Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2014 - 1 ZB 12.1832

bei uns veröffentlicht am14.10.2014
vorgehend
Verwaltungsgericht München, 9 K 11.5688, 27.06.2012

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5.000‚- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht nicht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 1972 - IV C 11.69 - BVerwGE 40‚ 94 ab (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der erste Leitsatz dieser Entscheidung lautet: „Ein generelles Verbot in einer Ortssatzung‚ durch das die Werbung mit Großflächenwerbetafeln in Mischgebieten verboten wird‚ verstößt gegen Art.14 GG. Die Ortssatzung ist insoweit nichtig.“ Zwar handelt es sich im vorliegenden Fall nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts bei der Umgebung des geplanten Standorts der großflächigen Werbeanlage um ein Mischgebiet. Das Verbot nach § 2 Abs. 2 Satz 2 und 3 der Werbeanlagensatzung der Beklagten erstreckt sich jedoch nur auf bestimmte Hauptverkehrsstraßen und einen sich anschließenden 5 m breiten Streifen‚ so dass der Großteil des Mischgebiets von ihm nicht erfasst wird. Der Senat hat bereits entschieden‚ dass ein Werbeverbot‚ das sich auf den durch Wohnnutzung geprägten Teil eines Mischgebiets beschränkt‚ mit der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vereinbar ist (vgl. BayVGH‚ B. v. 11.2.2014 - 1 ZB 12.1614 - juris Rn. 4). Zudem hat das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung inzwischen modifiziert. Je nach den örtlichen Gegebenheiten kann ein gebietsweites Werbeverbot auch für ein Mischgebiet (vgl. BVerwG‚ U. v. 22.2.1980 - IV C 44.76 - BRS 36 Nr. 149 zur Altstadt von Landsberg a. Lech) oder ein Kerngebiet (vgl. BVerwG‚ U. v. 16.3.1995 - 4 C 3.94 - BRS 57 Nr. 175) erlassen werden (vgl. auch HessVGH‚ U. v. 15.9.1994 - 4 UE 4184/88 - NVwZ-RR 1995‚ 249 zur Wirksamkeit eines Verbots großflächiger Werbeanlagen auf der Straßenseite der Grundstücke in einem Misch-/Gewerbegebiet).

2. Die Darlegungen der Klägerin sind nicht geeignet‚ ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu wecken (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts soll durch das Verbot großflächiger Werbeanlagen das ortstypische Erscheinungsbild der in § 2 Abs. 2 Satz 3 der Werbeanlagensatzung aufgelisteten Hauptverkehrsstraßen der Beklagten geschützt werden‚ indem eine Überfrachtung dieser Bereiche mit Werbeanlagen vor dem Hintergrund verhindert werden soll‚ dass die Hauptverkehrsachsen für das äußere Erscheinungsbild des Ortes besonders bedeutsam sind (Funktion als Visitenkarte) und zugleich für Werbeanlagen besonders attraktiv sind. Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts‚ wonach Gemeinden nach den örtlichen Gegebenheiten u. a. zum Schutz bestimmter Straßen von städtebaulicher Bedeutung Werbeverbote in einem Mischgebiet oder Kerngebiet erlassen können (vgl. BVerwG‚ U. v. 16.3.1995 a. a. O.). Demgegenüber verweist die Klägerin im Wesentlichen auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 25. Juli 2012 - 1 K 2107/10 - und das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 26. Oktober 2009 - 25 K 2838/09 -‚ mit denen Verbote von Werbeanlagen für unwirksam erklärt worden sind. Wie weit ein solches Verbot unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gehen darf‚ ist jedoch eine Frage des Einzelfalls‚ bei der es auf die örtlichen Gegebenheiten ankommt (vgl. BVerwG‚ U. v. 16.3.1995 a. a. O.; Schwarzer/König‚ BayBO‚ 4. Aufl. 2012‚ Art. 81 Rn. 20). Das Verwaltungsgericht Düsseldorf befasst sich nicht mit einem Werbeverbot für bestimmte Straßen‚ sondern für ein großflächiges Gebiet‚ das die gesamte Innenstadt von Viersen einschließlich der sie umgebenden Straßen umfasst. Für das Verwaltungsgericht Freiburg war maßgeblich‚ dass von einem homogenen Ortsbild entlang der Ortsdurchfahrt keine Rede sein könne, weil auf mehrere große Gewerbebetriebe eine Gemengelage und schließlich ein Dorfgebiet bzw. ein allgemeines Wohngebiet folgten. Zu den örtlichen Gegebenheiten im vorliegenden Fall führt die Klägerin lediglich an‚ hier liege ein Mischgebiet vor und es gebe städtebaulich nichts Besonderes. Dieses unsubstanziierte Vorbringen ist nicht geeignet‚ ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zu wecken.

3. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahren zu tragen‚ weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2014 - 1 ZB 12.1832

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2014 - 1 ZB 12.1832 zitiert 6 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Darlegungen der Klägerin sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hervorzurufen.

1. Soweit die Klägerin vorträgt, Inhalt, Umfang und räumliche Reichweite der Werbeanlagensatzung der Beigeladenen ließen sich nicht eindeutig feststellen, da ein faktisches Mischgebiet vorliege, dessen „Anfang und Ende“ nicht klar erkennbar sei, führt dies nicht dazu, dass die Werbeanlagensatzung der Beigeladenen (s. Art. 81 Abs. 1 Nr. 2 BayBO) wegen Unbestimmtheit nichtig wäre.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung sowohl im Verwaltungsrecht (BVerwG, U. v. 16.6.1994 - 4 C 2/94 - BVerwGE 96, 110; VGH BW, U. v. 28.7.1994 - 5 S 2467/93 - NVwZ 1995, 402) als auch im Ordnungswidrigkeitenrecht (BGH, B. v. 15.3.1996 - 3 StR 506/95 - BGHSt 42, 79) zur Frage des aus Art. 20 Abs. 3 GG herzuleitenden Erfordernisses angemessener Bestimmtheit von Normen, dass der Normgeber zwar gehalten ist, seine Vorschriften so bestimmt zu fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfG, B. v. 24.11.1981 - 2 BvL 4/80 - BVerfGE 59, 104/114). Er verfügt aber, wenn er vor der Frage steht, ob er in einer Vorschrift unbestimmte Rechtsbegriffe verwendet oder sie ins Einzelne gehend fasst, über einen Gestaltungsspielraum, wobei nicht zuletzt auch Erwägungen der praktischen Handhabung seine Entscheidung beeinflussen dürfen (BVerfG, B. v. 8.8.1978 - 2 BvL 8/77 - BVerfGE 49, 89/137). Insgesamt genügt es, wenn die Betroffenen die Rechtslage an Hand objektiver Kriterien erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können. Verfassungsrechtlich geboten ist demnach nicht eine Bestimmtheit „um jeden Preis“, sondern eine auch unter Berücksichtigung der praktischen Handhabung in der Weise ausreichende Bestimmtheit, die eine willkürliche Behandlung durch Behörden und Gerichte ausschließt (BVerwG, U. v. 16.6.1994 a. a. O.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze verletzt die zur Festsetzung des räumlichen Geltungsbereichs in § 3 Nr. 1 der Werbeanlagensatzung verwendete Formulierung „in Mischgebieten (§ 6 BauNVO), wenn das Mischgebiet durch Wohnnutzung geprägt ist“ sowie die in § 3 Nr. 2 der Satzung enthaltene Verweisung auf § 34 Abs. 2 BauGB nicht den Bestimmtheitsgrundsatz. Nach der genannten Rechtsprechung ist auch die Bezugnahme auf den Rechtsbegriff des Bauplanungsrechts „innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile“ zur Festsetzung des räumlichen Geltungsbereichs einer (Baumschutz) Satzung ausreichend bestimmt (BVerwG, U. v. 16.6.1994 a. a. O.; BGH, B. v. 15.3.1996 a. a. O.). Danach ist der mit dieser Formulierung erfasste räumliche Bereich in aller Regel und in der weit überwiegenden Zahl der Anwendungsfälle ohne weiteres aufgrund der Siedlungsstruktur erkennbar. Lediglich in Grenzfällen können sich im Einzelfall Auslegungsschwierigkeiten ergeben, die jedoch - ggf. durch Rücksprache bei der Gemeinde oder Einholung von Rechtsrat - behoben werden können. Nach alledem können - erst recht - die Gebietskategorien des Bauplanungsrechts zur näheren Bestimmung der Bereiche, in denen Fremdwerbung ausgeschlossen ist, verwendet werden. Diesem Erfordernis entspricht die von der Beigeladenen verwendete Formulierung, dass unter bestimmten Voraussetzungen in Mischgebieten, wenn das Mischgebiet durch Wohnnutzung geprägt ist, Fremdwerbung ausgeschlossen ist. Dass die Beigeladene im vorliegenden Fall das Werbeverbot nur auf Mischgebiete, soweit das Wohnen überwiegt, beschränkt, entspricht im Übrigen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Verbot in einer Ortssatzung, durch das die Werbung mit (Großflächen-)Werbetafeln in Mischgebieten generell verboten wird, gegen Art. 14 GG verstößt (BVerwG, U. v. 28.4.1972 - IV C 11.69 - BVerwGE 40, 94).

