Betriebsstilllegung und vorzeitige Kündigung (hier: zwei Jahre vor Betriebsstilllegung

bei uns veröffentlicht am29.03.2011
Zusammenfassung des Autors
LAG Schleswig-Holstein-Urteil vom 30.11.2010 (Az: 5 Sa 282/10) - BSP Bierbach, Streifler & Partner PartGmbB
Das LAG Schleswig-Holstein hat mit dem Urteil vom 30.11.2010 (Az: 5 Sa 282/10) entschieden:

Eine langfristige sog. vorzeitige Kündigung kann im Falle einer betriebsbedingten Kündigung wegen behaupteter Betriebsstilllegung dem Erfordernis der Dringlichkeit bzw. des Vorliegens greifbarer Formen entgegenstehen. Bei einer mehr als zweijährigen Vorlaufzeit zwischen Unternehmerentscheidung und zeitgleich ausgesprochener Kündigung und der geplanten Betriebsstilllegung kann der Ausgang geplanter Bemühungen für einen Unternehmensverkauf oder Weiterverpachtung des Betriebs realistisch und bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise noch nicht verlässlich prognostiziert werden.

Darüber hinaus kann eine mit einer Vorlaufzeit von zwei Jahren ausgesprochene vorzeitige Kündigung wegen Betriebsstilllegung rechtsmissbräuchlich sein. Der insoweit abgestuft darlegungspflichtige Arbeitnehmer kann bei einer Kündigungsfrist von zwei Jahren ernsthaft keine konkreten Anhaltspunkte für etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vortragen, weil die Entwicklungen im Unternehmen über eine so lange Zeit nicht vorauszusehen sind. Die vorzeitige Kündigung wirkt sich negativ für den Arbeitnehmer aus.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Die Beklagte ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der M. Hotel & Resorts AG. Sie betreibt in Deutschland an verschiedenen Standorten Hotels, im Dezember 2009 waren es 16, heute sind es 13 Hotels.

Der am ... 1968 geborene Kläger ist ledig und seit dem 15.01.2001 bei der Beklagten im M. Hotel in L., zuletzt als Bankett Service Mitarbeiter zu einem Monatsgehalt von derzeit € 1.724,00 brutto in Vollzeit beschäftigt. Arbeitsvertraglich vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte berechtigt ist, dem Kläger bei unveränderten Bezügen auch in anderen Betrieben eine andere, seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit zu übertragen.

Die Alleingesellschafterin der Beklagten befasste sich am 18.11.2009 mit der strategischen Ausrichtung der von der Beklagten in Deutschland betriebenen Hotels, u. a. des M. Hotels in L.. Sie traf die Unternehmerentscheidung, den für das Hotelgebäude in L. bestehenden Mietvertrag nicht zu verlängern, sondern zum 31.12.2011 auslaufen zu lassen, zu diesem Zeitpunkt den Hotelbetrieb in L. einzustellen und, soweit notwendig, bestehende Arbeitsverhältnisse zu kündigen (Anlage B 2 = Bl. 30 f. d. A.). In Umsetzung dieses Beschlusses kündigte die Beklagte den Pachtvertrag über das Grundstück nebst aufstehendem Hotelgebäude „Beim H.“/W.-B.-Allee 1-5 in L. gegenüber der Vermieterin, der H. Immobilien GmbH & Co. KG, fristgemäß mit Schreiben vom 11.12.2009 zum 31.12.2011 (Anlage B 3 = Bl. 32 d. A.). Bei der Agentur für Arbeit erstattete die Beklagte am 14.12.2009 die Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG (Bl. 34-40 d. A.).

Am 17.12.2009 führte die Beklagte im Hotelbetrieb in L. eine Betriebsversammlung durch. Sie unterrichtete die Belegschaft darüber, dass die Geschäftsführung der Beklagten sich entschieden habe, den Mietvertrag nicht über den 31.12.2011 hinaus zu verlängern und den Hotelbetrieb zu diesem Zeitpunkt einzustellen. Im Anschluss daran wurde allen anwesenden Mitarbeitern, unter anderem dem Kläger, die ordentliche Kündigung vom 17.12.2009 zum 31.12.2011 (Bl. 4 d. A.) ausgehändigt. In einem dem Kündigungsschreiben beigefügten Begleitschreiben vom 17.12.2009 teilte die Beklagte mit, dass ihr die Weiterbeschäftigung über den Schließungszeitpunkt hinaus nicht möglich sei, weil sie zu diesem Zeitpunkt die Hotelanlage an die Vermieterin zurückgeben müsse. Falls der Vermieter oder ein neuer Betreiber das Hotel ohne wesentliche Veränderung und ohne größere Unterbrechung fortführe, würde ein Betriebsübergang vorliegen, sodass die Arbeitnehmer ggf. einen Beschäftigungsanspruch gegenüber einem neuen Arbeitgeber hätten. Über den Fortgang der Dinge habe sie derzeit indessen keine Kenntnisse (Bl. 4 Rückseite d. A.).

Der Kläger hat am 06.01.2010 beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben.

