Anlageberatung: BGH hält an Aufklärungspflichten selbstständiger Unternehmen der Finanzgruppe einer Sparkasse fest

bei uns veröffentlicht am18.01.2013

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
Zur Pflicht eines Anlageberaters, einen Anleger über den Inhalt der mit der Fonds- oder Vertriebsgesellschaft getroffene Vertriebsvereinbarung aufzuklären.
Der BGH hat mit dem Urteil vom 06.12.2012 (Az: III ZR 307/11) folgendes entschieden:

Es wird daran festgehalten, dass ein selbständiges Unternehmen der "Finanzgruppe" einer Sparkasse, das als 100%ige Tochtergesellschaft (GmbH) der Sparkasse hauptsächlich auf dem Gebiet der Anlageberatung tätig ist, hinsichtlich der Verpflichtung, seine Kunden ungefragt über die von ihm bei der empfohlenen Anlage erwarteten Provisionen aufzuklären, wie ein freier Anlageberater zu behandeln ist.

Zur Pflicht eines Anlageberaters, einen Anleger über den Inhalt der mit der Fonds- oder Vertriebsgesellschaft getroffene Vertriebsvereinbarung aufzuklären.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Oktober 2011 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.


Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit einer Beteiligung an dem F. GmbH & Co. KG in Anspruch.

Die Beklagte ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Sparkasse D. . Sie wirbt mit einer sogenannten Imagebroschüre unter Verwendung des Firmenlogos der Sparkasse für ihre als "Private Banking" bezeichnete Tätigkeit. Die Beklagte war Vertriebspartner für die Eigenkapitalvermittlung des in Rede stehenden Medienfonds. Nach der Vertriebsvereinbarung durfte die Beklagte bei der Vertriebswerbung und -beratung nur Daten und Fakten verwenden, die ihr von der Kapitalsuchenden oder der V. AG zur Verfügung gestellt worden waren. Sie sollte nicht berechtigt sein, - insbesondere von den Aussagen des Beteiligungsangebots - abweichende oder darüber hinausgehende Angaben zu machen.

Der Kläger ist seit 1999 Kunde der Beklagten. Er tätigte in der Vergangenheit verschiedene Kapitalanlagen. Nachdem der Kundenberater den Kläger zunächst telefonisch kontaktiert und ihm den streitgegenständlichen Medienfonds als Kapitalanlage empfohlen hatte, kam es am 7. Dezember 2004 zu einer Besprechung im Hause des Klägers. Im Rahmen dieses Gesprächs, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, wurde dem Kläger der Fonds vor- gestellt und das Emissionsprospekt übergeben. Die Zeichnungsscheine hatte der Kundenberater bereits vorher ausgefüllt. Gegenstand der Besprechung war auch, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsanteile eine Vergütung von der Fondsgesellschaft erhalten sollte. Der Kläger ging davon aus, dass die Provisionszahlung an die Beklagte aus dem Agio in Höhe von 5 % der Zeichnungssumme gezahlt würde, das er erbringen musste. Dazu war er nicht bereit. Er einigte sich mit dem Kundenberater darauf, dass die Hälfte des von ihm zu- nächst in voller Höhe an die Fondsgesellschaft zu entrichtenden Agios, mithin ein Betrag in Höhe von 2.500 €, wieder zurückfließen und an seine Tochter gezahlt werden sollte. Am Ende des Gesprächs zeichnete der Kläger durch Anteilsübernahmeerklärung vom 7. Dezember 2004 eine Beteiligung mit einem ausgewiesenen Wert von 100.000 € zuzüglich Agio. Der Kläger zahlte im Weiteren 59.500 € selbst und finanzierte den Restbetrag über ein Darlehen bei der B.  bank. Die Beklagte erhielt für die Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligung eine Provision in Höhe von zumindest 7,085 % des vermittelten Nominalkapitals. Die Fondsbeteiligung erbrachte in der Folgezeit nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg. Insbesondere erkannten die Finanzämter die zunächst von ihnen akzeptierten steuerlichen Verlustzuweisungen der Fondsgesellschaft letztlich nicht an.

Das Landgericht hat die Beklagte im Wesentlichen nach Klageantrag verurteilt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der wechselseitigen Rechtsmittel im Übrigen die Beklagte verurteilt, an den Kläger 57.000 € nebst Zinsen zu zahlen und ihn von den Verbindlichkeiten aus den aufgenommenen Darlehen freizustellen. Es hat des Weiteren festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle steuerlichen Nachteile zu ersetzen, die er dadurch erleidet, dass er von den Finanzbehörden nicht sogleich unter Berücksichtigung seiner Beteiligung an dem hier maßgeblichen Fonds einkommensteuerrechtlich veranlagt wurde und alle weiteren wirtschaftlichen Nachteile, soweit sie auf der Beteiligung beruhen. Die Verurteilung erfolgte Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte und Pflichten des Klägers aus dem Treuhandvertrag mit der M. GmbH betreffend die mittelbare Stellung eines Kommanditisten des streitgegenständlichen Fonds. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der Rechte und Pflichten des Klägers aus dem Treuhandvertrag in Verzug befinde.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.


Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

Das Berufungsgericht hat die Klage für begründet erachtet, weil die Beklagte als Anlageberaterin in zweifacher Hinsicht ihre Beratungspflichten ver- letzt habe. Zum einen habe die Beklagte nicht über die von ihr erhaltene Provision vollständig aufgeklärt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, da es sich bei der Beklagten nicht um einen bankunabhängigen Anlageberater handele. Mit der Auslagerung der Anlageberatung aus dem Geschäftsbereich der Sparkasse D. auf die Beklagte möge zwar eine gesellschaftsrechtliche Ausgliederung vollzogen worden sein. Dies mache die Beratungsgesellschaft jedoch nicht automatisch zu einem freien Anlageberater. Vielmehr komme es darauf an, ob die Beratungsgesellschaft sich aus der Sicht des Kunden nach außen als von der Bank nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch im Übrigen als von dieser im Unternehmensverbund unabhängige Beraterin darstelle. Dies treffe auf die Beklagte nicht zu. Vielmehr nutze die Beklagte den Umstand, dass die Sparkasse ihre Alleingesellschafterin sei, dafür, um ihr besonderes Näheverhältnis zu dieser zu demonstrieren, und zwar nicht zuletzt durch den Gebrauch des unverkennbaren Firmenlogos der Sparkasse. Sie übernehme damit auch durch die von ihr selbst vorgelegte sogenannte "Image-Broschüre" das sogenannte Corporate-Identity-Konzept der Sparkasse. Indem sie mit deren Erfahrungen und deren Referenzen werbe, mache sie sich bewusst deren Vertrauensvorsprung zunutze, und zwar vor allem gegenüber langjährigen Kunden wie dem Kläger. Die vermeintlich klare Grenze zwischen der Sparkasse einerseits und der Beklagten andererseits verschwimme für den Kunden, wenn sich die Beklagte zur technischen Abwicklung der Sparkasse bediene und dort die Kundenkonten gegen Zahlung eines Entgelts unterhalte. Bei den an die Beklagte geflossenen Zahlungen der Kapitalsuchenden handele es sich auch um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, über die der Kläger nicht aufgeklärt worden sei.

Darüber hinaus falle der Beklagten eine weitere zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung zur Last. Diese sei darin begründet, dass der Kläger nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass die Beklagte sich zuvor im Rahmen der Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung sich dazu verpflichtet habe, bei der Vertriebsberatung nur Daten und Fakten zu verwenden, die ihr von der V. AG oder der Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden seien, und keine hiervon - insbesondere von den Aussagen des Beteiligungsangebots - abweichenden oder darüber hinausgehenden Angaben zu machen. Auch dies habe die Beklagte dem Kunden mitteilen müssen. Die übernommene Verpflichtung begründe für die Beklagte von vornherein die konkrete Möglichkeit eines Interessenkonflikts im Rahmen künftiger Beratungsgespräche mit den Anlegern über die in Rede stehende Beteiligungsform. Eine dem bestmöglichen Interesse des Anlegers entsprechende eigenständige Anlageberatung sei der Beklagten damit nämlich nicht mehr selbstverständlich möglich gewesen. Eine solche Beratung müsse nicht nur anleger-, sondern auch anlagegerecht sein. Diese dürfe sich nicht von vornherein auf den Emissionsprospekt und sonstige Vertriebsunterlagen der Fondsgesellschaft oder der von dieser beauftragten Vertriebsgesellschaft beschränken. Vielmehr sei ein Berater, der solche Beteiligungen anbiete, verpflichtet, den Kunden sämtliche für die Anlageentscheidung relevanten Daten des Anlageobjekts mitzuteilen. Soweit die Beklagte sich einerseits im Hinblick auf die in Rede stehende Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung uneingeschränkt vertragskonform habe verhalten wollen, habe sie sich andererseits gegenüber den Kunden nicht bedenkenlos zu einer anlagegerechten Beratung im vorgenannten Sinne verpflichten können. Vielmehr sei sie prinzipiell Gefahr gelaufen, dem Anleger Risiken des Anlageobjekts nicht von sich aus offenbaren zu können, sofern sich die entsprechenden Daten nicht aus den ihr zur Verfügung gestellten Vertriebsunterlagen ergeben hätten. Wenn die Beklagte sich zum Abschluss einer derartigen Vertriebsvereinbarung trotz der damit verbundenen konkreten Möglichkeit eines solchermaßen schwerwiegenden, da ihre grundlegenden Beratungspflichten betreffenden, Interessenkonflikts entschieden habe, sei sie zumindest verpflichtet gewesen, ihre Kunden hierüber von vornherein unmissverständlich zu informieren.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lassen sich Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte nicht begründen.

Ohne Erfolg bleibt jedoch die Rüge der Beklagten, es habe kein Anlage- beratungs- sondern nur ein Vermittlungsvertrag zwischen den Parteien bestan- den. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts ist im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden.

Im Vordergrund einer Anlageberatung steht in Abgrenzung zur Anlagevermittlung das Angebot einer unabhängigen individuellen Beratung. Ein Beratungsvertrag kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammen hang mit der Anlage eines Geldbetrags tatsächlich eine Beratung stattfindet. Das Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages kann auch stillschweigend durch die Empfehlung einer Anlage geschehen. Häufig wird die Beurteilung und Beratung aufgrund der persönlichen Umstände des Anlegers im Vordergrund stehen.

Ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont konnte der Kläger angesichts der bestehenden langjährigen Geschäftsbeziehung und der genauen Kenntnis der Beklagten über seine persönlichen Verhältnisse die Empfehlung zum Erwerb der hier streitgegenständlichen Anlage nur so verstehen, dass die Beklagte unter Zugrundelegung dieser Kenntnisse eine auf seine Person passende Anlagemöglichkeit vorschlug und einen Beratungsvertrag über eine Geldanlage anbot. Die Verabredung zum Gespräch konnte die Beklagte daher nur dahingehend auffassen, dass der Kläger eine zu seinen persönlichen Verhältnissen passende Anlageempfehlung und eine Beratung über die Chancen und Risiken einer Anlage in diesem Gespräch erwartete und mit diesem Inhalt ein Beratungsvertrag zustande kam. Die Beklagte hat sich in ihrem Sachvortrag auch im Übrigen darauf berufen, dass sie den Kläger umfassend beraten habe.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten wegen einer unterbliebenen Aufklärung über eine Provision oder Rückvergütung wegen des gezeichneten Fonds zu. Eine solche Pflicht bestand für die Beklagte nicht.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist ein freier nicht bankmäßig gebundener Anlageberater nicht verpflichtet, den Anleger ungefragt über den Umstand und die Höhe einer Provision aufzuklären. Für den Anleger liegt es bei einer Beratung durch einen freien Anlageberater auf der Hand, dass dieser von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält, die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung als solcher sein Geld verdienen muss, kann berechtigterweise nicht angenommen werden, dass er diese Leistung insgesamt kostenlos erbringt. Sind ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen, so liegt für den Anleger klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen bezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Unter diesen Umständen besteht regelmäßig kein schützenswertes Vertrauen des Anlegers darauf, dass der Anlageberater keine Leistungen des Kapitalsuchenden erhält; vielmehr sind dem Anleger sowohl die Provisionsvergütung des Beraters durch den Kapitalsuchenden als auch der damit (möglicherweise) verbundene Interessenkonflikt bewusst. Soweit es um die genaue Höhe der dem Anlageberater zukommenden Provision geht, ist es bei gebotener Abwägung der gegenüberstehenden Interessen der Vertragsparteien Sache des Anlegers - dem generell das Provisionsinteresse des Beraters bekannt ist -, dieserhalb bei den Anlageberatern nachzufragen.

Ein selbständiges Unternehmen der "Finanzgruppe" einer Sparkasse, das als 100 %ige Tochtergesellschaft (GmbH) der Sparkasse hauptsächlich auf dem Gebiet der Anlageberatung tätig ist, ist hinsichtlich der Verpflichtung, seine Kunden ungefragt über die von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wie ein freier Anlageberater zu behandeln. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise kann ein Anleger, der sich durch einen solchen Anlageberater über Anlagemöglichkeiten beraten lässt, nicht berechtigterweise annehmen, der Anlageberater würde diese Leistung kostenlos erbringen. Dabei ist in den Vordergrund zu stellen, dass es sich in diesen Fällen bei den Beratern um selbständige juristische Personen handelt, die selbst kein Kreditinstitut sind und keine "klassischen" Bankgeschäfte betreiben. Sie sind, ungeachtet des Umstands, dass sie zur "Finanzgruppe der Sparkasse" gehören - was durch die Verwendung des Firmenlogos betont wird - und ihre Kunden im Wesentlichen aus dem Kundenstamm der Sparkasse gewinnen, ein eigenständiges Unternehmen, zu dessen Haupttätigkeit - nicht anders als bei sogenannten "freien" Anlageberatern - die Beratung bei der Geldanlage gehört. Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise ist einem Anleger auch bei einer solchen Anlageberatung bewusst, dass der Berater Provision seitens der Kapitalsuchenden erhält, zumal er keine Vergütung für die Anlageberatung selbst, die Verwaltung von Konten oder sonstige Dienstleistungen seitens des Anlegers erhält. Ein Anleger hat damit auch bei der Beratung durch eine "Sparkassentochter" kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass diese kein Geld seitens des Kapitalsuchenden für die Vermittlung des jeweiligen Anlageprodukts erhält.

Die Umstände im vorliegenden Fall geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Auch hier ist ein Agio offen ausgewiesen worden, über dessen hälftige Rückerstattung an die Tochter des Klägers eine Vereinbarung getroffen wurde. Ihm war auch bekannt, dass die Beklagte eine selbständige juristische Person ist, die jedenfalls von ihm keine Zahlung für die Anlageberatung erhalten hat. Die Beklagte ist deshalb als "freier" Anlageberater anzusehen, der über die von ihm erhaltenen Rückvergütungen und Provisionszahlungen nicht aufzuklären brauchte. Insofern kann sich aus einer unterbliebenen Aufklärung deshalb kein Schadensersatzanspruch für den Kläger ergeben.

