Anspruch der Bank auf Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts

bei uns veröffentlicht am18.02.2011

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
OLG-Schleswig-Hinweisbeschluss vom 03.05.2010 - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Das OLG Schleswig hat mit dem  Hinweisbeschluss vom 03.05.2010 (Az: 5 U 29/10) entschieden:

Macht die Bank die vorzeitige Rücknahme des Restdarlehens aufgrund einer Aufhebung des Darlehensvertrages von der Zahlung eines Vorfälligkeitsentgeltes abhängig, so handelt es sich hierbei um einen - bis zur Grenze des § 138 BGB - frei aushandelbaren Preis für die Einwilligung zur Vertragsauflösung.

Eine Kündigungsandrohung der Bank für das gesamte Kreditengagement kann - trotz ausreichender Sicherheiten- bei mangelnder Liquidität des Kunden gerechtfertigt sein.

Eine unzeitige Kündigung kann der Kunde insbesondere dann nicht geltend machen, wenn er mit der Kündigung rechnen musste, weil er sein Konto erheblich überzogen hat.

Es fehlt an der schadensbegründenden Kausalität einer (vermeintlich) rechtswidrigen Kündigungsandrohung durch die Hausbank, wenn der Kunde ohnehin wegen aktuell besonders günstiger Zinskonditionen eine Umfinanzierung seines Kreditengagements vorgenommen hätte und dabei die Zahlung eines Vorfälligkeitsentgelts in Kauf genommen hat.

Gründe:

Die Berufung hat im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO keine Aussicht auf Erfolg. Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Die Ausführungen der Kläger aus der Berufungsbegründung vom 16.03.2010 rechtfertigen keine andere Entscheidung. Ergänzend wird auf folgendes hingewiesen:

Den Klägern steht gemäß §§ 488 ff, 280 BGB kein Schadenersatzanspruch zu, der im Ergebnis den vertraglichen Anspruch der Beklagten vom 27.04.2009 (Anlagen K 2-K 4) auf Zahlung der vereinbarten Vorfälligkeitsentgelte entfallen ließe.

Hat der Kunde keinen anerkannten Grund im Sinne von § 490 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB, der ihm einen Anspruch auf vorzeitige Kreditabwicklung gibt, so können Bank und Kunde den Darlehensvertrag durch eine einvernehmliche Regelung aufheben. Macht die Bank die vorzeitige Rücknahme des Restdarlehens aufgrund einer Aufhebung des Darlehensvertrages von der Zahlung eines Vorfälligkeitsentgeltes abhängig, so handelt es sich hierbei um einen - bis zur Grenze des § 138 BGB - frei aushandelbaren Preis für die Einwilligung zur Vertragsauflösung.

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger durch eine einseitige Pflichtverletzung der Beklagten gehalten waren, die vorgenannten Aufhebungsvereinbarungen vom 27.04.2009 zu unterzeichnen.

Das Antwortschreiben der Beklagten vom 11.03.2009 (Anlage K 1 Bl. 5 GA) auf eine entsprechende Umfinanzierungsanfrage der Kläger stellt keine einseitige Pflichtverletzung dar. Ausweislich des Schreibens wird lediglich eine Kündigung des Gesamtengagements für den Fall angedroht, dass der Kläger die Überziehung seines Kontokorrentkredits in Höhe von 14.851,16 € nicht bis spätestens 25.03.2009 vollständig ausgleicht (vgl. Anlage K 1 Bl. .5 GA). Diese Kündigungsandrohung war gemäß Nr. 26 Abs. 2 der Sparkassen AGB (vgl. Anlage B 4 Bl. 35 GA) berechtigt. Danach ist die Sparkasse zur Kündigung der gesamten Geschäftsbeziehung berechtigt, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Kündigungsgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn die Einhaltung der Zahlungsverpflichtungen des Kunden gefährdet wird. Das war hier der Fall. Auf Grundlage der Darlehensvereinbarung vom 08.10.2008 (Anlage B 2, Bl. 25 und 26 GA) war - über die bereits bestehende Kreditlinie von 50.000,00 € auf dem Kontokorrentkonto Nr. 44819787 hinaus - ein zusätzlicher Überziehungskredit in Höhe von 20.000,00 € befristet bis zum 31.01.2009 bewilligt worden (Bl. 25 GA). Unstreitig hat der Kläger die vertraglich vereinbarte Rückzahlungsfrist nicht eingehalten, vielmehr valutierte der Überziehungskredit zum Zeitpunkt des Schreibens (11.3.2009) - mithin noch ca. 6 Wochen nach Ablauf der Befristung- mit 14.851,16 € im Soll. Selbst wenn man unterstellt, dass für die Beklagte wegen der bestellten Sicherheiten (= Grundschulden über insgesamt 221.900,71 € im Grundbuch von H. Bl. 50; und über insgesamt 168.726,32 € im Grundbuch von K. Bl. 128; Bürgschaft der Klägerin über 84.000,00 €) möglicherweise kein Ausfallrisiko bestand, mangelte es dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zum damaligen Zeitpunkt jedoch offensichtlich an ausreichender Liquidität und Ertragskraft. Dies wird durch die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein (…) vom 17.12.2008 (Anlage B 6 Bl. 64 u. 65 GA) unterstützt, in der es u. a. ausdrücklich heißt:

