Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2016 - 10 C 15.1347

bei uns veröffentlicht am06.06.2016

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen seine Ausweisung weiter.

Der 1981 in Deutschland geborene Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, wurde vom Beklagten mit Bescheid vom 31. Juli 2014 ausgewiesen, nachdem ein erster Ausweisungsbescheid vom 5. März 2009 in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 10. Februar 2010 aufgehoben worden war. Anlass für die Ausweisung war seine Verurteilung durch das Landgericht Landshut vom 7. Februar 2006 wegen Totschlags und mehrerer Fälle des Handeltreibens mit und der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren und 9 Monaten. Der Kläger erhob am 27. August 2014 Anfechtungsklage.

Mit Beschluss vom 2. Juni 2015 lehnte das Verwaltungsgericht den gleichzeitig mit der Klageerhebung gestellten Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Bevollmächtigten ab, da keine hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage gegeben seien. Da der Kläger ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erworben habe, dürfe er nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung nach § 55 Abs. 1, § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG und Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 ausgewiesen werden. Es handle sich nicht um eine Rücknahme der Aufhebungsverfügung vom 10. Februar 2010, so dass der ursprüngliche Bescheid vom 5. März 2009 wieder aufleben würde. Der Beklagte habe vielmehr auf der Grundlage früher nicht vorhandener Unterlagen einen neuen Bescheid unter erneuter Beurteilung der Wiederholungsgefahr, erneuter Ermessensausübung und erneuter Prüfung der Verhältnismäßigkeit erlassen, so dass Art. 48 f. BayVwVfG nicht als Grundlage zur Überprüfung des angegriffenen Bescheids heranzuziehen seien.

Vom Kläger gehe eine hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft aus, die auf seinem persönlichen Verhalten beruhe. Er habe seine Ehefrau unter dem Einfluss einer drogenbedingten Enthemmung getötet. Von ihm gehe eine erhebliche Wiederholungsgefahr in Bezug auf Betäubungsmittel- und Gewaltdelikte aus. Nach der psychiatrischen Stellungnahme vom 4. April 2013 bestehe beim Kläger bei der Einnahme von Drogen eine große Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten psychotischer Symptome mit daraus resultierenden Gewaltdelikten. Er habe bisher keine Drogentherapie erfolgreich abgeschlossen. Nach den Berichten der Justizvollzugsanstalt, zuletzt vom 18. Juli 2014, sei das Vollzugsverhalten des Klägers nicht beanstandungsfrei gewesen; sowohl die Gewalt- als auch die Suchtmittelproblematik seien nicht ausreichend bearbeitet. Die psychiatrische Abteilung der Justizvollzugsanstalt gehe davon aus, dass der Kläger in Freiheit wieder Drogen konsumieren werde. Aus alledem ergebe sich, dass beim Kläger eine nicht ausreichend behandelte Suchtmittelproblematik und hohes Gewaltpotential vorliege.

Die Ermessensausübung des Beklagten sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die schutzwürdigen persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet sowie sein Status als faktischer Inländer seien angemessen berücksichtigt. Die Ausweisung erweise sich auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK als verhältnismäßig. Sie stelle zwar einen gravierenden Eingriff in die familiären Beziehungen zu seinen zwei deutschen Kindern, zu seiner Verlobten sowie zu seinen Eltern und Geschwistern dar, erweise sich aber dennoch im Hinblick auf die Schwere und die Art der begangenen Straftaten sowie auf die bestehende Wiederholungsgefahr als verhältnismäßig. Bezüglich des Kindeswohls sei zu sehen, dass dem Kläger das Sorgerecht für beide Kinder entzogen worden sei. Die Kinder seien seit Mai 2005, also seit sie fünf Monate bzw. zwei Jahre alt seien, bei den Großeltern aufgewachsen, die für sie die ersten und wichtigsten Bezugspersonen seien. Nach dem Gutachten vom 15. Dezember 2010, das die Notwendigkeit der Verfügbarkeit des Vaters für eine therapeutische Aufarbeitung des Geschehenen (d. h. der Tötung der Mutter durch den Vater) betone, schienen beide Kinder ihn nicht als Mitglied der Kernfamilie und als Erziehungsperson zu erleben. Hieraus ergebe sich, dass die Anwesenheit des Klägers für die Kinder zwar ideal wäre, dass ihnen durch dessen Abschiebung aber auch nicht ihre engste und vertrauteste Bezugsperson genommen werde. Ferner beherrsche der Kläger die türkische Sprache in ausreichendem Maße, und es sei ihm zuzumuten, sich ein Leben in der Türkei aufzubauen.

Hiergegen erhob der Kläger Beschwerde mit dem Antrag,

ihm für die erste Instanz Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihm seine Bevollmächtigte beizuordnen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, bei der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung handle es sich in Wirklichkeit um eine „Rücknahme der Rücknahme“ der früheren Ausweisungsverfügung, für die aber die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorlägen.

Wegen der Einzelheiten wird ergänzend auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde (§ 146 Abs. 1 VwGO) ist unbegründet.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (vgl. BayVGH, B. v. 11.1.2016 - 10 C 15.724 - juris Rn. 14; B. v. 5.12.2014 - 10 C 13.1035 - juris Rn. 4; B. v. 10.4.2013 - 10 C 12.1757 - juris Rn. 25; B. v. 19.3.2013 - 10 C 13.334, 10 C 1310 C 13.371 - juris Rn. 26 m. w. N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ein (vgl. BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 10 C 39.07 u. a. - juris Rn. 1). Danach ist die Entscheidungsreife hier am 4. Juni 2015 eingetreten, denn an diesem Tag sind die vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen beim Verwaltungsgericht eingegangen. Daran ändert der Umstand nichts, dass das Verwaltungsgericht bereits am 2. Juni 2015 entschieden hat, da es nur auf die mangelnden Erfolgsaussichten abgestellt und die Bedürftigkeit des Klägers nicht geprüft hat. Damit sind für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage aber nicht die §§ 53 ff. AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) und des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722), die nach Art. 9 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung und Art. 19 Abs. 2 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes am 1. Januar 2016 in Kraft getreten sind (n. F.), sondern die §§ 53 ff. AufenthG in der vor dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung (a. F.) maßgeblich.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass gegen die Ausweisung voraussichtlich keine rechtlichen Bedenken bestehen.

Es hat insbesondere zu Recht ausgeführt, dass es sich bei dem Erlass der streitgegenständlichen Ausweisungsverfügung vom 31. Juli 2014 nicht um eine Rücknahme der Aufhebungsentscheidung vom 10. Februar 2010 handelte; es war nämlich nie beabsichtigt, die erste Ausweisungsverfügung vom 5. März 2009 wieder aufleben zu lassen. Insofern greift das Vorbringen in der Beschwerdebegründung nicht. Vielmehr hat der Beklagte die Ausweisungsentscheidung vom 5. März 2009 wegen erkannter Defizite (vgl. die Ausführungen in dem Beschluss über die Gewährung von Prozesskostenhilfe vom 1.2.2010 im damaligen Verfahren M 23 K 09.1219) in der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2010 nach der Erörterung der Sach- und Rechtslage aufgehoben und im Anschluss sogleich mit Ermittlungen insbesondere zu den Auswirkungen einer Ausweisung des Klägers auf das Wohl seiner beiden Kinder begonnen. Bei dem Bescheid vom 31. Juli 2014 handelt es sich gegenüber demjenigen vom 5. März 2009 um einen völlig eigenständigen, erneuten Verwaltungsakt mit einer neuen Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen und neuen Ermessenserwägungen.

Der Beklagte war auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes an der erneuten Ausweisung gehindert. Zwar kann ein Verzicht auf eine Ausweisung grundsätzlich zu einem „Verbrauch“ des Ausweisungsgrundes führen, wenn dem betroffenen Ausländer hierdurch Vertrauensschutz vermittelt wird, so dass er sich im Vertrauen darauf in besonderer Weise auf einen weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet einrichten konnte (BVerwG, U. v. 16.11.1999 - 1 C 11/99 - DVBl 2000, 425 Rn. 20). Im vorliegenden Fall jedoch konnte der Kläger keineswegs darauf vertrauen, dass der Beklagte nach der Aufhebung des ersten Ausweisungsbescheids in der mündlichen Verhandlung vom 10. Februar 2010 seine Ausweisung nicht weiter betreiben würde. Es war ihm über seine Bevollmächtigte bekannt (siehe etwa Schreiben des Gutachters vom 13.9.2010; Bl. 382 der Behördenakte), dass die Ausländerbehörde die zu erwartenden Folgen einer Ausweisung bzw. Abschiebung des Klägers auf seine beiden Kinder ermittelte (siehe Art. 24 Abs. 1 BayVwVfG). Auch hat die Ausländerbehörde gegenüber der jetzigen wie auch gegenüber weiteren Bevollmächtigten des Klägers im Telefongespräch bzw. schriftlich festgestellt, dass eine Ausweisung weiterhin geplant sei (siehe etwa Bl. 431, 456, 566 der Behördenakte).

Aber auch unabhängig von dem Vortrag in der Beschwerdebegründung hegt der Senat keine Bedenken an der Einschätzung des Verwaltungsgerichts. Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife begründete das persönliche Verhalten des Klägers eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für ein Grundinteresse der Gesellschaft durch eine von ihm ausgehende erhebliche Wiederholungsgefahr in Bezug auf Betäubungsmittel- und Gewaltdelikte. Das Verwaltungsgericht hat dabei zu Recht nicht auf statistische Wahrscheinlichkeiten abgestellt, sondern einzelfallbezogen eine umfassende Würdigung der Persönlichkeit des Klägers vorgenommen. Die Gefahrenprognose wird vor allem gestützt durch die letzten Berichte der Justizvollzugsanstalt vom 8. Mai 2013 (Bl. 532 ff. der Behördenakte; mit der Stellungnahme der Psychiatrischen Abteilung vom 4.4.2013, Bl. 544) und vom 18. Juli 2014 (Bl. 585 der Behördenakte). Hieraus ergibt sich, dass die beim Kläger bestehende starke Suchtmittel- und Gewaltproblematik trotz des langjährigen Aufenthalts im Justizvollzug und in einer Entziehungsanstalt nicht abschließend bearbeitet werden konnte. Laut der Stellungnahme der Psychiatrischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt ist aus psychiatrischer Sicht davon auszugehen, dass der Kläger in Freiheit wieder Drogen konsumieren werde, weshalb eine große Wahrscheinlichkeit für das Wiederauftreten psychotischer Symptome mit daraus resultierenden Gewaltdelikten bestehe. Die zuletzt in der Justizvollzugsanstalt durchgeführten einzeltherapeutischen Sitzungen schätzte der Therapeut als nicht sonderlich effektiv ein; Gründe hierfür seien eine starke Drogenbindung und die ausgeprägte Identitätsbildung im Drogenmilieu. Nach dem Bericht der Justizvollzugsanstalt hatten 2014 mehrere Disziplinarmaßnahmen verhängt werden müssen; diese reihten sich ein in die langjährigen Auffälligkeiten vor der Einweisung in die Entziehungsanstalt.

Auch die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Würdigung der Ermessensentscheidung des Beklagten sowie die Prüfung der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK begegnet keinen Bedenken. Auf die ausführliche Darstellung in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts (BA S. 33 ff.) wird verwiesen.

Schließlich ist auch nicht zu erkennen, dass aufgrund von nach der Entscheidungsreife für den Antrag auf Prozesskostenhilfe eingetretenen Änderungen der Sach- und Rechtslage sich die Erfolgsaussichten der Klage zugunsten des Klägers geändert hätten.

Zwar sind zur Entscheidung über die Klage nunmehr die §§ 53 ff. AufenthG in der Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386), zuletzt geändert durch das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl I S. 394), heranzuziehen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ausweisung eines assoziationsberechtigten türkischen Staatsangehörigen nach § 53 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 AufenthG in der jetzigen Fassung entsprechen exakt denjenigen, die nach ständiger Rechtsprechung bereits nach der vorherigen Gesetzesfassung erfüllt sein mussten (hierzu ausführlich BayVGH, B. v. 13.5.2016 - 10 ZB 15.492 - Rn. 13). Ebenso ist nicht erkennbar, dass die nunmehr zu treffende, voll überprüfbare Abwägungsentscheidung zu einem für den Kläger gegenüber der in dem angefochtenen Bescheid getroffenen Ermessensentscheidung günstigeren Ergebnis führen müsste.

Soweit der Kläger sich darauf beruft, dass er am 28. April 2016 seine Verlobte geheiratet habe, führt dies ebenfalls nicht zu einer anderen Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage. Bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen kann diesem Umstand kein entscheidendes Gewicht zukommen, da die Ehe im Wissen um die Straftat und die langjährige Haft sowie um die von der Ausländerbehörde (weiterhin) betriebene Ausweisung, also in Kenntnis der unsicheren Aufenthaltsperspektive, geschlossen wurde (vgl. BayVGH, B. v. 3.3.2016 - 10 ZB 14.844 - juris Rn. 18; BayVGH, U. v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 50).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil die nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) anfallende Gebühr streitwertunabhängig ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2016 - 10 C 15.1347

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 06. Juni 2016 - 10 C 15.1347 zitiert 12 §§.

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

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(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmäc

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

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(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

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(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

Tenor

In Abänderung der Nr. II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 20. März 2015 wird dem Kläger zu 2 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Thomas Oberhäuser, Münsterplatz 13, 89073 Ulm, beigeordnet.

Gründe

Der Kläger zu 2 (im Folgenden: Kläger), der deutscher und rumänischer Staatsangehöriger ist, verfolgt mit der Beschwerde seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für seine Klage gegen die Ausweisung seiner philippinischen Ehefrau, der Klägerin zu 1 (im Folgenden: Klägerin), weiter, der das Verwaltungsgericht anders als dem Kläger Prozesskostenhilfe gewährt und ihren Prozessbevollmächtigten beigeordnet hat (Nr. I des angefochtenen Beschlusses).

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Dem Kläger ist nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen (I.) und sein Prozessbevollmächtigter nach § 166 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO beizuordnen (II.).

I.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Danach ist dem Kläger, der nach den vorgelegten Erklärungen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Ehefrau die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig. Denn die Klage ist zulässig (1.) und hat auch in der Sache hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil zumindest offen ist, ob die Ausweisung der Klägerin sich im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird und den Kläger in seinen Rechten verletzt (2.).

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie nicht deshalb unzulässig, weil die Klagefrist nicht gewahrt wäre (a), der Kläger nicht klagebefugt wäre (b) oder ihm für seine Klage das Rechtsschutzbedürfnis fehlen würde (c).

a) Die Klage ist zunächst nicht verfristet, weil die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht zu laufen begonnen hat.

Nach dieser Regelung muss die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, wie sie der Kläger mit seiner Klage gegen die Ausweisung der Klägerin erhoben hat, innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Verwaltungsakts erhoben werden. Danach ist im Falle des Klägers die Klagefrist aber nicht in Gang gesetzt worden. Denn die Ausweisung der Klägerin ist dem Kläger nicht bekanntgegeben worden. Vielmehr hat er davon nur aufgrund der von seinem Prozessbevollmächtigten am 12. Februar 2015 genommenen Akteneinsicht Kenntnis erlangt.

Der Kläger ist auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben so zu behandeln, als hätte er erst nach Ablauf der Klagefrist Klage erhoben (vgl. BVerwG, U. v. 27.11.1996 - 11 A 100.95 - juris Rn. 31). Insbesondere kommt eine Verwirkung nicht in Betracht. Denn der Kläger hat nicht längere Zeit, nachdem er von der Ausweisung der Klägerin Kenntnis erlangt hatte oder hätte erlangen müssen, und zu einem Zeitpunkt Klage erhoben, zu dem aufgrund seines Verhaltens nicht mehr mit einer Klageerhebung zu rechnen war (vgl. Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 74 Rn. 56 ff., insb. Rn. 63). Denn die Klage ist am 24. Februar 2015 und damit wenige Tage, nachdem der Kläger aufgrund der Akteneinsicht seines Prozessbevollmächtigten vom 12. Februar 2015 von der Ausweisung Kenntnis erlangen konnte, beim Verwaltungsgericht eingegangen.

b) Dem Kläger fehlt auch nicht die für die Klage gegen die Ausweisung der Klägerin erforderliche Klagebefugnis.

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist eine Anfechtungsklage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt, gegen den sie sich richtet, in seinen Rechten verletzt zu sein. Dafür genügt es, dass die behauptete Rechtsverletzung möglich erscheint. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Verletzung eigener subjektiver Rechte des Klägers nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BVerwG, U. v. 23.3.1982 - 1 C 157/79 - juris Rn. 23; U. v. 10.7.2001 - 1 C 35/00 - juris Rn. 15 jeweils m. w. N.). Danach ist der Kläger aber klagebefugt. Denn es erscheint zumindest möglich, dass er durch die Ausweisung der Klägerin in seinen sich aus Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden Rechten verletzt ist.

Art. 6 Abs. 1 GG, nach dem Ehe und Familie unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stehen, gewährt zwar keinen unmittelbaren Anspruch auf Einreise und Aufenthalt. Jedoch verpflichtet die darin enthaltene wertentscheidende Grundsatznorm, nach der der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörde bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen die familiären Bindungen des Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. Jedes einzelne Mitglied einer durch Art. 6 Abs. 1 GG geschützten Gemeinschaft ist in den persönlichen Schutzbereich der Norm einbezogen und daher berechtigt, dies gegenüber einer die familiäre Gemeinschaft berührenden verwaltungsbehördlichen oder verwaltungsgerichtlichen Entscheidung geltend zu machen. Folglich hat jeder Träger der Grundrechte aus Art. 6 Abs. 1 GG einen eigenen Anspruch darauf, dass die zuständigen Behörden und Gerichte bei aufenthaltsrechtlichen Entscheidungen und insbesondere bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die bestehenden familiären Bindungen des Betroffenen an im Bundesgebiet lebende Personen in einer Weise berücksichtigen, die der großen Bedeutung entspricht, die Art. 6 Abs. 1 GG dem Schutz von Ehe und Familie beimisst (BVerwG, B. v. 12.7.2013 - 10 C 5.13 - juris Rn. 5; VGH BW, U. v. 17.7.2015 - 11 S 164/15 - juris Rn. 48). Insbesondere bei Ausweisungen kann daher Art. 6 Abs. 1 GG eine Klagebefugnis für den Ehegatten oder einen anderen Familienangehörigen des Ausgewiesenen begründen (vgl. VGH BW, U. v. 17.7.2015 - 11 S 164/15 - juris Rn. 49 m. w. N.).

