Widerrufsrecht eines Verpfänders

bei uns veröffentlicht am14.07.2006

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - XI ZR 169/05 Bankrecht - Zivilrecht - Haustürgeschäfte Rechtsreferendar Jacob Scheffen
zu BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 -  XI ZR 169/05

Das Urteil ist in zweierlei Hinsicht bedeutsam. Zum einen hat der XI. Senat des Bundesgerichtshofs die bankenfreundliche Rechtsprechung des IX. Senats zur Anwendbarkeit des Widerrufsrechts bei Bestellung von Sicherheiten aufgehoben. Nach der bisherigen Rechtsprechung ging der BGH davon aus, daß es bei persönlichen Sicherungsgeschäften für den persönlichen Anwendungsbereich der Widerrufsregelung nicht allein auf die Verbrauchereigenschaft des Sicherungsgebers, sondern auch auf die Verbrauchereigenschaft des Hauptschuldners ankommt. Nunmehr ist ein Widerruf, z.B. einer bestellten Bürgschaft, auch dann möglich, wenn der Hauptschulder, für den die Bürgschaft bestellt wurde, die Verbindlichkeit weder als Verbraucher, noch im Rahmen eines Haustürgeschäfts getätigt hat. Entscheidend ist allein die Verbrauchereigenschaft des Sicherungsgebers.

Weiter ist bedeutsam, dass ein Sicherungsgeber (Bürge) einen Schadensersatzanspruch auf Aufhebung der Bürgschaft nach den Grundsätzen der culpa in contrahendo haben kann, wenn ein Kreditinstitut durch sein Verhalten erkennbar einen Irrtum des Sicherungsgebers über das Risiko hervorruft oder dieses Risiko verharmlost und dieser Aufhebungsanspruch unabhängig neben einer arglistigen Täuschung besteht.
Leitsätze
Das Widerrufsrecht eines Verpfänders gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB hängt nicht von der Verbrauchereigenschaft des persönlichen Schuldners oder einer auf diesen bezogenen Haustürsituation ab (Abweichung von BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 - IX ZR 56/95, BGHZ 139, 21).
Zu den Voraussetzungen des § 312f Satz 2 BGB, wenn der persönliche Schuldner seine Ehefrau bittet, zur Abgabe einer Verpfändungserklärung aus der gemeinsamen Wohnung in seine Geschäftsräume zu kommen.
Inhalt der Entscheidung
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat mit Urteil vom 10. Januar 2006 entschieden, dass die Gefahr der Überrumpelung einem Bürgen immer droht, wenn er sich selbst in einer so genannten Haustürsituation befindet. Sie besteht unabhängig davon, ob die Hauptschuld ein Verbraucherdarlehen oder ein gewerblicher Kredit ist und ob der Hauptschuldner ebenfalls durch eine Haustürsituation zum Vertragsschluss bestimmt worden ist. Dass ein Bürgschaftsvertrag, der eine im Rahmen der Erwerbstätigkeit des Hauptschuldners begründete Verbindlichkeit sichert, nach Ansicht des EuGH  nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 577/85/EWG des Rates vom 20. Dezember 1995 betr. den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. Nr. L 372/31) fällt, ändert nichts. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zwar im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) entschieden, dass ein Bürgschaftsvertrag, der zur Absicherung eines gewerblichen Kredits geschlossen wird, kein Geschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG sei (BGHZ 139, 21, 24 ff.). Diese Auffassung teilt der nunmehr für das Bürgschaftsrecht zuständige, erkennende Senat nicht.
Weiter führt der BGH zu einem Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (sog. Culpa in contrahendo) aus, dass ein Kreditinstitut zwar grundsätzlich nicht verpflichtet ist, einen Dritten, der eine Sicherheit zugunsten eines Schuldners des Kreditinstituts bestellt, über die damit verbundenen Risiken aufzuklären. Pflichtwidrig handelt ein Kreditinstitut aber dann, wenn es durch sein Verhalten erkennbar einen Irrtum des Sicherungsgebers über das Risiko hervorruft oder dieses Risiko bewußt verharmlost.
Ein solches Verhalten stellte der BGH im vorliegenden Fall fest. Die Klägerin hat behauptet, sie habe vor Unterzeichnung einer Verpfändungserklärung gesagt, sie habe ihre Brille vergessen und könne die Erklärung nicht lesen. Außerdem habe sie gefragt, ob es denn richtig sei, wenn sie das jetzt unterschreibe. Das Wertpapierdepot dürfe auf keinen Fall verloren gehen. Darauf habe der Angestellte der Beklagten erwidert, sie solle sich keinerlei Sorgen machen. Die Verpfändung sei notwendig, weil das Unternehmen neuen Kredit brauche. Ferner sei ihr gesagt worden, sie solle dies unterschreiben und dann wäre es gut. Diese zugunsten der Klägerin zu unterstellenden Äußerungen beinhalten nach Ansicht des BGH eine Verharmlosung des Risikos, die für die Pfandrechtsbestellung ursächlich geworden sein und deshalb einen auf deren Rückabwicklung gerichteten Schadensersatzanspruch begründen kann. Ein solcher Anspruch bestünde unabhängig von einem Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB und bliebe vom Ablauf der Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB unberührt (BGH, Urteil vom 18. September 2001 - X ZR 107/00, NJW-RR 2002, 308, 309 f., m.w.Nachw.). Das Berufungsurteil war daher aufzuheben  und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.

Gesetze

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 124 Anfechtungsfrist


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 312f Abschriften und Bestätigungen


(1) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher alsbald auf Papier zur Verfügung zu stellen1.eine Abschrift eines Vertragsdokuments, das von den Vertragsschließenden so unterzeichnet wur

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 169/05 Verkündet am:
10. Januar 2006
Weber,
Justizamtsinpektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________

a) Das Widerrufsrecht eines Verpfänders gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB hängt
nicht von der Verbrauchereigenschaft des persönlichen Schuldners oder einer
auf diesen bezogenen Haustürsituation ab (Abweichung von BGH, Urteil vom
14. Mai 1998 - IX ZR 56/95, BGHZ 139, 21).