Er hat die Auffassung vertreten,

die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt, da bei Zugang der Kündigung keine dringenden betrieblichen Gründe vorgelegen hätten. Auch bestünde die Möglichkeit, in anderen Betrieben weiterbeschäftigt zu werden. Im Arbeitsvertrag sei eine entsprechende Versetzungsklausel vereinbart worden.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 17.12.2009 nicht beendet wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten,

es handele sich um keine unzulässige Vorratskündigung. Die unternehmerische Entscheidung, den Mietvertrag auslaufen zu lassen und den Hotelbetrieb zum 31.12.2011 zu schließen, sei abschließend getroffen worden. Die Kündigung sei auch nicht deshalb unzulässig, weil sie mit einer langen Frist ausgesprochen sei. Die Beklagte verstehe sich als soziale Arbeitgeberin. Sie habe den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durch die rechtzeitige Kündigung die Möglichkeit geben wollen, sich frühzeitig umzuorientieren. Sämtliche Rechte des Klägers seien gewahrt, weil bei Fortführung des Hotelbetriebes durch einen anderen Erwerber ein Betriebsübergang vorliegen würde. Selbst wenn die Beklagte den Betrieb fortführen sollte, sei der Kläger durch den Wiedereinstellungsanspruch geschützt. Schließlich verfüge die Beklagte über eine interne Stellenbörse, im Rahmen derer die von Schließungen betroffenen Mitarbeiter bevorzugt bei einer Vermittlung innerhalb der M.-Gruppe berücksichtigt würden.

Die vormaligen Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten haben mit Schriftsatz vom 19.02.2010 (Bl. 13 f. d. A.) die Kündigungen auch damit begründet, hierdurch die Folgen der Entscheidung des BAG vom 22.10.1991 (1 ABR 17/91) vermeiden zu wollen. In dem Schriftsatz hatten sie dem Kläger angeboten, die Kündigung bei Verzicht auf Sozialplanansprüche als gegenstandslos anzusehen. Der Kläger hat den Vergleich nicht angenommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 29.04.2010 stattgegeben. Die Kündigung der Beklagten vom 17.12.2009 sei sozial ungerechtfertigt. Es lägen keine dringenden betrieblichen Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor. Unter Berücksichtigung der Beklagten im Kammertermin könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung endgültig entschlossen gewesen war, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aufzulösen. Vielmehr sei die Beklagte nach ihren eigenen Bekundungen davon ausgegangen, dass ein Erwerber gefunden werden würde. So habe die Beklagte selbst Interessenten an den Vermieter vermittelt. Die Fortführung des Hotels durch einen anderen Unternehmer habe im Interesse der Beklagten gelegen. Sie habe das Gegenteil einer Betriebsstilllegung angestrebt, nämlich die Erhaltung der Arbeitsplätze und Produktionsgemeinschaft und nicht ihre Auflösung für einen nicht nur vorübergehenden Zeitraum. Es spräche nach den eigenen Einlassungen der Beklagten viel dafür, dass es im Laufe der nächsten Wochen zu einem Betriebsübergang kommen könnte mit der Folge, dass die Beklagte dann eine Kündigung unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist nicht mehr hätte aussprechen können. Es fehle somit an dem für die soziale Rechtfertigung der Kündigung erforderlichen endgültigen Entschluss, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft aufzulösen.

Gegen dieses ihr am 27.05.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, den 28.06.2010, beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 27.08.2010 am 27.08.2010 begründet.

Die Beklagte trägt vor,

dass sie entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts den endgültigen Entschluss gefasst habe, den Hotelbetrieb zum 31.12.2011 einzustellen. Diese Unternehmerentscheidung sei sachlich und nicht willkürlich oder unvernünftig. Die Unternehmerentscheidung habe bei Kündigungsausspruch auch greifbare Formen angenommen. Sie, die Beklagte, habe bereits vor Ausspruch der Kündigung das Mietverhältnis gekündigt und die Massenentlassung der Agentur für Arbeit angezeigt. Es habe sich nicht um eine sog. unzulässige Vorratskündigung gehandelt. Durch die Unternehmerentscheidung vom 18.11.2009 sei nicht mehr offen, sondern klar gewesen, dass mit dem 31.12.2011 die Beschäftigungsmöglichkeiten in L. wegfallen würden. Hierdurch falle u. a. auch der klägerische Arbeitsplatz weg. Allein der Umstand, dass sie zwei Interessenten an den Vermieter vermittelt habe, widerlege den Stilllegungsbeschluss nicht. Sie habe auf die Verhandlungen und Entscheidungen des Vermieters betreffend die Immobilie im Übrigen keinen Einfluss. Sie habe zu keinem Zeitpunkt ernsthafte Gespräche mit etwaigen Interessenten über die Übernahme des Hotels geführt. Zuständig hierfür sei auch nur die Vermieterin gewesen. Die Vermieterin habe sie auch nicht über etwaige Übernahmeverhandlungen unterrichtet. Die völlig ungewissen Beschäftigungsmöglichkeiten bei einem neuen Hotelbetreiber könnten ihr, der Beklagten, nicht im Rahmen der von ihr zu treffenden Prognoseentscheidung zugerechnet werden. Dies gelte zumindest deshalb, weil sie selbst keinen Betriebsübergang anstrebe, sondern ein noch unbekannter Dritter das Hotel vom Eigentümer ggf. erwerben oder pachten will. Um dieser Interessenlage gerecht zu werden, stehe im Falle des eintretenden Betriebsübergangs dem gekündigten Arbeitnehmer ein Wiedereinstellungsanspruch zu. Auch die frühzeitige Kündigung sei rechtlich nicht verboten. Der kündigende Arbeitgeber müsse im Interesse der Arbeitnehmer nicht bis zum letzten Tag vor Beginn der gesetzlichen Kündigungsfrist zum nächst möglichen Termin warten. Bei Ausspruch der Kündigung sei für den Kläger auch kein anderer freier Arbeitsplatz im Unternehmen vorhanden gewesen noch sei vor dem Hintergrund des Einstellungsstopps abzusehen gewesen, dass ein solcher bis zum Ablauf der Kündigungsfrist freiwerden würde. Die ohnehin niedrige Fluktuation habe das Freiwerden eines Arbeitsplatzes nicht erwarten lassen. Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage sei eher mit Entlassungen als mit Wiederbesetzungen zu rechnen gewesen. Hinzu komme, dass der Kläger die ihr obliegende Darlegungslast nicht erfüllt habe. Sie habe nicht konkret dargelegt, wie sie sich eine anderweitige Beschäftigung vorstelle. An der Darlegungslast ändere der lange Zeitraum, in dem Beschäftigungsmöglichkeiten entstehen können, nichts. Eine sich etwa vor dem Kündigungstermin ergebende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit könne zu einem Wiedereinstellungsanspruch führen.