Soweit der Kläger erstmals in der Revisionsinstanz geltend macht, die Beklagte habe ihn "aktiv" über die Gesamthöhe der ihr zufließenden Provision getäuscht, ist ihm nicht zu folgen. Allein aus dem Umstand, dass sich die Parteien über den Rückfluss des hälftigen Agio-Betrags geeinigt haben, ergab sich kein hinreichender Anhalt für die Annahme, der Beklagten komme im Erfolgsfalle allenfalls eine Provision in dieser Höhe zu. Die Revisionserwiderung zeigt im Übrigen auch keinen Sachvortrag des Klägers auf, wonach er selbst aus dem Verhalten der Beklagten einen solchen Schluss gezogen habe.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten falle durch die mangelnde Aufklärung über den Inhalt der geschlossenen Vertriebsvereinbarung im Hinblick auf die Verwendung von Informationen ein weiterer Beratungs- fehler zur Last, hält den Angriffen der Revision ebenfalls nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt an, die übernommene Verpflichtung begründe für die Be- klagte von vornherein die konkrete Möglichkeit eines Interessenkonflikts im Rahmen zukünftiger Beratungsgespräche mit Anlegern über die in Rede stehende Beteiligungsform. Eine dem bestmöglichen Interesse des Anlegers entsprechende eigenständige Anlageberatung sei nicht mehr möglich gewesen.

Der Anlageberatungskunde hat einen Anspruch auf eine vollständige und richtige Beratung. Diese darf, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, sich nicht nur auf die Unterlagen beschränken, die von der Fondsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft zur Verfügung gestellt werden. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaf- ten und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Anlageinteressenten auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört unter anderem die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse. Wenn sich nach dieser Prüfung ergibt, dass das Anlageprodukt nicht für den Kunden geeignet ist, darf diese Anlage nicht empfohlen werden. Geschieht dies gleichwohl, haftet der Anlageberater für den daraus entstandenen Schaden. Damit ist dem Kundeninteresse Rechnung getragen. Wenn sich der Anlageberater gegenüber der Vertriebsgesellschaft verpflichtet, bei der Anlageberatung nur deren Angaben und Prospekte zu benutzen, bedingt dies nicht eine geringere Pflichtenstellung hinsichtlich der Beratung des Kunden. Wenn es hier zu einer Pflichtenkollision kommt und sich der Anlageberater deswegen außerstande sieht, das Informationsinteresse des Kunden pflichtgemäß zu erfüllen, so ist er gegebenenfalls verpflichtet, den Vertrieb der Anlage einzustellen oder den Kunden darauf hinzuweisen, dass er weitere Informationen nicht erteilen darf. Wenn sich jedoch die Anlage als für den Kunden richtig darstellt und die Chancen und Risiken der Anlage in den zur Verfügung gestellten Unterlagen zutreffend wiedergegeben werden - und auch sonst keine aufklärungsbedürftigen Umstände bekannt werden -, ergibt sich aus der internen Verpflichtung des Anlageberaters aus der Vertriebsvereinbarung kein informationsbedürftiger Interessenkonflikt, der für sich genommen eine Fehlerhaftigkeit der Anlageberatung begründen könnte. Es ergibt sich deshalb das Gesamtbild, dass im Falle einer unrichtigen Anlageberatung der Anlageberater unabhängig davon haftet, ob er sich intern verpflichtet hatte, nur die Informationsmaterialien der Fondsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft zu benutzen, da dies sein Verschulden nicht ausschließen kann, oder aber die Anlageberatung ist im Kundeninteresse korrekt erfolgt. Daraus wird deutlich, dass der internen Vereinbarung mit der Vertriebsgesellschaft für sich genommen keine so große Bedeutung zukommt, dass allein wegen des Unterbleibens eines Hinweises auf diese Vereinbarung ein Anleger dazu berechtigt sein könnte, Schadensersatz zu verlangen.

Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird sich mit den weiterhin geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen und den Einwendungen der Beklagten auseinanderzusetzen haben, wozu Stellung zu nehmen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keinen Anlass hat.

Gesetze

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Urteile

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2012 - III ZR 307/11

bei uns veröffentlicht am 06.12.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 307/11 Verkündet am: 6. Dezember 2012 B o t t Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 675 a) E

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 307/11
Verkündet am:
6. Dezember 2012
B o t t
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Es wird daran festgehalten, dass ein selbständiges Unternehmen der
"Finanzgruppe" einer Sparkasse, das als 100%ige Tochtergesellschaft
(GmbH) der Sparkasse hauptsächlich auf dem Gebiet der Anlageberatung
tätig ist, hinsichtlich der Verpflichtung, seine Kunden ungefragt über die von
ihm bei der empfohlenen Anlage erwarteten Provisionen aufzuklären, wie
ein freier Anlageberater zu behandeln ist (Bestätigung des Senatsurteils
vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, NJW 2012, 2952).

b) Zur Pflicht eines Anlageberaters, einen Anleger über den Inhalt der mit der
Fonds- oder Vertriebsgesellschaft getroffene Vertriebsvereinbarung aufzuklären.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - III ZR 307/11 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2012 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Hucke und Seiters

