Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Okt. 2015 - M 16 K 14.1635

bei uns veröffentlicht am06.10.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 16 K 14.1635

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 6. Oktober 2015

16. Kammer

Sachgebiets-Nr. 412

Hauptpunkte:

Beitragserhebung durch IHK; Rückwirkender Erlass einer Wirtschaftssatzung; Zulässigkeit der Rücklagenbildung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwalt ...

gegen

Industrie- und Handelskammer für ...

vertreten durch den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer B-str. ..., M.

- Beklagte -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Beitragsbescheid

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 16. Kammer, durch die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2015

am 6. Oktober 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Beitragsbescheid der Beklagten.

Mit Beitragsbescheid der Beklagten vom ... März 2014, eingegangen bei der Klägerin am 25. März 2014, wurde gegenüber der Klägerin der IHK-Beitrag für das Jahr 2011 abgerechnet und auf insgesamt 156,99 EUR festgesetzt. Zudem wurde die Klägerin in dem Bescheid für die Jahre 2012 und 2014 jeweils vorläufig zu einem Grundbeitrag von je 150,-- EUR veranlagt. Eine vorhergehende vorläufige Veranlagung der Klägerin für das Beitragsjahr 2011 war nicht erfolgt.

Die Vollversammlung der Beklagten beschloss am 13. April 2015 unter TOP 2, dass der im Nachtragswirtschaftsplan 2011 vom 29. November 2011 für das Geschäftsjahr 2011 bislang ausgewiesene Ergebnisvortrag von 32.908 TEUR mit Wirkung für die Vergangenheit zusammen mit dem Jahresüberschuss für das Geschäftsjahr 2011 von 13.057 TEUR zweckgebunden in Höhe von Teilbeträgen von 32.400 TEUR der Rücklage zur Generalsanierung M.-J.-Straße, in Höhe von 2.245 TEUR der neu zu bildenden Rücklage zur „Anschubfinanzierung Regionalisierung bis 2015“ sowie in Höhe von 11.320 TEUR einer zu bildenden Rücklage „Finanzierung neues Bildungszentrum“ zugeführt wird. Entsprechend wurde für die Jahre 2012 und 2013 entschieden, den jeweiligen Jahresüberschuss (3.608 TEUR in 2012, 19.972 TEUR in 2013) für diese Geschäftsjahre zweckgebunden bestimmten Rücklagen zuzuführen.

Für die Geschäftsjahre 2011 bis einschließlich 2015 wurden jeweils neue Wirtschaftssatzungen erlassen, welche die vor Beginn des jeweiligen Geschäftsjahrs erlassenen bisherigen Wirtschaftssatzungen ersetzen sollten. Für das Geschäftsjahr 2015 wurde der Umlagesatz von 0,100 Prozent auf 0,050 Prozent einmalig gesenkt. Die bisherige Bauwirtschaftssatzung vom 16. März 2011 für die Generalsanierung M-J-Straße wurde durch eine neue Bauwirtschaftssatzung ersetzt. Die einzige Änderung durch die Neufassung dieser Satzung liegt darin, dass die Finanzierung nunmehr vollständig aus zweckgebundenen Rücklagen erfolgen soll.

Dem Protokoll zur Vollversammlung der Beklagten vom 13. April 2015 zufolge wurde zu TOP 2 u. a. ausgeführt, dass gemäß Beschluss der Vollversammlung vom 18. März 2015 die Wirtschaftssatzungen der Geschäftsjahre 2011 bis 2015 ersetzt werden sollten. Anlass sei das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. Januar 2015, mit dem der Beklagten auf den Weg gegeben worden sei, den Ergebnisvortrag des streitigen Jahres 2013 durch einen formalen Beschluss der Vollversammlung verbindlich und eindeutig zweckgebunden zu verwenden. Mit der Neufassung der Wirtschaftssatzung werde ein Zuordnungsfehler im Eigenkapital korrigiert; die ausgewiesenen Ergebnisvorträge würden zweckbestimmten Rücklagen zugeführt. Da sich der Zuordnungsfehler bereits in den Vorjahren entwickelt habe und in den Folgejahren fortsetze, habe die Vollversammlung am 18. März 2015 beschlossen, konsequenterweise die Jahre 2011 bis 2014 rückwirkend erfolgsneutral zu korrigieren. Bei der Neufassung der Wirtschaftssatzungen seien die tatsächlichen Verhältnisse anstelle der ursprünglich prognostizierten Daten zu berücksichtigen. Die Rücklagen seien zur Sanierung der M.-J.-Straße, zur Instandhaltung der Akademien der Beklagten „O-straße“ und „W.“, zum Umbau der Geschäftsstelle W., zum Bau eines neuen Bildungszentrums sowie neuer Geschäftsstellen in Ingolstadt und Rosenheim zweckgebunden. Gleiches gelte für die Rücklage zur Anschubfinanzierung der Regionalisierung in Form von Personal- und Sachkosten bis 2015.

Die am 13. April 2015 rückwirkend erlassenen Wirtschaftssatzungen wurden in der Maiausgabe 2015 der Kammerzeitschrift der Beklagten veröffentlicht.

Am 17. April 2014 erhob die Klägerin Klage gegen den Beitragsbescheid vom ... März 2014. Zur Begründung wurde zum einen auf die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfassungsbeschwerden (Az.: 1 BvR 2222/12 und 1 BvR 1106/13) verwiesen, denen im Wesentlichen die gleichen Sachverhalte sowie die Argumentation der Klägerin zugrunde lägen. Das Bundesverfassungsgericht habe insoweit ein umfangreiches Anhörungsverfahren eingeleitet. Die Klägerin sei nicht damit einverstanden einer Institution anzugehören, der sie nicht freiwillig beigetreten sei, die keinerlei spürbare Gegenleistung erbringe, deren Aufbau demokratischen Verhältnissen absolut widerspreche und die wegen ihres zum Teil fragwürdigen Geschäftsgebarens immer mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerate. In Anbetracht der in großer Summe auftretenden, erheblichen legitimatorischen Mängel sei die Grenze der Zumutbarkeit der Zwangsmitgliedschaft überschritten worden, wodurch die Klägerin durch den Beitragsbescheid zumindest in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt werde. Der Beitragsbescheid verstoße zudem gegen das Kostendeckungsprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Auch dies führe zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Hierzu wurde zunächst im Wesentlichen auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 (Az.: 3 K 121/12.KO) Bezug genommen. Auch bei der Beklagten liege für die streitigen Beitragsjahre eine unzulässige Vermögensbildung vor. In Bezug auf zwischenzeitlich erfolgte Ersetzung der alten durch neue Satzungen wurde weiter vorgetragen, die eigentlichen Beitragssatzungen, die Bestandteile der neuen Wirtschaftssatzungen geworden seien, seien von den Änderungen überhaupt nicht betroffen. Die Beklagte habe widerrechtlich den Haushalt der Jahre 2011 bis 2014 nachträglich geändert, womit gegen Vorschriften des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG - und gegen Grundprinzipien des für öffentliche Körperschaften geltenden Haushaltsrechts verstoßen worden sei. Da die streitgegenständlichen Wirtschaftsjahre bereits faktisch vollzogen seien, könne eine rückwirkende Veränderung der Rücklagen diese bereits vollzogenen Haushaltsjahre nicht mehr heilen. Die Beklagte habe im fraglichen Zeitraum eine unzulässige Vermögensbildung vorgenommen, die sich auch unmittelbar auf die Höhe der angegriffenen Beiträge ausgewirkt habe.

Die Klägerin beantragt,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom ... März 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, nach allgemeiner Rechtsauffassung könnten fehlerhafte Abgabensatzungen durch neue Satzungen rückwirkend ersetzt werden. Vertrauensschutz bestehe bei einem Rechtsschein durch eine ungültige Satzung auch dann nicht, wenn die rückwirkende Satzung zu einer höheren Beitragspflicht führe. Danach sei hier der Erlass neuer Wirtschaftssatzungen unter Bildung zweckgebundener Rücklagen zulässig gewesen. Auch hätten die festgestellten Jahresabschlüsse einbezogen werden können, da bei einem rückwirkenden Inkrafttreten einer Satzung die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Satzungserlasses zugrunde zu legen seien. Aus dem früheren, unzulässigen Gewinnvortrag ergebe sich nicht, dass eine Rücklagenbildung ausgeschlossen sei.

Zu weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 6. Oktober 2015, die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Beitragsbescheid der Beklagten vom ... März 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO).

Soweit sich die Klägerin gegen ihre Zwangsmitgliedschaft und die damit verbundene grundsätzliche Beitragspflicht unter Hinweis auf Verfassungs- und Unionsrecht wendet, wird auch in der jüngeren obergerichtlichen Rechtsprechung, auf die Bezug genommen wird, weiterhin davon ausgegangen, dass die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht verstößt (vgl. OVG RhPf, U.v. 23.9.2014 - 6 A 11345/13 - juris Rn. 44; OVG NW, B.v. 31.7.2014 - 17 A 1874/13 - juris; HessVGH, B.v. 10.6.2013 - 7 A 418/12.Z - juris Rn. 9ff; SächsOVG, B.v. 8.10.2012 - 4 A 411/12 - juris; BayVGH, B.v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris Rn. 10 ff; OVG Berlin-Bbg, U.v. 17.3.2011 - OVG 1 B 7.10 - juris Rn. 18; vgl. jüngst auch VG Berlin, U.v. 14.4.2015 - 4 K 199.14 - juris - Rn. 22 ff.; VG Würzburg, U.v. 29.4.2015 - W 6 K 14.369 - juris Rn. 21; VG Ansbach, U.v. 28.5.2015 - AN 4 K 14.01151 - juris Rn. 14).

Die Klägerin als Kammerzugehörige (vgl. § 2 Abs. 1 IHKG) war nach § 1 der Beitragsordnung i. V. m. Ziffer II.3.b.ba) der jeweiligen Wirtschaftssatzung der Beklagten jeweils zu einem jährlichen Grundbeitrag in Höhe von 150,-- EUR heranzuziehen. Dem im streitgegenständlichen Bescheid festgesetzten Umlagebeitrag für das abgerechnete Beitragsjahr 2011 in Höhe von 6,99 EUR liegt gemäß Ziffer II.4. der Wirtschaftssatzung 2011 ein Hebesatz von 0,15% zugrunde, bezogen auf den Gewinn der Klägerin abzüglich des Freibetrags. Diese Beitragstatbestände sind wirksam erlassen worden und verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

Die hier einschlägigen Wirtschaftssatzungen der Beklagten für 2011, 2012 und 2014 konnten rückwirkend erneut erlassen werden.

In ihren ursprünglichen Fassungen verstießen die Beitragstatbestände in den Wirtschaftssatzungen ab dem Jahr 2011 gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Grund waren die in den zugrunde liegenden Wirtschaftsplänen vorgesehenen Ergebnisvorträge. Zu weiteren Einzelheiten hierzu wird auf das Urteil der Kammer vom 20. Januar 2015, Az. M 16 K 13.2277 Bezug genommen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 IHKG i. V. m. § 1 Abs. 3 der Beitragsordnung der Beklagten werden die Grundbeiträge, der Hebesatz der Umlage und die Freistellungsgrenze jährlich in der Wirtschaftssatzung festgesetzt. Der rückwirkende Erlass einer Beitragssatzung ist grundsätzlich zulässig, wenn kein Vertrauensschutz der Beitragsschuldner entgegensteht (vgl. BVerwG, U.v. 15.4.1983 - 8 C 170/81 - juris). Der rückwirkende Erlass ist hier nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Festsetzung der vorgenannten Beitragsparameter als Regelungsbestandteil einer Wirtschaftssatzung erfolgt. Zwar dient diese grundsätzlich zugleich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 1. Juli 2014 in der Fassung vom 14. November 2014 der Feststellung des Wirtschaftsplans. Eine Änderung des Wirtschaftsplans ist nur im Wege des Nachtragswirtschaftsplans möglich, indem die Vollversammlung eine geänderte Wirtschaftssatzung bis zum Ende des jeweiligen Geschäftsjahres beschließt (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 1 des Finanzstatus). Bei rückwirkendem Erlass einer Wirtschaftssatzung nach Ablauf des betreffenden Haushaltsjahres kann diese Funktion der Feststellung des Wirtschaftsplans zwar nicht mehr erfüllt werden (vgl. Lewinski/Burbat, Bundeshaushaltsordnung, 1. Aufl. 2013, Rn. 7 zu § 33). Es ist andererseits nicht ersichtlich, dass das hier maßgebliche Rechtssetzungsziel - die Festlegung der Beitragsparameter - nicht durch rückwirkenden Erlass der Wirtschaftssatzung erreicht werden könnte (vgl. ThürOVG, U.v. 18.12.2008 - 2 KO 994/06 - juris). Hierfür spricht insbesondere auch, dass diese Festlegungen lediglich aus Praktikabilitätsgründen in diesen Satzungen geregelt werden; die Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 IHKG gibt dies nicht verbindlich vor. Zwar sieht § 1 Abs. 3 der Beitragsordnung vor, dass die Festsetzung jährlich in der Wirtschaftssatzung erfolgt; dieser Regelung ist jedoch nicht zu entnehmen, dass keine rückwirkende Festsetzung möglich sein sollte, wenn die zunächst erfolgte Regelung unwirksam war. Es ist auch nicht anzunehmen, dass der rückwirkende Erlass einer Wirtschaftssatzung mit dem Ziel der Festsetzung der Beitragsparameter deshalb nicht in Einklang mit dem Finanzstatut der Beklagten stehen würde, weil die Feststellungswirkung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Finanzstatuts nicht mehr eintreten kann. Diese Regelung ist vielmehr auf eine derart erlassene Wirtschaftssatzung nicht anwendbar.

Zwar hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof in einem Urteil vom 5. November 1975 (Az. 162 IV - VGHE 30, 4) festgestellt, dass gemeindliche Hebesätze für die Erhebung der sogenannten Jahressteuern - die mit den Beitragsparametern im Sinne von § 1 Abs. 3 der Beitragsordnung in gewisser Weise vergleichbar sind - nur innerhalb des betreffenden Haushaltsjahres festgesetzt werden können; nach Ablauf des Haushaltsjahres könne die Haushaltssatzung für das abgelaufene Jahr nicht mehr erlassen werden. Maßgeblich für diese Entscheidung dürfte jedoch gewesen sein, dass die betreffende Hebesatz-Festsetzung wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Zustimmungserfordernis unwirksam war und diese Zustimmung nicht wirksam nachgeholt werden konnte. Vorliegend bedurften dagegen die Beschlüsse der Vollversammlung zur Festlegung der Grundbeiträge und der Hebesätze der Umlage keiner Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde; dies ergibt sich u. a. im Umkehrschluss aus § 11 Abs. 2 Nr. 6 IHKG, wonach lediglich Beschlüsse über einen 0,8 vom Hundert der Bemessungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 Satz 6 IHKG übersteigenden Umlagesatz genehmigungspflichtig sind. Auch hat der Bayer. Verwaltungsgerichtshof in einer späteren Entscheidung (B.v. 21.2.2006 - 4 ZB 05.1169 - juris Rn. 7) bestätigt, dass die gemeindliche Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer auch in einer gesonderten Satzung zulässig ist.

Vertrauensschutz steht hier dem rückwirkenden Erlass der Wirtschaftssatzungen nicht entgegen. Die Mitglieder der Beklagten mussten aufgrund der Beitragsordnung in Verbindung mit den ursprünglichen Wirtschaftssatzungen mit einer Beitragsanforderung und später nachfolgenden Berichtigungsbescheiden rechnen (vgl. BayVGH, U.v. 14.4.2011 - 4 B 10.2557 - juris Rn. 23).

Die für 2011, 2012 und 2014 rückwirkend erlassenen Wirtschaftssatzungen sind als Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung wirksam. Sie verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Beitragserhebung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Wirtschaftssatzungen am 13. April 2015 maßgeblich (vgl. BayVGH, U.v. 2.4.2004 - 4 N 00.1645 - juris Rn. 22; VGH BW, U.v. 10.2.2011 - 2 S 2251/10 - juris Rn. 46). Dies bedeutet insbesondere, dass mittlerweile für die früheren Haushaltsjahre aufgetretene Jahresüberschüsse und gebildete Rücklagen berücksichtigt werden müssen.

Die Rechtfertigung der jährlichen Beitragserhebung der Beklagten muss sich zwar gemäß § 3 Abs. 2 IHKG aus dem für das jeweilige Haushaltsjahr aufgestellten Wirtschaftsplan ergeben; die eingeforderten Beiträge müssen dazu bestimmt sein, in diesem Haushaltsjahr auftretende Aufwände abzudecken. Eine für das Jahr 2015 prognostizierte Finanzierungslücke muss demnach durch eine Beitragserhebung in diesem Jahr ausgeglichen werden; eine Defizitdeckung im Wirtschaftsplan 2015 mithilfe einer rückwirkenden Beitragserhebung für Vorjahre wäre dagegen unzulässig. Einnahmen aufgrund einer ursprünglich unwirksamen Wirtschaftssatzung dürfen nicht entsprechend zu einem anderweitigen, erst nachträglich entstandenen Zweck umgewidmet werden. Aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falls ist jedoch davon auszugehen, dass der Finanzierungsbedarf für Projekte - zu dessen Deckung mit Beschluss vom 13. April 2015 Gewinnüberschüsse Rücklagen zugeführt wurden - bereits durch Entscheidungen der Vollversammlung der Beklagten in den Jahren ab 2011 ausgelöst wurde. Bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der ursprünglichen Wirtschaftssatzungen waren diese Projekte einschließlich einer Finanzierung aus Eigenmitteln beschlossen; lediglich eine verbindliche Zweckbindung der Gewinnvorträge für diese Projekte lag nicht vor. Zu weiteren Einzelheiten wird insoweit auf das Urteil der Kammer vom 20. Januar 2015, Az. M 16 K 13.2277 verwiesen. Auch die Klägerin hat nicht substantiiert bestritten, dass es diese Festlegungen schon in den betreffenden Haushaltsjahren gegeben hat.

Dies gilt insbesondere für die Finanzierung der Stammhaus-Sanierung. Bereits in der ursprünglichen Bauwirtschaftssatzung für diese Maßnahme vom 16. März 2011 war vorgesehen, dass die Finanzierung in der damals budgetierten Gesamthöhe von 72,9 Mio. EUR aus Gewinnvorträgen in Höhe von 32.400 TEUR und Rücklagen in Höhe von 40.500 TEUR erfolgen sollte. Diese Festlegung wurde durch Beschluss vom 13. April 2015 dahingehend modifiziert, dass die Projektfinanzierung ausschließlich durch eine Rücklage erfolgen sollte; entsprechend wurden der Instandhaltungsrücklage 32.400 TEUR aus dem für 2011 ausgewiesenen Gewinnvortrag in Höhe von insgesamt 32.908 TEUR zugeführt. Aufgrund der fehlenden verbindlichen Zweckbindung der Gewinnvorträge liegt kein nachträgliches Auswechseln der Begründung für die Beitragserhebung vor.

Die Rücklagenbildung der Beklagten verstößt nicht gegen § 3 Absatz 2 Satz 1 IHKG. Danach dürfen Beiträge nur insoweit erhoben werden, als die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der betreffenden Industrie- und Handelskammer nicht anderweitig gedeckt sind; sie dürfen nicht der Vermögensbildung dienen. Hiergegen verstößt nicht die Bildung angemessener Rücklagen, die zu einer geordneten Haushaltsführung gehören und bei denen es sich um Kosten im Sinne des § 3 Absatz 2 IHKG handelt (vgl. BVerwG, U. v. 26.6.1990 - 1 C 45/87 - juris Rn. 20). Neben einer Betriebsmittelrücklage können auch Rücklagen für bestimmte Zwecke vorgesehen werden (BayVGH, B. v. 26.8.2005 - 22 ZB 03.2600 - juris Rn. 5). Die Frage nach einer Unangemessenheit der Rücklagenbildung lässt sich am ehesten am Maßstab des Gesamthaushalts beurteilen. Maßgeblich ist auch, ob die Vorgaben des Finanzstatuts als Grundlage für die Rücklagenbildung beachtet wurden (BayVGH, B. v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris Rn. 25).

Die Rücklagenbildung durch die Beklagte ist nach diesen Maßstäben nicht zu beanstanden.

Die Bildung einer Ausgleichsrücklage zum Ausgleich ergebniswirksamer Schwankungen entspricht den Vorgaben von § 15a Abs. 2 des Finanzstatuts der Beklagten. Danach hat die Beklagte zum Ausgleich ergebniswirksamer Schwankungen eine Ausgleichsrücklage zu bilden, die bis zu 50 v. H. der Summe der geplanten Aufwendungen betragen darf und 30 v. H. nicht unterschreiten soll. Wie das Gericht bereits in seiner Entscheidung vom 20.01.2015, Az. M 16 K 13.2277 näher dargelegt hat, ist eine derartige Rücklagenbildung zulässig. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Zweck dieser Rücklage gegenüber der vorherigen Fassung des Finanzstatuts deutlich weiter gefasst wurde; nach § 15 Abs. 3 des Finanzstatus in der Fassung vom 12. Juli 2006 sollte diese lediglich dazu dienen, Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen. Maßgeblich ist im vorliegenden Zusammenhang allein, dass auch durch die Neuregelung in § 15a Abs. 2 des Finanzstatus eine konkrete und sachlich grundsätzlich nachvollziehbare Zweckbestimmung getroffen wurde.

Die weiter gebildeten Instandhaltungsrücklagen für bestimmte Projekte unterliegen hinsichtlich ihrer Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit keiner gerichtlichen Kontrolle bei der Prüfung, ob eine Beitragserhebung mit § 3 Absatz 2 Satz 1 IHKG vereinbar ist. Auch besteht ein weiter Beurteilungsspielraum der Beklagten hinsichtlich der Frage, inwieweit die Projektfinanzierung über laufende Einnahmen oder über Rücklagen erfolgen soll.

Zwar wurden bei dem Beschluss vom 13. April 2015 über die Zuführung des Gewinnvortrags zu Rücklagen die Anforderungen des § 15a Abs. 2 Satz 6 des Finanzstatuts nicht erfüllt. Danach sind bei der Bildung zweckbestimmter Rücklagen der Verwendungszweck, der Umfang und der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme hinreichend zu konkretisieren. Jedenfalls hinsichtlich der Rücklage für die Stammhaus-Sanierung lag zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 13. April 2015 insbesondere keine derartige aktuelle Zeitplanung vor. Vielmehr wurden in der Bauwirtschaftssatzung für diese Maßnahme lediglich die Angaben zur Finanzierung aktualisiert; die Angaben über die voraussichtliche zeitliche Mittelverwendung wurden dagegen beim Stand vom 16. März 2011 mit einem Planungshorizont bis 2016 belassen. Diese Zeitplanung ist jedoch mittlerweile überholt, da die Projektrealisierung im Wesentlichen noch bevorsteht. Die Angemessenheit der Rücklagenbildung im oben genannten Sinne ist allerdings gewahrt, wenn die betreffenden zweckgebundenen Rücklagen mit bestimmtem Volumen durch Beschluss der Vollversammlung gebildet werden und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es sich um eine verschleierte Vermögensbildung handelt. Die Klägerin kann nicht rügen, dass die Rücklagenbildung im Übrigen weiteren Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten nicht entsprechen würde (vgl. bzgl. angeblichen Fehlern bei der Geldanlage und die Verletzung haushaltsrechtlicher Vorgaben BayVGH, B.v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris Rn. 25).

Diese Anforderungen an die Angemessenheit der Rücklagenbildung sind hier erfüllt. Es ist offensichtlich, dass das Gesamtvolumen der Maßnahme, für die bereits im Jahr 2011 Investitionskosten von 72.900 TEUR kalkuliert wurden, jedenfalls nicht gesunken ist, wovon auch die Vollversammlung bei der Beschlussfassung am 13. April 2015 erkennbar ausgegangen ist.

Die Gesamthöhe der gebildeten Rücklagen ist hier nicht zu beanstanden. Zwar übersteigt deren Gesamtvolumen mit rd. 140 Mio. EUR (Sachstand Plan 31.12.2015) den für 2015 geplanten Betriebsaufwand von rd. 91 Mio. EUR erheblich. Angesichts der außergewöhnlichen Aufwände der Beklagten insbesondere für die Sanierung des Stammhauses und weitere strategisch bedeutsamer Projekte ist die Rücklagenbildung jedoch nachvollziehbar. Diese Projekte gehören nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Beklagten, sondern dienen ersichtlich dazu, langfristig die organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen für die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Dafür erforderliche Projektkosten können nur bedingt in ein Verhältnis zum regelmäßigen jährlichen Finanzierungsbedarf einer IHK gesetzt werden. Daher ist jedenfalls vorübergehend die Bildung eines relativ hohen Rücklagenvolumens zulässig. Das gilt jedenfalls unter der Maßgabe, dass aufgrund von Beschlüssen der Vollversammlung der Beklagten wie hier nachvollziehbar ist, dass diese die zweckgebundene Rücklagenbildung in der jeweiligen Höhe als erforderlich ansieht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Absatz 1 VwGO i. V. m. § 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 456,99 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Okt. 2015 - M 16 K 14.1635

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Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Okt. 2015 - M 16 K 14.1635

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

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(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.


Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 wird aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in noch festzusetzender Höhe vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu IHK-Beiträgen.

2

Sie betreibt seit dem 11. Juli 2005 das Gewerbe „Logistik und Spedition“. Mit Bescheid vom 17. November 2011 zog die Beklagte die Klägerin zu folgenden Beiträgen heran:

3

- Beitrag 2005, berichtigte Abrechnung 541,91 € (410,-- € Grundbeitrag; 131,91 € Umlage)
- Beitrag 2006, berichtigte Abrechnung 300,65 € (280,-- € Grundbeitrag; 20,65 € Umlage)
- Beitrag 2007, berichtigte Abrechnung 766,91 € (540,-- € Grundbeitrag; 226,91 € Umlage)
- Beitrag 2008, berichtigte Abrechnung 560,41 € (410,-- € Grundbeitrag; 150,41 € Umlage)

4

Dagegen hat die Klägerin am 21. November 2011 Widerspruch eingelegt, der mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 zurückgewiesen wurde.

5

Am 7. Februar 2012 hat die Klägerin Klage erhoben.

6

Zu deren Begründung machte sie geltend, die Beitragserhebung sei sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach rechtswidrig. Im Rahmen ihrer schriftsätzlichen Klagebegründung trug die Klägerin zunächst schwerpunktmäßig vor, die Zwangsmitgliedschaft bei der Industrie- und Handelskammer und die daraus resultierende Beitragspflicht seien verfassungswidrig und würden darüber hinaus gegen europarechtliche Bestimmungen verstoßen. Dies wurde im Einzelnen ausführlich dargelegt.

7

Nachdem das erkennende Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2012 zu erkennen gegeben hatte, dass es die von der Klägerin angemeldeten verfassungs- und europarechtlichen Bedenken nicht teilt, verlagerte die Klägerin den Schwerpunkt ihres Vorbringens nunmehr auf die Frage der Höhe der erhobenen Beiträge. Hierzu trägt sie vor, dass unter anderem die von der Beklagten praktizierte Rücklagenbildung übersetzt sei, was im Ergebnis einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkomme, wodurch die Mitgliedsbeiträge unnötig hochgehalten würden. Schon die der Bildung einer „Liquiditätsrücklage“ und „Ausgleichsrücklage“ zugrunde liegenden Regelungen des § 33 Haushalts-, Kosten-, Rechnungslegungsordnung bzw. § 15 Abs. 3 Finanzstatut seien nicht hinreichend bestimmt genug. Auch sei die Bildung einer Liquiditätsrücklage bereits dem Grunde nach nicht gerechtfertigt. Deshalb werde sie in anderen Bundesländern wie z.B. in Bayern abgeschafft. Hinsichtlich der Ausgleichsrücklage sei der in den einschlägigen Regelungen vorgesehene Korridor in Höhe von 50 % des Betriebsaufkommens gemessen am Bedarf der Beklagten zu hoch angesetzt. Die Ausgleichsrücklage diene dem Zweck, Beitragsschwankungen auszugleichen. Es müsse aber davon ausgegangen werden, dass auch auf Jahre betrachtet die Beitragsschwankungen nicht derart hoch seien, dass damit eine Rücklagenbildung in dieser Höhe gerechtfertigt werden könne. Selbst die allgemeine Wirtschafts- und Finanzkrise rechtfertige nicht die Bildung derart erheblicher Rücklagen wie im Falle der Beklagten.

8

Darüber hinaus hat die Klägerin noch weitere Einwände betreffend die Höhe der Beiträge vorgetragen. Wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die zur Akte gereichten Schriftsätze der Klägerin sowie auf die Niederschrift über den Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 4. September 2013 verwiesen.

9

Auf die mündliche Verhandlung vom 23. Juli 2012 erließ das Gericht einen Aufklärungsbeschluss, mit dem der Beklagten u.a. aufgegeben wurde, die konkrete Höhe der Rücklagen in den Haushaltsjahren 2005 bis 2008 darzulegen. Daraufhin machte die Beklagte u.a. folgende Angaben:

10

Jahr 2005:

        

- Summe der fortlaufenden Ausgaben (Plan)

13.038.700,00 €

- Betriebsmittelrücklage

6.430.407,47 €

- Haushaltsausgleichsrücklage

6.494.735,49 €

                 

Jahr 2006:

        

- Betriebsaufwand (Plan)

15.404.700,00 €

- Liquiditätsrücklage

7.669.307,47 €

- Ausgleichsrücklage

7.915.781,93 €

                 

Jahr 2007:

        

- Betriebsaufwand (Plan)

17.987.200,00 €

- Liquiditätsrücklage

8.070.007,47 €

- Ausgleichsrücklage

8.052.281,93 €

                 

Jahr 2008:

        

- Betriebsaufwand (Plan)

16.561.200,00 €

- Liquiditätsrücklage

8.070.007,47 €

- Ausgleichsrücklage

8.052.281,93 €

11

Die Klägerin beantragt,

12

den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie ist der Klage entgegengetreten und hält die Beitragserhebung sowohl dem Grunde wie auch der Höhe nach für rechtmäßig.