… Neben der Verbesserung der Leistung der Milchviehherde bleibt die Reduzierung der Kosten oberstes Ziel, um mit den erzielbaren Überschüssen vor allem die kurzfristigen Verbindlichkeiten schnell abbauen zu können. Das Augenmerk sollte hier sowohl die laufenden Kosten der Produktion (Arbeitserledigung, laufende Unterhaltung) als auch maßgeblich auf die Privatausgaben gelegt werden. Vor allem die Privatausgaben entsprechen nicht der Einkommenssituation des Betriebes.“ …

Aus der hier maßgeblichen ex ante Sicht der Beklagten waren mithin Anfang März 2009 sowohl die Liquidität als auch die Höhe des für die Bedienung der Darlehen zur Verfügung stehenden Einkommens nicht in ausreichendem Maße sichergestellt. Die Androhung der Kreditkündigung mit Schreiben vom 11.03.2009 war deshalb gerechtfertigt.

Sie stellt auch keinen Verstoß gegen das Verbot der „Kündigung zur Unzeit“ dar. Die Androhung war vielmehr verhältnismäßig. Ausweislich des Schreibens vom 11.03.2009 hatte der Kläger noch 14 Tage Zeit (bis zum 25.03.2009), die Überziehung in Höhe von 14.851,16 € auszugleichen. Dies stellt eine angemessene Frist dar. Eine unzeitige Kündigung kann der Kunde insbesondere dann nicht geltend machen, wenn er wegen eines eigenen Vertragsverstoßes mit der Kündigung rechnen muss, z. B. weil er sein Konto erheblich überzogen hat. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass sich der Kläger mit der vereinbarten Rückführung des Überziehungskredits zum Zeitpunkt des Schreibens bereits 6 Wochen in Verzug befand.

Selbst wenn man hier eine Pflichtverletzung der Beklagten annehmen wollte, fehlt es an der Schadenskausalität. Eine fristlose Kündigung des Gesamtkreditengagements durch die Beklagte liegt unstreitig nicht vor. Vielmehr haben die Kläger sich an ein anderes Kreditinstitut (…Sparkasse) gewandt und eine entsprechende Umfinanzierung vorgenommen. Unstreitig haben sie den entsprechenden Kreditaufhebungsvereinbarungen vom 27.04.2009 zugestimmt.

Eine Umfinanzierung im Hinblick auf das Betriebskonto zu den - gerichtsbekannt - im Frühjahr 2009 besonders günstigen Zinskonditionen war unstreitig von den Klägern bereits Ende 2008/Anfang 2009 beabsichtigt gewesen (vgl. Seite 3 des unstreitigen Tatbestandes des angefochtenen Urteils). Die Kläger haben nicht plausibel dargelegt, weshalb nach dem Schreiben der Beklagten vom 11.3.2009 nur der komplette Wechsel zu einer anderen Bank mit Umschuldung des gesamten Kreditengagements in Frage kam und weshalb sie nicht in der Lage waren, die Überziehung auf dem Betriebskonto von knapp 15.000,00 € fristgerecht auszugleichen. Die Beklagte hat hinreichend klargestellt, dass es keineswegs ihre Absicht gewesen war, die Geschäftsverbindung mit den Klägern zu beenden. Es war jedoch das Recht der Beklagten, auf Einhaltung der vertraglichen Vereinbarungen zu bestehen und auf die Konsequenzen entsprechender Verstöße hinzuweisen.

Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.



Gesetze

Gesetze

5 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

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(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

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(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wenn in den Vermögensverhältnissen des Darlehensnehmers oder in der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit eine wesentliche Verschlechterung eintritt oder einzutreten droht, durch die die Rückzahlung des Darlehens, auch unter Verwertung der Sicherheit, gefährdet wird, kann der Darlehensgeber den Darlehensvertrag vor Auszahlung des Darlehens im Zweifel stets, nach Auszahlung nur in der Regel fristlos kündigen.

(2) Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag, bei dem der Sollzinssatz gebunden und das Darlehen durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, unter Einhaltung der Fristen des § 488 Abs. 3 Satz 2 vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).

(3) Die Vorschriften der §§ 313 und 314 bleiben unberührt.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.