Legt man dies zugrunde, so ist der Kläger entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts klagebefugt. Denn es erscheint möglich und ist nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass er als Ehegatte der Klägerin durch deren Ausweisung in seinem aus Art. 6 Abs. 1 GG abgeleiteten Anspruch darauf verletzt wird, dass die bestehenden ehelichen Bindungen bei dieser aufenthaltsbeenden Maßnahme in einer Weise berücksichtigt werden, die der großen Bedeutung entspricht, die Art. 6 Abs. 1 GG dem Schutz von Ehe und Familie beimisst. Denn nach § 11 Abs. 1 AufenthG hat die Ausweisung zur Folge, dass sich die Klägerin nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten darf und deshalb der Kläger die eheliche Lebensgemeinschaft mit ihr nicht mehr in Deutschland führen kann.

c) Dem Kläger fehlt schließlich auch entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts für seine Klage nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin selbst Klage gegen die Ausweisung erhoben und dafür Prozesskostenhilfe erhalten hat. Denn seine Klage dient nicht der Durchsetzung der Rechte der Klägerin, sondern seines eigenen Rechts nach Art. 6 Abs. 1 GG auf eine dem Gewicht des Schutzes von Ehe und Familie entsprechende Berücksichtigung seiner ehelichen Lebensgemeinschaft mit der Klägerin.

2. Die Rechtsverfolgung bietet auch nach der Sach- und Rechtslage zum für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfe maßgeblichen Zeitpunkt (a) in der Sache hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil zumindest offen ist, ob die Ausweisung der Klägerin rechtswidrig ist (b) und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; c).

a) Maßgeblich für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten ist der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (vgl. BayVGH, B. v. 5.12.2014 - 10 C 13.1035 - juris Rn. 4; B. v. 10.4.2013 - 10 C 12.1757 - juris Rn. 25; B. v. 19.3.2013 - 10 C 13.334, 10 C 1310 C 13.371 - juris Rn. 26 m. w. N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ein (vgl. BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 10 C 39.07 u. a. - juris Rn. 1). Danach ist die Entscheidungsreife hier am 10. März 2015 eingetreten. Denn an diesem Tag sind die vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen beim Verwaltungsgericht eingegangen, nachdem die Beklagte bereits mit Schreiben vom 27. Februar 2015 zur Klageschrift, die auch den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe enthielt, Stellung genommen hatte. Damit sind für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage aber nicht die §§ 53 ff. AufenthG in der Fassung von Art. 1 Nr. 29 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) und Art. 13 Nr. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722), die nach Art. 9 des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung und Art. 19 Abs. 2 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes am 1. Januar 2016 in Kraft getreten sind (n. F.), sondern die §§ 53 ff. AufenthG in der vor dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung (a. F.) maßgeblich.

b) Zwar erfüllt danach die Klägerin den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 1 in Verbindung mit § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG a. F., weil sie einen nicht geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Denn gegen sie ist mit Strafbefehl vom 6. Mai 2014 eine Geldstrafe von 40 Tagessätzen wegen einer vorsätzlichen Straftat des unerlaubten Aufenthalts nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG festgesetzt worden. Gleichwohl sind die Erfolgsaussichten der Klage zumindest offen.

Zum einen spricht viel dafür, dass die Klägerin, obwohl sie sich offenbar zum für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt nicht beim Kläger im Bundesgebiet, sondern in Rumänien aufgehalten hat, nach § 56 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG a. F. besonderen Ausweisungsschutz genießt, weil sie mit dem Kläger als einem deutschen Familienangehörigen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebt und deshalb nach § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG a. F. nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden darf. Zum anderen bestehen Zweifel an der Vereinbarkeit der Ausweisung der Klägerin mit Art. 6 Abs. 1 GG. Denn die darin enthaltende wertentscheidende Grundsatznorm, nach der der Staat Ehe und Familie zu schützen und zu fördern hat, verpflichtet die Ausländerbehörde, bei Entscheidungen über aufenthaltsbeendende Maßnahmen die familiären Bindungen des betroffenen Ausländers an Personen, die sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhalten, entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen, in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen und damit angemessen zu berücksichtigen, wobei grundsätzlich eine Betrachtung des Einzelfalls geboten ist (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, B. v. 5.6.2013 - 2 BvR 586/13 - juris Rn. 12). Vorbehaltlich einer umfassenden Prüfung aller Umstände des Falles im Klageverfahren bestehen jedoch erhebliche Zweifel daran, dass die familiären Bindungen der Klägerin an den sich als Deutscher berechtigterweise im Bundesgebiet aufhaltenden Kläger angemessen berücksichtigt sind. Denn angesichts der großen Bedeutung, die dem Schutz von Ehe und Familie zukommt, stellt sich eine Ausweisung wegen einer Verurteilung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen wegen unerlaubten Aufenthalts in der Regel als unverhältnismäßig dar.

Dies entspricht im Übrigen auch der Wertung des Gesetzgebers in der am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen Neuregelung der Ausweisung. Nach § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. wird ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG n. F. wiegt dabei das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. zwar schwer, wenn der Ausländer wie hier einen nicht nur geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen hat. Jedoch wiegt andererseits nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG n. F. das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. besonders schwer, wenn der Ausländer mit einem deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebt. Nach dieser vom Gesetzgeber vorgenommenen Gewichtung ergibt die in § 53 Abs. 1 AufenthG n. F. vorgesehene Abwägung aber in der Regel, dass das Ausweisungsinteresse das Bleibeinteresse nicht überwiegt und deshalb eine Ausweisung nicht erfolgt, soweit die Abwägung nicht bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu einem anderen Ergebnis führt.

c) Kommt damit aber ernsthaft in Betracht, dass die Ausweisung die familiären Bindungen zwischen der Klägerin und dem Kläger nicht angemessen berücksichtigt und daher rechtswidrig ist, so ist auch zumindest offen, ob der Kläger durch sie in seinen eigenen Rechten verletzt wird. Denn fehlt es an einer angemessenen Berücksichtigung der ehelichen Bindungen zwischen der Klägerin und dem sich berechtigterweise im Bundesgebiet aufhaltenden Kläger, so ist dieser in seinem, wie dargelegt, aus Art. 6 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf eine solche Berücksichtigung verletzt.

d) Hat die Klage aber hinreichende Aussicht auf Erfolg, so kommt es für das Prozesskostenhilfeverfahren nicht mehr darauf an, ob die Ausweisung bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil sich die Einreise und der Aufenthalt der Klägerin, die Familienangehörige des neben der deutschen auch die rumänische Staatsangehörigkeit besitzenden Klägers ist, gemäß § 1 FreizügG/EU nicht nach dem Aufenthaltsgesetz, sondern nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU richten. Ebenso kann offenbleiben, ob die Klägerin deshalb über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügt, das ihr nur in entsprechender Anwendung des Freizügigkeitsgesetzes/EU (vgl. § 6 FreizügG/EU) oder in unmittelbarem Rückgriff auf Unionsrecht (vgl. Art. 28 Richtlinie 2004/38/EG) aberkannt werden kann, weil der Kläger, der als Deutscher aus Rumänien in die Bundesrepublik zurückgekehrt ist, in so nachhaltiger Weise von seiner Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätte, dass die praktische Wirksamkeit seines Freizügigkeitsrechts als Unionsbürger es erfordert, seinem Ehepartner einen unionsrechtlichen Nachzugsanspruch zuzubilligen (vgl. BVerwG, U. v. 22.6.2011 - 1 C 11.10 - juris Rn. 9).

II.

Liegen, wie dargelegt, die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO vor, so ist dem Kläger auch nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO sein Prozessbevollmächtigter beizuordnen. Denn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt war angesichts der Bedeutung der Sache für den Kläger erforderlich.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Weder fallen Gerichtskosten an, noch können Kosten erstattet werden. Gerichtskosten können im Prozesskostenhilfeverfahren gemäß § 3 Abs. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG) nur erhoben werden, soweit anders als hier eine Beschwerde gegen die erstinstanzliche Prozesskostenhilfeentscheidung verworfen oder zurückgewiesen wird. Eine Kostenerstattung ist sowohl für das Bewilligungs- als auch für das Beschwerdeverfahren ausgeschlossen (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 4 und § 127 Abs. 4 ZPO). Da Gerichtskosten nicht erhoben werden können, ist auch eine Streitwertfestsetzung entbehrlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Klägerin, die syrische Staatsangehörige ist und eine ihr am 23. Juli 2012 auf der Grundlage von § 25 Abs. 3 AufenthG erteilte und bis 22. Juli 2015 gültige Aufenthaltserlaubnis besitzt, ihren in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, ihr für ihre auf die Erteilung einer Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung oder zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit gerichtete Klage unter Beiordnung des von ihr benannten Rechtsanwalts Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Klägerin kann weder nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO in der bis zum31. Dezember 2013 geltenden Fassung (a. F.; vgl. § 40 EGZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 [BGBl I S. 3533]) Prozesskostenhilfe bewilligt (I.) noch nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO a. F. ein zu ihrer Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden (II.).

I.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO a. F. liegen nicht vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Danach kann der Klägerin Prozesskostenhilfe jedoch nicht gewährt werden. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1. Maßgeblich für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten ist der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (vgl. BayVGH, B. v. 10.4.2013 - 10 C 12.1757 - juris Rn. 25; B. v. 19.3.2013 - 10 C 13.334, 10 C 1310 C 13.371 - juris Rn. 26 m. w. N.). Entscheidungsreif ist ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe dabei erst dann, wenn das Gericht nach dem Sach- und Streitstand in der Lage ist zu beurteilen, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BayVGH, B. v. 29.11.2010 - 7 C 10.10396 - juris Rn. 12). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach einer Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 166 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO a. F.) ein (vgl. BVerwG, B. v. 12.9.2007 - 10 C 39.07 u. a. - juris Rn. 1). Danach ist die Entscheidungsreife hier am 5. April 2013 eingetreten. Denn an diesem Tag ist die Stellungnahme der Beklagten zu dem am 7. März 2013 gemeinsam mit den vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen beim Verwaltungsgericht eingereichten Prozesskostenhilfeantrag und zu der gleichzeitig erhobenen Klage beim Verwaltungsgericht eingegangen.

2. Nach der danach maßgeblichen Sach- und Rechtslage am 5. April 2013 bot die mit der Klage beabsichtigte Rechtsverfolgung aber keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

a) Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verpflichten, die der Klägerin erteilte Auflage mit dem Inhalt „Unselbstständige Beschäftigung nur nach Genehmigung durch Ausländerbehörde gestattet. Selbstständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet. Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.“ aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung oder zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit zu erteilen.

Gemäß § 88 VwGO, nach dem das Gericht an die Fassung der Anträge nicht gebunden ist, aber über das Klagebegehren nicht hinausgehen darf, versteht der Verwaltungsgerichtshof dies so, dass die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihr unter Aufhebung der gegenteiligen Nebenbestimmungen „Unselbstständige Beschäftigung nur nach Genehmigung durch die Ausländerbehörde gestattet.“ und „Selbstständige Tätigkeit nicht gestattet.“ eine Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung oder zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit zu erteilen. Hingegen ist das Klagebegehren nicht auf die Aufhebung der Nebenbestimmung „Die Aufenthaltserlaubnis darf nicht verlängert werden, wenn das Ausreisehindernis oder die sonstigen einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehenden Gründe entfallen sind.“ gerichtet. Dies ergibt sich daraus, dass die Klagebegründung zu dieser wörtlich mit der gesetzlichen Regelung in § 26 Abs. 2 AufenthG übereinstimmenden Nebenbestimmung keinerlei Ausführungen enthält und dass ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen einer etwaigen Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis und der Möglichkeit, während ihrer Geltungsdauer einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, um die es der Klägerin nach der Klagebegründung ausschließlich geht, nicht ersichtlich ist.

b) Die so verstandene Klage bot zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife aber keine hinreichende Aussicht Erfolg. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten Anspruch auf Erteilung der begehrten Erlaubnis zur Aufnahme einer Beschäftigung oder zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit gehabt hätte. Dabei kann offenbleiben, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass die Beklagte wegen des Wegzugs der Klägerin in den Zuständigkeitsbereich einer anderen bayerischen Ausländerbehörde nicht mehr nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ZustVAuslR örtlich zuständig und damit mangels Passivlegitimation nicht mehr der richtige Beklagte war. Denn jedenfalls war die Klägerin weder nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AufenthG berechtigt, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, noch ist ersichtlich, dass ihr nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG die Ausübung einer Beschäftigung oder nach § 21 Abs. 6 AufenthG die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit hätten erlaubt werden können.

aa) Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AufenthG berechtigt ein Aufenthaltstitel zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, sofern es nach dem Aufenthaltsgesetz bestimmt ist oder der Aufenthaltstitel die Ausübung der Erwerbstätigkeit ausdrücklich erlaubt. Erwerbstätigkeit ist dabei nach § 2 Abs. 2 AufenthG die selbstständige Tätigkeit oder die Beschäftigung im Sinne von § 7 SGB IV. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist dabei Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Legt man dies zugrunde, so berechtigte weder das Aufenthaltsgesetz selbst zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit noch erlaubte der der Klägerin erteilte Aufenthaltstitel sie ausdrücklich.

Anders als § 25 Abs. 1 Satz 4 AufenthG und § 25 Abs. 2 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Satz 4 AufenthG, nach denen die Aufenthaltserlaubnisse nach § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG kraft Gesetzes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigen, enthielt § 25 Abs. 3 AufenthG in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung (§ 25 Abs. 3 AufenthG a. F.), auf dessen Grundlage die Klägerin ihre Aufenthaltserlaubnis vom 23. Juli 2012 erhalten hat, eine solche Regelung nicht. Angesichts der dieser Aufenthaltserlaubnis beigefügten Nebenbestimmungen, nach denen eine unselbstständige Beschäftigung nur nach Genehmigung durch die Ausländerbehörde und eine selbstständige Tätigkeit nicht gestattet war, war der Klägerin die Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch durch ihren Aufenthaltstitel nicht ausdrücklich erlaubt.

bb) Auch ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin die Ausübung einer Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG oder die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nach § 21 Abs. 6 AufenthG hätten erlaubt werden können.

aaa) Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG kann einem Ausländer, der wie die Klägerin keinen Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung besitzt, die Ausübung einer Beschäftigung nur erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Dass der Klägerin danach die Ausübung einer Beschäftigung hätte erlaubt werden können, ist aber nicht ersichtlich.

Wie das Verwaltungsgericht dargelegt hat, hat die Klägerin weder im Verwaltungsverfahren noch im Klageverfahren Ausführungen dazu gemacht, welche berufliche Tätigkeit sie beabsichtigt. Insbesondere hat sie nicht die Erteilung einer Erlaubnis für eine bestimmte Beschäftigung beantragt. Auch im Beschwerdeverfahren hat sie sich nicht dazu geäußert, für welche konkrete Beschäftigung ihr eine Erlaubnis erteilt werden soll. Ohne solche Angaben lässt sich aber weder ersehen, dass nach der bis zum 30. Juni 2013 geltenden Beschäftigungsverfahrensverordnung (§ 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 2 bis 4 BeschVerfV) die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit erteilt werden konnte, noch ist erkennbar, dass die Voraussetzungen vorlagen, unter denen die Bundesagentur für Arbeit nach § 39 Abs. 2 und 3 AufenthG, soweit erforderlich, die Zustimmung zu einer Beschäftigung der Klägerin hätte erteilen können.

bbb) Ebenso ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin nach § 21 Abs. 6 AufenthG eine selbstständige Tätigkeit hätte erlaubt werden können.

Nach dieser Regelung kann einem Ausländer, der wie die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck als zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erteilt worden ist, unter Beibehaltung dieses Aufenthaltszwecks die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erlaubt werden, wenn die nach sonstigen Vorschriften erforderlichen Erlaubnisse erteilt wurden oder die Erteilung zugesagt ist. Dass danach der Klägerin die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit hätte erlaubt werden können, ist aber nicht erkennbar. Denn angesichts der fehlenden Angaben der Klägerin dazu, für die Ausübung welcher selbstständigen Tätigkeit sie eine Erlaubnis begehrt, kann nicht beurteilt werden, ob die nach sonstigen Vorschriften dafür erforderlichen Erlaubnisse erteilt oder zugesagt worden waren.

cc) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht im Wege einer unmittelbaren Anwendung dieser Regelung aus Art. 26 Abs. 3 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über die Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EG Nr. L 304 S. 12; im Folgenden Richtlinie 2004/83/EG). Denn das nationale Recht, nach dem ein Anspruch der Klägerin auf Gestattung einer Erwerbstätigkeit, wie dargelegt, nicht besteht, setzt diese Regelung in mit ihr in Einklang stehender Weise um.

Zwar gestatten die Mitgliedstaaten nach Art. 26 Abs. 3 Satz 1 Richtlinie 2004/83/EG unmittelbar nach der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, die Aufnahme einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften, die für den betreffenden Beruf oder für die öffentliche Verwaltung allgemein gelten. Der Klägerin ist mit der Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG in der vor dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (a. F.) durch den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. Juli 2012 wohl auch der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden. Denn Voraussetzung für den Anspruch auf subsidiären Schutz ist nach Art. 2 Buchstabe e in Verbindung mit Art. 15 Buchstabe b Richtlinie 2004/83/EG das Vorbringen stichhaltiger Argumente für die Annahme, dass der Drittstaatsangehörige bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland Gefahr liefe, einen Schaden in Form von Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung zu erleiden. Diese Voraussetzung erfüllen aber gerade diejenigen Drittstaatsangehörigen, die wie die Klägerin nach § 60 Abs. 2 AufenthG a. F. nicht in einen Staat abgeschoben werden dürfen, in dem für sie die konkrete Gefahr besteht, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden.

