Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2016 - 15 CS 16.300

bei uns veröffentlicht am19.05.2016
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, 5 S 15.1788, 15.01.2016

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich gegen eine zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauordnungsrechtliche Verfügung zur Unterbindung der Nutzung einer Räumlichkeit als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte.

Im Erdgeschoss des nach dem zweiten Weltkrieg wieder in Stand gesetzten Anwesens FlNr. ... Gemarkung A. (= W.) befinden sich Räumlichkeiten, die in der Vergangenheit als Ladengeschäft genutzt worden sind (vgl. u. a. den auf Umbaumaßnahmen eines Schuhgeschäfts bezogenen Baugenehmigungsbescheid vom 3. Juni 1982).

Mit Bescheid vom 10. September 2012 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag des vormaligen Betreibers /Pächters auf baurechtliche Genehmigung der Nutzungsänderung des im Erdgeschoss des vorgenannten Anwesen befindlichen Ladens in ein - schon damals tatsächlich bereits betriebenes - Büro für Sportwetten unter Hinweis auf eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre ab. Mit Urteil vom 26. September 2013 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die gegen die Ver-sagung der Nutzungsänderungsgenehmigung gerichtete Verpflichtungsklage ab (Au 5 K 12.1307). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2377).

Unter dem 29. Januar 2013 untersagte die Antragsgegnerin dem vormaligen Betreiber /Pächter, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hob das Verwaltungsgericht Augsburg die in Nr. 2 des Tenors des Bescheids vom 29. Januar 2013 verfügte Zwangsgeldandrohung auf und wies die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagungsverfügung im Übrigen ab (Au 5 K 13.225). Mit Beschluss vom 23. April 2015 lehnte der Verwaltungsgerichtshof den (gegen die Klageabweisung im Übrigen gerichteten) Antrag auf Zulassung der Berufung ab (15 ZB 13.2378).

Laut einer in den Behördenakten befindlichen Gewerbeanmeldung vom 1. September 2014 nahm die Antragstellerin unter der Adresse W., ... folgende gewerbliche Tätigkeit auf:

„Weitergabe von Sportinformationen, Annahme von Kundenaufträgen zur Abgabe und Vermittlung von Sport- und Oddsetwetten an staatliche Konzessionslotterien auch mittels Online-Kurierdienste, Vermietung von Internetanschlüssen, Getränkeausschank (…).“

Die Antragsgegnerin führte ab Juni 2015 mehrere Baukontrollen durch. In einem Aktenvermerk vom 19. November 2015 über eine Ortsbesichtigung desselben Tages im Wettbüro „T...“ in der W. - als Betreiber wird im Aktenvermerk die Antragstellerin aufgeführt - hielt der Bauaufseher der Antragsgegnerin fest:

„Das Wettbüro war in Betrieb. In der Spielhalle befanden sich 5 Wettautomaten (Wett-Terminals), alle waren in Betrieb, auf insgesamt 6 Bildschirmen wurden die aktuellen Wettquoten angezeigt. Den Besuchern steht ein WC zur Verfügung. Die Gäste haben Zugriff auf einen Getränkeautomat. Ein Briefkasten für das Wettbüro ist nicht vorhanden.

Nach Inspektion und Stellungnahme von Herrn B... und Herrn R... vor Ort können auch die 5 Wett-Terminals als Bildschirm verwendet werden, um sich - ähnlich wie auf den 6 zusätzlich vorhandenen Bildschirmen - die Live-Wetten anzeigen zu lassen. (…)“

Mit dem streitgegenständlichen, am 2. Dezember 2015 zur Post gegebenen Bescheid vom 30. November 2015 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin - unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 2), unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H. von 2.000,- € (Nr. 3) sowie unter gleichzeitiger (ebenfalls sofort vollziehbarer) Duldungsanordnung gegenüber den Grundstückseigentümern (Nr. 4, mit Zwangsgeldandrohung unter Nr. 5) - mit Nr. 1 Satz 1, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des betroffenen Anwesens als Wettlokal für Sportwetten in Form einer Vergnügungsstätte zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Zu diesem Zweck seien sämtliche (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals zu beseitigen (Nr. 1 Satz 2). Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Nutzungsänderung nicht genehmigungsfähig sei. Mit der den Besuchern über die Wett-Terminals eingeräumten Möglichkeit, das Spiel- bzw. Wettgeschehen live zu verfolgen und an Sportwetten teilzunehmen, sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Getränkeautomaten und von drei Stehtischen bestehe zu einem Verweilen ausreichend Gelegenheit, so dass das Wettlokal mit einer Gesamtnutzfläche von 127 m² als kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzuordnen sei. Dies sei im hier gegebenen faktischen Mischgebiet gem. § 34 Abs. 2 des Baugesetzbuches (BauGB) i.V. mit § 6 der Baunutzungs-verordnung (BauNVO) bauplanungsrechtlich unzulässig, zumal zur Sicherung der Planung eine am 3. August 2012 in Kraft getretene Veränderungssperre erlassen worden sei. Ein vormals gestellter Antrag auf Nutzungsänderung in ein Büro für Sportwetten sei mit Bescheid vom 10. September 2012 abgelehnt worden. In Ausübung ihrer Planungshoheit lehne die Antragsgegnerin eine Ausnahme von der Veränderungssperre ab. Infolge des festgestellten Sachverhalts könne die Nutzungsuntersagung, zu deren Umsetzung die Bildschirme und Wett-Terminals zu beseitigen seien, gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens ausgesprochen werden. Hierfür genüge bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung. Die Nutzungsuntersagung stehe im öffentlichen Interesse und sei auch verhältnismäßig. Aufgrund einer negativen Vorbildwirkung liege die angeordnete sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse.

Am 8. Dezember 2015 erhob die Antragstellerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg mit dem Antrag, den Bescheid vom 30. November 2015 aufzuheben. Über die Klage ist - soweit nach Aktenlage ersichtlich ist - bislang nicht entschieden. Ebenfalls am 8. Dezember 2015 beantragte die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen. Die Antragstellerin wies im erstinstanzlichen Verfahren u. a. darauf hin, dass die Sitzgelegenheiten und der vormalige Getränkeautomat entfernt worden seien. Außerdem betrage die Nutzfläche des Ladens nur noch ca. 40 m².

Mit Beschluss vom 15. Januar 2016 lehnte das Verwaltungsgericht den Eilantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die unter Nr. 1 Satz 1 des Bescheides ausgesprochene Nutzungsuntersagung sei gemäß Art. 76 Satz 2 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) voraussichtlich rechtmäßig und verletze die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Die hier vorliegende genehmigungspflichtige Nutzungsänderung, die die Vermittlung von Live-Wetten umfasse, überschreite die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Da sich die Nutzung der Betriebsstätte nicht mehr im Rahmen der Variationsbreite der genehmigten gewerblichen Nutzung als Ladengeschäft bewege, sei die untersagte Nutzung formell rechtswidrig. Die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte sei - mit Blick auf die erst im Hauptsacheverfahren zu klärenden genauen Verhältnisse im betroffenen unbeplanten Ortsteil - auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Die Ermessensausübung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Nr. 1 Satz 2 des Bescheides sei ebenfalls von Art. 76 Satz 2 BayBO gedeckt, weil sich vorliegend die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein der zu beseitigenden Gegenstände manifestiere. Die Zwangsgeldandrohung (Nr. 3) sei hinreichend bestimmt und halte sich hinsichtlich Fristsetzung und Höhe im Rahmen des Angemessenen.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.

Sie beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 abzuändern und die aufschiebende Wirkung gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 wiederherzustellen sowie gegen Nr. 3 des Bescheides anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im laufenden Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin nach der im Verfahren gem. Art. 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung zu Recht abgelehnt. Die Anfechtungsklage der Antragstellerin gegen Nr. 1 des Bescheides vom 30. November 2015 sowie gegen Nr. 3 dieses Bescheides wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Der Bescheid vom 30. November 2015 ist aller Voraussicht nach rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO als Befugnisnorm sind mit hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt; Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Das Vorbringen der Antragstellerin rechtfertigt keine andere Beurteilung.

1. Nach der im Verfahren gem. § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung ist von den tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 76 Satz 2 BayBO für eine Nutzungsuntersagung auszugehen.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher in der Regel nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist. Eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 30 ff.; U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 22; B. v. 23.04.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5 f.; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Der Betrieb der Antragstellerin ist derzeit weder als Wettannahmestelle noch als Wettvermittlungsstelle, Wettbüro oder als Vergnügungsstätte genehmigt. Es liegt nach summarischer Prüfung auch nicht auf der Hand, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist. Vielmehr muss die Genehmigungsfähigkeit im laufenden Baugenehmigungsverfahren noch geklärt werden.

a) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht seiner Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S. v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5 f.; B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - OVG 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 143 = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69; Mitschang, ZfBR 2012, 419 ff. - jeweils m. w. N.).