Der frühzeitige Ausspruch der Kündigung sei nicht rechtswidrig. Es sei nicht verboten, zu früh zu kündigen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts L. vom 29.04.2010, Az. 2 Ca 35/10, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger meint,

die Kündigung vom 17.12.2009 sei sozial ungerechtfertigt. Dies hätten alle Kammern des Arbeitsgerichts L. - allerdings mit unterschiedlichen Begründungen - ebenso entschieden. Letztlich habe die Beklagte mit dem Angebot vom 19.02.2010, die Kündigung zurückzunehmen, selbst zugestanden, dass dringende betriebliche Gründe für die Kündigung zumindest im Dezember 2009 nicht vorgelegen hätten. Auch bestreitet der Kläger, dass die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit in anderen Hotels geprüft habe. Im Übrigen wisse bis heute niemand, welche Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger ab 01.01.2012 bestehen. Am 15.09.2010 habe die Beklagte jedenfalls über ihre Internetseite für insgesamt 14 Hotelbetriebe in Deutschland, u. a. für das L. Hotel, insgesamt 39 Mitarbeiter gesucht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 30.11.2010 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. c, 66 Abs. 1 ArbGG, § 519 ZPO.

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass die Kündigung vom 17.12.2009 das Arbeitsverhältnis nicht zum 31.12.2011 beendet hat. Die Kündigung ist unwirksam, weil sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt war, die einer Weiterbeschäftigung entgegenstanden, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG (1.). Darüber hinaus ist die mit einer mehr als zweijährigen Kündigungsfrist ausgesprochene sog. vorzeitige Kündigung vorliegend rechtsmissbräuchlich und damit sozialwidrig, weil es hierdurch dem Kläger unmöglich ist, im Zuge seiner abgestuften Darlegungslast konkret zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf anderen Arbeitsplätzen in anderen Hotels vorzutragen.

Zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen.

Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG können sich aus innerbetrieblichen (z. B. Rationalisierungsmaßnahmen, Umstellung oder Einschränkung der Produktion) oder außerbetrieblichen Gründen (z. B. Auftragsrückgang oder Umsatzrückgang) ergeben.

Eine Kündigung ist aus innerbetrieblichen Gründen gerechtfertigt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Von den Arbeitsgerichten voll nachzuprüfen ist, ob eine derartige unternehmerische Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist. Dagegen ist die unternehmerische Entscheidung nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (. Die betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebs notwendig machen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein.

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung ist der des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund, nämlich der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit, vorliegen. Das Gestaltungsrecht Kündigung kann nur bei Vorliegen eines im Zeitpunkt der Kündigungserklärung vorhandenen Kündigungsgrundes rechtswirksam ausgeübt werden.

Wegen der Zukunftsbezogenheit der Kündigung und aus Gründen der Praktikabilität hat das Bundesarbeitsgericht eine beabsichtigte Betriebs- oder Abteilungsstilllegung ausnahmsweise als ein dringendes betriebliches Erfordernis i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG anerkannt, wenn die für den künftigen Wegfall der Beschäftigung des Arbeitnehmers maßgeblichen Entwicklungen bereits zum Kündigungszeitpunkt feststehen, insbesondere wenn die unternehmerische Organisationsentscheidung schon getroffen war und sie sich zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert. Das bedeutet, dass in den Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch eine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits gefallen sind, zu prüfen ist, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann.

Davon ist auszugehen, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird. Dabei muss die der entsprechenden Prognose zugrunde liegende Entscheidung bereits zum Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein und die endgültige Schließung des Betriebs oder der Betriebsabteilung aus Sicht der Arbeitsvertragsparteien zum Kündigungszeitpunkt bereits feststehen und greifbare Formen angenommen haben. Ist dies nicht der Fall, kann eine zum Wegfall des Arbeitsplatzes und zur fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit führende Prognose vor dem Ablauf der Kündigungsfrist nicht erfolgreich gestellt werden. Vielmehr entfällt die Grundlage für die Kündigung. Es bedarf dann einer zweiten - endgültigen - unternehmerischen Organisationsentscheidung.

Deswegen ist eine Kündigung wegen Betriebsschließung nicht sozial gerechtfertigt, solange der Arbeitgeber den Stilllegungsbeschluss lediglich erwogen, aber noch nicht endgültig gefasst hat. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt noch in ernsthaften Verhandlungen über die Veräußerung des Betriebs oder der Betriebsabteilung steht oder sich um neue Aufträge bemüht. Dann liegt keine unbedingte und endgültige Stilllegungsabsicht vor.

Hieran gemessen lagen zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung vom 17.12.2008 noch keine dringenden betriebsbedingten Gründe vor.

Zwar hat die Kammer keinen Zweifel daran, dass die Alleingesellschafterin der Beklagten am 18.11.2009 die Unternehmerentscheidung getroffen hat, sich selbst aus dem operativen Geschäft des Hotelbetriebs in L. mit Wirkung ab dem 01.01.2012 endgültig und nicht nur vorübergehend zurückzuziehen. Mit dieser Unternehmerentscheidung war die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit der Beklagten an der Betriebsstätte L. (Hotel M. in L.) beschlossene Sache. In Umsetzung dieser Unternehmerentscheidung (Einstellung der eigenen Betriebstätigkeit im M.-Hotel in L.) hat die Beklagte dann den Pachtvertrag mit der Fa. H. Immobilien GmbH & Co. KG mit Schreiben vom 11.12.2009 fristgerecht zum 31.12.2011 gekündigt.

