Irreführende Werbung für Genussscheine und Genussrechte in Flyern und Prospekten
Das LG Itzehoe hat mit dem Urteil vom 15.03.2011(Az: 5 O 66/10) entschieden:
Das Landgericht Itzehoe hat festgestellt, dass die Werbung eines Unternehmens, welches Kapitalanlagen vertreibt, für Genussscheine und Genussrechte in Flyern und Prospekten dann irreführend ist, wenn diese einseitig als wertbeständig dargestellt werden, ohne dass auf damit verbundene Risiken hingewiesen wird.
Zur Pressemitteilung des LG Itzehoe vom 21.03.2011:
Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Itzehoe hat mit Urteil vom 15.03.2011 (Aktenzeichen 5 O 66/10) entschieden, dass ein Unternehmen, das als „Genussrechte“ bezeichnete Kapitalanlageprodukte an private Anleger vertreibt, Werbeaussagen in seinem Flyer und seinem Kurzprospekt zu unterlassen hat, die die Sicherheit und Wertbeständigkeit der Genussrechte einseitig hervorheben, wenn nicht zugleich auf etwaige mit der Anlage einhergehende Risiken hingewiesen wird.
Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Seit Beginn des Jahres 2010 bewarb die Beklagte die Genussrechte im gesamten Bundesgebiet in erheblichem Umfang in verschiedener Form, u. a. mit sogenannten „Flyern“ und Kurzprospekten.
Der „Flyer“ enthielt u. a. Aussagen wie: „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“;
„...wenn Sie wissen möchten, wohin Ihr Erspartes fließt, und nach einer Geldanlage suchen, die Ihnen Sicherheit und Stabilität bietet, liegen Sie mit den […] Genussrechten goldrichtig: Investieren Sie in die […] Windparks und damit in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte.“; „Sicherheit zum Anfassen!“; „Maximale Flexibilität“; „Sichere Einnahmen“.
In dem Kurzprospekt über die Genussrechte hieß es z.B.: „Maximale Sicherheit durch breite Streuung des Genussrechtskapitals....“; „Die Investition in Sacheinlagen [...] sorgt für eine hohe Wertstabilität und Sicherheit Ihrer Geldanlage“; „Wie bei einer Sparanlage erhalten Sie für Ihr Geld jährlich Zinsen“; „Dadurch bieten wir Ihnen ein Höchstmaß an Sicherheit“.
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Verbraucherschutzorganistation erlangte der Kläger durch Nachfragen verschiedener Verbraucher Kenntnis von dieser Werbung. Er mahnte die Beklagte wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung auf. Dies lehnte die Beklagte – die im Übrigen seit Herbst 2010 mit geänderten Flyern und Kurzprospekten wirbt – ab.
Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Itzehoe hat dem Kläger den begehrten Unterlassungsanspruch gewährt. Sie hat der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von € 250.000 untersagt, für Genussscheine oder Genussrechte der […] in Flyern oder Prospekten zu werben, wenn in der Werbung die Sicherheit und Wertbeständigkeit der Anlage einseitig hervorgehoben wird, indem die Werbung wörtlich einer oder mehrerer der folgenden Formulierungen entspricht:
„Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“
und/oder
„Geldanlage (....), die Ihnen Sicherheit und Stabilität bietet“
und/oder
„Investieren Sie in (...) reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“
und/oder
„Sicherheit zum Anfassen“
und/oder
„Grünes Sparbuch“
und/oder
„Wie bei einer Sparanlage“
und/oder
„Maximale Sicherheit“
und/oder
„Höchstmaß an Sicherheit“
und/oder
„Hohe Wertstabilität und Sicherheit“
und/oder
„Sicherheit auch bei steigender Inflation“,
wenn nicht zugleich auf etwaige damit einhergehende Risiken, insbesondere das Risiko eines Totalverlustes, die fehlende Einlagensicherung und die nicht gesicherten Zinszahlungen hingewiesen wird.
Sie hat es der Beklagten außerdem untersagt, für Genussscheine oder Genussrechte der […] in Flyern oder Prospekten zu werben, indem wörtlich die Formulierung „Maximale Flexibilität“ verwendet wird, wenn eine Rückgabemöglichkeit für den Anleger frühestens nach drei Jahren besteht.
Die Kammer hat zur Begründung ausgeführt, mit der beanstandeten Werbung habe die Beklagte unlauter im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gehandelt, weil sie Vorschriften zuwider gehandelt habe, die auch dazu bestimmt seien, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Beklagte habe nämlich gegen Vorschriften verstoßen, nach denen Werbung redlich, eindeutig und nicht irreführend sein müsse.