Nach der im Verfahren gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Prüfung stellt die tatsächlich betriebene Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin eine Vergnügungsstätte in Form eines Wettbüros dar. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen nach der Rechtsprechung des Senats - die entgegen den Darlegungen der Beschwerdebegrünung nicht singulär geblieben ist - Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mit zu verfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 14; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 7; vgl. auch OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). Mit der Installation von Monitoren und dem Bereithalten von Wett-Terminals, auf denen die Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann, sowie die Wettarten und Wettquoten aufgelistet sind, hat die Antragstellerin eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen. Allein die Vermittlung von Live-Wetten in einer - wie vorliegend - Wettvermittlungsstelle mit Monitoren, die ein Verfolgen aktueller Spielstände o.ä., auf die gewettet werden kann, ermöglicht, überschreitet nach der Rechtsprechung des Senats schon die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen der Antragstellerin an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es keine Unterhaltungsspiele gebe, hindert grundsätzlich nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind lediglich (weitere) Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15, 20; B. v. 7.5.2015 - 15 ZB 14.2673 - juris Rn. 5; B. v. 8.6.2015 - 2 ZB 15.61 - juris Rn. 3; OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42; VGH BW, B. v. 1.2.2007 - 8 S 2606/06 - BauR 2007, 1217 = juris Rn. 4; VG München, U. v. 17.2.2014 - M 8 K 13.1878 - juris Rn. 31 f.; VG Minden, B. v. 10.2.2006 - 1 L 69/06 - juris Rn. 17), aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Diese ist ein Kriterium zur Unter-scheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungs-stätten (exemplarisch VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor. Der „Verweilcharakter“, den die Antragstellerin dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach vorliegend nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten (zum Ganzen: BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 12 ff.; ebenso: BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 8; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff., 55; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 28; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 49; abweichend: VG München, U. v. 24.6.2013 - M 8 K 12.4195 - juris Rn. 28 f.; VG Neustadt/Weinstr., B. v. 9.2.2011 - 3 L 59/11.NW - juris Rn. 11 ff., 24 ff.; VG Schleswig, B. v. 9.5.2014 - 8 B 10/14 - juris Rn. 14 ff.; enger als hier wohl auch OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11).

Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in eine Nutzung als Wettbüro /Vergnügungsstätte ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig. Eine verfahrensfreie Nutzungsänderung i. S. von § 57 Abs. 4 Nr. 1 BauNVO kommt nicht in Betracht, weil eine Vergnügungsstätte in bauplanungsrechtlicher Hinsicht anders zu beurteilen ist als eine bislang genehmigte schlicht gewerbliche Nutzung als Ladenlokal. Bei diesem Nutzungswechsel ist zudem von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit, die der Einschlägigkeit der Befugnisnorm des Art. 76 Satz 2 BayBO entgegenstünde (s.o.), nicht auszugehen.

Dem Verwaltungsgerichtshof sind im Beschwerdeverfahren die aktuellen Genehmigungsunterlagen, aus denen sich die Begrenzung der Nutzfläche ergeben soll, nicht vorgelegt worden. Auch kann ohne Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten nicht beurteilt werden, inwiefern der gegenwärtige Betrieb des Wettbüros tatsächlich auf einer begrenzten Nutzfläche stattfindet. Nach Aktenlage kann der Senat mithin nicht einschätzen, ob die Wettvermittlungsstätte aufgrund ihrer Größe oder ihrer besonderen - einen größeren Einzugsbereich ansprechenden - Attraktivität bereits die Schwelle zu einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte erreicht (vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8; B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 = juris Rn. 4; BayVGH, U. v. 24.3.2011 - 2 B 11.59 - BauR 2011, 1785 = juris Rn. 27, 28; VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 33; VG Ansbach, U. v. 21.10.2015 - AN 9 K 14.00663 - juris Rn. 28 ff.; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 58 ff.; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 52; Stock in König/Roeser/Stock, Baunutzungsverordnung, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn. 36; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2015, § 6 BauNVO Rn. 43). Insofern ist dem Senat im Eilverfahren keine abschließende Bewertung möglich, ob es sich vorliegend um eine Vergnügungsstätte handelt, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder wegen ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig wäre (vgl. § 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, Abs. 3, § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Hierauf kommt es aber letztlich nicht an.

Die genehmigungspflichtige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte (s.o.) ist auch dann nicht offensichtlich genehmigungsfähig,

- wenn nach Maßgabe der im Baugenehmigungsverfahren eingereichten und zu prüfenden Bauvorlagen, insbesondere nach Maßgabe der Planzeichnung und der gemäß § 3 Nr. 3, § 9 der Verordnung über Bauvorlagen und bauaufsichtliche Anzeigen (Bauvorlagenverordnung - BauVorlV) mit einzureichenden Betriebsbeschreibung (vgl. für eine Wettvermittlungsstelle BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 17) von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen sein sollte,

- wenn der baurechtlichen Zulassung der Nutzungsänderung die vormals erlassene Veränderungssperre wegen Zeitablaufs nicht mehr entgegenstehen sollte und die Antragsgegnerin immer noch keinen Bebauungsplan, dessen Festsetzungen dem Vorhaben entgegenstünden, erlassen hat sowie

- wenn - wovon offenbar beide Parteien ausgehen (vgl. Seite 3 des streitgegenständlichen Bescheides vom 30. November 2015; Seite 2 der erstinstanzlichen Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 21. Dezember 2015, Bl. 191 der Gerichtsakte Au 5 S 15.1788) - das Vorhaben in einem faktischen Mischgebiet i. S. von § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 BauNVO liegen sollte.

Innerhalb eines (faktischen) Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens ohne Weiteres gegeben wäre, ist nach Aktenlage nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht substanziiert dargelegt (zur wertenden Gesamtbetrachtung bei der Anwendung des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO: VG Ansbach, U. v. 1.7.2015 - AN 9 K 14.01543 - juris Rn. 45; VG Göttingen, U. v. 8.10.2015 - 2 A 231/14 - juris Rn. 64 ff. m. w. N.). Sollte das Vorhaben aber alternativ nur ausnahmsweise zulassungsfähig sein (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 61). Welche Alternative hier einschlägig ist, lässt sich - ebenso wie die Frage, ob von einer nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätte auszugehen ist - für den Senat nicht ohne weiteres anhand der Akten klären. Dies würde - zumal die Antragsgegnerin eine Situierung in einem durch Wohnnutzung geprägten Bereich vorgetragen hat (vgl. Seite 4 der Antragserwiderung vom 21. Dezember 2015) - entsprechende Ermittlungen abverlangen. Diese müssen zunächst im laufenden Baugenehmigungsverfahren erfolgen. Von einer Offensichtlichkeit der Zulässigkeit der streitgegenständlichen Nutzung des (bisherigen) Ladenlokals als Wettannahmestelle kann mithin nicht die Rede sein.

b) Der Wechsel von der (bislang genehmigten) Ladennutzung in die vorliegende Nutzung als Wettvermittlungsstelle ist gemäß Art. 55 Abs. 1 BayBO im Übrigen auch dann baugenehmigungspflichtig, wenn sich im Baugenehmigungsverfahren herausstellen sollte, dass - entgegen der vorher unter a) erfolgten (summarischen) Einordnung als Vergnügungsstätte - die Nutzungsänderung lediglich eine Wettannahmestelle im Sinne eines bloßen sonstigen Gewerbebetriebs zum Gegenstand hat. Aus Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ergibt sich, dass eine Nutzungsänderung genehmigungspflichtig ist, wenn durch die Verwirklichung eines Vorhabens die einer jeden Art von Nutzung eigene „Variationsbreite“ verlassen wird - nur dann handelt es sich um eine Nutzungsänderung im baurechtlichen Sinn - und wenn für die neue Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen als für die bisherige Nutzung (BayVGH, U. v. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86 = juris Rn. 31; B. v. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris Rn. 15). Von einer genehmigungsfreien Nutzungsänderung gem. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO ist bereits dann schon nicht mehr auszugehen, wenn die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens i. S. von Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO anders beurteilt werden kann; ob das tatsächlich der Fall ist, ist im Genehmigungsverfahren erst zu prüfen (Molodovsky in Molodovsky/Famers/Kraus, Bayerische Bauordnung, Stand: Dez. 2015, Art. 57 Rn. 224 m. w. N.; nach nordrhein-westfälischem Landesrecht vgl. VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 13 f. m. w. N.). Entscheidend für die Genehmigungspflicht ist im vorliegenden Fall allein schon der Umstand, dass den vormals als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten eine völlig neue Zweckbestimmung gegeben wurde, deren Zuordnung je nach Einordnung als schlichte Wettannahmestelle oder als Wettbüro sowie je nach dem Ergebnis der Prüfung im Baugenehmigungsverfahren als schlichter Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht kommt, die jeweils anderen planungsrechtlichen Anforderungen unterliegen (im faktischen Mischgebiet vgl. etwa § 34 Abs. 2 BauGB i.V. mit § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO einerseits, § 6 Abs. 2 Nr. 8 und Abs. 3 BauNVO andererseits).

Allein schon die unter a) aufgezeigte rechtliche Kontroverse, wann eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zu einer Vergnügungsstätte überschreitet (vgl. die oben zitierten Gegenansichten zur Haltung des Senats; zusammenfassend zum Streitstand: VG Saarl., U. v. 19.11.2014 - 5 K 2185/13 - juris Rn. 51 ff.) zeigt, dass schon in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit auszugehen ist. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands der Antragstellerin, dass jedenfalls im vorliegenden Fall gegen den „Verweilcharakter“ und damit gegen die Vergnügungsstättenqualität ihrer Wettvermittlungsstelle spreche, dass - wie die Erhebungen des Personals in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 zeigten - sich die Kunden grundsätzlich nicht länger als wenige Minuten in ihrem Laden aufhielten. Unabhängig von der Frage, ob bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise allein aus tatsächlich erhobenen Daten überhaupt die Zweckbestimmung als Vergnügungsstätte in Frage gestellt werden kann (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 20), unabhängig davon, dass die Erhebung von Dienstag bis Freitag (und damit nicht an den für Sportevents womöglich interessanteren Wochenendtagen) stattfand, und unabhängig von der Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Erhebung über einen Zeitraum von lediglich vier Tagen bereits repräsentativ sein kann, zeigt auch die von der Antragstellerin erstellte Auflistung, dass es auch Kundenbesuche von 30 Minuten und länger gab (so etwa am Abend des 8. Dezember 2015: 18:00 Uhr bis 18:45 Uhr; 18:02 Uhr bis 18:40 Uhr; 18:07 Uhr bis 18:37 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:25 Uhr; 18:56 Uhr bis 19:50 Uhr; 19:56 Uhr bis 20:30 Uhr; 20:09 Uhr bis 20:45 Uhr; 2 x 20:50 Uhr bis 21:40 Uhr; 2 x 21:25 Uhr bis 21:50 Uhr). Zudem wäre es auch insofern zunächst Sache der Baugenehmigungsbehörde, dem im Baugenehmigungsverfahren im Einzelnen nachzugehen, so dass jedenfalls allein die Behauptung, die Kundenbesuche bei der Antragstellerin dauerten grundsätzlich nur wenige Augenblicke oder Minuten, nicht genügt, um die Offensichtlichkeit der Genehmigungsfähigkeit zu begründen.

