchlaufen, so muss er hierbei angesichts des gemeinsamen europäischen Asylsystems grundsätzlich auch in Kauf nehmen, dass das Asylverfahren in einem anderen, hierfür zuständigen Mitgliedstaat durchgeführt wird. Das ist jedenfalls dann nicht völlig unzumutbar, wenn die Trennung von dem Ehegatten nicht von Dauer, sondern nur vorübergehend sein wird. Eben dies ist hier der Fall. Wie ausgeführt hat nach Lage der Akten auch die (angebliche) Ehefrau des Klägers kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, sondern ist ebenso wie der Kläger nach Bulgarien zu überstellen. Vor diesem Hintergrund ist, soweit nicht ohnehin eine gemeinsame Überstellung nach Bulgarien erfolgen wird, allenfalls eine kurzzeitige (weitere) Trennung zu befürchten. Dass eine solche dem Kläger unzumutbar sein würde, ist derzeit nicht ersichtlich
125- ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall: VG München, Beschluss vom 5. Mai 2014 – M 11 S 14.50165 –, juris (Rdnr. 30) -.
126Ebenso wenig ist erkennbar, dass eine dauerhafte Trennung des Klägers von seiner Ehefrau mit Blick darauf in Betracht käme, dass diese möglicherweise – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist – psychische Probleme hat und deshalb behandelt wird. Dass die Ehefrau des Klägers aufgrund dieses Umstands längerfristig oder gar dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben müsste und damit bei Überstellung allein des Klägers nach Bulgarien eine unzumutbare Trennung drohte, kann das Gericht nicht feststellen, zumal der (auch Frau E. -G. vertretende) Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, kein aussagekräftiges Attest vorlegen zu können, so dass sich das Gericht mangels eines entsprechenden Ansatzpunktes auch nicht veranlasst sieht, von Amts wegen Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Ehefrau des Klägers anzustellen.
127C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83 b AsylVfG.
128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Der nach eigenem Bekunden am 21. Juni 1984 geborene Kläger stammt aus Mali. Am 6. November 2012 lehnte die deutsche Botschaft in Bamako (Mali) seinen Antrag auf Erteilung eines Visums ab. Am 26. Februar 2014 wurde er in der Gemeinde Dohma (Sachsen) durch die Polizei aufgegriffen. Dabei wies er sich mit einer am 23. Januar 2014 in Ungarn ausgestellten Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens aus. Eine daraufhin durch die Bundespolizei in Altenberg durchgeführte EURODAC-Abfrage ergab für den Kläger einen Treffer der Kategorie 1 hinsichtlich Ungarns (HU1330007615465). Das Amtsgericht Pirna – Az.: 23 XIV B 22/14 – ordnete eine vorläufige Freiheitsentziehung bis zum 12. März 2014 an, woraufhin der Kläger in den Abschiebegewahrsam Köpenick (Berlin) verbracht wurde.
3Am 27. Februar 2014 stellte der Kläger beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (künftig: Bundesamt) einen Asylantrag. Im Rahmen eines am selben Tag mit ihm geführten „Gesprächs zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ gab er an: Personalpapiere könne er nicht vorlegen. Er habe am 14. Dezember 2013 in Mali geheiratet. Seine Ehefrau, die am 14. April 1987 geborene E. -G. , halte sich ebenfalls in der Bundesrepublik Deutschland auf. Er habe Mali im August 2013 mit dem Flugzeug verlassen und sich zunächst in die Türkei begeben. Er sei zwei Monate lang in Istanbul geblieben. Danach habe er sich nacheinander zwei Monate in Bulgarien, einen Monat in Griechenland und einen Tag in Serbien aufgehalten. Dann sei er nach Ungarn gereist, wo ihm am 15. Januar 2015 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Im Februar 2014 habe er in Ungarn einen Asylantrag gestellt. Er wolle aber aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung nicht dorthin rücküberstellt werden.
4Am 28. Februar 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die ungarischen Behörden. Diese erklärten unter dem 6. März 2014: Dem Kläger seien in Bulgarien Fingerabdrücke abgenommen worden, da er am 25. September 2013 illegal die Grenze dieses Mitgliedstaates überschritten habe. Die entsprechende EURODAC-Nummer für Bulgarien laute BG2BR206C1309250012. Sie – die ungarischen Behörden – hätten daher am 27. Februar 2014 Bulgarien um Aufnahme des Klägers und seiner Ehefrau gebeten.
5Am 20. März 2014 hob das Landgericht Dresden – Az.: 2 T 197/14 – die gegen den Kläger verhängte Haft auf. Er wurde daraufhin aus dem Abschiebegewahrsam Köpenick entlassen.
6Am 27. März 2014 teilten die ungarischen Behörden dem Bundesamt mit, dass sie sich nicht für zuständig erachteten, da Bulgarien am 26. März 2014 unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO seine Zuständigkeit für das Asylverfahren des Klägers akzeptiert habe. Am selben Tag wurde mit dem Kläger ein weiteres „Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens“ geführt. Dabei ergänzte und korrigierte er einige seiner früher gemachten Angaben und erklärte nunmehr: Die Ehe mit der ebenfalls in Deutschland weilenden kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. sei bereits am 14. Februar 2013 in Mali geschlossen worden. Die türkische Botschaft in Bamako (Mali) habe ihm ein Visum erteilt, mit dem er im August 2013 auf dem Luftweg in die Türkei gereist sei. Dort sei er einen Monat lang geblieben. Von der Türkei aus sei er mit dem Pkw nach Bulgarien gefahren, wo ihm im Oktober 2013 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Nach einem Monat des Aufenthalts in Bulgarien sei er eine Woche lang in Griechenland gewesen, bevor er über Serbien nach Ungarn gelangt sei. Dort habe er im Januar 2014 einen Asylantrag gestellt. In Ungarn sei er einen Monat lang geblieben. Dann sei er mit einem Pkw nach Deutschland weitergereist.
7Mit Bescheid vom 31. März 2014 wies die Bezirksregierung Arnsberg den Kläger unter Hinweis auf § 50 AsylVfG der Stadt C. M.---- (Kreis Q. ) zu.
8Am 2. April 2014 richtete das Bundesamt ein Wiederaufnahmegesuch an die bulgarischen Behörden. Diese erklärten sich am 10. April 2014 zur Rückübernahme des Klägers bereit.
9Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – lehnte das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Bulgarien an. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 3. Juli 2014 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.
10Am 9. Juli 2014 hat der Kläger Klage erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend, dass in Bulgarien durchgreifende systemische Mängel des Asylverfahrens bestünden, die mit einer Verletzung von Art. 3 EMRK einhergingen. Diese Mängel beträfen den Zugang zum Asylverfahren, das Refoulement-Verbot, die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf verschiedene Berichte des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR), von Amnesty International sowie der Asylum Information Database (Aida) und verweist auf verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, durch die er seine Auffassung bestätigt sieht.
11Der Kläger beantragt,
12den Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 – Az.: 5731265-251 – aufzuheben.
13Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
14die Klage abzuweisen.
15Sie erklärt: Es bestünden keine Gründe für die Annahme, dass das bulgarische Asylverfahren mit systemischen Mängeln behaftet sei; dies werde auch durch eine Vielzahl entsprechender verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen bestätigt. Die bulgarische Regierung habe Maßnahmen getroffen, die bereits zu einer erheblichen Verbesserung im Asylwesen und in den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber geführt hätten.
16Auf Antrag des Klägers ordnete das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung an.
17Bereits unter dem 8. August 2014 hatte das Gericht den UNHCR um Erteilung einer Auskunft zum Asylverfahren und zur Lage von Asylbewerbern in Bulgarien gebeten. Der UNHCR erteilte die erbetene Auskunft unter dem 23. Dezember 2014 in englischer Sprache (Blatt 63 bis 66 der Gerichtsakte). Das Gericht holte eine Übersetzung der Auskunft ins Deutsche ein (Blatt 67 bis 70 der Gerichtsakte).
18Frau E. -G. , bei der es sich nach Angaben des Klägers um seine Ehefrau handelt, wurde auf der Grundlage des § 50 AsylVfG der Stadt N. B1 zugewiesen. Sie betreibt beim Verwaltungsgericht Düsseldorf unter dem Aktenzeichen 23 K 4771/14.A ein Klageverfahren, in dem ein gleichfalls vom 26. Juni 2014 datierender Bundesamtsbescheid – Az.: 5731212-262 –, mit dem ein Asylantrag Frau E. -G1. als unzulässig abgelehnt und ihre Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wurde, streitgegenständlich ist. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gewährte Frau E. -G. mit Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A – vorläufigen Rechtsschutz.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten der Verfahren 10 K 1660/14.A und 10 L 530/14.A, den durch das Bundesamt übermittelten Verwaltungsvorgang sowie die beim Landrat des Kreises Q. über den Kläger geführte Ausländerakte (jeweils ein Heft) Bezug genommen.
20Entscheidungsgründe:
21A. Der Einzelrichter, dem das vorliegende Verfahren mit Beschluss vom 9. Januar 2015 durch die Kammer zur Entscheidung übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylVfG), ist nicht gehindert, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 zu entscheiden, obwohl kein Vertreter der Beklagten zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Denn die Beteiligten wurden unter Hinweis darauf, dass das Gericht beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandeln und entscheiden kann, geladen (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO).
22B. Die auf Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 26. Juni 2014– Az.: 5731265-251 – gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Jedoch ist die Klage unbegründet. Die in dem Bescheid des Bundesamtes vom 26. September 2014 enthaltenen Verwaltungsakte, nämlich die Ablehnung des durch den Kläger in Deutschland gestellten Asylantrags als unzulässig (§ 27a AsylVfG), sowie die daran anknüpfende Anordnung seiner Abschiebung nach Bulgarien (§ 34a AsylVfG), sind rechtmäßig und verletzen ihn nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
23I. Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Recht als unzulässig abgelehnt. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers ist nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (ABl. L 180, S. 31, sog. Dublin III-VO) die Republik Bulgarien zuständig.
241. Die Dublin-III-VO und nicht deren Vorgängerverordnung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (ABl. L 50, S. 1, sog. Dublin-II-VO) ist hier einschlägig, weil der Kläger seinen Asylantrag, d.h. seinen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne von Art. 2 Buchst. b) Dublin-III-VO, am 27. Februar 2014 und damit nach dem 1. Januar 2014 als dem gemäß Art. 49 Unterabs. 2 Dublin-III-VO für die Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung maßgeblichen Zeitpunkt gestellt hat.
252. Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO sieht vor, dass Anträge auf internationalen Schutz von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft werden. Welcher Mitgliedstaat dies ist, bestimmt sich nach den Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO und zwar in der Rangfolge ihrer Nummerierung (Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO). Lässt sich anhand dieser Kriterien nicht bestimmen, welcher Mitgliedsstaat zuständig ist, so ist der erste Mitgliedstaat zuständig, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde (Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO). Bei Anwendung dieser Kriterien ist die Republik Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.