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 34. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Oktober 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit einer Beteiligung an dem F. GmbH & Co. KG in Anspruch.
2
Die Beklagte ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Sparkasse D. . Sie wirbt mit einer sogenannten Imagebroschüre unter Verwendung des Firmenlogos der Sparkasse für ihre als "Private Banking" bezeichnete Tätigkeit. Die Beklagte war Vertriebspartner für die Eigenkapitalvermittlung des in Rede stehenden Medienfonds. Nach der Vertriebsvereinbarung durfte die Beklagte bei der Vertriebswerbung und -beratung nur Daten und Fakten verwenden, die ihr von der Kapitalsuchenden oder der V. AG zur Verfügung gestellt worden waren. Sie sollte nicht berechtigt sein, - insbesondere von den Aussagen des Beteiligungsangebots - abweichende oder darüber hinausgehende Angaben zu machen.
3
Der Kläger ist seit 1999 Kunde der Beklagten. Er tätigte in der Vergangenheit verschiedene Kapitalanlagen. Nachdem der Kundenberater den Kläger zunächst telefonisch kontaktiert und ihm den streitgegenständlichen Medienfonds als Kapitalanlage empfohlen hatte, kam es am 7. Dezember 2004 zu einer Besprechung im Hause des Klägers. Im Rahmen dieses Gesprächs, dessen Inhalt zwischen den Parteien streitig ist, wurde dem Kläger der Fonds vorgestellt und das Emissionsprospekt übergeben. Die Zeichnungsscheine hatte der Kundenberater bereits vorher ausgefüllt. Gegenstand der Besprechung war auch, dass die Beklagte für die Vermittlung der Fondsanteile eine Vergütung von der Fondsgesellschaft erhalten sollte. Der Kläger ging davon aus, dass die Provisionszahlung an die Beklagte aus dem Agio in Höhe von 5 % der Zeichnungssumme gezahlt würde, das er erbringen musste. Dazu war er nicht bereit. Er einigte sich mit dem Kundenberater darauf, dass die Hälfte des von ihm zunächst in voller Höhe an die Fondsgesellschaft zu entrichtenden Agios, mithin ein Betrag in Höhe von 2.500 €, wieder zurückfließen und an seine Tochter gezahlt werden sollte. Am Ende des Gesprächs zeichnete der Kläger durch Anteilsübernahmeerklärung vom 7. Dezember 2004 eine Beteiligung mit einem ausgewiesenen Wert von 100.000 € zuzüglich Agio. Der Kläger zahlte im Weiteren 59.500 € selbst und finanzierte den Restbetrag über ein Darlehen bei der B. bank. Die Beklagte erhielt für die Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligung eine Provision in Höhe von zumindest 7,085 % des vermittelten Nominalkapitals. Die Fondsbeteiligung erbrachte in der Folgezeit nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg. Insbesondere erkannten die Finanzämter die zunächst von ihnen akzeptierten steuerlichen Verlustzuweisungen der Fondsgesellschaft letztlich nicht an.
4
Das Landgericht hat die Beklagte im Wesentlichen nach Klageantrag verurteilt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der wechselseitigen Rechtsmittel im Übrigen die Beklagte verurteilt, an den Kläger 57.000 € nebst Zinsen zu zahlen und ihn von den Verbindlichkeiten aus den aufgenommenen Darlehen freizustellen. Es hat des Weiteren festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle steuerlichen Nachteile zu ersetzen, die er dadurch erleidet, dass er von den Finanzbehörden nicht sogleich unter Berücksichtigung seiner Beteiligung an dem hier maßgeblichen Fonds einkommensteuerrechtlich veranlagt wurde und alle weiteren wirtschaftlichen Nachteile, soweit sie auf der Beteiligung beruhen. Die Verurteilung erfolgte Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte und Pflichten des Klägers aus dem Treuhandvertrag mit der M. GmbH betreffend die mittelbare Stellung eines Kommanditisten des streitgegenständlichen Fonds. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots auf Übertragung der Rechte und Pflichten des Klägers aus dem Treuhandvertrag in Verzug befinde.
5
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die Revision hat Erfolg.

I.