Soweit die Antragstellerin in ihrer Antragsbegründung weiter ausführt, dass auch Monitore und Terminals mit Anzeigen von Quoten und Liveergebnissen mittlerweile zur Standardausstattung von Lotto-Annahmestellen gehörten, ist dies für die Beurteilung des vorliegenden Falles irrelevant. Bei jeder - bundesweit betroffenen - Wettvermittlungsstelle hinge die Zulässigkeit von den jeweiligen baurechtlichen Genehmigungen ab. Soweit als solche genehmigte bloße Wettannahmestellen ihren Betrieb wesentlich ändern und nunmehr über Monitore und Terminals mit aktueller Spielstandanzeige und aktuellen Wettquoten Live-Wetten anbieten, handelt es sich um eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung. Das folgt allein schon aus einer - möglichen - Einordnung des Wettbüros als Vergnügungsstätte (s.o.; ebenso: VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 33).

c) Im Übrigen können sich im Fall der Umnutzung eines bisherigen Ladenlokals in ein Wettbüro bzw. in eine Wettannahmestelle - ggf. neben der Stellplatzfrage - auch mit Blick auf das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot modifizierte, im Baugenehmigungsverfahren zu prüfende Anforderungen ergeben (vgl. BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 9). Laut den von der Antragstellerin vorgelegten Erhebungen des Personals über Kundenbesuche in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis zum 11. Dezember 2015 hatte die Wettvermittlungsstelle der Antragstellerin - anders als eine herkömmliches Ladengeschäft - jedenfalls auch bis weit nach 22:00 Uhr geöffnet. Auch insofern kann sich die Zulässigkeit des Vorhabens mit Blick auf die Lärmbelastung der Nachbarschaft nach geänderten Maßstäben i. S. von Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO richten, so dass auch in dieser Hinsicht nach Aktenlage bzw. nach summarischer Prüfung von einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung - unabhängig von der Einordnung als Wettannahmestelle oder als Wettbüro bzw. als herkömmlicher Gewerbebetrieb oder Vergnügungsstätte - auszugehen ist. Selbst wenn mithin lediglich eine Wettannahmestelle als sonstiger Gewerbebetrieb (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO) ohne Vergnügungsstättenqualität vorläge, wäre das Vorhaben aus den genannten Gründen nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Aufgrund der sich durch die neue Nutzung und die neuen Öffnungszeiten ändernden Emissionsverhältnisse und der damit ggf. einhergehenden neuen und erhöhten Belastungen für die Nachbarschaft kann die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen werden, so dass auch aus diesem Grund von einer genehmigungspflichtigen und jedenfalls nicht ohne Weiteres - d. h. nicht offensichtlich - genehmigungsfähigen Nutzungsänderung auszugehen ist (BayVGH, B. v. 15.1.2016 - 9 ZB 14.1146 - juris Rn. 13; ebenso OVG Rh-Pf., B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 12 ff.; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.9.2015 - 10 L 1877/15 - juris Rn. 34).

2. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (sog. intendiertes Ermessen; vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - NVwZ-RR 2015, 607 = juris Rn. 35 m. w. N.; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand September 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Die Antragsgegnerin hat jedenfalls ihr Ermessen erkannt, indem sie im Bescheid vom 30. November 2015 (Seite 4) darauf abgestellt hat, dass eine Nutzungsuntersagung bei dem festgestellten Sachverhalt gestützt auf Art. 76 Abs. 2 BayBO in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens habe ausgesprochen werden dürfen und dass insofern bereits die formelle Rechtswidrigkeit, d. h. die Nutzung ohne die hierfür erforderliche Baugenehmigung, genüge. Insofern spielt es auch keine Rolle, dass - selbst wenn die Veränderungssperre ausgelaufen und nicht erneuert worden sein sollte - die Antragstellerin im Rahmen ihrer Erwägungen im Bescheid ergänzend darauf verwiesen hat, eine Ausnahme von der Veränderungssperre abzulehnen.

Es hält sich ferner im Rahmen des von Art. 76 Satz 2 BayBO eröffneten Ermessens, dass die Antragsgegnerin neben der (inhaltlich beschränkten) Betriebsuntersagung in Nr. 1 Satz 2 des Bescheides vom 30. November 2015 auch die Beseitigung sämtlicher (sechs) Bildschirme und (fünf) Wett-Terminals angeordnet hat. Gegen die auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Bezug nehmenden begründenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (vgl. Rn. 32 ff. der Ausfertigung des Beschlusses vom 15. Januar 2016), wonach eine Nutzungsuntersagung die Verpflichtung zum Entfernen von Gegenständen beinhalte, wenn sich die rechtswidrige Nutzung gerade im Vorhandensein bestimmter Gegenstände - wie vorliegend die Monitore und die Wett-Terminals - manifestiere (vgl. BayVGH, U. v. 19.11.2007 - 25 B 05.12 - BayVBl. 2008, 629 = juris Rn. 24; ebenso z. B.: VG Regensburg, U. v. 24.7.2012 - RO 6 K 12.428 - juris Rn. 60; VG Aachen, B. v. 1.2.2012 - 3 L 280/11 - juris Rn. 72 f.), hat die Antragstellerin keine substanziierten Einwände i. S. von § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO erhoben.

3. Gegen die Beseitigung der Wett-Terminals und Monitore bestehen auch mit Blick auf das Übermaßverbot keine Bedenken. Insbesondere steht die Geeignetheit der Beseitigungsverpflichtung nicht in Frage. Die schlichte Untersagung, Live-Wetten anzubieten, wäre schon kein gleich effektives Mittel. Es gelten - auch hinsichtlich der sonstigen Elemente der Verhältnismäßigkeit - insofern vergleichbare Erwägungen, die der Senat bereits in seinem Beschluss vom 21. Mai 2015 zugrunde gelegt hat (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 = juris Rn. 23). Soweit nach Aktenlage ersichtlich ist, können die Monitore und Wett-Terminals aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore und Wett-Terminals ist die Beseitigungsanordnung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist nicht schutzwürdig.

Das gilt auch und gerade im vorliegenden Fall, zumal - anders als im Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 21. Mai 2015 (15 CS 15.9) zugrunde lag - die Antragstellerin hier noch nicht einmal über eine Baugenehmigung zur Nutzung der Räumlichkeiten als Wettannahmestelle verfügt und damit derzeit jede Form der Wettvermittlung - sei es unter rechtlicher Einordnung als Vergnügungsstätte, sei es als sonstiger Gewerbebetrieb - mangels erforderlicher Baugenehmigung formell illegal ist. Es lag in der Verantwortung der Antragstellerin, rechtzeitig vor Aufnahme der geänderten Nutzung einen vollständigen Änderungsbauantrag zu stellen, um sich über eine entsprechende Betriebsbeschreibung als Bestandteil der Bauvorlagen eine Wettannahmestelle bzw. ein Wettbüro mit einem aus ihrer Sicht erforderlichen Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten legalisieren zu lassen.

4. Gegen die Zwangsgeldandrohung sind im Beschwerdeverfahren keine substanziierten Einwendungen erhoben worden. Aufgrund der Prüfungsbeschränkung im Beschwerdeverfahren gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO bedarf es insofern keiner weiteren Ausführungen des Senats.

5. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, weil sie mit ihrer Beschwerde unterlegen ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2016 - 15 CS 16.300

Urteilsbesprechungen zu Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2016 - 15 CS 16.300

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 19. Mai 2016 - 15 CS 16.300 zitiert 18 §§.

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 63.300 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die bauaufsichtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung eines Ladengeschäfts in ein Wettbüro im Stadtgebiet der Beklagten. Nachdem der Bauantrag am 22. Dezember 2011 bei der Beklagten eingegangen war, stellte die Beklagte mit Beschluss vom 26. Juli 2012 den Bebauungsplan Nr. 455 „Beidseits der W.-straße“ auf und erließ zu dessen Sicherung eine Veränderungssperre. Den Bauantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. September 2012 ab. Das Verwaltungsgericht wies die Verpflichtungsklage des Klägers in der Sache ab. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Einwand des Klägers, die angefochtene Entscheidung weiche von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - BVerwGE 120, 138) ab, ist nicht berechtigt (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Bestimmung genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B. v. 27.10.2014 - 2 B 52/14 - juris Rn. 5 ff.; B. v. 12.9.2014 - 5 PB 8/14 - juris). Daran fehlt es.

Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe die Veränderungssperre nicht auf den Bauantrag des Klägers anwenden dürfen. Das Verwaltungsgericht habe sich auf die prozessuale Position zurückgezogen, dass bei einem Verpflichtungsbegehren auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sei; dies greife zu kurz. Der Kläger hat auf folgenden Satz aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Bezug genommen: „Der Senat hat erwogen, ob Vorhaben, für die zwar noch keine Baugenehmigung erteilt ist, zu denen die Gemeinde jedoch ihr Einvernehmen erteilt hat, generell oder bei unveränderter Sach- und Rechtslage wegen der Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen in erweiternder oder analoger Anwendung des § 14 Abs. 3 BauGB von den Wirkungen der Veränderungssperre freizustellen sind“ (U. v. 19.2.2004, a. a. O., = juris Rn. 26).

a) Die in Bezug genommene Stelle, von der das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll, enthält schon keinen (abstrakten) Rechtssatz. Dies folgt aus den einleitenden Worten, „Der Senat hat erwogen, ob …“ und wird im nachfolgenden Satz bestätigt: „Die Frage kann offen bleiben, weil sie in einem Normenkontrollverfahren nicht entscheidungserheblich ist“.

b) Davon abgesehen, kann die vom Bundesverwaltungsgericht erwogene „Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen“ hier nicht eintreten, worauf das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (vgl. Rn. 49 d. UA). Da die beklagte Stadt selbst Baugenehmigungsbehörde ist, ist § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB unanwendbar (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Eine irgendwie geartete Bindungswirkung an ein erteiltes oder fingiertes Einvernehmen nach § 36 BauGB kommt deshalb von vornherein nicht in Betracht.