26a) Dies folgt aus Art. 13 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO. Danach ist der Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, dessen Land-, See- oder Luftgrenze der Antragsteller aus einem Drittstaat kommend illegal überschritten hat Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn ausgehend von seinen eigenen, insofern von der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben hat der Kläger aus einem Drittstaat (Türkei) kommend als erstes die (Land-) Grenze zu dem Mitgliedstaat Bulgarien überschritten. Dies erfolgte – soweit ersichtlich – ohne einen Aufenthaltstitel und insofern illegal. Die daraus resultierende Zuständigkeit Bulgariens hat auch nicht nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO geendet. Zwar endet nach dem Wortlaut dieser Vorschrift die Zuständigkeit (eines Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens) zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts. Damit ist aber lediglich gemeint, dass die Zuständigkeit dann endet, wenn vor Ablauf der genannten Frist in keinem der Mitgliedstaaten ein Asylantrag gestellt wurde. Diese Auslegung ergibt sich zwingend vor dem Hintergrund des Art. 7 Abs. 2 Dublin-III-VO, der als maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Dublin-Zuständigkeit denjenigen vorgibt, zu dem der Asylbewerber seinen Antrag zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt. Deshalb ist es etwa unschädlich, wenn nicht (auch) in dem Einreisestaat innerhalb der in Rede stehenden Frist ein Asylantrag gestellt wurde. Ebenso wenig ist es von Bedeutung, ob der Zwölfmonatszeitraum im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abgelaufen ist.
27Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, m.w.N., juris (Rdnr. 46 ff.), zu den im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der Art. 10 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 Dublin-II-VO.
28Damit steht Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO einer Zuständigkeit Bulgariens nicht entgegen. Nach der Mitteilung der ungarischen Behörden an das Bundesamt vom 6. März 2014 (Blatt 29 der beigezogenen Bundesamtsakte) ist der Kläger am 25. September 2013 nach Bulgarien eingereist. Die beim Kläger aufgefundene ungarische Aufenthaltsgestattung zur Durchführung eines Asylverfahrens weist als Ausstellungsdatum den 23. Januar 2014 aus (Blatt 4 der beigezogenen Ausländerakte), woraus folgt, dass er spätestens an diesem Tag in Ungarn einen Asylantrag gestellt haben muss. Dass die vorgenannten Unterlagen inhaltlich unrichtig sein könnten, ist weder vom Kläger substanziiert dargelegt worden noch sonst ersichtlich. Liegt danach zwischen dem illegalen Grenzübertritt nach Bulgarien und der Antragstellung in Ungarn ein Zeitraum von höchstens vier Monaten, so ist die sich aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO ergebende zwölfmonatige Frist unzweifelhaft gewahrt. Darauf, dass der Asylantrag nicht in Bulgarien gestellt worden ist, kommt es für die Zuständigkeit dieses Mitgliedsstaates nicht an.
29b) Es greifen auch keine gemäß Art. 7 Abs. 1 Dublin-III-VO vorrangig anzuwendenden Zuständigkeitstatbestände ein, namentlich keine solchen zum Schutz der Familieneinheit gemäß Art. 10 und 11 Dublin-III-VO. Dabei kann zugunsten des Klägers als wahr unterstellt werden, dass er tatsächlich die Ehe mit der am 14. April 1987 geborenen kamerunischen Staatsangehörigen E. -G. geschlossen hat.
30Für die Anwendung des Art. 10 Dublin-III-VO wäre es erforderlich, dass beide Familienangehörigen, zu denen gemäß Art. 2 Buchst. g) Dublin-III-VO auch Ehegatten gehören, den Wunsch zur Prüfung ihrer Asylanträge in demselben Mitgliedstaat schriftlich kundtun. Eine schriftliche Erklärung dieser Art liegt indessen – zumindest für den Kläger – nicht vor.
31Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 13 L 2517/14.A –, juris (Rdnr. 15).
32Ebenso wenig vermag Art. 11 Dublin-III-VO etwas an der Zuständigkeit Bulgariens für das Asylverfahren des Klägers zu ändern. Unter der amtlichen Überschrift „Familienverfahren“ erfasst diese Bestimmung (u.a.) den Fall der gleichzeitigen Asylantragstellung durch mehrere Familienangehörige oder der Asylantragstellung mehrerer Familienangehöriger in so großer zeitlicher Nähe, dass die Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats gemeinsam durchgeführt werden können. Besteht in einem solchen Fall bei Anwendung der in der Dublin-III-VO genannten Kriterien die Gefahr der Trennung der Familienangehörigen, so gilt nach Art. 11 Dublin-III-VO Folgendes: a) Zuständig für die Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz sämtlicher Familienangehöriger (…) ist der Mitgliedstaat, der nach den Kriterien für die Aufnahme des größten Teils von ihnen zuständig ist; b) andernfalls ist für die Prüfung der Mitgliedstaat zuständig, der nach den Kriterien für die Prüfung des von dem ältesten von ihnen gestellten Antrags zuständig ist.
33Es spricht bereits vieles dafür, dass Art. 11 Dublin-III-VO hier bereits in seinem Ausgangspunkt nicht einschlägig ist. Denn es dürfte schon keine Gefahr der Trennung im Sinne dieser Bestimmung bestehen, weil eine Zuständigkeit Bulgariens nach Lage der Akten wohl ohnehin – unabhängig von der Anwendung der Vorschriften zur Wahrung der Familieneinheit – auch für Frau E. -G. besteht. Doch selbst wenn dies nicht der Fall wäre, könnte der Kläger aus Art. 11 Dublin-III-VO nichts für sich herleiten. In Bezug auf Art. 11 Buchst. a) Dublin-III-VO gilt dies schon deshalb, weil es hier um die Bestimmung der Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylverfahren von lediglich zwei Personen – des Klägers und seiner (angeblichen) Ehefrau – geht. In einem solchen Fall kann es bei einer etwaigen Verschiedenheit der an sich zuständigen Mitgliedstaaten rechnerisch keinen „größten Teil“ der Familienangehörigen geben.
34Vgl. dazu auch Filzwieser/Sprung, Kommentar zur Dublin-III-VO, 1. Auflage (2014), Art. 11 Dublin-III-VO Anm. K 5.
35Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO vermag ebenfalls nichts an der Zuständigkeit Bulgariens für die Bearbeitung des Asylantrags des Klägers zu ändern. Denn er ist nach den von ihm und seiner (angeblichen) Ehefrau gemachten Angaben, wonach er am 21. Juni 1984 und Frau E. -G. am 14. April 1987 geboren ist, der ältere der beiden Ehegatten. Daraus folgt, dass gemäß Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO jener Mitgliedstaat für alle Familienangehörigen (hier für beide Ehegatten) zuständig ist, der nach den einschlägigen Kriterien der Dublin-III-VO für den Kläger zuständig ist
36- ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 2. Dezember 2014 – 23 L 1658/14.A –, in dem Frau E. -G. betreffenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (vgl. im Einzelnen die Seiten 3 und 4 des den Beteiligten vorliegenden Beschlussabdrucks) -.
37Die sich aus Art. 13 Dublin-III-VO für das Verfahren des Klägers ergebende Zuständigkeit Bulgariens erstreckt sich mithin bei Anwendung des Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO auf seine Ehefrau.
383. Aufgrund der danach gegebenen Zuständigkeit der Republik Bulgarien ist diese gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO zur Aufnahme des Klägers verpflichtet. Dies hat zur Folge, dass in seinem Fall die Verfahrensvorschriften der Art. 21, 22 und 29 Dublin-III-VO zur Anwendung kommen (vgl. dazu nachfolgend 5.). Es besteht hier eine Pflicht zur Aufnahme nach diesen Bestimmungen und nicht eine solche zur Wiederaufnahme nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. b) bis d) Dublin-III-VO i.V.m. Art. 23, 24, 29 Dublin-III-VO, weil Voraussetzung für eine Wiederaufnahme durch Bulgarien wäre, dass der Kläger dort bereits ein Asylverfahren betrieben hätte. Dies ist indessen nicht der Fall. Der Kläger hat selbst angegeben, lediglich in Ungarn (und nicht auch in Bulgarien) einen Asylantrag gestellt zu haben. Abgesehen davon haben die ungarischen Behörden dem Bundesamt unter dem 6. März 2014 mitgeteilt, dass für den Kläger hinsichtlich Bulgariens (lediglich) ein EURODAC-Treffer der Kategorie 2 (BG2BR206C1309250012) erzielt worden sei (Blatt 29 der Bundesamtsakte). Gemäß Art. 2 Abs. 3 Satz 5 der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates vom 28. Februar 2002 zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-Durchführungsverordnung) werden nur Daten von Asylbewerbern mit der Kategorie 1 versehen. Hieran zeigt sich ebenfalls, dass der Kläger in Bulgarien noch keinen Asylantrag gestellt hat, zumal nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c) der Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates vom 11. Dezember 2000 über die Einrichtung von EURODAC für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens (EURODAC-VO) eine europarechtliche Richtigkeitsgewähr bzgl. der erhobenen und übermittelten Daten besteht.
39Vgl. zu entsprechenden Fällen VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Dezember 2014 – 13 L 2759/14.A –, juris (Rdnr. 37).
404. Die Aufnahmeverpflichtung Bulgariens nach Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) Dublin-III-VO ist nicht gemäß Art. 19 Dublin-III-VO nachträglich erloschen. Namentlich ergibt sich Entsprechendes nicht aus der Bestimmung des Art. 19 Abs. 2 Dublin-III-VO. Danach erlöschen die Pflichten nach Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller, um dessen Aufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Der Nachweis einer mindestens drei Monate dauernden Abwesenheit des Klägers aus dem Gebiet der Mitgliedstaaten ist nicht geführt. Zwar hat er vor dem Bundesamt erklärt, im Anschluss an seinen Aufenthalt in Bulgarien in Serbien, das nicht zu den Mitgliedstaaten zählt, gewesen zu sein. Dieser Aufenthalt in Serbien ist jedoch in keiner Weise belegt und kann abgesehen davon bei dem vom Kläger geschilderten zeitlichen Ablauf ohnehin nur kurzzeitig gewesen sein. Am 27. Februar 2014 hat er selbst gegenüber dem Bundesamt bekundet, sich lediglich einen Tag lang in Serbien aufgehalten zu haben (Blatt 8 der Bundesamtsakte).