7
Das Berufungsgericht hat die Klage für begründet erachtet, weil die Beklagte als Anlageberaterin in zweifacher Hinsicht ihre Beratungspflichten verletzt habe. Zum einen habe die Beklagte nicht über die von ihr erhaltene Provision vollständig aufgeklärt. Dies wäre aber erforderlich gewesen, da es sich bei der Beklagten nicht um einen bankunabhängigen Anlageberater handele. Mit der Auslagerung der Anlageberatung aus dem Geschäftsbereich der Sparkasse D. auf die Beklagte möge zwar eine gesellschaftsrechtliche Ausgliederung vollzogen worden sein. Dies mache die Beratungsgesellschaft jedoch nicht automatisch zu einem freien Anlageberater. Vielmehr komme es darauf an, ob die Beratungsgesellschaft sich aus der Sicht des Kunden nach außen als von der Bank nicht nur gesellschaftsrechtlich, sondern auch im Übrigen als von dieser im Unternehmensverbund unabhängige Beraterin darstelle. Dies treffe auf die Beklagte nicht zu. Vielmehr nutze die Beklagte den Umstand, dass die Sparkasse ihre Alleingesellschafterin sei, dafür, um ihr besonderes Näheverhältnis zu dieser zu demonstrieren, und zwar nicht zuletzt durch den Gebrauch des unverkennbaren Firmenlogos der Sparkasse. Sie übernehme damit auch durch die von ihr selbst vorgelegte sogenannte "Image-Broschüre" das sogenannte Corporate-Identity-Konzept der Sparkasse. Indem sie mit deren Erfahrungen und deren Referenzen werbe, mache sie sich bewusst deren Vertrauensvorsprung zunutze, und zwar vor allem gegenüber langjährigen Kunden wie dem Kläger. Die vermeintlich klare Grenze zwischen der Sparkasse einerseits und der Beklagten andererseits verschwimme für den Kunden, wenn sich die Beklagte zur technischen Abwicklung der Sparkasse bediene und dort die Kundenkonten gegen Zahlung eines Entgelts unterhalte. Bei den an die Beklagte geflossenen Zahlungen der Kapitalsuchenden handele es sich auch um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, über die der Kläger nicht aufgeklärt worden sei.
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Darüber hinaus falle der Beklagten eine weitere zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung zur Last. Diese sei darin begründet, dass der Kläger nicht darüber aufgeklärt worden sei, dass die Beklagte sich zuvor im Rahmen der Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung sich dazu verpflichtet habe, bei der Vertriebsberatung nur Daten und Fakten zu verwenden, die ihr von der V. AG oder der Fondsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden seien, und keine hiervon - insbesondere von den Aussagen des Beteiligungsangebots - abweichenden oder darüber hinausgehenden Angaben zu machen. Auch dies habe die Beklagte dem Kunden mitteilen müssen. Die übernommene Verpflichtung begründe für die Beklagte von vornherein die konkrete Möglichkeit eines Interessenkonflikts im Rahmen künftiger Beratungsgespräche mit den Anlegern über die in Rede stehende Beteiligungsform. Eine dem bestmöglichen Interesse des Anlegers entsprechende eigenständige Anlageberatung sei der Beklagten damit nämlich nicht mehr selbstverständlich möglich gewesen. Eine solche Beratung müsse nicht nur anleger-, sondern auch anlagegerecht sein. Diese dürfe sich nicht von vornherein auf den Emissionsprospekt und sonstige Vertriebsunterlagen der Fondsgesellschaft oder der von dieser beauftragten Vertriebsgesellschaft beschränken. Vielmehr sei ein Berater, der solche Beteiligungen anbiete , verpflichtet, den Kunden sämtliche für die Anlageentscheidung relevanten Daten des Anlageobjekts mitzuteilen. Soweit die Beklagte sich einerseits im Hinblick auf die in Rede stehende Vertriebs- und Vergütungsvereinbarung un- eingeschränkt vertragskonform habe verhalten wollen, habe sie sich andererseits gegenüber den Kunden nicht bedenkenlos zu einer anlagegerechten Beratung im vorgenannten Sinne verpflichten können. Vielmehr sei sie prinzipiell Gefahr gelaufen, dem Anleger Risiken des Anlageobjekts nicht von sich aus offenbaren zu können, sofern sich die entsprechenden Daten nicht aus den ihr zur Verfügung gestellten Vertriebsunterlagen ergeben hätten. Wenn die Beklagte sich zum Abschluss einer derartigen Vertriebsvereinbarung trotz der damit verbundenen konkreten Möglichkeit eines solchermaßen schwerwiegenden, da ihre grundlegenden Beratungspflichten betreffenden, Interessenkonflikts entschieden habe, sei sie zumindest verpflichtet gewesen, ihre Kunden hierüber von vornherein unmissverständlich zu informieren.

II.