2. Aus dem vorgenannten Grund weist die Rechtssache hinsichtlich der vom Kläger formulierte Rechtsfrage, „ob das Vorhaben des Klägers von der Veränderungssperre überhaupt berührt wird, m. a. W. die - unterstellt wirksame - Veränderungssperre gerade dem Vorhaben entgegengehalten werden kann, das Auslöser für den Erlass der Veränderungssperre ist, wenn - wie hier - die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB eingetreten ist“, auch keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, weil sie sich im Berufungsverfahren nicht stellen würde. Da die beklagte Stadt selbst Baugenehmigungsbehörde ist, besteht kein Einvernehmenserfordernis. Die vonseiten des Klägers angenommene Einvernehmensfiktion konnte deshalb nicht eintreten. Darauf hat auch das Verwaltungsgericht hingewiesen (vgl. Rn. 49 d. UA). Auf die weitergehenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, auch ein erteiltes oder fingiertes Einvernehmen hindere die Gemeinde nicht, eine Veränderungssperre zeitlich nachzuschieben (Rn. 50 d. UA), kommt es nicht an.

Auch der außerhalb der Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) vorgetragene Einwand, ungeklärt sei, wie sich die Differenzierung im Anwendungsbereich des § 36 BauGB auf den Vertrauensschutz eines (Bau-) Antragstellers auswirke, der seinen Bauantrag bei einer Gemeinde stelle, die nicht zugleich Genehmigungsbehörde sei, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung vom 19. Februar 2004 (Az. 4 CN 16/03, a. a. O.) nicht etwa erwogen, ob Vorhaben nach Ablauf von zwei Monaten seit Bauantragstellung von den Wirkungen einer später erlassenen Veränderungssperre freizustellen seien, sondern ob Vorhaben „wegen der Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen“ freizustellen seien. Eine derartige B i n d u n g kann indes nur eintreten, wenn § 36 BauGB anwendbar ist; daran fehlt es bei der Identität von Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde. Im Übrigen ist geklärt, dass das Fristerfordernis des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB dem Zweck dient, das Verfahren zu beschleunigen. Es soll verhindert werden, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht. Dieser Aspekt spielt indes ersichtlich keine Rolle, wenn das Einvernehmenserfordernis nicht zum Tragen kommt. Das ist der Fall, wenn die Gemeinde in sich die Funktionen des Bauplanungsträgers und der Bauaufsichtsbehörde vereint. Kommt es hier zu Verzögerungen, weil gemeindeintern eine nach § 36 BauGB nicht gebotene, aber zulässige Abstimmung stattfindet, so kann sich der Bauherr hiergegen ebenso wie gegen Verzögerungen aus sonstigen Gründen mit den Mitteln zur Wehr setzen, die ihm das Prozessrecht zur Verfügung stellt. Ihm steht der Weg der Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 2 VwGO offen, ohne dass er befürchten muss, mit Erfolg entgegengehalten zu bekommen, die nach § 36 BauGB erforderliche Einvernehmenserklärung oder -fiktion lasse noch auf sich warten (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8).

Der Hinweis des Klägers auf Art. 58 Abs. 2 und 3 BayBO verhilft seinem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Art. 58 BayBO regelt das Genehmigungsfreistellungsverfahren im Geltungsbereich von Bebauungsplänen.

3. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, Wettbüros könnten als Unterfall des städtebaulichen Begriffstypus „Vergnügungsstätte“ bauplanungsrechtlich „sowohl nach § 1 Abs. 5 wie nach § 1 Abs. 9 BauNVO“ ausgeschlossen werden, begründet keine ernstlichen Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

a) Dass Wettbüros „Arten von Nutzungen“ i. S. d. § 1 Abs. 5 BauNVO sind, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat es einen Ausschluss von Wettbüros in der Sache als Unterfall der Vergnügungsstätte auf Grundlage der Regelungen in § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO bewertet. Hiergegen ist nichts zu erinnern. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass es § 1 Abs. 9 BauNVO - über § 1 Abs. 5 BauNVO hinausgehend - gestattet, einzelne Unterarten von Nutzungen, welche die Baunutzungsverordnung selbst nicht angeführt hat, mit planerischen Festsetzungen zu erfassen (vgl. BVerwG, B. v. 5.6.2014 - 4 BN 8/14 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10 m. w. N.). Im Unterschied zur bloßen Wettannahmestelle sind „Wettbüros“ nach herkömmlichem baurechtlichen Verständnis als in der sozialen und ökonomischen Realität vorkommende Nutzungen eine Unterart von Vergnügungsstätten i. S. d. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO (vgl. VGH BW, B. v. 15.10.2013 - 2 S 2514/12 - NVwZ-RR 2014, 114 = juris Rn. 4 m. w. N.) oder können zumindest je nach konkreter Ausgestaltung als Vergnügungsstätte zu bewerten sein (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris Rn. 4 m. w. N.).

b) Die Frage, „ob bei einem Wettbüro der hier streitgegenständlichen Art“ eine Nutzungsart nach § 1 Abs. 9 BauNVO vorliegt, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt und bei der eine Differenzierung nach marktüblichen Gegebenheiten möglich ist, bedarf keiner weitergehenden Klärung im Berufungsverfahren.

aa) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln sind, wenn sie anders als bloße Wettannahmestellen wie für Lotto und Toto auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Das ist nach den tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts der Fall (vgl. Rn. 46 d. UA). Danach verfüge das Wettbüro der „hier streitgegenständlichen Art“ im Hauptraum über acht große TV-Bildschirmmonitore, auf denen beispielsweise Fußballspiele verfolgt werden könnten. Darüber hinaus seien die aufgestellten Sitzgruppen darauf ausgerichtet, die jeweiligen Sportereignisse bequem zu verfolgen. Ebenfalls würden den Gästen Getränke aus bereitgestellten Automaten zur Verfügung gestellt. Hiervon ausgehend handle es sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichts offensichtlich nicht um eine bloße Verkaufsstelle, sondern es werde den jeweiligen Besuchern ein deutlicher Anreiz zum Verbleib und zur Verfolgung der jeweiligen Sportereignisse, auf die gewettet werden könne, angeboten (vgl. auch die Planvorlage zum Bauantrag vom 22.12.2011 mit sieben TV-Geräten). Diese rechtliche Bewertung ist nicht zu beanstanden.

bb) Hiervon ausgehend stellte sich dem Verwaltungsgericht die weitergehende Frage, ob der abstrakte Begriff des „Wettbüros“ stets auch eine bestimmte Art einer in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlage i. S. d. § 1 Abs. 9 BauNVO umfasst, nicht. Das sieht auch der Kläger so, wenn er vorträgt, der Ausschluss eines Wettbüros wäre nach § 1 Abs. 5 BauNVO möglich, wenn es sich bei einem Wettbüro der beantragten Art um eine Vergnügungsstätte handeln würde. Gerade davon ist das Verwaltungsgericht aber ausgegangen. Es hat angenommen, dass das vom Kläger in seiner konkreten Ausgestaltung geplante Wettbüro eine Vergnügungsstätte ist. Diese rechtliche Bewertung trifft zu (vgl. vorstehend Doppelbuchst. aa und nachfolgend Nr. 4). Das Vorhaben widerspricht deshalb bereits der in Aussicht genommenen Festsetzung über den Ausschluss von Vergnügungsstätten nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 und § 1 Abs. 6 BauNVO.

Aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Oktober 2005 (Az. 10 B 1600/05 - juris Rn. 4) folgt nichts anderes. Dieser Beschluss erschöpft sich in der Aussage, dass es einen einheitlichen Typus des „Wettbüros“ nicht gebe, weil es sich in verschiedenen Formen betreiben lasse (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris Rn. 4). Dies hindert aber nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Wettbüro des Klägers in seiner konkreten Ausgestaltung als Vergnügungsstätte betrieben wird.

4. Die (weitere) Kritik des Klägers an der tatrichterlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben des Klägers ein Wettbüro in Form einer Vergnügungsstätte darstelle, führt weder zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit der obergerichtlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt und ist angesichts der im Ortstermin getroffenen Feststellungen (vgl. auch Darstellungen in den Bauvorlagen) davon ausgegangen, dass das Wettbüro des Klägers keine bloße Verkaufsstelle umfasse. Vielmehr werde den Besuchern ein deutlicher Anreiz zum Verbleib und zur Verfolgung der jeweiligen Sportereignisse, auf die gewettet werden könne, angeboten (Rn. 46 d. UA). Diese rechtliche Bewertung ist, wie bereits ausgeführt wurde, nicht zu beanstanden.

b) Die Ausführungen des Verwaltungsgericht zum „Reiz des Besuchs eines Wettbüros“, die nach Auffassung des Klägers die Frage aufwerfen würden, woher das Gericht seine Erkenntnisse beziehe, enthalten ein wörtliches Zitat der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (B. v. 20.6.2006 - 9 K 790/06 - juris Rn. 8 m. w. N.; ebs. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69: „Vielmehr macht es den Reiz des Besuchs eines Wettbüros aus, dort sich aufzuhalten, um sich nach Möglichkeit mit anderen auszutauschen und in der Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer als angenehm empfundenen Weise zu verweilen und gemeinsam vor Monitoren oder einem Beamer dem Wettereignis ‚entgegenzufiebern‘ „), dessen Aussagegehalt sich das Verwaltungsgericht zu Eigen macht. Anders als der Kläger meint, bedarf es weder wissenschaftlicher Untersuchungen noch besonderer soziologischer und psychologischer Kenntnisse, um aus der Zweckbestimmung und Ausstattung des Wettbüros auf seinen Charakter als Vergnügungsstätte zu schließen. Wettbüros sind allgemein Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). So liegt es auch hier. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Ausstattung des Wettbüros mit Sitzgruppen, Fernsehgeräten und Getränkeautomaten darauf gerichtet ist, den Kunden ein möglichst angenehmes Verweilen im Wettbüro zu ermöglichen, um sich nach Möglichkeit mit anderen auszutauschen und die Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer - von diesen - als angenehm empfundenen Weise und Umgebung zu nutzen.

