Anlageberatung: Zur Kausalitätsvermutung bei Aufklärungspflichtverletzung
published on 12/06/2014 11:02
Anlageberatung: Zur Kausalitätsvermutung bei Aufklärungspflichtverletzung
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Der BGH hat in seinem Urteil vom 11.02.2014 (Az.: II ZR 273/12) folgendes entschieden:
Tatbestand:
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Er beteiligte sich im Jahr 1997 mit 250.000 DM nebst 5 % Agio über einen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds D. GmbH & Co.M. und Be. , R. straße KG. Unter Berufung auf verschiedene Prospektmängel begehrt er von der Beklagten zu 1) als Gründungskomplementärin und der Beklagten zu 2) als Gründungskommanditistin des Fonds im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung der Beteiligung.
Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung von 143.313,32 € nebst Zinsen verlangt Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds. Weiter hat er beantragt festzustellen, dass die Beklagten im Annahmeverzug seien und dass sie verpflichtet seien, ihm allen künftigen Schaden aus der Beteiligung zu ersetzen.
Das Landgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ob der verwendete Prospekt fehlerhaft gewesen sei, könne ebenso offen bleiben wie die Höhe eines möglichen Schadens und die Frage der Verjährung. Denn der Kläger habe jedenfalls nicht nachgewiesen, dass etwaige Prospektfehler und eine möglicherweise unzutreffende Beratung durch den Mitarbeiter der die Anlage vermittelnden B., S. , ursächlich für den Beitritt geworden seien. Der Kläger habe bei seiner Anhörung zwar ausgesagt, dass er sich mit der Beteiligung eine Altersversorgung habe schaffen wollen und den Prospekt mit S. durchgegangen sei und ihn ausführlich studiert habe. Ergänzend habe der Kläger vorgetragen, dass mindestens drei Beratungsgespräche mit S. stattgefunden hätten, wovon zwei in Gegenwart seines Steuerberaters geführt worden seien, und dass S. dabei die Anlage als hervorragende Zusatzversorgung im Alter herausgestellt habe. Dem stehe aber die ebenso glaubhafte Aussage des Zeugen S. gegenüber, wonach dem Kläger im Rahmen von regelmäßigen gemeinsamen Mittagessen der Prospekt übergeben worden sei, ohne dass Beratungsgespräche geführt worden seien. Angesichts dessen könne nicht festgestellt werden, welche Kenntnisse sich der Kläger über den Fonds verschafft habe und welche Motive ihn zu dem Erwerb der Beteiligung geleitet hätten. Es könne durchaus sein, dass die gerügten Prospektfehler auf die Anlageentscheidung keinen Einfluss gehabt hätten.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat die Frage offen gelassen, ob die Beklagten mittels der Verwendung eines inhaltlich falschen, irreführenden oder unvollständigen Prospekts ihre Aufklärungspflicht aus dem Vertragsanbahnungsverhältnis mit dem Kläger verletzt haben. Für das Revisionsverfahren ist ein Aufklärungsfehler somit zu unterstellen. Dass die Haftung der Gründungsgesellschafter aus Verschulden bei Vertragsschluss im Streitfall auch den Kläger erfasst unabhängig davon, dass er sich nicht als Kommanditist, sondern als Treugeber über einen Treuhandkommanditisten beteiligen wollte, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt.
Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht dagegen in seiner Ansicht, die Klage sei unbegründet, weil sich anhand der durchgeführten Beweisaufnahme einschließlich der Anhörung des Klägers nicht feststellen lasse, welche Motive für den Kläger bei seiner Anlageentscheidung ausschlaggebend gewesen seien, ob also die behaupteten Prospektfehler ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen seien. Damit hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, die für eine Anlageentscheidung geltenden Beweisgrundsätze verkannt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts wird in das Recht des Anlegers eingegriffen, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht. Das Bestehen von Handlungsvarianten ist nicht geeignet, diese auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung bei Immobilien zu entkräften, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht. Nach der Auffassung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs handelt es sich dabei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung.
Danach geht das non liquet im vorliegenden Fall zu Lasten der Beklagten. Dabei kann offen bleiben, ob die Grundsätze des Anscheinsbeweises anzuwenden oder eine Beweislastumkehr anzunehmen ist. Die Beklagten haben die auf der Lebenserfahrung beruhende Vermutung nicht widerlegen können, dass die behaupteten Prospektfehler für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich waren. Aufgrund der übereinstimmenden Bekundungen des Klägers und des Zeugen S. steht lediglich fest, dass der Prospekt rechtzeitig vor der Anlageentscheidung dem Kläger übergeben worden ist. Auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein fehlerhafter Prospekt auch ohne Übergabe zu einem Aufklärungsmangel führt , kommt es mithin nicht an.