Indessen lagen bei Ausspruch der Kündigung am 17.12.2009 noch keine dringenden betrieblichen Erfordernisse bzw. greifbare Formen für eine geplante Betriebsstilllegung vor.

Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG müssen nicht nur betriebliche Erfordernisse vorliegen. Diese müssen zusätzlich „dringend“ sein. Das Merkmal der Dringlichkeit ist Ausdruck des das gesamte Kündigungsschutzrecht beherrschenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Danach darf der Arbeitgeber erst dann betriebsbedingt kündigen, wenn es ihm nicht möglich ist, der betrieblichen Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen. Die Kündigung muss wegen der betrieblichen Lage unvermeidbar sein, weil der Arbeitnehmer auf der Grundlage der getroffenen Unternehmerentscheidung nicht mehr vertragsgerecht beschäftigt werden kann. Die Dringlichkeit bezieht sich dabei auf die betrieblichen Erfordernisse und nicht auf die Unternehmerentscheidung selbst. So gilt der Vorrang der Änderungskündigung gegenüber der betriebsbedingten Beendigungskündigung. Die Dringlichkeit einer Beendigungskündigung ist demgemäß nur zu bejahen, wenn die Kündigung im Interesse des Betriebs notwendig ist, d. h. wenn für den Arbeitnehmer unter Beachtung der getroffenen Unternehmerentscheidung (hier: Einstellung des Hotelbetriebs in L.) keine alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb mehr vorhanden sind.

Im Falle einer betriebsbedingten Kündigung aufgrund einer geplanten und noch nicht durchgeführten Betriebsstilllegung ist das Erfordernis der „greifbaren Formen“ Ausfluss des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der Dringlichkeit der betrieblichen Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Greifbare Formen hat die geplante Betriebsstilllegung dann angenommen, wenn eine vernünftige betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass der Arbeitnehmer nach dem Auslaufen der Kündigungsfrist bzw. dem Erreichen des Kündigungstermins entbehrt werden kann.

Vorliegend konnte die Beklagte am 17.12.2009 allein aufgrund der getroffenen Unternehmerentscheidung vom 18.11.2009 (Einstellung des Hotelbetriebs) und der nachfolgenden Kündigung des Pachtvertrages vom 11.12.2009 bei einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Betrachtung noch nicht von einem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses des Klägers zum 01.01.2012 ausgehen. Die als Kündigungsgrund herangezogene Betriebsstilllegung hatte zu jenem frühen Zeitpunkt noch keine greifbaren Formen angenommen. Die maßgeblichen Entwicklungen, die zum Wegfall der Arbeitsplätze führen, standen bei Ausspruch der Kündigungen noch gar nicht fest. Die Beklagte geht in ihrer Argumentation davon aus, dass die Einstellung ihrer eigenen Betriebstätigkeit gleichzusetzen ist mit einer Betriebsstilllegung. Dem ist aber nicht so.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Betriebsstilllegung und der Betriebsübergang nach § 613 a BGB wechselseitig ausschließen. Die Veräußerung des Betriebs ist keine Stilllegung, weil seine Identität gewahrt bleibt und mithin lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet). Eine Betriebsstilllegung ist ausgeschlossen, wenn der Betrieb veräußert oder verpachtet wird oder der Pächter (hier: Beklagte) nach Beendigung der Pachtzeit den Betrieb vertragsgemäß an den Verpächter (hier: Fa. H.) zurückgibt und dieser den Betrieb zur weiteren Nutzung in bisheriger Art ohne Unterbrechung weiter verpachtet. Zum Zeitpunkt der Kündigung ging aber die Beklagte unstreitig selbst noch davon aus, dass der Hotelbetrieb gerade nicht zum 31.12.2011 stillgelegt wird, sondern die Hotelimmobilie von der Fa. H. an einen neuen Hotelbetreiber weiterverpachtet wird. Diese Erwartung der Fortsetzung des Hotelbetriebs durch einen neuen Pächter hat die Beklagte den Beschäftigten unstreitig auf der Betriebsversammlung vom 17.12.2011 mitgeteilt. Dies hat der Geschäftsführer der Beklagten im Berufungstermin bestätigt. Vor diesem Hintergrund hat die Beklagte auch unstreitig Buchungen über den 31.12.2011 angenommen und bis heute noch keine Bestrebungen für den Verkauf des Hotelinventars unternommen. Sie hat mögliche Interessenten für eine Hotelübernahme auch an die Fa. H. weiterverwiesen. Eine Betriebsstilllegung setzt demgegenüber den ernstlichen und endgültigen Entschluss des Unternehmers voraus, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzuheben. Hieran fehlt es, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Veräußerung des Betriebs steht und gleichwohl wegen Betriebsstilllegung kündigt.