16

Bezüglich der Ausgleichs- und auch der Liquiditätsrücklagen sei zunächst darauf hinzuweisen, dass diese jeweils in der Vergangenheit gebildet worden und dann über längere Zeiträume in der Summe nicht verändert worden seien. Es habe auch in den streitgegenständlichen Beitragsjahren 2005 bis 2008 keine Veranlassung bestanden, aus Sicht der Beklagten hier Veränderungen vorzunehmen, zumal klar gewesen sei, dass im Laufe der Jahre der Prozentsatz in Bezug auf das Betriebsaufkommen sinken würde, während gleichzeitig auch jährliche Beitragssenkungen hätten vorgenommen werden können, ohne die gebildeten Rücklagen abzuschmelzen. Ziel der Rücklagenbildung sei es gewesen, eine geordnete Haushaltsführung zu gewährleisten, ohne die Aufnahme von Krediten, wie dies beispielsweise bei kommunalen Gebietskörperschaften der Fall sei. Insbesondere in den Jahren 2007/2008 sei hinzugekommen, dass eine Wirtschaftskrise bestanden habe und sich von daher bereits bei der Gewerbesteuer erhebliche Rückgänge abgezeichnet hätten mit der Folge, dass entsprechende Beitragsrückgänge auch für die Beklagte zu erwarten gewesen seien. Diese Aspekte seien auch jeweils in der Vollversammlung diskutiert worden.

17

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungs- und Widerspruchsakten der Beklagten (1 Heft) Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

18

Die Klage ist begründet.

19

Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Er unterliegt daher der Aufhebung (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

20

Dabei bedarf es nicht des Eingehens auf die von der Klägerin zunächst angesprochene Frage der Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft mit verfassungs- und/oder europarechtlichen Bestimmungen. Denn die streitgegenständliche Beitragserhebung entspricht bereits nicht den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und kann von daher keinen Bestand haben.

21

Nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und HandelskammernIHKG – werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Diese Voraussetzungen lagen hier in Bezug auf die streitgegenständliche Beitragserhebung nicht vor. Denn aufgrund einer fehlerhaften Rücklagenbildung standen der Beklagten für die Haushaltsjahre 2005 bis 2008 zur Deckung der Kosten ihrer Tätigkeit zusätzliche, rechtlich ungebundene Mittel zur Verfügung, die die Höhe der gegenüber der Klägerin festgesetzten Beiträge bei weitem überschritten haben. Für den Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides bestand daher kein Anlass.

22

Unbestritten ist allerdings, dass nach allgemeiner Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der das erkennende Gericht folgt (vgl. Jahn, zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern – ein Rechtsprechungsreport 2005 bis 2007 –, GewArch 2008, 187 ff.; ders. zur Entwicklung des Beitragsrechts der Industrie- und Handelskammern – ein Rechtsprechungsreport 2008 bis 2011 –, GewArch 2012, 9 ff.; Frentzel/Jäckel/Junge, IHKG, Kommentar, 7. Auflage, § 3 Rdnr. 25; BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 – 1 C 45.87 – juris; VG Magdeburg, Urteil vom 7. Februar 2013 – 3 A 385/11 –, juris), eine IHK zur Bildung von Rücklagen nicht nur berechtigt, sondern im Interesse einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung sogar verpflichtet ist. Im Hinblick darauf hat die Beklagte zwar durchaus zu Recht darauf verwiesen, dass es sich bei der Bildung angemessener Rücklagen ebenfalls um Kosten der IHK i.S.d. § 3 Abs. 2 IHKG handelt. Sie dürfen allerdings nicht der Bildung von Vermögen dienen (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 – 1 C 47.87 –, juris). Letzteres ist hier aber in Bezug auf die von der Beklagten in den Beitragsjahren 2005 bis 2008 gebildeten Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen zumindest teilweise der Fall.

23

Die Rücklagenbildung als solche ist im IHKG nicht ausdrücklich geregelt. Der Gesetzgeber hat aber in § 3 Abs. 7a IHKG die Gestaltung des Kammerhaushalts als wesentliche Selbstverwaltungsangelegenheit statuiert. Hiernach ist das Nähere für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplanes und den Jahresabschluss durch Satzung zu regeln. Für deren Erlass ist gemäß § 4 Satz 1 Nr. 8 IHKG allein die Vollversammlung zuständig.

24

Von diesem Gestaltungsrecht hat die Beklagte Gebrauch gemacht durch Erlass der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung, gültig bis 31. Dezember 2005 – HKRO – und des Finanzstatuts, gültig ab 1. Januar 2006 – FSt –. Bezüglich des wirksamen Zustandekommens dieser Regelungen hat die Klägerin keine gesonderten Einwände vorgebracht, so dass die Kammer von weiteren Ausführungen dazu absieht.

25

Was die Bildung von Rücklagen anbelangt, finden sich dazu Regelungen in § 33 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 FSt.

26

Nach § 33 Abs. 1 HKRO ist eine Betriebsmittelrücklage in Höhe von mindestens 30 %, höchstens 50 % der Summe der fortdauernden Ausgaben zu bilden, deren Zweck die Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten ist.

27

Nach § 33 Abs. 2 HKRO kann daneben eine Haushaltsausgleichsrücklage bis zu 50 % der fortdauernden Ausgaben angesammelt werden, um allgemein große Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen.

28

Nach § 33 Abs. 3 HKRO sind weitere zweckgebundene Rücklagen zulässig.

29

Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 FSt ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt und die dem Zweck dient, Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen.

30

Nach § 15 Abs. 3 Satz 2 FSt kann daneben eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient.

31

Nach § 15 Abs. 3 Satz 4 FSt ist die Bildung anderer Rücklagen zulässig.

32

Die in Bezug auf diese Regelungen von der Klägerin vertretene Auffassung, deren Rechtswidrigkeit ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass damit die Möglichkeit eröffnet werde, bei voller Ausschöpfung des für die Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vorgegebenen „Korridors“ Rücklagen in Höhe von 100 % der jährlich fortdauernden Ausgaben bzw. Betriebsaufwendungen zu bilden, bedarf ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung durch das Gericht. Das Gleiche gilt im Ergebnis für die weitere aufgeworfene Frage, ob es überhaupt zulässig ist, eine Liquiditätsrücklage zu bilden. Denn nach Aktenlage und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte jedenfalls das ihr in den genannten Bestimmungen eingeräumte Ermessen zum Teil überschritten und darüber hinaus hiervon in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht, vgl. § 114 Satz 1 VwGO.

33

Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf ihr Selbstverwaltungsrecht argumentiert, die in Rede stehenden Regelungen der HKRO bzw. des Finanzstatus stellten lediglich den zulässigen Rahmen dar, innerhalb dessen sie sich bewegen müsse, ohne dass der konkrete Umfang der Ausschöpfung dieses Rahmens im Einzelfall bezogen auf die jeweiligen Haushaltsjahre einer rechtlichen Nachprüfung unterliege, kann dem nicht gefolgt werden. Insbesondere lässt sich dies entgegen der Annahme der Beklagten nicht aus den Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (Beschluss vom 4. September 2012 – 22 ZB 11.1007 –, juris) und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urteil vom 20. September 2010 – 6 A 10282/10.OVG –, juris) herleiten, da beide Entscheidungen sich mit der vorstehend aufgeworfenen Frage nicht befassen (mussten), sondern sich lediglich allgemein dazu äußern, ob der satzungsmäßig vorgegebene Rahmen schon dem Grunde nach unangemessen sein könnte.

34

Demgegenüber findet die hier vertretene Auffassung eine Stütze in der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. September 2012 (1 L 124/11, juris, insbesondere Rdnr. 55). Darin heißt es unter anderem, bei der Beurteilung dessen, was die Kammer im Einzelnen für erforderlich und welche Rücklagen sie in welcher Höhe für angemessen hält, stehe ihr ein weiter Ermessensspielraum zu, der einerseits dadurch begrenzt werde, dass die durch die Rücklage zu finanzierende Maßnahme dem Aufgabenbereich der Kammer unterfallen muss und andererseits die Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung nicht offensichtlich überschritten werden dürfen bzw. ein mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbares Verhalten der Beklagten feststellbar ist. In Bezug auf die Angemessenheit der Rücklagenhöhe sei weiter zu berücksichtigen, dass die Rücklagenbildung aufgrund der mit ihr bezweckten Sicherung eines zukünftigen Finanzbedarfs in der Regel aufgrund einer Prognose und Schätzung künftiger Kosten erfolge und das diesbezüglich der Kammer eingeräumte Ermessen erst dann rechtswidrig ausgeübt werde, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig sei. Diese Ausführungen, denen das erkennende Gericht folgt, verhalten sich erkennbar zu dem bei der Überprüfung der Höhe einer Rücklage im Einzelfall anzuwendenden Prüfungsmaßstab. Im Übrigen wäre es selbst unter Berücksichtigung des der Beklagten zustehenden Selbstverwaltungsrechts mit Blick auf das Rechtsstaatsprinzip und das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG –) bedenklich, das Finanzgebaren der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts in bestimmten Bereichen der gerichtlichen Nachprüfbarkeit völlig zu entziehen.

35

Unterliegt damit auch die Festsetzung der konkreten Höhe der in Rede stehenden Rücklagen durch die Vollversammlung bezogen auf jedes einzelne Haushaltsjahr einer gerichtlichen Nachprüfbarkeit, so ist eine teilweise Ermessensüberschreitung der Beklagten zunächst für das Haushaltsjahr 2006 zu verzeichnen. Zufolge des dazu von ihr vorgelegten Zahlenmaterials hat sie in diesem Jahr mit 7.915.781,93 € eine Ausgleichsrücklage in Höhe von 51,4 % des planmäßigen Betriebsaufwands in Höhe von 15.404.700 € beschlossen. Damit wurde der in § 15 Abs. 3 Satz 1 FSt vorgegebene maximal zulässige Rahmen von 50 % um 1,4 %, mithin 213.431,93 € überschritten. Mindestens in dieser Höhe lag demnach im Jahr 2006 eine unzulässige Vermögensbildung vor, die zur Deckung der Kosten hätte verwendet werden müssen.

36

Darüber hinaus ist für alle der in Streit stehenden Beitragsjahre ein Ermessensfehlgebrauch der Beklagten festzustellen.

37

Es ist bereits fraglich, ob die für die Beschlussfassung zuständige Vollversammlung bei der Festlegung der beiden in Rede stehenden Rücklagen überhaupt Ermessen ausgeübt hat. Zwar hat die Vollversammlung jeweils über die Festsetzung des Wirtschaftsplans für die einzelnen Kalenderjahre entschieden. Zum Inhalt der Wirtschaftspläne gehört auch die Angabe von Rücklagen, die jeweils in den Wirtschaftsplänen gesondert ausgewiesen sind. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um „absolute“ Zahlen, ohne dass in den Wirtschaftsplänen Angaben dazu gemacht werden, wie hoch der Prozentsatz im Sinne des § 33 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 FSt jeweils ist. Auch wenn die Wirtschaftspläne den Mitgliedern der Vollversammlung im Vorfeld der jeweiligen Sitzung erläutert worden sind, so ist damit noch nicht belegt, dass ihnen im Zeitpunkt der Beschlussfassung tatsächlich bewusst war, dass sie insoweit einen Entscheidungsspielraum hatten. Es wurden von der Beklagten auch keine Sitzungsniederschriften vorgelegt, aus denen sich etwa ein Hinweis auf die genannten Satzungsbestimmungen ergibt, geschweige denn, dass die Höhe der zu bildenden Rücklagen im Rahmen der Vollversammlung nochmals im Einzelnen erörtert worden wäre. Diese Annahme wird auch durch die Ausführungen der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Denn vor dem Hintergrund, dass nach Auffassung der Beklagten lediglich der in § 33 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 FSt vorgegebene Rahmen einzuhalten war, bestand aus ihrer Sicht – folgerichtig – allenfalls Veranlassung über eine Anpassung der Rücklage „nach oben“ im Falle einer Steigerung des Betriebsaufkommens nachzudenken.

38

Selbst wenn man aber zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, sie habe von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht, so haftet den Beschlussfassungen aus mehreren Gesichtspunkten der Makel einer fehlerhaften Ermessensausübung an.

39

Von wesentlicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die beschlossenen Rücklagen jeweils in ihrer konkreten Höhe zur Erreichung des verfolgten Zwecks erforderlich, angemessen und insgesamt verhältnismäßig sein müssen. Unter Anlegung des oben bereits dargelegten Prüfungsmaßstabes auf die hier in Rede stehenden Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit mit Blick auf deren Höhe offenkundig nicht mehr gewahrt.

40

Sinn und Zweck der Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen ist es entsprechend dem Wortlaut der zugrunde liegenden Regelungen, im jeweils laufenden Geschäftsjahr eine ordnungsgemäße Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten zu gewährleisten und Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen. Weiter ist insoweit in den Blick zu nehmen, dass die Beklagte sich mit den Regelungen in § 33 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 FSt selbst einen Rahmen gesetzt hat, den sie bezogen auf das jeweilige Haushaltsjahr mit nachvollziehbaren Erwägungen ausfüllen und an dem sie ihre Entscheidungen messen lassen muss. Gerade die differenzierte Ausgestaltung des § 33 Abs. 1 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 Satz 1 FSt als kombinierte Festlegung einer 30 % des Betriebsaufwandes umfassenden zwingenden Rücklage, die im Ermessenswege um weitere 20 % aufgestockt werden kann und die Ausgestaltung des § 33 Abs. 2 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 Satz 2 FSt als reine Ermessensvorschrift betreffend das „ob“ und die Höhe der Rücklage zeigen, dass selbst die Beklagte es nicht für grundsätzlich zwingend erforderlich hält, dauerhaft Rücklagen zum Ausgleich von Schwankungen im Beitragsaufkommen und/oder zur Vermeidung von Kassenkrediten in Höhe von annähernd 100 % des jährlichen Betriebsaufkommens vorzuhalten. Die Richtigkeit dieser Grundannahme wird auch objektiv dadurch bestätigt, dass nach den Angaben der Vertreter der Beklagten im Erörterungstermin während der hier streitigen Beitragsjahre lediglich die Liquiditätsrücklage in Höhe von 1,5 Millionen Euro für einen Zeitraum von ca. 2 Monaten in Anspruch genommen werden musste. Bei dieser Ausgangslage ist zu fordern, dass es immer dann, wenn die Beklagte Rücklagen zu den in Rede stehenden Zwecken bilden möchte, die über die zwingend vorgegebenen 30 % des Betriebsaufkommens hinausgehen, einer besonderen Begründung im Einzelfall bedarf. Denn bei einem durchschnittlichen Betriebsaufwand von ca. 15 Millionen Euro im Jahr entsprechen die 30 % Liquiditätsrücklage einem Betrag von ca. 4,5 Millionen Euro, was gemessen an dem bisher festgestellten tatsächlichen Bedarf von 1,5 Millionen Euro für einen Zeitraum von zwei Monaten als immer noch sehr komfortabel zu bezeichnen ist. Demgegenüber ist die Vorhaltung einer Summe, die durchschnittlich den festgestellten Bedarf um ca. das Zehnfache übersteigt selbst mit einer auf maximale Sicherheit ausgerichteten Finanzpolitik nicht mehr zu rechtfertigen. Dabei ist nochmals die Zweckgebundenheit der in Rede stehenden Rücklagen zu unterstreichen. Für sonstige Zwecke können und dürfen sie zulässigerweise nicht eingesetzt bzw. vorgehalten werden. Dessen bedarf es auch nicht, da nach § 33 Abs. 3 HKRO bzw. § 15 Abs. 3 Satz 4 FSt zusätzlich die Möglichkeit der Bildung sonstiger (maßnahmebezogener) Rück-lagen besteht.

41

Besondere tragfähige Gründe, über die vorgegebenen 30 % hinauszugehen, hat die Beklagte für die Jahre 2005 bis 2008 nicht aufzuzeigen vermocht. So ist der Hinweis darauf, dass die Rücklagen in dieser Höhe bereits in den Jahren zuvor gebildet und sodann über einen längeren Zeitraum nicht verändert worden seien, kein sachlicher Grund dafür, die Rücklagen weiter hochzuhalten, da es ja gerade darum geht, über diese Frage jährlich eine neue bedarfsorientierte Entscheidung zu treffen. Ebenso wenig tragfähig ist das Argument, es habe im fraglichen Zeitraum keine Veranlassung bestanden, hier Veränderungen vorzunehmen, weil wegen zukünftig zu erwartender Steigerungen im Betriebsaufkommen ohnehin ein Absinken des Prozentsatzes zu erwarten gewesen sei. Dies ist eine sachfremde Erwägung, da die Rücklage allein nach der Zweckbestimmung in der zugrunde liegenden Regelung zu bemessen ist. Ein zukünftiger möglicher Anstieg der Betriebsausgaben ist – sofern er sich nicht auf das laufende Geschäftsjahr bezieht – irrelevant. Erst recht kommt es nicht darauf an, ob im jeweiligen Jahr Beitragssenkungen möglich waren, ohne die entsprechenden Rücklagen abzuschmelzen. Schließlich ist auch der pauschale Hinweis auf eine sich abzeichnende Wirtschaftskrise in den Jahren 2007/2008 in dieser allgemeinen Form nicht ausreichend. Auch insoweit hätte es zumindest einer in groben Zügen nachvollziehbaren Darlegung bedurft, in welchem Umfang sich dies auf die Liquidität der Beklagten möglicherweise hätte auswirken können.

42

Erweist sich die Rücklagenbildung in den Jahren 2005 bis 2008 demnach zumindest insoweit als rechtswidrig, als sie die 30 % zwingend festgelegte Rücklagenbildung übersteigt, handelt es sich dabei um eine unzulässige Vermögensbildung seitens der Beklagten. Damit standen ihr im genannten Zeitraum rechtlich nicht gebundene Mittel in Höhe mehrerer Millionen Euro zur Verfügung, die den gegenüber der Klägerin geltend gemachten Beitragsanspruch ersichtlich deutlich übersteigen. Für die Beitragserhebung gegenüber der Klägerin bestand demnach kein Grund. Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch für eine teilweise Heranziehung der Klägerin zu Beiträgen für die Jahre 2005 bis 2008 keine Veranlassung (mehr) gegeben. Zwar hätten bei richtiger Sachbehandlung die unzulässig gebildeten Rücklagen zur Deckung der Kosten eingesetzt werden müssen, was in diesem Fall allen Kammermitgliedern zugutegekommen wäre. Dies ist aber tatsächlich nicht geschehen mit der Folge, dass die übrigen Kammermitglieder zu Beiträgen für diese Jahre mit inzwischen bestandskräftigen Bescheiden herangezogen wurden, mithin die Beiträge im Wesentlichen auch in der im Wirtschaftsplan vorgesehenen Höhe tatsächlich vereinnahmt wurden. Das unzulässig gebildete Vermögen in Gestalt der Rücklagen wurde indessen in das jeweilige Folgejahr übertragen und war auch insoweit wiederum als unzulässig gebildetes Vermögen zu qualifizieren und rechtlich zu behandeln. Ob die zur Kostendeckung in den jeweiligen Haushaltsjahren verausgabten Mittel von der Beklagten im Verhältnis zu anderen Kammermitgliedern in vollem Umfang rechtmäßig eingenommen wurden, spielt im Verhältnis zwischen Klägerin und Beklagter indes keine Rolle.

43

Die Beklagte kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht darauf berufen, dass die Vollversammlung bei Kenntnis der unzulässigen Vermögensbildung möglicherweise entschieden hätte, das Geld ganz oder zum Teil für andere Projekte einzusetzen. Diese Argumentation ist rein hypothetisch und eine nachträgliche Beschlussfassung über derartige Projekte für die Jahre 2005 bis 2008 ist nicht mehr zulässig. Es sind daher die tatsächlichen Gegebenheiten zugrunde zu legen.

44

Ebenso wenig kann die Beklagte sich darauf berufen, die unzulässige Vermögensbildung habe auf die konkrete Beitragserhebung keinen Einfluss, weil die Vollversammlung unabhängig von der Rücklagenbildung jeweils die entsprechenden Beitragssätze wirksam beschlossen habe. Dem ist entgegen zu halten, dass die Beitragserhebung wegen der unzulässigen Vermögensbildung gegen das Äquivalenzprinzip verstößt (vgl. § 3 Abs. 2 IHKG) und die damit einhergehende fehlerhafte Bildung der Beitragssätze ebenfalls auf die Rechtmäßigkeit der Beschlussfassung durchschlägt.

45

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

46

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.

47

Die Berufung war gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.

48

Beschluss

49

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.169,88 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

50

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 teilweise abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 wird hinsichtlich der Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 - d.h. in Höhe von 1.327,32 € - aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge haben die Klägerin zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu IHK-Beiträgen. Mit Bescheid vom 17. November 2011 veranlagte die Beklagte sie zu folgenden Beiträgen:

2

Beitrag 2005:

541,91 € (410,-- € Grundbeitrag; 131,91 € Umlage)

Beitrag 2006:

300,65 € (280,-- € Grundbeitrag; 20,65 € Umlage)

Beitrag 2007:

766,91 € (540,-- € Grundbeitrag; 226,91 € Umlage)

Beitrag 2008:

560,41 € (410,-- € Grundbeitrag; 150,41 € Umlage)

3

Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 zurückgewiesen.

4

Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, ihre Zwangsmitgliedschaft sei verfassungs- und unionsrechtswidrig. Zudem seien die gebildeten Rücklagen zu hoch. Die Beklagte habe gegen das beitragsrechtliche Kostendeckungsprinzip verstoßen und mit den angegriffenen Beiträgen eine unzulässige Vermögensbildung vorgenommen. Das Finanzgebaren der Beklagten besitze einen vermögensverwaltenden Charakter, der mit dem Kostendeckungsprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G unvereinbar sei. Die in den betreffenden Jahren erwirtschafteten, ungeplanten Gewinne würden unzulässigerweise dem Eigenkapital der Beklagten zugeführt, anstatt über Beitragssenkungen an die Mitglieder ausgegeben zu werden.

5

Die Klägerin hat beantragt,

6

den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 aufzuheben.

7

Die Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen,

9

Sie hat ausgeführt, bei den Haushaltsplanungen habe sie sich bis 2005 an der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) orientiert. Danach habe eine Betriebsmittelrücklage in Höhe von 30 bis 50 % gebildet werden müssen. Zusätzlich sei eine Haushaltsausgleichsrücklage in Höhe von bis zu 50 % der fortdauernden Ausgaben zulässig gewesen, um Beitragsschwankungen auszugleichen. Diese Regelungen habe 2006 mit anderen Begrifflichkeiten § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts übernommen. Die Bildung angemessener Rücklagen stelle keine unzulässige Vermögensbildung dar, sondern gehöre zu einer geordneten Haushaltsführung.

10

Mit Urteil vom 25. November 2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 IHK-G - wonach die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt seien, durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufgebracht würden -, lägen nicht vor. Rücklagen dürften zwar gebildet werden, aber nicht der Bildung von Vermögen dienen. Letzteres sei hier in Bezug auf die Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen zumindest teilweise der Fall. Die Beklagte habe insoweit jedenfalls das ihr in den Satzungsregelungen eingeräumte Ermessen zum Teil überschritten und hiervon in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Es sei bereits fraglich, ob die für die Beschlussfassung zuständige Vollversammlung bei der Festlegung der Rücklagen überhaupt Ermessen ausgeübt habe. Zudem sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Höhe der Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen offenkundig nicht mehr gewahrt. Immer dann, wenn die Beklagte Rücklagen bilden wolle, die über die zwingend vorgegebenen 30 % des Betriebsaufkommens hinausgingen, bedürfe dies nämlich einer besonderen Begründung im Einzelfall. Daran fehle es hier.

11

Zur Begründung ihrer durch das Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, sie habe keine unzulässige Vermögensbildung betrieben. Die zulässigen Grenzen würden erst dann überschritten, wenn sich die Rücklagenbildung als ein mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbares Verhalten erweise. Das sei hier nicht der Fall. Die in den umstrittenen Beitragsjahren gebildeten Rücklagen lägen innerhalb des durch die Satzungsregelungen gesteckten Rahmens. Aber selbst eine fehlerhafte Rücklagenbildung begründe keine Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheids. Stelle sich nämlich nachträglich heraus, dass zu hohe Rücklagen gebildet worden seien, müssten diese ex nunc aufgelöst oder abgeschmolzen und ab diesem Zeitpunkt für die Deckung der Kosten der Tätigkeiten der IHK eingesetzt werden. Ein Mitglied könne solche etwaigen Rechtsverstöße im Wege der Feststellungs- oder Unterlassungsklage angreifen. Nur diese Handlungsmöglichkeit und nicht etwa eine Beitragsanfechtung stelle den richtigen Weg dar, um eine Aufgabenüberschreitung der IHK geltend zu machen. Den Überschuss des Jahresabschlusses 2005 in Höhe von 1,75 Millionen Euro habe sie bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz in der Nettoposition berücksichtigt. Durch die Umstellung von der kameralen auf die kaufmännische Buchführung sei im Erfolgsplan für das Jahr 2006 ein Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr nicht auszuweisen gewesen. Die Nettoposition habe man im Jahr 2008 um 5 Millionen Euro erhöht, um den Kosten Rechnung zu tragen, die mit dem Zugang des Gebäudes N…, dem Ausbau des Dachgeschosses C… Straße sowie erheblichen Renovierungs- und Erneuerungsmaßnahmen im Altgebäude S… Straße einhergegangen seien. Seit 2013 plane sie erhebliche negative Jahresergebnisse, um die gebildeten Rücklagen abzuschmelzen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie verweist auf beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungs-beschwerden und macht geltend, der Gesetzgeber habe die ihm vom Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit auferlegte ständige Prüfung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zwangsmitgliedschaft ganz offensichtlich versäumt. Die Pflichtmitgliedschaft in der IHK verstoße gegen Unionsrecht. Das Verwaltungsgericht sei im Übrigen zutreffend von einer mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbaren Vermögensbildung bei der Beklagten ausgegangen.

17

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.

19

Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid vom 17. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 nur teilweise und nicht vollständig aufheben dürfen. Der Bescheid ist nämlich nur in Höhe einer Beitragsforderung von 1.327,32 € rechtswidrig. Diese Rechtswidrigkeit bezieht sich auf die Beitragserhebung für das Jahr 2008 in Höhe 560,41 € (1.) und für das Jahr 2007 in Höhe von 766,91 € (2.). Im Übrigen - d.h. hinsichtlich der Beiträge für die Jahre 2005 und 2006 - ist die Klage unbegründet; insoweit ist sie unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen (3.).

20

1. In Bezug auf das Jahr 2008 ist der angefochtene Bescheid in Höhe des für dieses Jahr erhobenen Beitrags von 560,41 € rechtswidrig, weil in dem für dessen Festsetzung maßgeblichen Erfolgsplan vom 29. November 2007 für das Jahr 2008 unter der Position Nr. 21 unzutreffend als „Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr“ „0,-- Euro“ vermerkt sind, obwohl sich aus der Bilanz für das Jahr 2006 vom 29. Juni 2007 als Ergebnis ein Gewinn in Höhe von 2.210.513,13 € ergibt.

21

Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, diesen Bilanzgewinn - da keine Beitragsrückerstattung an die Mitglieder erfolgte und auch ein andernfalls in Betracht kommender gesonderter Beschluss der Vollversammlung über die aufgabengemäße Gewinnverwendung nicht getroffen wurde - in den nächsten, zeitlich auf seine Feststellung nachfolgenden Erfolgsplan einzustellen. Das folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHK-G -. Danach werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans (bis 31.12.2007: nach Maßgabe des Haushaltsplans) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Die Beiträge dürfen also nur insoweit erhoben werden, als die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer nicht anderweitig gedeckt sind; sie dürfen daher nicht der Bildung von Vermögen dienen (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45/87 -, juris, Rn. 20). Eine IHK muss folglich einen ungeplanten Bilanzgewinn zeitnah für die Finanzierung ihrer gesetzlichen Aufgaben einsetzen. Sie hat den Gewinn deshalb in der Regel – soweit nicht eine Beitragsrückerstattung an die Kammermitglieder erfolgt ist oder die Vollversammlung bereits einen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung gefasst hat – spätestens in den nächsten, zeitlich auf die Feststellung des Gewinns nachfolgenden Wirtschaftsplan einzustellen.

22

Nach diesem Maßstab hätte der angefochtene Beitrag für das Jahr 2008 jedenfalls nicht in der von der Beklagten festgesetzten Höhe erhoben werden dürfen.

23

a) Ausweislich der Bilanz vom 29. Juni 2007 stand der - nach dem Erfolgsplan für das Jahr 2006 ursprünglich nicht beabsichtigte - Gewinn aus dem Jahr 2006 in Höhe von 2.210.513,13 € als Quelle für die Finanzierung der für das Haushaltsjahr 2008 geplanten Ausgaben der Beklagten im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G zur Verfügung. Auch sah der Erfolgsplan für das Jahr 2008 als insoweit maßgeblicher Teil des Haushaltsplans im Sinne von § 3 Abs. 2 IHK-G (vgl. § 10 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz) spiegelbildlich zu der Bilanz unter Ziffer 21 die Position „Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr“ vor. Dort findet sich jedoch der unzutreffende Vermerk „Euro 0,-- €“.

24

Der Vermerk „Euro 0,-- €“ in dem Erfolgsplan für das Jahr 2008 ist auch unter Berücksichtigung des Einwandes der Beklagten unzutreffend, das unmittelbare Vorjahresergebnis des Jahres 2007 sei im Zeitpunkt der Aufstellung des Erfolgsplanes für 2008 noch nicht förmlich festgestellt gewesen. Denn jedenfalls stand der bereits am 29. Juni 2007 festgestellte Gewinn aus dem Jahr 2006 in Höhe von 2.210.513,13 € als anteiliger Bestandteil des Ergebnisses aus 2007 bereits fest und wäre deshalb als Ergebnisvortrag „aus dem Vorjahr“ in Ansatz zu bringen gewesen, obwohl er bereits im Jahr 2006 angefallen war. Dieses Verständnis der Position „Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr“ im Rahmen des jeweiligen Erfolgsplans ist auch deshalb geboten und folgerichtig, da andernfalls angesichts der vorgegebenen zeitlichen Abläufe ein „Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr“ in jedem vor Beginn des Haushaltsjahres aufgestellten Erfolgsplan von vornherein ausgeschlossen wäre, da das Bilanzergebnis aus dem unmittelbaren Vorjahr im Zeitpunkt der Aufstellung des Erfolgsplans für das Folgejahr regelmäßig noch nicht bekannt sein kann. Vor diesem Hintergrund kann lediglich die unterbliebene Einbeziehung des bilanzierten Überschusses aus dem Haushaltsjahr 2007 in Höhe von weiteren 2.162.859,6 € (4.373.372,77 € minus 2.210.513,13 €) im Hinblick auf den für die Beitragserhebung allein maßgeblichen Erfolgsplan für das Jahr 2008 vom 29. November 2007 nicht beanstandet werden, weil der Gewinn aus dem Jahr 2007 erst mit der Erfolgsrechnung vom 29. August 2008 festgestellt war.