b) Zu den Voraussetzungen des § 312f Satz 2 BGB, wenn der persönliche
Schuldner seine Ehefrau bittet, zur Abgabe einer Verpfändungserklärung aus
der gemeinsamen Wohnung in seine Geschäftsräume zu kommen.
BGH, Urteil vom 10. Januar 2006 - XI ZR 169/05 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe,
den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter
Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 25. Mai 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, eine Rentnerin, nimmt die beklagte Bank auf Herausgabe von Wertpapieren in Anspruch, die sie als Sicherheit für Darlehensverbindlichkeiten des Unternehmens ihres Ehemannes und ihres Sohnes verpfändet hat.
2
Der Ehemann und der Sohn der Klägerin betrieben in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein Luftheizungs- und Ka- minbauunternehmen. Die Geschäftsräume dieses Unternehmens befanden sich in einem Miets- und Geschäftshaus, das dem Wohnhaus der Klägerin und ihres Ehemannes gegenüber liegt. Die beiden Gebäude, die unterschiedliche Hausnummern haben, stehen auf verschiedenen Flurstücken , die sich optisch als ein Grundstück darstellen und ein gemeinsames Tor zur Straße haben. Am 5. Dezember 2002 suchte ein Mitarbeiter der Beklagten den Ehemann und den Sohn der Klägerin in den Geschäftsräumen auf. Der Ehemann rief die Klägerin aus dem Wohnhaus in die Geschäftsräume. Dort unterzeichnete sie eine Erklärung über die Verpfändung von Wertpapieren, die sie kurz zuvor von einer Verwandten erhalten hatte. Auf die gleiche Weise kam es am 23. Dezember 2002 zur Unterzeichnung der streitigen Verpfändungserklärung durch die Klägerin. Diese Erklärung, die ebenso wie die vom 5. Dezember 2002 keine Belehrung über das Recht zum Widerruf von Haustürgeschäften enthielt, diente der Sicherung der Forderung der Beklagten gegen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus einem Darlehensvertrag vom 19. Dezember 2002 in Höhe von 115.000 €. Nachdem die Gesellschaft insolvent geworden war, kündigte die Beklagte am 8. April 2003 die Geschäftsverbindung und stellte der Klägerin die Verwertung der Sicherheiten in Aussicht.
3
Die Klägerin hat die Verpfändungserklärungen als Haustürgeschäfte widerrufen. Sie ist der Auffassung, die Beklagte habe sie über die bereits bei Unterzeichnung der Verpfändungserklärungen desolate wirtschaftliche Lage der Gesellschaft ihres Ehemannes und ihres Sohnes aufklären müssen und die mit der Verpfändung verbundenen Risiken verharmlost.
4
Das Landgericht hat der Klage auf Herausgabe der Wertpapiere stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Die Klägerin habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Herausgabe der Wertpapiere, weil sie diese wirksam zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten aus dem Darlehensvertrag vom 19. Dezember 2002 verpfändet habe. Sie könne die der Pfandrechtsbestellung zugrunde liegende Sicherungsabrede nicht gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB widerrufen. Die Bestellung eines Pfandrechts falle ebenso wie eine Bürgschaftserklärung (EuGH WM 1998, 649, 651; BGHZ 139, 21, 25 f.) nur dann in den Anwendungsbereich des Haustürwiderrufsgesetzes bzw. des § 312 BGB, wenn das Pfandrecht eine Verbindlichkeit sichere, die ein Verbraucher im Rahmen eines Haustürgeschäfts gegenüber einem Gewerbetreibenden als Gegenleistung für Waren oder Dienstleistungen eingegangen sei. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Bestellung einer Grundschuld (BGHZ 131, 1, 5) rechtfertige keine andere Beurteilung, weil sie vor der zitierten Entscheidung des EuGH ergangen sei. Zudem sei die Grundschuld anders als Bürgschaft und Pfandrecht nicht akzessorisch. Da die gesicherte Forderung der Beklagten im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit der Gesellschaft des Ehemannes und des Sohnes der Klägerin begründet worden sei, habe die Klägerin kein Widerrufsrecht.
8
Außerdem lasse sich nicht feststellen, dass die Klägerin zur Abgabe der Verpfändungserklärungen durch mündliche Verhandlungen bestimmt worden sei, und dass eine Haustürsituation und das damit verbundene Überraschungsmoment für die Abgabe der Erklärungen zumindest mitursächlich geworden seien. Die Klägerin sei schon vor dem Besuch des Mitarbeiters der Beklagten in den Geschäftsräumen ihres Ehemannes und ihres Sohnes von ihrem Ehemann damit konfrontiert worden , dass sie ihre kurz zuvor erlangten Wertpapiere voraussichtlich verpfänden müsse, um einen finanziellen Engpass des Unternehmens zu überbrücken. Hierzu sei sie ohne Einwirkung des Mitarbeiters der Beklagten bereit gewesen. Ihr sei lediglich gesagt worden, sie solle dies unterschreiben und dann wäre es gut. Ob der Mitarbeiter der Beklagten am 5. Dezember 2002 gesagt habe, die Klägerin solle sich wegen des Risikos, die Wertpapiere zu verlieren, keine Sorgen machen, könne dahinstehen. Die maßgebliche Verpfändungserklärung, aus der die Beklagte ihre Rechte herleite, habe sie erst am 23. Dezember 2002 unterschrieben. Dass die Verpfändung die Gefahr begründe, den Pfandgegenstand zu verlieren, sei der Klägerin bereits bewusst gewesen, als ihr Ehemann sie erstmals gefragt habe, ob sie den finanziellen Engpass seines Unternehmens mit ihren Wertpapieren überbrücken könne. Sie habe nicht damit rechnen können, dass die Beklagte ihr dieses Risiko abnehme.
9
Die Klägerin habe keinen Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung oder Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, der auf Rückabwicklung der Pfandrechtsbestellung gerichtet sei. Da die Klägerin von ihrem Ehemann auf die Verpfändung der Wertpapiere angesprochen worden sei, habe die Beklagte davon ausgehen dürfen, dass sie über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ihres Ehemannes und ihres Sohnes unterrichtet sei. Es könne nicht festgestellt werden , dass der Mitarbeiter der Beklagten die mit der Verpfändung der Wertpapiere verbundenen Gefahren pflicht- und wahrheitswidrig verharmlost habe.

II.