Jedoch verpflichtet zum einen Art. 26 Abs. 3 Satz 1 Richtlinie 2004/83/EG, soweit er die Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit betrifft, die Mitgliedstaaten lediglich dazu, die Aufnahme einer solchen Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften zu gestatten, die für den betreffenden Beruf oder für die öffentliche Verwaltung allgemein gelten. Dem entspricht es aber, dass nach § 21 Abs. 6 AufenthG einem Ausländer, dem wie der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis zu einem anderen Zweck als zur Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit erteilt worden ist, unter Beibehaltung dieses Aufenthaltszwecks die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit nur erlaubt werden kann, wenn die nach sonstigen Vorschriften erforderlichen Erlaubnisse erteilt wurden oder ihre Erteilung zugesagt ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man im Rahmen einer richtlinienkonformen Auslegung das durch diese Regelung eröffnete Ermessen im Anwendungsbereich des Art. 26 Abs. 3 Richtlinie 2004/83/EG als dahingehend einschränkt ansieht, dass die Erlaubnis bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 21 Abs. 6 AufenthG zu erteilen ist (vgl. Nr. 21.6 AVwV-AufenthG; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: September 2014, § 21 Rn. 27). Dass diese Voraussetzungen vorliegen, ist aber, wie ausgeführt, angesichts der fehlenden Angaben der Klägerin zu der selbstständigen Tätigkeit, für die sie gegebenenfalls eine Erlaubnis begehrt, nicht ersichtlich.

Soweit Art. 26 Abs. 3 Satz 1 Richtlinie 2004/83/EG die Gestattung der Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit betrifft, kann zum anderen nach Art. 26 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 Richtlinie 2004/83/EG die nationale Arbeitsmarktlage in den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. Nach Art. 26 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 Richtlinie 2004/83/EG schließt dies die Durchführung einer Vorrangprüfung beim Zugang zur Beschäftigung für einen begrenzten Zeitraum nach Maßgabe des einzelstaatlichen Rechts ein.

Dementsprechend kann nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG einem Ausländer, der wie die Klägerin keinen Aufenthaltstitel zum Zweck der Beschäftigung besitzt, die Ausübung einer Beschäftigung nur erlaubt werden, wenn die Bundesagentur für Arbeit zugestimmt hat oder durch Rechtsverordnung bestimmt ist, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig ist. Im Einklang mit Art. 26 Abs. 3 Satz 1 Richtlinie 2004/83/EG macht dabei § 39 Abs. 3 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 Satz 1 AufenthG die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit davon abhängig, dass sich durch die Beschäftigung von Ausländern nachteilige Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt nicht ergeben (§ 39 Abs. 3 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a AufenthG) und dass für die Beschäftigung deutsche Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme rechtlich gleichgestellt sind, oder andere Ausländer, die nach dem Recht der Europäischen Union einen Anspruch auf vorrangigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben, nicht zur Verfügung stehen (§ 39 Abs. 3 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b AufenthG) oder dass die Bundesagentur durch eine Prüfung nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a und b für einzelne Berufsgruppen oder Wirtschaftszweige festgestellt hat, dass die Besetzung der offenen Stellen mit ausländischen Bewerbern arbeitsmarkt- und integrationspolitisch verantwortbar ist (§ 39 Abs. 3 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AufenthG). Zum für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt im April 2013 gewährleistete dabei § 3b Abs. 1 Nr. 2 BeschVerfV, nach dem bei Ausländern, die eine Aufenthaltserlaubnis besaßen und sich seit drei Jahren ununterbrochen erlaubt, geduldet oder mit einer Aufenthaltsgestattung im Bundesgebiet aufhielten, die Ausübung einer Beschäftigung keiner Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit bedurfte, dass den Vorgaben von Art. 26 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 Richtlinie 2004/83/EG entsprechend die Vorrangprüfung beim Zugang zur Beschäftigung nur für einen begrenzten Zeitraum erfolgen konnte.

Stand es danach aber zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags mit Art. 26 Abs. 3 Richtlinie 2004/83/EG im Einklang, dass Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde, nur nach Maßgabe der Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine unselbstständige Erwerbstätigkeit gestattet werden konnte, und war angesichts des Fehlens von Angaben zu der möglicherweise beabsichtigten Beschäftigung, wie ausgeführt, nicht ersichtlich, dass die Klägerin diese Voraussetzungen erfüllte, so ergab sich auch im Wege einer unmittelbaren Anwendung dieser Regelung aus Art. 26 Abs. 3 Richtlinie 2004/83/EG nicht der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung.

dd) Ein solcher Anspruch bestand zum für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage auch nicht aufgrund von Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl EU Nr. L 337 S. 9; im Folgenden Richtlinie 2011/95/EU).

Zwar gestatten nach Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU die Mitgliedstaaten Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt worden ist, die Aufnahme einer unselbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften, die für den betreffenden Beruf oder für die öffentliche Verwaltung allgemein gelten. Anders als nach Art. 26 Abs. 3 Satz 2 Richtlinie 2004/83/EG kann danach bei Personen, denen wie der Klägerin der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, weder die nationale Arbeitsmarktlage in den Mitgliedstaaten berücksichtigt noch eine Vorrangprüfung beim Zugang zur Beschäftigung durchgeführt werden. Jedoch entfaltete Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU zum für die Prozesskostenhilfeentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage im April 2013 noch keine Rechtswirkungen zugunsten der Klägerin. Insbesondere ergaben sich solche Rechtswirkungen weder aus einer unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2011/95/EU noch aus einer etwaigen Vorwirkung dieser Richtlinie.

aaa) Ein Anspruch der Klägerin auf Gestattung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit ließ sich zum für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt zunächst nicht auf eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie 2011/95/EU stützen.

Die unmittelbare Anwendung einer Richtlinienbestimmung, in der Weise, dass sich der einzelne gegenüber dem Mitgliedstaat auf sie berufen kann, kommt erst dann in Betracht, wenn der Mitgliedstaat die Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umgesetzt hat (vgl. EuGH, U. v. 26.2.1986 - Marshall, C-152/84 - juris Rn. 46). Diese Voraussetzung war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage im April 2013 aber nicht erfüllt. Denn nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2011/95/EU hatten die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um Art. 26 der Richtlinie 2011/95/EU nachzukommen, bis 21. Dezember 2013 in Kraft zu setzen. Die Umsetzungsfrist war daher aber zu dem für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt im April 2013 noch nicht abgelaufen.

bbb) Entgegen der Auffassung der Klägerin ergab sich ein Anspruch auf Gestattung einer unselbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit auch nicht aus einer Vorwirkung des Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU.

(1) Zwar entfalten Richtlinien gegenüber dem Mitgliedstaat, an den sie nach Art. 288 Abs. 3 AEUV gerichtet sind, bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist Rechtswirkungen. Es obliegt den Mitgliedstaaten während der Umsetzungsfrist, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass das nach Art. 288 Abs. 3 AEUV für sie verbindliche Ziel der Richtlinie bei Ablauf dieser Frist erreicht wird. Dabei sind die Mitgliedstaaten zwar nicht verpflichtet, diese Maßnahmen vor Ablauf der Umsetzungsfrist zu erlassen. Sie müssen vielmehr lediglich während dieser Frist den Erlass von Vorschriften unterlassen, die geeignet sind, das in der Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernstlich in Frage zu stellen (vgl. EuGH, U. v.18.12.1997 - Inter-Environnement Wallonie, C-129/96 - juris Rn. 41 ff.; U. v. 22.11.2005 - Mangold, C-144/94 - juris Rn. 67).

Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik gegen diese Verpflichtung verstoßen hätte. Denn die für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgebliche Rechtslage, nach der, wie dargelegt, im Einklang mit der Richtlinie 2004/83/EG auch Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt worden ist, eine Beschäftigung nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG gestattet werden kann, war nicht geeignet, das in der Richtlinie 2011/95/EU vorgeschriebene Ziel ernstlich in Frage zu stellen. Vielmehr konnte der Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU zugrunde liegenden Zielsetzung, Personen mit subsidiärem Schutzstatus im Hinblick auf den Zugang zur Beschäftigung die gleichen Rechte einzuräumen wie Flüchtlingen (vgl. den Erwägungsgrund 39 der Richtlinie 2011/95/EU) ohne weiteres durch eine bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 21. Dezember 2013 in Kraft tretende Gesetzesänderung Rechnung getragen werden, wie die aktuelle Rechtslage belegt. Denn danach ist nunmehr gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 und § 25 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Satz 4 AufenthG in der seit dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung Ausländern, denen die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz zuerkannt worden ist, gleichermaßen eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Ausländer, die wie die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG besitzen, weil das Bundesamt oder die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 AufenthG in der vor dem 1. Dezember 2013 gültigen Fassung vorliegen, gelten dabei darüber hinaus als subsidiär Schutzberechtigte und erhalten grundsätzlich von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in der seit dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung (§ 104 Abs. 9 AufenthG).

(2) Schließlich ließ sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Gestattung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit zum für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt auch nicht aus einer an Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU orientierten richtlinienkonformen Auslegung ableiten. Denn unabhängig davon, ob und inwieweit eine solche Auslegung vor Ablauf der Umsetzungsfrist überhaupt zum Tragen kommen kann (vgl. Nettesheim in Grabitz/Hilf/Net-tesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: Mai 2014, Art. 288 Rn. 133; BGH, U. v. 5.2.1998 - I ZR 211/95 - juris Rn. 43 ff.), kam eine richtlinienkonforme Auslegung zu diesem Zeitpunkt hier nicht in Betracht.

Zwar verlangt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung, dass die nationalen Gerichte das innerstaatliche Recht unter Anwendung der ihnen zur Verfügung stehenden Auslegungsmethoden so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der einschlägigen Richtlinie auslegen, um zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel vereinbar ist (vgl. EuGH, U. v. 5.10.2004 - Pfeiffer, C-397/01 - juris Rn. 119; U. v. 4.7.2006 - Adeneler, C-212/04 - juris Rn. 111). Die Verpflichtung, den Inhalt der Richtlinie bei der Auslegung des nationalen Rechts heranzuziehen, endet jedoch, wenn das nationale Recht nach den zu Gebote stehenden Auslegungs- und Rechtsanwendungsmethoden nicht so ausgelegt werden kann, dass ein Ergebnis erzielt wird, das mit dem von der Richtlinie angestrebten Ergebnis vereinbar ist. Denn der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung darf nicht zu einer Anwendung des nationalen Rechts contra legem führen (vgl. EuGH, U. v. 16.6.2005 - Pupino, C-105/03 - juris Rn. 47; U. v. 4.7.2006 -Adeneler, C-212/04 - juris Rn. 110).

Legt man dies zugrunde, so schied zum für die Prozesskostenhilfeentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt eine an Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2011/95/EU orientierte richtlinienkonforme Auslegung der die Gestattung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit betreffenden nationalen Rechtsvorschriften aus, nach der der Klägerin die Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit allein aufgrund der Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus hätte gestattet werden müssen. Denn anders als nach § 25 Abs. 2 Satz 1 und 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Satz 4 AufenthG a. F. bei Flüchtlingen berechtigte nach § 25 Abs. 3 AufenthG a. F. bei Ausländern, bei denen wie im Falle der Klägerin ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG a. F. vorlag, die ihnen erteilte Aufenthaltserlaubnis nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit. Ihnen war daher die Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nicht bereits nach § 4 Abs. 2 Satz 1 AufenthG kraft der gesetzlichen Bestimmung in § 25 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Satz 4 AufenthG a. F. gestattet. Vielmehr bedurften sie nach § 4 Abs. 2 Satz 3 AufenthG ausdrücklich einer Erlaubnis der Ausländerbehörde, die ihrerseits von der Zustimmung der Bundesanstalt für Arbeit abhängig war, wenn nicht durch Rechtsverordnung bestimmt war, dass die Ausübung der Beschäftigung ohne Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit zulässig war.

Diese Regelung war ihrem Wortlaut nach klar. Zudem machte sie, wie ausgeführt, im Einklang mit Art. 26 Abs. 3 Richtlinie 2004/83/EG von der durch Art. 26 Abs. 3 Satz 2 Richtlinie 2004/83/EG ausdrücklich eröffneten Möglichkeit Gebrauch, die unselbstständige Erwerbstätigkeit subsidiär Schutzberechtigter nur unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage und nach einer Vorrangprüfung zuzulassen. Dass sie in Anwendung der anerkannten Methoden der Auslegung und Rechtsfortbildung entgegen ihrem Wortlaut und Zweck dahingehend verstanden werden könnte, dass Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte gleichermaßen allein aufgrund der ihnen erteilten Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sein sollten, ist daher nicht ersichtlich. Vielmehr würde ein solches Gesetzesverständnis die gesetzliche Regelung gerade in ihr Gegenteil verkehren und wäre daher contra legem.

3. Schließlich bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch dann keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn man der Beurteilung der Erfolgsaussichten nicht den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, sondern den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zugrunde legt, wie dies dann in Betracht kommt, wenn sich die Sach- und Rechtslage zugunsten des Betroffenen geändert und die Rechtsverfolgung in Folge dieser Änderung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. BayVGH, B. v. 10.4.2013 - 10 C 12.1757 - juris Rn. 25; B. v. 19.3.2013 - 10 C 13.334, 10 C 1310 C 13.371 - juris Rn. 26; B. v. 14.5.2013 - 10 C 10.3007; B. v. 19.12.2013 - 10 C 11.1314 - juris Rn. 4 m. w. N.).

Zwar hat sich die Sach- und Rechtslage durch die Einfügung von § 104 Abs. 9 AufenthG zugunsten der Klägerin geändert. Denn wie dargelegt, gelten nach dieser Regelung Ausländer, die wie die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 besitzen, weil das Bundesamt oder die Ausländerbehörde festgestellt hat, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 Satz 2 Aufenthaltsgesetz in der vor dem 1. Dezember 2013 geltenden Fassung vorliegen, als subsidiär Schutzberechtigte und erhalten grundsätzlich eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die sie nach § 25 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 25 Abs. 1 Satz 4 AufenthG zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aber gleichwohl auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Zum einen ist die Klage bisher nicht auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 AufenthG auf der Grundlage von § 104 Abs. 9 AufenthG, sondern lediglich auf die Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach § 4 Abs. 2 Satz 3 und § 21 Abs. 6 AufenthG gerichtet, so dass es zunächst einer entsprechenden Klageänderung bedürfte. Zum anderen würde sich die auf die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis gerichtete geänderte Klage nicht gegen den richtigen Beklagten richten. Denn für die Erteilung der betreffenden Aufenthaltserlaubnis ist die Beklagte nicht örtlich zuständig.

a) Zwar hat die Beklagte die der Aufenthaltserlaubnis beigefügten Nebenbestimmungen „Unselbstständige Beschäftigung nur nach Genehmigung durch die Ausländerbehörde gestattet.“ und „Selbstständige Tätigkeit nicht gestattet.“ erlassen, gegen die sich die Klage richtet. Jedoch wohnt die Klägerin, wie sich aus ihrer aktuellen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und den dieser als Beleg beigefügten Unterlagen ergibt, nicht mehr im Zuständigkeitsbereich der Beklagten, sondern in Hessen. Dies hat aber die örtliche Unzuständigkeit der Beklagten zur Folge.

Die für ausländerrechtliche Angelegenheiten örtlich zuständige Behörde ist in zwei Schritten zu bestimmen. In einem ersten Schritt ist festzustellen, welches Bundesland die Verbandskompetenz zur Sachentscheidung besitzt. Dies erfolgt, wenn es wie hier an speziellen koordinierten Kompetenzregelungen der Länder fehlt, die nach Art. 84 Abs. 1 Satz 1 GG das Verwaltungsverfahren regeln (vgl. BVerwG, U. v. 22.3.2012 - 1 C 5/11 - juris Rn. 15 und 18), durch eine entsprechende Anwendung der mit § 3 VwVfG übereinstimmenden Regelungen über die örtliche Zuständigkeit in den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder. In einem zweiten Schritt ist auf der Grundlage des Landesrechts des zur Sachentscheidung befugten Bundeslandes zu ermitteln, welche Behörde innerhalb des Landes örtlich zuständig ist (vgl. BVerwG a. a. O. Rn. 17).

Danach ist die Beklagte aber örtlich unzuständig. Denn nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a BayVwVfG ist in Angelegenheiten, die eine natürliche Person betreffen, die Behörde örtlich zuständig, in deren Bezirk die natürliche Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. In entsprechender Anwendung dieser Regelung besitzt daher dasjenige Bundesland die Verbandskompetenz zur Entscheidung über die nach § 104 Abs. 9 AufenthG zu erteilende Aufenthaltserlaubnis, in dem die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Dies ist aber das Land Hessen, in dem die Klägerin offenbar mittlerweile wohnt, so dass eine örtliche Zuständigkeit der Beklagten mangels einer Verbandskompetenz des Freistaats Bayern ausscheidet.