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Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts lassen sich Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte nicht begründen.
10
1. Ohne Erfolg bleibt jedoch die Rüge der Beklagten, es habe kein Anlageberatungs - sondern nur ein Vermittlungsvertrag zwischen den Parteien bestanden. Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts ist im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden.
11
a) Im Vordergrund einer Anlageberatung steht in Abgrenzung zur Anlagevermittlung das Angebot einer unabhängigen individuellen Beratung (Senatsurteil vom 27. Oktober 2005 - III ZR 71/05, NJW-RR 2006, 109 Rn. 14). Ein Beratungsvertrag kommt regelmäßig konkludent zustande, wenn im Zusammen- hang mit der Anlage eines Geldbetrags tatsächlich eine Beratung stattfindet. Das Angebot zum Abschluss eines Beratungsvertrages kann auch stillschweigend durch die Empfehlung einer Anlage geschehen (BGH, Urteil vom 25. September 2007 - XI ZR 320/06, BGHR BGB § 676 Beratungsvertrag 9). Häufig wird die Beurteilung und Beratung aufgrund der persönlichen Umstände des Anlegers im Vordergrund stehen (Senatsurteil vom 18. Januar 2007 - III ZR 44/06, NJW-RR 2007, 621 Rn. 10).
12
b) Ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont konnte der Kläger angesichts der bestehenden langjährigen Geschäftsbeziehung und der genauen Kenntnis der Beklagten über seine persönlichen Verhältnisse die Empfehlung zum Erwerb der hier streitgegenständlichen Anlage nur so verstehen, dass die Beklagte unter Zugrundelegung dieser Kenntnisse eine auf seine Person passende Anlagemöglichkeit vorschlug und einen Beratungsvertrag über eine Geldanlage anbot. Die Verabredung zum Gespräch konnte die Beklagte daher nur dahingehend auffassen, dass der Kläger eine zu seinen persönlichen Verhältnissen passende Anlageempfehlung und eine Beratung über die Chancen und Risiken einer Anlage in diesem Gespräch erwartete und mit diesem Inhalt ein Beratungsvertrag zustande kam. Die Beklagte hat sich in ihrem Sachvortrag auch im Übrigen darauf berufen, dass sie den Kläger umfassend beraten habe.
13
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten wegen einer unterbliebenen Aufklärung über eine Provision oder Rückvergütung wegen des gezeichneten Fonds zu. Eine solche Pflicht bestand für die Beklagte nicht.
14
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist ein freier nicht bankmäßig gebundener Anlageberater nicht verpflichtet, den Anleger ungefragt über den Umstand und die Höhe einer Provision aufzuklären. Für den Anleger liegt es bei einer Beratung durch einen freien Anlageberater auf der Hand, dass dieser von der kapitalsuchenden Anlagegesellschaft Vertriebsprovisionen erhält , die jedenfalls wirtschaftlich betrachtet dem vom Anleger an die Anlagegesellschaft gezahlten Betrag entnommen werden. Da der Anlageberater mit der Beratung als solcher sein Geld verdienen muss, kann berechtigterweise nicht angenommen werden, dass er diese Leistung insgesamt kostenlos erbringt. Sind ein Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen, so liegt für den Anleger klar erkennbar zutage, dass aus diesen Mitteln auch Vertriebsprovisionen bezahlt werden, an denen sein Anlageberater partizipiert. Unter diesen Umständen besteht regelmäßig kein schützenswertes Vertrauen des Anlegers darauf, dass der Anlageberater keine Leistungen des Kapitalsuchenden erhält; vielmehr sind dem Anleger sowohl die Provisionsvergütung des Beraters durch den Kapitalsuchenden als auch der damit (möglicherweise) verbundene Interessenkonflikt bewusst. Soweit es um die genaue Höhe der dem Anlageberater zukommenden Provision geht, ist es bei gebotener Abwägung der gegenüberstehenden Interessen der Vertragsparteien Sache des Anlegers - dem generell das Provisionsinteresse des Beraters bekannt ist -, dieserhalb bei den Anlageberatern nachzufragen (vgl. nur Senatsurteil vom 19. Juli 2012 - III ZR 308/11, NJW 2012, 2952 Rn. 12 mwN).
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b) Ein selbständiges Unternehmen der "Finanzgruppe" einer Sparkasse, das als 100 %ige Tochtergesellschaft (GmbH) der Sparkasse hauptsächlich auf dem Gebiet der Anlageberatung tätig ist, ist hinsichtlich der Verpflichtung, seine Kunden ungefragt über die von ihm bei der empfohlenen Anlage erwartete Provision aufzuklären, wie ein freier Anlageberater zu behandeln (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2012 aaO Rn. 14). Bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise kann ein Anleger, der sich durch einen solchen Anlageberater über Anla- gemöglichkeiten beraten lässt, nicht berechtigterweise annehmen, der Anlageberater würde diese Leistung kostenlos erbringen. Dabei ist in den Vordergrund zu stellen, dass es sich in diesen Fällen bei den Beratern um selbständige juristische Personen handelt, die selbst kein Kreditinstitut sind und keine "klassischen" Bankgeschäfte betreiben. Sie sind, ungeachtet des Umstands, dass sie zur "Finanzgruppe der Sparkasse" gehören - was durch die Verwendung des Firmenlogos betont wird - und ihre Kunden im Wesentlichen aus dem Kundenstamm der Sparkasse gewinnen, ein eigenständiges Unternehmen, zu dessen Haupttätigkeit - nicht anders als bei sogenannten "freien" Anlageberatern - die Beratung bei der Geldanlage gehört. Bei gebotener typisierender Betrachtungsweise ist einem Anleger auch bei einer solchen Anlageberatung bewusst, dass der Berater Provision seitens der Kapitalsuchenden erhält, zumal er keine Vergütung für die Anlageberatung selbst, die Verwaltung von Konten oder sonstige Dienstleistungen seitens des Anlegers erhält. Ein Anleger hat damit auch bei der Beratung durch eine "Sparkassentochter" kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass diese kein Geld seitens des Kapitalsuchenden für die Vermittlung des jeweiligen Anlageprodukts erhält (Senatsurteil aaO).