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Die Sache ist zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht die noch fehlenden Feststellungen treffen kann.
Tatbestand:
Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Er beteiligte sich im Jahr 1997 mit 250.000 DM nebst 5 % Agio über einen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds D. GmbH & Co.M. und Be. , R. straße KG. Unter Berufung auf verschiedene Prospektmängel begehrt er von der Beklagten zu 1) als Gründungskomplementärin und der Beklagten zu 2) als Gründungskommanditistin des Fonds im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung der Beteiligung.
Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung von 143.313,32 € nebst Zinsen verlangt Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds. Weiter hat er beantragt festzustellen, dass die Beklagten im Annahmeverzug seien und dass sie verpflichtet seien, ihm allen künftigen Schaden aus der Beteiligung zu ersetzen.
Das Landgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ob der verwendete Prospekt fehlerhaft gewesen sei, könne ebenso offen bleiben wie die Höhe eines möglichen Schadens und die Frage der Verjährung. Denn der Kläger habe jedenfalls nicht nachgewiesen, dass etwaige Prospektfehler und eine möglicherweise unzutreffende Beratung durch den Mitarbeiter der die Anlage vermittelnden B., S. , ursächlich für den Beitritt geworden seien. Der Kläger habe bei seiner Anhörung zwar ausgesagt, dass er sich mit der Beteiligung eine Altersversorgung habe schaffen wollen und den Prospekt mit S. durchgegangen sei und ihn ausführlich studiert habe. Ergänzend habe der Kläger vorgetragen, dass mindestens drei Beratungsgespräche mit S. stattgefunden hätten, wovon zwei in Gegenwart seines Steuerberaters geführt worden seien, und dass S. dabei die Anlage als hervorragende Zusatzversorgung im Alter herausgestellt habe. Dem stehe aber die ebenso glaubhafte Aussage des Zeugen S. gegenüber, wonach dem Kläger im Rahmen von regelmäßigen gemeinsamen Mittagessen der Prospekt übergeben worden sei, ohne dass Beratungsgespräche geführt worden seien. Angesichts dessen könne nicht festgestellt werden, welche Kenntnisse sich der Kläger über den Fonds verschafft habe und welche Motive ihn zu dem Erwerb der Beteiligung geleitet hätten. Es könne durchaus sein, dass die gerügten Prospektfehler auf die Anlageentscheidung keinen Einfluss gehabt hätten.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Das Berufungsgericht hat die Frage offen gelassen, ob die Beklagten mittels der Verwendung eines inhaltlich falschen, irreführenden oder unvollständigen Prospekts ihre Aufklärungspflicht aus dem Vertragsanbahnungsverhältnis mit dem Kläger verletzt haben. Für das Revisionsverfahren ist ein Aufklärungsfehler somit zu unterstellen. Dass die Haftung der Gründungsgesellschafter aus Verschulden bei Vertragsschluss im Streitfall auch den Kläger erfasst unabhängig davon, dass er sich nicht als Kommanditist, sondern als Treugeber über einen Treuhandkommanditisten beteiligen wollte, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt.
Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht dagegen in seiner Ansicht, die Klage sei unbegründet, weil sich anhand der durchgeführten Beweisaufnahme einschließlich der Anhörung des Klägers nicht feststellen lasse, welche Motive für den Kläger bei seiner Anlageentscheidung ausschlaggebend gewesen seien, ob also die behaupteten Prospektfehler ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen seien. Damit hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, die für eine Anlageentscheidung geltenden Beweisgrundsätze verkannt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war. Durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts wird in das Recht des Anlegers eingegriffen, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht. Das Bestehen von Handlungsvarianten ist nicht geeignet, diese auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung bei Immobilien zu entkräften, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht. Nach der Auffassung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs handelt es sich dabei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung.