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man davon ausgeht, dass ein Asylbewerber seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hinblick auf die entsprechende räumliche Beschränkung seiner Aufenthaltsgestattung nach § 56 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Bezirk der Ausländerbehörde hat, in dem die für seine Aufnahme zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt (vgl. in diesem Sinne Ronellenfitsch in Bader/Ronellenfitsch, Beck‘scher Online-Kommentar VwVfG, Stand: 1.4.2014, § 3 Rn. 9). Denn selbst wenn die Klägerin aufgrund der räumlichen Beschränkung ihrer Aufenthaltsgestattung ihren gewöhnlichen Aufenthalt zunächst im Bezirk der Beklagten gehabt hätte, wäre diese räumliche Beschränkung nach § 56 Abs. 3 Satz 2 AsylVfG mit der Erteilung der seit 23. Juli 2012 gültigen Aufenthaltserlaubnis der Klägerin nach § 25 Abs. 3 AufenthG durch die Beklagte entfallen, so dass sich aus ihr ein gewöhnlicher Aufenthalt der Klägerin im Bezirk der Beklagten nicht mehr herleiten lässt.

c) Eine örtliche Zuständigkeit der Beklagten folgt schließlich auch nicht aus einer entsprechenden Anwendung von Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG. Ändern sich im Verlauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände, so kann nach dieser Regelung die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt. Jedoch sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

Abgesehen davon, dass keine Anhaltspunkte für eine Zustimmung der zuständigen hessischen Ausländerbehörde bestehen, haben sich die die Zuständigkeit begründenden Umstände nicht im Verlauf eines Verwaltungsverfahrens geändert, das auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 2 Satz 1 AufenthG auf der Grundlage von § 104 Abs. 9 AufenthG gerichtet war. Denn da es der Klägerin vor Inkrafttreten von § 104 Abs. 9 AufenthG lediglich um die Erteilung eine Erlaubnis zur Ausübung einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit ging, war ein solches Verwaltungsverfahren, soweit ersichtlich, bei der Beklagten nicht anhängig. Folglich ist die Änderung der die Zuständigkeit begründenden Umstände durch den Wegzug der Klägerin nach Hessen auch nicht während eines solchen Verwaltungsverfahrens erfolgt. Dementsprechend kommt auch die Fortführung eines derartigen Verfahrens durch die Beklagte nach Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG nicht in Betracht.

II.

Liegen damit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vor, so kann der Klägerin schließlich auch der von ihr benannte Rechtsanwalt nicht nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO a. F. beigeordnet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Dem Gegner ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ob er die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für gegeben hält, soweit dies aus besonderen Gründen nicht unzweckmäßig erscheint. Die Stellungnahme kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen. Dem Gegner entstandene Kosten werden nicht erstattet. Die durch die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen nach Absatz 2 Satz 3 entstandenen Auslagen sind als Gerichtskosten von der Partei zu tragen, der die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sind.

(2) Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft macht, es kann insbesondere auch die Abgabe einer Versicherung an Eides statt fordern. Es kann Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise nicht geklärt werden kann, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint; eine Beeidigung findet nicht statt. Hat der Antragsteller innerhalb einer von dem Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet, so lehnt das Gericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit ab.

(3) Die in Absatz 1, 2 bezeichneten Maßnahmen werden von dem Vorsitzenden oder einem von ihm beauftragten Mitglied des Gerichts durchgeführt.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgen die Kläger ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 28. Juni 2013 weiter, mit dem die Beklagte den Kläger (zu 1.) aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen, ihm die Wiedereinreise für (zunächst) acht Jahre untersagt und die Abschiebung aus der Haft nach Albanien angeordnet bzw. bei nicht fristgerechter Ausreise nach Haftentlassung angedroht hat.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag ergeben sich nicht die allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne dieser Bestimmung bestünden dann, wenn die Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung des Erstgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 - 1 BvR 814/09 - juris Rn. 11). Das ist jedoch nicht der Fall.

Das Verwaltungsgericht hat die Ausweisung des Klägers für rechtmäßig erachtet. Es hat auf der Grundlage der §§ 53 ff. AufenthG in der bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Fassung bei Vorliegen eines zwingenden Ausweisungsgrundes nach § 53 Nr. 1 AufenthG (durch die rechtskräftige Verurteilung des Klägers vom 24.11.2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten) und eines besonderen Ausweisungsschutzes beim Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 AufenthG anhand der gesetzlichen Regel des § 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG bejaht. Dabei ist es in spezialpräventiver Hinsicht davon ausgegangen, dass beim Kläger auch in Zukunft eine schwere Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch neue Verfehlungen ernsthaft drohe und damit von ihm eine bedeutende Gefahr für ein wichtiges Schutzgut ausgehe. Daneben hat das Verwaltungsgericht schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch im Hinblick auf die generalpräventiv begründete Ausweisung des Klägers wegen der besonders schwerwiegenden Straftaten (schwerer Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung) bejaht. Ausgehend von einem gleitenden Wahrscheinlichkeitsmaßstab (vgl. BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris) hat das Verwaltungsgericht bei seiner Prognose entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger in einem relativ kurzen Zeitraum (2005 bis 2008) mehrere schwere Gewaltdelikte begangen habe. Nach der am 5. bzw. 6. Januar 2005 begangenen Vergewaltigung habe er in noch offener Bewährungszeit am 16. November 2007 einen schweren Raub begangen, bei dem das gefesselte Opfer (mit überklebtem Mund) über mehrere Stunden in hilfloser Lage belassen worden sei, wobei nach den Feststellungen des Strafurteils eine abstrakte Lebensgefahr für das Opfer bestanden habe. Nach dieser Tat und einer längeren Untersuchungshaft habe er nur zwei Monate nach dem in erster Instanz am 12. September 2008 erfolgten Freispruch aus nichtigem Anlass seine damalige Freundin geschlagen und erheblich verletzt und damit sein hohes Gewaltpotenzial erneut bewiesen. Die erforderliche Auseinandersetzung mit seinen Taten sei durch den Kläger bis heute nicht erfolgt. Die gute Führung in der Strafhaft stehe der Annahme der Wiederholungsgefahr nicht entgegen. Auch der Umstand, dass der Kläger seit dem 30. November 2008 nicht mehr straffällig geworden sei, beseitige angesichts seiner Haftzeiten und der ihm nach Aufhebung des erstinstanzlichen freisprechenden Urteils durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 18. August 2009 drohenden weiteren Verurteilung (wegen des Raubes) die Wiederholungsgefahr nicht.

Dagegen bringt der Kläger im Zulassungsverfahren vor, von ihm gehe gegenwärtig keine ernsthafte Gefahr für ein bedeutsames Schutzgut mehr aus. Er habe die Anlasstat im Alter von 23 Jahren begangen, sei aufgrund seines Alters in hohem Maße beeinflussbar gewesen, habe aber auch als junger Mann noch ein hohes Entwicklungspotenzial, weshalb seine Entwicklung während der Zeit des Strafvollzuges in besonderem Maße zu berücksichtigen sei. Er habe sich im Strafvollzug ausgezeichnet geführt, am 12. Dezember 2012 in der Justizvollzugsanstalt geheiratet und die Erfahrung gemacht, dass er trotz seiner Fehler in der Vergangenheit von seiner Ehefrau angenommen und gebraucht werde. Dies habe bei ihm einen Prozess der Reue und des Umdenkens in Gang gesetzt, weshalb er künftig seiner Verantwortung als Ehemann gerecht werden und keine Straftaten mehr begehen wolle. Er habe nach seiner Haftzeit eine unbefristete Arbeitsstelle in einem Café in Aussicht. Er habe in der Justizvollzugsanstalt erfolgreich an einem Rehabilitationsprogramm teilgenommen und Kompetenzen für ein zukünftiges straffreies Verhalten entwickelt. Auch der Umstand, dass es sich bei ihm um einen sogenannten Erstverbüßer handle, sei bei der Prognose nach ständiger Rechtsprechung besonders zu berücksichtigen. Berücksichtige man weiterhin seine familiären Bindungen zur Mutter und seiner Schwester, könne nicht vom Bestehen einer konkreten Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Greife die Ausweisung wie in seinem Fall in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK ein, scheide die Generalprävention als Ausweisungszweck grundsätzlich aus. Dies habe das Verwaltungsgericht (ebenfalls) verkannt.

Ergänzend dazu verweist der Kläger auf das von ihm vorgelegte, im Auftrag der zuständigen Strafvollstreckungskammer erstellte forensisch-psychiatrische Sachverständigengutachten vom 12. Dezember 2015, wonach - unter bestimmten Prämissen - beim Kläger die durch die Taten zutage getretene Gefährlichkeit nicht mehr weiter bestehe.

Mit diesem Vorbringen wird aber die Annahme des Verwaltungsgerichts, der Kläger dürfe grundsätzlich wegen des Vorliegens schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden, gemessen an den nunmehr maßgeblichen Regelungen der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) im Ergebnis nicht ernsthaft in Zweifel gezogen.

Die Beurteilung, ob ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt, richtet sich grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts. Eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage bis zum Zeitpunkt der Entscheidung ist daher zu berücksichtigen. Die Änderung der Sach- und Rechtslage ist allerdings grundsätzlich nur in dem durch die Darlegung des Rechtsmittelführers vorgegebenen Prüfungsrahmen relevant (Seibert in Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 124a Rn. 57; vgl. auch BVerwG, B.v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744). Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung einer Ausweisung ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Berufungsgerichts (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 12), also hier der Entscheidung über den Zulassungsantrag; Rechtsänderungen während des Zulassungsverfahrens sind zu beachten.

Der Senat hat daher die streitbefangene Ausweisungsverfügung (und das diese als rechtmäßig bestätigende verwaltungsgerichtliche Urteil) unter Berücksichtigung des Zulassungsvorbringens mangels entgegenstehender Übergangsregelung anhand der §§ 53 ff. AufenthG in der ab 1. Januar 2016 gültigen Fassung des Gesetzes zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) zu überprüfen. Seit dieser Rechtsänderung differenziert das Aufenthaltsgesetz nicht mehr zwischen der zwingenden Ausweisung, der Ausweisung im Regelfall und der Ermessensausweisung, sondern verlangt für eine Ausweisung eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, die für ein Ermessen der Ausländerbehörde keinen Raum mehr lässt. Die Ausweisungsentscheidung ist durch das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar (Welte, InfAuslR 2015, 426; Cziersky/Reis in Hoffmann, Kommentar zum Aufenthaltsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 53 Rn. 30; Bauer in Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, Kommentar, 11. Aufl. 2016, Vorb §§ 53 - 56 Rn. 13 und § 53 Rn. 5 ff.; a.A. Marx, ZAR 2015, 245/246). Eine nach altem Recht verfügte (Ermessens-)Ausweisung wird nach Inkrafttreten der §§ 53 bis 55 AufenthG in ihrer Neufassung am1. Januar 2016 nicht rechtsfehlerhaft, wenn sie den ab diesem Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Anforderungen entspricht, also gemäß der zentralen Ausweisungsnorm des § 53 Abs. 1 AufenthG (als Grundtatbestand; vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 18/4097 S. 49 f.) der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet und die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

Die nach § 53 Abs. 1 AufenthG vorausgesetzte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ist unabhängig davon, dass eine Ausweisungsentscheidung - wie vorliegend erfolgt - nach § 53 Abs. 1 AufenthG grundsätzlich (auch) auf generalpräventive Gründe gestützt werden kann (vgl. Bauer, a. a. O., § 53 Rn. 34 unter Verweis auf die diesbezügliche ausdrückliche Entscheidung des Gesetzgebers; zur Zulässigkeit der Ausweisung allein aus generalpräventiven Gründen auch bei nachhaltig „verwurzelten“ Ausländern vgl. BVerwG, U.v. 14.2.2012 - 1 C 7.11 - juris), beim Kläger zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auch in spezialpräventiver Hinsicht noch gegeben. Seine diesbezüglichen Einwendungen im Zulassungsvorbringen greifen letztlich nicht durch.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei spezialpräventiven Ausweisungsentscheidungen und deren gerichtlicher Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei der Prognose, ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht, sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat, die Umstände ihrer Begehung, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 33 m. w. N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind bei dieser Prognose umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 34; BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - Rn. 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen kommt der Senat zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung zu der Bewertung, dass nach dem Verhalten des Klägers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass er erneut durch vergleichbare Gewaltstraftaten die öffentliche Sicherheit beeinträchtigt. Das vom Kläger insoweit vor allem geltend gemachte Nachtatverhalten, seine beanstandungsfreie und grundsätzlich positiv zu bewertende Entwicklung während der Strafhaft, aber auch der Umstand der erstmaligen Verbüßung einer langen Haftstrafe lassen die vom Verwaltungsgericht angenommene Wiederholungsgefahr ebenso wenig entfallen wie der von ihm behauptete gute soziale Empfangsraum nach Beendigung der Haft. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entscheidend darauf abgestellt, dass der Kläger mehrere gravierende Straftaten mit sich steigernder Gewaltbereitschaft begangen hat und sich dabei weder von einer Untersuchungshaft noch von den ihm angedrohten ausländerrechtlichen Konsequenzen hat beeindrucken lassen, sondern vielmehr den zuletzt abgeurteilten schweren Raub noch während laufender Bewährungszeit begangen hat. Ebenso hat das Erstgericht zutreffend festgestellt, dass angesichts der Verurteilung des Klägers wegen schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung sowie der vorangegangenen Verurteilungen wegen Vergewaltigung und vorsätzlicher Körperverletzung Schutzgüter von besonders hohem Rang (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) betroffen sind und für das Opfer des Raubes am 16. November 2007 sogar abstrakte Lebensgefahr bestanden hat.

Auch das im Auftrag der zuständigen Strafvollstreckungskammer erstellte forensisch-psychiatrische Sachverständigengutachten (über den Kläger) vom 12. Dezember 2015 rechtfertigt nicht, eine Wiederholungsgefahr beim Kläger zu verneinen. Bei ihrer Prognoseentscheidung sind die Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte an die Feststellungen und Beurteilungen der Strafgerichte rechtlich nicht gebunden. Letzteres gilt selbst dann, wenn die Strafvollstreckungskammer zur Vorbereitung ihrer Entscheidung ein Sachverständigengutachten eingeholt hat. Denn auch dieses orientiert sich inhaltlich an den materiellen strafrechtlichen Voraussetzungen einer Aussetzungsentscheidung (vgl. z. B. BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18). Bei Aussetzungsentscheidungen nach § 57 StGB geht es um die Frage, ob die Wiedereingliederung eines in Haft befindlichen Straftäters weiter im Vollzug stattfinden muss oder durch vorzeitige Entlassung für die Dauer der Bewährungszeit gegebenenfalls unter Auflagen „offen“ inmitten der Gesellschaft verantwortet werden kann. Bei dieser Entscheidung stehen naturgemäß vor allem Resozialisierungsgesichtspunkte im Vordergrund; zu ermitteln ist, ob der Täter das Potenzial hat, sich während der Bewährungszeit straffrei zu führen. Demgegenüber geht es im ausländerrechtlichen Ausweisungsverfahren um die Frage, ob das Risiko eines Misslingens der Resozialisierung von der deutschen Gesellschaft oder von der Gesellschaft im Herkunftsstaat des Ausländers getragen werden muss. Die der Ausweisung zugrunde liegende Prognoseentscheidung bezieht sich folglich nicht nur auf die Dauer der Bewährungszeit, sondern hat einen längeren Zeithorizont in den Blick zu nehmen. Denn es geht hier um die Beurteilung, ob es dem Ausländer gelingen wird, über die Bewährungszeit hinaus ein straffreies Leben zu führen. Entscheidend ist, ob er im maßgeblichen Zeitpunkt auf tatsächlich vorhandene Integrationsfaktoren verweisen kann; die beanstandungsfreie Führung während der Haft ist nur ein solcher Faktor, genügt aber für sich genommen nicht (BVerwG, U.v. 15.1.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 19 f.).

Folglich kann das vorgelegte Sachverständigengutachten für die gerichtliche Prognoseentscheidung allenfalls eine Hilfestellung bieten und zur Unterstützung der letztlich maßgeblichen richterlichen Überzeugungsbildung über das Bestehen einer Wiederholungsgefahr in Betracht kommen (vgl. BayVGH, U.v. 30.10.2012 - 10 B 11.2744 - juris Rn. 35). Die auf die vorzeitige bedingte Entlassung des Klägers bezogene Prognose in diesem Gutachten, dass beim Kläger die durch die Taten zu Tage getretene Gefährlichkeit nicht mehr weiter bestehe, wird von der Gutachterin allerdings nur unter den Prämissen angestellt, dass er in Deutschland verbleiben könne und der anvisierte soziale Empfangsraum mit einer psychotherapeutischen Begleitung und Drogenscreenings umgesetzt werden könne. Weiter spricht das Gutachten von „erforderlichen haltgebenden Strukturen“, die beim Kläger „für eine straffreie Zukunft unbedingt erforderlich sind“. Schließlich erscheint es der Gutachterin notwendig, innerhalb der (weiter erforderlichen) therapeutischen Einzelgespräche „auf die vom Kläger verdrängten, abgewehrten bzw. schambesetzten Handlungen bezüglich seiner Straftaten zu fokussieren, um seine Weichzeichnungen nicht als mögliche Bagatellisierungen zu belassen“. Letzteres bezieht sich offensichtlich darauf, dass der Kläger bei seinen abgeurteilten Gewaltstraftaten entweder zu seinen Taten selbst keine Angaben gemacht oder die Taten in völlig unangemessener Weise bagatellisiert hat. Dieser Hang zur Bagatellisierung ist auch noch aus den entsprechenden Angaben des Klägers zu seinen Straftaten gegenüber der Gutachterin eindeutig zu erkennen. Für den Senat ist dies aber ein wichtiges Indiz dafür, dass er sich mit seinen Taten immer noch nicht wirklich ernsthaft auseinandergesetzt und die volle Verantwortung dafür übernommen hat. Die Behauptung, er bereue seine Taten aufrichtig, wird dadurch jedenfalls ernsthaft erschüttert. Für die längerfristig angelegte ausländerrechtliche Prognose ist dies ein ungünstiger Aspekt.