25

Da die Beklagte nach § 3 Abs. 2 IHK-G zur Planung eines Gesamtüberschusses bzw. eines Gewinns aus Beiträgen nicht berechtigt gewesen war und sie dies ausweislich des Erfolgsplans vom 29. November 2007 (Geplantes Ergebnis: 0,-- €) für 2008 auch nicht beabsichtigte, hätte sich die gebotene Einspeisung des positiven Ergebnisses aus dem Jahr 2006 unter Ziffer 21 des Erfolgsplanes 2008 unmittelbar beitragsmindernd ausgewirkt. Anstelle der vorgesehenen Einnahmen durch Beiträge in Höhe von 14.289.600,-- € hätten danach kalkulierte Einnahmen in Höhe von 12.079.086,87 € ausgereicht, um das gebotene und erwünschte neutrale Planergebnis zu erreichen.

26

Indem die Beklagte die - nach dem Erfolgsplan unter Nr. 21 ausdrücklich vorgesehene - Einbeziehung des seit Mitte 2007 feststehenden Ergebnisses aus dem Jahr 2006 unterließ und statt dessen mit „0,-- Euro“ in Ansatz brachte, wurde der Gewinn aus dem Jahr 2006 der Beitragsplanung dauerhaft vorenthalten, also unzulässig Vermögen gebildet, welches entgegen den Anforderungen des § 3 Abs. 2 IHK-G nicht für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten (vgl. § 1 Abs. 1 IHK-G) verwendet wurde.

27

b) Auf eine etwaige alternative Möglichkeit der Gewinnverwendung kann die Beklagte sich insoweit nicht berufen. Von der Möglichkeit einer zeitnahen Ausschüttung des Bilanzgewinns aus dem Jahr 2006 an die Mitglieder außerhalb der Beitragskalkulation für das (Nach-)Nachfolgejahr 2008 wurde nämlich offenkundig kein Gebrauch gemacht.

28

Auch eine etwaige in Betracht kommende Gewinnverwendung durch Zuführung in eine der satzungsmäßig vorgesehenen Rücklagen war wegen der bereits erfolgten weitgehenden Ausschöpfung des nach § 15 Abs. 3 Finanzstatut vorgegebenen zulässigen Rahmens von jeweils höchstens 50 % des geplanten Betriebsaufwandes im Jahr 2008 (16.250.300 €), also von je 8.125.150 €, ausgeschlossen. Denn zum Jahresbeginn beliefen sich die Ausgleichsrücklage auf 8.052.281,93 € und die Liquiditätsrücklage auf 8.070.000,-- €. Für keine der beiden Rücklagenarten hätten daher eine Zuführung von mehr als rund 100.000,-- € geplant werden dürfen.

29

Schließlich ist auch die Zuführung des Ergebnisses aus dem Jahr 2006 (sowie weiterer Überschüsse aus den nachfolgenden Jahren) in die Nettoposition durch den Beschluss der Vollversammlung vom 26. November 2008 nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des Erfolgsplanes für das Jahr 2008 zu beseitigen. Denn die Zuführung zur Nettoposition - also zu dem grundsätzlich unveränderlichen, gerade nicht für künftige Ausgaben vorgesehenen Posten innerhalb des Eigenkapitals der Beklagten - hatte zur Folge, dass eine Verwendung des Gewinns zur Finanzierung der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben der Beklagten im Sinne der §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 2 IHK-G endgültig unterblieb.

30

Soweit die Beklagte sinngemäß vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung bekräftigt hat, es habe sich bei der Erhöhung der Nettoposition vom 26. November 2008 eigentlich nicht um eine Zuführung, sondern lediglich um die Berichtigung und rechnerische Anpassung der Nettoposition gehandelt, die aufgrund von bereits in den vorangehenden Jahren erfolgten Veränderungen des Immobilienbestandes notwendig geworden sei, vermag dies nicht zu überzeugen. Diese Behauptung ist bereits deshalb nicht plausibel, weil in dem Beschluss vom 26. November 2008 keine Rede ist von Veränderungen im Immobilienbestand, sondern er ausdrücklich eine Gewinnverwendung zum Gegenstand hatte. In dem Protokoll über die Sitzung der Vollversammlung der Beklagten vom 26. November 2008 heißt es unter TOP 10: „Die Vollversammlung beschließt bei einer Enthaltung die einmalige Erhöhung der Nettoposition in der Bilanz um 5 Mio. Euro auf 21 Mio. Euro. Die Mittel sollen aus dem Ergebnis 2006 und 2007 in Höhe von 4.373.372,77 Euro sowie in Höhe von 626.627,23 Euro aus dem eventuellen Ergebnis 2008 verwendet werden.“

31

Zudem widersprechen die von der Beklagten vorgelegten Bilanzen der Annahme einer bloßen Anpassung der Nettoposition aufgrund von (Wert-)Veränderungen des Immobilienvermögens. Aus den Bilanzen geht keine Veränderung des unbeweglichen Sachanlagevermögens hervor, die der Erhöhung der Nettoposition um 5 Millionen Euro entspräche. Die Sachanlagen (Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken sowie andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung) beliefen sich zum 1. Januar 2006 auf rund 7,71 Millionen Euro. Zum 31.12.2006 war der Posten auf rund 7,92 Millionen Euro angewachsen. Zum 31.12.2007 betrug das Sachanlagevermögen der Beklagten ausweislich der Bilanz zum 31.12.2007 vom 29. August 2008 8,97 Millionen Euro und zum 31.12.2008 laut der Bilanz vom 4. Mai 2009 rund 8,87 Millionen Euro. Vom 1. Januar 2006 bis zum 31.12.2008 war also eine Erhöhung des Sachanlagevermögens um lediglich rund 1,16 Millionen Euro zu verzeichnen. Dagegen stieg das in der Bilanz ausgewiesene Finanzanlagevermögen im gleichen Zeitraum von rund 33,83 Millionen Euro (1.1.2006) auf rund 46,18 Millionen Euro (31.12.2008), also um 12,35 Millionen Euro.

32

Darüber hinaus ergibt sich aus der Bilanz zum 31. Dezember 2008 vom 4. Mai 2009, dass die Nettoposition nach der Erhöhung vom 26. November 2008 mit einer Summe von 21 Millionen Euro erheblich höher war als das mit rund 7,5 Millionen Euro ausgewiesene Immobilienvermögen (Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken). Es ist deshalb davon auszugehen, dass der weit überwiegende Teil der Nettoposition der Beklagten gerade nicht - wie es auch § 15a Abs. 1 des neuen Muster-Finanzstatuts der Industrie- und Handelskammern vorsieht (vgl. dazu Jahn, GewArch 2014, 64 [66]) - im Wesentlichen dem unbeweglichen Sachanlagevermögen entsprach. Vielmehr handelte es sich offenkundig in erheblichem Umfang um Kapital, welches nicht - auch nicht in Gestalt von Sachanlagen - für die gesetzlichen Aufgaben der Beklagten benötigt wurde, also in diesem Sinne um „freies“ Kapital.

33

Der Beklagten hätte es frei gestanden, mit den Gewinnen z.B. eine zweckgebundene Immobilienrücklage zu bilden, um einen etwaigen späteren Immobilienerwerb zu finanzieren. Die von ihr praktizierte, zweckfreie Ansammlung des Gewinns ohne eine Einbeziehung in die Haushalts- bzw. Wirtschaftsplanung war indessen mit § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G unvereinbar. Damit lag zugleich eine Überschreitung des grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraums vor, der der Beklagten bei der Aufstellung ihres Wirtschaftsplanes zukommt (vgl. OVG RP, Urteil vom 20. September 2010 - 6 A 10282/10.OVG -, juris Rn. 73).

34

c) Liegt danach ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 IHK-G vor, so ist dieser im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid auch rügefähig. Der Senat geht zwar in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass die Aufgabenüberschreitung einer IHK im Rahmen einer Anfechtung des Beitragsbescheides nicht gerügt werden kann (vgl. hierzu bereits OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 -, juris Rn. 16 ff.). Diese Rechtsprechung ist aber auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn die Klägerin beanstandet im Rahmen der Beitragsanfechtung nicht konkrete Ausgaben für bestimmte Tätigkeiten, die während eines abgelaufenen Beitragsjahres erfolgt sind. Vielmehr geht es um die umgekehrte Frage, ob und in welcher Höhe die Beklagte Beiträge erheben durfte, obwohl ihr Gewinne aus den Vorjahren für die Finanzierung ihrer gesetzlich vorgesehenen Tätigkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Anders als im Falle der Rüge etwaiger unzulässiger Ausgaben ist das beanstandete Vermögen im vorliegenden Fall - als Teil der Nettoposition - auch noch vorhanden. Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Rüge unzulässiger Vermögensbildung ohne Weiteres für zulässig und sie lediglich im konkreten Fall wegen der Angemessenheit der beanstandeten Rücklagen als unbegründet erachtet (vgl. Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45/87 -, juris, Rn. 20).

35

Nach alledem ist die Klägerin durch die unterbliebene Verwendung des Gewinnes aus dem Jahr 2006 im Rahmen der Wirtschaftsplanung für das Jahr 2008 anteilig in Höhe der auf ihren Beitrag entfallenden unzulässigen Mehrbelastung im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO beschwert.

36

d) Die rechtswidrig unterbliebene Einbeziehung des Gewinnes aus dem Jahr 2006 in den Erfolgsplan für das Jahr 2008 führt zur Aufhebung des Beitragsbescheides in Bezug auf das Jahr 2008 in vollem Umfang des auf die Klägerin entfallenden Beitrags. Die Verwaltungsgerichte sind zwar grundsätzlich gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verpflichtet selbst festzustellen, in welcher Höhe ein rechtswidriger Abgabenbescheid aufrechterhalten bleiben kann, und dürfen diesen nur aufheben, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Die Verpflichtung zur Spruchreifmachung bezieht sich, wie aus der Einschränkung im Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO („soweit“) folgt, auch darauf, den Abgabenbescheid gegebenenfalls nur hinsichtlich eines Teilbetrags in bestimmter Höhe zu bestätigen und die Klage hinsichtlich des überschießenden Betrags abzuweisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2008 - 9 B 2/08 - NVwZ 2009, 253 [254]). Dies gilt aber nur, soweit der zutreffende Betrag der Höhe nach konkret bezifferbar und daher ein von dem Kläger in jedem Fall geschuldeter Beitrag in bestimmter Höhe zu ermitteln ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2008 - 9 B 2/08 - NVwZ 2009, 253 [254 f.]). Hieran fehlt es, wenn eine neue behördliche Ermessensentscheidung oder die Ausübung eines Gestaltungsspielraums erfolgen müsste (vgl. entsprechend zur fehlerhaften Abschnittsbildung im Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1974 - IV C 9.73 - BVerwGE 47, 64, juris Rn. 17).

37

So verhält es sich hier. Die Beschwer der Klägerin kann seitens des Senats nicht etwa durch eine einfache proportionale Vergleichsrechnung unter Berücksichtigung des Jahresergebnisses 2006 festgestellt werden. Die Beiträge der Mitglieder der Beklagten setzen sich nämlich nach Maßgabe der Wirtschaftssatzung der Beklagten aus Grundbeiträgen und Umlagen zusammen, wobei die Grundbeiträge in Abhängigkeit von dem Gewerbeertrag des Mitglieds gestaffelt sind (vgl. § 3 Abs. 3 IHK-G). Hiernach liegt die Entscheidung, in welcher Höhe und Relation die Grundbeiträge und/oder der Umlagesatz unter Zugrundelegung eines ordnungsgemäßen Erfolgsplans zu reduzieren sind, im Bereich des Gestaltungsspielraums der Beklagten. Insoweit bedarf es einer Korrektur der Beitragssätze für das Jahr 2008 durch die Vollversammlung der Beklagten, selbst wenn sich diese Neubestimmung aufgrund der eingetretenen Bestandskraft der Beitragsbescheide der anderen Mitglieder - soweit ersichtlich - tatsächlich nur auf die Klägerin auswirken mag. Vor diesem Hintergrund ist die Beitragserhebung für das Jahr 2008 im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage in vollem Umfang aufzuheben. Die Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin liegt hier unter den gegebenen Umständen nämlich bereits darin, dass ein fehlerhafter Beitragsbescheid in ihre Rechtssphäre eingreift und von ihr eine Geldleistung fordert, die der Bescheid in rechtswidriger Weise bestimmt (vgl. entspr. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1974 - IV C 9.73 - BVerwGE 47, 64, juris Rn. 17).

38

2. In Bezug auf das Jahr 2007 ist der angefochtene Beitragsbescheid in Höhe weiterer 766,91 € ebenfalls rechtswidrig, weil der Gewinn aus dem letzten kameral geführten Haushalt (2005) in Höhe von 1.750.507,16 € zu Unrecht im Rahmen des Erfolgsplanes vom 29. November 2006 mit „0,-- Euro“ in Ansatz gebracht wurde.

39

Auch insoweit gilt nach den bereits oben (1.b) ausgeführten Maßstäben, dass die Beklagte sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, diesen Überschuss im Rahmen der Eröffnungsbilanz 2006 in der Nettoposition ausgewiesen zu haben. Denn auch im doppischen Haushalt ist für den Erfolgsplan ebenso wie für die Erfolgsrechnung der Gliederungspunkt „Ergebnisvortrag“ vorgesehen; an dieser Stelle hätte sich der Gewinn aus dem Jahr 2005 - anders als bei seiner Zuführung zur Nettoposition - beitragsmindernd ausgewirkt. Bezeichnenderweise haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, der kameral ausgewiesene Überschuss 2005 habe als Barkapital zur Verfügung gestanden.

40

Indem der Überschuss aus dem Jahr 2005 anlässlich der Umstellung auf die doppische Haushaltsführung statt dessen der Nettoposition - und damit einem grundsätzlich unveränderlichen, der jährlichen Erfolgsplanung und damit auch der Beitragskalkulation entzogenen Posten - zugeführt wurde, wurde auch insoweit die prinzipielle Unverfügbarkeit der betreffenden Finanzmittel für die künftige Tätigkeit und die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten festgelegt.

41

Der Einwand der Beklagten, die Nettoposition definiere sich rechnerisch als „Saldo aus der Summe aller Vermögenspositionen und der Summe aller Kapitalpositionen“ dar, greift nicht durch. Ausweislich der Standards für die staatliche doppelte Buchführung (Standards staatlicher Doppik) nach § 7a HGrG in Verbindung mit § 49a HGrG (Stand: 23. Oktober 2013) - die jedenfalls als Orientierung herangezogen werden können - ist bei der Gliederung im Rahmen des Eigenkapitals zwischen der Nettoposition (Passiva, Gliederungspunkt A.I.) und dem Gewinnvortrag (Passiva, Gliederungspunkt A.IV.) zu unterscheiden. Dementsprechend definiert sich die Nettoposition im engeren Sinne als Eigenkapital abzüglich der Rücklagen abzüglich des Ergebnisvortrags. Die bloße Umstellung der Rechnungslegung von der Kameralistik auf Doppik befreite die Beklagte dabei nicht von der aus § 3 Abs. 2 IHK-G folgenden Verpflichtung, den kameral erwirtschafteten Überschuss im nächstmöglichen Haushaltsjahr zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben einzusetzen oder eine teilweise Rückerstattung der Beiträge vorzunehmen. Auch auf das formal-begriffliche Argument, für den Neubeginn des doppischen Systems müsse - da gewissermaßen die Neugründung eines Unternehmens fingiert wird - der Ergebnisvortrag zwangsläufig mit „Null“ angesetzt werden, kann sich die Beklagte vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Verpflichtung zur Verwendung des Überschusses nicht zurückziehen. Denn die Grundsätze des § 3 Abs. 2 IHK-G - die eine Verwendung für die gesetzlichen Aufgaben der Beklagten oder Rückerstattung an die Beitragszahler geboten - konnten mit der bloßen Umstellung der Rechnungslegung nicht außer Kraft gesetzt werden.

42

Nach alledem hätten in dem Erfolgsplan für das Jahr 2007 die Beiträge nicht mit 13.933.900 € in Ansatz gebracht werden dürfen, sondern - um ein neutrales Gesamtergebnis zu erzielen - nur mit 12.183.393 €. Der Beitragsbescheid ist vor diesem Hintergrund in Bezug auf das Jahr 2007 in vollem Umfang aufzuheben, weil es, wie bereits unter 1.d) näher dargelegt, der Vollversammlung der Beklagten obliegt, über die Art und Weise der Reduktion der gestaffelten Beiträge zu entscheiden.

43

3. Im Übrigen - das heißt in Bezug auf die Beiträge für die Jahre 2005 und 2006 - ist die Klage unbegründet. Insoweit ist sie unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

44

Das gilt zunächst im Hinblick auf die grundsätzliche Beitragspflicht der Klägerin und die Zwangsmitgliedschaft unter verfassungs- und unionsrechtlichen Gesichtspunkten. Insoweit hat der Senat bereits in früheren Entscheidungen ausgeführt, dass die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer weder gegen Verfassungsrecht, noch gegen Unionsrecht verstößt (vgl. ausführlich OVG RP, Urteil vom 20. September 2010 - 6 A 10282/10.OVG -, juris Rn. 32 ff.). Hieran wird erneut festgehalten und zur Begründung auf die seinerzeitigen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

45

Auch die weiteren Einwände der Klägerin gegen die Höhe der Beiträge greifen nicht durch. Dies gilt insbesondere für die Rüge unzulässiger Rücklagenbildung. Eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung ist im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid allenfalls insoweit möglich, als die erhobenen Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise auf einer geplanten Zuführung zu den Rücklagen beruhen. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer nach Maßgabe des Wirtschaftsplans (bis 31.12.2007: des Haushaltsplans) durch Beiträge aufgebracht. Grundlage für die Beurteilung der gerügten Vermögensbildung durch die Beklagte im Hinblick auf den angefochtenen Beitragsbescheid sind daher nicht die Erfolgsrechnungen oder Bilanzen, sondern die Pläne, da allein auf deren Grundlage die Beitragserhebung erfolgt. Damit sind die Kammermitglieder in Bezug auf das sonstige Handeln der Beklagten nicht rechtsschutzlos gestellt. Vielmehr kann ein einzelnes Kammermitglied seinen Anspruch auf Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Grenzen der Kammertätigkeit im Wege einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage geltend machen (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 -, juris Rn. 16 ff.),

46

Nach Maßgabe der Haushalts- bzw. Erfolgspläne war jedoch im gesamten umstrittenen Zeitraum (2005 – 2008) keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant. Die Frage der Zulässigkeit der Höhe der Liquiditätsrücklage stellt sich daher im vorliegenden Verfahren nicht, da es insoweit jedenfalls an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehlt. Zudem finden sich - im Unterschied zu der oben unter 1. und 2. dargelegten unterbliebenen Einbeziehung der Gewinne aus den Vorjahren in die Erfolgspläne - in Bezug auf die Liquiditätsrücklage auch keine unzutreffenden Angaben in den der Beitragserhebung zugrunde liegenden Erfolgsplänen.

47

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob sich die Rüge unzulässiger Rücklagenbildung in Bezug auf die Liquiditätsrücklage durch die neue Satzungslage ohnehin prozessual erledigt hat, weil die Liquiditätsrücklage - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bekundet hat - bis zum 31.12.2018 abgeschmolzen werden soll.

48

In Bezug auf die von der Klägerin ebenfalls beanstandete Ausgleichsrücklage sah lediglich der Erfolgsplan für das Jahr 2007 eine Zuführung in Höhe von 136.500,-- € vor. Da indessen der angefochtene Bescheid in Bezug auf das Jahr 2007 bereits aus den unter 1.d). dargelegten Gründen der vollständigen Aufhebung unterliegt, kommt es auf die Zulässigkeit dieser geplanten Zuführung zur Ausgleichsrücklage nicht mehr an. Ergänzend weist der Senat aber darauf hin, dass die geplante Höhe der Ausgleichsrücklage für das Jahresende 7.805.500,-- € betrug, sie sich also auf unter 50 % des geplanten Betriebsaufwandes belief (50 % von 16.091.900,-- € = 8.045.950,-- €). Zur Zulässigkeit von Ausgleichsrücklagen in dieser Höhe hat der Senat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt, der vorgesehene Umfang der Rücklage in Höhe von bis zu 50 % erscheine nicht unangemessen. Denn ein um mehrere Monate verzögerter Beitragseingang sei nicht ungewöhnlich, so dass die entsprechenden Guthaben dazu dienten, in einem solchen Fall kostspielige Kassenkredite zu vermeiden (vgl. OVG RP, Urteil vom 20. September 2010 - 6 A 10282/10.OVG -, juris Rn. 80). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der Argumente der Klägerin weiter fest.

49

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.

50

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

51

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

52

Beschluss

53

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.169,88 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 8.225,70 € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg

Nr. W 6 K 14.369

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 29. April 2015

6. Kammer

Sachgebiets-Nr: 412

Hauptpunkte:

IHK-Beitrag; Grundbeitrag; hinreichende Bestimmtheit; Gesamtinteresse; Wahlgruppen; Äquivalenzprinzip;

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ...

zu 1 bis 3 wohnhaft: ...

- Kläger -

zu 1 bis 3 bevollmächtigt: ...

gegen

IHK ...

vertreten durch den Präsidenten u.den HGF M-str. ..., W.

- Beklagte -

wegen Industrie- und Handelskammerbeitrags,

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg, 6. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Weinmann, die Richterin am Verwaltungsgericht Jeßberger-Martin, den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Müller, den ehrenamtlichen Richter Sturm, die ehrenamtliche Richterin Sch. aufgrund mündlicher Verhandlung am 29. April 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die Heranziehung zu IHK-Beiträgen.

1. Am 26. Januar 2009 wurde die ... GbR (Klägerin zu 1)) durch ihre beiden Gesellschafter ... und ... (Kläger zu 2) und 3)) beim Markt W... mit dem Gewerbe „Handel mit Pflanzen und gärtnerischen Artikeln, Anlegen von Hausgärten, Bau von Beregnungsanlagen“ angemeldet.

Mit Bescheid vom 21. März 2014 zog die Beklagte die „... und ... GbR ...straße 10 9...“ für das Jahr 2014 aufgrund vorläufiger Veranlagung zu einem Beitrag von 650,82 EUR heran. Dabei berechnet sich der IHK-Beitrag aus einem Grundbeitrag von 240,00 EUR und einer Umlage in Höhe von 410,82 EUR aus einer Bemessungsgrundlage des Gewerbeertrags für 2011 von 272.100,00 EUR abzüglich eines Freibetrags von 15.340,00 EUR und unter Bezugnahme auf einen Hebesatz von 0,160%. Zur Begründung wurde angegeben, dass gemäß §§ 2 und 3 Abs. 2-5 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 in der jeweils geltenden Fassung (IHKG) sowie der Beitragsordnung und der von der Vollversammlung jährlich beschlossenen Wirtschaftssatzung der IHK für das laufende Jahr und für Vorjahre die Veranlagung zu den umseitig aufgeführten Beiträgen durchgeführt werde.

2. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 10. April 2014, eingegangen bei Gericht am nächsten Tag ließen die Kläger Klage erheben, mit dem

Antrag,

den Bescheid der Industrie- und Handelskammer

... vom 21. März 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgebracht, dass der streitgegenständliche Bescheid bereits formell unwirksam, weil nicht hinreichend bestimmt sei. Zur hinreichenden Bestimmtheit gehöre auch die Angabe der Rechtsgrundlage. Hier werde aber lediglich Bezug genommen auf die Beitragsordnung und die Wirtschaftssatzung. Auf welche Fassung der Beitragsordnung sich der Bescheid stütze bzw. für welches Geschäftsjahr die Wirtschaftssatzung erlassen worden sei, werde aber im Bescheid nicht mitgeteilt. Kämen verschiedene Rechtsgrundlagen in Betracht, könne nicht nachvollzogen werden, auf welcher Basis der Bescheid ergangen sei. Zudem sei der Bescheid auch materiell rechtswidrig. Denn nach § 1 IHKG sei es Aufgabe der Beklagten, das Gesamtinteresse der Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen und für die Wirtschaftsförderung zu wirken. Eine Pflichtmitgliedschaft sei nur dann gerechtfertigt, wenn die Beklagte ihre Aufgaben nach § 1 IHKG erfülle. Die wirtschaftlichen Interessen des Garten- und Landschaftsbaus einschließlich Baumschule würden aber von der Beklagten überhaupt nicht abgedeckt. Damit könnten sie auch nicht abgewogen und ausgleichend berücksichtigt werden. Die Belange des Landschafts- und Gartenbaus würden auch von keinem anderen Ressort mit abgedeckt. Dies zeige sich auch beispielhaft an der Wahlgruppe VII, bei der die sonstigen Dienstleistungen beschrieben seien. Der Gartenbaubetrieb der Klägerin zu 1) lasse sich mit den dort genannten beispielhaft aufgezeigten Gewerbetreibenden nicht vergleichen. Damit komme sie auch nicht in „Ressortnähe“ und berühre das Aufgabenfeld, das die Beklagte abdecke, nicht. Mithin sei aber eine Inanspruchnahme der Klägerin zu 1) rechtswidrig.

3. Die Beklagte

beantragte,

die Klage abzuweisen.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid sei die Klägerin zu 1) zum IHK-Beitrag für den Veranlagungszeitraum 2014 vorläufig herangezogen worden. Dieser Bescheid sei formell und materiell rechtmäßig. Die Klägerin zu 1) sei als Personenmehrheit aufgrund ihrer Gewerbesteuerpflichtigkeit gemäß § 2 Abs. 1 IHKG unstreitig Mitglied der Beklagten. Eine Rechtfertigung für die Mitgliedschaft, wie von den Klägern vorgetragen, habe der Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen. Im Übrigen vertrete die Beklagte das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft und somit auch die Interessen der Kläger. Unabhängig hiervon sei die Einteilung in Wahlgruppen, die lediglich dazu diene, eine gerechte Proporzverteilung der Sitze in der Vollversammlung herzustellen und das tatsächliche Gewicht einzelner Branchenzweige im Kammerparlament nachzubilden. Bei der Klägerin zu 1) liege eine ganz klassische Mischung aus Einzelhandel (Pflanzen und gärtnerische Artikel) sowie Dienstleistung (Gartenanlage und der Beregnungsbau) vor. Die Klägerin sei somit in den Kernbereichen der Industrie- und Handelskammer einzuordnen und keinesfalls als „Randgruppe ohne Ressortnähe“. Das gewerberechtlich gemeldete Tätigkeitsfeld (Handel und Dienstleistung) sei demnach in breiter Masse in der Vollversammlung vertreten und werde auch in den Gremialausschüssen abgedeckt. Der Verwaltungsakt erfülle auch das materiellrechtliche Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit. Hierfür sei notwendig, dass der Adressat den Regelungsinhalt des Bescheids erkennen könne. Dies sei hier die Aufforderung zur Zahlung des festgesetzten Kammerbeitrags. Die Rechtsgrundlage des § 3 IHKG sei durch einen Verweis auf Seite 1 und eine ausführliche Darstellung auf Seite 2 des Bescheids angegeben. Es werde auf die jeweils zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses geltende Fassung hingewiesen. Zudem sei für einen verständigen Dritten ersichtlich, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen die Normen jeweils in der zum Zeitpunkt des Erlasses gültigen Fassung Anwendung finden würden.

4. In der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2015 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert; auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage aller drei Kläger ist (wohl) zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klage, deren Streitgegenstand der Beitragsbescheid der Beklagen vom 21. März 2014 hinsichtlich der vorläufigen Veranlagung für das Jahr 2014 i. H. v. 650,82 EUR ist, ist wohl hinsichtlich aller drei Kläger zulässig.

Die Klägerin zu 1) ist beteiligungsfähig nach § 61 Nr. 2 VwGO, da es sich bei ihr um eine Vereinigung handelt, der ein Recht zustehen kann. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im Rechtsverkehr grundsätzlich, soweit nicht spezielle Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition einnehmen. Soweit sie in diesem Rahmen eigene Rechte und Pflichten begründet, ist sie, ohne juristische Person zu sein, rechtsfähig (vgl. BGH, U.v. 29.1.2001 - II ZR 331/00 - BGHZ 146, 341). Erkennt man die Fähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, kann ihr die Beteiligtenfähigkeit nicht abgesprochen werden.

Zwar sind die Kläger zu 2) und 3) nicht Adressaten des belastenden Verwaltungsakts, sondern allein die Klägerin zu 1). Es dürfte dennoch von ihrer Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) auszugehen sein, da auch die Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wohl geltend machen können, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Letztlich kann dies aber auch im hiesigen Verfahren offen bleiben, weil die Klage jedenfalls unbegründet ist.

2. Die Anfechtungsklage aller drei Kläger ist unbegründet, da der Beitragsbescheid der Beklagten vom 21. März 2014 rechtmäßig ist und die Kläger nicht hierdurch in ihren Rechten verletzt sind (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer ... gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 IHKG und § 1 Abs. 2 der am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Beitragsordnung der Beklagten Grundbeiträge und Umlagen.

Nach § 3 Abs. 3 Satz 3 IHKG, § 5 Abs. 1 der Beitragsordnung der Beklagten und Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2014 sind die nicht in das Handelsregister eingetragenen natürlichen Personen und Personengesellschaften, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Betrag aus Gewerbebetrieb 5.200,00 EUR nicht übersteigt, vom Beitrag freigestellt. Diese Beitragsfreistellungsgrenze hat die Klägerin zu 1) im Jahr 2011 überschritten, da die Einkünfte aus Gewerbebetrieb 272.100,00 EUR betrugen. Gemäß Abschnitt II Nr. 2.3 der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2014 ist von allen IHK-zugehörigen mit einem Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb, von 250.000,01 EUR bis 500.000,00 EUR ein Grundbeitrag von 240,00 EUR zu erheben. Genauso ist dies mit Bescheid der Beklagten vom 21. März 2014 erfolgt.

Auch die vorläufige Veranlagung für das Jahr 2014 ist nicht zu beanstanden. Nach § 16 der Beitragsordnung der Beklagten und nach Abschnitt II Nr. 5 der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2014 wird, soweit ein Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb für das Geschäftsjahr nicht bekannt ist, eine Vorauszahlung des Grundbeitrags und der Umlage auf die Beitragsschuld auf der Grundlage des letzten der Beklagten vorliegenden Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb erhoben. Dies ist im vorliegenden Fall das Jahr 2011. Nach Abschnitt II Nr. 2.3 der Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2014 beträgt der Grundbeitrag 240,00 EUR (s.o.). Nach Abschnitt II Nr. 3 Satz 1 der Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2014 beträgt die Umlage 0,16% des Gewerbeertrags, hilfsweise Gewinns aus Gewerbebetrieb des Jahres 2014, abzüglich eines Freibetrags von 15.340,00 EUR. Dies sind 410,82 EUR.

