Eheverträge: Vertraglicher Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist sittenwidrig

bei uns veröffentlicht am04.03.2007

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Rechtsanwalt

für Familien- und Erbrecht

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Zusammenfassung des Autors
Rechtsberatung zu Familienrecht und Erbrecht durch die Rechtsanwälte S&K in Berlin Mitte

Ist im Scheidungsverfahren der Versorgungsausgleich wegen eines vertraglich vereinbarten Ausschlusses nicht durchgeführt worden, kann er nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur richterlichen Inhaltskontrolle von Eheverträgen auf Antrag auch nach rechtskräftigem Abschluss des Scheidungsverfahrens durchgeführt werden. Voraussetzung dafür ist, dass der vertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs sittenwidrig war. Diese weitreichende Entscheidung traf das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Fall eines Ehepaares, das im notariellen Ehevertrag Gütertrennung vereinbart und auf den Versorgungsausgleich sowie auf Unterhalt verzichtet hatte. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war die Ehefrau schwanger. Sie besaß keine Berufsausbildung und war nicht erwerbstätig. In der Ehe versorgte sie die gemeinsamen Töchter, während der Ehemann berufstätig war. Die Ehe der Parteien wurde rechtskräftig geschieden. Im Scheidungsurteil heißt es im Tenor: "Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt." Jahre später stellte die Ehefrau den Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs. Sie hat dazu vorgetragen, sie habe im Scheidungsverfahren keinen Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs gestellt, weil dieser auf Grund der damaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Erfolgsaussichten gehabt habe.

Das OLG hielt ihren Antrag für gerechtfertigt. Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs im notariellen Vertrag sei nichtig. Er führe zu einer einseitigen und durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung zum Nachteil der Ehefrau. Der nachträglichen Durchführung des Versorgungsausgleichs - nach Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - stehe nicht die Rechtskraft des Scheidungsurteils entgegen. Der Antrag auf Durchführung des Versorgungsausgleichs sei auch nicht verwirkt, selbst wenn er erst sechs Jahre nach Rechtskraft des Scheidungsurteils gestellt werde. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht dadurch geschaffen worden, dass die Ehefrau im Scheidungsverfahren von einem entsprechenden Antrag abgesehen habe. Denn bereits damals sei sie der Meinung gewesen, der ehevertragliche Ausschluss des Versorgungsausgleichs sei sittenwidrig. Damit seien dem Ehemann die Rechtsmeinung der Ehefrau und ihre Gründe für die Nichtgeltendmachung bekannt gewesen. Sie habe nicht den Eindruck erweckt, sie werde für die Zukunft generell auf den Versorgungsausgleich verzichten. Auf die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Februar 2004 habe die Ehefrau bereits im März 2004 reagiert und einen entsprechenden Antrag gestellt (OLG Düsseldorf, II-1 UF 22/05).                   


 

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