c) Der Vortrag, die Abgrenzung eines verhältnismäßig neuen Typus eines Gewerbebetriebs sui generis von dem speziell geregelten Gewerbetyp Vergnügungsstätte könne nur mit Blick auf die nachteiligen städtebaulichen Folgen einer Vergnügungsstätte im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfolgen, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Soweit auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 2006 (Az. 4 B 56/06 - ZfBR 2007, 270) hingewiesen wird, ist nicht zu sehen, dass das Verwaltungsgericht hiervon abgewichen wäre. Zu den negativen städtebaulichen Auswirkungen von Vergnügungsstätten gehört danach zwar insbesondere der Lärm. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, gewerbliche Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung, der Zerstreuung, dem geselligen Beisammensein oder der Bedienung der Spielleidenschaft und der erotisch/sexuellen Interessen der Menschen dienen (vgl. z. B. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Auflage 2014, § 7 Rn. 17 m. w. N.), wären unabhängig von ihrer Ausrichtung dann keine Vergnügungsstätten mehr, wenn von ihnen keine beachtlichen Lärmwirkungen ausgingen. Auch der Betrieb von Spielhallen, die lediglich Geldspielgeräte vorhalten, führt nicht per se zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen in der Nachbarschaft, wenngleich der in der Regel größere Einzugsbereich derartiger Nutzungen und die gegenüber Ladengeschäften längeren Öffnungszeiten insbesondere in den Nachtstunden regelmäßig auch Lärmbeeinträchtigungen auslösen können. Losgelöst von etwaigen Lärmwirkungen entspricht es darüber hinaus einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung im Sinn eines Trading-Down-Effekts auswirken können (vgl. BVerwG, B. v. 4.9.2008 - 4 BN 9/08 - BauR 2009, 76 = juris Rn. 8). So liegt es nach der Begründung zum Aufstellungsbeschluss der Beklagten hier, deren wesentlichen Inhalt das Verwaltungsgericht zutreffend wiedergibt (Rn. 42 d. UA).

bb) Der nach Auffassung des Klägers zu gewinnende Eindruck aus der Betriebsbeschreibung durch das Verwaltungsgericht als eine Art „Lounge“ lässt nicht erkennen, weshalb das Wettbüro des Klägers kein städtebaulich nachteiliges Störpotential aufweist.

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass das Wettbüro in der vom Kläger betriebenen Art, den Spielhallen vergleichbar, eine Vergnügungsstätte ist. Das trifft zu. Sein städtebauliches Störpotential liegt jedenfalls in dem von der Beklagten befürchteten Trading-Down-Effekt im Bereich des überwiegend von Wohnen geprägten Mischgebiets entlang der W.-straße, der auch nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts durch eine zunehmende Ansiedlung von Vergnügungsstätten und Wettbüros betroffen ist.

5. Der vom Kläger behaupteten Abgrenzungsproblematik, „ob ein Wettbüro unter welchen Umständen seiner konkreten Ausgestaltung eventuell eine Vergnügungsstätte darstellt“, musste hier nicht nachgegangen werden, weil die konkrete Ausgestaltung des gegenständlichen Vorhabens - nach den vorstehenden Ausführungen - keine ernstlichen Zweifel an seiner Eigenschaft als Vergnügungsstätte entstehen lässt (ebs. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris). Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO haben sich insoweit nicht ergeben.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind (vgl. zur Gleichstellung von Wettbüros und Spielhallen bei der Streitwertbemessung OVG Berlin-Bbg, B. v. 11.9.2014 - 10 S 8.13 - NVwZ-RR 2015, 90 = juris Rn. 21 m. w. N.).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Verfügung der Beklagten vom 29. Januar 2013, mit der ihm untersagt wird, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens W.-straße ..., FlNr. ... der Gemarkung A., als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hat das Verwaltungsgericht hat die in Nr. 2 des Bescheidstenors verfügte Zwangsgeldandrohung aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen die Klageabweisung im Übrigen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Das Verwaltungsgericht geht von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung aus. Insbesondere sei die Aufnahme der Nutzung eines Wettbüros in den zur Nutzung als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten ohne die erforderliche Baugenehmigung erfolgt und die Nutzung als Wettbüro sei auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig sei. Dies ist nicht ernstlich zweifelhaft.

a) Der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte die Nutzungsänderung für genehmigungsfähig gehalten habe, weil sie andernfalls nicht nach mehr als sieben Monate nach Nutzungsaufnahme und Stellung eines Bauantrags eine Veränderungssperre erlassen und auf deren Grundlage eine Versagung ausgesprochen hätte, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 22 m. w. N.; vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Darauf stellt das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf sein Urteil zur Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung (ebenfalls) vom 26. September 2013 (Az. Au 5 K 12.1307) ab. Darlegungen, weshalb das Vorhaben des Klägers nach objektiven Gesichtspunkten offensichtlich genehmigungsfähig sei, lässt das Zulassungsvorbringen vermissen.

b) Der Vortrag, gegenüber einer bestandsgeschützten Nutzung scheide eine Nutzungsuntersagung aus, nach Ablauf von zwei Monaten nach Einreichung des Bauantrags gelte das Einvernehmen der Gemeinde als erteilt, der Kläger habe folglich gegenüber der Beklagten darauf vertrauen dürfen, dass sein Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufkommen.

aa) Die Ausführungen des Klägers zur Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB sind nicht geeignet, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen.

(1) Richtig ist zunächst, dass die Notwendigkeit der Einvernehmenserklärung entfällt, wenn die Gemeinde selbst Baugenehmigungsbehörde ist (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Dementsprechend kann die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB bei Identität von Gemeinde und Genehmigungsbehörde nicht eintreten, weil der Lauf der Äußerungsfrist und der Eintritt der Fiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB an das Erfordernis einer Erklärung der Gemeinde über ihr Einvernehmen zum Vorhaben geknüpft sind. Hinzuzufügen ist weiter, dass der Zweck des Fristerfordernisses des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, zu verhindern, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht, keine Rolle spielt, wenn das Einvernehmenserfordernis - wie hier - nicht zum Tragen kommt (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8).

(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, der Kläger als Bauantragsteller habe nach Ablauf von zwei Monaten darauf vertrauen dürfen, dass sein Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei, weil er andernfalls schlechter gestellt werde, als ein Bauantragsteller, der sein Vorhaben im Bereich einer Gemeinde verwirklichen will, die nicht zugleich Baugenehmigungsbehörde ist. Nach der in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Zweck der Fristenregelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB vornehmlich dem Schutz des Bauantragstellers. Er darf darauf vertrauen, dass über „eine Teilfrage des Genehmigungsverfahrens“ innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB Klarheit geschaffen wird (BVerwG, B. v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - BVerwGE 120, 138 = juris Rn. 25). Die Klarheit beschränkt sich allerdings auf die Frage, ob die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt. Aus der Einvernehmenserteilung folgt aber lediglich, dass die Gemeinde dem Vorhaben zustimmt, nicht aber, dass das Vorhaben in planungsrechtlicher Hinsicht auch zu genehmigen ist. Diese Entscheidung obliegt vielmehr der Bauaufsichtsbehörde. Diese hat von sich aus und in eigener Verantwortung zu prüfen, ob das Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist oder nicht (vgl. Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand November 2014, § 36 Rn. 14 m. w. N.). Dabei ist die Baugenehmigungsbehörde an ein erteiltes Einvernehmen nicht gebunden (vgl. BVerwG, B. v. 10.10.1991 - 4 B 167/91 - juris Rn. 3 m. w. N.). Deshalb kann ein Bauantragsteller auch dann nicht darauf vertrauen, sein Vorhaben sei planungsrechtlich zulässig und werde deshalb genehmigt, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt.