Die Kammer hat ausgeführt, mögliche Vorteile eines Finanzinstrumentes dürften nur hervorgehoben werden, wenn gleichzeitig eindeutig auf etwaige damit einhergehende Risiken verwiesen werde, wichtige Aussagen dürften nicht unverständlich oder abgeschwächt dargestellt werden, ein Vergleich von Finanzinstrumenten müsse aussagekräftig und die Darstellung ausgewogen sein.
Die Aussagen „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“, „Geldanlage, die Sicherheit und Stabilität bietet“, „(Investition) in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“, „Sicherheit zum Anfassen“ und „sichere Einnahmen“ stellten einseitig Vorteile der Genussscheine heraus, ohne gleichzeitig auf vorhandene Risiken einer derartigen Anlage hinzuweisen. Die Genussrechte enthielten nämlich durchaus - worauf die Beklagte in ihrem Hauptprospekt selbst hinweise - unter bestimmten Umständen das Risiko der Nichtverzinsung bis zum Risiko des Totalverlustes. Dass die Beklagte in ihrem Hauptprospekt auf diese Risiken hinweise, genüge nach den Ausführungen der Kammer den Voraussetzungen, die an eine umfassende Verbraucherinformation gestellt werden müssen, nicht, da diese Risiken im Flyer und im Kurzprospekt nicht bzw. nur unzureichend dargestellt würden.
Auch die Werbung mit dem Vergleich „Bank oder Lebensversicherung“ i. V. m. den diversen Hinweisen auf „Sicherheit“ und „Stabilität“ sei irreführend, weil dem interessierten Anleger vorgespiegelt werde, er könne sein Geld ohne Verlustgefahr investieren. Tatsächlich trage der Anleger bei Erwerb der Genussscheine das volle unternehmerische Risiko hinsichtlich des investierten Kapitals, ohne dass er im Insolvenzfall auf eine Einlagensicherung zurückgreifen könne oder auch nur irgendwelchen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaften habe, bei denen sein Kapital angelegt werde. Der durchschnittlich informierte, verständige Anleger, der eine Bank oder Lebensversicherung als Geldanlage kenne, verbinde damit eine verlässliche Einlagenverzinsung und Einlagensicherung, die er bei den Genussscheinen nicht habe. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem Recht der erneuerbaren Energien und den Regelungen zur Förderung der regenerativen Stromgewinnung durch Windkraft um einen im hohen Maße gesetzlich begleiteten und weit in die Zukunft hinein geordneten Markt handele, der gerade typischen wettbewerblichen Schwankungen nicht unterliege. Auch die Tatsache, dass die Beklagte möglicherweise in den vergangenen Jahren keine Totalverluste der Anlagen zu verzeichnen gehabt habe und regelmäßig die versprochenen Zinserträge habe ausschütten können, ändere nichts daran, dass eine Sicherheit wie bei Bankanlagen oder Lebensversicherungen vorliegend nicht gegeben sei. Darüber müsse der Anleger in der Werbung aufgeklärt werden.
Auch die Aussage „(Investition) in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“ sei für den durchschnittlich verständigen Anleger irreführend. Dieser gehe davon aus, dass er mit dem Kauf der Genussscheine tatsächlich und unmittelbar in Windkrafträder oder andere bestehende oder entstehende Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien investiere und damit Sachwerte erwerbe. Tatsächlich diene das eingeworbene Genussrechtskapital lediglich zur Finanzierung derartiger Projekte, ohne dass die einzelnen Anleger durch Beteiligungen an den Sachwerten abgesichert wären.
Schließlich seien die von der Beklagten vertriebenen Genussscheine auch keine flexiblen Anlagen, schon gar nicht – wie beworben – „maximal flexibel“. Einem durchschnittlich informierten Anleger seien z. B. Tages- oder Festgeldanlagen mit einer bestimmten Laufzeit, aber auch die kurzfristige Verfügbarkeit von Spareinlagen auf einem Sparbuch mit entsprechenden, kurzen Kündigungsfristen bei größeren Abhebungen bekannt. Wenn demgegenüber eine Mindesthaltefrist von drei Jahren vorgesehen sei, so sei die Anlage hier nicht flexibel, schon gar nicht maximal flexibel, was schnellste Verfügbarkeit bedeute.
Auch die Verwendung der Aussagen „Genussrechte als „grünes Sparbuch““ und der Vergleich „wie bei einer Sparanlage“, so wie sie die Beklagte im Kurzprospekt verwende, seien aus den o. g. Gründen irreführend. Einen vergleichbaren Sicherheitsstandard wie Sparbücher oder eine Spareinlage bei einer Bank oder Sparkasse böten die Genussrechte nicht.