Auch die Tatsache, dass der Kläger erstmals eine langjährige Haftstrafe verbüßt, spricht nicht gegen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr. Zwar kann - worauf er hingewiesen hat - die erstmalige Verbüßung einer (längeren) Haftstrafe, insbesondere als erste massive Einwirkung auf einen jungen Menschen, unter Umständen seine Reifung fördern und die Gefahr eines neuen Straffälligwerdens mindern (st. Rspr.; vgl. z. B. BayVGH, B.v. 24.2.2016 - 10 ZB 15.2080 - juris Rn. 12 m. w. N.). Demgegenüber hat die Beklagte aber zu Recht darauf verwiesen, dass der Kläger in der Vergangenheit nicht nur zweimal während offener Bewährung erneut gravierende Straftaten begangen hat, sondern sich auch von einer 6-monatigen Untersuchungshaft nicht hat beeindrucken lassen; nur ca. zwei Monate nach der Entlassung aus dieser Untersuchungshaft infolge eines (zunächst) freisprechenden Urteils des Landgerichts M. II hat er eine vorsätzliche Körperverletzung begangen, indem er seiner früheren Freundin aus nichtigem Anlass mehrfach mit der Faust und der flachen Hand bzw. der Rückhand ins Gesicht geschlagen und ihr auch im Verlauf des Folgetages noch mehrmals Schläge und Tritte versetzt hat. Vor diesem Hintergrund geht der Senat nicht davon aus, dass die Verbüßung der aktuellen Freiheitsstrafe den Kläger bereits so nachhaltig beeindruckt und er sich mit seiner kriminellen Vergangenheit so auseinandergesetzt hat, dass es zu einem nachhaltigen Einstellungswandel gekommen ist und er keiner Bewältigungsstrategie in Form der Bagatellisierung seiner Taten mehr bedarf. Der noch inhaftierte Kläger hat sich außerhalb der Justizvollzugsanstalt noch nicht über einen längeren Zeitraum bewährt und durch gesetzeskonformes Verhalten gezeigt, dass er auch ohne den Druck des Strafvollzugs vor allem in Krisensituationen in der Lage ist, nicht erneut straffällig bzw. gewalttätig zu werden. Eine gute Führung während der Haft und die „erfolgreiche“ Teilnahme an einem Rehabilitationsprogramm (in 33 Gruppensitzungen), das Straftäter in die Lage versetzen soll, im Leben effektiver zu Recht zu kommen, reichen insoweit jedenfalls noch nicht.

Schließlich vermag der Senat nicht zu erkennen, dass beim Kläger nach der Haftentlassung ein geeigneter und realistischer sozialer Empfangsraum im Sinne der von der Gutachterin angesprochenen „erforderlichen haltgebenden Strukturen“ vorhanden wäre. Die Ehefrau des Klägers und Klägerin (zu 2.), mit der er nach seiner Haftentlassung - im Übrigen erstmals dauerhaft - in einer Lebensgemeinschaft zusammenleben will, leidet nach den vorgelegten ärztlichen Berichten an zahlreichen psychischen Störungen und Erkrankungen. So wurden bei ihr u. a. eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typ, eine posttraumatische Belastungsstörung, eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome, Opiatabhängigkeit, Opiatentzugssyndrom, Alkoholabhängigkeit, Verdacht auf ADHS und Verdacht auf sonstige generalisierte Epilepsie und epileptische Syndrome diagnostiziert. Nach dem Vorbringen im Zulassungsantrag ist die Klägerin deshalb selbst dringend auf die Unterstützung des Klägers angewiesen. Auch die Mutter des Klägers, bei der nach den im Zulassungsverfahren vorgelegten Attesten ebenfalls orthopädische Probleme, ein chronisches Schmerzsyndrom und eine reaktive Depression diagnostiziert wurden und bei der der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau entsprechend seinen Angaben bei der forensisch-psychiatrischen Begutachtung offensichtlich wohnen will, ist nach dem Zulassungsvorbringen ebenfalls auf „die Anwesenheit und Unterstützung des Klägers angewiesen“. Seine Mutter war im Übrigen schon bislang nicht in der Lage, ihm die „erforderlichen haltgebenden Strukturen“ zu vermitteln. Dass das künftig zusammen mit der schwer suchtkranken und unter schwerwiegenden Persönlichkeitsstörungen leidenden Ehefrau des Klägers, der Klägerin (zu 2.), gelingen könnte, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Das vorgelegte Angebot eines unbefristeten Arbeitsvertrags als Servicekraft in einem Café nach der Haftentlassung ist demgegenüber nicht von ausschlaggebender Bedeutung.

Die bei Vorliegen einer tatbestandsmäßigen Gefährdungslage nach § 53 Abs. 1 AufenthG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise des Klägers mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausreise überwiegt. Entgegen dem Zulassungsvorbringen ist die streitbefangene Ausweisung des Klägers weder unter Berücksichtigung der in § 53 Abs. 2 AufenthG - allerdings nicht abschließend - aufgeführten Umstände noch mit Blick auf die Anforderungen der wertentscheidenden Grundsatznorm des Art. 6 Abs. 1 GG und des Art. 8 EMRK unverhältnismäßig. Das Verwaltungsgericht hat bei der vom Kläger angegriffenen Entscheidung sämtliche entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte berücksichtigt, die auch in diese Interessenabwägung einzustellen sind, und sie im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise gewichtet.

Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG ist beim Kläger infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung vom 24. November 2011 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG gegeben. Sein Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Abs. 1 AufenthG wiegt nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besonders schwer, weil er eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat. Ein besonders schwerwiegendes Bleibeinteresse nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG kann der Kläger dagegen für sich nicht in Anspruch nehmen, weil zum hier maßgeblichen Zeitpunkt ein eheliches Zusammenleben im Sinne einer tatsächlich gelebten ehelichen Lebensgemeinschaft nicht vorliegt. Das Verwaltungsgericht hat seiner Ehe mit der Klägerin (zu 2.) bei der Abwägung der gegenläufigen Interessen zu Recht kein großes Gewicht beigemessen, weil die Ehe erst während der Haft und im Wissen um die Straftaten und seiner durch die Ausländerbehörde bereits angekündigten Abschiebung, also einer unsicheren Aufenthaltsperspektive, geschlossen worden ist (vgl. BayVGH, U.v. 25.8.2014 - 10 B 13.715 - juris Rn. 50). Auch der Einwand, die Klägerin (zu 2.) sei auf die Unterstützung des Klägers angewiesen, greift nicht durch. Ungeachtet der verminderten Schutzwürdigkeit dieser Ehe ist weder nachvollziehbar dargelegt, dass und auf welche Lebenshilfeleistungen die erkrankte Klägerin tatsächlich angewiesen wäre, noch geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass der Kläger jemals solche Hilfeleistungen tatsächlich erbracht hätte. Demgemäß greift auch die Rüge, das Verwaltungsgericht habe verkannt bzw. fehlgewichtet, dass der Klägerin (zu 2.) als deutscher Staatsangehöriger ein Leben mit dem Kläger in Albanien nicht zumutbar sei, nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat unter Berücksichtigung des aus den genannten Gründen stark geminderten Vertrauensschutzes vielmehr zu Recht darauf verwiesen, dass den Klägern nach der Ausreise des Klägers auch die Führung einer „Fernbeziehung“ beschränkt auf Kontakte mithilfe elektronischer Medien sowie auf gelegentliche Besuche zumutbar sei.

Auch die familiären Beziehungen des Klägers zu seiner Mutter und seiner Schwester, die beide die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, hat das Verwaltungsgericht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Rüge des Klägers, die Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten nicht hinreichend berücksichtigt, dass auch seine Mutter, die ausweislich der vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen an einer reaktiven Depression, einem chronischen Schmerzsyndrom und mehreren orthopädischen Erkrankungen (insbesondere chronisch progrediente Gonarthrose links, Bandscheibenvorfall L5/S1, Fingerpolyarthrosen, multiple Tendinosen) leide, ihren Alltag nicht mehr alleine bewältigen könne und auf die Unterstützung durch ihre Familienangehörigen angewiesen sei, greift ebenfalls nicht durch. Denn auch bezüglich der Mutter ist weder dargelegt, auf welche Lebenshilfeleistungen diese tatsächlich angewiesen sein soll, noch geltend gemacht oder sonst ersichtlich, dass der Kläger jemals solche Hilfeleistungen tatsächlich erbracht hätte. Die pauschale und unsubstantiierte Feststellung im vorgelegten ärztlichen Attest des Arztes für Allgemeinmedizin/Psychotherapie Dr. B. C. vom 15. April 2014, wonach die Patientin im Alltag der Unterstützung durch die Angehörigen bedürfe, weil sie ihren Alltag nicht alleine bewältigen könne, reicht dafür jedenfalls nicht aus. In den vom Kläger weiter vorgelegten Attesten vom April und Mai 2015 ist im Übrigen von einer bei der Mutter erforderlichen Unterstützung im Alltag nicht die Rede.

Das Zulassungsvorbringen, der Kläger sei bei einer Rückkehr in Albanien wegen einer Familienfehde von Blutrache und damit dem Tod bedroht, ist schon nicht schlüssig. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger, der sich mit seinen Eltern und seiner Schwester bereits seit 1993 in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, entsprechend einer erstmals im Zulassungsverfahren vorgelegten Bescheinigung des Vereins zur Versöhnung der Blutrache Tirana vom 28. August 2014 sich in einer Fehde mit der Familiensippe S. befinden und insbesondere von den Bürgern A.S. und U.S. mit dem Tod bedroht werden solle, egal wo er sich befinde. Unabhängig davon könnte auch nicht angenommen werden, dass die behauptete Gefahr für den Kläger landesweit besteht und der albanische Staat grundsätzlich nicht willens und in der Lage ist, vor Übergriffen Schutz zu bieten bzw. dagegen vorzugehen (vgl. etwa OVG Saarl, B.v. 18.12.2015 - 2 A 128/15 - juris Rn. 12 m. w. N.).

Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch zu Recht angenommen, dass dem Kläger trotz seines inzwischen 22-jährigen Aufenthalts in Deutschland und eingeschränkter albanischer Sprachkenntnisse zuzumuten sei, nach Albanien zurückzukehren, wo er als 31-jähriger gesunder Mann Arbeit und ein Auskommen finden könne. Dabei hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger, der einen beachtlichen Teil seiner Kindheit in seinem Heimatland verbracht hat und dort auch zur Schule gegangen ist, zwar den ganz überwiegenden Teil seines Lebens in Deutschland gelebt hat, dass von einer gelungenen sozialen oder gar wirtschaftlichen Integration in die Verhältnisse in der Bundesrepublik jedoch gleichwohl nicht ausgegangen werden kann. Auch insoweit verfängt der klägerische Einwand, er verfüge in Albanien über keine tragfähigen sozialen Bindungen mehr und spreche nur noch gebrochen albanisch, letztlich nicht.

Einwände gegen die vom Verwaltungsgericht rechtlich nicht beanstandete Befristung der Wirkungen der Ausweisung des Klägers auf zuletzt sieben Jahre und die Abweisung der Klage der Klägerin (zu 2.) als unbegründet wurden im Zulassungsverfahren nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 39 Abs. 1 und § 52 Abs. 2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Senftl Zimmerer Dihm

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

10 B 13.715

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 25. August 2014

(VG München, Entscheidung vom 21. Juli 2011, Az.: M 23 K 10.1455)

10. Senat

Sachgebietsschlüssel: 600

Hauptpunkte:

- Ausweisung eines wegen Betäubungsmitteldelikten mehrfach verurteilten, Nigerianers, - Beziehungen des Ausländers zu seinen vier nichtehelichen Kindern von drei unterschiedlichen Müttern, - Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

Landeshauptstadt München,

vertreten durch den Oberbürgermeister,

dieser vertreten durch KVR HA II Ausländerangelegenheiten, Ruppertstr. 19, 80337 München,

- Beklagte -

beteiligt:

Landesanwaltschaft Bayern, als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, 80539 München,

wegen Ausweisung;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juli 2011,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 10. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Senftl, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Eich, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Martini ohne weitere mündliche Verhandlung

am 25. August 2014

folgendes Urteil:

I.

Unter Aufhebung der Nr. 2 des Bescheids der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014 wird die Beklagte verpflichtet, über die Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt drei Viertel der Kosten des Berufungsverfahrens, die Beklagte trägt ein Viertel.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 2. November 1981 geborene Kläger ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste seinen Angaben zufolge am 11. Juli 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte unter Angabe falscher Personendaten seine Anerkennung als Asylberechtigter. Das Bundesamt - damals Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, jetzt Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - lehnte seinen Antrag mit Bescheid vom 29. September 2004 (rechtskräftig seit 17. Juli 2006) ab.

Anlässlich einer Vorsprache bei der Beklagten am 22. August 2006 legte der Kläger einen am 5. Juli 2006 ausgestellten nigerianischen Pass mit seinen tatsächlichen persönlichen Daten vor und teilte mit, dass seine deutsche Freundin, Frau A., von ihm schwanger sei. Dem Kläger wurde daraufhin eine Duldung erteilt. Nach der Geburt seiner deutschen Söhne Gabriel und Valentin am 22. September 2006 beantragte er unter Vorlage einer Vaterschaftsanerkennungsurkunde sowie von Erklärungen über die gemeinsame elterliche Sorge für die Kinder die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und gab dabei an, die Kinder trotz getrennter Wohnsitze jeden Tag zu sehen und somit sein Sorgerecht auszuüben. Trotz einer Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 21. Mai 2007 zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen wegen mittelbarer Falschbeurkundung erteilte die Beklagte dem Kläger am 15. Juni 2007 eine bis zum 14. Juni 2008 befristete Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, verwarnte ihn aber zugleich mit Schreiben vom 15. Juni 2007. Am 13. Juni 2008 wurde die Aufenthaltserlaubnis bis zum 14. Juni 2010 verlängert, nachdem die Mutter seiner Kinder angegeben hatte, dass er sich regelmäßig um seine Kinder kümmere und sie jeden Monat Unterhaltszahlungen von ihm erhalte.

Am 2. Mai 2009 wurde der Kläger in Untersuchungshaft genommen und mit Urteil des Amtsgerichts München vom 1. September 2009, rechtskräftig seit 1. Dezember 2009, wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren vier Monaten verurteilt. Der Kläger hatte im Februar oder März 2009 einen Rucksack, in dem sich sieben Pakete mit insgesamt 2216,94 Gramm Marihuana mit einem Schwarzmarktwert von deutlich mehr als 10.000 Euro sowie eine elektronische Feinwaage befanden, in das Kellerabteil der Frau A. gebracht, den diese am 1. Mai aufgefunden und bei der Polizei abgegeben hat. Entgegen der Einlassung des Klägers im Strafverfahren, er habe den Rucksack lediglich für einen Bekannten aufbewahrt und dafür 600 Euro erhalten, die er wegen der Krankheit seines Vaters in Nigeria benötigt habe, ging das Strafgericht davon aus, dass der Kläger das Rauschgift in der Absicht aufbewahrt habe, es gewinnbringend weiterzuveräußern.

Nach Rechtskraft des Urteils hörte die Beklagte den Kläger sowie Frau A. zu dessen beabsichtigter Ausweisung an. Der Kläger trug vor, er sei von März bis Mai 2009 nach Nigeria geflogen, weil sein Vater krank gewesen sei. Er wolle aber wegen der Zwillinge im Bundesgebiet bleiben. Werde er abgeschoben, werde sein ganzes Leben zerstört.

Die Kindsmutter äußerte sich dahingehend, dass ihr von Anfang an klar gewesen sei, dass der Kläger keinen Unterhalt zahle und sie die Kinder allein erziehen werde. Er habe nicht gearbeitet, sondern seine Arbeitspapiere an Landsleute weitergegeben, habe aber immer Geld gehabt und sei mehrmals im Jahr nach Nigeria geflogen, wobei es nicht stimme, dass sein Vater krank sei. Er sei unregelmäßig zu ihr und den Kindern gekommen, habe nur etwas gegessen, geduscht und geschlafen, aber keinen Erziehungsbeitrag geleistet. Die Kinder würden ihn nach seinen langen Aufenthalten in Nigeria von teilweise sieben Wochen nicht wiedererkennen und auch nicht nach ihm fragen.

Mit Bescheid vom 3. März 2010 wies die Beklagte den Kläger aus dem Bundesgebiet Deutschland aus (Nr. 1. des Bescheids), untersagte die Wiedereinreise (Nr. 2.) und drohte seine Abschiebung aus der Haft, hilfsweise vier Wochen nach Haftentlassung nach Nigeria oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat an (Nr. 3.). Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger sei nach § 53 Nr. 2 AufenthG zwingend auszuweisen. Einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG besitze er nicht, da er mit seinen Kindern zu keinem Zeitpunkt in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Auch unter Berücksichtigung von Art. 6 GG und Art. 8 EMRK sei keine andere Entscheidung zu treffen, denn der Kläger habe weder Unterhalt gezahlt noch einen Beitrag zur Betreuung der Kinder geleistet. Die Kindsmutter strebe das alleinige Sorgerecht an. Es sei ihm zuzumuten, die Beziehung zu den Kindern durch Telefon- und Briefkontakte aus dem Ausland aufrechtzuerhalten bzw. die Kinder mittels Betretungserlaubnissen in Deutschland zu besuchen. Vorsorglich gehe die Beklagte aufgrund der Bindungen zu den Zwillingen davon aus, dass über die Ausweisung im Ermessenswege zu entscheiden sei. Eine Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Ausweisung, nämlich der Verhinderung weiterer Straftaten im Bundesgebiet sowie der Abschreckung anderer Ausländer von der Begehung vergleichbarer Straftaten, insbesondere im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln, und den persönlichen Interessen des Klägers, nämlich den Bindungen zu seinen Kindern, führe zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des Klägers dessen private Interessen überwiege. Die Ausweisung sei auch nicht unverhältnismäßig im Hinblick auf Art. 8 EMRK und Art. 6 GG.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2010 ließ der Kläger gegen den Ausweisungsbescheid Klage erheben und vortragen, er könne sich auf den besonderen Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG berufen, da er mit seinen Kindern jedenfalls partiell in familiärer Lebensgemeinschaft gelebt habe. Er habe sich lediglich bei Frau A. nicht angemeldet, weil die Wohnung vom Sozialamt bezahlt worden sei. Mit einem Video sowie mit seinem Handy und der zugehörigen Simkarte könne er belegen, dass er täglich Telefonkontakt mit den Kindern auch aus Nigeria gehabt und mit ihnen Geburtstag gefeiert habe. Seine Abschiebung sei zudem im Hinblick auf Art. 8 EMRK unverhältnismäßig.