(3) Von Vorstehendem ausgehend trifft es auch nicht zu, dass die Ausführungen im Untersagungsbescheid zur planungsrechtlichen Beurteilung des Vorhabens als kerngebietstypische Vergnügungsstätte als verspätet zurückzuweisen wären, weil deren Berücksichtigung in ihren Auswirkungen einem Widerruf des gemeindlichen Einvernehmens gleichkommen würde.

bb) Im Übrigen tritt ein baurechtlicher Bestandsschutz bei einer ungenehmigten Nutzungsaufnahme nicht schon dann ein, wenn die Gemeinde zu einem entsprechenden Bauantrag ihr Einvernehmen erteilt hat (vgl. zur Frage des Bestandsschutzes für Bestands- und Funktionsänderungen baulicher Anlagen BVerfG, B. v. 15.12.1995 - 1 BvR 1713/92 - NVwZ-RR 1996, 483).

cc) Nachdem der vom Kläger behauptete, aus seinem Verständnis der Regelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hergeleitete Vertrauenstatbestand nicht besteht, konnte er bei den Ermessenserwägungen auch nicht berücksichtigt werden.

c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich schließlich nicht aus der Darlegung, das Verwaltungsgericht habe die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit offengelassen.

aa) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Nutzungsänderung des Ladenlokals in ein Wettbüro sei nicht offensichtlich genehmigungsfähig, was sich aus den Ausführungen des Urteils vom 26. September 2013 im Verfahren Au 5 K 12.1307 ergebe (Rn. 22 d.UA). Darin hatte des Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Zulassung des klägerischen Vorhabens die von der Beklagten erlassene Veränderungssperre entgegenstehe (vgl. auch den Beschluss des Senats im Verfahren 15 ZB 13.2377 vom heutigen Tag). In den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Ermessensbetätigung wird an einer Stelle von der planungsrechtlich unzulässigen Nutzung gesprochen (Rn. 23 d.UA). Der Kläger beanstandet nun, das Verwaltungsgericht habe sich mit der Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens an keiner Stelle auseinandergesetzt.

bb) Es ist offenkundig, dass dem Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Wettbüronutzung aufgrund der entgegenstehenden Veränderungssperre bewusst war; dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Hinweis auf seine Entscheidung vom 26. September 2013 (Az. Au 5 K 12.1307). Aus der Begründung des gegenständlichen Urteils folgt, dass das Verwaltungsgericht auf die formelle Unzulässigkeit der Nutzungsänderung abgestellt und deren „offensichtliche Genehmigungsfähigkeit“ lediglich aufgrund der entgegenstehenden Veränderungssperre verneint hat. Hiervon ausgehend ist die Formulierung, „Ist nämlich eine ausgeübte Nutzung wie hier planungsrechtlich unzulässig“, dahin zu verstehen, dass das Verwaltungsgericht die entgegen der Veränderungssperre ausgeübte Nutzung des Ladenlokals als Wettbüro wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 BauGB für „unzulässig“ (vgl. BVerwG, U. v. 30.8.2012 - 4 C 1/11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 31) erachtet und diesen Verstoß als „planungsrechtliche“ Unzulässigkeit bezeichnet.

2. Die Rechtssache weist hinsichtlich der vom Kläger aufgeworfenen Frage weder besondere rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch kommt der Rechtssache insoweit eine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, „ob die Gemeinde, die zugleich die Aufgaben der unteren staatlichen Bauaufsichtsbehörde wahrnimmt, im Zuge eines Nutzungsuntersagungsverfahrens dasselbe Bauvorhaben betreffend eine planungsrechtliche Beurteilung vornehmen kann, die im Gegensatz zur Einvernehmensfiktion steht oder ob insoweit eine Bindungswirkung gegenüber dem Bauherrn eingetreten ist, so dass eine Nutzungsuntersagung nur aus anderen Gründen - etwa bauordnungsrechtlichen Gründen - verfügt werden kann, nicht aber mehr wegen (vorgeblicher) planungsrechtlicher Unzulässigkeit“, ist nicht entscheidungserheblich und lässt zudem ein Verständnis der Regelung in § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB erkennen, das ihr nicht zukommt.

a) § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB kommt bei Gemeinden, die selbst untere Bauauf-sichtsbehörde sind, nicht zur Anwendung (BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB kann im Fall der Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht eintreten, weil kein Einvernehmenserfordernis besteht. Der Zweck des Fristerfordernisses des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, zu verhindern, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht, spielt keine Rolle, wenn das Einvernehmenserfordernis - wie hier - nicht zum Tragen kommt (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8). Der vom Kläger angenommene Fall, dass in einem Bauantragsverfahren die Einvernehmensfiktion eingetreten ist, kommt deshalb bei Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht vor.

b) Ungeachtet der Vorschriften über das Mitwirkungsrecht der Gemeinde in § 36 BauGB kann die Bauaufsichtsbehörde eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehende Nutzung einer Anlage untersagen (Art. 76 Satz 2 BayBO). Eine Anlage wird auch dann im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, wenn die Nutzungsaufnahme zwar baugenehmigungspflichtig ist, eine Baugenehmigung aber nicht erteilt wurde (sog. formelle Illegalität). Die Erteilung des Einvernehmens oder das ihr gleichstehende fingierte Einvernehmen schließen den Verfahrensabschnitt der im Baugenehmigungsverfahren gebotenen Mitwirkung der Gemeinde ab, nicht aber das Baugenehmigungsverfahren. Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens kann den aus dem Fehlen einer Baugenehmigung folgenden Widerspruch einer Nutzung zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften deshalb nicht beheben.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine gegen sie als Mieterin verfügte Untersagung der Nutzung des Obergeschosses des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 562/1 Gemarkung E. zu Wohnzwecken.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet E.“‚ den die beigeladene Gemeinde für einen Teilbereich des heutigen Plangebiets im Jahr 1980 in Kraft gesetzt hatte. Die nördliche Grenze seines Geltungsbereichs bildeten damals die Grundstücke FlNr. 962/1, 963/1 und 963/2. In seiner Sitzung vom 18. November 2003 beschloss der Gemeinderat, den Bebauungsplan mit den zwischenzeitlich erfolgten räumlichen Erweiterungen und Änderungen insgesamt neu aufzustellen sei. Zugleich wurde der „Vorgängerbebauungsplan“ aus dem Jahr 1980 mit zwei Änderungen aus dem Jahr 1981 aufgehoben. Der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan wurde laut der „Verfahrensvermerke“ am 17. März 2004 ausgefertigt, am 25. Mai 2004 beschlossen und die Bekanntmachung am 26. Mai 2004 unterschrieben; sie erfolgte am 27. Mai 2004 („Schlussbekanntmachung“). Die beiden Unterschriften des Bürgermeisters in den Verfahrensvermerken sind nicht datiert. Am 21. August 2012 machte die Gemeinde die rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans zum 27. Mai 2004 zur Heilung eines Verfahrensfehlers bekannt, nachdem das Landratsamt B. ein solches Vorgehen am 20. August 2012 wegen möglicher Ausfertigungsmängel der ursprünglichen Pläne empfohlen hatte.

Im Rahmen von bauaufsichtlichen Kontrollen am 27. Februar und 15. März 2012 stellte das Landratsamt fest, dass durch Überbauung der nach den Bauplänen als Ersatzteillager genehmigten Räume im Obergeschoss mindestens acht Zimmer entstanden seien, in denen die Klägerin von ihr beschäftigte Arbeitnehmer unterbringe; die Zimmer seien mit jeweils 3 bis 4 Schlafstätten, mit Kühlschränken und elektrischen Kochplatten ausgestattet. Der für Wohnräume erforderliche erste Rettungsweg sei nicht bauordnungsgemäß ausgestaltet, ein zweiter Rettungsweg fehle ganz.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 wurde der Klägerin unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 3) aufgegeben, die Nutzung der Räume im Obergeschoss zu Wohnzwecken zu unterlassen (Nr. 1). Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung werde ein Zwangsgeld von 1.000 Euro für jeden zu Wohnzwecken genutzten Raum fällig (Nr. 5). Die Eigentümerin des Gebäudes wurde im gleichen Bescheid unter Androhung eines Zwangsgeldes verpflichtet, die Nutzungsuntersagung zu dulden (Nr. 2 und 6). Sollte die Klägerin der Nutzungsuntersagung nach Nr. 1 nicht fristgerecht nachkommen, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro je Wohnung fällig (Nr. 5). Die Kosten des Bescheids wurden der Klägerin auferlegt (Nr. 7). Die Wohnnutzungen seien nicht nur ohne entsprechende Baugenehmigung, also formell illegal aufgenommen worden, sondern verstießen auch gegen materielles Baurecht, weil die Vermietung von Wohnräumen in einem Gewerbegebiet generell unzulässig sei. Außerdem bestünden gravierende, näher bezeichnete Brandschutzmängel, insbesondere fehle ein ausreichender zweiter Rettungsweg. Die Nutzungsuntersagung werde als Ermessensentscheidung verfügt, um den widerrechtlichen Zustand zu beenden und Bezugsfälle zu vermeiden. Als Adressat der Anordnung sei die Klägerin als Handlungsstörerin ausgewählt worden, weil sie durch eigenes Handeln die rechtswidrige Nutzung der Räume schnellstmöglich aufgeben und damit die Gefahr für die dort wohnenden Mitarbeiter abwenden könne.

Das Landratsamt hatte eine Bestandsaufnahme aller Wohnnutzungen im Gewerbegebiet E. erstellt, auf deren Basis im Mai/Juni 2012 eine ganze Reihe weiterer Nutzungsuntersagungen ausgesprochen wurden, gegen die die Betroffenen (derzeit ruhende) Klageverfahren angestrengt haben. Am 13. August 2012 wurde dem Verwaltungsgericht ein Ordner des Landratsamts mit Kurzinformationen zu den einzelnen Grundstücken im Gewerbegebiet vorgelegt‚ aus denen insbesondere Angaben zu den festgestellten Wohnnutzungen und den inzwischen veranlassten Nutzungsuntersagungen hervorgehen.