Weiter hat die Kammer ausgeführt, die Beklagte könne auch nicht damit gehört werden, dass sich aus der besonderen Art der Anlage eine relative Sicherheit von selber ergebe. Zwar sei der Beklagten zuzugeben, dass aufgrund der augenblicklichen, tatsächlichen und gesetzlichen Gegebenheiten, insbesondere aufgrund gesetzgeberischer Maßnahmen die Technologie der erneuerbaren Energien eine besondere Förderung erfahre. Dennoch unterliege der Betrieb einer Windkraftanlage oder einer anderen Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energie auch dem unternehmerischen Risiko, der beispielsweise in Beschädigung oder Zerstörung der Anlage oder falscher Geschäftsführung der Anlagenbetreiber auftreten könne.
Schließlich könne sich die Beklagte auch nicht darauf zurückziehen, dass sie im Hauptprospekt über sämtliche Risiken der Genussscheine zutreffend aufgeklärt habe. Diese Aufklärung erfolge an einer Stelle, die ein Großteil der durch die Werbung interessierten Anleger nicht mehr zur Kenntnis nehme, weil er das umfangreiche Prospekt nicht von vorne bis hinten durchlese. Außerdem stünden die dort - zutreffend - geschilderten Risiken teilweise im Widerspruch zu den oberflächlichen Aussagen im Flyer und im Kurzprospekt. Auch das genüge für eine Irreführung des Verbrauchers.
Abschließend hat die Kammer festgestellt, dass sich der Rechtsstreit auch nicht dadurch erledigt habe, dass die Beklagte im Laufe des Jahres 2010 ihre Werbung verändert und insbesondere die beanstandeten Flyer und Kurzprospekte nicht mehr benutzt habe. Wiederholungsgefahr ergebe sich zunächst daraus, dass eine unzulässige Werbung überhaupt stattgefunden habe. Diese Wiederholungsgefahr könne auch grundsätzlich nur durch Abgabe einer angemessenen strafbewährten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Da die Beklagte es abgelehnt habe, eine solche Unterlassungserklärung abzugeben, sei nicht auszuschließen, dass die Beklagte dieselbe oder eine ähnliche Werbung wieder aufnehme.
Das Landgericht Itzehoe hat festgestellt, dass die Werbung eines Unternehmens, welches Kapitalanlagen vertreibt, für Genussscheine und Genussrechte in Flyern und Prospekten dann irreführend ist, wenn diese einseitig als wertbeständig dargestellt werden, ohne dass auf damit verbundene Risiken hingewiesen wird.
Zur Pressemitteilung des LG Itzehoe vom 21.03.2011:
Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Itzehoe hat mit Urteil vom 15.03.2011 (Aktenzeichen 5 O 66/10) entschieden, dass ein Unternehmen, das als „Genussrechte“ bezeichnete Kapitalanlageprodukte an private Anleger vertreibt, Werbeaussagen in seinem Flyer und seinem Kurzprospekt zu unterlassen hat, die die Sicherheit und Wertbeständigkeit der Genussrechte einseitig hervorheben, wenn nicht zugleich auf etwaige mit der Anlage einhergehende Risiken hingewiesen wird.
Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Seit Beginn des Jahres 2010 bewarb die Beklagte die Genussrechte im gesamten Bundesgebiet in erheblichem Umfang in verschiedener Form, u. a. mit sogenannten „Flyern“ und Kurzprospekten.
Der „Flyer“ enthielt u. a. Aussagen wie: „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“;
„...wenn Sie wissen möchten, wohin Ihr Erspartes fließt, und nach einer Geldanlage suchen, die Ihnen Sicherheit und Stabilität bietet, liegen Sie mit den […] Genussrechten goldrichtig: Investieren Sie in die […] Windparks und damit in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte.“; „Sicherheit zum Anfassen!“; „Maximale Flexibilität“; „Sichere Einnahmen“.
In dem Kurzprospekt über die Genussrechte hieß es z.B.: „Maximale Sicherheit durch breite Streuung des Genussrechtskapitals....“; „Die Investition in Sacheinlagen [...] sorgt für eine hohe Wertstabilität und Sicherheit Ihrer Geldanlage“; „Wie bei einer Sparanlage erhalten Sie für Ihr Geld jährlich Zinsen“; „Dadurch bieten wir Ihnen ein Höchstmaß an Sicherheit“.