2. Auch der Vortrag der Klägerin, ein Mischgebiet müsse durch Wohnnutzung und nicht störende gewerbliche Betriebe, die sich in etwa im Gleichgewicht halten müssten, geprägt sein, auch sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ausdrücklich eine Aufgliederung des Mischgebiets in wohnliche und gewerbliche Bereiche als unzulässig angesehen worden, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

Nach § 6 Abs. 1 BauNVO dienen Mischgebiete dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Hieraus folgt die Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe (BVerwG, U. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 - BVerwGE 68, 207). Erforderlich ist damit eine quantitative und qualitative Durchmischung des Mischgebiets mit Wohn- und Gewerbenutzung. Eine generelle Trennung von Wohnnutzung und der nach § 6 Abs. 1, 2 BauNVO zulässigen sonstigen, insbesondere der gewerblichen Nutzung, ist deshalb (für Bebauungspläne) auf der Grundlage des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauNVO grundsätzlich unzulässig. Vielmehr muss ein Mischgebiet begriffsnotwendig auch durch eine Wohnnutzung geprägt sein.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass ein Mischgebiet nicht überwiegend durch Wohnnutzung geprägt werden dürfe und damit ein solches unter Zugrundelegung der Satzungsdefinition begrifflich gar nicht vorliegen könne, kann eine solche Interpretation ohne weiteres durch Auslegung der Nr. 3.1 der Werbeanlagensatzung überwunden werden. Die Beigeladene will - offensichtlich - das Werbeverbot nur in denjenigen Teilen eines Mischgebiets zur Geltung bringen, die überwiegend durch Wohnnutzung geprägt sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird die Möglichkeit einer solchen überwiegenden Prägung durch das Erfordernis der Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit der beiden Hauptnutzungsarten im Mischgebiet nicht ausgeschlossen. Dieses Erfordernis verlangt nämlich nicht, dass die Hauptnutzungsarten zu genauen oder annähernd gleichen Teilen im jeweiligen Gebiet vertreten sind (BVerwG, U. v. 4.5.1988 - 4 C 34.86 - BVerwGE 79, 309 m. w. N.). Auch die Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO zur Zulässigkeit nicht kerngebietstypischer Vergnügungsstätten im Mischgebiet geht selbst davon aus, dass Teile eines Mischgebiets überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt sein können; dann muss aber auch für die Wohnnutzung die Möglichkeit der überwiegenden Prägung gelten.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es wurde davon abgesehen, ihr auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese keinen Prozessbevollmächtigten bestellt hat und ihr deshalb keine nennenswerten Kosten entstanden sind (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3 und Abs. 1 Satz 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.1.2.3.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ Heft 23/2013). Das Verwaltungsgericht hat den ursprünglich in Höhe von 10.000,- Euro zu hoch festgesetzten Streitwert nachträglich durch Beschluss vom 23. Juli 2012 auf 5.000,- Euro reduziert. Eine Streitwertänderung durch den Senat war deshalb nicht mehr veranlasst.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.