10
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht Stand.
11
1. Allerdings ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin könne die Herausgabe der Wertpapiere nicht gemäß § 346 Abs. 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen, im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht kein Widerrufsrecht gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB zu.
12
a) Dies kann aber, anders als das Berufungsgericht meint, nicht damit begründet werden, dass das von der Klägerin bestellte Pfandrecht einen gewerblichen Kredit sichert. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 26. September 1995 - XI ZR 199/94 (BGHZ 131, 1, 4) entschieden, dass eine Sicherungsabrede, die auf die Bestellung einer Grundschuld gerichtet ist, auch dann in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 HWiG, der Vorgängerregelung des § 312 BGB n.F., fällt, wenn die Grundschuld einen gewerblichen Kredit sichert. Dasselbe muss für die Bestellung eines Pfandrechts und anderer akzessorischer Sicherungsrechte gelten. Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat zwar im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 17. März 1998 (WM 1998, 649 ff.) entschieden, dass ein Bürgschaftsvertrag, der zur Absicherung eines gewerblichen Kredits geschlossen wird, kein Geschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG sei (BGHZ 139, 21, 24 ff.). Diese Auffassung, die in der Literatur ganz überwiegend auf zum Teil massive Kritik gestoßen ist (MünchKomm/Ulmer, BGB 4. Aufl. § 312 Rdn. 22; Ann, in: Bamberger/Roth, BGB § 312 Rdn. 8; Palandt/Grüneberg, BGB 65. Aufl. § 312 Rdn. 8; AllstadtSchmitz , in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB BankR IV Rdn. 522; Knops, in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch für deutsches und internationales Bankrecht § 20 Rdn. 64; Auer ZBB 1999, 161, 168; Canaris AcP 200 (2000), 273, 353 f.; Drexl JZ 1998, 1046, 1055 f.; Horn ZIP 2001, 93, 94; Kulke JR 1999, 485, 491 f.; Lorenz NJW 1998, 2937, 2939; Medicus JuS 1999, 833, 836 f.; Pfeiffer ZIP 1998, 1129, 1137; Reinicke/Tiedtke ZIP 1998, 893, 894 f.; Riehm JuS 2000, 138, 143; Tiedtke NJW 2001, 1015, 1027; Treber WM 1998, 1908, 1918 f.; a.A.: Vowinckel DB 2002, 1362, 1364), teilt der nunmehr für das Bürgschaftsrecht zuständige, erkennende Senat nicht.

13
§ 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB dient dem Schutz des Verbrauchers vor der Gefahr, bei der Anbahnung eines Vertrages in einer ungewöhnlichen räumlichen Situation überrumpelt und zu einem unüberlegten Geschäftsabschluss veranlasst zu werden (Senat, Urteil vom 27. Januar 2004 - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 623; Palandt/Grüneberg, BGB 65. Aufl. § 312 Rdn. 3). Diese Gefahr droht einem Bürgen immer, wenn er sich selbst in einer so genannten Haustürsituation befindet. Sie besteht unabhängig davon, ob die Hauptschuld ein Verbraucherdarlehen oder ein gewerblicher Kredit ist und ob der Hauptschuldner ebenfalls durch eine Haustürsituation zum Vertragsschluss bestimmt worden ist (Reinicke/Tiedtke DB 1998, 2001, 2003; Drexl JZ 1998, 1046, 1056). Die Akzessorietät der Bürgschaft rechtfertigt keine andere Beurteilung. Sie eröffnet dem Bürgen zwar die Möglichkeit, sich analog § 770 BGB auf ein etwaiges Widerrufsrecht des Hauptschuldners zu berufen (MünchKomm/ Habersack, BGB 4. Aufl. § 770 Rdn. 6; Riehm, JuS 2000, 138, 143), macht aber die Begründung eines eigenen Widerrufsrechts des Bürgen nicht von der Verbrauchereigenschaft des Hauptschuldners oder einer auf diesen bezogenen Haustürsituation abhängig (Allstadt-Schmitz, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB BankR IV Rdn. 522; Auer ZBB 1999, 161, 168; Reinicke/Tiedtke ZIP 1998, 893, 894; Mayen, in: Festschrift für Schimansky S. 415, 423). Der Bürgschaftsvertrag begründet ein eigenes Schuldverhältnis (Kulke JR 1999, 485, 492) und unter den Voraussetzungen des § 312 BGB ein eigenes Widerrufsrecht des Bürgen.
14
Dass ein Bürgschaftsvertrag, der eine im Rahmen der Erwerbstätigkeit des Hauptschuldners begründete Verbindlichkeit sichert, nach Ansicht des EuGH (WM 1998, 649, 651) nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 577/85/EWG des Rates vom 20. Dezember 1995 betr. den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (ABl. Nr. L 372/31) fällt, obwohl deren Wortlaut dafür nichts hergibt und der vom EuGH angeführte akzessorische Charakter der Bürgschaft und der Zweck des verbürgten Kredits für den von der Haustürgeschäfterichtlinie bezweckten Schutz der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers in einer Haustürsituation bedeutungslos sind (Canaris AcP 200 (2000), 273, 353; Drexl JZ 1998, 1046, 1055; Reinicke /Tiedtke ZIP 1998, 893, 895; Lorenz NJW 1998, 2937, 2938 f.; Treber WM 1998, 1908, 1915; Mayen, in: Festschrift für Schimansky S. 415, 423 f.), ändert nichts. Nach Art. 8 dieser Richtlinie können die Mitgliedstaaten günstigere Verbraucherschutzbestimmungen erlassen oder beibehalten. Davon ist hier unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des Haustürwiderrufsgesetzes (vgl. Reinicke/Tiedtke DB 1998, 2001, 2002) sowie zur Vermeidung unerträglicher Wertungswidersprüche auszugehen. Der Bürge, der in einer Haustürsituation einen gewerblichen Zwecken dienenden Kredit verbürgt, darf nicht schlechter stehen als derjenige, der in einer solchen Situation den Kreditvertrag als Mithaftender unterzeichnet.
15
b) Hingegen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei nicht durch mündliche Verhandlungen in einer Haustürsituation zur Verpfändung der Wertpapiere am 23. Dezember 2002 bestimmt worden, im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Die Klägerin befand sich, als sie mit dem Vertreter der Beklagten sprach und die Verpfändungserklärungen unterschrieb , weder an ihrem Arbeitsplatz noch im Bereich einer Privatwohnung im Sinne des § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB, sondern in den Geschäftsräumen des Unternehmens ihres Ehemannes und ihres Sohnes.