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Verbraucherschutzorganistation erlangte der Kläger durch Nachfragen verschiedener Verbraucher Kenntnis von dieser Werbung. Er mahnte die Beklagte wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewährten Unterlassungserklärung auf. Dies lehnte die Beklagte – die im Übrigen seit Herbst 2010 mit geänderten Flyern und Kurzprospekten wirbt – ab.
Die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Itzehoe hat dem Kläger den begehrten Unterlassungsanspruch gewährt. Sie hat der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von € 250.000 untersagt, für Genussscheine oder Genussrechte der […] in Flyern oder Prospekten zu werben, wenn in der Werbung die Sicherheit und Wertbeständigkeit der Anlage einseitig hervorgehoben wird, indem die Werbung wörtlich einer oder mehrerer der folgenden Formulierungen entspricht:
„Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“
und/oder
„Geldanlage (....), die Ihnen Sicherheit und Stabilität bietet“
und/oder
„Investieren Sie in (...) reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“
und/oder
„Sicherheit zum Anfassen“
und/oder
„Grünes Sparbuch“
und/oder
„Wie bei einer Sparanlage“
und/oder
„Maximale Sicherheit“
und/oder
„Höchstmaß an Sicherheit“
und/oder
„Hohe Wertstabilität und Sicherheit“
und/oder
„Sicherheit auch bei steigender Inflation“,
wenn nicht zugleich auf etwaige damit einhergehende Risiken, insbesondere das Risiko eines Totalverlustes, die fehlende Einlagensicherung und die nicht gesicherten Zinszahlungen hingewiesen wird.
Sie hat es der Beklagten außerdem untersagt, für Genussscheine oder Genussrechte der […] in Flyern oder Prospekten zu werben, indem wörtlich die Formulierung „Maximale Flexibilität“ verwendet wird, wenn eine Rückgabemöglichkeit für den Anleger frühestens nach drei Jahren besteht.
Die Kammer hat zur Begründung ausgeführt, mit der beanstandeten Werbung habe die Beklagte unlauter im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb gehandelt, weil sie Vorschriften zuwider gehandelt habe, die auch dazu bestimmt seien, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Beklagte habe nämlich gegen Vorschriften verstoßen, nach denen Werbung redlich, eindeutig und nicht irreführend sein müsse.
Die Kammer hat ausgeführt, mögliche Vorteile eines Finanzinstrumentes dürften nur hervorgehoben werden, wenn gleichzeitig eindeutig auf etwaige damit einhergehende Risiken verwiesen werde, wichtige Aussagen dürften nicht unverständlich oder abgeschwächt dargestellt werden, ein Vergleich von Finanzinstrumenten müsse aussagekräftig und die Darstellung ausgewogen sein.
Die Aussagen „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“, „Geldanlage, die Sicherheit und Stabilität bietet“, „(Investition) in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“, „Sicherheit zum Anfassen“ und „sichere Einnahmen“ stellten einseitig Vorteile der Genussscheine heraus, ohne gleichzeitig auf vorhandene Risiken einer derartigen Anlage hinzuweisen. Die Genussrechte enthielten nämlich durchaus - worauf die Beklagte in ihrem Hauptprospekt selbst hinweise - unter bestimmten Umständen das Risiko der Nichtverzinsung bis zum Risiko des Totalverlustes. Dass die Beklagte in ihrem Hauptprospekt auf diese Risiken hinweise, genüge nach den Ausführungen der Kammer den Voraussetzungen, die an eine umfassende Verbraucherinformation gestellt werden müssen, nicht, da diese Risiken im Flyer und im Kurzprospekt nicht bzw. nur unzureichend dargestellt würden.
Auch die Werbung mit dem Vergleich „Bank oder Lebensversicherung“ i. V. m. den diversen Hinweisen auf „Sicherheit“ und „Stabilität“ sei irreführend, weil dem interessierten Anleger vorgespiegelt werde, er könne sein Geld ohne Verlustgefahr investieren. Tatsächlich trage der Anleger bei Erwerb der Genussscheine das volle unternehmerische Risiko hinsichtlich des investierten Kapitals, ohne dass er im Insolvenzfall auf eine Einlagensicherung zurückgreifen könne oder auch nur irgendwelchen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaften habe, bei denen sein Kapital angelegt werde. Der durchschnittlich informierte, verständige Anleger, der eine Bank oder Lebensversicherung als Geldanlage kenne, verbinde damit eine verlässliche Einlagenverzinsung und Einlagensicherung, die er bei den Genussscheinen nicht habe. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem Recht der erneuerbaren Energien und den Regelungen zur Förderung der regenerativen Stromgewinnung durch Windkraft um einen im hohen Maße gesetzlich begleiteten und weit in die Zukunft hinein geordneten Markt handele, der gerade typischen wettbewerblichen Schwankungen nicht unterliege. Auch die Tatsache, dass die Beklagte möglicherweise in den vergangenen Jahren keine Totalverluste der Anlagen zu verzeichnen gehabt habe und regelmäßig die versprochenen Zinserträge habe ausschütten können, ändere nichts daran, dass eine Sicherheit wie bei Bankanlagen oder Lebensversicherungen vorliegend nicht gegeben sei. Darüber müsse der Anleger in der Werbung aufgeklärt werden.