Die Pflichtmitgliedschaft der Klägerin zu 1) bei der Beklagten ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Auch die Verknüpfung der Pflichtmitgliedschaft mit der in § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG begründeten Beitragslast ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, B.v. 7.12.2001 - 1 BvR 1806/98 - NVwZ 2002, 111; BVerwG, U.v. 21.7.1998 - 1 C 32/97 - BVerwGE 107, 169).

2.2. Soweit die Klägerseite die fehlende hinreichende Bestimmtheit des streitgegenständlichen Bescheids rügt, kann sich dem die Kammer nicht anschließen.

Ein Verwaltungsakt muss hinreichend bestimmt sein (Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG). Dies ist aber keine Frage der formellen, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit. Hinreichende Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung, der Entscheidungssatz, gegebenenfalls im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen, für die Beteiligten, insbesondere für den Adressaten des Verwaltungsaktes so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach richten können. Der Entscheidungssatz muss aus sich heraus verständlich sein (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl. 2014, § 37 RdNrn. 5, 12).

Dies ist vorliegend der Fall, denn hier ist ohne weiteres erkennbar, zu welcher Leistung die Klägerin zu 1) herangezogen wird, nämlich zur Erbringung eines Beitrags für das Jahr 2014 aufgrund vorläufiger Veranlagung. Bei der - von Klägerseite gerügten - fehlenden Angabe der Rechtsgrundlage geht es aber nicht um die Frage des Entscheidungssatzes (Tenors), sondern um die Frage der Begründung. Die Angabe bzw. Nichtangabe der Rechtsgrundlage betrifft nämlich gerade nicht den Regelungsinhalt. Im Übrigen wurden die §§ 2 und 3 Abs. 2-5 IHKG sowie die Betragsordnung und die Wirtschaftssatzung in der Bescheidsbegründung als Rechtsgrundlage angegeben. Dass die aktuelle Fassung heranzuziehen ist, wenn nichts anderes erwähnt wird, versteht sich von selbst.

2.3. Soweit hierin ein Verstoß gegen die Begründungspflicht des Art. 39 BayVwVfG gerügt wird, kann dies der Klage ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Beklagte hat die Rechtsgrundlage angegeben (s.o. unter 2.2.). Die Begründung erweist sich auch als ausreichend. Im Übrigen ist eine Nachholung der Begründung im gerichtlichen Verfahren gemäß Abs. 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG möglich.

2.4. Auch die Rüge, dass wirtschaftliche Interessen der Kläger von der Beklagten nicht abgedeckt seien und somit deren Inanspruchnahme rechtswidrig sei, ist nicht erfolgreich. Im Einzelnen:

Nach § 1 Abs. 1 IHKG haben die Industrie- und Handelskammern die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Das Bundesverfassungsgericht ist in seinem Beschluss vom 7. Dezember 2001 (1 BvR 1806/91 - NVwZ 2002, 335) vom Bestehen eines Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft ausgegangen, dessen Vertretung Aufgabe der IHK ist. Auch das Bundesverwaltungsgericht ist in seinem Urteil vom 21. Juli 1998 (1 C 32/97 - BVerwGE 107, 169) davon ausgegangen, dass es ein Gesamtinteresse der Pflichtmitglieder der IHK trotz Unterschiedlichkeit der wirtschaftlichen Betätigungen und der Gegensätzlichkeit bestimmter Einzelinteressen gibt. Auch in einer späteren Entscheidung (U.v. 23.6.2010 - 8 C 20/09 - BVerwGE 137, 171) hat das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen eines Gesamtinteresses bejaht. Die Industrie- und Handelskammern müssten stets auf das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft ausgerichtet sein und dürften die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe lediglich abwägend und ausgleichend berücksichtigen. Das Gesamtinteresse sei ein gewichtetes Ergebnis und damit weder eine Summe oder Potenzierung der Einzelinteressen noch ihr kleinster gemeinsamer Nenner. Seine Ermittlung obliege primär der Vollversammlung (vgl. BVerwG, U.v. 23.6.2010 - 8 C 20/09 - BVerwGE 137, 171). Das Gesetz verzichtet auf eine materielle Ausfüllung des Begriffs des Gesamtinteresses und überlässt dessen Definition der Beschlussfassung der Vollversammlung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 IHKG), mit der Maßgabe, dass etwa divergierende wirtschaftliche Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe dabei abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen sind.

Um das Gesamtinteresse der Kammerzugehörigen definieren zu können, sind die Kammerzugehörigen nach § 5 Abs. 3 Satz 2 IHKG in besondere Wahlgruppen einzuteilen, wobei unter anderem die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen zu berücksichtigen ist (vgl. BayVGH, U.v. 17.11.1999 - 22 B 99.1063 - juris).

Aus dem Umstand, dass das Gewerbe der Klägerin zu 1) „Handel mit Pflanzen und gärtnerischen Artikeln, Anlegen von Hausgärten, Bau von Beregnungsanlagen“ nicht explizit in einer Fallgruppe der Wahlgruppen für die IHK-Vollversammlung genannt ist, folgt aber nicht - wie der Klägerbevollmächtigte meint -, dass die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin nicht abgedeckt wären. Vielmehr liegt der Sinn der Gruppenwahl darin, die Vollversammlung zu einem Spiegelbild der tatsächlichen Wirtschaftsstruktur zu machen (vgl. Frentzel/Jäkel/Junge, IHKG, 7. Auflage, § 5, Rd.Nr. 44).

2.5. Soweit die Kläger rügen, dass hier Leistung und Gegenleistung in keinem Verhältnis zueinander stünden, genauer die Klägerin zu 1) 600,00 EUR pro Jahr bezahle, ohne eine Gegenleistung von der Beklagten zu erhalten, kann sie damit ebenfalls nicht durchdringen.

Hierin kann kein Verstoß gegen das Aquivalenzprinzip gesehen werden, wonach die Höhe eines Beitrags nicht in einem Missverhältnis zu dem Vorteil stehen darf, den er abgelten soll und einzelne Mitglieder nicht im Verhältnis zu anderen übermäßig hoch belastet werden dürfen. Denn der Vorteil, für den der Beitrag die Gegenleistung ist, besteht darin, dass die Kammer die ihr übertragenen Aufgaben erfüllt, insbesondere das Gesamtinteresse der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrnimmt und für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft wirkt. Der Vorteil dieser Interessenvertretung kommt allen Mitgliedern zugute (vgl. BVerwG, U.v. 26.06.1990 - 1 C 45.87 - GewArch. 1990, 398). Der Grundbeitrag findet daher seine Rechtfertigung in dem allen Kammerzugehörigen zukommenden Vorteil, der in der Kammervertretung als solcher besteht (vgl. BVerwG, U.v. 21.3.2000 - 1 C 15.99 - juris). Ein die Beitragspflicht rechtfertigender Vorteil kann selbst dann vorhanden sein, wenn der Nutzen der von IHK erbrachten Tätigkeit für das einzelne Mitglied nicht messbar ist, sondern weitgehend nur vermutet werden kann (vgl. OVG Koblenz, U.v. 20.9.2010 - 6 A 10282/10 - juris; VGH Mannheim, B.v. 15. 5.2000 - 14 S 353/00, NVwZ 2000, 1313).

3. Nach allem konnte die Klage keinen Erfolg haben und war mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 650,82 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 3 GKG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 4 K 14.01151

Im Namen des Volkes

Urteil

Verkündet am 28. Mai 2015

rechtskräftig: ...

4. Kammer

gez. ..., Stv. Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Sachgebiets-Nr.: 0412

Hauptpunkte: Beitragspflicht bei der IHK;

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

gegen

Industrie- und Handelskammer ...

vertreten durch den Präsidenten ...

- Beklagte -

wegen Rechts der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 4. Kammer, durch den Einzelrichter ..., Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dr. Walk, aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Mai 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.

3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Mitgliedsbeiträgen durch die Industrie- und Handelskammer ... (IHK).

Mit Beitragsbescheid der IHK vom 30. Juni 2014 setzte die IHK einen Beitrag für das Jahr 2012 sowie einen vorläufigen Beitrag für das Jahr 2014 in Höhe von jeweils 60,00 EUR für den Kläger fest. Laut der zugrunde liegenden Abrechnung handelte es sich dabei um den Grundbeitrag, ein Umlagebeitrag wurde nicht erhoben, da der Jahresgewinn beim Kläger unter dem Freibetrag von 15.340,00 EUR pro Jahr lag.

Mit am 10. Juli 2014 beim Gericht eingegangenem Schreiben erhob der Kläger Klage gegen die IHK und führte aus, er sei nicht Mitglied bei der IHK, daher habe er auch keinerlei Unterlagen, um dies zu belegen. Deshalb werde er auch den Beitrag von 120,00 EUR nicht zahlen, da er keine Leistungen von der IHK erhalten habe.

Mit Schreiben vom 17. September 2014 beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe zum 7. April 2011 ein Gewerbe „Einzelhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren, ohne ausgeprägten Schwerpunkt“ angemeldet. Er sei deshalb kraft Gesetzes nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG i. V. m. § 1 der Beitragsordnung der Beklagten sowie deren Wirtschaftssatzung Mitglied bei der Beklagten. Der Kläger sei im Jahr 2011 kammerzugehörig geworden, ohne dass es einer Anmeldung bedurft hätte. Aus der Zugehörigkeit zur Beklagten ergebe sich die Beitragspflicht. Ob der Kläger Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen habe, sei nicht relevant, da er jedenfalls diese Leistungen hätte in Anspruch nehmen können. In der Anlage wurde die Wirtschaftssatzung der IHK jeweils für die Geschäftsjahre 2012 und 2014 sowie der Beitragsbescheid vom 30. Juni 2014 vorgelegt. Der Kläger wurde durch den Bescheid aufgefordert 120,00 EUR zu zahlen.

Mit Schreiben vom 9. Oktober 2014 teilte der Kläger auf Anfrage des Gerichts mit, dass er die Klage weiterverfolgen wolle, da er seit 2012 jedenfalls kein Mitglied der IHK mehr sei. Er habe auch seit Anfang 2012 kein Mitgliedsheft von der IHK mehr erhalten, deshalb weigere er sich einen Mitgliedsbeitrag zu leisten. Er würde dies höchstens für das Jahr 2011 einsehen, da er damals anscheinend automatisch als Mitglied eingeschrieben worden sei bei der Eröffnung seines Geschäfts. Doch habe er Ende 2011 das Mitgliedsheft abbestellt und seit Anfang 2012 bis heute auch kein weiteres Heft mehr erhalten. Es wundere ihn weiter, dass er neben den Gebühren für 2012 und 2014 nicht auch für das Jahr 2013 in Anspruch genommen werde, es könne sich nur um einen Fehler der IHK handeln.

Mit Beschluss der Kammer vom 9. März 2014 wurde der Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter übertragen. In der mündlichen Verhandlung am 14. April sowie 28. Mai 2015 war der Kläger nicht erschienen.

Mit Schriftsatz vom 14. April 2015 führte die Beklagte aus, der Kläger sei kein Existenzgründer im Sinn des § 3 Abs. 3 Satz 4 IHKG, sondern habe bereits vor 2011 diverse Gewerbean- und -abmeldungen vorgenommen. Das letzte Gewerbe habe er zum 31. März 2009 abgemeldet, die Neuanmeldung für das gegenständliche Gewerbe sei dann am 7. April 2011 erfolgt, deshalb sei eine Beitragsbefreiung für das Jahr 2012 hier nicht gegeben. Die Beitragsverpflichtung für die Jahre 2011 und 2013 entfalle bisher, da die Gewerbeerträge des Klägers jeweils unter der Freigrenze des § 3 Abs. 3 Satz 3 IHKG verblieben seien. Für diese Jahre erhalte der Gewerbetreibende dann jeweils auch keinen Bescheid. In der Anlage wurde die Kopie der Gewerbeabmeldung bei der Stadt ... für das Gewerbe „Werbevermittlung, Werbeberatung, Werbeagentur“ durch den Kläger zum 31. März 2009 vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, wegen der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage der Heranziehung zu Beiträgen durch die Beklagte ist § 3 Abs. 2, 3 IHKG i. V. m. der Beitragsordnung und der Wirtschaftssatzung der IHK ... für die Geschäftsjahre 2012 und 2014. Danach werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß der Beitragsordnung aufgebracht (§ 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG). Die Kammerzugehörigkeit des Klägers ergibt sich aus § 2 Abs. 1 IHKG. Der Kläger ist als natürliche Person, die im Bezirk der Beklagten eine Betriebsstätte unterhält und (dem Grunde nach) zur Gewerbesteuer veranlagt wird, Kammerzugehöriger der Beklagten. Soweit der Kläger demgegenüber einwirft, er sei „aus der IHK ausgetreten“, indem er das „Mitgliedsheft“ abbestellt habe, so steht das der Beitragspflicht nicht entgegen. Denn die Mitgliedschaft in der IHK tritt kraft Gesetzes ein und obliegt nicht Dispositionsbefugnis des Klägers.

Die Pflichtmitgliedschaft des Klägers bei der Beklagten verstößt nach Auffassung des Gerichts ebenso wenig gegen Verfassungsrecht wie die Beitragserhebung durch die Beklagte. Ein Verstoß gegen die Vorgaben des Grundgesetzes, insbesondere gegen Art. 9 GG, ist nicht gegeben. Das Gericht folgt insoweit der ständigen obergerichtlichen bzw. verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung, die die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtzugehörigkeit zur IHK bejaht. Das Bundesverfassungsgericht hat eine gegen die Pflichtzugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer erhobene Verfassungsbeschwerde zuletzt mit Beschluss vom 7. Dezember 2001 (Az. 1 BvR 1806/98, juris) nicht zur Entscheidung angenommen. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 4. September 2012 (22 ZB 11.1007) die Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft und die Beitragserhebung durch die Industrie- und Handelskammer mit Verfassungs- und Europarecht bejaht.

Soweit der Kläger weiter einwendet, dass er keine Leistungen von der IHK erhalten habe und erhalte, so steht dies der Mitgliedschaft und der Beitragspflicht nicht entgegen, da es dem Kläger freisteht, die umfangreichen Angebote der IHK für ihre Mitglieder in Anspruch zu nehmen oder nicht.

Der Kläger fällt auch nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 3 IHKG, da sein Jahresgewinn 2012 laut Angaben im Bescheid der Beklagten, denen der Kläger nicht widersprochen hat, 11.074,00 EUR und damit mehr als 5.200,00 EUR betragen hat. Ebenso wenig kann der Kläger das sogenannte Existenzgründerprivileg in § 3 Abs. 3 Satz 4 IHKG i. V. m. II.1 Abs. 1 der Wirtschaftssatzung mit Anlage hierzu geltend machen, da der Kläger in den letzten fünf Jahren vor der hier gegenständlichen Gewerbeanmeldung am 7. April 2011 zumindest ein weiteres Gewerbe, nämlich bis zum 31. März 2009, betrieben hat. Einwendungen gegen die konkrete Bemessung der Beitragshöhe werden mit der Klage nicht geltend gemacht, Anhaltspunkte für rechtliche Bedenken insoweit sind auch nicht ersichtlich, zumal für die Jahre 2012 und 2014 jeweils nur der Mindestgrundbeitrag festgesetzt wurde.

Damit war die Klage abzuweisen.

Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wurde gemäß § 52 Abs. 3 GKG festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 120,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Kammerzugehörige).

(2) Absatz 1 gilt für natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Land- oder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, nur, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind.

(3) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 der Handwerksordnung zur Handwerkskammer gehören, gehören mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer an.

(4) Absatz 1 gilt nicht für landwirtschaftliche Genossenschaften; als solche gelten im Sinne dieser Bestimmung

a)
ländliche Kreditgenossenschaften, deren Mitglieder überwiegend aus Landwirten bestehen;
b)
Genossenschaften, die ganz oder überwiegend der Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder der Versorgung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der Lagerung oder der Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, sofern sich die Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung im Bereich der Landwirtschaft hält;
c)
Zusammenschlüsse der unter Buchstabe b genannten Genossenschaften bis zu einer nach der Höhe des Eigenkapitals zu bestimmenden Grenze, die von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft durch Rechtsverordnung festgelegt wird.

(5) Absatz 1 gilt nicht für Gebietskörperschaften.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tenor

I.

Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 18. April 2013 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines Beitragsbescheids der Beklagten für das Jahr 2013.

Die Vollversammlung der Beklagten beschloss am 5. Dezember 2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013. Darin wurde der Wirtschaftsplan in der Plan-Gewinn- und Verlustrechnung mit einer Summe der Erträge in Höhe von 79.216.400,- Euro, einer Summe der Aufwendungen in Höhe von 89.857.200,- Euro und einem Verlustausgleich aus dem Gewinnvortrag i. H. v. 10.640.800,- Euro festgelegt. Weiter wurde u. a. ein Grundbeitrag für IHK-Zugehörige, die im Handelsregister eingetragen sind, mit einem Verlust oder einem Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb bis 100.000,- Euro von 150,- Euro bestimmt.

Mit Beitragsbescheid der Beklagten vom 18. April 2013 wurde die Klägerin für das Jahr 2013 vorläufig zu einem Grundbeitrag von 150,- Euro veranlagt.

Am 21. Mai 2013 erhob die Klägerin Klage gegen den Beitragsbescheid vom 18. April 2013. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, die von der Beklagten gebildeten Rücklagen würden gegen die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG verstoßen. Gemäß der Bilanz der Beklagten zum 31. Dezember 2011 habe deren Eigenkapital 165 Mio. Euro betragen, d. h. rund 236 v. H. des jährlichen Betriebsaufwands. Die sog. Nettoposition bzw. das Grundkapital i. H. v. 40 Mio. Euro in 2011 sei nicht erforderlich, da keine Insolvenz der Beklagten möglich sei. Der Bilanzgewinn aus 2011 i. H. v. über 44 Mio. Euro habe rückerstattet werden müssen, statt dem Eigenkapital zugeführt zu werden. Andere Rücklagen i. H. v. rund 48 Mio. Euro seien ebenfalls zu hoch. Das Finanzstatut der Beklagten sei nicht rechtskonform, wenn es eine solche Rücklagenbildung zulasse. Der Haushaltsplanung der Beklagten zugrunde liegende Prognosen würden hinsichtlich des Jahresüberschusses nie auch nur ungefähr eintreffen. Wegen unzutreffender Zahlen fehle eine Tatsachengrundlage für eine rechtmäßige Ermessensentscheidung der Vollversammlung der Beklagten. Für die Entwicklung der Höhe der Ausgleichsrücklage seien keine hinreichenden Gründe ersichtlich. Der Gewinnvortrag der Beklagten sei möglicherweise unzulässig, jedenfalls bei einem Volumen von fast 33 Mio. Euro ermessensfehlerhaft. Auch die Instandhaltungs- und Baurücklagen der Beklagten seien zweifelhaft. Die Beklagte verfüge zudem über Immobilienvermögen, das zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nicht benötigt werde.

Die Klägerin beantragt,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 18. April 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Beitragsbescheides seien § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2, 3 IHKG i. V. m. der Beitragsordnung und der Wirtschaftssatzung der Beklagten. Eine angemessene Rücklagenbildung sei nach der Rechtsprechung zulässig und widerspreche nicht den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Die Angemessenheit der Rücklagen lasse sich am Maßstab des Gesamthaushalts eher als am Jahresbeitragsaufkommen beurteilen. Das Stammkapital der Beklagten habe zum 31. Dezember 2011 rd. 40 Mio. Euro betragen. Die Ausgleichsrücklage in Höhe von 32,6 Mio. Euro im Jahr 2011 entspreche 42,3% des Betriebsaufwands. Andere Rücklagen seien zweckgebunden für die Finanzierung laufender und geplanter Bau- und Sanierungsmaßnahmen bestimmt, insbesondere für das Stammhaus der Beklagten.

Aufgrund eines Beschlusses des Gerichts vom 17. Juni 2014 nahm die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. Juli 2014 zu mehreren Fragen Stellung, insbesondere betreffend eine Zweckbindung des im Wirtschaftsplan 2013 ausgewiesenen Gewinnvortrags. Unter Vorlage weiterer Unterlagen führte die Beklagte u. a. aus, der Jahresabschluss 2012 beinhalte hinsichtlich der Ergebnisverwendung die Einbringung von 3.608.299,48 Euro in eine neu zu bildende zweckgebundene Rücklage „Finanzierung der neuen Geschäftsstellen in Ingolstadt und Rosenheim“. Der Instandhaltungsrücklage „Orleansstraße“ seien 5.871.039,83 Euro zugeführt worden. Der Restbetrag in Höhe von 32.908.333,03 Euro sei auf neue Rechnung vorgetragen worden. Im Wirtschaftsplan 2013 würden an mehreren Stellen die Verwendung des Gewinnvortrags und dessen Zweckbindung erläutert. Der Gewinnvortrag sei im Zuge der Ergebnisverwendung nach § 17 Nr. 3 des Finanzstatuts in den Jahresabschlüssen 2008 bis 2011 gebildet und mit einer Zweckbindung im Hinblick auf die Maßnahmen bezüglich der IHK-Standorte („Generalsanierung Max-Joseph-Straße“ und „Regionalisierung“) versehen worden. Die mit der Baumaßnahme „Generalsanierung des IHK-Standorts Max-Joseph-Straße“ einhergehenden Nebenkosten seien im Projektbudget nicht enthalten und würden jährlich im jeweiligen Wirtschaftsplan budgetiert. Die laufenden Kosten für das Projekt „Regionalisierung“ seien ebenfalls in den

jeweiligen Wirtschaftsplänen budgetiert. Die Nebenkosten der Generalsanierung sowie die laufenden Kosten der „Regionalisierung“ würden wesentlich die geplanten Jahresfehlbeträge verursachen. Der Gewinnvortrag diene zum Ausgleich der Fehlbeträge ab 2013. Er sei nicht auf einen singulären Zweck fixiert. Er diene im konkreten Fall der Finanzierung der Investitionen der Generalsanierung des Stammhauses in der Max-Joseph-Straße sowie zur Deckung der Aufwendungen für die Interimslösung „Balanstraße“ und verschiedener Projekte (z. B. Aufwendungen im Zusammenhang mit den geplanten neuen Geschäftsstellen in den Regionen). Bezüglich des weiteren Vortrags der Beklagten wird auf die Schriftsätze ihrer Bevollmächtigten vom 1. Juli 2013, vom 28. Januar 2014, vom 26. März 2014 und vom 10. Juli 2014 sowie die jeweils vorgelegten Anlagen verwiesen.

Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen am 26. November 2013 und am 20. Januar 2015 sowie über den Erörterungstermin am 23. Mai 2014, die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 18. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Zwar ist die Klägerin als Kammerzugehörige (vgl. § 2 Abs. 1 IHKG) nach § 1 der Beitragsordnung i. V. m. Ziffer II.3.b.ba) der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Jahr 2013 zu einem Grundbeitrag von 150,- Euro heranzuziehen. Dieser Beitragstatbestand ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG unwirksam.

1. Beiträge dürfen nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG nur insoweit erhoben werden, als die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der betreffenden Industrie- und Handelskammer (im Folgenden: IHK) nicht anderweitig gedeckt sind; sie dürfen nicht der Vermögensbildung dienen. Hiergegen verstößt nicht die Bildung angemessener Rücklagen, die zu einer geordneten Haushaltsführung gehören und bei denen es sich um Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt (vgl. BVerwG, U. v. 26.6.1990 - 1 C 45/87 - juris Rn. 20). Neben einer Betriebsmittelrücklage können auch Rücklagen für bestimmte Zwecke vorgesehen werden (BayVGH, B. v. 26.8.2005 - 22 ZB 03.2600 - juris Rn. 5). Die Frage nach einer Unangemessenheit der Rücklagenbildung lässt sich am ehesten am Maßstab des Gesamthaushalts beurteilen. Maßgeblich ist auch, ob die Vorgaben des Finanzstatuts der jeweiligen IHK als Grundlage für die Rücklagenbildung beachtet wurden (BayVGH, B. v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris Rn. 25).

Der für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt ist hier die Beschlussfassung der Vollversammlung der Beklagten am 5. Dezember 2012 über die Wirtschaftssatzung 2013, auf der die streitgegenständliche Beitragserhebung beruht.

2. Die Rücklagenbildung durch die Beklagte ist nach diesen Maßstäben grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Die Bildung der Ausgleichsrücklage, die nach dem Haushaltsplan für 2013 in Höhe von 32.582 TEuro vorgesehen war und damit 36,3% des geplanten Betriebsaufwandes betragen sollte (vgl. Wirtschaftsplan, Stand: 17.11.2012, Rücklagenübersicht auf S. 9), entspricht den Vorgaben von § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten in der damals geltenden Fassung vom 24. Juli 2006. Danach war eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v. H. und 50 v. H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen. Die Festlegung der Höhe der Ausgleichsrücklage innerhalb dieses prozentualen Korridors unterliegt einem gerichtlich nicht nachprüfbaren Beurteilungsspielraum der Vollversammlung der Beklagten. Eine Anwendung der Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung nach Art. 40 BayVwVfG i. V. m. § 114 VwGO scheidet schon deshalb aus, weil es sich bei dieser Festlegung der Vollversammlung nicht um die Ermessensentscheidung einer Behörde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens handelt, worauf sich der Anwendungsbereich dieser Vorschrift beschränkt (anders VG Koblenz, U. v. 25.11.2013 - 3 K 121/12.KO - juris Rn. 32 ff.).

Die weiter gebildeten Instandhaltungsrücklagen für bestimmte Projekte unterliegen hinsichtlich ihrer Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit gleichermaßen keiner gerichtlichen Kontrolle bei der Prüfung, ob eine Beitragserhebung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG vereinbar ist. Auch besteht ein weiter Beurteilungsspielraum der Beklagten hinsichtlich der Frage, inwieweit die Projektfinanzierung über laufende Einnahmen oder über Rücklagen erfolgen soll. Ob nach der oben zitierten Rechtsprechung die Gesamthöhe der gebildeten Rücklagen bereits als unangemessen angesehen werden könnte, bedarf vorliegend aufgrund der nachstehenden Erwägungen keiner abschließenden Klärung.

3. Aufgrund des im Wirtschaftsplan für 2013 vorgesehenen Ergebnisvortrags in Höhe von 20.476 TEuro steht die Beitragserhebung nicht mit § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG in Einklang.

a) Dieser Ergebnisvortrag stellt nicht die Bildung einer Rücklage im Sinne des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom24. Juli 2006 dar.

Nach § 15 Abs. 3 Satz 4 des Finanzstatuts der Beklagten vom24. Juli 2006 war neben der obligatorischen Ausgleichsrücklage die Bildung anderer Rücklagen zulässig. Nach den Richtlinien zur Ausführung des Finanzstatuts der Beklagten (RFS) vom 9. November 2011 zu § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts durfte die Beklagte Rücklagen nur für bestimmte Zwecke bilden.

Diese Festlegung entspricht auch den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts, welche bei dem Erlass des Finanzstatuts zu beachten sind (vgl. § 3 Abs. 7a Satz 2 IHKG). Gemäß den Standards für die staatliche doppelte Buchführung nach § 7a i. V. m. § 49a des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder - HGrG (Stand 12.11.2014, dort Ziffer 5.5.3.) fallen unter die sog. Gewinnrücklagen zum einen gebundene Rücklagen für bestimmte, der Art und der (absoluten oder relativen) Höhe nach festgelegte künftige Ereignisse und Maßnahmen (z. B. Rücklagen für Großprojekte) oder zum Ausgleich künftiger Verluste. Daneben können freie bzw. allgemeine Rücklagen gebildet werden, die der Verwaltung unter Berücksichtigung des Budgetrechts des jeweiligen über den Haushalt entscheidenden Organs Möglichkeiten der Verwendung in Folgejahren eröffnen. Nach dem oben Gesagten ließ § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten als „andere Rücklagen“ gebundene Rücklagen zu. Der Gewinn- bzw. Verlustvortrag stellt dagegen das kumulierte Jahresergebnis aus Vorjahren dar, soweit dieses nicht den Rücklagen zugeführt wurde (vgl. vorgenannte Standards, dort Ziffer 5.5.4.).

Vorliegend wurde der Gewinnvortrag in Höhe von 20.476 TEuro nicht als Rücklage im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 4 des Finanzstatuts behandelt. Dies ergibt sich zum einen aus Ziffer der Wirtschaftssatzung vom 5. Dezember 2012, wonach in 2013 keine Rücklagenveränderung vorgesehen war. Demzufolge sollte der Gewinnvortrag nicht der Rücklagenbildung dienen. Entsprechend ist im zugrundeliegenden Wirtschaftsplan (vgl. dort Übersicht auf S. 6) keine Einstellung des Gewinnvortrags in Rücklagen vorgesehen gewesen, sondern nur die Verwendung eines Teilbetrags zum Ausgleich des geplanten Jahresfehlbetrags in 2013. Diese Ausweisung des Gewinnvortrags in der Wirtschaftssatzung und im Wirtschaftsplan kann nicht allein deshalb anders interpretiert werden, weil der Ergebnisvortrag in den Erläuterungen zum Wirtschaftsplan 2013 in die Übersicht über den „Stand der Rücklagen“ aufgenommen wurde (vgl. S. 9 des Wirtschaftsplans für 2013).

b) Aus dem Verbot der Vermögensbildung folgt, dass eine IHK einen ungeplanten Bilanzgewinn zur Finanzierung ihrer Aufgaben in der Regel spätestens in den nächsten, zeitlich auf die Feststellung des Gewinns nachfolgenden Wirtschaftsplan einzustellen hat. Anderes gilt nur dann, soweit nicht eine Beitragsrückerstattung an die Kammermitglieder erfolgt oder die Vollversammlung bereits einen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung gefasst hat (OVG RhPf, U. v. 23.9.2014 - 6 A 11345/13 - juris). Entsprechend ist auch in staatlichen Haushaltsordnungen geregelt, dass ein Haushaltsüberschuss, der keiner konkreten Verwendung zugeführt wird, spätestens in den Haushaltsplan für das zweitnächste Haushaltsjahr als Einnahme einzustellen ist (vgl. z. B. Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayHO). Eine vergleichbare ausdrückliche Regelung hat auch die Beklagte in die am 1. Juli 2014 beschlossene Neufassung ihres Finanzstatuts aufgenommen (vgl. Anlage B 4, dort insbesondere § 15a Abs. 3).