16
Die Klägerin war in diesem Unternehmen nicht beschäftigt und hatte dort keinen Arbeitsplatz.
17
Die Geschäftsräume gehören auch nicht zum Bereich der Privatwohnung der Klägerin und ihres Ehemannes. Der Bereich einer Privatwohnung umfasst den gesamten räumlichen Wohnbereich, der dem Verbraucher oder anderen zum dauernden Aufenthalt dient (Erman/ I. Saenger, BGB 11. Aufl. § 312 Rdn. 41). Er erstreckt sich auch auf Hausflur, Garten (BT-Drucks. 10/2876 S. 11) und andere zugehörige Anlagen wie Garagen und private Parkplätze, da hier die private Sphäre dominiert. Entscheidend ist, dass der Verbraucher an diesen Orten auf ein werbemäßiges Ansprechen nicht eingestellt ist und sich in seiner Entschließungsfreiheit typischerweise eingeengt fühlt (MünchKomm/ Ulmer, BGB 4. Aufl. § 312 Rdn. 36), weil er sich dem von anderer Seite initiierten Gespräch nicht ohne weiteres durch Weggehen entziehen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 131, 385, 390 f.).
18
Nach diesen Grundsätzen gehören die Geschäftsräume des Unternehmens des Ehemannes und des Sohnes der Klägerin nicht zum Bereich der Privatwohnung der Klägerin und ihres Ehemannes. Das zum Teil vermietete Wohn- und Geschäftshaus, in dem sich die Geschäftsräume befinden, liegt zwar in unmittelbarer Nähe des Wohnhauses und hat mit diesem ein gemeinsames Tor zur Straße. Die Geschäftsräume gehören aber nicht zum Wohnbereich und sind nicht zum dauernden Aufenthalt bestimmt. In ihnen dominiert nicht die private, sondern die geschäftliche Sphäre. Die Klägerin hätte sich jederzeit aus freiem Ent- schluss dem Gespräch mit dem Angestellten der Beklagten und dessen Einwirkung durch die Rückkehr in ihr Wohnhaus entziehen können.
19
Entgegen der Auffassung der Revision findet § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB auch nicht gemäß § 312f Satz 2 BGB Anwendung. § 312 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ist nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachvortrag der Klägerin, ihr Ehemann habe sie auf Veranlassung des Angestellten der Beklagten ohne Angabe eines Grundes aus dem Wohnhaus in die Geschäftsräume herüber gerufen, nicht durch anderweitige Gestaltungen umgangen worden. Die für einen Vertragsschluss im Bereich einer Privatwohnung typische situative Überrumpelung lag bei Abgabe der Verpfändungserklärung am 23. Dezember 2002 nicht vor, weil für die Klägerin aufgrund der Bitte ihres Ehemannes, in die Geschäftsräume zu kommen, vorhersehbar war, dass geschäftliche Angelegenheiten und Vermögensdispositionen erörtert werden sollten. Die Klägerin war von ihrem Ehemann bereits zuvor wegen der Pfandrechtsbestellung für einen gewerblichen Kredit angesprochen worden und hatte am 5. Dezember 2002 schon einmal, von ihrem Ehemann herbeigerufen, in den Geschäftsräumen eine Verpfändungserklärung unterzeichnet.
20
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen auf Rückgängigmachung der Pfandrechtsbestellung gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 249 Abs. 1 BGB verneint hat.
21
Kreditinstitut Ein ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Dritten, der eine Sicherheit zugunsten eines Schuldners des Kreditinsti- tuts bestellt, über die damit verbundenen Risiken aufzuklären (BGHZ 125, 206, 218; BGH, Urteil vom 17. März 1994 - IX ZR 174/93, WM 1994, 1064, 1066 f.; Ganter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 90 Rdn. 184; Joswig, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr, Rdn. 14.63). Pflichtwidrig handelt ein Kreditinstitut aber dann, wenn es durch sein Verhalten erkennbar einen Irrtum des Sicherungsgebers über das Risiko hervorruft oder dieses Risiko bewusst verharmlost (Senat, Urteil vom 9. Oktober 1990 - XI ZR 200/89, WM 1990, 1956; BGH, Urteil vom 24. Februar 1994 - IX ZR 227/93, WM 1994, 680, 684).
22
Ein solches Verhalten hat die Klägerin entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts in den Tatsacheninstanzen vorgetragen und unter Beweis gestellt. Sie hat behauptet, sie habe vor Unterzeichnung der Verpfändungserklärungen gesagt, sie habe ihre Brille vergessen und könne die Erklärung nicht lesen. Außerdem habe sie gefragt, ob es denn richtig sei, wenn sie das jetzt unterschreibe. Das Wertpapierdepot dürfe auf keinen Fall verloren gehen. Darauf habe der Angestellte der Beklagten erwidert, sie solle sich keinerlei Sorgen machen. Die Verpfändung sei notwendig, weil das Unternehmen neuen Kredit brauche. Ferner sei ihr gesagt worden, sie solle dies unterschreiben und dann wäre es gut. Diese im Revisionsverfahren zugunsten der Klägerin zu unterstellenden Äußerungen beinhalten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Verharmlosung des Risikos, die für die Pfandrechtsbestellung ursächlich geworden sein und deshalb einen auf deren Rückabwicklung gerichteten Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 249 Abs. 1 BGB begründen kann. Ein solcher Anspruch bestünde unabhängig von einem Anfechtungsrecht gemäß § 123 Abs. 1 BGB und bliebe vom Ablauf der Anfechtungsfrist gemäß § 124 Abs. 1 BGB unberührt (BGH, Urteil vom 18. September 2001 - X ZR 107/00, NJW-RR 2002, 308, 309 f., m.w.Nachw.).

III.


23
DasBerufungsurteilwa r daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Nobbe Joeres Mayen Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Cottbus, Entscheidung vom 27.05.2004 - 6 O 332/03 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 25.05.2005 - 3 U 130/04 -

(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet.

(1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, und sie zu keinem anderen Zweck verarbeitet.

(2) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 auf folgende Verträge anzuwenden:

1.
notariell beurkundete Verträge
a)
über Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden,
b)
die keine Verträge über Finanzdienstleistungen sind; für Verträge, für die das Gesetz die notarielle Beurkundung des Vertrags oder einer Vertragserklärung nicht vorschreibt, gilt dies nur, wenn der Notar darüber belehrt, dass die Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 und das Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 entfallen,
2.
Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken,
3.
Verbraucherbauverträge nach § 650i Absatz 1,
4.
(weggefallen)
5.
(weggefallen)
6.
Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b,
7.
Behandlungsverträge nach § 630a,
8.
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden,
9.
Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,
10.
Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
11.
Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung,
12.
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und
13.
Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.