Dem steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte als Pächterin der Hotelimmobilie selbst keinen Einfluss auf die Weiterverpachtung der Hotelimmobilie hat. Denn die Beklagte steht unstreitig in Kontakt mit der Fa. H. und leitet an sie, die Beklagte, herantretende Übernahmeinteressenten an die Fa. H., weiter. Die Beklagte hatte und hat auch ein eigenes Interesse an der Fortführung des Hotelbetriebs durch einen Dritten. Denn sie beabsichtigt für diesen Fall, das Mobiliar etc. an den neuen Pächter zu verkaufen. So hat die Beklagte auch in dem dem Kündigungsschreiben beigefügten Begleitschreiben vom 17.12.2009 mitgeteilt, dass der Kläger ggf. einen Beschäftigungsanspruch gegenüber einem neuen Arbeitgeber nach § 613 a BGB haben könnte. Auch hierin hat die Beklagte die Möglichkeit eines Betriebsübergangs in Betracht gezogen. Nur dann, wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet ist und sich der Arbeitgeber eine Betriebsveräußerung lediglich vorbehält, falls sich eine Chance bietet, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung, wenn dann später - wider Erwarten - doch noch eine Betriebsveräußerung gelingt. In einem solchen Fall kommt dann ein Wiedereinstellungsanspruch für den gekündigten Arbeitnehmer in Betracht. Ein derartiger Ausnahmefall liegt aber nur dann vor, wenn die Betriebsstilllegung „greifbare Formen“ angenommen hat. Dies ist grundsätzlich dann der Fall, wenn der Arbeitgeber bei Kündigungsausspruch selbst keine Bemühungen für einen Betriebsübergang mehr ergreifen will oder solche - aus welchen Gründen auch immer - eingestellt hat und ein später gleichwohl erfolgter Betriebsübergang allein vom Zufall abhängt. In der Dreieckskonstellation „alter Arbeitgeber/Pächter - Verpächter - neuer Arbeitgeber/Pächter“ muss mithin nicht nur der alte Pächter (Beklagte) den Beschluss gefasst haben, die Betriebstätigkeit einzustellen, sondern auch der Verpächter seinerseits die Entscheidung getroffen haben, den Betrieb endgültig stillzulegen. Obgleich der Pächter grundsätzlich keinen Einfluss auf den Fortbestand des Betriebs nach Ablauf der Pachtzeit hat, gehört es zu den vom Arbeitgeber zu treffenden „greifbaren Formen“, sich bei dem Verpächter zu erkundigen, ob dieser den Betrieb selbst fortführen oder weiter- bzw. neuverpachten will. Erst wenn die Betriebsstilllegung auch für den Verpächter „beschlossene Sache“ ist bzw. eine Betriebsfortführung durch den Verpächter selbst oder einen Dritten aus Sicht des alten Arbeitgebers eher unwahrscheinlich erscheint und vom bloßen Zufall abhängt, liegen dringende betriebsbedingte Gründe für den Ausspruch einer Kündigung vor.

Die Beklagte kann vorliegend auch nicht damit gehört werden, dass es nicht verboten sei, vorzeitig zu kündigen. Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, mit dem Ausspruch der Kündigung bis zum letzten Tag vor Beginn der ordentlichen Kündigungsfrist zu warten. Vielmehr ist er grundsätzlich berechtigt, schon vor diesem Zeitpunkt mit einer längeren als der gesetzlichen, tarif- oder einzelvertraglichen Kündigungsfrist zu kündigen. In der sogenannten vorzeitigen Kündigung liegt in der Regel ein Verzicht auf die gesetzliche Kündigungsfrist ausgeführt, dass ein Hinausschieben des Wirksamwerdens einer arbeitgeberseitigen ordentlichen Kündigung über die gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsfristen hinaus an sich rechtlich möglich ist, weil die gesetzlichen und tariflichen Kündigungsfristen nur Mindestfristen zum Schutze des Arbeitnehmers sind und eine Verlängerung dieser Fristen durch den Arbeitgeber beim Ausspruch der Kündigung dem Arbeitnehmer zugute kommt, indem dadurch sein Arbeitsverhältnis länger aufrechterhalten wird.

Indessen kann eine längerfristige vorzeitige Kündigung im Falle einer betriebsbedingten Kündigung wegen behaupteter Betriebsstilllegung dem Erfordernis der Dringlichkeit bzw. des Vorliegens „greifbarer Formen“ entgegenstehen. Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund der überlangen Zeit bis zur geplanten endgültigen Betriebsschließung noch gar keine Aussage darüber getroffen werden kann, ob möglicherweise doch noch ein Betriebsübergang stattfindet. Bei einer mehr als zweijährigen Vorlaufzeit zwischen der Unternehmerentscheidung und der geplanten Betriebsstilllegung kann der Ausgang etwaiger Bemühungen für einen Unternehmensverkauf oder Weiterverpachtung des Betriebs noch gar nicht realistisch eingeschätzt werden. Der künftige Wegfall der Arbeitsplätze kann unter diesen Umständen trotz der beschlossenen Einstellung der eigenen Betriebstätigkeit realistisch und bei vernünftiger wirtschaftlicher Betrachtungsweise noch nicht verlässlich prognostiziert werden. Wenn der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung die maßgebliche (hier: tarifliche) ordentliche Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende, wie vorliegend, um mehr als das Achtfache überschreitet und zugleich einen möglichen Betriebsübergang gerade nicht ausschließt, sondern, im Gegenteil, eher für wahrscheinlich hält, ist die Kündigung nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Eine verlässliche Prognoseentscheidung über eine endgültige Betriebsstilllegung oder einen möglichen Betriebsübergang kann zu einem so frühen Zeitpunkt noch nicht getroffen werden kann. Dann liegen aber noch keine greifbaren Formen für eine Betriebsstilllegung vor.

Die Beklagte hat nahezu zeitgleich die Unternehmerentscheidung getroffen, das Hotel in L. nicht weiterbetreiben zu wollen, die Kündigung des Pachtvertrages und die Kündigungen aller Arbeitnehmer, so auch die streitgegenständliche Kündigung des Klägers, ausgesprochen. Der Ausspruch der Kündigung erfolgte mithin - ohne Not - zu einem so frühen Zeitpunkt, dass die Fa. H. noch gar keine ernsthaften Bemühungen zur Weiterverpachtung des Hotels unternehmen konnte. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung hatte die Fa. H. allenfalls gegenüber der Beklagten kundgetan, den Hotelbetrieb nicht selbst übernehmen zu wollen. Indessen hat die Beklagte nicht einmal behauptet, dass die Fa. H. bereits bei Kündigung des Pachtvertrages im Dezember 2009 ihr gegenüber signalisiert habe, die Immobilie anderweitig nutzen und den Hotelbetrieb mithin endgültig stilllegen zu wollen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Fa. H. ist unstreitig nach wie vor bemüht, einen neuen Pächter für die Fortführung des Hotelbetriebs zu finden.

