Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 9 K 14.629

bei uns veröffentlicht am10.12.2014

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kostenschuldnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kostengläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist ein Unternehmen der gewerblichen Außenwerbung. Sie wendet sich gegen die Ablehnung einer Baugenehmigung zur Errichtung einer Werbeanlage auf dem Grundstück FlNr. 422/2 (...) mit Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2014.

Die Klägerin stellte am 26. November 2013 einen Antrag auf Genehmigung der Errichtung einer Werbetafel im sog. „Euroformat“, doppelseitig beleuchtet. Die Werbeanlage soll an der A. Straße an der Grenze zum Gehweg auf Höhe der Hausnummer 283 mit einem Monofuß errichtet werden und der Fremdwerbung dienen. Das Vorhabensgrundstück liegt im Innenbereich. Ein Bebauungsplan besteht für diese Fläche nicht. Die Umgebung entspricht nach dem Vortrag der Beteiligten und dem Ergebnis des Augenscheins einem Mischgebiet.

Im Gebiet der Beklagten gilt die Satzung über die Gestaltung von Anlagen der Außenwerbung und über den Plakatanschlag vom 26. April 2011 (Werbeanlagensatzung - WAS -). Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 WAS sind Werbeanlagen mit einer Fläche von mehr als 2 m² in den in § 2 Abs. 1 WAS bezeichneten Gebieten unzulässig. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 WAS sind solche Werbeanlagen auch in Bereichen der im Einzelnen bezeichneten und aufgezählten Hauptverkehrsstraßen, die in einem beiliegenden Plan dargestellt sind, innerhalb eines 5 m tiefen Streifens entlang der straßenseitigen Grundstücksgrenze unzulässig. In § 2 Abs. 2 Nr. 3 a) bis i) WAS sind die einzelnen Straßen sowie Anfang und Ende des Geltungsbereichs aufgezählt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 3 g) WAS gehört die A. Straße von der ...-brücke bis einschließlich der südlichen B.-straße dazu. Das Vorhabensgrundstück befindet sich in diesem Bereich. Mit Bescheid vom ... Januar 2014 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da § 2 Abs. 2 WAS dem entgegenstehe. Der Standort liege im Bereich der A. Straße zwischen ...-brücke und südlicher B.-straße, direkt neben dem Gehweg ohne Einhaltung des 5 m-Abstandes.

Mit Schriftsatz vom 13. Februar 2014 erhob der Bevollmächtigte der Klägerin Klage und beantragte:

Aufhebung des Bescheids vom ... Januar 2014 und Verpflichtung der Beklagten zur Genehmigung der beantragten Werbeanlage.

Der Standort liege im Mischgebiet auf einem Grundstück, auf dem Autohandel betrieben werde. In Mischgebieten seien Werbeanlagen zulässig. Die Werbeanlage füge sich ein, § 34 BauGB, da die gewerbliche Nutzung bis an die Straßenkante reiche. Der Geltungsbereich der WAS sei aus der Anlage nicht erkennbar, da der Plan zu ungenau sei. Die Satzung sei materiell-rechtlich unwirksam, da nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein Verbot von gewerblicher Tätigkeit im Mischgebiet rechtswidrig sei. Ein gestalterisches Konzept für das Anbauverbot sei nicht erkennbar. Die nähere Umgebung entlang der Ausfallstraßen sei nicht städtebaulich besonders schutzwürdig oder von städtebaulich prägender Bedeutung.

Die Beklagte beantragte:

Klageabweisung.

Die Satzung sei als ortsgestalterische Regelung wirksam und habe den Zweck, das ortstypische Erscheinungsbild der Hauptverkehrsstraßen nicht durch ein Übermaß großflächiger Werbeanlagen zu beeinträchtigen. § 2 Abs. 2 WAS enthalte kein generelles Verbot, sondern durch Festsetzung eines 5 m-Anbauverbots eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung. Die Umgebungsbebauung werde unstrittig gestellt.