Danach geht das non liquet im vorliegenden Fall zu Lasten der Beklagten. Dabei kann offen bleiben, ob die Grundsätze des Anscheinsbeweises anzuwenden oder eine Beweislastumkehr anzunehmen ist. Die Beklagten haben die auf der Lebenserfahrung beruhende Vermutung nicht widerlegen können, dass die behaupteten Prospektfehler für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich waren. Aufgrund der übereinstimmenden Bekundungen des Klägers und des Zeugen S. steht lediglich fest, dass der Prospekt rechtzeitig vor der Anlageentscheidung dem Kläger übergeben worden ist. Auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein fehlerhafter Prospekt auch ohne Übergabe zu einem Aufklärungsmangel führt , kommt es mithin nicht an.
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Die Sache ist zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht die noch fehlenden Feststellungen treffen kann.
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published on 11/02/2014 00:00
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I I ZR 2 7 3 / 1 2 Verkündet am: 11. Februar 2014 Stoll Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlag
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30/12/2009 16:59
BGH vom 27.10.09-Az:XI ZR 338/08-Anwalt für Anlegerrecht-BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Subjectsallgemein
25/11/2016 16:17
Zur Wirksamkeit solcher Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 307 I S.1, II Nr. 1 BGB.
Subjectsallgemein
18/01/2013 13:12
Anforderungen an die Schlüssigkeit und Substantiiertheit der Darlegung des Anlegers zu den von ihm geltend gemachten Pflichtverletzungen des Anlageberaters.
Subjectsallgemein
10/12/2015 14:52
Aufklärungspflicht über die Risiken der steuerlichen Anerkennungsfähigkeit des Anlagemodells und über die Erzielung von Lizenzgebühren.
Subjectsallgemein
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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I I ZR 2 7 3 / 1 2 Verkündet am:
11. Februar 2014
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Ursächlichkeit einer Verletzung der Aufklärungspflicht für den Beitritt zu einem
geschlossenen Immobilienfonds wird vermutet.
BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - II ZR 273/12 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann, den
Richter Prof. Dr. Strohn, die Richterinnen Caliebe und Dr. Reichart sowie den
Richter Sunder
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 31. Juli 2012 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger verlangt Schadensersatz aus Prospekthaftung im weiteren Sinne. Er beteiligte sich im Jahr 1997 mit 250.000 DM nebst 5 % Agio über einen Treuhandkommanditisten an dem geschlossenen Immobilienfonds D. GmbH & Co. M. und Be. , R. straße KG (im Folgenden: Fonds). Unter Berufung auf verschiedene Prospektmängel begehrt er von der Beklagten zu 1) als Gründungskomplementärin und der Beklagten zu 2) als Gründungskommanditistin des Fonds im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung der Beteiligung.
- 2
- Mit seiner Klage hat der Kläger Zahlung von 143.313,32 € nebst Zinsen verlangt Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligungsrechte an dem Fonds. Weiter hat er beantragt festzustellen, dass die Beklagten im Annahmeverzug seien und dass sie verpflichtet seien, ihm allen künftigen Schaden aus der Beteiligung zu ersetzen.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des Klägers.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat Erfolg und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 5
- I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
- 6
- Ob der verwendete Prospekt fehlerhaft gewesen sei, könne ebenso offen bleiben wie die Höhe eines möglichen Schadens und die Frage der Verjährung. Denn der Kläger habe jedenfalls nicht nachgewiesen, dass etwaige Prospektfehler und eine möglicherweise unzutreffende Beratung durch den Mitarbeiter der die Anlage vermittelnden B. , S. , ursächlich für den Beitritt geworden seien. Der Kläger habe bei seiner Anhörung zwar ausgesagt, dass er sich mit der Beteiligung eine Altersversorgung habe schaffen wollen und den Prospekt mit S. durchgegangen sei und ihn ausführlich studiert habe. Ergänzend habe der Kläger vorgetragen, dass mindestens drei Beratungsgespräche mit S. stattgefunden hätten, wovon zwei in Gegenwart seines Steuerberaters geführt worden seien, und dass S. dabei die Anlage als hervorragende Zusatzversorgung im Alter herausgestellt habe. Dem stehe aber die ebenso glaubhafte Aussage des Zeugen S. gegenüber, wonach dem Kläger im Rahmen von regelmäßigen gemeinsamen Mittagessen der Prospekt übergeben worden sei, ohne dass Beratungsgespräche geführt worden seien. Angesichts dessen könne nicht festgestellt werden, welche Kenntnisse sich der Kläger über den Fonds verschafft habe und welche Motive ihn zu dem Erwerb der Beteiligung geleitet hätten. Es könne durchaus sein, dass die gerügten Prospektfehler auf die Anlageentscheidung keinen Einfluss gehabt hätten.