Auch aus § 15 Abs. 3 Satz 4 des Finanzstatuts vom24. Juli 2006 folgt, dass insbesondere die Rückstellung von Jahresüberschüssen zur Finanzierung von Projektkosten in Folgejahren nur über die Bildung zweckgebundener Rücklagen zulässig sein sollte. Durch die Bildung solcher Rücklagen wird nachvollziehbar, für welche Projekte in welcher Höhe Mittel eingesetzt werden sollen. Diese Zielsetzung verfolgt auch § 8 Abs. 2 des Finanzstatuts, wonach verbindliche Grundlage für die Genehmigung einer größeren Baumaßnahme durch die Vollversammlung eine Investitions- und Finanzierungsübersicht ist. Die mit diesen Vorgaben des Finanzstatuts erzielte Transparenz und Verbindlichkeit würde beeinträchtigt, wenn -alternativ zur Rücklagenbildung und unter pauschalem Hinweis auf einen Mittelbedarf zur Projektfinanzierung - Gewinnvorträge ohne verbindliche Zweckbindung zulässig wären.

c) Der aus dem Jahr 2011 vorgetragene Gewinn in Höhe von rd. 32.908 TEuro wäre demnach als Einnahme in den Wirtschaftsplan einzustellen gewesen, soweit er

c) nicht in Höhe von rd. 10.641 TEuro den geplanten Jahresfehlbetrag in 2013 ausgleichen sollte. Der Gewinnvortrag ist hier nicht ausnahmsweise zulässig, weil die Vollversammlung der Beklagten keinen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung gefasst hat.

Lediglich in der nicht verbindlichen Mittelfristplanung (vgl. zur Planungsmethodik S. 35 des Wirtschaftsplans für 2013) ist vorgesehen, dass der Ausgleich von in den Folgejahren erwarteten Jahresfehlbeträgen über Entnahmen aus den Instandhaltungsrücklagen und aus dem Ergebnisvortrag erfolgen sollte. Infolge der Generalsanierung des Stammhauses in der Max-Joseph-Straße wurden bis 2017 mit geringen Schwankungen hohe Jahresfehlbeträge erwartet, die voraussichtlich im Jahresdurchschnitt 10,0 Mio. Euro betragen sollten (vgl. S. 39 des Wirtschaftsplans 2013, dort unter F).

Eine verbindliche und eindeutige Festlegung der Verwendung des Gewinnvortrags kann auch nicht sonstigen Beschlüssen der Vollversammlung entnommen werden. Ohnehin spricht viel dafür, dass eine solche definitive Zweckbestimmung erst bei der Entscheidung über den Wirtschaftsplan 2013 möglich gewesen wäre. Insbesondere stand erst zu diesem Zeitpunkt fest, inwieweit der Gewinnvortrag aus Vorjahren tatsächlich für bestimmte Projekte verfügbar war und nicht für den Ausgleich eines Jahresfehlbetrags benötigt wurde. Bei früheren Beschlüssen über diese Projekte stand die Höhe späterer Gewinnvorträge - einschließlich des Jahresergebnisses 2011 - noch nicht fest. Es ist schon fraglich, inwieweit die Zweckbestimmung kumulierter Jahresergebnisse zugunsten bestimmter Projekte nicht die Umgehung der besonderen Regelungen über die Rücklagenbildung darstellen würde. Auch unter Annahme der o. g. (allgemeinen) Zweckbestimmung des Ausgleichs erwarteter Jahresfehlbeträge infolge der Stammhaus-Sanierung wäre der Gewinnvortrag letztlich für die Projektfinanzierung bestimmt gewesen.

Unabhängig hiervon konnte die Beklagte eine konsequente Zweckbindung des bis 2011 kumulierten Gewinnvortrags in Höhe von rd. 32.908 TEuro im vorliegenden Verfahren nicht schlüssig darlegen. Zwar sollte laut Beschlussvorlage vom 4. März 2011 für den Bauwirtschaftsplan für die Generalsanierung des Hauptgebäudes in der Max-Joseph-Straße diese Maßnahme ausschließlich aus Eigenmitteln in Form von Gewinnvorträgen und Rücklagen finanziert werden. Der Finanzierungsplan sehe zunächst bis Herbst 2013 den Verbrauch der Gewinnvorträge in Höhe von 32,4 Millionen Euro vor. Diese Zweckbestimmung für den damals bestehenden Gewinnvortrag - der betragsmäßig in etwa dem Stand Ende 2011 entsprach - hat jedoch in der Folgezeit nach dem eigenen Vortrag der Beklagten keinen Bestand gehabt. So hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. Juli 2014 vorgetragen, der Gewinnvortrag habe dem Ausgleich von Fehlbeträgen ab 2013 gedient, die durch Nebenkosten der Generalsanierung - d. h. gerade nicht die eigentlichen Baukosten - sowie die laufenden Kosten der Regionalisierung verursacht worden seien.

An anderer Stelle des Schriftsatzes vom 10. Juli 2014 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Gewinnvortrag nicht auf einen singulären Zweck fixiert gewesen sei. Er habe im konkreten Fall der Finanzierung der Investitionen der Generalsanierung des Stammhauses in der Max-Joseph-Straße sowie zur Deckung der Aufwendungen für die Interimslösung „Balanstraße“ und verschiedener Projekte (z. B. Aufwendungen im Zusammenhang mit den geplanten neuen Geschäftsstellen in den Regionen) gedient. Diese Aussagen zur vorgesehenen Ergebnisverwendung finden sich auch in der Beschlussvorlage für die Vollversammlung der Beklagten am 24. Juli 2012. Der Beschluss über die Ergebnisverwendung (vgl. § 17 Abs. 3 des Finanzstatuts vom 24.07.2006) beinhaltet jedoch lediglich die Festlegung, einen Teilbetrag von in Höhe von rd. 32.908 TEuro auf neue Rechnung vorzutragen; die Zweckbestimmung ist dagegen nicht Gegenstand der bindenden Beschlussfassung. Zudem handelt es sich auch nur um eine nicht abschließende

Aufzählung von (möglicherweise) aus dem Gewinnvortrag zu finanzierenden Projekten.

Auch dem Wirtschaftsplan 2013 ist eine alleine auf die Sanierung des Stammhauses zurückzuführende Verwendung des Gewinnvortrags nicht zu entnehmen. Der erwartete Jahresfehlbetrag in Hohe von rd. 10.641 TEuro - der mit einem Teilbetrag des Gewinnvortrags ausgeglichen werden sollte - hätte laut Wirtschaftsplan (vgl. dort Übersicht auf S. 6) ohne die Sanierung des Stammhauses noch 4.721 TEuro betragen.

Letztlich ist die konkrete Verwendung des Gewinnvortrags in den Jahren ab 2014 nicht verbindlich festgelegt worden. Zwar bestand vermutlich bei der Vollversammlung tatsächlich die Vorstellung, dass insbesondere die benannten Projekte u. a. mit Hilfe des Gewinnvortrags realisiert werden sollten. Eine konkrete Zweckbindung der Mittel war jedoch offensichtlich gerade nicht beabsichtigt. Andernfalls wäre eine dem Finanzstatut entsprechende Rücklagenbildung erfolgt. Hinsichtlich der Umsetzung des sogenannten Regionalisierungskonzepts kommt hinzu, dass nach dem Vortrag der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 10.7.2014, S. 9) die Vollversammlung erst am 1. Juli 2014 entschieden hat, dass eine Finanzierung aus Eigenmitteln erfolgen solle. Eine konkrete, verbindliche Rücklagenbildung für diesen Zweck wäre vor dieser Grundsatzentscheidung wohl nicht in Betracht gekommen.

3. Aus der Unzulässigkeit des im Wirtschaftsplan 2013 geplanten teilweisen Vortrags der kumulierten Jahresergebnisse aus den Vorjahren ergibt sich nicht, dass die entsprechenden Mittel nicht zur Rücklagenbildung für Projekte der Beklagten eingesetzt werden dürften. Gegebenenfalls müsste bei der Bewertung der Angemessenheit der dann insgesamt gebildeten Rücklagen - neben der Relation zum Gesamthaushalt der Beklagten - berücksichtigt werden, dass die mittelfristig besonders aufwändigen Vorhaben erkennbar Ausnahmecharakter besitzen. Projekte wie die Sanierung des Stammhauses und die Schaffung neuer Geschäftsstellen gehören nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Beklagten, sondern dienen ersichtlich dazu, langfristig die organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen für die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Dafür erforderliche Projektkosten können nur bedingt in ein Verhältnis zum regelmäßigen jährlichen Finanzierungsbedarf einer IHK gesetzt werden.

Grundsätzlich dürfte demnach bei der Beklagten jedenfalls vorübergehend die Bildung eines relativ hohen Rücklagenvolumens zulässig sein. Das gilt jedenfalls unter der Maßgabe, dass aufgrund von Beschlüssen der Vollversammlung der Beklagten nachvollziehbar ist, dass diese die zweckgebundene Rücklagenbildung in der jeweiligen Höhe als erforderlich ansieht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt

aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Die Industrie- und Handelskammern unterliegen der Aufsicht des Landes darüber, daß sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich der Satzung, der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung) halten. Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wird durch die Aufsichtsbehörde des Landes ausgeübt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. § 1 Abs. 3a Satz 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschlüsse der Vollversammlung über

1.
die Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2,
2.
die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1,
3.
die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung,
4.
die Übertragung von Aufgaben an eine andere Industrie- und Handelskammer und die Übernahme dieser Aufgaben,
4a.
die Übertragung von Aufgaben an die Deutsche Industrie- und Handelskammer,
5.
die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse oder die Beteiligung an solchen (§ 10) sowie
6.
einen 0,8 vom Hundert der Bemessungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 Satz 6 übersteigenden Umlagesatz
bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes.

(2a) Die Satzung nach § 10 Abs. 2 sowie Änderungen der Satzung bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat, sowie durch die Aufsichtsbehörden der beteiligten Kammern.

(2b) Die Aufgabenübertragung durch eine Industrie- und Handelskammer auf andere Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörden der übertragenden und der übernehmenden Kammer; im Falle der Übertragung auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss ist zusätzlich die Genehmigung der für diesen zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich.