Dementsprechend stand zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung (17.12.2009) noch gar nicht fest, ob der Hotelbetrieb mehr als zwei Jahre später am 31.12.2011 tatsächlich stillgelegt oder von einem Dritten weitergeführt wird. Nicht einmal die Beklagte selbst ist zu diesem frühen Zeitpunkt davon ausgegangen, dass der Hotelbetrieb endgültig am 31.12.2011 stillgelegt wird. Unstreitig ging auch sie zumindest damals noch davon aus, dass ein neuer Pächter für die Fortführung des Hotelbetriebs gefunden werden würde. Eine Prognoseentscheidung über eine endgültige Betriebsstilllegung konnte zu diesem frühen Zeitpunkt aus betriebswirtschaftlich vernünftiger Sicht noch gar nicht getroffen werden. Übernahmeverhandlungen sollten seitens der Fa. H. erst aufgenommen werden. Die Kündigung vom 17.12.2009 zum 31.12.2011 war mithin zu jenem Zeitpunkt nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, weil der Wegfall des klägerischen Arbeitsplatzes noch nicht verlässlich prognostiziert werden konnte.

Ungeachtet dessen scheitert die soziale Rechtfertigung der Kündigung aber auch daran, dass es der Beklagten bei Ausspruch der Kündigung realistisch gesehen noch gar nicht möglich war, etwaige ab dem 01.01.2012 bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Hotels zu überprüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien arbeitsvertraglich eine Versetzungsmöglichkeit vereinbart haben.

 Der Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes allein genügt nicht für die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung. Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes geführt haben, können nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG die Kündigung nur dann sozial rechtfertigen, wenn keine Möglichkeit zur anderweitigen Beschäftigung des Arbeitnehmers besteht. Dies setzt voraus, dass ein freier vergleichbarer Arbeitsplatz oder ein geeigneter freier Arbeitsplatz mit geänderten (schlechteren) Arbeitsbedingungen vorhanden ist, den der Arbeitnehmer einnehmen kann. Bei der Prüfung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten sind auch solche Arbeitsplätze zu berücksichtigen, die im Betrieb oder in anderen Betrieben des Unternehmens während der Kündigungsfrist oder ggf. später frei werden. Allerdings gelten nur solche Arbeitsplätze als frei, bei denen der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung mit hinreichender Sicherheit vorhersehen kann, dass der Arbeitsplatz bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehen wird.

Bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze stand bei Kündigungsausspruch (17.12.2009) noch nicht mit ausreichender Sicherheit fest, dass es in den anderen Hotels der Beklagten bis zum Kündigungstermin (31.12.2011) keine anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger geben wird. Die Beklagte hat es dem Kläger durch die frühzeitige Kündigung praktisch unmöglich gemacht, zu den bis zum 01.01.2012 entstehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten vorzutragen und damit seiner Darlegungslast im Kündigungsschutzprozess nachzukommen. Das führt zu einer Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes. Die bereits im Dezember 2009 zum 31.12.2011 ausgesprochene Kündigung ist wegen dieser Normumgehung rechtsmissbräuchlich.

Dabei kann als wahr unterstellt werden, dass die Beklagte - wie sie zuletzt behauptet hat - einzig und allein aus sozialer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern die Kündigung so frühzeitig ausgesprochen habe, damit sich die Mitarbeiter rechtzeitig um eine neue Stelle kümmern können. Denn diese „Fürsorge“ führt letztlich zur Umgehung des Kündigungsschutzes. Denn der frühzeitige Kündigungsausspruch ist nicht in jedem Fall rechtlich unproblematisch. Insbesondere trifft es nicht zu, dass eine Verlängerung der Kündigungsfrist für den gekündigten Arbeitnehmer ausschließlich Vorteile mit sich bringt. Vielmehr ist eine differenzierte Betrachtung angezeigt.

Wie oben bereits ausgeführt ist es grundsätzlich nicht verboten, vorzeitig und damit mit einer längeren als der maßgeblichen Kündigungsfrist zu kündigen. Denn die gesetzlichen/tariflichen Kündigungsfristen sind nur Mindestfristen, deren Einhaltung dem Schutze der Arbeitnehmer dient.

Andererseits ist aber nicht jede Verlängerung der Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer vorteilhaft. So erweist sich die einseitige Verlängerung der Kündigungsfrist durch den Arbeitgeber dann als funktionswidrig und damit rechtsmissbräuchlich, wenn sie objektiv zu einer Umgehung des gesetzlichen oder tariflichen Kündigungsschutzes führt. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Kündigung frühzeitig noch vor Erreichen der tariflichen Unkündbarkeit mit einer überlangen Kündigungsfrist ausgesprochen wird. Dabei kommt es nicht auf eine Umgehungsabsicht oder eine bewusste Missachtung der zwingenden Rechtsnorm an, entscheidend ist nur die objektive Funktionswidrigkeit der vorzeitigen Kündigung.

Der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in seinem Urteil vom 07.03.2002 die Frage offen lassen, ob eine Verlängerung der Kündigungsfrist, die allein oder überwiegend im Interesse des Arbeitgebers liegt oder die längste tarifliche Kündigungsfrist überschreitet, zu beanstanden ist. Gleichzeitig hat er aber zu erkennen gegeben, dass Fälle denkbar sind, in denen die Verlängerung der Kündigungsfrist nur für den kündigenden Arbeitgeber, nicht aber für den Arbeitnehmer als Kündigungsempfänger vorteilhaft ist. Es kann also keine Rede davon sein, dass sich die Position des Arbeitnehmers mit jeder Verlängerung der Kündigungsfrist ausschließlich - wie die Beklagte uns glauben machen will - verbessert.