Mit Schriftsatz vom 21. September 2010 beantragte der Kläger zusätzlich, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 6. September 2010 zu verpflichten, ihm eine Duldung für sechs Monate zu erteilen, und verwies darauf, dass er bereits am 26. Juli 2010 bei der Beklagten einen Antrag auf befristete Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis, hilfsweise auf Erteilung einer Duldung, gestellt habe. Mit Schreiben der Beklagten vom 6. September 2010 habe diese dem Klägerbevollmächtigten mitgeteilt, dass weder die Ausstellung einer Fiktionsbescheinigung noch die Erteilung einer Duldung in Betracht komme.

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 lehnte die Auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg beim Amtsgericht Landsberg a. Lech die Aussetzung des Strafrests nach Verbüßung von zwei Dritteln der Freiheitstrafe zur Bewährung ab. Nach den Gesamtumständen beim Kläger sei es nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er außerhalb des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen werde. Mit weiterem Beschluss vom 31. Mai 2011 ordnete die Auswärtige Strafvollstreckungskammer nach Vollstreckung der Freiheitsstrafe Führungsaufsicht für fünf Jahre an. Am 31. August 2011 wurde der Kläger aus der Strafhaft entlassen.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 13. Juli 2011 ergänzte die Beklagte die Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids vom 3. März 2010 und befristete die Wirkungen der Ausweisung bzw. Abschiebung auf sieben Jahre nach Abschiebung bzw. Ausreise unter der Bedingung, dass keine neuen Ausweisungsgründe bekannt werden. Zudem ergänzte sie das bereits im Bescheid ausgeübte Ermessen dahingehend, dass zugunsten des Klägers rein vorsorglich davon ausgegangen werde, dass vor seiner Inhaftierung eine Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seinen beiden Kindern bestanden habe, dass der Kläger lediglich im abgeurteilten Umfang gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen habe -Frau A. hatte ihn am 30. Juni 2011 bei der Polizei weiterer Betäubungsmitteldelikte bezichtigt - und dass er 2007/2008 erwerbstätig gewesen sei. Jedoch erscheine die Ausweisung nach wie vor notwendig und angemessen, denn der Kläger sei schwerwiegend strafrechtlich in Erscheinung getreten. Von erheblicher Bedeutung sei dabei die Tatsache, dass eine vorzeitige Entlassung abgelehnt worden sei. Die Ausweisung sei nicht nur spezialpräventiv, sondern auch generalpräventiv begründet, da der Ausweisungsanlass besonders schwer wiege und vergleichbare Täter abgeschreckt werden könnten. Der Kläger besitze zudem noch enge Bindungen an sein Heimatland. Hinsichtlich der Erteilung einer Duldung wurde der Rechtsstreit für erledigt erklärt.

Mit Urteil vom 21. Juli 2011 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren hinsichtlich der Klage auf Erteilung einer Duldung ein, hob die in der mündlichen Verhandlung ergänzte Befristungsentscheidung (Nr. 2 Satz 2 des Bescheids vom 3.3.2010) auf und wies die Klage im Übrigen ab. Der Ausweisungsbescheid der Beklagten vom 3. März 2010 erweise sich als im Wesentlichen rechtmäßig. Es spreche zwar viel dafür, dass zwischen dem Kläger und seinen beiden deutschen Kindern keine familiäre Lebensgemeinschaft i. S. des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG bestehe und deshalb ein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 AufenthG ausscheide. Jedoch sei die Beklagte zugunsten des Klägers von Bindungen zu seinen Kindern ausgegangen und habe über die Ausweisung nach Ermessen entschieden. Diese Ermessensentscheidung sei nicht zu beanstanden. Die Klage habe jedoch Erfolg, soweit es um das befristete Wiedereinreiseverbot gehe, denn die Beklagte habe nicht zu erkennen gegeben, warum sie ein Wiedereinreiseverbot von mehr als fünf Jahren festgesetzt und welche Gründe sie ihrer Befristungsentscheidung zugrunde gelegt habe.

Mit Schriftsatz vom 30. November 2011 beantragte der Kläger die Zulassung der Berufung. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ermessensentscheidung der Beklagten rechtsfehlerfrei sei. Eine Überprüfung unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 GG und des Art. 8 EMRK müsse zugunsten des Klägers ausfallen. Dieser habe seit seiner Entlassung aus der Haft Ende August 2011 wieder Kontakt zu seinen beiden Kindern. Mit diesen werde eine emotionale Beziehung aufgebaut. Er nehme den Kontakt, der für die Kinder zur Stabilisierung sehr wichtig sei, regelmäßig wahr. Zusätzlich fänden fast täglich Telefonate zwischen ihm und den Kindern statt. Der Kläger hätte nach der Haftentlassung auch einen Arbeitsplatz gehabt, wenn ihm eine Arbeitserlaubnis erteilt worden wäre. Im August 2012 teilte der Kläger ergänzend mit, er habe die Mutter seines dritten deutschen Kindes, Frau B., zufällig wieder getroffen und wolle mit ihr jetzt eine Familie gründen. Er legte die Kopie einer standesamtlichen Urkunde vom 23. Juli 2012 über die Anerkennung der Vaterschaft für das Kind Alicia Samira B., geboren am 4. Juni 2005, vor.

Am 21. Dezember 2012 erließ das Amtsgericht München (Az. 512 F 14102/12) auf Antrag von Frau A. einen Beschluss nach dem Gewaltschutzgesetz, wonach dem Kläger insbesondere verboten wurde, sich in einem bestimmten Umkreis um die Wohnung von Frau A. aufzuhalten und Kontakt zu ihr aufzunehmen. Die Anordnung wurde bis 21. Juni 2013 befristet und beruhte darauf, dass der Kläger Frau A. im Dezember 2012 massiv bedrängt hatte.

Mit Beschluss vom 2. April 2013 hat der Senat die Berufung im Hinblick auf die erst im Zulassungsverfahren vorgebrachten Bindungen des Klägers zu seinem dritten deutschen Kind zugelassen.

Zur Begründung der Berufung führte der Kläger unter Bezugnahme auf sein bisheriges Vorbringen ergänzend aus, der angefochtene Ausweisungsbescheid sei deshalb rechtswidrig, weil die Beziehung des Klägers zu seinen leiblichen Kindern, insbesondere zu seinem dritten deutschen Kind, einer Ausweisung entgegenstehe. Der Kläger kümmere sich intensiv um seine Tochter und habe zu dieser eine enge familiäre Beziehung. Aber auch im Hinblick auf seine beiden Zwillinge sei der Kläger bemüht, die Beziehung nicht nur zu den beiden Kindern, sondern auch zur Kindsmutter zu normalisieren. Schließlich sei auch der Ausweisungsanlass nicht mehr aktuell. Der Kläger habe seine Strafe verbüßt und sei seitdem nicht mehr rückfällig geworden. Auch generalpräventive Gesichtspunkte hätten kein Gewicht mehr. Sobald ihm eine Erwerbstätigkeit erlaubt werde, werde er wieder arbeiten.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 legte der Kläger eine Sorgerechtserklärung vom 20. Juni 2013 vor, in der er und Frau B. erklärten, die elterliche Sorge für ihre Tochter Alicia gemeinsam übernehmen zu wollen.

Ebenfalls am 20. Juni 2013 hat der Kläger in einer notariellen Urkunde die Kindsmutter Frau B. bevollmächtigt, ihn bei der Ausübung seines Sorgerechts umfassend zu vertreten.

Am 12. Juli 2013 wurde das vierte deutsche Kind des Klägers, Precious Chinaza Omotola R., geboren, für das er am 31. Juli 2013 die Vaterschaft anerkannt und zusammen mit der Kindsmutter, Frau R., erklärt hat, die elterliche Sorge für das Kind gemeinsam übernehmen zu wollen. Mit Endbeschluss vom 12. Dezember 2013 (Az.: 533 F 9348/13) hat das Amtsgericht München festgestellt, dass der zum Zeitpunkt der Geburt von Precious noch mit der Mutter verheiratete Herr R. nicht Vater des Kindes ist. Damit wurde das Vaterschaftsanerkenntnis des Klägers für das Kind Precious wirksam.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 5. August 2013 wurde der Kläger wegen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, begangen am 13. Dezember 2012 zulasten von Frau A., zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Am 14. Dezember 2013 hat die Mutter der Zwillinge des Klägers Strafanzeige gegen den Kläger wegen mehrfacher Körperverletzungsdelikte zu ihren Lasten sowie zweier Vergewaltigungen gestellt. Diese Verfahren wurden offensichtlich später eingestellt.

Der Kläger ist am 9. Januar 2014 wegen des Verdachts auf Begehung von Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz in Untersuchungshaft genommen worden. Am 13. Januar 2014 unterrichtete das Bayerische Landeskriminalamt die Beklagte über ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger. Dieser sei am 9. Januar 2014 im Rahmen der Sicherstellung von ca. 78 Gramm Kokain festgenommen worden. Er habe nachweislich einer anderen Person 27,7 Gramm Kokain verkauft. Bei der Wohnungsdurchsuchung seien beim Kläger 48,8 Gramm Kokain sichergestellt und zudem 4100 Euro aufgefunden worden. Er sei bereits drei Mal wegen Drogendelikten inhaftiert gewesen und 2011 zuletzt aus der Haft entlassen worden. Am 12. Mai 2014 wurde von der Staatsanwaltschaft München I Anklage wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tatmehrheitlichen Fällen erhoben.

Mit Bescheid vom 2. Juli 2014 fasste die Beklagte die Nr. 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung vom 13. Juli 2011 neu und untersagte dem Kläger die Wiedereinreise für sieben Jahre, wobei die Frist mit der Ausreise beginnen sollte. Die Begründung des Ausgangsbescheids ergänzte die Beklagte wie folgt: Unter Berücksichtigung des nach Erlass der Ausweisungsverfügung vom 3. März 2010 neu hinzugekommenen Sachverhalts seien die Ausweisungswirkungen auf sieben Jahre zu befristen. Angesichts der konkreten Gefahr der Begehung weiterer schwerer Straftaten, insbesondere nach der Verurteilung wegen des Handelns mit Betäubungsmitteln aus reinem Gewinnstreben ohne selbst drogenabhängig zu sein, sei zunächst eine Frist von neun Jahren festzusetzen gewesen. Diese sei wegen der Beziehung des Klägers zu seinen vier deutschen Kindern auf sieben Jahre reduziert worden.

Außerdem aktualisierte die Beklagte das im Bescheid vom 3. März 2010 eröffnete und am 13. Juli 2011 im Rahmen der mündlichen Verhandlung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München fortgeschriebene Ermessen.

In der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2014 ergänzte die Beklagte nochmals ihre Ermessenserwägungen, insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen des Klägers zu seinen Töchtern Alicia und Precious, hielt aber die Ausweisung des Klägers dennoch im Hinblick auf die Schwere der von ihm begangenen Straftaten für verhältnismäßig. An ihrer Befristungsentscheidung vom 2. Juli 2014 hielt die Beklagte fest. In der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben zur Beziehung des Klägers zu seinen Kindern durch Einvernahme der Mütter seiner Kinder, Frau A., Frau B. und Frau R. als Zeuginnen. Auf deren Aussagen wird Bezug genommen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 21. Juli 2011, soweit die Klage abgewiesen wird, sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids der Beklagten vom 2. Juli 2014 sowie der Ermessensergänzungen in der mündlichen Verhandlung vom 7. Juli 2014 und im Schriftsatz vom 14. April 2015 aufzuheben, hilfsweise die Beklagte zu einer Befristungsregelung mit einer Sperrfrist von drei Jahren zu verpflichten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 7. Juli 2014 wurde ins schriftliche Verfahren übergegangen.

Mit Urteil des Amtsgerichts München vom 9. Oktober 2014 wurde der Kläger wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zwei Monaten verurteilt. Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der Kläger in der letzten Dezemberwoche 2013 einem Dritten 19,61 g Kokaingemisch zum Preis von 1.000 Euro in Gewinnerzielungsabsicht verkauft und übergeben hat und am 9. Januar 2014 in einem zu seiner Wohnung gehörenden Kellerabteil 40,02 g Kokaingemisch wissentlich und willentlich aufbewahrt hat. Bei der Strafzumessung sprach zugunsten des Klägers sein Geständnis hinsichtlich der Aufbewahrung des Kokaingemischs, dass er sich seit Januar 2014 in Untersuchungshaft befand und dass die Drogen sichergestellt werden konnten. Zu seinen Lasten wurde gewertet, dass Kokain eine harte Droge ist, er bereits dreifach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, die Strafvollstreckung erst im August 2011 erledigt war, er die Geschäfte nur „des Geldes wegen“ gemacht und professionell gehandelt hat. Eine derartige Menge von Kokain erhalte nur derjenige in Kommission, der von seinen Hintermännern als vertrauenswürdig erachtet werde. Dieses Urteil ist am 6. Mai 2015 rechtskräftig geworden.

Mit Schriftsatz vom 14. April 2015 ergänzte die Beklagte erneut ihr bislang ausgeübtes Ermessen und führte aus, aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit werde ihre Ermessensentscheidung nunmehr allein auf die in diesem Schriftsatz erfolgten Ausführungen gestützt. Sie bezog die erneute Verurteilung des Klägers vom 9. Oktober 2014 in ihre Ermessenserwägungen mit ein und stellte sie den privaten Interessen des Klägers, insbesondere der Beziehung zu seinen deutschen Kindern, gegenüber, kam aber letztendlich zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers seine privaten Interessen überwiege. Es werde dabei ausdrücklich offen gelassen, ob tatsächlich bei der klägerischen Ausweisung Ermessen auszuüben sei, da nicht geklärt sei, ob der Tatbestand des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG gegeben sei. Vorsorglich werde jedoch geprüft, ob die Ausweisung unter Ermessensgesichtspunkten geboten sei. Bei der dann vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung seien insbesondere die vom Kläger begangenen Betäubungsmittelstraftaten sowie seine Verurteilung wegen Nötigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in den Blick zu nehmen. Die von ihm begangenen Straftaten im Zusammenhang mit Drogen gehörten zum Bereich der Schwerkriminalität. Insoweit habe sich die Deliquenz des Klägers noch erheblich gesteigert, da er zunächst mit der „weichen“ Droge Marihuana und bei der letzten Verurteilung mit der „harten“ Droge Kokain gehandelt habe. Der Kläger habe sich weder durch die frühere Verurteilung noch durch die anhängige Führungsaufsicht oder das offene Ausweisungsverfahren von der Begehung einschlägiger und sogar gesteigerter Betäubungsmitteldelikte abhalten lassen. Dass bei ihm eine größere Summe an Bargeld sichergestellt worden sei, belege, dass er sich durch den Handel mit Kokain eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle habe verschaffen wollen und stütze die Annahme der Beklagten, dass von ihm weiter eine konkrete Wiederholungsgefahr ausgehe. Ferner sei zu berücksichtigen, dass auch die Beziehungen zu seinen Kindern, insbesondere die Geburt des jüngsten Kindes, nicht zu einer Zäsur oder zu einem Umdenken des Klägers geführt hätten. Die Triebfeder seiner Straffälligkeit, nämlich reines Gewinnstreben, werde auch nach Verbüßung seiner Haft unvermindert fortbestehen, denn er befinde sich in einer sehr ungünstigen sozialen Situation und sei mit ca. 25.000 Euro verschuldet. Die Wiederholungsgefahr werde auch nicht dadurch relativiert, dass der Kläger nicht drogensüchtig sei und sich in der Haft ordnungsgemäß führe. Im Rahmen der persönlichen Interessen des Klägers komme insbesondere der Beziehung zu seiner Tochter Precious ein erhebliches Gewicht bei, wobei die Beklagte rein vorsorglich davon ausgehe, dass mit dieser eine Lebensgemeinschaft bestehe. Keine emotionale Bindung dürfte demgegenüber zwischen dem Kläger und seinen Söhnen bestehen. Auch zu Alicia bestehe seit Weihnachten 2013 kein persönlicher Kontakt mehr, es werde aber von einer gewissen emotionalen Bindung ausgegangen. Eine gewichtige Beziehung zu Alicia bestehe jedoch nicht mehr. Die Beziehung zu Frau R. sei nicht durch Art. 6 GG, wohl aber durch Art. 8 EMRK geschützt. Die Folgen einer Ausweisung würden aber für Familienangehörige weniger schwer wiegen, wenn diesen die aufenthaltsrechtliche prekäre Situation des Ausländers bekannt sei. Frau R. musste bekannt sein, dass die Vater-Kind-Beziehung womöglich nicht auf Dauer im Bundesgebiet geführt werden könne. Dennoch komme dem Interesse von Precious am Verbleib des Klägers im Bundesgebiet ein besonderes Gewicht zu, denn die sporadischen Umgangskontakte in der Haft seien für das Wohl von Precious von einer immerhin gewissen Bedeutung. Nicht desto weniger würden die öffentlichen Belange die privaten Belange des Klägers und seiner Kinder im Hinblick auf die vom Kläger begangenen schwerwiegenden Straftaten überwiegen. Die Ausweisung sei erforderlich, um die konkrete Gefahr weiterer, erheblicher Straftaten durch den Kläger im Bundesgebiet abzuwehren. Aus diesen Gründen sei die Ausweisung auch verhältnismäßig. Hinzu komme, dass dem Kläger die Rückkehr in sein Heimatland Nigeria zumutbar sei. Da Precious derzeit nicht mit dem Kläger zusammenlebe, sondern nur punktuell Kontakt mit ihm habe, sei auch ihr die Trennung zuzumuten und die Verbindung über moderne Kommunikationsmittel oder Betretungserlaubnisse aufrechtzuerhalten. Ergänzend wies die Beklagte im genannten Schriftsatz darauf hin, dass der Kläger ausweislich des Strafurteils gearbeitet habe, obwohl ihm seit seiner ersten Haftentlassung im August 2011 die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ausländerrechtlich nicht erlaubt war. Gleichzeitig habe er Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten und habe sich, obwohl er dazu verpflichtet gewesen sei, nicht in der Gemeinschaftsunterkunft, sondern offenbar bei Frau R. aufgehalten bzw. dort gewohnt. Er habe auch die Vorlage seines Nationalpasses verweigert und damit gegen eine Auflage des Beschlusses zur Führungsaufsicht verstoßen. All dies belege die konsequent ablehnende Haltung des Klägers gegenüber der hiesigen Rechtsordnung.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2015 wies der Kläger nochmals darauf hin, dass die Beklagte den familiären Beziehungen des Klägers zur Mutter seiner Tochter Precious und zu den anderen Kindern zu wenig Gewicht beigemessen habe und jedenfalls die Sperrzeit zu lange bemessen sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behörden- und Strafakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Urteil konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, da sich die Parteien mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt haben (vgl. § 125 Abs. 1 i. V. m. § 101 Abs. 2 VwGO); ihre Verzichtserklärung haben die Beteiligten im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens auch nicht widerrufen, sondern mit Schreiben vom 18. Mai 2015 und vom 21. Juli 2015 jeweils um kurzfristige bzw. baldige Entscheidung gebeten.

Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014 ist rechtswidrig, soweit er die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots für den ausgewiesenen Kläger betrifft, und verletzt ihn dadurch in seinen Rechten. Die Beklagte war daher zu verpflichten, den Kläger insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

Dagegen hat die Klage im Hauptantrag keinen Erfolg, weil die Ausweisung des Klägers im angegriffenen Bescheid der Beklagten vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids der Beklagten vom 2. Juli 2014 sowie der Ergänzungen vom 13. Juli 2011, vom 7. Juli 2014 und vom 14. April 2015 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Streitgegenstand ist zunächst die Ausweisung des Klägers in Nr. 1 des Bescheids vom 3. März 2010 in seiner aktuellen Form, also in Form der letzten Ermessensergänzung im Schriftsatz vom 14. April 2015, sowie die in Nr. 3 dieses Bescheids verfügte Abschiebungsandrohung (dazu 1.). Nicht mehr Streitgegenstand ist Nr. 2 Satz 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der ergänzten Fassung vom 13. Juli 2011, mit dem die Beklagte die Ausweisungswirkungen auf sieben Jahre nach Abschiebung bzw. Ausreise des Klägers unter bestimmten Bedingungen befristet hat, denn diese Anordnung ist bereits vom Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 21. Juli 2011 aufgehoben worden, ohne dass die Beteiligten dagegen Rechtsmittel eingelegt hätten. Streitgegenstand ist nunmehr die Nr. 2 des Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung vom 2. Juli 2014, mit der die Wiedereinreise des Klägers für sieben Jahre untersagt worden ist und die Frist mit der Ausreise beginnen soll (dazu 2.). Dieser Änderungsbescheid ist in der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung beider Parteien in das Verfahren einbezogen worden.

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts, hier also der Entscheidung des Senats vom 25. August 2015 (vgl. BVerwG, U.v. 4.10.2012 - 1 C 13.11 - juris Rn. 16).

1. Die Ausweisung des Klägers findet ihre Rechtsgrundlage in § 53 Nr. 1 und Nr. 2, § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 3, 4 und 5, § 54, § 55 Abs. 1 AufenthG. Wegen der Bindungen des Klägers zu seinen Kindern ist die Ausweisung nur im Ermessenswege zulässig (dazu 1.1). Die Ermessensausübung der Beklagten ist unter Berücksichtigung der von ihr nach § 114 Satz 2 VwGO nachgeschobenen Ermessenserwägungen und unter Zugrundelegung des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs aus § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden (dazu 1.2.). Die Ausweisung erweist sich auch unter Berücksichtigung der schützenswerten familiären Beziehungen des Klägers als verhältnismäßig i. S. von Art. 8 Abs. 2 EMRK und Art. 6 Abs. 1 GG (dazu 1.3.). Wegen der Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die verfügte Abschiebungsandrohung.

1.1. Der Kläger hat mit seiner Verurteilung vom 1. September 2009 durch das Amtsgericht München zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren vier Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und seiner weiteren inzwischen rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht München vom 9. Oktober 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren zwei Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei sachlich zusammentreffenden Fällen sowohl den Tatbestand des § 53 Nr. 1 AufenthG als auch den Tatbestand des § 53 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Er ist nämlich wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden. Außerdem ist er zweimal wegen einer vorsätzlichen Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Wegen des Bestehens eines besonderen Ausweisungsschutzes beim Kläger nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG wird bei Vorliegen schwerwiegender Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemäß § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG die zwingende Ausweisung zur Ausweisung im Regelfall herabgestuft. Der Kläger erfüllt nämlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG. Danach genießt ein Ausländer, der mit einem deutschen Familienangehörigen in familiärer Lebensgemeinschaft lebt, besonderen Ausweisungsschutz. Auf den Aufenthaltsstatus des Ausländers kommt es dabei nicht an. Zwar besteht im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs keine familiäre Lebensgemeinschaft im Sinne einer häuslichen Lebensgemeinschaft, weil die deutschen Töchter des Klägers, Alicia und Precious - mit den Söhnen besteht bereits seit längerem kein persönlicher Kontakt mehr -, nicht mit ihm zusammenleben, denn dies ist derzeit wegen seiner Inhaftierung nicht möglich. Eine familiäre Lebensgemeinschaft hat aber vor der Inhaftierung bestanden. Dies dürfte zumindest bei der Tochter Precious der Fall gewesen sein. Die Mutter dieses Kindes, Frau R., hat zwar in der mündlichen Verhandlung keine Aussage gemacht und demgemäß das Vorbringen des Klägers, er habe mit Precious seit ihrer Geburt zusammengelebt, auch nicht bestätigt, denn sie hat sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Jedoch hat die Mutter der Tochter Alicia, Frau B., als Zeugin ausgesagt, dass Alicia zu ihrem Vater vor dessen erneuter Inhaftierung einen engen persönlichen Kontakt hatte und sie sich auch öfter in der Wohnung seiner neuen Lebensgefährtin, Frau R., aufgehalten hatte. Alicia hatte auch ein gutes Verhältnis zu ihrer Stiefschwester Precious. Nach Aussage der Zeugin B. ist Alicia gelegentlich übers Wochenende beim Kläger und seiner jetzigen Verlobten (gemeint ist Frau R.) geblieben und hat „mit der neuen Familie“ des Klägers Unternehmungen gemacht. Daraus ist zu schließen, dass sich der Kläger, wenn auch nicht immer, so doch häufig, bei Frau R. und der gemeinsamen Tochter Precious aufgehalten und mit diesen zumindest zeitweise zusammengelebt hat. Eine familiäre Lebensgemeinschaft kann aber auch dann vorliegen, wenn ein Elternteil und sein deutsches Kind nicht in einer Hausgemeinschaft leben, der Ausländer aber regelmäßige Kontakte mit dem Kind sowie eine emotionale Verbundenheit pflegt (BVerfG, B.v. 1.12.2008 -2 BvR 1830/08 - juris Rn. 34). Ob der Kläger daneben auch elterliche Erziehungs- und Betreuungsverantwortung übernommen hat, kann offen bleiben, zumal die Tochter Precious bei seiner Inhaftierung erst ein halbes Jahr alt war.

Trotz des Vorliegens des besonderen Ausweisungsschutzes nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG kann der Kläger ausgewiesen werden, denn bei ihm liegen schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vor (§ 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG). Solche liegen nämlich in der Regel in den Fällen des § 53 AufenthG vor (§ 56 Abs. 1 Satz 3 AufenthG). Dafür, dass im vorliegenden Fall ausnahmsweise von dieser Regel abgewichen werden könnte, spricht angesichts der zweifachen Verurteilung des Klägers wegen Betäubungsmitteldelikten aus bloßer Gewinnsucht nichts. Ausnahmen müssen nämlich durch besondere Umstände des Sachverhalts, aus denen sich im Einzelfall eine abweichende Interessenbewertung zugunsten des Ausländers ergibt, gerechtfertigt sein (BVerwG, U.v. 31.8.2004 -1 C 25.03 - juris Rn. 16; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 42). Solche Umstände liegen hier aber nicht vor (zur beim Kläger vorliegenden Wiederholungsgefahr siehe unten). Die danach zur Regelausweisung herabgestufte Ausweisung des Klägers ist sodann nochmals zur Ermessensausweisung herabzustufen. Mit Regelfällen i. S. d. § 56 Abs. 1 Satz 4 AufenthG meint der Gesetzgeber nämlich solche, die sich nicht durch besondere Umstände von der Menge gleichliegender Fälle unterscheiden. Ausnahmefälle sind dagegen durch einen atypischen Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er jedenfalls das sonst ausschlaggebende Gewicht der gesetzlichen Regel beseitigt (BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 23 m. w. N.). Ein Ausnahmefall von der Regelausweisung - und damit die Notwendigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung - ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits dann anzunehmen, wenn durch höherrangiges Recht oder Vorschriften der Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Belange des Ausländers eine Einzelfallwürdigung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles gebieten (BVerwG, U.v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 - juris Rn. 24 m. w. N.). Im vorliegenden Fall machen die Bindungen des Klägers zu seinen deutschen Kindern, insbesondere die Bindungen zu seinen Töchter Alicia und Precious, eine behördliche Ermessensentscheidung notwendig, um den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ausreichend Rechnung tragen zu können.

1.2. Nach § 55 Abs. 1 AufenthG kann ein Ausländer ausgewiesen werden, wenn sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonst erhebliche Interessen der Bundesrepublik beeinträchtigt. Die Ausweisung steht also im Ermessen der Behörde. Ermessen bedeutet, dass die Ausländerbehörde aufgrund einer individuellen Einzelfallprüfung über die Ausweisung entscheidet. Den Kern der Ermessensentscheidung bildet dabei die Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Ausweisung und dem gegenläufigen Interesse des Ausländers, von der Ausweisung verschont zu bleiben. Diese Abwägung kann nur ordnungsgemäß durchgeführt werden, wenn die widerstreitenden Interessen in tatsächlicher Hinsicht zutreffend erfasst und in rechtlicher Hinsicht zutreffend gewichtet worden sind (BVerwG, U.v. 24.9.1996 - 1 C 9.94 - juris Rn. 28). § 55 Abs. 3 AufenthG benennt insoweit beispielhaft bestimmte Sachverhalte bzw. private Interessen, die bei der Ermessensentscheidung in jedem Fall zu berücksichtigen sind. Weitere Vorgaben ergeben sich aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK. In dem Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist das behördliche Ermessen nur eingeschränkt überprüfbar. Die Kontrolle des Gerichts hat sich nach § 114 Satz 1 VwGO darauf zu beschränken, ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist und die rechtlichen Grenzen des Ermessens eingehalten worden sind. Das Gericht prüft dabei, ob die entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend ermittelt und die rechtlichen Bindungen des Ermessens gewahrt worden sind. Nicht zu prüfen ist, ob eine andere Lösung zweckmäßiger gewesen wäre (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2011 - 10 B 08.1325 - juris Rn. 50; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 -juris Rn. 43).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Ermessensentscheidung der Beklagten unter Einbeziehung der im Gerichtsverfahren mehrfach nachträglich ergänzten Ermessenserwägungen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat den in die Abwägungsentscheidung einzustellenden Sachverhalt vollständig ermittelt. Die Prognose der Beklagten, vom Kläger gehe auch in Zukunft die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch Straftaten im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität aus, erweist sich nach Auffassung des Senats als richtig. Sie hat insbesondere die vom Kläger begangenen Straftaten und die Umstände seiner Verurteilungen zutreffend gewertet. So hat sie berücksichtigt, dass der Kläger mehrere Straftaten aus dem Bereich der Betäubungsmittelkriminalität begangen hat. Nach Verbüßung seiner ersten Freiheitsstrafe nach seiner Verurteilung vom 1. September 2009 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge hat er erneut mit Kokain Handel getrieben. Mit seiner im Jahr 2009 begangenen Straftat hat er sich nicht auseinandergesetzt und sich hierzu nicht einmal geäußert (vgl. die Stellungnahme der JVA L. zur Führungsaufsicht v. 21.3.2011). Durch die Inhaftierung zeigt er sich offensichtlich auch wenig beeindruckt. Er hat vielmehr im Strafverfahren nur eingestanden, einen Rucksack mit Plastikbeuteln, gefüllt mit Marihuana, aufbewahrt zu haben, nicht aber die Absicht, die Beutel weiter zu verkaufen, eingestanden. Demgegenüber hat ihm das Strafgericht nicht geglaubt, dass er den Rucksack nur für einen unbekannten Dritten aufbewahren wollte. Diese Einlassung ist auch schon deshalb nicht glaubhaft, weil kein „Unbekannter“ einem anderen einen Rucksack mit Betäubungsmitteln im Wert von mehr als 10.000 Euro zur Aufbewahrung anvertrauen und ihm hierfür im Voraus noch 600 Euro bezahlen würde. Zudem hat die im damaligen Strafverfahren als Zeugin einvernommene frühere Freundin des Klägers und Mutter seiner beiden Söhne, Frau A., den Rucksack als ihren früheren eigenen Rucksack eindeutig identifiziert und damit die Aussage des Klägers widerlegt, der Rucksack gehöre dem unbekannten Dritten. Aus alledem kann nur der Schluss gezogen werden, dass der Kläger bereits im Jahr 2009 seinen Lebensunterhalt zumindest teilweise durch Betäubungsmittelgeschäfte bestritten hat. Noch während der Dauer der mit Beschluss vom 31. Mai 2011 angeordneten Führungsaufsicht für die Zeit nach seiner Entlassung aus der ersten Haft am 31. August 2011 hat der Kläger erneut mit Betäubungsmitteln, und zwar diesmal mit dem gegenüber Marihuana wesentlich gefährlicheren Rauschgift Kokain Handel getrieben. Auch anlässlich dieses Strafverfahrens hat der Kläger bestritten, Kokain zum Preis von 1.000 Euro an einen Mitangeklagten verkauft zu haben und lediglich zugegeben, Kokain im Keller seiner Wohnung aufbewahrt zu haben. Den Besitz der sichergestellten Drogen konnte er auch kaum leugnen, da das Kokain dort von den durchsuchenden Polizeibeamten aufgefunden worden ist. Damit hat der Kläger aber auch bei der zweiten aufgedeckten Betäubungsmittelstraftat trotz seiner zweifelsfrei feststehenden Täterschaft erneut das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln abgestritten und sich auch insoweit nicht zur Tat bekannt, geschweige denn sich mit dieser Straftat auseinandergesetzt. Demgemäß liegt die Annahme nahe, dass der Kläger wie beim ersten Mal seine Strafe von immerhin drei Jahren und zwei Monaten „absitzen“ und dann erneut in das Betäubungsmittelgeschäft einsteigen wird. Ansätze zu einer Besserung sind beim Kläger nicht zu sehen. Nachdem er bereits von 2009 bis 2011 insgesamt zwei Jahre und drei Monate in Haft verbracht hat, scheint ihn dies in keiner Weise davon abzuhalten, erneut Betäubungsmitteldelikte zu begehen. Damit liegt beim Kläger eine erhebliche Gefahr der Begehung erneuter Drogendelikte vor. Die Beklagte hat zudem zutreffend darauf abgestellt, dass beim Kläger nicht nur über 40 g Kokaingemisch zu einem Wert von ca. 2.000 Euro sichergestellt worden sind, sondern zusätzlich Bargeld in Höhe von 4.100 Euro. Auch dies deutet darauf hin, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt durch den Handel mit Kokain bestritten hat. Die sich steigernde Kriminalität des Klägers zeigt sich, wie die Beklagte zu Recht festgestellt hat, auch darin, dass er früher mit „weichen“ Drogen gehandelt hat, jetzt aber mit der „harten“ Droge Kokain. Die vom Kläger weiter ausgehende erhebliche Wiederholungsgefahr in Bezug auf den Handel mit Betäubungsmitteln ergibt sich neben dem oben schon erwähnten Umstand, dass er erneut Handel mit Betäubungsmitteln betrieben hat, obwohl er bereits einmal zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, diese voll verbüßt hat und unter Führungsaufsicht stand, auch darin, dass er die neuerlichen Drogenstraftaten während des offenen Ausweisungsverfahrens begangen hat und ihn damit auch nicht die drohende Ausweisung von der Begehung derartiger Delikte abhalten konnte. Der Kläger ließ sich auch nicht durch seine vier deutschen Kinder von der Begehung weiterer Straftaten abhalten. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass jedenfalls die Geburt des jüngsten Kindes im Juli 2013 zu einer Zäsur oder zum Umdenken beim Kläger hätte führen können (vgl. BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 23).

Die Beklagte ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass die persönlichen Belange des Klägers nicht so schwer wiegen, dass sie angesichts der von ihm begangenen Betäubungsmittelstraftaten zur Ermessensfehlerhaftigkeit der Ausweisung führen könnten. Dabei hat die Beklagte insbesondere die Beziehungen des Klägers zu seinen Kindern in den Blick genommen. Sie ist zutreffend davon ausgegangen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt, nämlich derzeit, eine engere Beziehung lediglich zur jüngsten Tochter Precious besteht.

Außer wenigen begleiteten Umgangskontakten im Jahr 2011 nach der Haftentlassung des Klägers gab es zu seinen beiden Söhnen seitdem keine persönlichen Kontakte mehr. Die Mutter der Söhne, Frau A., hat in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2014 überzeugend dargelegt, dass der Kläger den Söhnen seitdem lediglich mehrmals geschrieben hat. Diese haben im jetzigen Zeitpunkt auch keinerlei Bezug zum Kläger, sondern sehen im jetzigen Ehemann der Frau A. ihren Vater. Das ihm weiter zustehende gemeinsame Sorgerecht für die Söhne übt der Kläger offensichtlich nicht aus und zahlt auch keinen Unterhalt bzw. hat dies auch früher nicht getan.