- 7
- II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 8
- 1. Das Berufungsgericht hat die Frage offen gelassen, ob die Beklagten mittels der Verwendung eines inhaltlich falschen, irreführenden oder unvollständigen Prospekts ihre Aufklärungspflicht aus dem Vertragsanbahnungsverhältnis mit dem Kläger verletzt haben. Für das Revisionsverfahren ist ein Aufklärungsfehler somit zu unterstellen. Dass die Haftung der Gründungsgesellschafter aus Verschulden bei Vertragsschluss im Streitfall auch den Kläger erfasst unabhängig davon, dass er sich nicht als Kommanditist, sondern als Treugeber über einen Treuhandkommanditisten beteiligen wollte, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt.
- 9
- 2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht dagegen in seiner Ansicht, die Klage sei unbegründet, weil sich anhand der durchgeführten Beweisaufnahme einschließlich der Anhörung des Klägers nicht feststellen lasse, welche Motive für den Kläger bei seiner Anlageentscheidung ausschlaggebend gewesen seien, ob also die behaupteten Prospektfehler ursächlich für die Anlageentscheidung gewesen seien. Damit hat das Berufungsgericht, wie die Revi- sion zu Recht rügt, die für eine Anlageentscheidung geltenden Beweisgrundsätze verkannt.
- 10
- a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht bei einer unrichtigen oder unvollständigen Darstellung von für die Anlageentscheidung wesentlichen Umständen eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die mangelhafte Prospektdarstellung für die Anlageentscheidung ursächlich war (BGH, Urteil vom 6. Oktober 1980 - II ZR 60/80, BGHZ 79, 337, 346; Urteil vom 15. Dezember 2003 - II ZR 244/01, ZIP 2004, 312, 313; Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 266/07, ZIP 2009, 764 Rn. 6; Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 17 f.; Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, ZIP 2012, 1335 Rn. 28 ff.; Urteil vom 21. Februar 2013 - III ZR 139/12, ZIP 2013, 935 Rn. 15). Durch unzutreffende oder unvollständige Informationen des Prospekts wird in das Recht des Anlegers eingegriffen, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in das Projekt investieren will oder nicht. Das Bestehen von Handlungsvarianten ist nicht geeignet, diese auf der Lebenserfahrung beruhende tatsächliche Vermutung der Ursächlichkeit fehlerhafter Prospektdarstellungen für die Anlageentscheidung bei Immobilien zu entkräften, bei denen es in der Regel vordringlich um Sicherheit, Rentabilität und Inflationsschutz geht (BGH, Urteil vom 31. Mai 2010 - II ZR 30/09, ZIP 2010, 1397 Rn. 17 f.). Nach der Auffassung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs handelt es sich dabei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff.; Urteil vom 26. Februar 2013 - XI ZR 318/10, BKR 2013, 212 Rn. 18 f.).
- 11
- b) Danach geht das non liquet im vorliegenden Fall zu Lasten der Beklagten. Dabei kann offen bleiben, ob die Grundsätze des Anscheinsbeweises anzuwenden oder eine Beweislastumkehr anzunehmen ist. Die Beklagten haben die auf der Lebenserfahrung beruhende Vermutung nicht widerlegen können , dass die behaupteten Prospektfehler für die Anlageentscheidung des Klägers ursächlich waren. Aufgrund der übereinstimmenden Bekundungen des Klägers und des Zeugen S. steht lediglich fest, dass der Prospekt rechtzeitig vor der Anlageentscheidung dem Kläger übergeben worden ist. Auf die Frage , ob und unter welchen Voraussetzungen ein fehlerhafter Prospekt auch ohne Übergabe zu einem Aufklärungsmangel führt (s. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2007 - II ZR 21/06, ZIP 2008, 412 Rn. 17; Urteil vom 13. Dezember 2012 - III ZR 70/12, juris Rn. 11; Urteil vom 23. April 2013, - XI ZR 405/11, BKR 2013, 280 Rn. 27), kommt es mithin nicht an.
- 12
- III. Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Die Sache ist zurückzuverweisen, damit das Berufungsgericht die noch fehlenden Feststellungen treffen kann.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 19.09.2011 - 27 O 20034/09 -
OLG München, Entscheidung vom 31.07.2012 - 13 U 3995/11 -