(3) Rechtsvorschriften, die diesem Gesetz widersprechen, werden aufgehoben;Abschnitt I des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235) und die Verordnung über die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung während des Krieges vom 5. Juli 1940 (Reichsgesetzbl. II S. 139)finden auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Juli 2010 - 4 K 419/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu Gebühren für die amtlich vorgeschriebenen Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, die in der Zeit von Januar 2003 bis Dezember 2004 in dem von ihr betriebenen Schlacht- und Zerlegebetrieb in xxx vorgenommen wurden.
Für die genannten Untersuchungen setzte das Landratsamt Ludwigsburg zunächst mit Bescheiden vom 22.4.2005 und 29.3.2006 Gebühren auf der Grundlage der inzwischen außer Kraft getretenen Fleischhygiene-Gebührenverordnung vom 20.7.1998 (FlHGebV) fest. Die in § 1 Abs. 2 in Verbindung mit § 3 FlHGebV vorgesehene Gebührenerhöhung für die Trichinenuntersuchung blieb dabei im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs unberücksichtigt.
Nach der Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes (AGFlHG) durch das Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 erließ das Landratsamt Ludwigsburg am 30.6.2005 die Rechtsverordnung über die rückwirkende Erhebung von Gebühren für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung, die nach ihrem § 3 rückwirkend zum 1.7.1995 in Kraft getreten ist. Das Landratsamt setzte daraufhin mit Bescheid (Gebührennacherhebungsbescheid) vom 17.11.2006 die Gebühren für die Trichinenuntersuchung rückwirkend auf 30.346,36 EUR (Januar bis Dezember 2003) bzw. 32.862,36 EUR (Januar bis Dezember 2004) fest. Zur Begründung verwies es auf die inzwischen in Kraft getretene Rechtsverordnung vom 30.6.2005. Die Bescheide vom 22.4.2005 und 29.3.2006 blieben von dieser Nachforderung unberührt.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 5.12.2006 Widerspruch ein, den sie in erster Linie mit der Gemeinschaftswidrigkeit der Gebührenerhebung begründete. Der Widerspruch wurde vom Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 5.1.2009 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 5.2.2009 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und beantragt, den Bescheid vom 17.11.2006 sowie den Widerspruchsbescheid vom 5.1.2009 aufzuheben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht: Es fehle an einer rechtmäßigen Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung der Gebühren. Die rückwirkend in Kraft gesetzte Rechtsverordnung des Landratsamts sei wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot verfassungswidrig. Insbesondere sei es mit der Verfassung unvereinbar, dass der Landesgesetzgeber durch rückwirkende Übertragung der Regelungskompetenz auf die Kommunen einen Systemwechsel in der Gebührenbemessung von der Alternative Nr. 4 a auf Nr. 4 b der Richtlinie 85/73/EWG vorsehe. Dies sei ein unzulässiger Eingriff in ihr schützenswertes Vertrauen darauf, dass es bei den Regelungen der Landesverordnung vom 15.4.1995 verbleibe. Die rückwirkende Kompetenzübertragung durch Art. 17 Abs. 5 des Gesetzes zur Neuregelung des Gebührenrechts in Baden-Württemberg entspreche ebenfalls nicht den verfassungsrechtlichen Ansprüchen. Auch in gemeinschaftsrechtlicher Hinsicht sei von der Rechtswidrigkeit der Verordnung vom 30.6.2005 auszugehen. Die Richtlinie 85/73/EWG werde mit der Rechtsverordnung nicht ordnungsgemäß umgesetzt, da Sonderkosten für Trichinenuntersuchungen und bakteriologische Fleischuntersuchungen als gesonderte Posten berücksichtigt würden. Der Maßstab, nach dem die Abweichung von EG-Pauschalen zu erfolgen habe, sei aufgrund der bundesrechtlichen Regelung nach § 24 Abs. 2 Satz 2 FlHG festgelegt. Eine ordnungsgemäße Anwendung des Gemeinschaftsrechts sei nach Wegfall der Bestimmung von § 24 FlHG nicht mehr gewährleistet. Eine nicht ordnungsgemäß und vollständig umgesetzte Richtlinie könne keine vertikalen Rechtswirkungen zu Lasten des Gemeinschaftsbürgers entfalten. Vor ordnungsgemäßer und vollständiger Umsetzung des Gemeinschaftsrechtsaktes könne nicht von Bestimmungen dieses Rechtsakts zu Lasten des Gemeinschaftsbürgers Gebrauch gemacht werden, erst recht nicht in rückwirkender Weise. Die Gebührenkalkulation verstoße zudem gegen die vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Forderungen, wonach eine kostendeckende Gebührenerhebung nach Nr. 4 b Pauschalierungen ausschließe.
Das beklagte Land hat Klagabweisung beantragt und erwidert: Der angefochtene Bescheid beruhe auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage. Auch nach Auffassung des VGH Baden-Württemberg und des Bundesverwaltungsgerichts sei es nicht zu beanstanden, dass die §§ 2 a, 2 b AGFlHG zum Erlass einer Rechtsverordnung ermächtigten, die rückwirkend Regelungen auch für Zeiträume ab dem 1.7.1995 treffe. Die durch die Neuregelung eröffnete Möglichkeit, rückwirkend zum 1.7.1995 von einer betriebsbezogenen Anhebung der Gemeinschaftsgebühr auf der Grundlage von Nr. 4 a auf die kostendeckende Anhebung dieser Gebühr nach Nr. 4 b des Anhangs zur Richtlinie 85/73/EWG umzustellen, sei verfassungsrechtlich zulässig und verstoße nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht. Im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 30.5.2002 sei festgestellt worden, dass auch die Kosten von Trichinenuntersuchungen von der nach der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG allein zulässigen Gemeinschaftsgebühr erfasst seien. Nicht gestattet seien allein Kosten für Zusatzuntersuchungen. Die Rechtsverordnung des Landratsamts Ludwigsburg sehe deshalb die Erhebung einer einheitlichen Gebühr vor, mit der alle mit der Schlachttier- und Fleischuntersuchung in Zusammenhang stehenden Leistungen - einschließlich der Untersuchung auf Trichinen - abgegolten würden. Da mit den Bescheiden vom 22.4.2004 und 29.3.2005 die Gebühren für den betreffenden Zeitraum ohne Berücksichtigung der Trichinenuntersuchung festgesetzt worden seien, sei es rechtmäßig, mit dem Nachberechnungsbescheid vom 17.11.2006 die in den genannten Abrechnungszeiträumen entstandenen und noch nicht erhobenen Kosten abzurechnen. Die in der Anlage der Rechtsverordnung festgelegten Gebührenansätze seien unter Berücksichtigung der EG-rechtlichen Vorgaben nach den tatsächlich entstandenen Kosten ermittelt worden. Soweit bei der Gebührenkalkulation auch prognostische und damit pauschalisierte Ansätze gewählt worden seien, sei dies unvermeidlich, berechtige aber nicht zur Annahme, es habe eine unzulässige Vermischung zwischen einer kostendeckenden und einer pauschalisierenden Berechnung stattgefunden.
Mit Urteil vom 15.7.2010 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: § 2 a Abs. 7 AGFlHG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 sowie die auf diese Vorschrift gestützte Rechtsverordnung des Landratsamts vom 30.6.2005 verstießen nicht gegen höherrangiges Recht. Entgegen der Ansicht der Klägerin fehle es trotz der Aufhebung des Fleischhygienegesetzes durch das am 7.9.2005 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts vom 1.9.2005 nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Mit § 24 FlHG habe der Bundesgesetzgeber es zulässigerweise dem Landesgesetzgeber überlassen, die einzelnen kostenpflichtigen Tatbestände - und damit auch die entsprechenden Gebühren - zu bestimmen und so das in Bezug genommene Gemeinschaftsrecht in nationales Recht umzusetzen. Von dieser Befugnis habe der Landesgesetzgeber mit dem Gesetz zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes Gebrauch gemacht. Der nachträgliche Wegfall der bundesrechtlichen Regelung habe daher nicht den von der Klägerin behaupteten Kompetenzverlust zur Folge. Auch der Umstand, dass die gebührenrechtlichen Regelungen mit Rückwirkung getroffen worden seien, führe weder unter verfassungs- noch unter gemeinschaftsrechtlichen Aspekten zu Zweifeln an ihrer Rechtmäßigkeit. Dies gelte aus den vom VGH Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 30.3.2006 (2 S 831/05) genannten und vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 9.10.2006 (3 B 75.06) gebilligten Gründen auch insoweit, als die Rückwirkung einen "Systemwechsel" von einer betriebsbezogenen auf eine spezifische Gebühr ermögliche. Die in der Verordnung getroffene Regelung widerspreche auch in ihren Details nicht den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts. Sie sehe für die nach dem Fleischhygienegesetz durchgeführten Schlachttier- und Fleischuntersuchungen die Erhebung einer kostendeckenden Gebühr vor, mit der alle mit der Schlachttier- und Fleischuntersuchung im Zusammenhang stehenden Leistungen einschließlich der Untersuchung auf Trichinen abgegolten würden. Die Gebühr sei somit eine einheitliche Gebühr, bei deren Kalkulation - in gemeinschaftsrechtlich unbedenklicher Weise - die Kosten der Trichinenuntersuchung eingeflossen seien. Die vorgenommene Differenzierung zwischen Betrieben mit bis zu 500, mit mehr als 500 bis zu 2.000 Schlachtungen sowie Großbetrieben mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt mit degressiv gestaffelten Gebührensätzen sei nicht zu beanstanden. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.3.2009 (C-309/07) dürfe ein Mitgliedsstaat nach Nr. 4 b eine Gebühr erheben, die nach der Größe des Betriebs und der Zahl der geschlachteten Tiere innerhalb einer Tierart gestaffelt sei, wenn feststehe, dass diese Faktoren sich - wie im vorliegenden Fall - tatsächlich auf die Kosten auswirkten, und die für die Durchführung der in den einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts vorgeschriebenen veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen tatsächlich anfielen. Weder diesem Urteil noch dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom selben Tag im Verfahren C-270/07 könne entnommen werden, dass aus einer Abrechnung nach den tatsächlichen Kosten ein generelles Verbot jeglicher Pauschalierung folge. Die konkret erfolgte Abrechnung habe nach diesen Grundsätzen auch Personalkosten in der vorgenommenen Weise einbeziehen dürfen. Die Tatsache, dass dabei allgemeine Verwaltungspersonalkosten nach Maßgabe der VwV Kostenfestlegung vom 21.10.2002 ermittelt und berücksichtigt worden seien, führe nicht zu einer insgesamt unzulässigen Pauschalabrechnung. Die Ermittlung dieser Kosten sei sachgerecht und berücksichtige in hinreichender Weise die konkrete Situation. Der Umstand, dass bei der Ermittlung der Gebührensätze des Abrechnungszeitraums 2004 in der Kalkulation ein Aufschlag für die im öffentlichen Dienst der Kommunen erwarteten tariflichen Lohn- und Gehaltssteigerungen in Höhe von 4,07 % berücksichtigt worden sei, sei nicht zu beanstanden. Dieses Vorgehen entspreche vielmehr dem bei der Gebührenkalkulation allgemein anerkannten Verfahren, um zu vermeiden, dass Gebührenunterdeckungen - auch bei zeitlich verschobenen Tariferhöhungen durch entsprechende später kassenwirksam werdende tarifliche Nachzahlungen - entstünden.
Gegen das ihr am 19.8.2010 zugestellte Urteil hat die Klägerin am (Montag den) 20.9.2010 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, die sie am 19.10.2010 begründet hat.
Die Klägerin macht geltend: Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von der Rechtmäßigkeit der rückwirkenden Inkraftsetzung der Rechtsverordnung des Landratsamts ausgegangen. Die vom Landesgesetzgeber 2004 eingeleitete rückwirkende Kompetenzübertragung auf die Stadt- und Landkreise und die Rückwirkung der Rechtsverordnung des Landratsamts verstießen gegen das Rückwirkungsverbot. Die Rückwirkung sei im vorliegenden Fall als "echte" Rückwirkung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu qualifizieren, da vollkommen neue Gebührentatbestände geschaffen würden. Eine der vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Ausnahmen liege nicht vor. Insbesondere könne eine solche Ausnahme nicht damit gerechtfertigt werden, dass sie, die Klägerin keinen Vertrauensschutz beanspruchen könne. Das Neuregelungsgesetz vom 14.12.2004 beabsichtige einen Systemwechsel von einer betriebsbezogenen zu einer kostendeckenden Anhebung der EG-Pauschalgebühr. Einen solchen rückwirkenden Systemwechsel müsse der Bürger nicht hinnehmen. Die Rückwirkung der Rechtsverordnung des Landratsamts und die rückwirkende Kompetenzübertragung auf die Stadt- und Landkreise stießen ferner auf gemeinschaftsrechtliche Bedenken, da ein nicht ordnungsgemäß umgesetzter Gemeinschaftsrechtsakt keine vertikale Rechtswirkung zu Lasten des Gemeinschaftsrechtsbürgers entfalten dürfe. Die Verordnung sei auch aus anderen Gründen rechtswidrig. Das harmonisierte Finanzierungssystem der Richtlinie 85/73/EWG unterscheide zwischen den beiden Anhebungsvarianten des Anhangs A Kap. I. Nr. 4 a und Nr. 4 b. Nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 19.3.2009 bestehe bei der Anhebungsvariante nach Nr. 4 b ein Pauschalierungsverbot. Der Europäische Gerichtshof habe klargestellt, dass eine Gebühr nach Nr. 4 b nicht den Betrag der tatsächlichen Kosten übersteigen dürfe. Hieraus sei abzuleiten, dass nur die tatsächlich durch die Amtshandlung verursachten Kosten berücksichtigt werden dürften, was die Einbeziehung von pauschalen, also nicht tatsächlichen Kostenelementen wie beispielsweise Kosten für Querschnittsämter ausschließe. Die der Rechtsverordnung des Landratsamts zugrunde liegende Kalkulation enthalte bei den Personalkosten einen Risikozuschlag von 4,07 %, da mit entsprechenden Nachzahlungen nach Wiederaufnahme der zur Zeit ausgesetzten Tarifverhandlungen zu rechnen sei. Dies zeige, dass entgegen den genannten Vorgaben nicht nur die "tatsächlichen" Personalkosten berücksichtigt worden seien. Ähnliches gelte im Hinblick auf die Trichinenuntersuchungskosten, bei deren Berechnung ein aufgrund der Vorjahre ermittelter Durchschnittswert von 0,575 Minuten hinzu addiert worden sei. Der pauschale Ansatz von Personalkosten für allgemeines Verwaltungspersonal sei ebenfalls unzulässig.
10 
Die Klägerin beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. Juli 2010 - 4 K 419/09 - zu ändern und den Bescheid des Landratsamts Ludwigsburg vom 17.11.2006 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 5.1.2009 aufzuheben
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Es erwidert: Das OVG Nordrhein-Westfalen habe in seinem Urteil vom 30.9.2009 festgestellt, dass es für eine auf Nr. 4 b des Kapitels I des Anhangs A der Richtlinie 85/73/EWG in der Fassung der Richtlinie 96/43/EG gestützte Gebührenfestsetzung ausreiche, wenn ihr eine Gebührenbedarfsberechnung zugrunde liege, die auf einer verursachungsgerechten Zuordnung der Kosten zu dem einzelnen Schlachtbetrieb auf der Grundlage sorgfältig ermittelter prognostischer Werte basiere. Das sei hier der Fall. Wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren dargelegt, sei der Betrieb der Klägerin in dem hier betroffenen Abrechnungszeitraum der einzige Betrieb gewesen, der als Großbetrieb im Sinne des Anhangs der Gebührenverordnung vom 30.6.2005 einzuordnen gewesen sei. Die Gebührensätze für das Jahr 2003 seien aufgrund der im Jahr 2003 tatsächlich angefallenen Kosten betriebsbezogen ermittelt worden, soweit die Kosten anhand der vorliegenden Rechnungsergebnisse bekannt gewesen seien. Die Gebührensätze für das Jahr 2004 seien auf der gleichen Basis unter Berücksichtigung eines Aufschlags für die erwarteten tariflichen Lohn- und Gehaltssteigerungen in Höhe von 4,07 % ermittelt worden. Dieses Vorgehen stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Die in der Gebührenverordnung genannten Gebührensätze verstießen auch insoweit nicht gegen das Gemeinschaftsrecht, als in der zugrunde liegenden Kalkulation allgemeine Verwaltungspersonalkosten auf der Grundlage der Verwaltungsvorschrift Kostenfestlegung vom 21.2.2002 berücksichtigt worden seien.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Der nach der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 16.2.2011 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Die in dem Schriftsatz genannten rechtlichen Gesichtspunkte waren sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung und wurden mit den Beteiligten ausgiebig erörtert.
17 
Dem mit Schriftsatz vom 7.2.2010 gestellten Antrag der Klägerin, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über einen derzeit anhängigen Antrag auf Auslegung des Urteils des Gerichtshofs vom 19.3.2009 - C 309/07 - ruhen zu lassen, hat das beklagte Land in der mündlichen Verhandlung die erforderliche Zustimmung nicht erteilt. Die von der Klägerin ferner unter Hinweis auf das beim Europäischen Gerichtshof anhängige Verfahren angeregte Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO hält der Senat nicht für angezeigt.
18 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der angefochtene Gebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten. Das Verwaltungsgericht hat die Klage danach zu Recht abgewiesen.
19 
I. Das Landratsamt hat mit dem angefochtenen Bescheid die Gebühren für die in der Zeit vom Januar 2003 bis Dezember 2004 im Betrieb der Klägerin durchgeführten Schlachttier- und Fleischuntersuchungen neu festgesetzt. Der Bescheid stützt sich auf die rückwirkend zum 1.7.1995 in Kraft getretene Rechtsverordnung des Landratsamts vom 30.6.2005 über die rückwirkende Gebührenerhebung für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung (FlHRVO), die an die Stelle der Rechtsverordnung des Ministeriums Ländlicher Raum über Gebühren für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienerecht vom 20.7.1998 (Fleischhygienegebührenverordnung) getreten ist. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 FlHRVO werden Gebühren erhoben für nach dem Fleischhygienegesetz durchgeführte Schlachttier- und Fleischuntersuchungen bei Einhufern, Rindern, Kälbern, Schweinen, Ferkeln, Schafen und Ziegen, die u.a. zwischen dem 1.7.1995 und dem 31.12.2004 in Schlachtbetrieben mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt stattgefunden haben. Die Höhe der Gebühr, mit der alle mit der Schlachttier- und Fleischuntersuchung im Zusammenhang stehenden Leistungen einschließlich der Untersuchung auf Trichinen abgegolten werden, ergibt sich aus der Anlage zu dieser Verordnung. Im vorliegenden Fall ist maßgebend die für Schlachtbetriebe mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt geltende Ziff. 3 der Anlage, in der bezogen auf die verschiedenen Tierarten (Einhufer, Rinder, Kälber, Schweine/Ferkel, Schafe/Ziegen) sowie die Jahre, in denen die Amtshandlungen vorgenommen wurden, die für die einzelnen Schlachttier- und Fleischuntersuchungen zu entrichtenden Gebühren festgelegt sind. Die von der Klägerin mit dem angefochtenen Bescheid in Verbindung mit den bereits zuvor ergangenen Bescheiden vom 22.4.2005 und 29.3.2006 geforderten Gebühren entsprechen diesen Regelungen. Fehler bei der Anwendung der Rechtsverordnung werden auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.
20 
II. Die Rechtsverordnung des Landratsamts ist wirksam. Die in der Verordnung enthaltenen Regelungen verstoßen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gegen höherrangiges Recht.
21 
1. Die Rechtsverordnung des Landratsamts hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 2 a Abs. 7, 2 b Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes vom 12.12.1994 (AGFlHG) in der - ebenfalls rückwirkend zum 1.7.1995 in Kraft getretenen - Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004. Nach § 2 a Abs. 1 AGFlHG werden für die Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften Gebühren abweichend von den Pauschalbeträgen oder Gemeinschaftsgebühren erhoben, die in von der Europäischen Gemeinschaft erlassenen Rechtsakten über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von Fleisch enthalten sind, soweit dies zur Deckung der tatsächlichen Kosten erforderlich oder ausreichend ist und diese Rechtsakte dem nicht entgegenstehen. Die Gebühren werden bei dem Schlachtbetrieb, Zerlegungsbetrieb, Kühl- und Gefrierhaus oder Verarbeitungsbetrieb erhoben, der die Amtshandlungen veranlasst (§ 2 a Abs. 6 S. 1 AGFlHG). Die kostenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren sowie die der Kosten werden gemäß § 2 a Abs. 7 AGFlHG durch Rechtsverordnung der Landratsämter oder durch Satzung der Stadtkreise bestimmt.
22 
Nach Ansicht der Klägerin verstoßen sowohl die mit dem Gesetz vom 14.12.2004 vorgenommene rückwirkende Übertragung der Regelungsbefugnis nach § 2 a und § 2 b AGFlHG auf die Stadt- und Landkreise als auch die rückwirkende Inkraftsetzung der Gebührenverordnung des Landratsamts gegen höherrangiges Recht. Eine solche Rückwirkung sei sowohl verfassungsrechtlich als auch gemeinschaftsrechtlich unzulässig.
23 
Mit dem von der Klägerin erhobenen Einwand hat sich der Senat bereits in seinem - zwischen den Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits ergangenen - Urteil vom 30.3.2006 (- 2 S 831/05 - Juris) eingehend auseinander gesetzt und ihn für unbegründet erklärt. Die von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 9.10.2006 (- 3 B 75.06 - Juris) zurückgewiesen. Die gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12.12.2007 (- 1 BvR 20/07 -) nicht zur Entscheidung angenommen. Gesichtspunkte, die in diesen Entscheidungen nicht berücksichtigt wurden oder die zu einer anderen Beurteilung Anlass gäben, werden von der Klägerin nicht aufgezeigt. Der Senat hält daher an seiner bisherigen Auffassung fest.
24 
a) Nach der sowohl vom Bundesverwaltungsgericht als auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Auffassung des Senats ist die mit dem Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 verbundene Rückwirkung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei bleibt es.
25 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört die Rechtssicherheit zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips. Der Staatsbürger soll die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können; er muss darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt (BVerfG, Urt. v. 23.3.1971 - 2 BvL 2/66 u. a. - BVerfGE 30, 367). Belastende Gesetze, die in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen und dadurch echte Rückwirkung entfalten, sind deshalb verfassungsrechtlich grundsätzlich verboten. Das gilt jedoch nicht ausnahmslos. In Fällen, in denen das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt ist, sind auch Gesetze mit echter Rückwirkung verfassungsmäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Urt. v. 19.12.1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261) ist das u. a. der Fall, wenn das Gesetz dazu dienen soll, eine unklare oder verworrene Rechtslage rückwirkend zu klären oder eine ungültige Norm durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzt werden soll.
26 
Die mit dem Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 und der Gebührenverordnung des Landratsamts verbundene Rückwirkung ist danach verfassungsrechtlich unbedenklich. Die zuvor geltende Fleischhygienegebührenverordnung sah vor, dass in Schlachtbetrieben für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung je Tier Gebühren in Höhe der in Anhang A Kapitel I der Richtlinie 85/73/EWG in der jeweils geltenden Fassung enthaltenen Pauschalbeträge erhoben werden. Für den Fall, dass bei bestimmten Schlachtbetrieben aus einem der vom Untersuchungspersonal nicht zu vertretenden, in Kapitel I Nr. 4 Buchst. a des Anhangs A der Richtlinie 85/73/EWG genannten Gründe der jährliche durchschnittliche Zeitaufwand je Tier die in Absatz 1 genannten Zeitwerte übersteigt und deshalb die tatsächlichen Kosten in diesen Betrieben durch die Erhebung der Pauschalbeträge nicht gedeckt werden, gestattete sie eine Anhebung der Pauschalbeträge entsprechend der Zeitüberschreitung, jedoch höchstens bis zum Dreieinhalbfachen (§ 1 Abs. 3 S. 1 FlHGebVO). Die Fleischhygienegebührenverordnung sah ferner vor, dass sich die Gebühr für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei Einhufern und Schweinen um einen "Gebührenanteil" für die Trichinenuntersuchung erhöht (§ 3 FlHGebVO). Die Frage, ob die Erhebung einer solchen zusätzlichen Gebühr für die Trichinenschau neben der Erhebung der EG-Pauschalgebühren für die Fleischuntersuchung zulässig ist, hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 30.5.2002 - C 284/00 und 288/00 - "Stratmann" (DVBl. 2002, 1108) verneint, da jede von einem Mitgliedstaat beschlossene Erhöhung den Pauschalbetrag der Gemeinschaftsgebühr selbst betreffen und als dessen Anhebung erfolgen müsse. Zu den durch eine solche erhöhte Gebühr zu deckenden Kosten gehörten auch die Aufwendungen für Trichinenschau und bakteriologische Untersuchungen. In Konsequenz dieser Entscheidung verstieß § 3 FlHGebVO gegen das Gemeinschaftsrecht und war daher ebenso wie die mit dieser Vorschrift in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Regelung in § 1 FlHGebVO als nichtig zu betrachten (vgl. das Urt. des Senats v. 30.3.2006, aaO, sowie Beschl. v. 30.6.2009 - 2 S 895/09 -; s. auch BVerwG, Beschl. v. 28.6.2001 - 3 BN 5.01 - Juris).
27 
Die die Fleischhygienegebührenverordnung ersetzende Rechtsverordnung des Landratsamts sowie die zu ihrem Erlass ermächtigenden Regelungen in § 2 a und § 2 b AGFlHG dienen danach zur nachträglichen Umsetzung der - inzwischen aufgehobenen und mit Wirkung vom 1.1.2008 von der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.4.2004 abgelösten - Richtlinie 85/73/EWG vom 29.1.1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG, 90/675/EWG und 91/496/EWG (ABl. L 32, S. 14) in der durch die Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26.6.1996 (ABl. L 162, S. 1) geänderten und kodifizierten Fassung. Nach Art. 1 der Richtlinie 85/73/EWG tragen die Mitgliedstaaten "nach Maßgabe des Anhangs A dafür Sorge, dass für die Kosten, die durch die Untersuchungen und Kontrollen der Erzeugnisse im Sinne des vorgenannten Anhangs einschließlich derjenigen zur Gewährleistung des Schutzes der Tiere in den Schlachthöfen im Einklang mit den Anforderungen der Richtlinie 93/119/EWG entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr erhoben wird." Gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet. Kapitel I Nr. 4 des Anhangs der Richtlinie eröffnet dafür zwei Möglichkeiten: Die Mitgliedstaaten können ("zur Deckung höherer Kosten") entweder die in Kapitel I Nr. 1 und 2 Buchst. a) vorgesehenen Pauschalbeträge unter bestimmten, im Anhang der Richtlinie näher bezeichneten Voraussetzungen "für bestimmte Betriebe" erhöhen (Kapitel I Nr. 4 Buchst. a) oder eine ("spezifische") Gebühr erheben, "die die tatsächlichen Kosten deckt" (Kapitel I Nr. 4 Buchst. b).
28 
Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes stehen der nachträglichen Umsetzung der Richtlinie nicht entgegen. Die von den neuen Regelungen betroffenen Betriebe mussten bereits aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben sowie der bundesrechtlichen Regelung in § 24 Abs. 2 FlHG mit der Erhebung kostendeckender Gebühren rechnen. Die Verzögerungen beim Erlass der dafür nötigen Rechtsgrundlagen hatten ihren hauptsächlichen Grund in anfänglichen Unklarheiten über Inhalt und Reichweite des einschlägigen Gemeinschaftsrechts. Bei dieser Sachlage hindern Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nicht, die Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung erst nachträglich rückwirkend zu schaffen (BVerwG, Beschl. v. 9.10.2006, aaO; Beschl. v. 29.3.2005 - 3 BN 1.04 - Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 26 Urt. v. 18.12.2001 - 3 C 1.01 - NVwZ 2002, 486; Beschl. v. 27.4.2000 - 1 C 12.99 - Buchholz 418.5 Nr. 21).
29 
Das gilt erst recht, wenn der nationale Normgeber eine ältere Rechtsgrundlage, die sich als fehlerhaft erweist, nachträglich rückwirkend durch eine neue Rechtsgrundlage ersetzt und dabei bestimmt, dass es infolge der rückwirkenden Anwendung der neuen Rechtsgrundlage zu keinen höheren Gebühren kommen darf, als eine Berechnung auf der Grundlage des älteren Rechts ergeben hätte (BVerwG, Beschl. v. 9.10.2006, aaO; Beschl. v. 29.3.2005, aaO). So verhält es sich hier, da Art. 17 Abs. 5 S. 2 des Gesetzes vom 14.12.2004 bestimmt, dass die Anwendung der auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes erlassenen Gebührenverordnungen und -satzungen auf vor seiner Verkündung liegende Tatbestände zu keiner höheren Gebührenfestsetzung führen darf, als eine Festsetzung nach der Fleischhygiene-Gebührenverordnung unter Einbeziehung der Kosten für die Trichinenuntersuchung ergeben hätte. Die Gebührenfestsetzung nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 FlHRVO darf dementsprechend gemäß § 1 Abs. 4 FlHRVO höchstens in der Höhe erfolgen, die sich bei einer Anwendung der Fleischhygienegebührenverordnung unter Einbeziehung der Kosten für die Trichinenuntersuchung und die bakteriologische Untersuchung ergeben hätte. Der in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das von ihr vorgelegte Rechtsgutachten erhobene Einwand der Klägerin, sie habe aufgrund der ursprünglich geltenden Regelungen in der Fleischhygienegebührenverordnung darauf vertrauen können, dass eine Erhöhung der in der Richtlinie 85/73/EWG vorgesehenen Pauschalbeträge nur nach Maßgabe der in Kapitel I Nr. 4 Buchst. a genannten und von ihr selbst beeinflussbaren Voraussetzungen erfolgen könne, geht danach ins Leere.
30 
b) Die Klägerin macht ferner erfolglos geltend, die rückwirkende Kompetenzübertragung auf die Stadt- und Landkreise und die Rückwirkung der Rechtsverordnung des Landratsamts seien gemeinschaftsrechtlich unzulässig.
31 
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das nationale Recht die Umsetzung einer Richtlinie des Gemeinschaftsrechts den Ländern bzw. den Kommunalkörperschaften überlassen darf und dass dies auch für die Umsetzung der Richtlinie 85/73/EWG gilt. Das schließt die Befugnis ein, gemäß Art. 2 Abs. 3 bzw. Art. 5 Abs. 3 sowie gemäß Kapitel I Nr. 4 des Anhangs A unter den dort genannten Voraussetzungen einen höheren Betrag als die EG-Pauschalgebühr zu erheben (EuGH, Urteile v. 10.11.1992 - Rs. C-156/91 - "Hansa Fleisch Ernst Mundt", Slg. I-5567, 5589 und v. 9.9.1999 - Rs. C-374/97 - "Feyrer", Slg. I-5153, 5167; BVerwG, Beschlüsse v. 10.7.2008 - 3 B 30.08 - Juris, 9.10.2006 (aaO) und 26.4.2001 - 3 BN 1.01 - LRE 41, 115). Damit steht zugleich fest, dass jede hiernach zur Rechtsetzung befugte Gebietskörperschaft der Bundesrepublik Deutschland das Gemeinschaftsrecht für ihren jeweiligen Hoheitsbereich umsetzt und dass die Wirksamkeit dieser Umsetzungsakte nicht davon abhängig ist, dass die Umsetzung auch in allen anderen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland bereits erfolgt ist.
32 
Geklärt ist ferner, dass europäisches Gemeinschaftsrecht nicht grundsätzlich hindert, die erforderliche Umsetzung rückwirkend vorzunehmen. Namentlich darf eine Richtlinie des sekundären Gemeinschaftsrechts rückwirkend noch zu einem Zeitpunkt umgesetzt werden, zu dem sie bereits geändert oder außer Kraft gesetzt worden ist, sofern der Umsetzungsakt sich vermöge der Rückwirkung für einen Zeitraum Geltung beimisst, zu dem die umgesetzte Richtlinie ihrerseits noch in Geltung stand (BVerwG, Beschl. v. 9.10.2006, aaO). Dazu zwingt schon die Überlegung, dass damit dem Geltungs- und Umsetzungsanspruch des Gemeinschaftsrechts - wenn auch verspätet - Rechnung getragen wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.12.2007, aaO).
33 
Worauf sich die gegenteilige Auffassung der Klägerin stützt, ist auch in der mündlichen Verhandlung im Unklaren geblieben. Ein Rechtssatz des primären oder sekundären Gemeinschaftsrechts, der dem vom Gesetz- und Verordnungsgeber im vorliegenden Fall gewählten Weg der rückwirkenden Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen über die Erhebung von Fleischbeschaugebühren entgegenstehen könnte, wird von der Klägerin nicht genannt. Ihr Vorbringen erschöpft sich vielmehr - wie schon in dem vorangegangenen Verfahren - in dem für sich genommen nichts sagenden Hinweis, es liege ein "rückwirkender Systemwechsel" vor.
34 
2. Die Gebührenverordnung des Landratsamts ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil sie zwischen Betrieben mit bis zu 500 Schlachtungen, Betrieben mit mehr als 500 und bis zu 2.000 Schlachtungen sowie Großbetrieben mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt unterscheidet und für die in § 1 Abs. 1 S. 1 genannten Untersuchungen in Abhängigkeit von der Größe des Betriebs degressiv gestaffelte Gebührensätze festsetzt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, steht dieses Vorgehen nicht in Widerspruch zu der Richtlinie 85/73/EWG.
35 
Bereits oben wurde darauf hingewiesen, dass Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie es den Mitgliedstaaten gestattet, einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren zu erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet, und Kapitel I Nr. 4 des Anhangs der Richtlinie dafür zwei Möglichkeiten eröffnet: Die Mitgliedstaaten können entweder die in der Richtlinie vorgesehenen Pauschalbeträge unter den im Anhang der Richtlinie näher bezeichneten Voraussetzungen "für bestimmte Betriebe" erhöhen (Kapitel I Nr. 4 Buchst. a) oder eine Gebühr erheben, "die die tatsächlichen Kosten deckt" (Kapitel I Nr. 4 Buchst. b). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können die Mitgliedstaaten von der ihnen durch Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b eingeräumten Befugnis, eine kostendeckende Gebühr zu erheben, nach ihrem Ermessen ohne weitere Voraussetzungen unter dem alleinigen Vorbehalt Gebrauch machen, dass die Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreitet (Urt. v. 19.3.2009 - C-270/07 - Slg. 2009, I-0000; Urt. v. 19.3.2009 - C-309/07 - "Baumann", Slg 2009, I-2077-2095, Urt. v. 9.9.1999 - C-374/97 - "Feyrer", NVwZ 2000, 182). Der nationale Normgeber ist dementsprechend beim Gebrauchmachen von dieser Befugnis nicht an die in Anhang A Kapitel I Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a vorgesehene Gebührenstruktur gebunden, sondern kann bei der Festlegung des Gebührensatzes der Höhe nach zwischen Untersuchungen von Schlachteinheiten in Großbetrieben und sonstigen Untersuchungen differenzieren und darüber hinaus auch innerhalb dieser beiden Gruppen nach der Anzahl der vorgenommenen Schlachtungen innerhalb der Tierarten den Gebührensatz degressiv staffeln, wenn feststeht, dass diese Faktoren sich tatsächlich auf die Kosten auswirken, die für die Durchführung der in den einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts vorgeschriebenen veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen tatsächlich anfallen (EuGH, Urt. v. 19.3.2009 - C-309/07 -, aaO, Rn. 22).
36 
Gegen die in der Gebührenverordnung des Landratsamts vorgenommene Gebührenstaffelung bestehen danach keine Bedenken. Die - Großbetrieben, wie dem der Klägerin, zu Gute kommende - Differenzierung wird vom Landratsamt mit der unterschiedlichen tariflichen Vergütung des Untersuchungspersonals und den sich daraus ergebenden unterschiedlichen Kostenstrukturen der gebildeten Betriebskategorien begründet. Einwendungen gegen diese - von den Vertreterinnen des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung näher erläuterte - Darstellung werden von der Klägerin nicht erhoben. Dafür, dass die vom Landratsamt genannten Faktoren ohne Einfluss auf die tatsächlich anfallenden Kosten sind, ist auch sonst nichts zu erkennen.
37 
3. Die Klägerin hält die Gebührenverordnung des Landratsamts schließlich zu Unrecht deshalb für rechtswidrig, weil in die ihr zugrunde liegende Kalkulation verschiedene Kosten eingestellt worden seien, die nicht zu den tatsächlich durch die Amtshandlung verursachten Kosten gehörten. Die Kalkulation der Gebühren lässt keinen der von der Klägerin gerügten Fehler erkennen.
38 
a) Die in die Kalkulation eingestellten Kosten bestehen in erster Linie aus den dem Landratsamt entstandenen Kosten für die Bezahlung der mit der Durchführung der Untersuchungen beauftragten Personen, die sich in die Kosten für die von dem beklagten Land beschäftigten Tierärzte sowie die Kosten des im Dienste des Landkreises stehenden sonstigen Untersuchungspersonals unterteilen. Die Kosten der Tierärzte wurden dabei unter Zugrundelegung der jeweiligen Gesamtarbeitszeit an Hand der Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums über die Berücksichtigung der Verwaltungskosten insbesondere bei der Festsetzung von Gebühren und sonstigen Entgelten für die Inanspruchnahme der Landesverwaltung (VwV-Kostenfestlegung) vom 21.10.2002 berechnet, während die Berechnung der Kosten des sonstigen Untersuchungspersonals auf der Grundlage des entsprechenden Tarifvertrags erfolgte, der - soweit hier von Interesse - eine Vergütung nach Stückzahlen vorsieht.
39 
Die Vertreter der Klägerin haben in der mündlichen Verhandlung pauschal die Richtigkeit der den genannten Kostenansätzen zugrunde liegenden Berechnungen des Landratsamts bestritten, ohne irgendeinen Umstand zu nennen, der zumindest Zweifel an der Korrektheit dieser Berechnungen weckte. Dem Einwand fehlt somit jegliche Substantiierung. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass, wegen des Einwands der Klägerin die Berechnungen des Landratsamts einer näheren Überprüfung zu unterziehen. Aufgrund der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht kann davon ausgegangen werden, dass die in eine behördliche Gebührenkalkulation eingestellten Rechnungsgrößen in tatsächlicher Hinsicht korrekt ermittelt worden sind. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit veranlasst, als sich dem Gericht Unklarheiten oder Widersprüche nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Lässt es die klagende Partei an einem substantiierten Sachvortrag fehlen und ergibt sich auch aus den Akten kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe die klagebegründenden Tatsachen ermitteln (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.4.2005 - 9 A 3120/03 - KStZ 2005, 138).
40 
b) In die der Gebührenverordnung des Landratsamts zugrunde liegenden Kalkulationen für die Jahre 2003 und 2004 wurden jeweils außer den Kosten des Untersuchungspersonals auch allgemeine Verwaltungskosten eingestellt, d.h. Kosten, die aus den mit der Durchführung der amtlichen Untersuchungen im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Verwaltungstätigkeiten resultieren. Auch das ist, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, nicht zu beanstanden.
41 
Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 85/73/EWG in ihrer Fassung durch die Richtlinie 96/43/EG werden die Gebühren für die in Art. 1 genannten Untersuchungen und Kontrollen in der Weise festgelegt, dass sie die Kosten decken, die die zuständige Behörde in Form von Löhnen und Sozialabgaben der Untersuchungsstelle sowie der durch die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen entstehenden Verwaltungskosten zu tragen hat. Zu den durch die Gebühren zu deckenden Kosten gehören danach außer den Kosten der in den Untersuchungsstellen neben den Tierärzten und Fleischkontrolleuren beschäftigten Verwaltungskräfte auch die anteiligen Gemeinpersonalkosten für jene Bediensteten, die in Querschnittsämtern oder auf übergeordneter Ebene Aufgaben erfüllen, welche durch die Durchführung der Untersuchungen veranlasst sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.7.2009 - 2 S 63/09 -; Urt. v. 20.3.2006, aaO; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.3.2009 - 17 A 3510/03 - Juris; Urt. v. 14.12.2004 - 9 A 4232/02 - KStZ 2005, 72).
42 
Das Landratsamt hat die danach zu Recht berücksichtigten allgemeinen Verwaltungskosten auf der Grundlage der bereits erwähnten Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums vom 21.10.2002 berechnet und dabei eine halbe Stelle im gehobenen Dienst zuzüglich "Zuschlägen für IuK-Ausstattung und Raumkosten nach Belegen" zugrunde gelegt. Auch dagegen bestehen entgegen der Ansicht der Klägerin keine Bedenken. Die Klägerin sieht in dem Vorgehen des Landratsamts eine unzulässige Pauschalierung, da sie meint, die über die von ihr verlangten Gebühren zu deckenden Kosten müssten ausnahmslos "centgenau" ermittelt werden. Sie beruft sich dafür auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 19.3.2009 (aaO), denen sie entnimmt, dass bei der Anhebungsvariante nach Nr. 4 Buchst. b ein Pauschalierungsverbot bestehe. Dem kann nicht gefolgt werden. Im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.3.2009 - C-270/07 - (Rn.31 f.) wird im Anschluss an die früheren Entscheidungen des Gerichtshofs noch einmal betont, dass die Befugnis, eine spezifische, über die Gemeinschaftsgebühren hinausgehende Gebühr zu erheben, nur von der Voraussetzung abhängig ist, dass die entsprechende Gebühr sämtliche tatsächlich entstandenen Kosten abdeckt. Der Europäische Gerichtshof leitet daraus her, dass die entsprechende Gebühr zum einen nicht den Betrag der tatsächlich entstandenen Kosten übersteigen dürfe und dass sie zum anderen sämtliche Kosten umfassen müsse, ohne dass bestimmte Kosten unberücksichtigt bleiben könnten. Sie dürfe damit nicht die Form einer "pauschalen" Gebühr in dem Sinne annehmen, in dem die Kommission diesen Begriff verstehe, da es zum Wesen einer pauschal festgesetzten Gebühr gehöre, dass sie in bestimmten Fällen die tatsächlichen Kosten für die Maßnahmen, die mit ihr finanziert werden sollen, übersteige und in anderen Fällen niedriger sei.
43 
Den zitierten Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs ist ohne weiteres zu entnehmen, dass die Gebührenschuldner nur mit Kosten belastet werden dürfen, die der die Untersuchung durchführenden Stelle tatsächlich entstanden sind. Das Gleiche folgt im Übrigen bereits aus allgemeinen abgabenrechtlichen Grundsätzen. So muss etwa bei der Erhebung eines Erschließungsbeitrags ein Aufwand unberücksichtigt bleiben, den die Gemeinde nicht selbst erbracht hat, und ebenso ein solcher, von dem sich nicht feststellen lässt, ob und inwieweit die Gemeinde ihn erbracht hat (BVerwG, Urt. v. 16.8.1985 - 8 C 122.83 u. a. - NJW 1986, 1122). Dies ist jedoch keine ausnahmslos geltende Regel, da es Fälle gibt, in denen eine "centgenaue" Kostenermittlung praktisch unmöglich ist, ohne dass sich deshalb der Schluss rechtfertigte, die Gemeinde könne die betreffenden Kosten überhaupt nicht geltend machen. Nach allgemeiner Ansicht ist deshalb dem Grundsatz der "centgenauen" Kostenermittlung durch das (auch) dem Abgabenrecht eigene Bedürfnis nach Verwaltungspraktikabilität eine Grenze gesetzt mit der Folge, dass Kosten, deren exakte Höhe nicht oder allenfalls mit unvernünftigem und in diesem Sinne unvertretbarem Verwaltungsaufwand ermittelt werden können, mit Hilfe gesicherter Erfahrungssätze geschätzt werden dürfen. Die Geltung dieser Grundsätze auch für die hier in Rede stehenden Gebühren für die amtlich vorgeschriebenen Schlachttier- und Fleischuntersuchungen wird durch die zitierten Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs nicht in Frage gestellt. Aus diesen Ausführungen kann daher keine Verpflichtung hergeleitet werden, die betreffenden Kosten seien ausnahmslos und damit auch hinsichtlich derjenigen Kostenfaktoren "centgenau" zu ermitteln, bei denen eine solche Ermittlung nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist.