Die Kammer hat am 22. Oktober 2014 Beweis erhoben durch Augenschein und vor Ort mündlich verhandelt. Vor Niederlegung des Urteils beantragte die Klägerseite einen weiteren Augenschein zur Feststellung der Bebauung und jeweiligen Nutzung in der Umgebung sowie die Fortführung der mündlichen Verhandlung. Das Gericht hat am 10. Dezember 2014 erneut verhandelt; Beweisanträge des Bevollmächtigten der Klägerin, einen weiteren Augenschein durchzuführen, wurden in der mündlichen Verhandlung abgelehnt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung ihres Bauantrags vom 26. November 2013 auf Errichtung einer doppelseitig beleuchteten Monofußanlage an der Grundstücksgrenze zum Gehweg der A. Straße. Die Ablehnung des Antrags mit Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2014 ist daher rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Das Vorhaben widerspricht § 2 Abs. 2 Satz 3 g) WAS, die von der Beklagten gemäß Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 BayBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren geprüft werden musste. Die Werbeanlagensatzung vom 26. April 2011 ist wirksam. Eine Abweichung von dieser Vorschrift kommt nicht in Betracht.

Die Werbeanlagensatzung der Beklagten vom 24. April 2011 beruht in nicht zu beanstandender Weise auf Art. 81 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BayBO. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer, bestätigt durch die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (B. v. 14.10.2014 - 1 ZB 12.1832 - juris), ist die hier im Streit stehende Regelung des § 2 Abs. 2 WAS mit höherem Recht vereinbar. Nach Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 BayBO können die Gemeinden durch Satzung örtliche Bauvorschriften über besondere Anforderungen an die äußerliche Gestaltung baulicher Anlagen zur Erhaltung und Gestaltung von Ortsbildern erlassen. Dabei ermöglicht Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO den Erlass von Regelungen über das Verbot der Errichtung von Werbeanlagen aus gestalterischen Gründen.

Die von der Beklagten getroffene Regelung hält sich im Rahmen dieser gesetzgeberischen Ermächtigung. Vorschriften, die nach Art. 81 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 BayBO erlassen sind, müssen der Ortsgestaltung dienen und dürfen keine Regelungen des Bauplanungsrechts darstellen, da der Landesgesetzgeber in seiner Gesetzgebungskompetenz auf das Bauordnungsrecht beschränkt ist (BayVerfGH v. 23.1.2012 - Vf.18-VII-09 - juris). Durch den Ausschluss von Werbeanlagen mit einer Größe von mehr als 2 m² im Bereich eines 5 m tiefen Streifens an bestimmten Hauptverkehrsstraßen trifft die Beklagte keine Regelung des Bauplanungsrechts, sondern verfolgt ortsgestalterische Zielsetzungen. Da das ortstypische Erscheinungsbild der Hauptverkehrsachsen durch ein Übermaß an großflächigen Werbeanlagen beeinträchtigt werden würde und in der Vergangenheit wurde, handelt es sich um einen ortsgestalterischen Belang, wenn in einem solchen 5 m Streifen entlang genau definierter Straßen ein Übermaß an großflächigen Werbeanlagen verhindert werden soll (VG München, U. v. 27.6.2012 - M 9 K 11.5688 - juris). Die Regelung des § 2 Abs. 2 WAS beinhaltet eine gebäude- und anlagenbezogene Verunstaltungsabwehr, da ungeachtet dessen, ob es sich um Fremd- oder Eigenwerbung handelt, ausschließlich nach der Größe und dem Abstand von der Straße differenziert wird. Sie dient deshalb nicht der Freihaltung von Flächen von einer bestimmter gewerblichen Nutzung, sondern dem Schutz des Straßenbildes entlang der aufgezählten Straßen. Damit dient sie dem Ortsbild, was insbesondere dadurch deutlich wird, dass nur die optisch besonders störenden Anlagen mit einer Größe von mehr als 2 m² ausgeschlossen sind. Die Hauptverkehrsstraßen sollen wegen ihrer Bedeutung für das äußere Erscheinungsbild des Ortes aus gestalterischen Gründen von einer Überfrachtung der für Werbeanlagen besonders attraktiven Gebiete geschützt werden. Wegen der das Ortsbild prägenden Strukturen, die durch die Regelung geschützt werden sollen, handelt es sich um eine Regelung der Ortsgestaltung zu gestalterischen Zwecken und nicht um einen flächenbezogenen Ansatz, der dem Bauplanungsrecht zugerechnet werden müsste (BayVerfGH v. 23.1.2012 - Vf 18-VII-09 - juris).