Auch in der Beziehung des Klägers zu seiner Tochter Alicia bestand ein enger Kontakt offensichtlich nur ab dem Zeitpunkt des Wiederzusammentreffens mit Frau B. im August 2012 bis zu seiner erneuten Inhaftierung im Januar 2014. Während dieses Zeitraums hatte auch Frau B. erneut eine engere Beziehung zum Kläger, wie sie in der mündlichen Verhandlung am 7. Juli 2014 glaubhaft geschildert hat. Nach deren Trennung nach der Geburt der Tochter Precious im Juli 2013 führte der Kläger den Kontakt zu Alicia fort. Diese war nach Aussage von Frau B. auch desöfteren am Wochenende beim Kläger und seiner neuen Lebensgefährtin und dem Kind Precious. Frau B. hat den Kontakt ihrer Tochter zum Kläger aber mit dessen Inhaftierung abgebrochen, da sie, wie sie ausgesagt hat, eine strikte Gegnerin von Drogen ist und sie ihrer Tochter die Erfahrung eines Gefängnisbesuchs ersparen wollte. Damit ist die Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass zwar zwischen Alicia und dem Kläger noch eine gewisse emotionale Bindung besteht, eine besonders gewichtige Beziehung jedoch nicht mehr vorhanden ist. Ausweislich der in den Verwaltungsakten der Beklagten befindlichen Besuchsliste hat Alicia ihren Vater bislang tatsächlich nicht im Gefängnis besucht.

Die Beklagte hat demgegenüber der Beziehung des Klägers zu Precious ein erhebliches Gewicht beigemessen. Denn mit Precious hat der Kläger wohl seit ihrer Geburt bis zu seiner Inhaftierung im Januar 2014 zumindest zeitweise zusammengelebt. Er wird auch von der Mutter des Kindes und dem Kind in regelmäßigen Abständen in der Haft besucht, d. h., ein persönlicher Kontakt zwischen dem Kläger und seiner deutschen Tochter besteht auch während seiner Inhaftierung weiter. Die Beklagte geht zu Recht davon aus, dass selbst die wegen der Haftsituation nur sporadischen Umgangskontakte des Klägers mit seiner Tochter Precious für deren Wohl dennoch von einer gewissen Bedeutung sind.

Aber auch unter Berücksichtigung dieser gewichtigen privaten Interessen des Klägers ist die Beklagte in nicht zu beanstandender Weise zum Ergebnis gelangt, dass das öffentliche Interesse an seiner Ausweisung die privaten Interessen des Klägers an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet überwiegen. Denn diese alle erheblichen Umstände berücksichtigende Ermessensentscheidung der Beklagten lässt keine Fehlgewichtungen erkennen und ist gemessen an den Grundsätzen des § 114 Satz 1 VwGO rechtlich nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die schwerwiegenden und nachhaltige Schäden verursachenden Betäubungsmitteldelikte, die der Kläger durch den Handel und Besitz von Marihuana und Kokain begangen hat, hat die Beklagte das öffentliche Interesse an der Ausweisung des Klägers rechtsfehlerfrei stärker gewichtet als den mit der Ausweisung und Abschiebung des Klägers verbundenen schwerwiegenden Eingriff in sein Privat- und Familienleben.

1.3. Die Ausweisung des Klägers ist aus den genannten Gründen insbesondere auch mit den verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 EMRK vereinbar und stellt, wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, bei der gebotenen Abwägung des öffentlichen Interesses an der Ausweisung mit den privaten Interessen des Klägers an dessen Verbleib im Bundesgebiet keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das geschützte Privat- und Familienlebens des Klägers dar. Art. 6 GG und Art. 8 EMRK schließen nämlich eine Ausweisung eines Ausländers nicht generell aus, sondern gebieten lediglich, dass anhand einer einzelfallbezogenen Würdigung die für die Ausweisung sprechenden öffentlichen Belange und die gegenläufigen Interessen des Ausländers gegeneinander abgewogen werden (BVerwG, B.v. 7.12.2011 - 1 B 6.11 - juris Rn. 8). Im Hinblick auf die besondere Schwere der vom Kläger begangenen Straftaten aus dem Bereich des Betäubungsmittelhandels und die von der Beklagten und vom Erstgericht zu Recht bejahte Wiederholungsgefahr muss der Kläger letztlich auch den mit der Ausweisung verbundenen gravierenden Eingriff in seine Beziehungen zu seinen Töchtern hinnehmen. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass Drogendelikte als besonders schwerwiegende Straftaten angesehen und demgemäß in die Abwägung mit den besonderen individuellen Belangen und den Interessen des Betroffenen grundsätzlich mit dem entsprechenden Gewicht eingestellt werden können (vgl. EGMR, U.v. 12.1.2010 -Khan, Nr. 47486/06 - InfAuslR 2010, 369 Rn. 40; BVerwG, B.v. 7.12.2011 -1 B 6.11 - juris Rn. 8). Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 1 GG, wonach sich auch gewichtige familiäre Interessen nicht stets gegenüber gegenläufigen öffentlichen Interessen durchsetzen, scheidet eine zeitlich überschaubare Trennung von Vater und Kind nicht aus (BVerfG, B.v. 23.1.2006 - 2 BvR 1935/05 - juris Rn. 23). Die Beklagte hat bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass seit der Inhaftierung des Klägers ohnehin nur noch ein sporadischer persönlicher Kontakt zwischen seiner Tochter Precious und ihm besteht. Ein entsprechender Kontakt kann auch über moderne Kommunikationsmittel wie Telefon oder Videotelefonie von Nigeria aus aufrechterhalten werden. Zur Abfederung von Härten kommt daneben auch die Erteilung von Betretenserlaubnissen zu besonderen Anlässen in Betracht.

Wenn der Kläger in seinem letzten Schriftsatz vom 6. Mai 2015 demgegenüber meint, die Beklagte habe den familiären Beziehungen des Klägers zur Mutter von Precious, Frau R., nicht genügend Gewicht beigemessen, ist dem zu entgegnen, dass die Beziehung zu Frau R. nicht durch Art. 6 GG geschützt ist, weil der Kläger mit ihr nicht verheiratet ist. Die Beklagte hat aber zutreffend angenommen, dass die Beziehung zu Frau R. durch Art. 8 EMRK, insbesondere dem Schutz des Privatlebens, geschützt ist. Allerdings hat sie dieser Beziehung zu Recht kein großes Gewicht beigemessen, da Frau R., wie die Beklagte auch ausgeführt hat, der prekäre Aufenthalt des Klägers bewusst sein musste. Denn der Kläger war vor seiner Beziehung zu Frau R. nicht nur wegen der ersten Drogenstraftat inhaftiert und ausgewiesen worden, sondern besaß auch schon seit längerem keine Aufenthaltserlaubnis mehr. Aber auch der Schutz der Beziehung zu Frau R. durch Art. 8 EMRK wäre, hätte sie vom deliktischen Vorleben des Klägers nichts gewusst, nicht derart gewichtig, dass er zur Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung führen würde. Denn Frau R., die sich selbst als Verlobte des Klägers bezeichnet hat, besitzt neben der deutschen auch die nigerianische Staatsangehörigkeit und könnte wohl auch längere Zeit mit dem Kläger in Nigeria verbringen. Im Übrigen ist auch diese Beziehung nicht geeignet, die überaus schwerwiegende Gefahr, die vom Kläger ausgeht, zu relativieren, denn einem Erwachsenen ist eine längerfristige Trennung viel eher zuzumuten als einem kleinen Kind, das den Grund für die Abwesenheit seiner Bezugsperson noch nicht erfassen kann.

Wenn der Kläger darüber hinaus meint, den Beziehungen zu seinen anderen Kindern sei zu wenig Gewicht beigemessen worden, greift dies ebenfalls nicht. Wie oben bereits dargelegt wurde, besteht zu den Söhnen des Klägers kein persönlicher Kontakt mehr. Zur Tochter Alicia ist der unmittelbare persönliche Kontakt ebenfalls abgebrochen. Mit ihr steht der Kläger allenfalls noch brieflich in Kontakt. Hinzu kommt, dass diese drei Kinder bereits älter sind (die Söhne sind fast neun Jahre alt und die Tochter Alicia ist bereits zehn Jahre alt) und nicht mehr der intensiven Betreuung bedürfen, die womöglich kleinere Kinder benötigen. Sie können die Situation ihres Vaters verstehen und nachvollziehen, wieso er die Bundesrepublik verlassen muss. Auch sind sie alt genug, um mit ihm telefonisch und brieflich zu kommunizieren. Hinzu kommt, dass auch diese Kinder über lange Strecken ihres Lebens keinen Kontakt zum Vater hatten und damit nicht so schwer betroffen sind wie ein Kind, das mit dem Vater aufgewachsen ist und sich plötzlich von diesem für längere Zeit trennen muss.

Die Ausweisung des Klägers erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig im Hinblick auf den langen Aufenthalt des Klägers im Bundesgebiet. Der Kläger lebt zwar seit nunmehr elf Jahren im Bundesgebiet, ist aber erst mit 20 Jahren eingereist, d. h. er hat seine gesamte Kindheit und Jugend in Nigeria verbracht und seine Ausbildung und seine Sozialisation dort erhalten. Er ist im Bundesgebiet auch nicht derart verwurzelt, dass Art. 8 EMRK ein Absehen von der Ausweisung gebieten würde. Eine Verwurzelung im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die einer Ausweisung entgegengehalten werden könnte, kommt im Übrigen grundsätzlich nur auf der Grundlage eines rechtmäßigen Aufenthalts und eines Vertrauens auf den Fortbestand des Aufenthalts in Betracht (vgl. BayVGH, U.v. 27.10.2011 - 10 B 08.1325 - juris Rn. 54 m. w. N. insbesondere zur Rechtsprechung des EGMR). Eine solche Verwurzelung ist beim Kläger auch unter Würdigung seiner persönlichen und sozialen Bindungen nicht festzustellen. Außer der Tatsache, dass er vier nichteheliche deutsche Kinder hat, hat der Kläger keine gewichtigen Integrationsleistungen erbracht. Er war nur in geringem Umfang erwerbstätig und besitzt seit längerem keine Aufenthaltserlaubnis mehr. Vielmehr ist er mehrfach straffällig geworden und hat schwere Betäubungsmittelstraftaten begangen. Von seinem bislang elfjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet hat er bisher mehr als dreieinhalb Jahre im Gefängnis verbracht.

Zutreffend ist die Beklagte des weiteren davon ausgegangen, dass dem Kläger die Rückkehr in sein Heimatland zumutbar ist. Wie bereits ausgeführt wurde, ist er in Nigeria aufgewachsen und hat das Land erst mit 20 Jahren verlassen. Dort hat er auch noch Familienangehörige. Es ist daher nicht ersichtlich, wieso ihm eine Wiedereingliederung in seinem Heimatland nicht gelingen sollte.

2. Rechtswidrig ist demgegenüber die Befristungsentscheidung der Beklagten in Nr. 2 des angefochtenen Bescheids vom 3. März 2010 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 2. Juli 2014. Die Festsetzung einer Sperrfrist von sieben Jahren ab Beginn der Ausreise ist zu lang. Der Kläger hat allerdings keinen Anspruch auf Festsetzung der Sperrfrist auf drei Jahre, wie er zuletzt beantragt hat. Eine gerichtliche Verpflichtung zur Festsetzung einer bestimmten Frist kommt hier nicht (mehr) in Betracht, weil nach § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG in der im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Senats geltenden Fassung durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 (BGBl I S. 1386) über die Länge der Frist des für den ausgewiesenen Kläger gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG bestehenden Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Ermessen zu entscheiden ist. Die Beklagte war, da eine Ermessensreduzierung auf Null nicht anzunehmen ist, nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Nach § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot). Dies bedeutet für den Kläger, dessen Ausweisung der Senat als rechtmäßig erachtet hat, dass er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten und nach seiner Ausreise bzw. Abschiebung nicht mehr in das Bundesgebiet einreisen darf. Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot allerdings von Amts wegen zu befristen, wobei die Frist mit der Ausreise beginnt (§ 11 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Die Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot hat die Beklagte im angefochtenen Bescheid aber zu Unrecht auf sieben Jahre festgesetzt. Die Frist darf zwar fünf Jahre überschreiten, weil der Kläger aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist (§ 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG), sie soll aber auch in diesen Fällen zehn Jahre nicht überschreiten (§ 11 Abs. 3 Satz 3 AufenthG).

Bei der Bestimmung der Länge der Frist sind das Gewicht des Ausweisungsgrundes und der mit der Ausweisung verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Es bedarf der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das der zu spezialpräventiven Zwecken verfügten Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die sich an der Erreichung des Ausweisungszwecks orientierende Sperrfrist muss sich aber an höherrangigem Recht, d. h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK messen und gegebenenfalls relativieren lassen. Dieses normative Korrektiv bietet der Ausländerbehörde und den Gerichten ein rechtsstaatliches Mittel, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen (BVerwG, U.v. 10.7.2012 - 1 C 19.11 - juris Rn. 42; BayVGH, U.v. 22.1.2013 - 10 B 12.2008 - juris Rn. 64).

Gemessen an diesen Vorgaben erweist sich die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sieben Jahre ab dem Zeitpunkt der Ausreise als rechtswidrig. Die Beklagte hat zwar zutreffend die Festsetzung dieser Frist in zwei Schritten vorgenommen, indem sie zunächst die strafrechtliche Verurteilung des Klägers und die von ihm ausgehende konkrete Wiederholungsgefahr in den Blick genommen und dann aufgrund seiner Beziehungen zu seinen deutschen Kindern die im ersten Schritt auf neun Jahre festgesetzte Frist auf sieben Jahre reduziert hat. Es ist bereits fraglich, ob die zunächst angesetzten neun Jahre ermessensgerecht sind. Jedenfalls ist aber ein Einreise- und Aufenthaltsverbot von sieben Jahren im Hinblick auf die Beziehungen des Klägers zu seinen deutschen Kindern ermessensfehlerhaft.

Die Beklagte war bei der Festsetzung der Frist nicht an die Fünfjahresgrenze des § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG gebunden, weil der Kläger wegen des Handeltreibens und Besitzes von Betäubungsmitteln - sogar mehrfach - strafrechtlich verurteilt worden ist und seine Ausweisung darauf beruhte. Aufgrund der wiederholten schwerwiegenden Betäubungsmittelstraftaten und der beim Kläger vorliegenden erheblichen Gefahr, dass er auch in Zukunft die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Begehung gleichartiger Straftaten beeinträchtigen wird, könnte die im Hinblick auf die Delinquenz des Klägers zunächst festgesetzte Frist von neun Jahren allenfalls dann ermessensgerecht sein, wenn man zusätzlich in Betracht zieht, dass der Kläger sich bislang nicht hinreichend mit seinen Drogendelikten auseinandergesetzt, diese sogar teilweise trotz der ihn überführenden eindeutigen Beweislage geleugnet hat, dass er keine realistische berufliche Perspektive im Bundesgebiet besitzt, dass er erhebliche Schulden für Unterhaltszahlungen hat und dass er bislang nicht in feste familiäre Strukturen im Bundesgebiet eingebunden ist.

Jedoch ist selbst wenn man die in der ersten Stufe auf neun Jahre festgesetzte Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot für ermessensgerecht hielte, die im zweiten Schritt auf sieben Jahre festgesetzte Frist zu lang. Diese Frist hat sich nämlich an höherrangigem Recht, d. h. an verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 6 GG) und den Vorgaben aus Art. 8 EMRK zu messen und gegebenenfalls zu relativieren. Mit diesem zweiten Schritt soll der Ausländerbehörde ein rechtsstaatliches Mittel an die Hand gegeben werden, um die fortwirkenden einschneidenden Folgen des Einreise- und Aufenthaltsverbots für die persönliche Lebensführung des Betroffenen zu begrenzen. Dabei sind insbesondere die in § 55 Abs. 3 Nr. 1 und 2 AufenthG genannten schutzwürdigen Belange des Ausländers in den Blick zu nehmen (vgl. BVerwG, U.v. 6.3.2014 - 1 C 2.13 - juris Rn. 12).

Legt man diese Maßgaben zugrunde, wird die Beklagte den schützenswerten familiären Belangen des Klägers und seiner Töchter i. S. von Art. 6 GG nicht gerecht. Die jetzt zwei Jahre bzw. zehn Jahre alten Töchter - die Söhne des Klägers bleiben wegen fehlender Beziehungen zu ihrem Vater unberücksichtigt - wären nach vollständiger Verbüßung der Freiheitsstrafe des Klägers im Bundesgebiet - etwa im März 2017 - und nach der nach seiner Ausreise oder Abschiebung zu laufen beginnenden Sperrfrist von sieben Jahren - im Jahr 2024 - bereits elf bzw. achtzehn Jahre alt. Einen Erziehungsbeitrag könnte der Kläger dann allenfalls noch für die jüngste Tochter erbringen, die andere Tochter wäre bereits volljährig. Auch wenn die jüngere Tochter den Kläger regelmäßig bis zu seiner Ausreise bzw. Abschiebung in der Haft besuchen kann, verbliebe dennoch ein Zeitraum von sieben Jahren zwischen ihrem vierten und elften Lebensjahr, in dem sie, sofern Besuche in Nigeria oder kurzfristige Aufenthalte des Klägers im Bundesgebiet (womöglich aus finanziellen Gründen) scheitern sollten, keinen persönlichen Kontakt zu ihrem Vater haben könnte und er während dieser Zeit trotz des bestehenden gemeinsamen Sorgerechts mit der Kindsmutter keinen Einfluss auf die Erziehung seiner Tochter hätte. Dies erscheint dem Senat auch angesichts der schweren Straftaten, die der Kläger begangen hat, für nicht ermessensgerecht. Die Beklagte wird daher erneut unter Beachtung der hier aufgezeigten Gesichtspunkte über die Länge der Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot des Klägers entscheiden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Eine Abänderung der Kostenentscheidung des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils bedurfte es nicht, da diese rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V. mit § 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungs-gerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 45 Abs. 1 Satz 2, § 52 Abs. 2 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.