415. Des Weiteren sind die Zuständigkeit Bulgariens und die daraus folgende Aufnahmepflicht nicht aufgrund eines Verstreichens der für das Aufnahmeverfahren maßgeblichen Antrags- und Überstellungsfristen erloschen:
42a) Das Bundesamt hat die im Aufnahmeverfahren maßgebliche Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs nach Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet. Dabei kann offen bleiben, ob hier eine Frist von drei Monaten (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) oder – aufgrund des von den ungarischen Behörden mitgeteilten EURODAC-Treffers hinsichtlich Bulgariens – eine zweimonatige Frist zur Stellung des Aufnahmegesuchs (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 Dublin-III-VO) einschlägig gewesen ist, weil beide Fristen eingehalten worden sind. Das Bundesamt hat dadurch, dass der Kläger am 27. Februar 2015 über einen Aufenthalt in Bulgarien berichtet hat, erste Anhaltspunkte für eine Zuständigkeit dieses Mitgliedstaates erhalten. Die Hinweise auf eine Zuständigkeit Bulgariens haben sich sodann durch den von den ungarischen Behörden unter dem 6. März 2014 mitgeteilten EURODAC-Treffer verdichtet. Am 27. März 2014 haben die ungarischen Behörden schließlich berichtet, dass Bulgarien sich ihnen gegenüber unter Hinweis auf Art. 13 Abs. 1 Dublin-III-VO für zuständig erklärt habe. Selbst wenn man hier – zugunsten des Klägers – für den Beginn der Antragsfrist auf den erstgenannten Zeitpunkt (27. Februar 2014) abstellte, hätte das Bundesamt dadurch, dass es sich bereits am 2. April 2014, d.h. nur rund fünf Wochen später, an die bulgarischen Behörden gewandt hat, die Fristen des Art. 21 Abs. 1 Dublin-III-VO beachtet.
43b) Ebenso wenig ist die sechsmonatige Frist für die Überstellung des Antragstellers in den zuständigen Mitgliedstaat (Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) mit der Folge überschritten, dass die Zuständigkeit für die Durchführung seines Asylverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen wäre.
44Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erfolgt die Überstellung eines Antragstellers aus dem ersuchenden Mitgliedsstaat (hier: Bundesrepublik Deutschland) in den zuständigen Mitgliedstaat (hier: Republik Bulgarien) gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedsstaates nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Fall 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat (Fall 2).
45Der Fristbeginn bestimmt sich hier nach dem in Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO angesprochenen zweiten Fall, wonach die maßgebliche Überstellungsfrist von sechs Monaten erst mit der (endgültigen) Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese(r) gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin-III-VO aufschiebende Wirkung hat, beginnt. Ein „Rechtsbehelf“ im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO, dem aufschiebende Wirkung zukommen kann, ist (jedenfalls) der Hauptsacherechtsbehelf (hier die vorliegende Klage). Diesem kommt aufschiebende Wirkung in jedem Fall dann zu, wenn diese gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG in der seit dem 6. September 2013 gültigen Fassung im Einzelfall durch das Gericht angeordnet wird.
46Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. September 2014 – 13 A 1347/14.A –, m.w.N., juris (zur Überstellungsfrist nach der Dublin-II-VO).
47So liegt der Fall auch hier, weil das Gericht mit Beschluss vom 30. September 2014 – 10 L 530/14.A – die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die im Bundesamtsbescheid vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung angeordnet hatte. Diese gerichtliche Entscheidung erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem die zunächst angelaufene Frist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Fall 1 Dublin-III-VO, wonach die Überstellungsfrist von sechs Monaten mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat beginnt, noch nicht verstrichen und die Zuständigkeit mithin noch nicht auf die Beklagte übergegangen war. Denn die bulgarischen Behörden haben sich am 10. April 2014 gegenüber der Beklagten zur Aufnahme des Klägers bereit erklärt, so dass die Frist nach dem ersten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO erst mit dem 10. Oktober 2014 verstrichen wäre. Diese Frist ist mit der gerichtlichen Entscheidung vom 30. September 2014, die dem Hauptsacherechtsbehelf aufschiebende Wirkung zugewiesen hat, mit der Folge (rechtzeitig) unterbrochen worden, dass sich die sechsmonatige Überstellungsfrist nunmehr nach dem zweiten Fall des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO bestimmt. Diese Frist wird erst mit der endgültigen Entscheidung über den Hauptsacherechtsbehelf, d.h. über die vorliegende Klage, zu laufen beginnen und ist mithin im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2015 (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) noch nicht verstrichen.
486. Ferner kann der Antragsteller sich nicht mit Erfolg auf systemische Mängel des bulgarischen Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien berufen.
49Gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 VO Dublin-III-VO setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat die Prüfung der in Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GR-Charta) mit sich bringen (Unterabs. 2); kann eine Überstellung an einen aufgrund der Kriterien der Art. 8 bis 15 Dublin-III-VO bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, nicht vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat (Unterabs. 3).
50Der Regelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin-III-VO liegt die Rechtsprechung des EuGH zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem zugrunde. Dieses gründet sich auf das Prinzip gegenseitigen Vertrauens, dass alle daran beteiligten Staaten die Grundrechte sowie die Rechte beachten, die ihre Grundlage in der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll zu dieser Konvention von 1967 sowie in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) finden. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskommission zukommt. Diese Vermutung ist allerdings nicht unwiderleglich. Wegen der gewichtigen Zwecke des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist die Widerlegung der Vermutung aber an hohe Hürden geknüpft, so dass nicht jede drohende Grundrechtsverletzung oder jeder Verstoß gegen Bestimmungen des zum Asylrecht ergangenen Sekundärrechts geeignet sind, die Vermutung zu widerlegen.
51Vgl. EuGH, Urteile vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 u.a. (N.S. u.a.) –, NVwZ 2012, 417, sowie vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 (Abdullahi) –, NVwZ 2014, 208.
52Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 UA 2 Dublin-III-VO liegen vor, wenn das Gericht zu der Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gelangt, dass ein Asylbewerber wegen systemischer Mängel, also strukturell bedingter, größerer Funktionsstörungen, im konkret zu entscheidenden Fall in dem eigentlich zuständigen Mitgliedstaat mit beachtlicher, d.h. überwiegender Wahrscheinlichkeit einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt sein wird.
53Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 – 10 B 6.14 –, NVwZ 2014, 1039, zur Rechtslage nach der Dublin-II-VO.
54Im Rahmen dieser Prognose ist nicht allein auf die Rechtslage im betreffenden Mitgliedstaat abzustellen, maßgeblich ist vielmehr deren Umsetzung in die Praxis.
55Vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30696/09 (M.S.S ./. Belgien und Griechenland) –, NVwZ 2011, 413 und HUDOC (Rdnr. 359); Hailbronner, Ausländerrecht, Band 3, Stand: Juni 2014, § 34a AsylVfG Rdnr. 21.
56Die vorstehend aufgezeigten rechtlichen Maßstäbe gelten jedenfalls dann, wenn der betreffende Asylbewerber in dem Mitgliedstaat, in den er abgeschoben werden soll, noch keinen Schutzstatus erlangt hat
57- vgl. dazu VG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Oktober 2014– 17 L 2379/14.A –, juris (Rdnr. 20), unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, a.a.O. -.
58Dies ist beim Kläger der Fall, da er in Bulgarien keinen Asylantrag gestellt und dementsprechend auch noch keinen Schutzstatus erhalten hat.
59Ausgehend hiervon kann das erkennende Gericht entgegen der Auffassung des Klägers nicht feststellen, dass in der Republik Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens bzw. der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im vorstehend genannten Sinne, von denen gerade der Kläger betroffen wäre, bestehen
60- ebenso in entsprechenden Fällen: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 42 ff.), VG Potsdam, Urteil vom 4. Februar 2014 – 6 K 3905/13.A –, juris (Rdnr. 16), VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 14.30366 –, juris (Rdnr. 27), und VG Bremen, Urteil vom 16. Juli 2014 – 1 K 152/14 –, juris (Rdnr. 30 ff.); demgegenüber geht ein Teil der Rechtsprechung vom Vorliegen systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems aus oder sieht deutliche Anhaltspunkte für das Vorliegen derartiger Mängel: VG Bremen, Beschluss vom 11. März 2014 – 1 V 153/14 –, juris (Rdnr. 26 ff.), VG Schwerin, Beschluss vom 13. März 2014– 3 B 230/14 As –, juris (Rdnr. 20 ff.), VG Oldenburg, Beschluss vom 1. Juli 2014 – 12 B 1387/14 –, juris (Rdnr. 18 ff.); vgl. außerdem VG Berlin, Beschluss vom 6. Mai 2014 – 9 L 147/14.A –, juris (Rdnr. 8 ff.), das grundsätzlich keine systemischen Mängel des bulgarischen Asylsystems sieht, eine Ausnahme hiervon jedoch bei besonders schutzbedürftigen Personen (z.B. psychisch kranken Menschen) macht -.
61Der Vortrag des Klägers, wonach in Bezug auf (a) den Zugang zum Asylverfahren, (b) das Refoulement-Verbot, (c) die Inhaftierung von Asylsuchenden und Dublin-Rückkehrern sowie (d) die sozialen Aufnahmebedingungen, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, systemische Mängel des bulgarischen Asylwesens bestünden, greift nicht durch:
62a) Ein ausreichender Zugang zum Asylverfahren ist in Bulgarien für den Kläger gegeben.
63Allerdings war das bulgarische Asylsystem bedingt durch die im Laufe des Jahres 2013 erheblich angestiegene Zahl von Antragstellern, die aufgrund des Konflikts in Syrien über die türkisch-bulgarische Grenze gekommen waren, vollkommen überfordert. Dadurch war bereits ein effektiver Zugang zum Asylverfahren, insbesondere aus einer bestehenden Abschiebehaft heraus, nicht mehr gewährleistet. Zwar wies Bulgarien auch zu dieser Zeit eine vergleichsweise hohe Schutzquote auf. Gleichwohl bestanden – bedingt durch die hohen Eingangszahlen und wohl auch aufgrund unzureichender Qualifikation der beteiligten bulgarischen Amtswalter – unübersehbare Mängel im Verfahren, u.a. im Bereich der Übersetzung, Protokollführung, der Anhörungen und deren Umsetzung in den Bescheiden. Der Komplex der rechtlichen Beratung und Unterstützung wurde als in hohem Maße defizitär geschildert, und zwar vor allem im Hinblick auf fehlende finanzielle Mittel und weniger aufgrund der jeweils maßgeblichen rechtlichen Grundlagen bzw. Vorgaben, die nicht grundsätzlich zu kritisieren sind. Bei dieser Sachlage beschloss der Ministerrat Bulgariens im Oktober 2013 einen „Plan for the containment of the crisis resulting from stronger migration pressure on the Bulgarian border“, der u.a. eine Verbesserung der Verfahrensabläufe, aber auch eine konsequente Verhinderung künftiger unkontrollierter Einwanderung über die Landesgrenze mit der Türkei zum Inhalt hatte. Außerdem wurde durch das European Asylum Support Office (EASO) im Herbst 2013 in Zusammenarbeit mit dem bulgarischen Innenministerium, dem Leiter der bulgarischen Flüchtlingsbehörde (SAR) und UNHCR ein „Operating Plan To Bulgaria“ entwickelt, aufgrund dessen unter Hinzuziehung des Bulgarischen Roten Kreuzes und anderer Nichtregierungsorganisationen weitreichende Verbesserungen des gesamten Asylsystems vorgenommen werden sollten. In Vollzug des Ministerratsbeschlusses vom Oktober 2013 wurde mit dem Bau eines Zaunes an der Grenze zur Türkei begonnen, der mittlerweile in der vorgesehenen Länge fertiggestellt ist. Nicht zuletzt aufgrund dieser Grenzanlage ist die Zahl der Antragsteller seit Anfang des Jahres 2014 zunächst erheblich zurückgegangen. Dies wiederum hat zu einer erheblichen Entlastung des bulgarischen Asylsystems geführt und mit dazu beigetragen, dass die von EASO ins Auge gefassten Maßnahmen unter erleichterten Rahmenbedingungen in Angriff genommen und durchgeführt werden konnten. Es wird von erheblichen Verbesserungen berichtet. Insbesondere wird eine zeitnahe Registrierung von Asylgesuchen und damit ein schneller Zugang zum Asylverfahren nunmehr grundsätzlich gewährleistet. Allerdings ist, worauf nachfolgend unter c) noch näher einzugehen sein wird, nicht auszuschließen, dass es im Falle einer Antragstellung aus der Haft heraus nach wie vor zu Verzögerungen von einigen Tagen kommen kann, die möglicherweise auch vermeidbar wären. Ein grundlegender, das gesamte Asylsystem betreffender Mangel liegt hierin aber nicht (mehr).
64Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 44 ff., 55).
65Zwar hat sich aufgrund des ab August 2014 zu verzeichnenden stetigen Anstiegs der Anzahl der Neuanträge auf internationalen Schutz
66- vgl. dazu die unter http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init= 1&language=en&pcode=tps00189&plugin=1 durch Eurostat veröffentlichten Zahlen (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -
67die Registrierung und Bearbeitung der Anträge seit kurzem wieder etwas verlangsamt, zumal die SAR weiterhin nicht über eine ausreichende Anzahl an Dolmetschern (insbesondere für Farsi/Dari und Paschtu) sowie Mitarbeitern für die Registrierung und Befragung verfügt. Dies führt für sich genommen aber nicht zur Feststellung systemischer Mängel des bulgarischen Asylsystems. Die neu installierte Videokonferenz-Ausrüstung in zwei Einrichtungen, nämlich in der RC-Harmanli und der Übergangseinrichtung für Einwanderungshaft, Allocation Centre Elhovo, soll helfen, das Verfahren zu beschleunigen, sobald die SAR Dolmetscher benannt hat. Da die Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten seit Anfang 2014 erhöht wurden, was dazu führte, dass 5.624 Antragstellern zwischen Januar und Oktober 2014 ein Schutzstatus gewährt wurde, funktioniert das Asylsystem nach Einschätzung des UNHCR derzeit „einigermaßen“, wobei die SAR allerdings weitere Mittel benötige, um die bisher bei den Aufnahme- und Bearbeitungskapazitäten erzielten Verbesserungen beizubehalten.
68Vgl. dazu die Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014, Seiten 2 und 3.
69Nach alledem ist derzeit die Prognose gerechtfertigt, dass für den Kläger im Anschluss an eine Überstellung nach Bulgarien ein ausreichender Zugang zum dortigen Asylverfahren gegeben sein wird. Abweichendes folgt auch nicht daraus, dass er als sog. Dublin-Rückkehrer nach Bulgarien einreisen wird. Für nach Bulgarien zurückkehrende Asylbewerber gilt nach den Feststellungen des UNHCR
70- vgl. die Seiten 3 und 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
71Folgendes: Der Zugang zu einem Verfahren über die Feststellung des Flüchtlingsstatus ist im Falle einer Wiedereinreise nach Bulgarien davon abhängig, welchen Stand das frühere Asylverfahren des betreffenden Asylbewerbers dort hatte. Ist der Asylantrag bei der Rückkehr noch nicht entschieden, wird für die Person (grundsätzlich) in Bulgarien eine sachliche Entscheidung getroffen. Hat ein Asylbewerber Bulgarien verlassen und erscheint nicht oder wirkt an einem Verfahrensschritt nicht mit, so wird das Verfahren allerdings nach zehn Tagen des Nichterscheinens bzw. der fehlenden Mitwirkung ausgesetzt. Kehrt der Antragsteller sodann innerhalb von drei Monaten nach Registrierung seines Antrags nach Bulgarien zurück, wird das Verfahren wiedereröffnet und grundlegend geprüft. Erfolgt die Rückkehr in die Republik Bulgarien dagegen erst nach Ablauf dieser Frist, so gilt die Anwesenheit des Asylbewerbers als illegal und er wird in Abschiebungshaft genommen, es sei denn er kann „objektive Gründe“ für einen Wechsel seines Wohnortes, sein Nichterscheinen bei der zuständigen Behörde oder seine fehlende Mitwirkung darlegen. Grundsätzlich ist es möglich, dass der Betroffene nach Beendigung seines Verfahrens einen Folgeantrag stellt; es werden dann aber nur die mit dem Folgeantrag geltend gemachten neuen Gründe geprüft. Bei Dublin-Rückkehrern wird das Asylverfahren indessen grundsätzlich – unabhängig davon, ob die vorstehend genannten Fristen verstrichen sind – wiedereröffnet, und zwar an der Stelle, an welcher der Stillstand eingetreten ist. Voraussetzung hierfür ist, dass der Dublin-Rückkehrer einer Fortführung des Verfahrens in Bulgarien zustimmt. Eine Prüfung seines Antrags ist dann prinzipiell sichergestellt; der Betroffene genießt dieselben Rechte wie andere Asylbewerber auch. Das Verfahren wird allerdings dann nicht mehr eröffnet, wenn eine Anhörung bereits durchgeführt und das Verfahren daraufhin endgültig beendet worden ist. In diesem Fall hat auch der Dublin-Rückkehrer nur noch die Möglichkeit, einen Folgeantrag zu stellen.
72Vgl. dazu auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 58).
73Gemessen hieran wird dem Kläger als Dublin-Rückkehrer das Asylerstverfahren in Bulgarien ohne Einschränkungen offen stehen, weil er dort noch keinen Asylantrag gestellt hatte und dementsprechend auch noch keine Anhörung stattgefunden haben kann, aufgrund der – ggf. auch in seiner Abwesenheit – eine endgültige verfahrensabschließende Entscheidung hätte getroffen werden können. Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund des in Ungarn gestellten Asylantrags in Bulgarien als bloßer Folgeantragsteller behandelt werden würde.
74Auch in Bezug auf den weiteren Verlauf des dem Kläger offenstehenden Asylverfahrens sind keine durchgreifenden Mängel des bulgarischen Asylsystems erkennbar. Die in der Vergangenheit festgestellten Mängel in Bezug auf das Prüfungsverfahren und die Entscheidungen über die Gewährung internationalen Schutzes sind zwar nicht gänzlich ausgeräumt, allerdings sind positive Veränderungen auf den Weg gebracht worden. Die Verfahrensdauer, die bei syrischen Staatsangehörigen in der Regel ohnehin nicht zu beanstanden war, wurde mittlerweile auch bei nicht syrischen Flüchtlingen – wie dem Kläger – wesentlich verkürzt. Die Bereitstellung von Informationen für die Antragsteller über den Ablauf des Verfahrens und die in diesem Zusammenhang bestehenden Rechte wurden wesentlich verbessert, ohne aber wiederum als vollständig befriedigend qualifiziert werden zu können. Zumindest für ein – im Falle des Klägers in Rede stehendes – Asylerstverfahren ist eine kostenlose Rechtsberatung rechtlich gewährleistet, steht mit Rücksicht auf eine unzureichend finanzielle Ausstattung allerdings staatlicherseits nicht zuverlässig zur Verfügung, weshalb Nichtregierungsorganisationen, wie das Bulgarische Helsinki Komitee, einspringen und teilweise selbst die unentgeltliche Vertretung übernehmen müssen. Diese Defizite können jedoch – auch in Anbetracht der stattgefundenen Verbesserungen – nicht als derart gravierend eingestuft werden, dass sie als systemisch zu qualifizieren wären und die Betroffenen in ihren Rechten aus Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK verletzen würden.
75Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, m.w.N., juris (Rdnr. 56).
76Hinweise auf entsprechende Rechtsverletzungen aufgrund von Mängeln des Asylverfahrens ergeben sich im Übrigen auch nicht aus der in Bulgarien bestehenden Schutzquote. Denn die Zahl der in Bulgarien als international schutzberechtigt anerkannten Personen ist vergleichsweise hoch. So wurde im dritten Quartal 2014 bei 1.005 Asylentscheidungen in 785 Fällen ein Flüchtlingsstatus und in 90 Fällen ein subsidiärer Schutz zuerkennt; dies entspricht einer Gesamtschutzquote von rund 87 %
77- vgl. die Eurostat-Daten unter http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/images/8/88/First_instance_decisions_by_outcome_and_recognition_rates%2C_3rd_quarter_2014.png (durch das Gericht abgerufen am 9. Februar 2015) -,
78die allerdings zum Teil auch dadurch bedingt sein mag, dass viele Personen, die in Bulgarien einen Asylantrag stellen, aus dem Bürgerkriegsland Syrien stammen.
79b) Soweit der Kläger Verstöße gegen das Refoulement-Verbot rügt, mag dies (teilweise) berechtigt sein, und zwar mit Blick darauf, dass es Berichte über eine Vielzahl von Zurückschiebungen über die Grenze in die Türkei ab dem Jahr 2013 gibt
80- vgl. dazu etwa Human Rights Watch, Containment Plan – Bulgaria’s Pushbacks and Detention of Syrian an Other Asylum Seekers and Migrants, 29. April 2014, Seiten 14 ff. -.
81Damit könnte Bulgarien gegen das unionsrechtliche wie auch das völkerrechtliche Refoulement-Verbot nach Art. 21 Abs. 1 QRL bzw. Art. 33 GFK verstoßen. Denn zum einen ist die Türkei kein sicherer Drittstaat, weil sie die Genfer Flüchtlingskonvention und das Protokoll von 1967 nur mit einem regionalen Vorbehalt gezeichnet hat; zum anderen hat sich Bulgarien offensichtlich nicht vergewissert, dass die Türkei Flüchtlinge nicht in einen potentiell verfolgenden Herkunftsstaat „weiterschiebt“. Da das Refoulement-Verbot auch eine Zurückweisung von Asylbewerbern an der Grenze untersagt, sofern nicht eine Massenfluchtbewegung gegeben ist, wovon aber in Bezug auf Bulgarien wohl nicht auszugehen ist, dürfte auch die Errichtung des Grenzzauns – vgl. dazu bereits die Ausführungen unter a) – kaum mit dem Refoulement-Verbot in Einklang stehen, zumal keine offizielle Anreise über die türkischen Grenzübergangsstellen möglich sein dürfte.
82Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 47).
83Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil sich der Kläger bereits auf dem Gebiet der Mitgliedstaaten befindet und somit von der Zurückweisungspraxis an der türkisch-bulgarischen Grenze nicht (mehr) betroffen ist. Dafür, dass sich Bulgarien des Klägers nach Durchführung eines Asylverfahrens unter Verstoß gegen das Refoulement-Verbot entledigen würde, ist im Übrigen nichts ersichtlich.
84c) Soweit der Kläger gegen den streitgegenständlichen Bundesamtsbescheid sinngemäß einwendet, Asylbewerber einschließlich Dublin-Rückkehrern hätten in Bulgarien im Widerspruch zu den Bestimmungen der EMRK und der GR-Charta mit Inhaftierung zu rechnen, kann er hiermit ebenfalls nicht durchdringen.
85Nach den Feststellungen des UNHCR
86- vgl. die Seiten 2 bis 4 seiner Auskunft an das VG Minden vom 23. Dezember 2014 -
87reisen Asylbewerber mehrheitlich auf illegale Weise nach Bulgarien ein und werden dabei häufig durch die Grenzpolizei abgefangen, woraufhin sie in Einwanderungshaft genommen werden. Bulgarien verfügt über insgesamt drei Einrichtungen für die Einwanderungshaft. Bei zwei davon handelt es sich um sog. SCTAFs (Special Center for Temporary Accommodation of Foreigners). Eine davon befindet sich in Busmatsi (Sofia), die andere in Lyubiments (Südbulgarien). Hinzu kommt eine weitere vorübergehende Einwanderungshaftanstalt, das in der Nähe der türkischen Grenze gelegene Allocation Centre (AC) in Elhovo. Während es sich bei den SCTAFS in erster Linie um Einrichtungen für die Abschiebungshaft handelt, wurde das AC in Elhovo im Oktober 2013 durch das Innenministerium eingerichtet, um (u.a.) Asylbewerber aus Gruppen illegal einreisender Ausländer „herauszufiltern“. Illegal Eingereiste, die zunächst kein Asyl beantragen wollen, werden an ein SCTAF weitergeleitet. Soweit sie dort Asyl beantragen, werden sie nach Erledigung der vorgesehenen Formalitäten an eine Aufnahmeeinrichtung der SAR verwiesen. In keinem Fall müssen Asylsuchende aber eine längere Inhaftierung nach der Einreise in die Republik Bulgarien befürchten. Diese Verbesserung gegenüber früheren Zuständen beruht auf einer seit dem ersten Quartal 2014 verbesserten Kooperation zwischen den Grenzschutz- und Einwanderungsbehörden einerseits und der SAR andererseits. Die SAR hat sich nunmehr verpflichtet, die Erstregistrierung der Asylbewerber bereits in der Einwanderungshaft vorzunehmen, was dazu führt, dass die Asylbewerber nach durchschnittlich 7 bis 10 Tagen aus der Einwanderungshaft entlassen werden. Die Tatsache allein, dass Asylsuchende, die illegal eingereist sind, zunächst in größerem Umfang inhaftiert werden, stellt keine systemische Schwachstelle des Asylverfahrens dar, sofern, wie nunmehr, sichergestellt ist, dass sie nach der Antragstellung zeitnah registriert werden
88- ebenso VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 55).
89Abgesehen davon wird der Kläger bei einer Rückkehr nach Bulgarien von einer solchen Einwanderungshaft voraussichtlich nicht mehr betroffen sein, weil er im Wege der Überstellung gemäß der Dublin-III-Verordnung nach Bulgarien zurückkehren wird.
90Auch mit Blick auf die in Bulgarien herrschende Praxis im Bereich der Abschiebungshaft, können keine gerade den Kläger betreffenden systemischen Schwachstellen festgestellt werden. Die Verhängung von Abschiebungshaft kommt nach der Auskunft des UNHCR an das erkennende Gericht vom 23. Dezember 2014 (Seiten 3 und 4) zunächst dann in Betracht, wenn ein Asylbewerber Bulgarien während des laufenden Asylverfahrens verlässt und erst nach Verstreichen der unter a) behandelten dreimonatigen Betreibensfrist wieder zurückkehrt oder aber sein Asylantrag– ggf. auch während seiner Abwesenheit – abgelehnt wird. In diesen Fällen gilt der (erneute) Aufenthalt des betroffenen Drittstaatsangehörigen als illegal, mit der Folge, dass er (grundsätzlich) in Abschiebungshaft genommen wird. Den Betroffenen steht die Möglichkeit offen, einen Folgeantrag zu stellen. Wird dieser Antrag zur sachlichen Prüfung zugelassen, so ist eine Haftfortdauer gleichwohl wahrscheinlich. Eine Freilassung aus der Haft kommt allerdings in Betracht, wenn dem Folgeantragsteller ein Platz in einer Einrichtung der SAR zugewiesen wird oder aber eine externe Wohnung nachgewiesen wird. Mit Letzterem ist allerdings ein Verzicht auf staatliche Leistungen verbunden. Die vorstehend behandelte Art der Abschiebungshaft kann auf einen längeren Zeitraum ausgedehnt werden, ohne dass nach Einschätzung des UNHCR bislang ein hinreichender Rechtsschutz dagegen existiert. Mit dieser Art der Haft hat der Kläger indessen ebenfalls nicht zu rechnen. Dublin-Rückkehr, zu denen auch er gehört, genießen nämlich – unabhängig vom etwaigen Ablauf der dreimonatigen Betreibensfrist – grundsätzlich die gleichen Rechte wie andere Asylbewerber im Erstverfahren, d.h. sie werden im Anschluss an die Rückkehr – nach Angaben des UNHCR „höchstwahrscheinlich“ – in einer SAR-Einrichtung untergebracht und somit nicht inhaftiert. Anhaltspunkte dafür, dass im Falle des Klägers ausnahmsweise etwas anderes gelten könnte, liegen nicht vor. Auch dann, wenn über den Antrag eines Dublin-Rückkehrers auf internationalen Schutz in der Sache bereits (endgültig) entscheiden worden ist, kann dieser, wenn er einen Folgeantrag stellt, zunächst wieder in einer SAR-Einrichtung untergebracht werden, soweit ein entsprechender Platz vorhanden ist. Nur im Dublin-Verfahren überstellte Asylbewerber, deren Ansprüche durch eine bestands- bzw. rechtskräftige Entscheidung abgelehnt worden sind und die keinen Folgeantrag stellen, können in einer Haftanstalt festgehalten werden, aus der heraus dann die Abschiebung durchgeführt wird. Zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 30. Oktober 2014 wurden nach Auskunft der SAR an den UNHCR 143 Asylbewerber im Dublin-Verfahren nach Bulgarien überstellt. Die Asylanträge von 7 dieser Rückkehrer waren (gerichtlich bestätigt) endgültig abgelehnt worden; diese Personen wurden in Abschiebungshaft genommen. Die restlichen Dublin-Rückkehrer wurden in SAR-Aufnahmeeinrichtungen untergebracht. Daraus ergibt sich für den Kläger, dass er, wenn er – wie im streitgegenständlichen Bescheid vorgezeichnet – im Dublin-Verfahren nach Bulgarien zurückkehrt, allenfalls nach rechts- bzw. bestandskräftigem Abschluss eines in Bulgarien erst noch einzuleitenden Asylverfahrens in Abschiebungshaft genommen werden kann. Ob dies überhaupt geschehen wird, lässt sich derzeit jedoch nicht einmal ansatzweise zuverlässig prognostizieren, so dass das Gericht schon aus diesem Grund nicht die Feststellung treffen kann, der Kläger werde im Zusammenhang mit einer Inhaftierung in Bulgarien einer erniedrigenden, unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt.
91Abgesehen davon begründet die Möglichkeit, dass Asylbewerber nach bestandskräftiger Ablehnung ihres Asylgesuchs in Abschiebungshaft genommen werden, für sich genommen noch keinen systemischen Mangel des bulgarischen Asylsystems. Mit einer Anordnung von Abschiebungshaft wird nämlich das zulässige Ziel verfolgt, den Zugriff auf einen Ausländer sicherzustellen, dessen Abschiebung ohne Inhaftnahme ansonsten erschwert oder gar vereitelt würde. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f EMRK lässt ausdrücklich zu, dass die Freiheit einer Person beschränkt wird, wenn gegen sie ein Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren im Gange ist. Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO haben die Mitgliedstaaten die Pflicht, jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates stellt, zu prüfen. Dabei haben sie die durch die (hier noch geltende) Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft vom 13. Dezember 2005 (ABl. L 326, S. 13 ff., sog. Aufnahmerichtlinie) bestimmten einheitlichen Standards zu beachten. Zu diesen Mindestgarantien zählt, dass die Verwaltung mit aller gebotenen Sorgfalt die entsprechenden Erklärungen der betroffenen Person zur Kenntnis nimmt, indem sie sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls untersucht und ihre Entscheidung eingehend begründet. Die Verfahrensgarantien umfassen jedoch nicht das Recht, im Falle eines bereits negativ abgeschlossenen Asylverfahrens im zuständigen Mitgliedstaat verbleiben zu dürfen und von Maßnahmen verschont zu werden, die der Durchsetzung der Ausreisepflicht dienen. Namentlich erfolgt die Inhaftnahme in einem solchen Fall nicht mehr allein deshalb, weil der Betroffene Asylbewerber ist (vgl. Art. 18 Abs. 1 der Aufnahmerichtlinie). Die Haft zum Zweck der Sicherung einer Abschiebung begründet demnach noch keinen systemischen Mangel im Sinne der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung.
92Vgl. dazu VG Berlin, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – 33 L 450.13 A, juris (Rdnr. 14 ff.).