Ein unzulässiger Eingriff in Art. 12, 14 GG liegt nicht vor. Die Regelung ist eine verhältnismäßige Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts. Ein generelles Verbot großflächiger Werbetafeln in Mischgebieten ist wegen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich unzulässig (BVerwGv. 16.3.1995 - 4 C 3/94 - juris). Ein solches generelles Verbot der gewerblichen Nutzung durch Fremdwerbung im Mischgebiet liegt hier nicht vor, da von dem Verbot vielmehr nur bestimmte Straßen und nur ein schmaler Streifen im direkten Anschluss an den Straßenkörper betroffen ist. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach Gemeinden nach den örtlichen Gegebenheiten u. a. zum Schutz bestimmter Straßen von städtebaulicher Bedeutung Werbeverbote in einem Mischgebiet oder Kerngebiet erlassen können (BVerwG, U. v. 16.3.1995 a. a. O.; BayVGH, B. v. 14.10.2014 - 1 ZB 12.1832 - juris). Der Schutz bestimmter Hauptstraßen vor einer Überfrachtung dieser Bereiche mit Werbeanlagen ist ein städtebaulicher Belang. Durch die Beschränkung dieser Schutzzone auf einen 5 m-Streifen hat die Beklagte die eigentumsrechtlich geschützten Belange der Unternehmen für Fremdwerbung ausreichend berücksichtigt, da weiterhin die Möglichkeit besteht, diese zu errichten. Lediglich die aus gestalterischen Gründen besonders zu schützenden Bereiche müssen von Werbeanlagen ab einer bestimmten Größe freigehalten werden. In den hierfür geeigneten Baugebieten bleibt die Nutzungsart „gewerbliche Fremdwerbung“ in großem Umfang zulässig. Sowohl Werbeanlagen mit einer Größe von unter 2 m² als auch größere Werbeanlagen in einer größeren Entfernung zur Straße können weiterhin errichtet werden und bieten den Gewerbetreibenden im Bereich der Fremdwerbung in Misch- und Gewerbegebieten ausreichende Gelegenheit zur Ausübung ihres Gewerbes.

Da im vorliegenden Fall kein Werbeverbot für ein großflächiges Gebiet in einem Misch- oder Kerngebiet vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die Hauptverkehrsstraßen unter dem Gesichtspunkt ihrer städtebaulichen Bedeutung schützenswert sind. Im vorliegenden Fall ist gewerbliche Fremdwerbung gerade nicht ausgeschlossen, sondern in großem Umfang im Mischgebiet zulässig (BayVGH, B. v. 14.10.2014 - 1 ZB 12.1832 - juris).

Die hier verfahrensgegenständliche Werbeanlage widerspricht § 2 Abs. 2 Satz 3 Buchstabe g) WAS, da sie unmittelbar an der straßenseitigen Grundstücksgrenze zur A. Straße stehen soll. Da der fragliche Bereich zu dem in § 2 Abs. 2 Satz 3 g) WAS genannten Gebiet gehört, darf die beantragte Werbeanlage mit einer Größe von mehr als 2 m² deshalb hier nur in einem Abstand von 5 m zur Straße errichtet werden, § 2 Abs. 2 Satz 2 WAS. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Abweichung gemäß § 7 Abs. 1 WAS i. V. m. Art. 83 BayBO. Dafür fehlt es bereits an dem nach Art. 63 Abs. 2 Satz 1 BayBO erforderlichen schriftlichen Antrag. Außerdem bestehen an dem vorgesehenen Aufstellungsort keine Besonderheiten, aufgrund derer hier ein besonderer Fall vorliegt, der eine Abweichung rechtfertigt.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 f. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 9 K 14.629

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 9 K 14.629

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All
Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 9 K 14.629 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 12


(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden. (2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Referenzen - Urteile

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2014 - 1 ZB 12.1832

bei uns veröffentlicht am 14.10.2014

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000‚- Euro festgesetzt.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 10. Dez. 2014 - M 9 K 14.629.