Im vorliegenden Fall war die frühzeitig ausgesprochene Kündigung für den Kläger gerade nicht uneingeschränkt vorteilhaft. Durch die vorzeitige, zweijährige Kündigungsfrist zum Quartalsende hat sich die Position des Klägers im Kündigungsschutzverfahren verschlechtert. Dagegen hat sich die Position der Beklagten im Prozess - spiegelbildlich betrachtet - durch die frühzeitige Kündigung verbessert.

Der Arbeitgeber hat gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG im Kündigungsschutzprozess die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die die Kündigung bedingen. Dazu zählt auch der Umstand, dass eine anderweitige Beschäftigung nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Die Kündigung der Beklagten ist daher nur dann durch die Einstellung des eigenen Hotelbetriebs in L. zum 31.12.2011 durch ein dringendes betriebliches Erfordernis bedingt, wenn die Beklagte über diesen Zeitpunkt hinaus keine anderweitige Möglichkeit zur Beschäftigung der Klägerin hat. Im Kündigungsschutzprozess gilt insoweit eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber dann eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei. Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist. Der Arbeitnehmer muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen. Erst auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie (Art der Tätigkeit) und wo (in welchem Betrieb) er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen ist. Auch wenn der Arbeitnehmer keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen muss, genügt er den Anforderungen an die Darlegungslast nicht, wenn er nur allgemein auf die Personalfluktuation im Unternehmen hinweist. Er muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte für eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit angeben. Die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast gelten unabhängig davon, ob eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens, zu geänderten Vertragsbedingungen oder nach einer Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahme, in Betracht kommt.

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte behauptet, sie habe vor Ausspruch der Kündigung - letztlich ergebnislos - geprüft, ob sich bis zum 01.01.2012 eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger ergebe. Ob die Beklagte die Prüfung tatsächlich durchgeführt hat, ist nicht entscheidend. Hat der Arbeitgeber die Prüfung unterlassen, ist die Kündigung nicht automatisch unwirksam. Entscheidend ist, ob tatsächlich ein anderer Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der gekündigte Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden könnte. Der nunmehr darlegungspflichtige Kläger hat seinerseits jedoch keine konkreten Anhaltspunkte für eine bei Ausspruch der Kündigung (17.12.2009) absehbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz ab 01.01.2012 vorgetragen. Damit ist er seiner abgestuften Darlegungslast nicht nachgekommen, sodass nach den obigen Grundsätzen ohne Weiteres vom Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auszugehen wäre.

Vorliegend führte mithin die frühzeitige Kündigung für den Kläger zu Nachteilen, die bei einer Kündigung mit der einschlägigen Frist von sechs Wochen zum Quartalsende nicht annähernd in dem Maße aufgetreten wären.

Denn es ist gerade die frühzeitige Kündigung, mit der die Beklagte dem Kläger die Möglichkeit genommen hat, substantiiert zu Beschäftigungsmöglichkeiten vorzutragen, die sich bis zum 01.01.2012 ergeben. Konkrete Anhaltspunkte für eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit können bei einer Kündigungsfrist von mehr als zwei Jahren ernsthaft nicht vorgetragen werden, weil die Entwicklungen im Unternehmen über eine so lange Zeit nicht vorauszusehen sind. Es würde geradezu hellseherische Fähigkeiten erfordern, bezogen auf einen solchen Zeitraum Prognosen zu Beschäftigungsmöglichkeiten zu stellen. Diese Schwierigkeiten, den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Darlegung des Arbeitnehmers zu entsprechen, ruft die frühzeitige Kündigung hervor. Auch wenn der Arbeitnehmer keinen konkreten Arbeitsplatz benennen muss, genügt er seiner Darlegungslast durch den Hinweis auf die allgemeine Personalfluktuation nicht. Die Darlegungsprobleme der gekündigten Arbeitnehmer widerlegen die Ansicht der Beklagten, dass die Verlängerung der Kündigungsfrist allein zum Vorteil der Arbeitnehmer war. Die aufgezeigten Nachteile belegen vielmehr, dass die Kündigung mit einer derart langen Kündigungsfrist für die Arbeitnehmer nachteilig ist.

Es ist mithin rechtsmissbräuchlich und führt zur Umgehung des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz, wenn der Arbeitgeber eine Kündigung mit einer weit längeren als der an sich zu beachtenden Kündigungsfrist ausspricht und wenn die Verlängerung der Kündigungsfrist allein oder überwiegend in seinem Interesse liegt und dabei die längste nach Tarifvertrag oder Gesetz zu beachtende Kündigungsfrist überschreitet. Auf diese Weise wird das Kündigungsschutzgesetz in beanstandungswürdiger Weise umgangen.

Diese Voraussetzungen einer rechtsmissbräuchlichen Umgehung des Kündigungsschutzes liegen hier vor. Die vorzeitige Kündigung LAG überwiegend im Interesse der Beklagten und überschritt die längste gesetzliche Kündigungsfrist um mehr als das Dreifache und die längste Kündigungsfrist nach dem allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe in Schleswig-Holstein (sechs Wochen zum Quartalsende) um ein Vielfaches.