(3) Auf Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege, sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur folgende anzuwenden:

1.
die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge nach den §§ 312b und 312c,
2.
§ 312a Absatz 1 über die Pflicht zur Offenlegung bei Telefonanrufen,
3.
§ 312a Absatz 3 über die Wirksamkeit der Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung gerichtet ist,
4.
§ 312a Absatz 4 über die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Zahlungsmitteln,
5.
§ 312a Absatz 6,
6.
§ 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und
7.
§ 312g über das Widerrufsrecht.

(4) Auf Verträge über die Vermietung von Wohnraum sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur die in Absatz 3 Nummer 1 bis 7 genannten Bestimmungen anzuwenden. Die in Absatz 3 Nummer 1, 6 und 7 genannten Bestimmungen sind jedoch nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.

(5) Bei Vertragsverhältnissen über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung (Finanzdienstleistungen), die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge gleicher Art umfassen, sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur auf die erste Vereinbarung anzuwenden. § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 ist daneben auf jeden Vorgang anzuwenden. Wenn die in Satz 1 genannten Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinanderfolgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3.

(6) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist auf Verträge über Versicherungen sowie auf Verträge über deren Vermittlung nur § 312a Absatz 3, 4 und 6 anzuwenden.

(7) Auf Pauschalreiseverträge nach den §§ 651a und 651c sind von den Vorschriften dieses Untertitels nur § 312a Absatz 3 bis 6, die §§ 312i, 312j Absatz 2 bis 5 und § 312m anzuwenden; diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Reisende kein Verbraucher ist. Ist der Reisende ein Verbraucher, ist auf Pauschalreiseverträge nach § 651a, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, auch § 312g Absatz 1 anzuwenden, es sei denn, die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, sind auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden.

(8) Auf Verträge über die Beförderung von Personen ist von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur § 312a Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden.

(1) Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher alsbald auf Papier zur Verfügung zu stellen

1.
eine Abschrift eines Vertragsdokuments, das von den Vertragsschließenden so unterzeichnet wurde, dass ihre Identität erkennbar ist, oder
2.
eine Bestätigung des Vertrags, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist.
Wenn der Verbraucher zustimmt, kann für die Abschrift oder die Bestätigung des Vertrags auch ein anderer dauerhafter Datenträger verwendet werden. Die Bestätigung nach Satz 1 muss die in Artikel 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Angaben nur enthalten, wenn der Unternehmer dem Verbraucher diese Informationen nicht bereits vor Vertragsschluss in Erfüllung seiner Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt hat.

(2) Bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher eine Bestätigung des Vertrags, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware oder bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Die Bestätigung nach Satz 1 muss die in Artikel 246a des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Angaben enthalten, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor Vertragsschluss in Erfüllung seiner Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt.

(3) Bei Verträgen über digitale Inhalte (§ 327 Absatz 2 Satz 1), die nicht auf einem körperlichen Datenträger bereitgestellt werden, ist auf der Abschrift oder in der Bestätigung des Vertrags nach den Absätzen 1 und 2 gegebenenfalls auch festzuhalten, dass der Verbraucher vor Ausführung des Vertrags

1.
ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und
2.
seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.

(4) Diese Vorschrift ist nicht anwendbar auf Verträge über Finanzdienstleistungen.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.