Verwaltungsgericht München Urteil, 04. Mai 2016 - M 9 K 15.4615

bei uns veröffentlicht am 04.05.2016

Tenor I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom … September 2015 verpflichtet, die beantragte Baugenehmigung zur Anbringung einer statischen Plakatwerbetafel auf der Liegenschaft … Straße …,

Referenzen

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht nicht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 1972 - IV C 11.69 - BVerwGE 40‚ 94 ab (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der erste Leitsatz dieser Entscheidung lautet: „Ein generelles Verbot in einer Ortssatzung‚ durch das die Werbung mit Großflächenwerbetafeln in Mischgebieten verboten wird‚ verstößt gegen Art.14 GG. Die Ortssatzung ist insoweit nichtig.“ Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bei der Umgebung des geplanten Standorts der großflächigen Werbeanlage um ein Mischgebiet. Das Verbot nach § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Werbeanlagensatzung der Beklagten erstreckt sich jedoch nur auf bestimmte Hauptverkehrsstraßen und einen sich anschließenden 5 m breiten Streifen‚ so dass der Großteil des Mischgebiets von ihm nicht erfasst wird. Der Senat hat bereits entschieden‚ dass ein Werbeverbot‚ das sich auf den durch Wohnnutzung geprägten Teil eines Mischgebiets beschränkt‚ mit der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vereinbar ist (vgl. BayVGH‚ B. v. 11.2.2014 - 1 ZB 12.1614 - juris Rn. 4). Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung inzwischen modifiziert. Je nach den örtlichen Gegebenheiten kann ein gebietsweites Werbeverbot auch für ein Mischgebiet (vgl. BVerwG‚ U. v. 22.2.1980 - IV C 44.76 - BRS 36 Nr. 149 zur Altstadt von Landsberg a. Lech) oder ein Kerngebiet (vgl. BVerwG‚ U. v. 16.3.1995 - 4 C 3.94 - BRS 57 Nr. 175) erlassen werden (vgl. auch HessVGH‚ U. v. 15.9.1994 - 4 UE 4184/88 - NVwZ-RR 1995‚ 249 zur Wirksamkeit eines Verbots großflächiger Werbeanlagen auf der Straßenseite der Grundstücke in einem Misch-/Gewerbegebiet).

2. Die Darlegungen der Klägerin sind nicht geeignet‚ ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu wecken (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts soll durch das Verbot großflächiger Werbeanlagen das ortstypische Erscheinungsbild der in § 2 Abs. 2 Satz 3 der Werbeanlagensatzung aufgelisteten Hauptverkehrsstraßen der Beklagten geschützt werden‚ indem eine Überfrachtung dieser Bereiche mit Werbeanlagen vor dem Hintergrund verhindert werden soll‚ dass die Hauptverkehrsachsen für das äußere Erscheinungsbild des Ortes besonders bedeutsam sind (Funktion als Visitenkarte) und zugleich für Werbeanlagen besonders attraktiv sind. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts‚ wonach Gemeinden nach den örtlichen Gegebenheiten u. a. zum Schutz bestimmter Straßen von städtebaulicher Bedeutung Werbeverbote in einem Mischgebiet oder Kerngebiet erlassen können (vgl. BVerwG‚ U. v. 16.3.1995 a. a. O.). Demgegenüber verweist die Klägerin im Wesentlichen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. Juli 2012 - 1 K 2107/10 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2009 - 25 K 2838/09 -‚ mit denen Verbote von Werbeanlagen für unwirksam erklärt worden sind. Wie weit ein solches Verbot unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gehen darf‚ ist jedoch eine Frage des Einzelfalls‚ bei der es auf die örtlichen Gegebenheiten ankommt (vgl. BVerwG‚ U. v. 16.3.1995 a. a. O.; Schwarzer/König‚ BayBO‚ 4. Aufl. 2012‚ Art. 81 Rn. 20). Das Verwaltungsgericht Düsseldorf befasst sich nicht mit einem Werbeverbot für bestimmte Straßen‚ sondern für ein großflächiges Gebiet‚ das die gesamte Innenstadt von Viersen einschließlich der sie umgebenden Straßen umfasst. Für das Verwaltungsgericht Freiburg war maßgeblich‚ dass von einem homogenen Ortsbild entlang der Ortsdurchfahrt keine Rede sein könne, weil auf mehrere große Gewerbebetriebe eine Gemengelage und schließlich ein Dorfgebiet bzw. ein allgemeines Wohngebiet folgten. Zu den örtlichen Gegebenheiten im vorliegenden Fall führt die Klägerin lediglich an‚ hier liege ein Mischgebiet vor und es gebe städtebaulich nichts Besonderes. Dieses unsubstanziierte Vorbringen ist nicht geeignet‚ ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu wecken.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahren zu tragen‚ weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.