Ob die Beklagte allein deshalb so frühzeitig gekündigt hat, um der Wahl eines Betriebsrats und einer Interessenausgleichspflicht zuvorzukommen, kann offen bleiben. Das von der Beklagten genannte Motiv, den Arbeitnehmern frühzeitig die Ernsthaftigkeit der Stilllegungsentscheidung vor Augen zu führen, ist fadenscheinig. Denn unstreitig hat die Beklagte die Arbeitnehmer auf der Betriebsversammlung gebeten, Ruhe zu bewahren und nicht sogleich ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen, damit der Hotelbetrieb aufrecht erhalten werden kann. Zugleich hat sie die Hoffnung kundgetan, dass es zu einem möglichen Betriebsübergang bei Erhalt der Arbeitsplätze kommt. Mit der Verlängerung der Kündigungsfrist hat die Beklagte also vornehmlich ihre eigenen Interessen gewahrt hat. Auch wenn den Arbeitnehmern durch die weiträumig vor dem Kündigungstermin ausgesprochene Kündigung überaus viel Zeit zur Stellensuche eingeräumt worden ist, wiegt das die oben beschriebenen Nachteile im Kündigungsschutzprozess, in dem es um den Fortbestand des aktuellen Arbeitsverhältnisses geht, nicht auf. Zudem hätte nichts dagegen gesprochen, den Arbeitnehmern im Dezember 2009 die Entscheidung zur Einstellung des Hotelbetriebs mitzuteilen, mit dem Ausspruch der Kündigungen aber noch zu warten. Es erschließt sich auch nicht, warum die Arbeitnehmer eine auf einer Betriebsversammlung oder schriftlich verlautbarte Mitteilung der Beklagten nicht ernst genommen hätten.

Bei der mehr als zwei Jahre im Voraus ausgesprochenen Kündigung standen nach Überzeugung der Berufungskammer nicht die Interessen der Arbeitnehmer im Vordergrund, sich auf den Verlust des Arbeitsplatzes einrichten zu können, sondern der Wunsch der Beklagten nach einer rechtssicheren und kostengünstigen Beendigung der Arbeitsverhältnisse. Denn bei einer derart langen Vorlaufzeit schließt der Arbeitgeber das Risiko, vom gekündigten Arbeitnehmer auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten verwiesen zu werden, praktisch aus. Je früher der Arbeitgeber die Kündigung ausspricht, desto schwerer ist es für den Arbeitnehmer, zu Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten konkret vorzutragen. Die Prozessaussichten verschlechtern sich im gleichen Maße, wie sich die des Arbeitgebers verbessern. Das gilt jedenfalls bei einer ernsthaften Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers. Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess nahezu ohne finanzielle Risiken führen kann. Annahmeverzugsansprüche drohen dem Arbeitgeber erst bei Verfahrenslaufzeiten von mehr als zwei Jahren. Auch das spricht dafür, dass die Verlängerung der Kündigungsfrist auf mehr als zwei Jahre ganz überwiegend in seinem Interesse liegt.

Im vorliegenden Fall geht es zudem nicht um eine moderate Verlängerung der Kündigungsfrist. Gegen eine solche bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Wo die Grenze einer noch zulässigen Verlängerung der Kündigungsfrist liegt, muss nicht entschieden werden. Im vorliegenden Fall ist die Grenze jedenfalls bei weitem überschritten. Denn die gewählte Kündigungsfrist verlängert die längste gesetzliche Kündigungsfrist um mehr als das Dreifache, die tarifliche um ein Vielfaches.

An diesem Ergebnis ändert ein möglicherweise entstehender Wiedereinstellungsanspruch nichts. Erweist sich die Prognose des Arbeitgebers aufgrund von Umständen, die erst nach Zugang der Kündigung eingetreten sind, als falsch, kommt im Einzelfall ein Wiedereinstellungsanspruch in Betracht. Dieser Anspruch wiegt die Nachteile auf Seiten der frühzeitig gekündigten Arbeitnehmer nicht auf. Der Anspruch auf Wiedereinstellung verleiht dem Arbeitnehmer einen wesentlich geringeren Schutz, als er im Kündigungsschutzgesetz vorgesehen ist. Insbesondere ist der klagende Arbeitnehmer für den Wiedereinstellungsanspruch beweispflichtig.

Nach alledem war die Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG zurückzuweisen

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen worden, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG. Die Frage, ob und ggf. wann durch eine vorzeitige Kündigung das Tatbestandsmerkmal der „greifbaren Formen“ bei einer geplanten Betriebsstilllegung fehlt und ob zudem durch eine weit vorzeitige Kündigung der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers umgangen wird, ist - soweit ersichtlich - vom Bundesarbeitsgericht noch nicht beantwortet worden.



Gesetze

Gesetze

11 Gesetze werden in diesem Text zitiert

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 17 Anzeigepflicht


(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er 1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,2. in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und wenig

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Arbeitsrecht: Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit rechtfertigt nicht immer eine Kündigung

26.02.2018

Die frühere Tätigkeit als inoffizieller Informant für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) ist nicht in jedem Fall ein Kündigungsgrund – BSP Rechtsanwälte – Anwältin für Arbeitsrecht Berlin

Kündigungsrecht: Keine ordentliche Kündigung bei Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

09.11.2012

Weiterbeschäftigungsmöglichkeit setzt freien Arbeitsplatz voraus, für den der Arbeitnehmer die erforderlichen Qualifikationen hat-LAG Hessen, 19 Sa 1342/11

Arbeitsrecht: Zur Vereinbarkeit der sechsmonatigen Kündigungsfrist mit der Koalitionsfreiheit

17.10.2014

Überschreitet die in der Satzung eines Arbeitgeberverbandes bestimmte Kündigungsfrist die im Hinblick auf Art. 9 III GG zulässige Dauer, bleibt die Regelung in dem vereinbaren Umfang aufrechterhalten.

Arbeitsrecht: Ordentliche Kündigung wegen krankheitsbedingter Leistungsunfähigkeit

05.11.2015

Eine lang andauernde krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit in der unmittelbaren Vergangenheit stellt ein gewisses Indiz für die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit in der Zukunft dar.

Referenzen

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.