Das Verwaltungsgericht München gab der Anfechtungsklage mit Urteil vom 11. Oktober 2012 statt. Die Festsetzung der Gebietsart „Gewerbegebiet“ in dem Bereich nördlich der Staatsstraße ... bis einschließlich der Grundstücke FlNr. 961/4 und 961/3 sei nach einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände funktionslos geworden; das Baugebiet stelle sich insoweit vielmehr als faktisches Mischgebiet dar, denn es sei von einem gleichrangigen Nebeneinander von Wohnen und von nicht störendem Gewerbe geprägt. Schon äußerlich falle die in den Ober- und Dachgeschossen weit verbreitete Wohnnutzung auf. Die massive Wohnbebauung, die bereits mit der Ersterrichtung der Gewerbebauten vor rund 30 Jahren begonnen habe, schließe eine Entwicklung hin zu einem Gewerbegebiet aus. Die als Betriebsleiterwohnungen genehmigten Gebäude seien stattliche Wohnhäuser und könnten nicht mehr als „untergeordnet“ i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO angesehen werden. Nach der Aufstellung des Landratsamts vom 11. September 2012 hätten nur vier der 14 Anwesen keine Betriebsleiterwohnung. Vier der Betriebsleiterwohnungen seien frei vermietet. Aus dem Kontrollbericht des Landratsamts vom 27. Dezember 2010 gehe hervor, dass insgesamt 89 Personen als im Gewerbegebiet wohnhaft gemeldet seien, die in 28 bis 45 Wohneinheiten wohnten, obwohl im fraglichen Bereich nur neun Wohnungen genehmigt worden seien. Die Nutzungsuntersagung sei auch ermessensfehlerhaft verfügt worden; zum einen sei die Funktionslosigkeit der Festsetzung „Gewerbegebiet“ verkannt worden‚ zum anderen bestünden keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe‚ warum der Beklagte im Rahmen seines Sanierungskonzepts nicht auch diejenigen Wohnnutzungen von Betriebsleiterwohnungen aufgreife‚ die privat und ohne Bezug zu einem Betrieb vermietet worden seien. Auch die gegenüber der Eigentümerin ausgesprochene Duldungsanordnung müsse aufgehoben werden‚ da sie in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit der gegenüber der Klägerin ergangenen Nutzungsuntersagung stehe.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 (M 11 S 12.2711) stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Anfechtungsklage wieder her; die Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 18.3.2013 - 1 CS 12.2070 - juris), weil die brandschutztechnischen Mängel inzwischen behoben worden seien und die behauptete illegale, seit vielen Jahren unbeanstandet hingenommene Nutzung nicht vor einer Entscheidung in der Hauptsache beendet werden müsse.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. März 2013 (1 ZB 12.2777) wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung führt der Beklagte aus, es sei im Lichte von § 1 Abs. 3 BauGB nicht erkennbar, warum die festgestellten illegalen Wohnnutzungen im Gewerbegebiet die ordnende Wirkung dieser Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließen sollten; der von der Gebietsart abweichende Zustand habe sich noch nicht in einer solchen Weise verfestigt, dass eine Rückkehr zu rechtmäßigen Verhältnissen ausgeschlossen werden müsse. Dies zeige bereits der Umstand, dass zahlreiche Nutzungsuntersagungen gegen weitere Eigentümer mit dem Ziel der Rückkehr zur plankonformen Nutzung verfügt worden seien. Im Übrigen sei das Gewerbegebiet mit am 23. Juni 2010 in Kraft getretener Änderung des Bebauungsplans in Richtung Norden erweitert worden. Für die bereits 1981 genehmigten Betriebsleitergebäude gälten nicht die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung 1990 und damit auch nicht § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1990, wonach nur untergeordnete Wohnhäuser als Betriebsleitergebäude zulässig seien. Der vom Verwaltungsgericht angenommenen Einordnung als faktisches Mischgebiet stehe entgegen, dass im fraglichen Bereich des Bebauungsplans auch Gewerbebetriebe bestünden, die nicht ohne weiteres mischgebietsverträglich seien (Kfz-Werkstätten, Landmaschinenwerkstatt, Schreinerei). Schließlich genüge das von der Bauaufsichtsbehörde erstellte Sanierungskonzept, das die Verhältnisse auf sämtlichen Grundstücken des Gewerbegebiets betrachte, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die frei vermieteten Betriebsleiterwohnungen hätten noch nicht sofort und im gleichen Umfang aufgegriffen werden müssen, zumal sie durch nachträgliche Eingliederung in einen betrieblichen Zusammenhang oder auch die erstmalige Schaffung dieses Zusammenhangs einer legalisierten Nutzung zugeführt werden könnten. Damit sei das Vorgehen des Beklagten weder willkürlich noch systemlos; auch das langjährige Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens hindere nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Eine Aufhebung der gegenüber der Eigentümerin verfügten Duldungsanordnung sei im vorliegenden Klageverfahren schon mangels Adressatenstellung und Beschwer der Klägerin nicht möglich.

Der Beklagte legt eine zum 14. April 2014 aktualisierte Übersicht (mit Lageplan) der erlaubten wie der unerlaubten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet und der hiergegen eingeleiteten Maßnahmen vor. Das Sanierungskonzept sehe in einem ersten Schritt die Behandlung derjenigen Fälle vor, in denen gewerblich genutzte Räume ohne Genehmigung zu Wohnräumen umgewandelt worden seien; als nächstes seien die genehmigten Betriebsleiterwohnungen überprüft worden, ohne dass hier bereits Untersagungen ausgesprochen worden seien. Hingenommen würden dagegen Wohn-nutzungen ehemaliger Betriebsleiter oder deren Angehöriger sowie von Bereitschaftspersonal in Betriebsleiterwohnungen. Dementsprechend ergänzt der Beklagte seine im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO im Hinblick auf die Frage eines gleichheitssatzgemäßen Einschreitens dahingehend, dass die bekannten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet entsprechend dem jeweiligen Gewicht des Verstoßes Schritt für Schritt aufgegriffen würden; im vorliegenden Fall bestehe ein gravierender und offenkundiger Verstoß.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Vorlage des zwischen ihr und der Eigentümerin geschlossenen Mietvertrags vom 13. November 2006 über „gewerbliche Räume“ mit einer Fläche von 530 m² trägt die Klägerin vor, das Baugebiet habe sich bereits seit Jahrzehnten in Richtung eines Mischgebiets entwickelt, wie die auf fast jedem Grundstück nachweisbaren Wohneinheiten und zum Teil stattlichen Wohnhäuser bewiesen. Die Festsetzung Gewerbegebiet sei wegen der eingetretenen wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der zugelassenen Nutzung außer Kraft getreten; die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten einen Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der vorgesehenen Nutzung auf absehbare Zeit als unwirtschaftlich ausschließe. Damit richte sich die Beurteilung der Situation nach § 34 BauGB, wonach aber die untersagte Nutzung zulässig sei. Im Übrigen erfüllten die nicht abgeschlossenen Übernachtungszimmer nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens, der eine auf Dauer angeleg-te Häuslichkeit und Möglichkeit der Eigengestaltung der Haushaltsführung voraussetze. Es handele sich vielmehr um gewerbliche Arbeitnehmerunterkünfte, in denen nur an Werktagen übernachtet werde und die keine Privatsphäre zuließen; die Mehrbettzimmer hätten keine festen Kochgelegenheiten und keine Nasszellen, es gebe lediglich zwei gemeinschaftliche Sanitärräume. Für jede Übernachtung in der kasernenartigen Unterkunft würden vom Lohn des Arbeitnehmers 6,50 Euro einbehalten. Die Mitarbeiter kehrten an ihren freien Tagen, an den Wochenenden und in den Zeiten der saisonalen Betriebsschließungen an den jeweiligen Heimatort zurück. Es könne mangels eines auf Dauer angelegten Wohnungsersatzes und wegen der Kurzfristigkeit der jeweiligen Aufenthalte auch nicht von einer wohnähnlichen Nutzung ausgegangen werden. Das Angebot von Übernachtungsplätzen sei unabdingbar für die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftsbetriebes der Klägerin.

Die Beigeladene stellt erstmals im Berufungsverfahren einen Antrag; sie beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

Die vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Voraussetzungen für eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans lägen nicht vor. Das Vorgehen des Beklagten belege, dass die planerische Zweckbestimmung des Gewerbegebiets gerade hier-durch (wieder)hergestellt werden solle; die tatsächlichen Verhältnisse stünden einer Umsetzung des Bebauungsplans keineswegs dauerhaft entgegen. Zudem sei das schutzwürdige Vertrauen der planunterworfenen Grundeigentümer in die Zweckbestimmung des Bebauungsplans nicht durch die Aufnahme rechtswidriger Nutzungen entfallen. Daran ändere auch das lange Zuwarten der Bauaufsichtsbehörde nichts, denn es fehle insoweit an einem positiven Tätigwerden. Die Beigeladene halte jedenfalls an der Festsetzung eines Gewerbegebiets fest.

Der Senat hat am 16. Mai 2014 das gesamte Gewerbegebiet E. und insbesondere das Gebäude auf FlNr. 964 besichtigt und am 6. Juni 2014 erstmals mündlich verhandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Bauakten‚ die von der Beigeladenen vorgelegten Aufstellungsunterlagen für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ sowie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowohl im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch im Klageverfahren, hier insbesondere auf die Niederschriften über die Ortsbesichtigung und die mündlichen Verhandlungen, Bezug genommen.

Gründe

Im Berufungsverfahren ist maßgeblicher Streitgegenstand der Bescheid vom 3. Mai 2012 (ergänzt um die mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 8. Mai 2014 nachgeholten Ermessenserwägungen) in seinen an die Klägerin gerichteten Anordnungen Nr. 1 (Nutzungsuntersagung)‚ Nr. 5 (Androhung von Zwangsgeldern) sowie Nr. 7 (Kosten). Eine Auslegung des Klagebegehrens vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts‚ auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO)‚ und des wohlverstandenen Interesses der Klägerin ergibt‚ dass - trotz des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten, auf umfassende Aufhebung gerichteten Klageantrags, an den das Gericht jedoch nicht gebunden war (vgl. § 88 VwGO) - ausschließlich die an die Klägerin gerichteten Anordnungen im Bescheid vom 3. Mai 2012 angefochten werden sollten‚ nicht hingegen die an die Eigentümerin des Gebäudes (Vermieterin) gerichtete Duldungsverpflichtung mit Zwangsgeldandrohung (Nr. 2‚ 6 des Bescheids). Insoweit fehlt es bereits an der für eine zulässige Klage erforderlichen Beschwer der Klägerin. Der vom Verwaltungsgericht angenommene „untrennbare sachliche Zusammenhang“ zwischen Nutzungsuntersagung mit Duldungsanordnung besteht nicht. Die Eigentümerin hat im Übrigen den sie belastenden Teil des Bescheids mit eigener Klage (Az. M 11 K 12.2708 und 1 B 13.649) angefochten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. Februar 2015 hat die Klägerin diese Auslegung ihres Klagebegehrens bestätigt. Nachdem das Verwaltungsgericht also in seinem der Klage stattgebenden Urteil über das Klagebegehren hinausgegangen ist und auch die Duldungsanordnung aufgehoben hat‚ konnte das Urteil insoweit keinen Bestand haben und war in diesem Umfang schon deshalb aufzuheben.