(2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 107/00 Verkündet am:
18. September 2001
Wermes
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. September 2001 durch die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Dr. Melullis, Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 19. März 1998 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien befassen sich u.a. mit der Planung und Verlegung von Rohrleitungen. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Werklohn für geleistete Arbeiten.
Die Beklagte wurde von der L. AG mit der Planung und Herstellung von Rohrleitungen für eine Müllverbrennungsanlage betraut. Für die Ausfüh-
rung der geplanten Arbeiten zog sie die Klägerin als Subunternehmerin heran. Entsprechend den getroffenen Vereinbarungen verlangte die Klägerin während der Ausführung der Arbeiten in Abhängigkeit von deren Fortschritt von der Beklagten Abschlagszahlungen, die diese zunächst erbrachte. Nachdem zwischen den Parteien Streit über die Berechtigung der Forderungen der Klägerin entstanden war, beglich die Beklagte deren Forderungen zunächst unter Vorbehalt und stellte schließlich ihre Zahlungen ein.
Im Verlauf einer u.a. mit Blick auf diese Zahlungseinstellungen geführten Besprechung der Parteien vom 7. Juli 1993 kamen diese überein, daß die Beklagte der Klägerin zum Ausgleich sämtlicher Forderungen aus dem Auftrag einen Restbetrag von 125.000 hfl zahlen sollte. Mit dieser Zahlung sollten alle Leistungen der Klägerin sowie etwaige Gegenforderungen der Beklagten vollen Umfangs abgegolten werden. Unberührt bleiben sollten demgegenüber mögliche Gewährleistungsansprüche der Beklagten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Vereinbarung wird auf die bei der Akte befindliche Ablichtung Bezug genommen.
Aufgrund der getroffenen Vereinbarung übergab die Beklagte der Klägerin am gleichen Tage einen Scheck über die Summe von 125.000 hfl, den sie zwei Tage später, am 9. Juli 1993, wieder sperren ließ. Am 7. März 1994 hat sie die Vereinbarung mit der Klägerin wegen arglistiger Täuschung mit der Begründung angefochten, es habe sich herausgestellt, daß die Klägerin, die massiv auf den Abschluß der Vereinbarung gedrängt habe, erhebliche Leistungen doppelt in Rechnung gestellt habe. Auf eine Drohung der Klägerin ist diese Anfechtungserklärung nicht gestützt worden.
Die Klägerin hat daraufhin die vorliegende Klage erhoben, mit der sie den Betrag aus der Absprache vom 7. Juli 1993 nebst Zinsen geltend macht. In diesem Verfahren hat sich die Beklagte auûer mit dem Hinweis auf die erfolgte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung auch damit verteidigt, sie sei durch massive Drohungen gegen ihren Geschäftsführer und dessen Familie zum Abschluû des Vertrages gezwungen worden, und hat auch deshalb die Anfechtung des Vergleiches erklärt. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäû verurteilt. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer Revision verfolgt sie ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.
Im Verlauf des Revisionsverfahrens ist über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Nachdem der Insolvenzverwalter zum Ausdruck gebracht hatte, er werde das Verfahren von sich aus nicht aufnehmen , hat die Klägerin erklärt, sie wolle mit ihrer Forderung nicht an diesem Verfahren teilnehmen, und ihrerseits den Rechtsstreit aufgegriffen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Im vorliegenden Rechtsstreit ist im Revisionsverfahren zu entscheiden, nachdem die Klägerin erklärt hat, mit ihrem Anspruch nicht am Insolvenzverfahren teilnehmen zu wollen, der Insolvenzverwalter eine Aufnahme des Verfah-
rens abgelehnt und die Klägerin dieses daraufhin erneut aufgegriffen hat (BGHZ 72, 234 f.).
I. Das Berufungsgericht geht zunächst davon aus, daû die Vereinbarung vom 7. Juli 1993 als solche eine geeignete Grundlage für das Zahlungsbegehren der Klägerin darstellt. Rechtlich hat es die Absprache als Vergleich im Sinne des § 779 BGB bewertet, wobei es von der Anwendbarkeit deutschen Rechtes ausgegangen ist. Beide Ansätze werden von der Revision nicht angegriffen. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
II. 1. Das Berufungsgericht meint weiter, diese Vereinbarung sei wirksam und die Beklagte demgemäû weiterhin uneingeschränkt zur Zahlung des vereinbarten Betrages verpflichtet. Die von der Beklagten erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung greife nicht durch, weil es an einer Täuschung über Tatsachen fehle, wie sie von § 123 BGB vorausgesetzt werde. Auch nach dem Vorbringen der Beklagten habe die Klägerin - wenn überhaupt - allein fehlerhafte und unrichtige Schlüsse gezogen und deren Ergebnis und damit die Wertung mitgeteilt, aufgrund der vorliegenden Unterlagen, wie der erteilten Rechnungen und der Rapportzettel, habe sie noch eine Forderung gegen die Beklagte, die den Betrag von 125.000 hfl deutlich übersteige. Eine Anfechtung wegen der von der Beklagten behaupteten Drohungen für Leib und Leben ihres Geschäftsführers und seiner Familie sowie der Einstellungen der Arbeiten auf der Baustelle scheide aus, weil diese Drohungen, auch wenn sie vorgelegen haben sollten, zum einen nicht für den Abschluû des Vergleiches kausal geworden seien, wie sich schon daraus ergebe, daû die Beklagte kurz nach dessen Abschluû den Scheck habe sperren lassen. Zum anderen sei diese Anfechtung erst nach Klageerhebung und damit mehr als ein Jahr nach dem Zeit-
punkt ausgesprochen worden, zu dem die Drohung der Beklagten geendet habe. Insoweit ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daû jedenfalls mit dem Zeitpunkt der Sperrung des Schecks jede von einer Drohung ausgehende Wirkung geendet habe.
2. Diese Würdigung greift die Revision im Ergebnis zu Recht an. Die tatrichterlichen Feststellungen tragen zunächst die Annahme des Berufungsgerichts nicht, der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich sei trotz der Anfechtungserklärungen und des Aufhebungsverlangens der Beklagten weiterhin wirksam. Insoweit bedarf es weiterer Aufklärung, zu der der Rechtsstreit nach Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist. Von Rechtsfehlern beeinfluût ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts , die von der Beklagten behauptete Bedrohung ihres Geschäftsführers sei aus Rechtsgründen unerheblich.

a) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung scheide im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil es an einer zur Täuschung geeigneten Tatsachenbehauptung der Klägerin fehle.
aa) Nach ihrem Vorbringen, zu dem das Berufungsgericht nähere Feststellungen nicht getroffen hat und das daher insoweit zugunsten der Beklagten zugrunde zu legen ist, hat die Klägerin ihr gegenüber die Behauptung aufgestellt , die in den vorgelegten Rechnungen bezeichneten Arbeiten erbracht und für sie bisher eine Zahlung nicht erhalten zu haben. Zur Begründung und Erläuterung dieser Darstellung hat sie sich danach auf die Rechnungen und Rapportzettel bezogen, die sie teilweise bei der Besprechung vorgelegt und
von denen sie im übrigen behauptet hatte, sie der Beklagten anderweitig zugeleitet zu haben.
Diese Darstellung enthält aus der insoweit maûgeblichen Sicht der Beklagten nicht lediglich einem Werturteil vergleichbare Schluûfolgerungen. In ihnen ist unmittelbar die - einem Beweis zugängliche - Tatsachenbehauptung enthalten, daû die geltend gemachten Arbeiten erbracht und die dafür entstandene Werklohnforderung nicht beglichen sei.
bb) Zugleich sind diese Angaben nach der Behauptung der Beklagten, auf die das Berufungsgericht ebenfalls nicht eingegangen ist und die daher ebenfalls im Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist, inhaltlich unrichtig und damit falsch. Die Beklagte hat insbesondere geltend gemacht, daû eine von ihr bezeichnete Rechnung um ca. 40.000 hfl übersetzt, für Nachbesserungsarbeiten Werklohn verlangt und Rohrleitungen in gröûerer Länge als geliefert abgerechnet worden seien, wobei sie die überschieûende Rohrlänge im einzelnen angegeben hat. Bei dieser Sachlage kann nach dem bisherigen Sach- und Streitstand das Vorliegen einer arglistigen Täuschung nicht ausgeschlossen werden. Für das Vorliegen der erforderlichen Arglist spricht, daû die Behauptung eines Bestands der von der Beklagten bezeichneten Forderungen mangels einer festgestellten vernünftigen gegenteiligen Erklärung nur vorsätzlich zu Unrecht aufgestellt sein kann. Das gilt um so mehr, als die Beklagte zum Zeitpunkt der Geltendmachung dieser Forderungen und des von ihr behaupteten massiven Drängens der Klägerin auf Abschluû des Vergleiches nach ihren bislang nicht widerlegten Angaben über eine prüffähige Rechnung für die gesamten Leistungen der Klägerin nicht verfügte.
cc) Daû Angaben zu der Person, die durch das Verhalten der Klägerin getäuscht sein soll, fehlen, schlieût das Anfechtungsrecht im vorliegenden Fall nicht aus. Aus dem Zusammenhang des Vorbringens der Beklagten ergibt sich, daû sich diese Täuschung gegen die Personen gerichtet hat, die auf seiten der Beklagten an den Verhandlungen vor Abschluû des Vergleiches teilgenommen und diesen dann abgeschlossen haben.
dd) Die Regelung des § 779 BGB steht der Ausübung des Anfechtungsrechtes ebenfalls nicht entgegen. Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist ausgeschlossen grundsätzlich nur die allgemeine Irrtumsanfechtung nach den §§ 119 f. BGB; wie auch die Revisionserwiderung nicht verkennt, bleibt demgegenüber die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und Drohung möglich. Einer der Sonderfälle, in denen sich der Vergleich gerade auch auf die Erledigung eines solchen Anfechtungsrechtes beziehen soll, ist nicht geltend gemacht. Für sein Vorliegen sind auch sonst Anhaltspunkte nicht zu erkennen.
ee) Die Anfechtung ist schlieûlich auch innerhalb der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB erklärt worden. Der Vergleich datiert vom 9. Juli 1993, die Anfechtungserklärung stammt vom 7. März 1994.