44 
In dem Umstand, dass das Landratsamt die in die Kalkulationen eingestellten allgemeinen Verwaltungskosten nur überschlägig ermittelt hat, kann danach kein zur Nichtigkeit der Rechtsverordnung des Landratsamts führender Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 85/73/EWG gesehen werden, da eine "centgenaue" Berechnung dieser Kosten nicht oder allenfalls mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich wäre. Der Umstand, dass es sich bei den Kalkulationen für die Jahre 2003 und 2004 um nachträglich vorgenommene Kalkulationen handelt, ändert daran nichts.
45 
c) Das Landratsamt hat bei der - nachträglich vorgenommenen - Kalkulation der Gebühren für das Jahr 2003 die tatsächlichen Kosten und Schlachtzahlen dieses Jahres zugrunde gelegt. Bei der Kalkulation der Gebühren für das Jahr 2004 ist es nach den von ihm gegebenen Erläuterungen in derselben Weise verfahren, da das Rechnungsergebnis 2004 noch nicht vorgelegen habe. Dabei wurde aber im Hinblick auf erwartete tarifliche Nachzahlungen sowohl bei den Kosten des Untersuchungspersonals als auch bei den Personalkosten für den Verwaltungsvollzug ein Zuschlag von jeweils 4,07 % eingerechnet. In den Erläuterungen zur Kalkulation wird dazu auf das Ergebnis der Lohnrunde 2003 für die Angestellten im öffentlichen Dienst für die Jahre 2003 und 2004 hingewiesen. Weiter heißt es, dass bisher weder für 2003 noch für 2004 Nachzahlungen angefallen seien, da die - den Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (TVAngaöS) betreffenden - Tarifverhandlungen ausgesetzt seien. Es sei aber mit entsprechenden Nachzahlungen nach Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen zu rechnen.
46 
Die gegen dieses Vorgehen erhobenen Einwendungen der Klägerin sind ebenfalls unbegründet. Aus der Forderung, dass eine gemäß Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b erhobene Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreiten darf, folgt kein Verbot einer Gebührenkalkulation auf der Grundlage prognostischer Werte (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.9.2009 - 17 A 2609/03 - Juris). Die Höhe der für die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen zu entrichtenden Gebühren muss im Normalfall bereits vor der Vornahme dieser Kontrollen feststehen. Dazu bedarf es einer auf prognostischen Annahmen beruhenden Vorauskalkulation, bei der die voraussichtlichen gebührenfähigen Gesamtkosten in der jeweiligen Gebührenperiode der für denselben Zeitraum ermittelten Zahl der voraussichtlichen Kontrollen gegenüber gestellt werden müssen. Das gilt im Grundsatz auch für eine - wie im vorliegenden Fall - rückwirkend erlassene Gebührenverordnung. Sofern im Zeitpunkt des Erlasses einer solchen Verordnung die gebührenfähigen Kosten feststehen, ist allerdings für eine nachträgliche Prognose kein Raum mehr. Die auch in einem solchen Fall erforderliche Kalkulation hat daher an Stelle von Prognosen auf die tatsächlichen Werte zurück zu greifen (vgl. BayVGH, Urt. v. 2.4.2004 - 4 N 00.1645 - NVwZ-RR 2005, 281; OVG Niedersachsen, Urt. v. 8.8.1990 - 9 L 182/99 - NVwZ-RR 1991, 383). Das ist jedoch nur insoweit möglich, als diese Werte im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung bereits bekannt sind. Im Übrigen kann dagegen nach wie vor nur mit Prognosen gearbeitet werden.
47 
Die Einstellung eines Zuschlags in die Kalkulation für das Jahr 2004 ist danach nicht zu beanstanden, da über die genaue Höhe der in diesem Jahr entstehenden Personalkosten aus den vom Landratsamt genannten Gründen im Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsverordnung keine sichere Kenntnis bestand. Die von ihm deshalb vorgenommene Prognose ist allgemeinen Grundsätzen entsprechend nur darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden ist, auf realistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist. Das ist hier der Fall. Hierauf bezogene Einwendungen werden auch von der Klägerin nicht erhoben. Die Klägerin weist lediglich darauf hin, dass sich die Prognose des Landratsamts nicht bestätigt habe. Das ist richtig, da nach den in der mündlichen Verhandlung erfolgten Erklärungen der Vertreterinnen des Landratsamts bei den später wieder aufgenommenen Tarifverhandlungen tatsächlich keine Nachzahlungen für die hier interessierenden Jahre vereinbart worden sind. Darauf, ob die Prognose des Landratsamts sich bewahrheitet hat, kommt es jedoch nicht an. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist die Frage, ob die vom Landratsamt seinerzeit anzustellende Prognose den an sie zu stellenden Anforderungen genügt, nicht aber, ob die Prognose durch die spätere tatsächliche Entwicklung bestätigt oder widerlegt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2009 - 3 C 26.08 - Juris; Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110, 121).
48 
d) Die der Gebührenverordnung zugrundeliegenden Kalkulationen des Landratsamts sind ferner nicht deshalb fehlerhaft, weil das Landratsamt bei der Berechnung der Gebührensätze eine durchschnittliche Untersuchungszeit je Schwein/Ferkel von 4,27 Min. angenommen hat, die eine auf die Trichinenuntersuchung entfallende Zeit von 0,56 Min. je Untersuchung einschließt.
49 
Nach Ermittlung der auf den Schlachthof der Klägerin als dem einzigen Großbetrieb mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt entfallenden Gesamtkosten enthalten die Kalkulationen des Landratsamts in einem zweiten Schritt eine Berechnung der für die einzelnen Tierarten geltenden Gebührensätze. Dies geschieht, indem die (tatsächlichen) Schlachtzahlen des Jahres 2003 mit dem auf die jeweilige Tierart entfallenden durchschnittlichen Zeitaufwand multipliziert und die Ergebnisse addiert werden. Die Gesamtkosten des Untersuchungspersonals werden durch die so ermittelte gesamte Untersuchungszeit dividiert, woraus sich Kosten je Untersuchungsminute von 0,56 EUR (2003) bzw. 0,58 EUR (2004) ergeben. Diese Zahl bildet die Basis für die Berechnung der jeweiligen, für die einzelnen Tierarten geltenden Gebührensätze. Dieses Vorgehen ist sachgerecht und wird auch von der Klägerin im Grundsatz nicht angegriffen.
50 
Die der Berechnung zugrunde gelegte durchschnittliche Untersuchungszeit je Schwein/Ferkel hat das Landratsamt für 2003 und 2004 jeweils mit 4,27 Min. angenommen. In dieser Zeit ist ein auf die Trichinenuntersuchung entfallender Wert von 0,56 Min. je Untersuchung enthalten, bei dem es sich um eine aufgrund der Vorjahre ermittelte Durchschnittsgröße handelt. Die Klägerin sieht auch in dem Ansatz dieses Werts eine unzulässige Pauschalierung. Dem ist aus den bereits genannten Gründen nicht zu folgen. Mit dem Einwand wird von der Klägerin zudem übersehen, dass sich der für die Trichinenuntersuchung angenommene Wert nur auf die Höhe der für die einzelnen Tierarten festgelegten Gebührensätze auswirkt. Der Wert hat aber keinen Einfluss auf die Berechnung der gesamten auf den Schlachthof der Klägerin entfallenden Untersuchungskosten und deshalb auch keinen Einfluss auf die Gesamthöhe der von der Klägerin zu zahlenden Gebühren.
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
52 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 63.209 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Der nach der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 16.2.2011 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Die in dem Schriftsatz genannten rechtlichen Gesichtspunkte waren sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung und wurden mit den Beteiligten ausgiebig erörtert.
17 
Dem mit Schriftsatz vom 7.2.2010 gestellten Antrag der Klägerin, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über einen derzeit anhängigen Antrag auf Auslegung des Urteils des Gerichtshofs vom 19.3.2009 - C 309/07 - ruhen zu lassen, hat das beklagte Land in der mündlichen Verhandlung die erforderliche Zustimmung nicht erteilt. Die von der Klägerin ferner unter Hinweis auf das beim Europäischen Gerichtshof anhängige Verfahren angeregte Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO hält der Senat nicht für angezeigt.
18 
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Der angefochtene Gebührenbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin deshalb nicht in ihren Rechten. Das Verwaltungsgericht hat die Klage danach zu Recht abgewiesen.
19 
I. Das Landratsamt hat mit dem angefochtenen Bescheid die Gebühren für die in der Zeit vom Januar 2003 bis Dezember 2004 im Betrieb der Klägerin durchgeführten Schlachttier- und Fleischuntersuchungen neu festgesetzt. Der Bescheid stützt sich auf die rückwirkend zum 1.7.1995 in Kraft getretene Rechtsverordnung des Landratsamts vom 30.6.2005 über die rückwirkende Gebührenerhebung für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung (FlHRVO), die an die Stelle der Rechtsverordnung des Ministeriums Ländlicher Raum über Gebühren für Amtshandlungen nach dem Fleischhygienerecht vom 20.7.1998 (Fleischhygienegebührenverordnung) getreten ist. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 FlHRVO werden Gebühren erhoben für nach dem Fleischhygienegesetz durchgeführte Schlachttier- und Fleischuntersuchungen bei Einhufern, Rindern, Kälbern, Schweinen, Ferkeln, Schafen und Ziegen, die u.a. zwischen dem 1.7.1995 und dem 31.12.2004 in Schlachtbetrieben mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt stattgefunden haben. Die Höhe der Gebühr, mit der alle mit der Schlachttier- und Fleischuntersuchung im Zusammenhang stehenden Leistungen einschließlich der Untersuchung auf Trichinen abgegolten werden, ergibt sich aus der Anlage zu dieser Verordnung. Im vorliegenden Fall ist maßgebend die für Schlachtbetriebe mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt geltende Ziff. 3 der Anlage, in der bezogen auf die verschiedenen Tierarten (Einhufer, Rinder, Kälber, Schweine/Ferkel, Schafe/Ziegen) sowie die Jahre, in denen die Amtshandlungen vorgenommen wurden, die für die einzelnen Schlachttier- und Fleischuntersuchungen zu entrichtenden Gebühren festgelegt sind. Die von der Klägerin mit dem angefochtenen Bescheid in Verbindung mit den bereits zuvor ergangenen Bescheiden vom 22.4.2005 und 29.3.2006 geforderten Gebühren entsprechen diesen Regelungen. Fehler bei der Anwendung der Rechtsverordnung werden auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.
20 
II. Die Rechtsverordnung des Landratsamts ist wirksam. Die in der Verordnung enthaltenen Regelungen verstoßen entgegen der Ansicht der Klägerin nicht gegen höherrangiges Recht.
21 
1. Die Rechtsverordnung des Landratsamts hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 2 a Abs. 7, 2 b Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des Fleischhygienegesetzes vom 12.12.1994 (AGFlHG) in der - ebenfalls rückwirkend zum 1.7.1995 in Kraft getretenen - Fassung des Art. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004. Nach § 2 a Abs. 1 AGFlHG werden für die Amtshandlungen nach dem Fleischhygienegesetz und den zur Durchführung dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften Gebühren abweichend von den Pauschalbeträgen oder Gemeinschaftsgebühren erhoben, die in von der Europäischen Gemeinschaft erlassenen Rechtsakten über die Finanzierung der Untersuchungen und Hygienekontrollen von Fleisch enthalten sind, soweit dies zur Deckung der tatsächlichen Kosten erforderlich oder ausreichend ist und diese Rechtsakte dem nicht entgegenstehen. Die Gebühren werden bei dem Schlachtbetrieb, Zerlegungsbetrieb, Kühl- und Gefrierhaus oder Verarbeitungsbetrieb erhoben, der die Amtshandlungen veranlasst (§ 2 a Abs. 6 S. 1 AGFlHG). Die kostenpflichtigen Tatbestände und die Höhe der Gebühren sowie die der Kosten werden gemäß § 2 a Abs. 7 AGFlHG durch Rechtsverordnung der Landratsämter oder durch Satzung der Stadtkreise bestimmt.
22 
Nach Ansicht der Klägerin verstoßen sowohl die mit dem Gesetz vom 14.12.2004 vorgenommene rückwirkende Übertragung der Regelungsbefugnis nach § 2 a und § 2 b AGFlHG auf die Stadt- und Landkreise als auch die rückwirkende Inkraftsetzung der Gebührenverordnung des Landratsamts gegen höherrangiges Recht. Eine solche Rückwirkung sei sowohl verfassungsrechtlich als auch gemeinschaftsrechtlich unzulässig.
23 
Mit dem von der Klägerin erhobenen Einwand hat sich der Senat bereits in seinem - zwischen den Beteiligten des vorliegenden Rechtsstreits ergangenen - Urteil vom 30.3.2006 (- 2 S 831/05 - Juris) eingehend auseinander gesetzt und ihn für unbegründet erklärt. Die von der Klägerin eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 9.10.2006 (- 3 B 75.06 - Juris) zurückgewiesen. Die gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts erhobene Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12.12.2007 (- 1 BvR 20/07 -) nicht zur Entscheidung angenommen. Gesichtspunkte, die in diesen Entscheidungen nicht berücksichtigt wurden oder die zu einer anderen Beurteilung Anlass gäben, werden von der Klägerin nicht aufgezeigt. Der Senat hält daher an seiner bisherigen Auffassung fest.
24 
a) Nach der sowohl vom Bundesverwaltungsgericht als auch vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Auffassung des Senats ist die mit dem Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 verbundene Rückwirkung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei bleibt es.
25 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört die Rechtssicherheit zu den wesentlichen Elementen des Rechtsstaatsprinzips. Der Staatsbürger soll die ihm gegenüber möglichen staatlichen Eingriffe voraussehen und sich dementsprechend einrichten können; er muss darauf vertrauen können, dass sein dem geltenden Recht entsprechendes Handeln von der Rechtsordnung mit allen ursprünglich damit verbundenen Rechtsfolgen anerkannt bleibt (BVerfG, Urt. v. 23.3.1971 - 2 BvL 2/66 u. a. - BVerfGE 30, 367). Belastende Gesetze, die in bereits abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreifen und dadurch echte Rückwirkung entfalten, sind deshalb verfassungsrechtlich grundsätzlich verboten. Das gilt jedoch nicht ausnahmslos. In Fällen, in denen das Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt ist, sind auch Gesetze mit echter Rückwirkung verfassungsmäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend Urt. v. 19.12.1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261) ist das u. a. der Fall, wenn das Gesetz dazu dienen soll, eine unklare oder verworrene Rechtslage rückwirkend zu klären oder eine ungültige Norm durch eine rechtlich nicht zu beanstandende Norm ersetzt werden soll.
26 
Die mit dem Gesetz zur Neuregelung des Gebührenrechts vom 14.12.2004 und der Gebührenverordnung des Landratsamts verbundene Rückwirkung ist danach verfassungsrechtlich unbedenklich. Die zuvor geltende Fleischhygienegebührenverordnung sah vor, dass in Schlachtbetrieben für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung je Tier Gebühren in Höhe der in Anhang A Kapitel I der Richtlinie 85/73/EWG in der jeweils geltenden Fassung enthaltenen Pauschalbeträge erhoben werden. Für den Fall, dass bei bestimmten Schlachtbetrieben aus einem der vom Untersuchungspersonal nicht zu vertretenden, in Kapitel I Nr. 4 Buchst. a des Anhangs A der Richtlinie 85/73/EWG genannten Gründe der jährliche durchschnittliche Zeitaufwand je Tier die in Absatz 1 genannten Zeitwerte übersteigt und deshalb die tatsächlichen Kosten in diesen Betrieben durch die Erhebung der Pauschalbeträge nicht gedeckt werden, gestattete sie eine Anhebung der Pauschalbeträge entsprechend der Zeitüberschreitung, jedoch höchstens bis zum Dreieinhalbfachen (§ 1 Abs. 3 S. 1 FlHGebVO). Die Fleischhygienegebührenverordnung sah ferner vor, dass sich die Gebühr für die Schlachttier- und Fleischuntersuchung bei Einhufern und Schweinen um einen "Gebührenanteil" für die Trichinenuntersuchung erhöht (§ 3 FlHGebVO). Die Frage, ob die Erhebung einer solchen zusätzlichen Gebühr für die Trichinenschau neben der Erhebung der EG-Pauschalgebühren für die Fleischuntersuchung zulässig ist, hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 30.5.2002 - C 284/00 und 288/00 - "Stratmann" (DVBl. 2002, 1108) verneint, da jede von einem Mitgliedstaat beschlossene Erhöhung den Pauschalbetrag der Gemeinschaftsgebühr selbst betreffen und als dessen Anhebung erfolgen müsse. Zu den durch eine solche erhöhte Gebühr zu deckenden Kosten gehörten auch die Aufwendungen für Trichinenschau und bakteriologische Untersuchungen. In Konsequenz dieser Entscheidung verstieß § 3 FlHGebVO gegen das Gemeinschaftsrecht und war daher ebenso wie die mit dieser Vorschrift in einem untrennbaren Zusammenhang stehenden Regelung in § 1 FlHGebVO als nichtig zu betrachten (vgl. das Urt. des Senats v. 30.3.2006, aaO, sowie Beschl. v. 30.6.2009 - 2 S 895/09 -; s. auch BVerwG, Beschl. v. 28.6.2001 - 3 BN 5.01 - Juris).
27 
Die die Fleischhygienegebührenverordnung ersetzende Rechtsverordnung des Landratsamts sowie die zu ihrem Erlass ermächtigenden Regelungen in § 2 a und § 2 b AGFlHG dienen danach zur nachträglichen Umsetzung der - inzwischen aufgehobenen und mit Wirkung vom 1.1.2008 von der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.4.2004 abgelösten - Richtlinie 85/73/EWG vom 29.1.1985 über die Finanzierung der veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen nach den Richtlinien 89/662/EWG, 90/425/EWG, 90/675/EWG und 91/496/EWG (ABl. L 32, S. 14) in der durch die Richtlinie 96/43/EG des Rates vom 26.6.1996 (ABl. L 162, S. 1) geänderten und kodifizierten Fassung. Nach Art. 1 der Richtlinie 85/73/EWG tragen die Mitgliedstaaten "nach Maßgabe des Anhangs A dafür Sorge, dass für die Kosten, die durch die Untersuchungen und Kontrollen der Erzeugnisse im Sinne des vorgenannten Anhangs einschließlich derjenigen zur Gewährleistung des Schutzes der Tiere in den Schlachthöfen im Einklang mit den Anforderungen der Richtlinie 93/119/EWG entstehen, eine Gemeinschaftsgebühr erhoben wird." Gemäß Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie können die Mitgliedstaaten einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet. Kapitel I Nr. 4 des Anhangs der Richtlinie eröffnet dafür zwei Möglichkeiten: Die Mitgliedstaaten können ("zur Deckung höherer Kosten") entweder die in Kapitel I Nr. 1 und 2 Buchst. a) vorgesehenen Pauschalbeträge unter bestimmten, im Anhang der Richtlinie näher bezeichneten Voraussetzungen "für bestimmte Betriebe" erhöhen (Kapitel I Nr. 4 Buchst. a) oder eine ("spezifische") Gebühr erheben, "die die tatsächlichen Kosten deckt" (Kapitel I Nr. 4 Buchst. b).
28 
Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes stehen der nachträglichen Umsetzung der Richtlinie nicht entgegen. Die von den neuen Regelungen betroffenen Betriebe mussten bereits aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben sowie der bundesrechtlichen Regelung in § 24 Abs. 2 FlHG mit der Erhebung kostendeckender Gebühren rechnen. Die Verzögerungen beim Erlass der dafür nötigen Rechtsgrundlagen hatten ihren hauptsächlichen Grund in anfänglichen Unklarheiten über Inhalt und Reichweite des einschlägigen Gemeinschaftsrechts. Bei dieser Sachlage hindern Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nicht, die Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung erst nachträglich rückwirkend zu schaffen (BVerwG, Beschl. v. 9.10.2006, aaO; Beschl. v. 29.3.2005 - 3 BN 1.04 - Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 26 Urt. v. 18.12.2001 - 3 C 1.01 - NVwZ 2002, 486; Beschl. v. 27.4.2000 - 1 C 12.99 - Buchholz 418.5 Nr. 21).
29 
Das gilt erst recht, wenn der nationale Normgeber eine ältere Rechtsgrundlage, die sich als fehlerhaft erweist, nachträglich rückwirkend durch eine neue Rechtsgrundlage ersetzt und dabei bestimmt, dass es infolge der rückwirkenden Anwendung der neuen Rechtsgrundlage zu keinen höheren Gebühren kommen darf, als eine Berechnung auf der Grundlage des älteren Rechts ergeben hätte (BVerwG, Beschl. v. 9.10.2006, aaO; Beschl. v. 29.3.2005, aaO). So verhält es sich hier, da Art. 17 Abs. 5 S. 2 des Gesetzes vom 14.12.2004 bestimmt, dass die Anwendung der auf Grund der Bestimmungen dieses Gesetzes erlassenen Gebührenverordnungen und -satzungen auf vor seiner Verkündung liegende Tatbestände zu keiner höheren Gebührenfestsetzung führen darf, als eine Festsetzung nach der Fleischhygiene-Gebührenverordnung unter Einbeziehung der Kosten für die Trichinenuntersuchung ergeben hätte. Die Gebührenfestsetzung nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 FlHRVO darf dementsprechend gemäß § 1 Abs. 4 FlHRVO höchstens in der Höhe erfolgen, die sich bei einer Anwendung der Fleischhygienegebührenverordnung unter Einbeziehung der Kosten für die Trichinenuntersuchung und die bakteriologische Untersuchung ergeben hätte. Der in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das von ihr vorgelegte Rechtsgutachten erhobene Einwand der Klägerin, sie habe aufgrund der ursprünglich geltenden Regelungen in der Fleischhygienegebührenverordnung darauf vertrauen können, dass eine Erhöhung der in der Richtlinie 85/73/EWG vorgesehenen Pauschalbeträge nur nach Maßgabe der in Kapitel I Nr. 4 Buchst. a genannten und von ihr selbst beeinflussbaren Voraussetzungen erfolgen könne, geht danach ins Leere.
30 
b) Die Klägerin macht ferner erfolglos geltend, die rückwirkende Kompetenzübertragung auf die Stadt- und Landkreise und die Rückwirkung der Rechtsverordnung des Landratsamts seien gemeinschaftsrechtlich unzulässig.
31 
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass das nationale Recht die Umsetzung einer Richtlinie des Gemeinschaftsrechts den Ländern bzw. den Kommunalkörperschaften überlassen darf und dass dies auch für die Umsetzung der Richtlinie 85/73/EWG gilt. Das schließt die Befugnis ein, gemäß Art. 2 Abs. 3 bzw. Art. 5 Abs. 3 sowie gemäß Kapitel I Nr. 4 des Anhangs A unter den dort genannten Voraussetzungen einen höheren Betrag als die EG-Pauschalgebühr zu erheben (EuGH, Urteile v. 10.11.1992 - Rs. C-156/91 - "Hansa Fleisch Ernst Mundt", Slg. I-5567, 5589 und v. 9.9.1999 - Rs. C-374/97 - "Feyrer", Slg. I-5153, 5167; BVerwG, Beschlüsse v. 10.7.2008 - 3 B 30.08 - Juris, 9.10.2006 (aaO) und 26.4.2001 - 3 BN 1.01 - LRE 41, 115). Damit steht zugleich fest, dass jede hiernach zur Rechtsetzung befugte Gebietskörperschaft der Bundesrepublik Deutschland das Gemeinschaftsrecht für ihren jeweiligen Hoheitsbereich umsetzt und dass die Wirksamkeit dieser Umsetzungsakte nicht davon abhängig ist, dass die Umsetzung auch in allen anderen Gebieten der Bundesrepublik Deutschland bereits erfolgt ist.
32 
Geklärt ist ferner, dass europäisches Gemeinschaftsrecht nicht grundsätzlich hindert, die erforderliche Umsetzung rückwirkend vorzunehmen. Namentlich darf eine Richtlinie des sekundären Gemeinschaftsrechts rückwirkend noch zu einem Zeitpunkt umgesetzt werden, zu dem sie bereits geändert oder außer Kraft gesetzt worden ist, sofern der Umsetzungsakt sich vermöge der Rückwirkung für einen Zeitraum Geltung beimisst, zu dem die umgesetzte Richtlinie ihrerseits noch in Geltung stand (BVerwG, Beschl. v. 9.10.2006, aaO). Dazu zwingt schon die Überlegung, dass damit dem Geltungs- und Umsetzungsanspruch des Gemeinschaftsrechts - wenn auch verspätet - Rechnung getragen wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.12.2007, aaO).
33 
Worauf sich die gegenteilige Auffassung der Klägerin stützt, ist auch in der mündlichen Verhandlung im Unklaren geblieben. Ein Rechtssatz des primären oder sekundären Gemeinschaftsrechts, der dem vom Gesetz- und Verordnungsgeber im vorliegenden Fall gewählten Weg der rückwirkenden Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Regelungen über die Erhebung von Fleischbeschaugebühren entgegenstehen könnte, wird von der Klägerin nicht genannt. Ihr Vorbringen erschöpft sich vielmehr - wie schon in dem vorangegangenen Verfahren - in dem für sich genommen nichts sagenden Hinweis, es liege ein "rückwirkender Systemwechsel" vor.
34 
2. Die Gebührenverordnung des Landratsamts ist auch nicht deshalb zu beanstanden, weil sie zwischen Betrieben mit bis zu 500 Schlachtungen, Betrieben mit mehr als 500 und bis zu 2.000 Schlachtungen sowie Großbetrieben mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt unterscheidet und für die in § 1 Abs. 1 S. 1 genannten Untersuchungen in Abhängigkeit von der Größe des Betriebs degressiv gestaffelte Gebührensätze festsetzt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, steht dieses Vorgehen nicht in Widerspruch zu der Richtlinie 85/73/EWG.
35 
Bereits oben wurde darauf hingewiesen, dass Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie es den Mitgliedstaaten gestattet, einen höheren Betrag als die Gemeinschaftsgebühren zu erheben, sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungskosten nicht überschreitet, und Kapitel I Nr. 4 des Anhangs der Richtlinie dafür zwei Möglichkeiten eröffnet: Die Mitgliedstaaten können entweder die in der Richtlinie vorgesehenen Pauschalbeträge unter den im Anhang der Richtlinie näher bezeichneten Voraussetzungen "für bestimmte Betriebe" erhöhen (Kapitel I Nr. 4 Buchst. a) oder eine Gebühr erheben, "die die tatsächlichen Kosten deckt" (Kapitel I Nr. 4 Buchst. b). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs können die Mitgliedstaaten von der ihnen durch Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b eingeräumten Befugnis, eine kostendeckende Gebühr zu erheben, nach ihrem Ermessen ohne weitere Voraussetzungen unter dem alleinigen Vorbehalt Gebrauch machen, dass die Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreitet (Urt. v. 19.3.2009 - C-270/07 - Slg. 2009, I-0000; Urt. v. 19.3.2009 - C-309/07 - "Baumann", Slg 2009, I-2077-2095, Urt. v. 9.9.1999 - C-374/97 - "Feyrer", NVwZ 2000, 182). Der nationale Normgeber ist dementsprechend beim Gebrauchmachen von dieser Befugnis nicht an die in Anhang A Kapitel I Nr. 1 und Nr. 2 Buchst. a vorgesehene Gebührenstruktur gebunden, sondern kann bei der Festlegung des Gebührensatzes der Höhe nach zwischen Untersuchungen von Schlachteinheiten in Großbetrieben und sonstigen Untersuchungen differenzieren und darüber hinaus auch innerhalb dieser beiden Gruppen nach der Anzahl der vorgenommenen Schlachtungen innerhalb der Tierarten den Gebührensatz degressiv staffeln, wenn feststeht, dass diese Faktoren sich tatsächlich auf die Kosten auswirken, die für die Durchführung der in den einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts vorgeschriebenen veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen tatsächlich anfallen (EuGH, Urt. v. 19.3.2009 - C-309/07 -, aaO, Rn. 22).
36 
Gegen die in der Gebührenverordnung des Landratsamts vorgenommene Gebührenstaffelung bestehen danach keine Bedenken. Die - Großbetrieben, wie dem der Klägerin, zu Gute kommende - Differenzierung wird vom Landratsamt mit der unterschiedlichen tariflichen Vergütung des Untersuchungspersonals und den sich daraus ergebenden unterschiedlichen Kostenstrukturen der gebildeten Betriebskategorien begründet. Einwendungen gegen diese - von den Vertreterinnen des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung näher erläuterte - Darstellung werden von der Klägerin nicht erhoben. Dafür, dass die vom Landratsamt genannten Faktoren ohne Einfluss auf die tatsächlich anfallenden Kosten sind, ist auch sonst nichts zu erkennen.
37 
3. Die Klägerin hält die Gebührenverordnung des Landratsamts schließlich zu Unrecht deshalb für rechtswidrig, weil in die ihr zugrunde liegende Kalkulation verschiedene Kosten eingestellt worden seien, die nicht zu den tatsächlich durch die Amtshandlung verursachten Kosten gehörten. Die Kalkulation der Gebühren lässt keinen der von der Klägerin gerügten Fehler erkennen.
38 
a) Die in die Kalkulation eingestellten Kosten bestehen in erster Linie aus den dem Landratsamt entstandenen Kosten für die Bezahlung der mit der Durchführung der Untersuchungen beauftragten Personen, die sich in die Kosten für die von dem beklagten Land beschäftigten Tierärzte sowie die Kosten des im Dienste des Landkreises stehenden sonstigen Untersuchungspersonals unterteilen. Die Kosten der Tierärzte wurden dabei unter Zugrundelegung der jeweiligen Gesamtarbeitszeit an Hand der Vorgaben der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums über die Berücksichtigung der Verwaltungskosten insbesondere bei der Festsetzung von Gebühren und sonstigen Entgelten für die Inanspruchnahme der Landesverwaltung (VwV-Kostenfestlegung) vom 21.10.2002 berechnet, während die Berechnung der Kosten des sonstigen Untersuchungspersonals auf der Grundlage des entsprechenden Tarifvertrags erfolgte, der - soweit hier von Interesse - eine Vergütung nach Stückzahlen vorsieht.
39 
Die Vertreter der Klägerin haben in der mündlichen Verhandlung pauschal die Richtigkeit der den genannten Kostenansätzen zugrunde liegenden Berechnungen des Landratsamts bestritten, ohne irgendeinen Umstand zu nennen, der zumindest Zweifel an der Korrektheit dieser Berechnungen weckte. Dem Einwand fehlt somit jegliche Substantiierung. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass, wegen des Einwands der Klägerin die Berechnungen des Landratsamts einer näheren Überprüfung zu unterziehen. Aufgrund der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht kann davon ausgegangen werden, dass die in eine behördliche Gebührenkalkulation eingestellten Rechnungsgrößen in tatsächlicher Hinsicht korrekt ermittelt worden sind. Aufklärungsmaßnahmen sind daher nur insoweit veranlasst, als sich dem Gericht Unklarheiten oder Widersprüche nach dem Sachvortrag der klagenden Partei oder den beigezogenen Unterlagen aufdrängen. Lässt es die klagende Partei an einem substantiierten Sachvortrag fehlen und ergibt sich auch aus den Akten kein konkreter Anhaltspunkt für einen fehlerhaften Kostenansatz, hat es hiermit sein Bewenden. Die Untersuchungsmaxime ist keine prozessuale Hoffnung, das Gericht werde mit ihrer Hilfe die klagebegründenden Tatsachen ermitteln (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 13.4.2005 - 9 A 3120/03 - KStZ 2005, 138).
40 
b) In die der Gebührenverordnung des Landratsamts zugrunde liegenden Kalkulationen für die Jahre 2003 und 2004 wurden jeweils außer den Kosten des Untersuchungspersonals auch allgemeine Verwaltungskosten eingestellt, d.h. Kosten, die aus den mit der Durchführung der amtlichen Untersuchungen im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Verwaltungstätigkeiten resultieren. Auch das ist, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen hat, nicht zu beanstanden.
41 
Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 85/73/EWG in ihrer Fassung durch die Richtlinie 96/43/EG werden die Gebühren für die in Art. 1 genannten Untersuchungen und Kontrollen in der Weise festgelegt, dass sie die Kosten decken, die die zuständige Behörde in Form von Löhnen und Sozialabgaben der Untersuchungsstelle sowie der durch die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen entstehenden Verwaltungskosten zu tragen hat. Zu den durch die Gebühren zu deckenden Kosten gehören danach außer den Kosten der in den Untersuchungsstellen neben den Tierärzten und Fleischkontrolleuren beschäftigten Verwaltungskräfte auch die anteiligen Gemeinpersonalkosten für jene Bediensteten, die in Querschnittsämtern oder auf übergeordneter Ebene Aufgaben erfüllen, welche durch die Durchführung der Untersuchungen veranlasst sind (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 30.7.2009 - 2 S 63/09 -; Urt. v. 20.3.2006, aaO; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.3.2009 - 17 A 3510/03 - Juris; Urt. v. 14.12.2004 - 9 A 4232/02 - KStZ 2005, 72).
42 
Das Landratsamt hat die danach zu Recht berücksichtigten allgemeinen Verwaltungskosten auf der Grundlage der bereits erwähnten Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums vom 21.10.2002 berechnet und dabei eine halbe Stelle im gehobenen Dienst zuzüglich "Zuschlägen für IuK-Ausstattung und Raumkosten nach Belegen" zugrunde gelegt. Auch dagegen bestehen entgegen der Ansicht der Klägerin keine Bedenken. Die Klägerin sieht in dem Vorgehen des Landratsamts eine unzulässige Pauschalierung, da sie meint, die über die von ihr verlangten Gebühren zu deckenden Kosten müssten ausnahmslos "centgenau" ermittelt werden. Sie beruft sich dafür auf die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 19.3.2009 (aaO), denen sie entnimmt, dass bei der Anhebungsvariante nach Nr. 4 Buchst. b ein Pauschalierungsverbot bestehe. Dem kann nicht gefolgt werden. Im Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19.3.2009 - C-270/07 - (Rn.31 f.) wird im Anschluss an die früheren Entscheidungen des Gerichtshofs noch einmal betont, dass die Befugnis, eine spezifische, über die Gemeinschaftsgebühren hinausgehende Gebühr zu erheben, nur von der Voraussetzung abhängig ist, dass die entsprechende Gebühr sämtliche tatsächlich entstandenen Kosten abdeckt. Der Europäische Gerichtshof leitet daraus her, dass die entsprechende Gebühr zum einen nicht den Betrag der tatsächlich entstandenen Kosten übersteigen dürfe und dass sie zum anderen sämtliche Kosten umfassen müsse, ohne dass bestimmte Kosten unberücksichtigt bleiben könnten. Sie dürfe damit nicht die Form einer "pauschalen" Gebühr in dem Sinne annehmen, in dem die Kommission diesen Begriff verstehe, da es zum Wesen einer pauschal festgesetzten Gebühr gehöre, dass sie in bestimmten Fällen die tatsächlichen Kosten für die Maßnahmen, die mit ihr finanziert werden sollen, übersteige und in anderen Fällen niedriger sei.
43 
Den zitierten Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs ist ohne weiteres zu entnehmen, dass die Gebührenschuldner nur mit Kosten belastet werden dürfen, die der die Untersuchung durchführenden Stelle tatsächlich entstanden sind. Das Gleiche folgt im Übrigen bereits aus allgemeinen abgabenrechtlichen Grundsätzen. So muss etwa bei der Erhebung eines Erschließungsbeitrags ein Aufwand unberücksichtigt bleiben, den die Gemeinde nicht selbst erbracht hat, und ebenso ein solcher, von dem sich nicht feststellen lässt, ob und inwieweit die Gemeinde ihn erbracht hat (BVerwG, Urt. v. 16.8.1985 - 8 C 122.83 u. a. - NJW 1986, 1122). Dies ist jedoch keine ausnahmslos geltende Regel, da es Fälle gibt, in denen eine "centgenaue" Kostenermittlung praktisch unmöglich ist, ohne dass sich deshalb der Schluss rechtfertigte, die Gemeinde könne die betreffenden Kosten überhaupt nicht geltend machen. Nach allgemeiner Ansicht ist deshalb dem Grundsatz der "centgenauen" Kostenermittlung durch das (auch) dem Abgabenrecht eigene Bedürfnis nach Verwaltungspraktikabilität eine Grenze gesetzt mit der Folge, dass Kosten, deren exakte Höhe nicht oder allenfalls mit unvernünftigem und in diesem Sinne unvertretbarem Verwaltungsaufwand ermittelt werden können, mit Hilfe gesicherter Erfahrungssätze geschätzt werden dürfen. Die Geltung dieser Grundsätze auch für die hier in Rede stehenden Gebühren für die amtlich vorgeschriebenen Schlachttier- und Fleischuntersuchungen wird durch die zitierten Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs nicht in Frage gestellt. Aus diesen Ausführungen kann daher keine Verpflichtung hergeleitet werden, die betreffenden Kosten seien ausnahmslos und damit auch hinsichtlich derjenigen Kostenfaktoren "centgenau" zu ermitteln, bei denen eine solche Ermittlung nicht oder nur mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist.
44 
In dem Umstand, dass das Landratsamt die in die Kalkulationen eingestellten allgemeinen Verwaltungskosten nur überschlägig ermittelt hat, kann danach kein zur Nichtigkeit der Rechtsverordnung des Landratsamts führender Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 85/73/EWG gesehen werden, da eine "centgenaue" Berechnung dieser Kosten nicht oder allenfalls mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich wäre. Der Umstand, dass es sich bei den Kalkulationen für die Jahre 2003 und 2004 um nachträglich vorgenommene Kalkulationen handelt, ändert daran nichts.
45 
c) Das Landratsamt hat bei der - nachträglich vorgenommenen - Kalkulation der Gebühren für das Jahr 2003 die tatsächlichen Kosten und Schlachtzahlen dieses Jahres zugrunde gelegt. Bei der Kalkulation der Gebühren für das Jahr 2004 ist es nach den von ihm gegebenen Erläuterungen in derselben Weise verfahren, da das Rechnungsergebnis 2004 noch nicht vorgelegen habe. Dabei wurde aber im Hinblick auf erwartete tarifliche Nachzahlungen sowohl bei den Kosten des Untersuchungspersonals als auch bei den Personalkosten für den Verwaltungsvollzug ein Zuschlag von jeweils 4,07 % eingerechnet. In den Erläuterungen zur Kalkulation wird dazu auf das Ergebnis der Lohnrunde 2003 für die Angestellten im öffentlichen Dienst für die Jahre 2003 und 2004 hingewiesen. Weiter heißt es, dass bisher weder für 2003 noch für 2004 Nachzahlungen angefallen seien, da die - den Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure außerhalb öffentlicher Schlachthöfe (TVAngaöS) betreffenden - Tarifverhandlungen ausgesetzt seien. Es sei aber mit entsprechenden Nachzahlungen nach Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen zu rechnen.
46 
Die gegen dieses Vorgehen erhobenen Einwendungen der Klägerin sind ebenfalls unbegründet. Aus der Forderung, dass eine gemäß Anhang A Kapitel I Nr. 4 Buchst. b erhobene Gebühr die tatsächlichen Kosten nicht überschreiten darf, folgt kein Verbot einer Gebührenkalkulation auf der Grundlage prognostischer Werte (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.9.2009 - 17 A 2609/03 - Juris). Die Höhe der für die gemeinschaftsrechtlich vorgeschriebenen veterinär- und hygienerechtlichen Kontrollen zu entrichtenden Gebühren muss im Normalfall bereits vor der Vornahme dieser Kontrollen feststehen. Dazu bedarf es einer auf prognostischen Annahmen beruhenden Vorauskalkulation, bei der die voraussichtlichen gebührenfähigen Gesamtkosten in der jeweiligen Gebührenperiode der für denselben Zeitraum ermittelten Zahl der voraussichtlichen Kontrollen gegenüber gestellt werden müssen. Das gilt im Grundsatz auch für eine - wie im vorliegenden Fall - rückwirkend erlassene Gebührenverordnung. Sofern im Zeitpunkt des Erlasses einer solchen Verordnung die gebührenfähigen Kosten feststehen, ist allerdings für eine nachträgliche Prognose kein Raum mehr. Die auch in einem solchen Fall erforderliche Kalkulation hat daher an Stelle von Prognosen auf die tatsächlichen Werte zurück zu greifen (vgl. BayVGH, Urt. v. 2.4.2004 - 4 N 00.1645 - NVwZ-RR 2005, 281; OVG Niedersachsen, Urt. v. 8.8.1990 - 9 L 182/99 - NVwZ-RR 1991, 383). Das ist jedoch nur insoweit möglich, als diese Werte im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung bereits bekannt sind. Im Übrigen kann dagegen nach wie vor nur mit Prognosen gearbeitet werden.
47 
Die Einstellung eines Zuschlags in die Kalkulation für das Jahr 2004 ist danach nicht zu beanstanden, da über die genaue Höhe der in diesem Jahr entstehenden Personalkosten aus den vom Landratsamt genannten Gründen im Zeitpunkt des Erlasses der Rechtsverordnung keine sichere Kenntnis bestand. Die von ihm deshalb vorgenommene Prognose ist allgemeinen Grundsätzen entsprechend nur darauf zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden ist, auf realistischen Annahmen beruht und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist. Das ist hier der Fall. Hierauf bezogene Einwendungen werden auch von der Klägerin nicht erhoben. Die Klägerin weist lediglich darauf hin, dass sich die Prognose des Landratsamts nicht bestätigt habe. Das ist richtig, da nach den in der mündlichen Verhandlung erfolgten Erklärungen der Vertreterinnen des Landratsamts bei den später wieder aufgenommenen Tarifverhandlungen tatsächlich keine Nachzahlungen für die hier interessierenden Jahre vereinbart worden sind. Darauf, ob die Prognose des Landratsamts sich bewahrheitet hat, kommt es jedoch nicht an. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist die Frage, ob die vom Landratsamt seinerzeit anzustellende Prognose den an sie zu stellenden Anforderungen genügt, nicht aber, ob die Prognose durch die spätere tatsächliche Entwicklung bestätigt oder widerlegt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.10.2009 - 3 C 26.08 - Juris; Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110, 121).
48 
d) Die der Gebührenverordnung zugrundeliegenden Kalkulationen des Landratsamts sind ferner nicht deshalb fehlerhaft, weil das Landratsamt bei der Berechnung der Gebührensätze eine durchschnittliche Untersuchungszeit je Schwein/Ferkel von 4,27 Min. angenommen hat, die eine auf die Trichinenuntersuchung entfallende Zeit von 0,56 Min. je Untersuchung einschließt.
49 
Nach Ermittlung der auf den Schlachthof der Klägerin als dem einzigen Großbetrieb mit mehr als 2.000 Schlachtungen je Kalendermonat im Jahresdurchschnitt entfallenden Gesamtkosten enthalten die Kalkulationen des Landratsamts in einem zweiten Schritt eine Berechnung der für die einzelnen Tierarten geltenden Gebührensätze. Dies geschieht, indem die (tatsächlichen) Schlachtzahlen des Jahres 2003 mit dem auf die jeweilige Tierart entfallenden durchschnittlichen Zeitaufwand multipliziert und die Ergebnisse addiert werden. Die Gesamtkosten des Untersuchungspersonals werden durch die so ermittelte gesamte Untersuchungszeit dividiert, woraus sich Kosten je Untersuchungsminute von 0,56 EUR (2003) bzw. 0,58 EUR (2004) ergeben. Diese Zahl bildet die Basis für die Berechnung der jeweiligen, für die einzelnen Tierarten geltenden Gebührensätze. Dieses Vorgehen ist sachgerecht und wird auch von der Klägerin im Grundsatz nicht angegriffen.
50 
Die der Berechnung zugrunde gelegte durchschnittliche Untersuchungszeit je Schwein/Ferkel hat das Landratsamt für 2003 und 2004 jeweils mit 4,27 Min. angenommen. In dieser Zeit ist ein auf die Trichinenuntersuchung entfallender Wert von 0,56 Min. je Untersuchung enthalten, bei dem es sich um eine aufgrund der Vorjahre ermittelte Durchschnittsgröße handelt. Die Klägerin sieht auch in dem Ansatz dieses Werts eine unzulässige Pauschalierung. Dem ist aus den bereits genannten Gründen nicht zu folgen. Mit dem Einwand wird von der Klägerin zudem übersehen, dass sich der für die Trichinenuntersuchung angenommene Wert nur auf die Höhe der für die einzelnen Tierarten festgelegten Gebührensätze auswirkt. Der Wert hat aber keinen Einfluss auf die Berechnung der gesamten auf den Schlachthof der Klägerin entfallenden Untersuchungskosten und deshalb auch keinen Einfluss auf die Gesamthöhe der von der Klägerin zu zahlenden Gebühren.
51 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
52 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
53 
Beschluss
54 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 63.209 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
55 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tenor