93Soweit der Kläger unter Berufung auf eine Entscheidung des EGMR
94- Urteil vom 27. Januar 2015 – 36925/10 u.a. (Neskov u.a. ./. Bulgarien) –, HUDOC -
95sinngemäß geltend macht, dass in bulgarischen Gefängnissen menschenunwürdige und erniedrigende Zustände im Sinne von Art. 3 EMRK aufgrund von Überfüllung, unzureichenden sanitären Anlagen sowie fehlendem Ausgang herrschten, kann er auch hiermit nicht durchdringen. Die genannte Entscheidung betrifft die Verhältnisse in der Strafhaft und kann daher nicht auf den hier interessierenden Bereich der Abschiebungshaft, für die – wie dargelegt – gesonderte Haftanstalten zur Verfügung stehen, übertragen werden. Soweit in mehreren Berichten
96- vgl. Aida, National Country Report Bulgaria, April 2014, Seiten 49 ff.; Human Rights Watch, a.a.O., Seiten 39 ff. -
97auch die Verhältnisse in den bulgarischen Abschiebungshaftanstalten – u.a. aufgrund von Überbelegung und unzureichenden sanitären Anlagen – kritisiert werden, beruht dies im Schwerpunkt noch auf der Auswertung von Zahlenmaterial, Besuchen vor Ort und sonstigen Erkenntnissen aus den Jahren bis einschließlich 2013, d.h. aus einer Zeit, in der das gesamte bulgarische Asylsystem durch die (unvorhergesehen) hohe Zahl an Asylbewerbern erheblich überlastet war. Die Berichte vermögen mithin keine verlässliche Auskunft über die heutigen Verhältnisse zu geben. Der UNHCR hat in Bezug auf die Abschiebungshaftanstalten in Busmantsi und Lyubimets (SCAR) im April 2014 festgestellt, dass die Inhaftierten regelmäßig Essen bekämen und eine notwendige medizinische Versorgung sichergestellt sei; zudem bestünden (auf einfachem Niveau) Freizeitmöglichkeiten, und zwar auch auf entsprechenden Außenanlagen.
98Vgl. UNHCR, Bulgaria as a Country of Asylum, April 2014, Seite 6.
99Soweit dem bulgarischen Gesetzgeber ein Gesetzentwurf vorliegt, der eine Verschärfung des Haftrechts vorsieht, bleibt abzuwarten, ob dieser überhaupt verabschiedet werden wird. Abgesehen davon ist derzeit noch nicht absehbar, dass ein entsprechendes Gesetz zu hier relevanten systemischen Mängeln führen würde, zumal nicht erkennbar ist, dass sich die bulgarischen Behörden und Gerichte einer unionsrechtskonformen Auslegung und Anwendung der betreffenden Bestimmungen (systematisch und durchgängig) verweigern würden.
100Vgl. dazu im Einzelnen VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 57).
101Auch für den Bereich der Abschiebungshaft nach bestandskräftiger Entscheidung im Asylverfahren sind nach alledem – zumindest derzeit – keine durchgreifenden systemischen Mängel feststellbar. Wie ausgeführt ist im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht aber ohnehin nicht hinreichend sicher, dass der Kläger in Bulgarien überhaupt von Abschiebungshaft betroffen werden wird.
102d) Schließlich greift auch der vom Kläger sinngemäß erhobene Einwand, die sozialen Aufnahmebedingungen in Bulgarien, namentlich die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern, seien mit gravierenden (systemischen) Mängeln behaftet, nicht durch.
103Die SAR verwaltet sieben Aufnahme-, Unterbringungs- und Übergangseinrichtungen (drei in Sofia, eines in der Nähe Sofias und drei im Süden Bulgariens) mit einer Gesamtaufnahmekapazität von 6.000 Personen. Am 3. November 2014 waren in diesen Einrichtungen (lediglich) 3.910 Personen (davon 2.817 Syrer) untergebracht. In den Einrichtungen der SAR sollen lediglich Asylbewerber untergebracht werden. Allerdings erlaubt die SAR die andauernde Unterbringung von 650 Einzelpersonen, denen Schutz gewährt wurde und die in diesen Einrichtungen verweilen, da sie keine sonstigen Mittel haben, um ihren Unterhalt in Bulgarien zu sichern.
104Vgl. dazu Seite 2 der Auskunft des UNHCR an das VG Minden vom 23. Dezember 2014.
105Dass sich die genannten Zahlen seit November 2014 wesentlich verändert hätten, ist nicht ersichtlich. Der Kläger wird danach im Anschluss an eine Rückkehr in die Republik Bulgarien einen Platz in einer der Aufnahmeeinrichtungen der SAR erhalten können, da deren Kapazitäten bei weitem nicht erschöpft sind.
106Auch die Bedingungen in den Aufnahmeeinrichtungen sind nicht derart defizitär, dass insoweit von systemischen Mängeln ausgegangen werden müsste. Nach der Auskunft des UNHCR vom 23. Dezember 2014 sorgt der Staat in den Aufnahmeeinrichtungen der SAR zwei Mal täglich für warme Mahlzeiten und eine medizinische Grundversorgung der Bewohner. Aufgrund einer Förderung durch den UNHCR sorgen Partnerorganisationen (Bulgarisches Rotes Kreuz, Bulgarisches Helsinki Komitee, Caritas) u.a. für soziale Dienste, rechtliche Beratung und Sprachkurse. Die in den SAR-Einrichtungen untergebrachten Dublin-Rückkehrer haben ein Recht auf dieselben Hilfe- und Dienstleistungen, die auch anderen Asylbewerbern zustehen.
107Insgesamt sind die früher bestehenden Missstände in den Aufnahmeeinrichtungen in baulicher wie auch personeller Hinsicht grundlegend angegangen und auch im Wesentlichen behoben worden. Dass die Verhältnisse in mancherlei Hinsicht nach wie vor defizitär und wenig befriedigend sein mögen, wie dies im Übrigen auch für einen nicht unerheblichen Teil der einheimischen Bevölkerung der Fall ist, rechtfertigt allein nicht die Annahme, dass sie generell nicht mehr menschenwürdegemäß wären. Dass die Qualität der Nahrung in den Aufnahmeeinrichtungen möglicherweise immer wieder zu wünschen übrig lässt, kann, solange dieses keine gesundheitlich bedenkliche Mangelernährung zur Folge hat, nicht als systemische Schwachstelle, geschweige denn als eine nicht menschenwürdegemäße Schlechtbehandlung angesehen werden. Angesichts der erreichten Verbesserungen in den Aufnahmeeinrichtungen ist – jedenfalls derzeit bei nicht dramatisch steigenden Zahlen von Antragstellern – nicht damit zu rechnen, dass das bulgarische Aufnahmesystem (wie in der Vergangenheit) wieder kollabieren wird und die Asylsuchenden daher die Zentren erneut „auf eigenen Wunsch“ verlassen, damit aber auch keine Unterstützung mehr erhalten. Dies gilt umso mehr, als die derzeit wieder (moderat) ansteigenden Flüchtlingszahlen das Land nicht mehr, wie noch im Jahr 2013, unvorbereitet und ohne Hilfe der Europäischen Union treffen.
108Vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49 ff.).
109Allerdings sieht der UNHCR in seiner Auskunft vom 23. Dezember 2014 nach wie vor erhebliche Defizite des bulgarischen Asylsystems in Bezug auf besonders schutzbedürftige Personen, zu denen vor allem Familien mit Säuglingen und Kleinkindern, unbegleitete Minderjährige und psychisch Kranke gehören.
110Vgl. zu diesem Aspekt auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 49, 51 ff.).
111Das Gericht lässt offen, ob sich aus den entsprechenden Defiziten systemische Mängel des bulgarischen Asylsystems ergeben. Selbst wenn dies der Fall wäre, könnte der Kläger hieraus nichts für sich herleiten, weil er nicht zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Personen im vorstehend genannten Sinne zählt. Für Alleinstehende und Paare ohne Kinder lassen sich entsprechende Mängel in der Regel – so auch hier – nicht feststellen.
112Soweit überdies in Bulgarien erhebliche Defizite bei der Versorgung anerkannter Schutzberechtigter bestehen mögen
113- vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014– A 11 S 1778/14 –, juris (Rdnr. 59) -,
114ist der Kläger hiervon – bei seinem derzeitigen Status – ebenfalls nicht betroffen.
1157. Auch dann, wenn man davon ausginge, dass unabhängig vom Vorliegen systemischer Mängel für jeden Einzelfall zu prüfen wäre, ob eine Verletzung des Art. 4 GR-Charta bzw. des Art. 3 EMRK vorliegt
116- in diesem Sinne etwa EGMR, Urteil vom 4. November 2014 – 29217/12 (Tarakhel ./. Schweiz) –, HUDOC (Rdnr. 104), und United Kingdom Supreme Court, Urteil vom 19. Februar 2014 – EM (Eritrea) and others v the Secretary of the State for the Home Department, [2014] UKSC 12 (Rdnr. 42 bis 64), jeweils zu Überstellungen nach Italien -,
117würde dies nicht zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Regelung nach § 27a AsylVfG führen. Denn es ist angesichts der Erkenntnisse zum bulgarischen Asylsystem (vgl. dazu vorstehend 6.) nicht erkennbar, dass der Kläger Gefahr liefe, im Anschluss an eine Rücküberstellung nach Bulgarien – ggf. auch unabhängig vom Fehlen systemischer Schwachstellen des dortigen Asylsystems – einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu werden.
1188. Ist demnach Bulgarien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig und macht das Bundesamt – wie hier – auch nicht von seinem Recht zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-III-VO) Gebrauch, so hat weder das Bundesamt noch das Gericht im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob einer Abschiebung des Klägers nach Mali Abschiebungsverbote entgegenstehen. Diese Prüfung obliegt gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO allein den zuständigen bulgarischen Behörden. Sieht sich der Kläger durch deren Entscheidung in seinen Rechten verletzt, muss er in Bulgarien um Rechtschutz nachsuchen.
119II. Die in dem streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes vom 26. Juni 2014 enthaltene Abschiebungsanordnung ist ebenfalls rechtmäßig. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG bestimmt, dass dann, wenn ein Ausländer in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat abgeschoben werden soll, das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet, sobald feststeht dass sie durchgeführt werden kann.
120Danach ist die Anordnung der Abschiebung des Klägers nach Bulgarien rechtlich nicht zu beanstanden. Die Republik Bulgarien ist – wie bereits unter I. dargelegt – für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig. Die Abschiebung kann auch durchgeführt werden. Ihr stehen weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse entgegen. Dies gilt nicht nur im Hinblick auf zielstaatsbezogene, sondern auch in Bezug auf inlandsbezogene Abschiebungshindernisse (§ 60a Abs. 2 AufenthG) einschließlich sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebender Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels, die im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ebenfalls vom Bundesamt zu prüfen sind.
121Vgl. OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25. April 2014 – 2 B 215/14 –, juris (Rdnr. 7); OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris (Rdnr. 4); VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31. Mai 2011– A 11 S 1523/11 –, InfAuslR 2011, 310, juris (Rdnr. 3) sowie BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 732/14 –, juris (Rdnr. 11).
122Im Falle des Klägers vermag das erkennende Gericht vor allem kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i.V.m. Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK festzustellen. Namentlich folgt ein solches nicht aus dem Umstand, dass der Kläger nach eigenem Bekunden mit Frau E. -G. verheiratet ist und sich diese in Deutschland aufhält. Allerdings verpflichtet die in Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 GG enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach welcher der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die jeweils zuständige Behörde, bei der Entscheidung über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen des den Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen.
123Vgl. dazu etwa BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Januar 2006– 2 BvR 1935/05 –, juris (Rdnr. 16).