b) Im Ergebnis unbegründet sind demgegenüber die Angriffe der Revision gegen die Verneinung eines Anfechtungsrechtes auch wegen widerrechtlicher Drohung. Insoweit wird von den tatrichterlichen Feststellungen die Annahme des Berufungsgerichtes getragen, daû jedenfalls die Anfechtungsfrist des § 124 BGB versäumt sei. Nach seinen Feststellungen, denen gegenüber die Revision zulässige Rügen nicht erhebt, hat die Beklagte den im Zusammenhang mit den Vergleichsgesprächen überreichten Scheck zwei Tage nach
Vergleichsschluû sperren lassen. Hieraus hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung rechtsfehlerfrei ableiten können, daû die behauptete Drohung über diesen Zeitpunkt hinaus den Willen der Beklagten nicht mehr hat maûgeblich beeinflussen können. Bei ihrer gegenteiligen Würdigung übersieht die Revision, daû allein die Sperrung des Schecks aus der Sicht der Beklagten eine Maûnahme war, die die Klägerin zur Ausführung des angedrohten Verhaltens veranlassen muûte. Ziel dieser Drohung war es nach der Behauptung der Beklagten, diese zur Zahlung des von der Klägerin als offen bezeichneten Betrages zu veranlassen. Wenn sie in dieser Situation den Scheck, der dieses Interesse der Klägerin befriedigen sollte, sperren lieû, trat damit die Lage ein, die nach ihren Angaben Grund für die Drohung durch die Klägerin gewesen war. Nahm sie diese Drohung ursprünglich ernst, muûte sie nach der Sperrung des Schecks davon ausgehen, daû der Klägerin, der mit dieser Maûnahme die angestrebte Möglichkeit zur Realisierung dieser Ansprüche wieder entzogen wurde, zu den angedrohten Maûnahmen greifen würde. Vor diesem Hintergrund war die Sperrung des Schecks nur zu erklären, wenn die Beklagte mit diesen Konsequenzen nicht mehr ernsthaft rechnete, also entweder die Drohung nicht mehr ernst nahm oder diese sonst keine Wirkungen auf ihr Verhalten auslösen konnte. Vor diesem Hintergrund liegt die Bewertung nahe, erscheint aber jedenfalls vertretbar, daû von einer Fortwirkung der Drohung über die Erklärung der Sperrung des Schecks hinaus daher nicht ausgegangen werden kann. Auf dieser Grundlage war sie mithin mit dieser Maûnahme beendet, so daû die Frist des § 124 Abs. 1 BGB mit diesem Zeitpunkt zu laufen begann. Damit war diese Anfechtung bei ihrer Erklärung, die erst im Verlauf des durch die Klage vom 30. Mai 1996 eingeleiteten Verfahrens abgegeben wurde, verfristet.

