Architektenrecht: Entlastung des Architekten durch Belehrung des Bauherrn?

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- OLG Brandenburg, Urteil vom 14.12.2005 -
Schadensersatzansprüche des Bauherrn gegen den Architekten aufgrund einer fehlerhaften Planung und Ausführung sind zwar zu verneinen, wenn dieser den Bauherrn über Risiken belehrt und aufgeklärt hat. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Bauherr die Bedeutung und die Tragweite der Fehlerhaftigkeit der Planung und Ausführung auch erkannte.
Vorliegend geriet der Generalunternehmer (GU) gegen Ende der Bauzeit in terminliche Schwierigkeiten, was zur Folge hatte, dass die Wärmedämmung des Dachgeschosses grob fehlerhaft ausgeführt wurde. Ein Sachverständiger stellte sodann auch später fest, dass die Gauben überhaupt nicht gedämmt wurden, und dass Dampfbremsen und -sperren zum Teil fehlten oder nicht richtig angeschlossen waren. Die Stahlträger in den Dachgeschosswohnungen waren ebenfalls nicht gedämmt. Nach Fertigstellung wurde zudem festgestellt, dass die Ausführung des Balkonbelags (Holzbohlenbelag mit Fugen) den bauordnungsrechtlichen Vorschriften nicht entsprach. Der Bauherr - eine Wohnungsbaugesellschaft – warf daraufhin den Architekten Planungsfehler (Balkonbelag) und Fehler bei der Bauüberwachung (Dämmung) vor, und forderte etwa 140.000 EUR Schadensersatz. Die Architekten verteidigten sich damit, dass der Bauherr einen möglichst kostengünstigen Balkonbelag gewünscht habe. Dass dem GU, der bisher nur im Tiefbau tätig gewesen sei, die Kompetenz für die Ausführung der Wärmedämmarbeiten fehlte, hätten sie dem Bauherrn sogar schriftlich angezeigt. Mehrfach hätten sie auf der Baustelle darüber informiert, dass die Wärmedämmung nicht korrekt ausgeführt sei und dass die Nachbesserungsarbeiten nicht kontrollierbar gewesen seien. Der Bauherr habe lediglich erwidert, der Bau müsse fertig werden, es existierten bereits Mietverträge. Wegen der nicht gedämmten Stahlträger hätten sie auf die entstehenden Kältebrücken hingewiesen. Dennoch habe der Bauherr wegen des Wohnflächenverlusts keine Dämmung der Stahlträger gewünscht.
Der Vortrag der Architekten war nach Ansicht des Gerichts in Gänze unbeachtlich, weswegen das OLG sogar von einer Beweisaufnahme zu den mündlich erteilten Hinweisen abgesehen hatte. Der Ausschluss von Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Planung setzt in der Regel voraus, dass der Architekt den Bauherrn aufgeklärt und belehrt hatte. Dass die Wohnungsbaugesellschaft selbst über eine gewisse Sachkunde verfügen dürfte, lässt diese Aufklärungspflicht nicht entfallen. Auch der Hinweis auf die fehlende Kompetenz des GU entlastet - selbst wenn er sachlich zutreffend war - nicht. Der Architekt, der die Bauüberwachung übernommen hat, kann sich nicht dadurch seiner Aufsichtspflicht entziehen, dass er dem Bauherrn seine Bedenken gegen eine Beauftragung des Unternehmers mitteilt oder gar erklärt, er werde keine Verantwortung für dessen Arbeiten übernehmen. Er ist vielmehr gehalten, darauf hinzuwirken, dass auch von diesem Unternehmen eine mangelfreie Arbeit erbracht wird. Die mündlich erteilten Hinweise zur Dämmung waren schon der eigenen Schilderung nach nicht ausreichend: Der Bauherr muss insbesondere über Art und Umfang möglicher Folgen so ausdrücklich und nachhaltig informiert werden, dass ihm die Tragweite einer Nichtbefolgung der Ratschläge klar wird.
Das Urteil zeigt noch einmal wie hoch die Anforderungen der Rechtsprechung an den Architekten sind, wenn es um die Verwirklichung einer „eigentlich“ fehlerhaften Planung geht. Geringer sind die Anforderungen jedoch, wenn der Bauherr erkannte Ausführungsfehler (z. B. wegen des Zeitdrucks) hinzunehmen bereit ist und die Mängelbeseitigung nicht verfolgen will. Das OLG äußert im Urteil ausdrücklich die Erwartung, dass deutliche Hinweise des Architekten auf vorhandene Mängel und ihre Folgen ins Baubesprechungsprotokoll gehören!

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