124Nach Lage der Akten besteht vorliegend jedoch keine Gefahr einer (dauerhaften) Familientrennung, da nicht nur der Kläger, sondern auch seine Ehefrau zur Durchführung der beantragten Asylverfahren nach Bulgarien zu überstellen sein wird. Dies ergibt sich für Frau E. -G1. , sollte sie wirklich die Ehefrau des Klägers sein, jedenfalls aus Art. 11 Buchst. b) Dublin-III-VO; insoweit wird auf die vorstehend unter I. 2. b). angestellten Erwägungen Bezug genommen. Darüber hinaus ist, selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass eine unter den Schutz von Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK fallende Bindung besteht, nicht ersichtlich, dass ihm eine vorübergehende Trennung von seiner Ehefrau unzumutbar wäre, zumal die Eheleute auch bereits in Deutschland unterschiedlichen Städten zugewiesen sind und somit derzeit an getrennten Orten leben, ohne dass – soweit ersichtlich – ernsthafte Bemühungen unternommen worden wären, diesen Zustand zu ändern. Weiter ist mit Blick auf das vom Kläger geltend gemachte Asylbegehren zu berücksichtigen, dass ein erhebliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland daran besteht, sich an dem gemeinsamen europäischen Asylsystem zu beteiligen, das eine anhand von einheitlichen Zuständigkeitskriterien erfolgende Verteilung von Asylbewerbern vorsieht. Kommt es einem Ausländer darauf an, ein Asylverfahren zu durchlaufen, so muss er hierbei angesichts des gemeinsamen europäischen Asylsystems grundsätzlich auch in Kauf nehmen, dass das Asylverfahren in einem anderen, hierfür zuständigen Mitgliedstaat durchgeführt wird. Das ist jedenfalls dann nicht völlig unzumutbar, wenn die Trennung von dem Ehegatten nicht von Dauer, sondern nur vorübergehend sein wird. Eben dies ist hier der Fall. Wie ausgeführt hat nach Lage der Akten auch die (angebliche) Ehefrau des Klägers kein dauerhaftes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet, sondern ist ebenso wie der Kläger nach Bulgarien zu überstellen. Vor diesem Hintergrund ist, soweit nicht ohnehin eine gemeinsame Überstellung nach Bulgarien erfolgen wird, allenfalls eine kurzzeitige (weitere) Trennung zu befürchten. Dass eine solche dem Kläger unzumutbar sein würde, ist derzeit nicht ersichtlich
125- ebenso in einem ähnlich gelagerten Fall: VG München, Beschluss vom 5. Mai 2014 – M 11 S 14.50165 –, juris (Rdnr. 30) -.
126Ebenso wenig ist erkennbar, dass eine dauerhafte Trennung des Klägers von seiner Ehefrau mit Blick darauf in Betracht käme, dass diese möglicherweise – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung geltend gemacht worden ist – psychische Probleme hat und deshalb behandelt wird. Dass die Ehefrau des Klägers aufgrund dieses Umstands längerfristig oder gar dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland verbleiben müsste und damit bei Überstellung allein des Klägers nach Bulgarien eine unzumutbare Trennung drohte, kann das Gericht nicht feststellen, zumal der (auch Frau E. -G. vertretende) Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt hat, kein aussagekräftiges Attest vorlegen zu können, so dass sich das Gericht mangels eines entsprechenden Ansatzpunktes auch nicht veranlasst sieht, von Amts wegen Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Ehefrau des Klägers anzustellen.
127C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Hinweis auf die Gerichtskostenfreiheit des Verfahrens folgt aus § 83 b AsylVfG.
128Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Oktober 2014 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Das Urteil hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Der 1985 geborenen Kläger zu 1.) und die 1991 geborene Klägerin zu 2.) sind afgahnische Staatsangehörige schiitischen Glaubens. Sie gehören der Volksgruppe der Hazara an. Die Kläger zu 3.) und 4.) sind ihre Kinder. Sie wurden am 00.00.2010 und am 00.00.2013 in Teheran/Iran geboren. Die Kläger reisten nach eigenen Angaben am 13. Juni 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 23. Juni 2014 Asylanträge. In der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtline (hiernach: BAMF) gaben die Kläger an, vor 10 bzw. 15 Jahren Afghanistan verlassen zu haben und zunächst im Iran gelebt zu haben. Den Iran hätten sie vor ca. 2 Jahren verlassen und seien dann über die Türkei nach Bulgarien gereist, wo sie ca. vier Monate geblieben seien. Schließlich seien sie über Serbien und Ungarn nach Deutschland gekommen.
3Die Überprüfung der Fingerabdrücke der Kläger im EURODAC-System ergab, dass die Kläger zu 1.) und 2.) am 16. November 2011 in Bulgarien um Asyl nachgesucht hatten. Das Bundesamt richtete daher unter dem 15. August 2014 ein Übernahmeersuchen an Bulgarien. Die bulgarischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 2. September 2014 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge Gem. Art. 13 Abs. 1 Verordnung EU Nr. 604/2013.
4Mit Bescheid vom 16. Oktober 2014 lehnte das Bundesamt den Asylantrag der Antragsteller als unzulässig ab und ordnete ihre Abschiebung nach Bulgarien an. Dieser Bescheid wurde den Antragstellern am 19. Oktober 2014 zugestellt.
5Am 28. Oktober 2014 haben die Kläger Klage erhoben und zugleich um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (14 L 2043/14.A) nachgesucht.
6Das Gericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom (14 L 2043/14.A) als unzulässig abgelehnt.
7Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger geltend, es lägen systemische Mängel des Asylverfahrens in Bulgarien insbesondere für besonders schutzbedürftige Personen vor. Zudem sei die Klägerin zu 2.) auch erkrankt.
8Die Kläger beantragen,
9den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 16. Oktober 2014 aufzuheben.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie nimmt zur Begründung Bezug auf den angefochtenen Bescheid.
13Die Beteiligten haben den Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung erklärt.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im vorliegenden Verfahren und im Verfahren 14 L 2043/14.A und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe
16Das Gericht konnte nach Einverständnis der Beteiligten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichten (§ 101 Abs. 2 VwGO).
17Die Klage gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2014 ist zulässig und begründet.
18Die Klage ist als Anfechtungsklage statthaft. Die Kläger begehren die Aufhebung des sie belastenden Bescheids vom 16. Oktober 2014 in welchem die Beklagte ihren Asylantrag gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt hat. Für die Erhebung einer vorrangigen Verpflichtungsklage - gerichtet auf das eigentliche Rechtsschutzziel des Klägers, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen - besteht kein Raum.
19Vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 16. April 2014 – A 11 K 1721/13 – juris; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A – juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 2. August 2012 – 4 MC 133/12 – juris.
20Im Falle der Aufhebung eines auf der Grundlage von § 27a AsylVfG ergangenen Bescheids ist daher das Asylverfahren durch die Beklagte weiterzuführen und das Asylbegehren der Kläger von ihr in der Sache zu prüfen.
21Die im Übrigen zulässige Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
22Die Beklagte hat die Asylanträge der Kläger in rechtswidriger Weise als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung angeordnet. Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In einem solchen Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG). Die dafür erforderlichen Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
23Zwar ist Bulgarien gemäß Art. 13 Abs. 1 Verordnung EU Nr. 604/2013 (hiernach: Dublin III-VO) für die Behandlung des Asylantrags zuständig. Für die Kläger als besonders schutzwürdige Personen muss aber im vorliegenden Einzelfall dennoch von einer Überstellung nach Bulgarien abgesehen werden.
24Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs,
25vgl. Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 –, juris „N. S." (Nrn. 86, 94 und 99 der Entscheidung),
26besteht die Verpflichtung der Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Dublin-VO zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta ausgesetzt zu werden.
27Das ist der Fall, wenn der Mitgliedstaat die allgemein europaweit vereinbarten Mindeststandards aufgrund von innerstaatlichen systemischen Mängeln des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen nicht (mehr) gewährleistet bzw. gewährleisten kann. Solches kann namentlich dadurch zum Ausdruck kommen, dass der betreffende Mitgliedsstaat dem betroffenen Ausländer keine ausreichende Chance einräumt, dass sein Schutzgesuch überhaupt ernsthaft geprüft wird, und/oder dass die humanitäre, vor allem wirtschaftliche, gesundheitliche und Wohnungssituation nicht dem Art. 4 der Grundrechte-Charta oder den in einschlägigen Richtlinien des Gemeinschaftsrechts vereinbarten Standards entspricht, so dass letztlich die Gefahr besteht, dass die Betroffenen einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt werden.
28Vgl. insoweit OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2012 – 1 B 234/12.A –, juris.
29In diesem Fall ist die Überstellung auch nach nationalem Verfassungsrecht unzulässig, wenn - bezogen auf den Drittstaat bzw. auf den zuständigen Staat - Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind.
30Vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris.
31Vorliegend muss nicht entschieden werden, ob von einer Überstellung der Kläger nach Bulgarien im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO abzusehen ist, weil das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber generell systemische Mängel aufweisen. Die Klägerin zu 4. gehört jedenfalls zu einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe, für die nicht sichergestellt ist, dass eine rechtsverletzungsfreie Rücküberstellung erfolgen kann.
32Vgl. wie hier Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. Dezember 2014 – 2 BvR 450/11 –, juris; VG Magdeburg, Beschluss vom 4. Dezember 2014 – 9 B 438/14 –, juris.
33Die Frage, ob in Bulgarien „systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bzw. des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-III-VO vorliegen und ob eine Überstellung nach Bulgarien einen Verstoß gegen Art. 4 der EU-GR-Charta bzw. Art. 3 EMRK darstellt, wird in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte unterschiedlich beantwortet,
34systemische Mängel annehmend: VG Köln, Beschlüsse vom 12. Dezember 2014 – 16 L 2408/14.A – und 10. Oktober 2014 – 20 L 1831/14.A. –; VG München, Beschlüsse vom 4. November 2014 – M 16 S 14.50544 – (Familie mit Kleinkindern), und vom 9. Juli 2014 – M 24 S 14.50336 – Rn. 29 ff.; VG Hannover, Beschluss vom 26. September 2014 – 10 B 10989/14 – (Familie mit Kleinstkindern);
35systemische Mängel verneinend: VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 – bei nicht ernsthaft erkrankten Alleinstehenden oder Ehepaaren oder Partnern ohne kleine Kinder, bzgl. dieser Gruppe aber ausdrücklich offen gelassen; VG Köln, Beschluss vom 24. Oktober 2014 – 19 L 1801/14.A –; VG Minden, Beschluss vom 23. September 2014 – 1 L 714/14.A. – ; VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. September 2014 – 13 L 1690/14.A – ; VG München, Beschluss vom 10. September 2014 – M 6b S 14.50484 – ; VG Bremen, Beschluss vom 1. September 2014 – 3V 644/14; zitiert jeweils nach juris.