I.

Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 18. April 2013 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Aufhebung eines Beitragsbescheids der Beklagten für das Jahr 2013.

Die Vollversammlung der Beklagten beschloss am 5. Dezember 2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013. Darin wurde der Wirtschaftsplan in der Plan-Gewinn- und Verlustrechnung mit einer Summe der Erträge in Höhe von 79.216.400,- Euro, einer Summe der Aufwendungen in Höhe von 89.857.200,- Euro und einem Verlustausgleich aus dem Gewinnvortrag i. H. v. 10.640.800,- Euro festgelegt. Weiter wurde u. a. ein Grundbeitrag für IHK-Zugehörige, die im Handelsregister eingetragen sind, mit einem Verlust oder einem Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb bis 100.000,- Euro von 150,- Euro bestimmt.

Mit Beitragsbescheid der Beklagten vom 18. April 2013 wurde die Klägerin für das Jahr 2013 vorläufig zu einem Grundbeitrag von 150,- Euro veranlagt.

Am 21. Mai 2013 erhob die Klägerin Klage gegen den Beitragsbescheid vom 18. April 2013. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, die von der Beklagten gebildeten Rücklagen würden gegen die Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG verstoßen. Gemäß der Bilanz der Beklagten zum 31. Dezember 2011 habe deren Eigenkapital 165 Mio. Euro betragen, d. h. rund 236 v. H. des jährlichen Betriebsaufwands. Die sog. Nettoposition bzw. das Grundkapital i. H. v. 40 Mio. Euro in 2011 sei nicht erforderlich, da keine Insolvenz der Beklagten möglich sei. Der Bilanzgewinn aus 2011 i. H. v. über 44 Mio. Euro habe rückerstattet werden müssen, statt dem Eigenkapital zugeführt zu werden. Andere Rücklagen i. H. v. rund 48 Mio. Euro seien ebenfalls zu hoch. Das Finanzstatut der Beklagten sei nicht rechtskonform, wenn es eine solche Rücklagenbildung zulasse. Der Haushaltsplanung der Beklagten zugrunde liegende Prognosen würden hinsichtlich des Jahresüberschusses nie auch nur ungefähr eintreffen. Wegen unzutreffender Zahlen fehle eine Tatsachengrundlage für eine rechtmäßige Ermessensentscheidung der Vollversammlung der Beklagten. Für die Entwicklung der Höhe der Ausgleichsrücklage seien keine hinreichenden Gründe ersichtlich. Der Gewinnvortrag der Beklagten sei möglicherweise unzulässig, jedenfalls bei einem Volumen von fast 33 Mio. Euro ermessensfehlerhaft. Auch die Instandhaltungs- und Baurücklagen der Beklagten seien zweifelhaft. Die Beklagte verfüge zudem über Immobilienvermögen, das zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben nicht benötigt werde.

Die Klägerin beantragt,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 18. April 2013 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, Rechtsgrundlage des streitgegenständlichen Beitragsbescheides seien § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2, 3 IHKG i. V. m. der Beitragsordnung und der Wirtschaftssatzung der Beklagten. Eine angemessene Rücklagenbildung sei nach der Rechtsprechung zulässig und widerspreche nicht den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Die Angemessenheit der Rücklagen lasse sich am Maßstab des Gesamthaushalts eher als am Jahresbeitragsaufkommen beurteilen. Das Stammkapital der Beklagten habe zum 31. Dezember 2011 rd. 40 Mio. Euro betragen. Die Ausgleichsrücklage in Höhe von 32,6 Mio. Euro im Jahr 2011 entspreche 42,3% des Betriebsaufwands. Andere Rücklagen seien zweckgebunden für die Finanzierung laufender und geplanter Bau- und Sanierungsmaßnahmen bestimmt, insbesondere für das Stammhaus der Beklagten.

Aufgrund eines Beschlusses des Gerichts vom 17. Juni 2014 nahm die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. Juli 2014 zu mehreren Fragen Stellung, insbesondere betreffend eine Zweckbindung des im Wirtschaftsplan 2013 ausgewiesenen Gewinnvortrags. Unter Vorlage weiterer Unterlagen führte die Beklagte u. a. aus, der Jahresabschluss 2012 beinhalte hinsichtlich der Ergebnisverwendung die Einbringung von 3.608.299,48 Euro in eine neu zu bildende zweckgebundene Rücklage „Finanzierung der neuen Geschäftsstellen in Ingolstadt und Rosenheim“. Der Instandhaltungsrücklage „Orleansstraße“ seien 5.871.039,83 Euro zugeführt worden. Der Restbetrag in Höhe von 32.908.333,03 Euro sei auf neue Rechnung vorgetragen worden. Im Wirtschaftsplan 2013 würden an mehreren Stellen die Verwendung des Gewinnvortrags und dessen Zweckbindung erläutert. Der Gewinnvortrag sei im Zuge der Ergebnisverwendung nach § 17 Nr. 3 des Finanzstatuts in den Jahresabschlüssen 2008 bis 2011 gebildet und mit einer Zweckbindung im Hinblick auf die Maßnahmen bezüglich der IHK-Standorte („Generalsanierung Max-Joseph-Straße“ und „Regionalisierung“) versehen worden. Die mit der Baumaßnahme „Generalsanierung des IHK-Standorts Max-Joseph-Straße“ einhergehenden Nebenkosten seien im Projektbudget nicht enthalten und würden jährlich im jeweiligen Wirtschaftsplan budgetiert. Die laufenden Kosten für das Projekt „Regionalisierung“ seien ebenfalls in den

jeweiligen Wirtschaftsplänen budgetiert. Die Nebenkosten der Generalsanierung sowie die laufenden Kosten der „Regionalisierung“ würden wesentlich die geplanten Jahresfehlbeträge verursachen. Der Gewinnvortrag diene zum Ausgleich der Fehlbeträge ab 2013. Er sei nicht auf einen singulären Zweck fixiert. Er diene im konkreten Fall der Finanzierung der Investitionen der Generalsanierung des Stammhauses in der Max-Joseph-Straße sowie zur Deckung der Aufwendungen für die Interimslösung „Balanstraße“ und verschiedener Projekte (z. B. Aufwendungen im Zusammenhang mit den geplanten neuen Geschäftsstellen in den Regionen). Bezüglich des weiteren Vortrags der Beklagten wird auf die Schriftsätze ihrer Bevollmächtigten vom 1. Juli 2013, vom 28. Januar 2014, vom 26. März 2014 und vom 10. Juli 2014 sowie die jeweils vorgelegten Anlagen verwiesen.

Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Niederschriften über die mündlichen Verhandlungen am 26. November 2013 und am 20. Januar 2015 sowie über den Erörterungstermin am 23. Mai 2014, die Gerichtsakte und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 18. April 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Zwar ist die Klägerin als Kammerzugehörige (vgl. § 2 Abs. 1 IHKG) nach § 1 der Beitragsordnung i. V. m. Ziffer II.3.b.ba) der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Jahr 2013 zu einem Grundbeitrag von 150,- Euro heranzuziehen. Dieser Beitragstatbestand ist jedoch wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG unwirksam.

1. Beiträge dürfen nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG nur insoweit erhoben werden, als die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der betreffenden Industrie- und Handelskammer (im Folgenden: IHK) nicht anderweitig gedeckt sind; sie dürfen nicht der Vermögensbildung dienen. Hiergegen verstößt nicht die Bildung angemessener Rücklagen, die zu einer geordneten Haushaltsführung gehören und bei denen es sich um Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt (vgl. BVerwG, U. v. 26.6.1990 - 1 C 45/87 - juris Rn. 20). Neben einer Betriebsmittelrücklage können auch Rücklagen für bestimmte Zwecke vorgesehen werden (BayVGH, B. v. 26.8.2005 - 22 ZB 03.2600 - juris Rn. 5). Die Frage nach einer Unangemessenheit der Rücklagenbildung lässt sich am ehesten am Maßstab des Gesamthaushalts beurteilen. Maßgeblich ist auch, ob die Vorgaben des Finanzstatuts der jeweiligen IHK als Grundlage für die Rücklagenbildung beachtet wurden (BayVGH, B. v. 4.9.2012 - 22 ZB 11.1007 - juris Rn. 25).

Der für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Zeitpunkt ist hier die Beschlussfassung der Vollversammlung der Beklagten am 5. Dezember 2012 über die Wirtschaftssatzung 2013, auf der die streitgegenständliche Beitragserhebung beruht.

2. Die Rücklagenbildung durch die Beklagte ist nach diesen Maßstäben grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Die Bildung der Ausgleichsrücklage, die nach dem Haushaltsplan für 2013 in Höhe von 32.582 TEuro vorgesehen war und damit 36,3% des geplanten Betriebsaufwandes betragen sollte (vgl. Wirtschaftsplan, Stand: 17.11.2012, Rücklagenübersicht auf S. 9), entspricht den Vorgaben von § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten in der damals geltenden Fassung vom 24. Juli 2006. Danach war eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v. H. und 50 v. H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen. Die Festlegung der Höhe der Ausgleichsrücklage innerhalb dieses prozentualen Korridors unterliegt einem gerichtlich nicht nachprüfbaren Beurteilungsspielraum der Vollversammlung der Beklagten. Eine Anwendung der Anforderungen an die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung nach Art. 40 BayVwVfG i. V. m. § 114 VwGO scheidet schon deshalb aus, weil es sich bei dieser Festlegung der Vollversammlung nicht um die Ermessensentscheidung einer Behörde im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens handelt, worauf sich der Anwendungsbereich dieser Vorschrift beschränkt (anders VG Koblenz, U. v. 25.11.2013 - 3 K 121/12.KO - juris Rn. 32 ff.).

Die weiter gebildeten Instandhaltungsrücklagen für bestimmte Projekte unterliegen hinsichtlich ihrer Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit gleichermaßen keiner gerichtlichen Kontrolle bei der Prüfung, ob eine Beitragserhebung mit § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG vereinbar ist. Auch besteht ein weiter Beurteilungsspielraum der Beklagten hinsichtlich der Frage, inwieweit die Projektfinanzierung über laufende Einnahmen oder über Rücklagen erfolgen soll. Ob nach der oben zitierten Rechtsprechung die Gesamthöhe der gebildeten Rücklagen bereits als unangemessen angesehen werden könnte, bedarf vorliegend aufgrund der nachstehenden Erwägungen keiner abschließenden Klärung.

3. Aufgrund des im Wirtschaftsplan für 2013 vorgesehenen Ergebnisvortrags in Höhe von 20.476 TEuro steht die Beitragserhebung nicht mit § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG in Einklang.

a) Dieser Ergebnisvortrag stellt nicht die Bildung einer Rücklage im Sinne des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom24. Juli 2006 dar.

Nach § 15 Abs. 3 Satz 4 des Finanzstatuts der Beklagten vom24. Juli 2006 war neben der obligatorischen Ausgleichsrücklage die Bildung anderer Rücklagen zulässig. Nach den Richtlinien zur Ausführung des Finanzstatuts der Beklagten (RFS) vom 9. November 2011 zu § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts durfte die Beklagte Rücklagen nur für bestimmte Zwecke bilden.

Diese Festlegung entspricht auch den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts, welche bei dem Erlass des Finanzstatuts zu beachten sind (vgl. § 3 Abs. 7a Satz 2 IHKG). Gemäß den Standards für die staatliche doppelte Buchführung nach § 7a i. V. m. § 49a des Gesetzes über die Grundsätze des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder - HGrG (Stand 12.11.2014, dort Ziffer 5.5.3.) fallen unter die sog. Gewinnrücklagen zum einen gebundene Rücklagen für bestimmte, der Art und der (absoluten oder relativen) Höhe nach festgelegte künftige Ereignisse und Maßnahmen (z. B. Rücklagen für Großprojekte) oder zum Ausgleich künftiger Verluste. Daneben können freie bzw. allgemeine Rücklagen gebildet werden, die der Verwaltung unter Berücksichtigung des Budgetrechts des jeweiligen über den Haushalt entscheidenden Organs Möglichkeiten der Verwendung in Folgejahren eröffnen. Nach dem oben Gesagten ließ § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten als „andere Rücklagen“ gebundene Rücklagen zu. Der Gewinn- bzw. Verlustvortrag stellt dagegen das kumulierte Jahresergebnis aus Vorjahren dar, soweit dieses nicht den Rücklagen zugeführt wurde (vgl. vorgenannte Standards, dort Ziffer 5.5.4.).

Vorliegend wurde der Gewinnvortrag in Höhe von 20.476 TEuro nicht als Rücklage im Sinne von § 15 Abs. 3 Satz 4 des Finanzstatuts behandelt. Dies ergibt sich zum einen aus Ziffer der Wirtschaftssatzung vom 5. Dezember 2012, wonach in 2013 keine Rücklagenveränderung vorgesehen war. Demzufolge sollte der Gewinnvortrag nicht der Rücklagenbildung dienen. Entsprechend ist im zugrundeliegenden Wirtschaftsplan (vgl. dort Übersicht auf S. 6) keine Einstellung des Gewinnvortrags in Rücklagen vorgesehen gewesen, sondern nur die Verwendung eines Teilbetrags zum Ausgleich des geplanten Jahresfehlbetrags in 2013. Diese Ausweisung des Gewinnvortrags in der Wirtschaftssatzung und im Wirtschaftsplan kann nicht allein deshalb anders interpretiert werden, weil der Ergebnisvortrag in den Erläuterungen zum Wirtschaftsplan 2013 in die Übersicht über den „Stand der Rücklagen“ aufgenommen wurde (vgl. S. 9 des Wirtschaftsplans für 2013).

b) Aus dem Verbot der Vermögensbildung folgt, dass eine IHK einen ungeplanten Bilanzgewinn zur Finanzierung ihrer Aufgaben in der Regel spätestens in den nächsten, zeitlich auf die Feststellung des Gewinns nachfolgenden Wirtschaftsplan einzustellen hat. Anderes gilt nur dann, soweit nicht eine Beitragsrückerstattung an die Kammermitglieder erfolgt oder die Vollversammlung bereits einen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung gefasst hat (OVG RhPf, U. v. 23.9.2014 - 6 A 11345/13 - juris). Entsprechend ist auch in staatlichen Haushaltsordnungen geregelt, dass ein Haushaltsüberschuss, der keiner konkreten Verwendung zugeführt wird, spätestens in den Haushaltsplan für das zweitnächste Haushaltsjahr als Einnahme einzustellen ist (vgl. z. B. Art. 25 Abs. 2 Satz 2 BayHO). Eine vergleichbare ausdrückliche Regelung hat auch die Beklagte in die am 1. Juli 2014 beschlossene Neufassung ihres Finanzstatuts aufgenommen (vgl. Anlage B 4, dort insbesondere § 15a Abs. 3).

Auch aus § 15 Abs. 3 Satz 4 des Finanzstatuts vom24. Juli 2006 folgt, dass insbesondere die Rückstellung von Jahresüberschüssen zur Finanzierung von Projektkosten in Folgejahren nur über die Bildung zweckgebundener Rücklagen zulässig sein sollte. Durch die Bildung solcher Rücklagen wird nachvollziehbar, für welche Projekte in welcher Höhe Mittel eingesetzt werden sollen. Diese Zielsetzung verfolgt auch § 8 Abs. 2 des Finanzstatuts, wonach verbindliche Grundlage für die Genehmigung einer größeren Baumaßnahme durch die Vollversammlung eine Investitions- und Finanzierungsübersicht ist. Die mit diesen Vorgaben des Finanzstatuts erzielte Transparenz und Verbindlichkeit würde beeinträchtigt, wenn -alternativ zur Rücklagenbildung und unter pauschalem Hinweis auf einen Mittelbedarf zur Projektfinanzierung - Gewinnvorträge ohne verbindliche Zweckbindung zulässig wären.

c) Der aus dem Jahr 2011 vorgetragene Gewinn in Höhe von rd. 32.908 TEuro wäre demnach als Einnahme in den Wirtschaftsplan einzustellen gewesen, soweit er

c) nicht in Höhe von rd. 10.641 TEuro den geplanten Jahresfehlbetrag in 2013 ausgleichen sollte. Der Gewinnvortrag ist hier nicht ausnahmsweise zulässig, weil die Vollversammlung der Beklagten keinen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung gefasst hat.

Lediglich in der nicht verbindlichen Mittelfristplanung (vgl. zur Planungsmethodik S. 35 des Wirtschaftsplans für 2013) ist vorgesehen, dass der Ausgleich von in den Folgejahren erwarteten Jahresfehlbeträgen über Entnahmen aus den Instandhaltungsrücklagen und aus dem Ergebnisvortrag erfolgen sollte. Infolge der Generalsanierung des Stammhauses in der Max-Joseph-Straße wurden bis 2017 mit geringen Schwankungen hohe Jahresfehlbeträge erwartet, die voraussichtlich im Jahresdurchschnitt 10,0 Mio. Euro betragen sollten (vgl. S. 39 des Wirtschaftsplans 2013, dort unter F).

Eine verbindliche und eindeutige Festlegung der Verwendung des Gewinnvortrags kann auch nicht sonstigen Beschlüssen der Vollversammlung entnommen werden. Ohnehin spricht viel dafür, dass eine solche definitive Zweckbestimmung erst bei der Entscheidung über den Wirtschaftsplan 2013 möglich gewesen wäre. Insbesondere stand erst zu diesem Zeitpunkt fest, inwieweit der Gewinnvortrag aus Vorjahren tatsächlich für bestimmte Projekte verfügbar war und nicht für den Ausgleich eines Jahresfehlbetrags benötigt wurde. Bei früheren Beschlüssen über diese Projekte stand die Höhe späterer Gewinnvorträge - einschließlich des Jahresergebnisses 2011 - noch nicht fest. Es ist schon fraglich, inwieweit die Zweckbestimmung kumulierter Jahresergebnisse zugunsten bestimmter Projekte nicht die Umgehung der besonderen Regelungen über die Rücklagenbildung darstellen würde. Auch unter Annahme der o. g. (allgemeinen) Zweckbestimmung des Ausgleichs erwarteter Jahresfehlbeträge infolge der Stammhaus-Sanierung wäre der Gewinnvortrag letztlich für die Projektfinanzierung bestimmt gewesen.

Unabhängig hiervon konnte die Beklagte eine konsequente Zweckbindung des bis 2011 kumulierten Gewinnvortrags in Höhe von rd. 32.908 TEuro im vorliegenden Verfahren nicht schlüssig darlegen. Zwar sollte laut Beschlussvorlage vom 4. März 2011 für den Bauwirtschaftsplan für die Generalsanierung des Hauptgebäudes in der Max-Joseph-Straße diese Maßnahme ausschließlich aus Eigenmitteln in Form von Gewinnvorträgen und Rücklagen finanziert werden. Der Finanzierungsplan sehe zunächst bis Herbst 2013 den Verbrauch der Gewinnvorträge in Höhe von 32,4 Millionen Euro vor. Diese Zweckbestimmung für den damals bestehenden Gewinnvortrag - der betragsmäßig in etwa dem Stand Ende 2011 entsprach - hat jedoch in der Folgezeit nach dem eigenen Vortrag der Beklagten keinen Bestand gehabt. So hat die Beklagte mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 10. Juli 2014 vorgetragen, der Gewinnvortrag habe dem Ausgleich von Fehlbeträgen ab 2013 gedient, die durch Nebenkosten der Generalsanierung - d. h. gerade nicht die eigentlichen Baukosten - sowie die laufenden Kosten der Regionalisierung verursacht worden seien.

An anderer Stelle des Schriftsatzes vom 10. Juli 2014 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Gewinnvortrag nicht auf einen singulären Zweck fixiert gewesen sei. Er habe im konkreten Fall der Finanzierung der Investitionen der Generalsanierung des Stammhauses in der Max-Joseph-Straße sowie zur Deckung der Aufwendungen für die Interimslösung „Balanstraße“ und verschiedener Projekte (z. B. Aufwendungen im Zusammenhang mit den geplanten neuen Geschäftsstellen in den Regionen) gedient. Diese Aussagen zur vorgesehenen Ergebnisverwendung finden sich auch in der Beschlussvorlage für die Vollversammlung der Beklagten am 24. Juli 2012. Der Beschluss über die Ergebnisverwendung (vgl. § 17 Abs. 3 des Finanzstatuts vom 24.07.2006) beinhaltet jedoch lediglich die Festlegung, einen Teilbetrag von in Höhe von rd. 32.908 TEuro auf neue Rechnung vorzutragen; die Zweckbestimmung ist dagegen nicht Gegenstand der bindenden Beschlussfassung. Zudem handelt es sich auch nur um eine nicht abschließende

Aufzählung von (möglicherweise) aus dem Gewinnvortrag zu finanzierenden Projekten.

Auch dem Wirtschaftsplan 2013 ist eine alleine auf die Sanierung des Stammhauses zurückzuführende Verwendung des Gewinnvortrags nicht zu entnehmen. Der erwartete Jahresfehlbetrag in Hohe von rd. 10.641 TEuro - der mit einem Teilbetrag des Gewinnvortrags ausgeglichen werden sollte - hätte laut Wirtschaftsplan (vgl. dort Übersicht auf S. 6) ohne die Sanierung des Stammhauses noch 4.721 TEuro betragen.

Letztlich ist die konkrete Verwendung des Gewinnvortrags in den Jahren ab 2014 nicht verbindlich festgelegt worden. Zwar bestand vermutlich bei der Vollversammlung tatsächlich die Vorstellung, dass insbesondere die benannten Projekte u. a. mit Hilfe des Gewinnvortrags realisiert werden sollten. Eine konkrete Zweckbindung der Mittel war jedoch offensichtlich gerade nicht beabsichtigt. Andernfalls wäre eine dem Finanzstatut entsprechende Rücklagenbildung erfolgt. Hinsichtlich der Umsetzung des sogenannten Regionalisierungskonzepts kommt hinzu, dass nach dem Vortrag der Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 10.7.2014, S. 9) die Vollversammlung erst am 1. Juli 2014 entschieden hat, dass eine Finanzierung aus Eigenmitteln erfolgen solle. Eine konkrete, verbindliche Rücklagenbildung für diesen Zweck wäre vor dieser Grundsatzentscheidung wohl nicht in Betracht gekommen.

3. Aus der Unzulässigkeit des im Wirtschaftsplan 2013 geplanten teilweisen Vortrags der kumulierten Jahresergebnisse aus den Vorjahren ergibt sich nicht, dass die entsprechenden Mittel nicht zur Rücklagenbildung für Projekte der Beklagten eingesetzt werden dürften. Gegebenenfalls müsste bei der Bewertung der Angemessenheit der dann insgesamt gebildeten Rücklagen - neben der Relation zum Gesamthaushalt der Beklagten - berücksichtigt werden, dass die mittelfristig besonders aufwändigen Vorhaben erkennbar Ausnahmecharakter besitzen. Projekte wie die Sanierung des Stammhauses und die Schaffung neuer Geschäftsstellen gehören nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb der Beklagten, sondern dienen ersichtlich dazu, langfristig die organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen für die Aufgabenerfüllung zu gewährleisten. Dafür erforderliche Projektkosten können nur bedingt in ein Verhältnis zum regelmäßigen jährlichen Finanzierungsbedarf einer IHK gesetzt werden.

Grundsätzlich dürfte demnach bei der Beklagten jedenfalls vorübergehend die Bildung eines relativ hohen Rücklagenvolumens zulässig sein. Das gilt jedenfalls unter der Maßgabe, dass aufgrund von Beschlüssen der Vollversammlung der Beklagten nachvollziehbar ist, dass diese die zweckgebundene Rücklagenbildung in der jeweiligen Höhe als erforderlich ansieht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt

aus § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.