Auch die Aussage „(Investition) in reale, zukunftssichere und rentable Sachwerte“ sei für den durchschnittlich verständigen Anleger irreführend. Dieser gehe davon aus, dass er mit dem Kauf der Genussscheine tatsächlich und unmittelbar in Windkrafträder oder andere bestehende oder entstehende Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien investiere und damit Sachwerte erwerbe. Tatsächlich diene das eingeworbene Genussrechtskapital lediglich zur Finanzierung derartiger Projekte, ohne dass die einzelnen Anleger durch Beteiligungen an den Sachwerten abgesichert wären.
Schließlich seien die von der Beklagten vertriebenen Genussscheine auch keine flexiblen Anlagen, schon gar nicht – wie beworben – „maximal flexibel“. Einem durchschnittlich informierten Anleger seien z. B. Tages- oder Festgeldanlagen mit einer bestimmten Laufzeit, aber auch die kurzfristige Verfügbarkeit von Spareinlagen auf einem Sparbuch mit entsprechenden, kurzen Kündigungsfristen bei größeren Abhebungen bekannt. Wenn demgegenüber eine Mindesthaltefrist von drei Jahren vorgesehen sei, so sei die Anlage hier nicht flexibel, schon gar nicht maximal flexibel, was schnellste Verfügbarkeit bedeute.
Auch die Verwendung der Aussagen „Genussrechte als „grünes Sparbuch““ und der Vergleich „wie bei einer Sparanlage“, so wie sie die Beklagte im Kurzprospekt verwende, seien aus den o. g. Gründen irreführend. Einen vergleichbaren Sicherheitsstandard wie Sparbücher oder eine Spareinlage bei einer Bank oder Sparkasse böten die Genussrechte nicht.
Weiter hat die Kammer ausgeführt, die Beklagte könne auch nicht damit gehört werden, dass sich aus der besonderen Art der Anlage eine relative Sicherheit von selber ergebe. Zwar sei der Beklagten zuzugeben, dass aufgrund der augenblicklichen, tatsächlichen und gesetzlichen Gegebenheiten, insbesondere aufgrund gesetzgeberischer Maßnahmen die Technologie der erneuerbaren Energien eine besondere Förderung erfahre. Dennoch unterliege der Betrieb einer Windkraftanlage oder einer anderen Anlage zur Erzeugung erneuerbarer Energie auch dem unternehmerischen Risiko, der beispielsweise in Beschädigung oder Zerstörung der Anlage oder falscher Geschäftsführung der Anlagenbetreiber auftreten könne.
Schließlich könne sich die Beklagte auch nicht darauf zurückziehen, dass sie im Hauptprospekt über sämtliche Risiken der Genussscheine zutreffend aufgeklärt habe. Diese Aufklärung erfolge an einer Stelle, die ein Großteil der durch die Werbung interessierten Anleger nicht mehr zur Kenntnis nehme, weil er das umfangreiche Prospekt nicht von vorne bis hinten durchlese. Außerdem stünden die dort - zutreffend - geschilderten Risiken teilweise im Widerspruch zu den oberflächlichen Aussagen im Flyer und im Kurzprospekt. Auch das genüge für eine Irreführung des Verbrauchers.
Abschließend hat die Kammer festgestellt, dass sich der Rechtsstreit auch nicht dadurch erledigt habe, dass die Beklagte im Laufe des Jahres 2010 ihre Werbung verändert und insbesondere die beanstandeten Flyer und Kurzprospekte nicht mehr benutzt habe. Wiederholungsgefahr ergebe sich zunächst daraus, dass eine unzulässige Werbung überhaupt stattgefunden habe. Diese Wiederholungsgefahr könne auch grundsätzlich nur durch Abgabe einer angemessenen strafbewährten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Da die Beklagte es abgelehnt habe, eine solche Unterlassungserklärung abzugeben, sei nicht auszuschließen, dass die Beklagte dieselbe oder eine ähnliche Werbung wieder aufnehme.
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