36Ausgangspunkt der zu berücksichtigenden Erkenntnislage ist zunächst der einschlägige Bericht des UNHCR vom 2. Januar 2014. Darin wurde damals die Einschätzung geäußert, dass Asylbewerber in Bulgarien aufgrund systematischer Defizite der Aufnahmebedingungen und des Asylverfahrens dem tatsächlichen Risiko einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung ausgesetzt seien, und es wurde empfohlen, Überstellungen nach Bulgarien einzustellen. Die Lebensbedingungen in sieben Aufnahmeeinrichtungen seien erbärmlich. Diese seien überfüllt, es werde staatlicherseits keine Nahrung bereitgestellt, es gebe keine Kochgelegenheiten, keine Heizung, kein fließend warmes Wasser und keinen geregelten Zugang zu medizinischer Versorgung. Die sanitären Anlagen seien in einem inakzeptablen Zustand und es gebe keine ausreichende Möglichkeit, Wäsche zu waschen. Es seien keine kindgerechten Einrichtungen und keine Möglichkeiten für (Freizeit-)Aktivitäten vorhanden. Das System zur Betreuung unbegleiteter Kinder funktioniere ebenso wenig wie die Versorgung von Personen mit besonderen Bedürfnissen. Es bestünden keine ausreichenden Verständigungsmöglichkeiten zwischen dem Personal und den Flüchtlingen. In den wenigen Fällen, in denen Sozialarbeiter oder Psychologen zur Verfügung stünden, fehle es an Dolmetschern. Am Schlimmsten seien die Zustände in der Aufnahmeeinrichtung in Harmanli, die als geschlossene Einrichtung geführt werde. Die wenigen Hilfsangebote kämen von privaten Spendern oder Organisationen und würden vom Roten Kreuz verteilt, sie seien insgesamt gesehen ineffektiv.
37vgl. UNHCR, „Bulgaria As a Country of Asylum – UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“, 2. Januar 2014, S. 10 ff., 16, abrufbar unter http://www.refworld.org/pdfid/52c598354.pdf.
38Aufgrund dieser Einschätzung des UNHCR lehnte die insbesondere im ersten Quartal 2014 ergangene erstinstanzliche Rechtsprechung überwiegend eine Rücküberstellung nach Bulgarien ab. In seinem zwischenzeitlich aktualisierten Berichts vom 1. April 2014 stellt der UNHCR jedoch zahlreiche Verbesserungen fest, die bei den Aufnahmebedingungen und den Asylverfahren in Bulgarien seit Anfang des Jahres erzielt wurden, und kommt auf dieser Grundlage nunmehr zu dem Schluss, dass eine generelle Aussetzung aller Dublin-Überstellungen nach Bulgarien nicht mehr gerechtfertigt sei.
39vgl. UNHCR, „Bulgaria As a Country of Asylum – UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria“, April 2014; S. 7, 17, abrufbar unter: http://www.refworld.org/docid/534cd85b4.pdf, hiernach: UNHCR II.
40Aufgrund der Auswertung der diesbezüglichen Erkenntnisse werden daher nunmehr systemische Mängel des Asylverfahrens in Bulgarien wieder verneint.
41Vgl. etwa: VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. September 2014 – 13 L 1690/14.A – n.V.; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30366 –, juris; VG Potsdam, Beschluss vom 14. November 2013 – 6 L 787/13.A –, juris; VG Regensburg, Beschluss vom 20. August 2012 – RN 9 S 12.30284 –, juris, alle m.w.N.; a.A. VG Oldenburg, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 12 B 245/15 –, juris.
42Die Kläger haben selbst nichts dazu vorgetragen, was eine andere Bewertung rechtfertigen und auf generelle systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien schließen lassen würde.
43Der Bescheid, mit dem die Asylanträge für unzulässig erklärt und die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet worden ist, ist aber im hier vorliegenden Fall jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil bei einer Rückführung nach Bulgarien eine angemessene Unterbringung und Gesundheitsversorgung der besonders schutzbedürftigen Klägerin zu 4. seitens der bugarischen Behörden derzeit nicht garantiert ist.
44Ungeachtet der Frage, ob in dem betreffenden Mitgliedsstaat generell systemische (im Sinne eines kompletten Versagens des Asylsystems) Mängel vorliegen, kann es im Einzelfall aus individuellen, in der Person der jeweiligen Kläger liegenden Gründen (jedenfalls) geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat – wenn auch nur vorübergehend – abzusehen. Einen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Kläger eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU (Qualifikationsrichtlinie) ist und er nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurde,
45vgl. Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2014 – 17 L 1018/14.A –, juris (i. Erg. abgelehnt) und VG Magdeburg, Beschluss vom 04. Dezember 2014 – 9 B 438/14 –, juris,
46bzw. ob es sich um eine sog. „besonders schutzbedürftige Person“ handelt.
47Vgl. zu einer Rückführung nach Italien Tarakhel ./. Switzerland, Application No. 29217/12, juris; siehe auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –; juris.
48Ein Anhaltspunkt ist jedenfalls dann geben, wenn es sich bei den Klägern um Familien mit Neugeborenen (vgl. Art. 16 Abs. 1 Dublin III-VO) und Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren handelt.
49Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. Dezember 2014 – 2 BvR 450/11 –, juris.
50In diesem Fall muss nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts auf Grund der Achtung des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls (vgl. nunmehr Erwägungsgrund 16 Dublin III-VO) in Abstimmung mit den Behörden des Zielstaats sichergestellt sein, dass die Familie bei der Übergabe an diese eine gesicherte Unterkunft erhält, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.
51Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. Dezember 2014 – 2 BvR 450/11 –, juris.
52Fehlt eine derartige Garantie ist von einer Überstellung abzusehen.
53Im Rahmen des Verfahrens auf Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylVfG hat das BAMF nämlich auch zu prüfen, ob im Sinne der genannten Vorschrift „feststeht“, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Das Bundesamt hat damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen. Es kann daher geboten sein, dass die deutschen Behörden vor einer solchen mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, den Sachverhalt klären und gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen treffen. Bestehen aufgrund von Berichten international anerkannter Flüchtlingsschutzorganisationen oder des Auswärtigen Amtes belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer im sicheren Drittstaat, hat die auf deutscher Seite für die Abschiebung zuständige Behörde dem jedenfalls angemessen Rechnung zu tragen. Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug einer Abschiebung betrauten Stelle, von Amts wegen tatsächliche Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten; diese Stelle hat gegebenenfalls durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung (Duldung) oder durch entsprechende tatsächliche Gestaltung derselben die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.
54Vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 8. Dezember 2014 – 2 BvR 450/11 –, juris.
55Dies zu Grunde gelegt steht hier nicht fest, dass die Rückführung der Kläger nach Bulgarien im Rahmen des Dublin-Systems rechtmäßig erfolgen kann, so dass von einer Überstellung vorliegend abgesehen werden muss. Zumindest bei der Klägerin zu 4. handelt es sich um ein Kleinstkind, für das gemäß den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eine besondere Überwachungspflicht der deutschen Behörden gilt. Aufgrund von Auskünften des UNHCR und anderer Flüchtlingsorganisationen bestehen Anhaltspunkte für fortbestehende Missstände in Bulgarien für Kleinstkinder. Berichten zufolge ist gerade die systematische und flächendeckende Versorgung von Babys und Kleinstkindern mit ihnen adäquater Nahrung defizitär und teilweise nur durch den Einsatz von Nichtregierungsorganisationen gewährleistet.
56Vgl. Amnesty International, Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Bulgarien sind weiterhin auszusetzen, S. 6 f.; abrufbar unter http://www.amnesty.de/files/Bulgarien-Bericht_0.pdf; UNHCR II, S. 8.
57Auch die medizinische Behandlung von Kindern, insbesondere unbegleiteten Minderjährigen und generell von sog. „vulnerablen Personen“ soll völlig unzureichend sein.
58Vgl. UNHCR II, S. 8 f., vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris.
59Bei den Unterbringungsbedingungen für Familien mit kleineren Kindern, alleinstehende Frauen mit Kindern und unbegleitete Minderjährige seien zwar Verbesserungen eingetreten, ohne allerdings das erforderliche Minimum an Privatheit zuzulassen und auch immer ausreichenden Schutz vor Übergriffen zu bieten. Nach wie vor seien daher erhebliche Defizite auszumachen.
60Vgl. UNHCR II, S. 7; vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris.
61Der UNCHR empfiehlt daher angesichts immer noch bestehender Missstände eine individuelle Prüfung insbesondere im Hinblick auf Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen oder Vulnerabilitäten dahingehend, ob eine Überstellung mit der Verpflichtung der Staaten zum Schutz der Grundrechte der Asylbewerber vereinbar wäre.
62vgl. UNHCR II, S. 7, 17; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10. November 2014 – A 11 S 1778/14 –, juris.
63Die danach erforderlichen Maßnahmen hat das BAMF nicht ergriffen. Es hat sich in der angefochtenen Entscheidung bereits nicht mit der persönlichen Situation der Kläger auseinandergesetzt. Es ist auch nicht erkennbar, dass man sich darüber bewusst war, dass es sich bei der 2-Jahre alten Klägerin um ein Kleinstkind und damit um eine Person besonderer Schutzbedürftigkeit handelt. Es wurden daher weder geeigneten Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den bulgarischen Behörden eingeleitet noch Garantien dafür eingeholt, dass eine angemessene Unterbringung und Gesundheitsversorgung der besonders schutzbedürftigen Klägerin zu 4. sichergestellt ist. Kann daher eine Überstellung der Klägerin zu 4. Nicht vorgenommen werden, ist wegen des Grundsatzes der Einheit der Familie und der Gewährleistung des Kindeswohls auch von der Überstellung der Kläger zu 1. bis 3. – zumindest derzeit – abzusehen.
64Weil die danach erforderlichen Garantien nicht vorliegen, sind die Abschiebungsanordnung und die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig schließlich als rechtswidrig anzusehen und aufzuheben.
65Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylVfG.
66Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 30. Juni 2014 - A 7 K 880/14 - geändert, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I.
Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.
Gründe
die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn
- 1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, - 2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, - 3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, - 4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, - 5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder - 6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.
(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:
- 1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung, - 2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt, - 5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.
(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung
- 1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis, - 2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung, - 3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle, - 4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder - 5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften einer Person mit Befähigung zum Richteramt gleich:
- 1.
§ 6 Abs. 2 Satz 1 und § 7 Abs. 2 Satz 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes, - 2.
§ 78 Absatz 2 und § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 der Zivilprozessordnung, - 3.
§ 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, - 4.
§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes, - 5.
§ 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 3 und 4 des Sozialgerichtsgesetzes, - 6.
§ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 7.
§ 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, Abs. 4 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, - 8.
§ 97 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Patentgesetzes, - 9.
§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Markengesetzes.