c) Wie die Revision mit Recht geltend macht, hat das Berufungsgericht jedoch übersehen, daû die von der Beklagten behauptete Drohung zu einer Haftung der Klägerin aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo führen und eine auf dieser Grundlage ausgelöste Schadensersatzpflicht der Klägerin zu einem Anspruch der Beklagten auf Aufhebung des Vergleiches vom 7. Juli 1993 führen kann.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes begründet die Aufnahme von Vertragsverhandlungen ein gesetzliches Schuldverhältnis der Parteien, aus dem sich nicht nur vorvertragliche Aufklärungspflichten, Offenbarungspflichten oder Hinweispflichten, sondern auch sonstige Verhaltenspflichten ergeben. Dazu gehören insbesondere allgemeine Schutzpflichten der Vertragspartner , sich so zu verhalten, daû Person, Eigentum und sonstige Rechtsgüter der jeweils anderen Seite nicht verletzt werden. Mit einer vorsätzlichen rechtswidrigen Drohung, die eine der Vertragsparteien zum Abschluû eines Vertrages zwingt, wird ihr - auch durch § 123 Abs. 1 BGB geschütztes - Recht der freien Willensbestimmung verletzt. Im Bereich der Arglistanfechtung entspricht es daher gefestigter Rechtsprechung, daû eine arglistige Täuschung in der Regel zugleich eine Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluû begründet mit der Folge, daû Rechte aus dem mit der Täuschung herbeigeführten Vertrag nicht geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1979 - V ZR 75/78, NJW 1979, 1863, 1864 m.w.N.). Für die Veranlassung zum Vertragsschluû durch widerrechtliche Drohung kann insoweit nichts anderes gelten. Die Vorschriften des Anfechtungsrechtes stellen keine Spezialregelung im Verhältnis zum Schadensersatzanspruch auf Schuldbefreiung dar, sondern schützen die freie Selbstbestimmung auf rechtsgeschäftlichem Gebiet gegen unerlaubte Mittel der Willensbeeinflussung, und zwar unabhängig vom Eintritt
eines Schadens. Arglistige Täuschung und Drohung werden dabei gleich behandelt. Erfüllen diese Handlungen einen zum Schadensersatz verpflichtenden Tatbestand wie das Verschulden bei der Vertragsanbahnung, kann daraus ein Schadensersatzanspruch auf Schuldbefreiung erwachsen. Diese auf Täuschung oder Drohung beruhenden Schadensersatzansprüche sind eigenständig. Für sie gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht, auch nicht analog, die Jahresfrist des § 124 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 11.5.1979, aaO, s. a. BGH, Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, MDR 1998, 25 = NJW 1998, 302).
bb) Nach diesen Maûstäben haftet die Klägerin auf der Grundlage der im Revisionsverfahrens mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegenden Darstellung der Beklagten dieser gegenüber aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo schon wegen der gegenüber der Beklagten vorgenommenen Täuschungshandlungen, aber auch wegen der Bedrohung des Geschäftsführers der Beklagten auf Schadensersatz.
Nach den durch den Tatrichter getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, daû die Beklagte durch die von ihr behauptete Drohung zum Abschluû des Vergleiches veranlaût worden und diese damit für den Vertragsschluû kausal geworden ist. Die Beklagte hat in sich folgerichtig und schlüssig behauptet, ein Grund für den Vergleichsschluû seien die von der Klägerin bzw. ihrem Vertreter gegen den Geschäftsführer der Beklagten und dessen Familie ausgesprochenen massiven Drohungen für Leib und Leben gewesen. Das Berufungsgericht ist weder diesen, durch Anlagen belegten Drohungen noch den von diesen ausgehenden Wirkungen nachgegangen, so daû diese Darstellung in der Revisionsinstanz zugunsten der Beklagten zugrunde zu legen ist. Der daraus folgenden Kausalität der Drohung für den anschlieûenden Vertrags-
schluû kann nicht - wie das Berufungsgericht zu meinen scheint - mit Erfolg entgegengehalten werden, daû die Beklagte wenige Tage nach der behaupteten Drohung den zur Erfüllung des Vertrags begebenen Scheck hat sperren lassen. Dem kann zwar - wie bereits oben angesprochen worden ist - entnommen werden, daû zum Zeitpunkt der Sperrung des Schecks die Wirkungen der Drohung nicht mehr andauerten; sichere Schlüsse auf die Lage bei Abschluû des Vergleiches lassen sich daraus indessen schon nach dem Zeitablauf nicht ziehen. Daû die Beklagte bei der Sperrung des Schecks nicht mehr unter dem Eindruck der Drohung stand, besagt nicht zwingend, daû dies auch Tage zuvor der Fall gewesen ist.
Unerheblich ist, daû diese Bedrohung gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten ausgesprochen sein soll, von dem nicht geltend gemacht worden ist, daû er an den Verhandlungen über den Vergleichsschluû teilgenommen hat. Insoweit genügt, daû einem Organ der Beklagten ein wesentlicher Nachteil angedroht worden ist; bereits aus dieser Drohung ergab sich die Gefahr, daû sich die für die Beklagte handelnden Beteiligten einem sachlich nicht berechtigten Verlangen der Klägerin beugen würden. Das ist nach dem im Revisionsverfahren zugrundezulegenden Vorbringen der Beklagten schlieûlich auch geschehen.
Dem von der Beklagten geltend gemachten Anspruch kann die Klägerin ferner nicht mit Erfolg entgegenhalten, daû es an einer Widerrechtlichkeit der Drohung fehle. Die Bedrohung des Geschäftsführers der Beklagten bzw. seiner Familie mit dem Ziel, in Wahrheit nicht bestehende Zahlungsansprüche durchzusetzen , stellt auch unter Berücksichtigung der gebotenen Bewertung nach
der Mittel-/Zweckrelation einen nach der Rechtsordnung nicht hinzunehmenden Eingriff dar und erweist sich daher insoweit als widerrechtlich.
cc) Auch die weiteren Voraussetzungen des Ersatzanspruches aus culpa in contrahendo sind nach dem Vorbringen der Beklagten gegeben. Allerdings setzt ein auf dieses Institut zu stützender Anspruch auf Aufhebung des Vertrages einen Vermögensschaden voraus, der in dem Abschluû eines Vertrages nicht ohne weiteres, sondern erst dann gesehen werden kann, wenn es sich um ein insgesamt nachteiliges Geschäft handelt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 29/96, MDR 1998, 25 = NJW 1998, 302). Von dem Vorliegen eines solchen Nachteils ist hier nach dem zugrundezulegenden Vorbringen der Beklagten schon deshalb auszugehen, weil der von ihr geschlossene Vergleich für sie mit Blick darauf, daû sie mit der Vergleichssumme auch tatsächlich nicht bestehende Forderungen der Klägerin begleichen sollte, nachteilig ist.
3. Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und der Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die von der Revision aufgeworfenen Probleme im Zusammenhang mit der von der Beklagten erklärten Aufrechnung stellen sich in diesem Zusammenhang nicht. Insoweit weist der Senat nur vorsorglich für den Fall, daû das Berufungsgericht bei der erneuten Befassung mit der Sache erneut von einer Wirksamkeit des geschlossenen Vergleichs ausgehen sollte, auf das folgende hin:
Eine Aufrechnung hat das Berufungsgericht im Ergebnis allein deswegen nicht durchgreifen lassen, weil die Parteien ein Aufrechnungsverbot vereinbart hätten, das es im Wege der Auslegung in tatrichterlicher Würdigung
der Begebung des Schecks entnommen hat. Diese Würdigung erscheint vertretbar und läût einen Rechtsfehler nicht erkennen. Damit hält sie zugleich den Angriffen der Revision stand. Als dem Tatrichter vorbehaltene Würdigung ist diese Auslegung in der Revisionsinstanz nur auf Rechtsfehler zu überprüfen. Solche Fehler hat die Revision nicht aufgezeigt. Der von ihr in erster Linie als verletzt betrachtete Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung wird durch das Verständnis des Berufungsgerichts von dem mit der Begebung des Schecks verfolgten Willen der Parteien nicht tangiert. Daû die Beklagte trotz der ernsthaften Möglichkeit des Bestehens von Gewährleistungsansprüchen zunächst per Scheck die vereinbarte Summe bezahlt hat, kann nach Lage der Dinge bedeuten, daû die Klägerin wegen ihrer Forderung zunächst befriedigt und die Klärung der Gewährleistungsansprüche einem späteren Zeitpunkt vorbehalten bleiben sollte. Ein derartiges Vorgehen widerspricht nicht per se den Interessen der Beteiligten. Umstände, die zu einer anderen Beurteilung hätten führen können, werden von der Revision nicht aufgezeigt.
Jestaedt Melullis Scharen
Mühlens Meier-Beck