Schriftformerfordernis des § 550 BGB: BGH klärt wichtige Detailfragen
- Immobilienrecht
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1. Die Schriftform des § 550 BGB wird nicht dadurch verletzt, dass der Ehemann der allein vermietenden Ehefrau den Mietvertrag lediglich mit seinem gleichlautenden Nachnamen und ohne Kennzeichnung seiner Vertretungsbefugnis unterzeichnet.
2. Zur Wahrung der Schriftform gemäß § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB genügt es, dass jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Folglich müssen nicht beide Vertragsexemplare jeweils vom Mieter und Vermieter unterschrieben werden.
3. Ist ein Exemplar der Originalmietverträge nicht mehr auffindbar, wird die Schriftform dann gewahrt, wenn das Exemplar zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Mietvertrags existiert hat.
4. Ein Vermieter kann die Unwirksamkeit einer vorzeitigen Kündigung des Mieters im Wege der Feststellungsklage geltend machen und darf nicht darauf verwiesen werden, eine Leistungsklage auf Zahlung des Mietpreises zu erheben und im Wege der Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO eine Entscheidung über den Fortbestand des Mietverhältnisses herbeizuführen.
Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Mietvertrages über Gewerberäume, welcher über eine Mietzeit von 20 Jahren geschlossen wurde. Dieser Mietvertrag wurde vom Ehemann der Vermieterin ohne Kennzeichnung seiner Vertretungsbefugnis und lediglich mit dem identischen Nachnamen unterzeichnet.
Weiterhin haben beide Vertragsparteien nur das Vertragsexemplar des jeweils anderen unterzeichnet. Schließlich ging ein Exemplar des Mietvertrages im Laufe der Zeit verloren.
Von Seiten der Mieter wird nach Veräußerung des Mietobjekts eine Verletzung des Schriftformerfordernisses des § 550 BGB beanstandet und der Vertrag ordentlich gekündigt.
Der neue Vermieter klagt nun auf Feststellung, dass der Mietvertrag durch die Kündigung nicht vorzeitig beendet wurde und weiterhin wirksam ist.
Entscheidung:
Bezüglich der Einwände der Mieter, mit denen sie eine Verletzung des Schriftformerfordernisses gemäß § 550 BGB beanstanden wollen, erteilt der BGH zu Gunsten der Vermieterin eine Absage. Ein Erwerber soll zwar durch die gesetzliche Schriftform davor geschützt werden, dass er nicht vom vollen Inhalt des Mietvertrags Kenntnis erlangen kann. Ist nun die Urkunde im Falle einer Personenmehrheit nicht von allen Vermietern oder Mietern unterschrieben, muss aus den vorhandenen Unterschriften deutlich zum Ausdruck kommen, dass sie auch in Vertretung der nicht unterzeichnenden Vertragsparteien hinzugefügt wurden. Wird die Vertretung der Vertragspartei durch die den Vertrag unterzeichnende Person allerdings auf andere Weise deutlich, z.B. wenn nur eine natürliche Person als Mieter oder Vermieter auftritt und eine andere Person den Vertrag unterschreibt, ist ein zusätzlicher Vertretungshinweis nicht erforderlich (Verweis auf BGH, Urteil vom 19.09.2007 - XII ZR 121/05; Urteil vom 06.04.2005 - XII ZR 132/03).
Im vorliegenden Fall, in dem der Ehemann nur mit demselben Nachnamen gezeichnet hat, ist die Schriftform dennoch gewahrt, da sowohl für die Vertragsparteien, als auch für einen späteren Erwerber, aus der Vertragsurkunde erkennbar hervorgeht geht, dass entweder die Vermieterin persönlich oder ein namensgleicher Vertreter unterschrieben hat. Dies ist zur Schriftformwahrung ausreichend.
Unerheblich ist auch, dass hier zwei Vertragsurkunden erstellt wurden, von denen eine lediglich von den Mietern und die andere nur durch den Vermieter, vertreten durch den Ehemann, unterschrieben wurde. Nach § 126 Abs. 2 Satz 2 BGB ist für die Einhaltung der Schriftform genügend, dass jeder Vertragspartner die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
Die Feststellungsklage des Vermieters, wonach dass das Mietverhältnis durch die Kündigung nicht vorzeitig beendet wurde, ist erfolgreich.
Durch die Vernehmung des Ehemannes der früheren Eigentümerin konnte geklärt werden, dass die für die Vermieterin unterzeichnete und für die Mieter bestimmte Vertragsurkunde bei Vertragsabschluss existiert hat. Dass diese Urkunde nun nicht mehr auffindbar ist, steht der Schriftform nicht entgegen. Es kommt dafür allein auf den Zeitpunkt des Zustandekommens des Mietvertrags an. Ferner kann der Vermieter auch auf Feststellung klagen, dass die vorzeitige Kündigung unwirksam ist, und muss demnach keine Leistungsklage auf Zahlung ausbleibender Mieten erheben. Denn die Rechtskraft einer solchen Feststellung geht über die Feststellung einzelner Rechte aus dem Mietverhältnis hinaus und klärt abschließend, dass die von den Mietern ausgesprochene Kündigung unberechtigt war und der Mietvertrag nicht beendet wurde (siehe Senatsurteil vom 3. Juli 2002 - XII ZR 234/99 - NJW-RR 2002, 1377, 1378).
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Anzeigen >Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2007 - XII ZR 121/05
Anzeigen >Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2002 - XII ZR 234/99
Anzeigen >Bundesgerichtshof Urteil, 06. Apr. 2005 - XII ZR 132/03
Von Rechts wegen
Von Rechts wegen
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- 1.
Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. EG Nr. L 39 S. 40), - 2.
Richtlinie 77/187/EWG des Rates vom 14. Februar 1977 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. EG Nr. L 61 S. 26), - 3.
Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. EG Nr. L 372 S. 31), - 4.
Richtlinie 87/102/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. EG Nr. L 42 S. 48), zuletzt geändert durch die Richtlinie 98/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Änderung der Richtlinie 87/102/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. EG Nr. L 101 S. 17), - 5.
Richtlinie 90/314/EWG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (ABl. EG Nr. L 158 S. 59), - 6.
Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG Nr. L 95 S. 29), - 7.
Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (ABl. EG Nr. L 280 S. 82), - 8.
der Richtlinie 97/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Januar 1997 über grenzüberschreitende Überweisungen (ABl. EG Nr. L 43 S. 25), - 9.
Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19), - 10.
Artikel 3 bis 5 der Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- und Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen vom 19. Mai 1998 (ABl. EG Nr. L 166 S. 45), - 11.
Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. EG Nr. L 171 S. 12), - 12.
Artikel 10, 11 und 18 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 S. 1), - 13.
Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. EG Nr. L 200 S. 35).
(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.
Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.