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c) Die Umstände im vorliegenden Fall geben keinen Anlass zu einer abweichenden Beurteilung. Auch hier ist ein Agio offen ausgewiesen worden, über dessen hälftige Rückerstattung an die Tochter des Klägers eine Vereinbarung getroffen wurde. Ihm war auch bekannt, dass die Beklagte eine selbständige juristische Person ist, die jedenfalls von ihm keine Zahlung für die Anlageberatung erhalten hat. Die Beklagte ist deshalb als "freier" Anlageberater anzusehen , der über die von ihm erhaltenen Rückvergütungen und Provisionszahlungen nicht aufzuklären brauchte. Insofern kann sich aus einer unterbliebenen Aufklärung deshalb kein Schadensersatzanspruch für den Kläger ergeben.
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d) Soweit der Kläger erstmals in der Revisionsinstanz geltend macht, die Beklagte habe ihn "aktiv" über die Gesamthöhe der ihr zufließenden Provision getäuscht, ist ihm nicht zu folgen. Allein aus dem Umstand, dass sich die Parteien über den Rückfluss des hälftigen Agio-Betrags geeinigt haben, ergab sich kein hinreichender Anhalt für die Annahme, der Beklagten komme im Erfolgsfalle allenfalls eine Provision in dieser Höhe zu. Die Revisionserwiderung zeigt im Übrigen auch keinen Sachvortrag des Klägers auf, wonach er selbst aus dem Verhalten der Beklagten einen solchen Schluss gezogen habe.
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3. Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagten falle durch die mangelnde Aufklärung über den Inhalt der geschlossenen Vertriebsvereinbarung im Hinblick auf die Verwendung von Informationen ein weiterer Beratungsfehler zur Last, hält den Angriffen der Revision ebenfalls nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt an, die übernommene Verpflichtung begründe für die Beklagte von vornherein die konkrete Möglichkeit eines Interessenkonflikts im Rahmen zukünftiger Beratungsgespräche mit Anlegern über die in Rede stehende Beteiligungsform. Eine dem bestmöglichen Interesse des Anlegers entsprechende eigenständige Anlageberatung sei nicht mehr möglich gewesen.
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Der Anlageberatungskunde hat einen Anspruch auf eine vollständige und richtige Beratung. Diese darf, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, sich nicht nur auf die Unterlagen beschränken, die von der Fondsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft zur Verfügung gestellt werden. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung auf diejenigen Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können. Er muss deshalb eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen oder den Anlageinteressenten auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen. Ein Berater, der sich in Bezug auf eine bestimmte Anlageentscheidung als kompetent geriert , hat sich dabei aktuelle Informationen über das Objekt, das er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu gehört unter anderem die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen in der Wirtschaftspresse (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2011 - III ZR 56/11, NJW 2012, 380 Rn. 10 mwN). Wenn sich nach dieser Prüfung ergibt, dass das Anlageprodukt nicht für den Kunden geeignet ist, darf diese Anlage nicht empfohlen werden. Geschieht dies gleichwohl, haftet der Anlageberater für den daraus entstandenen Schaden. Damit ist dem Kundeninteresse Rechnung getragen. Wenn sich der Anlageberater gegenüber der Vertriebsgesellschaft verpflichtet, bei der Anlageberatung nur deren Angaben und Prospekte zu benutzen, bedingt dies nicht eine geringere Pflichtenstellung hinsichtlich der Beratung des Kunden. Wenn es hier zu einer Pflichtenkollision kommt und sich der Anlageberater deswegen außerstande sieht, das Informationsinteresse des Kunden pflichtgemäß zu erfüllen, so ist er gegebenenfalls verpflichtet, den Vertrieb der Anlage einzustellen oder den Kunden darauf hinzuweisen , dass er weitere Informationen nicht erteilen darf. Wenn sich jedoch die Anlage als für den Kunden richtig darstellt und die Chancen und Risiken der Anlage in den zur Verfügung gestellten Unterlagen zutreffend wiedergegeben werden - und auch sonst keine aufklärungsbedürftigen Umstände bekannt werden -, ergibt sich aus der internen Verpflichtung des Anlageberaters aus der Vertriebsvereinbarung kein informationsbedürftiger Interessenkonflikt, der für sich genommen eine Fehlerhaftigkeit der Anlageberatung begründen könnte. Es ergibt sich deshalb das Gesamtbild, dass im Falle einer unrichtigen Anlageberatung der Anlageberater unabhängig davon haftet, ob er sich intern verpflichtet hatte, nur die Informationsmaterialien der Fondsgesellschaft oder der Vertriebsgesellschaft zu benutzen, da dies sein Verschulden nicht ausschließen kann, oder aber die Anlageberatung ist im Kundeninteresse korrekt erfolgt. Daraus wird deutlich, dass der internen Vereinbarung mit der Vertriebsgesellschaft für sich genommen keine so große Bedeutung zukommt, dass allein wegen des Unterbleibens eines Hinweises auf diese Vereinbarung ein Anleger dazu berechtigt sein könnte, Schadensersatz zu verlangen.
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4. Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache noch nicht zur Entscheidung reif ist (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird sich mit den weiterhin geltend gemachten Aufklärungspflichtverletzungen und den Einwendungen der Beklagten auseinanderzusetzen haben, wozu Stellung zu nehmen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keinen Anlass hat. Schlick Herrmann Wöstmann Hucke Seiters
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 07.01.2010 - 12 O 191/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.10.2011 - I-34 U 53/10 -

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.