Die zulässige Berufung des Beklagten‚ die sich demnach nur noch gegen die Aufhebung der den Streitgegenstand bildenden Nr. 1‚ 5 und 7 des Bescheids richtet‚ ist begründet. Das der Klage zu Unrecht stattgebende Urteil war daher insgesamt aufzuheben. Die Untersagung der Nutzung der angemieteten Räume „zu Wohnzwecken“ ist rechtmäßig‚ weil die Überlassung an Arbeitnehmer der Klägerin zum Zwecke der Übernachtung zu einer wohnähnlichen Nutzung führt‚ die formell und im Gewerbegebiet materiell rechtswidrig ist (1.). Die Nutzungsuntersagung wurde vom Landratsamt in fehlerfreier Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens angeordnet (2.).

1. Die tatbestandliche Voraussetzung des Art. 76 Satz 2 BayBO‚ wonach die unter-sagte Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen muss‚ ist im vor-liegenden Fall bereits wegen der formellen Illegalität der Nutzung erfüllt (1.1). Darüber hinaus verstößt sie gegen materielles Bauplanungsrecht (1.2).

1.1 Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor‚ wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris Rn. 23). Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (BayVGH‚ B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.2648 - BayBVl 2005‚ 369).

Die Nutzung von zu gewerblichen Zwecken genehmigten Räumlichkeiten als Übernachtungsplätze für Arbeitnehmer stellt eine der Baugenehmigungspflicht unterliegende Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO dar‚ die nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei ist‚ weil die Nutzungsänderung der bauplanungsrechtlichen Überprüfung bedarf. Mit der Weitergabe der gemieteten Räumlichkeiten an eigene Arbeitnehmer zu Übernachtungszwecken ohne vorherige Einholung einer Genehmigung verstößt die Klägerin (wie auch die Grundeigentümerin) gegen Art. 68 Abs. 1 Nr. 1 BayBO‚ der eine „Bauausführung“ vor Bekanntgabe der Baugenehmigung verbietet. Anhaltspunkte für eine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung liegen schon angesichts der entgegenstehenden bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. 1.2) nicht vor.

1.2 Die untersagte Wohnnutzung ist im Gewerbegebiet E. weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig (1.2.1); der Bebauungsplan ist wirksam erlassen worden (1.2.2) und nicht funktionslos geworden (1.2.3). Die untersagte Nutzung hat zu keinem Zeitpunkt seit ihrer Aufnahme bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprochen (vgl. zu diesem Erfordernis‚ das sich aus der Eigenschaft einer Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt ergibt: OVG NW‚ U.v. 19.12.1995 - 11 A 2734/93 - UPR 1996‚ 458; Decker in Simon/Busse a. a. O. Art. 76 Rn. 291).

1.2.1 Nach seiner allgemeinen Zweckbestimmung dient ein Gewerbegebiet vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben (§ 8 Abs. 1 BauNVO); dagegen soll im Gewerbegebiet nicht gewohnt werden. Dieser Grundsatz wird durch § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bestätigt‚ wonach gleichsam nur als notwendige Ergänzung einer gewerblichen Nutzung Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise zugelassen werden können; Bauvorhaben‚ die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohnnutzung oder zumindest wohnähnlichen Nutzung dienen sollen‚ sind mit dem Charakter eines Gewerbegebiets nicht vereinbar (vgl. z. B. zur Unzulässigkeit eines Seniorenpflegeheims im Gewerbegebiet: BVerwG‚ B.v. 13.5.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002‚ 1384). Unzulässig sind daher auch Gewerbebetriebe in Form eines Beherbergungsbetriebs oder einer Fremdenpension‚ soweit in ihnen gewohnt wird oder eine wohnähnliche Nutzung stattfindet (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Die Rechtsprechung hat daher gewerbliche Beherbergungsbetriebe als gebietsunverträglich angesehen‚ die der Erholung dienen oder in denen Personen nicht nur kurzzeitig untergebracht sind (BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Allein der Umstand‚ dass der Bewohner in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu dem vermietenden gewerblich tätigen Unternehmen steht‚ vermag eine Wohnnutzung nicht in eine gewerbliche Nutzung zu verwandeln (Stock in König/Roeser/Stock‚ 3. Aufl. 2014‚ § 3 Rn. 26).

Zwar erfüllt die Unterbringung der Arbeitnehmer der Klägerin in ihrer konkreten Ausgestaltung (Mehrbettzimmer ohne eigenen Küchen- und Sanitärbereich in nicht verschlossenen Räumen und Abrechnung der jeweils in Anspruch genommenen Übernachtungen) nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens‚ der insbesondere eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit‚ Eigengestaltung der Haushaltsführung sowie des häuslichen Wirkungskreises voraussetzt und damit von anderen Nutzungsformen wie etwa der Unterbringung‚ der Verwahrung oder einer bloßen Übernachtungsmöglichkeit in einer sozialen Einrichtung abzugrenzen ist (BVerwG‚ B.v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996‚ 893). Die Unterbringung in der konkreten Ausgestaltung ermöglicht den Arbeitnehmern kein selbstbestimmtes privates Leben „in den eigenen vier Wänden“ (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18), wovon sich der Senat im Rahmen der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nach dem von der Klägerin verfolgten Nutzungskonzept kann von einem Wohnen schon deshalb nicht die Rede sein‚ weil es an jeglichem Rückzugsraum fehlt‚ der erst eine selbstbestimmte Häuslichkeit mit Privatsphäre ermöglicht. Gleichwohl hat die konkrete Nutzung wohnähnlichen Charakter und ist mit der Unterbringung in einem Wohnheim vergleichbar‚ die nach allgemeiner Auffassung dem Wohnen gleichsteht. Auch ein Arbeitnehmerwohnheim bietet zumindest dann einen auf Dauer angelegten Wohnungsersatz und widerspricht daher der Eigenart eines Gewerbegebiets‚ wenn nach dem Nutzungskonzept Arbeitnehmer für eine Dauer von etwa zwei bis sechs Monaten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 a. a. O.). Im vorliegenden Fall nutzen die Arbeitnehmer die ihnen von der Klägerin zur Verfügung gestellten Schlafstätten während der Beschäftigungsperiode mindestens drei- bis viermal in der Woche. Sie halten sich daher über erhebliche Zeiträume des Jahres und in jährlich wiederkehrendem Rhythmus in den Unterkünften auf. Demgegenüber tritt in den Hintergrund‚ dass die Unterkünfte offenbar an den Wochenenden und in den arbeitsfreien Zeiten (z. B. Zeiten saisonal bedingter Betriebsschließungen) von den dann in ihre Herkunftsorte zurückgekehrten Arbeitnehmern nicht genutzt werden; denn mit dem Kriterium der Dauerhaftigkeit des Wohnens soll nicht auf den Gegensatz zwischen einer längerem und kürzeren Aufenthaltsdauer oder einer solchen von unbestimmter und befristeter Dauer abgestellt‚ sondern danach unterschieden werden‚ ob ein Gebäude als „Heimstatt im Alltag“ anzusehen ist oder nur ein provisorisches‚ einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen ermöglicht (Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18). Nach dem dargestellten, auf Dauer angelegten Nutzungskonzept ist die Unterbringung dem Wohnen angenähert und verfolgt keine nur kurzzeitige und provisorische Lösung. Im Hinblick auf die Gebietsverträglichkeit bedeutet dies eine grundsätzlich störempfindliche und daher unzulässige Nutzung‚ die ungeachtet der Geräuschbelastung im konkreten Fall nicht den gebietstypischen Lärm- und sonstigen Belästigungen ausgesetzt werden soll. Werksunterkünfte für die längerfristige Unterbringung von Mitarbeitern gewerblich tätiger Unternehmen sind unzulässig (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, a. a. O., § 8 Rn. 19, 19a).

Auch der von der Klägerin angestellte Vergleich mit der Unterbringung von Soldaten in Kasernen führt nicht weiter; Soldaten sind nämlich aufgrund eines besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die regelmäßig in Sondergebieten oder auf Gemeinbedarfsflächen liegen (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O., § 3 Rn. 27). Im vorliegenden Fall liegt schließlich auch keine Unterbringung in einer sozialen Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) vor‚ die eine besondere Funktion im Zusammenhang für eine im Gewer-begebiet zulässige Hauptnutzungsart erfüllt (vgl. VGH Mannheim‚ B.v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - NVwZ-RR 2014‚ 752: Lehrlingswohnheim ausnahmsweise im Gewerbegebiet zulässig trotz wohnähnlicher Nutzung wegen der engen funktionalen Verklammerung mit angeschlossener Werkstätte).

1.2.2 Der maßgebliche Bebauungsplan der Beigeladenen vom 27. Mai 2004 ist formell fehlerfrei in Kraft getreten und auch nicht durch die tatsächliche Entwicklung im Gewerbegebiet funktionslos geworden. Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ dass der am 25. Mai 2004 beschlossene Satzungstext vom ersten Bürgermeister der Beigeladenen am 27. Mai 2004 vor der Bekanntmachung am gleichen Tage ausgefertigt wurde‚ obwohl auf der Bebauungsplanurkunde (vgl. „F. Verfahrensvermerke“) die „Ausfertigung“ bereits auf den 17. März 2004 datiert wurde. Der 17. März 2004 bezeichnet nämlich nach dem Deckblatt des Bebauungsplans das Datum der Planerstellung („Plandatum“), das unrichtigerweise in die Rubrik „Ausfertigung“ eingetragen wurde. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran‚ dass die vom ersten Bürgermeister unterzeichnete Urkunde erst nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat ausgefertigt und anschließend bekanntgemacht wurde. Auch die Klägerin hat die entsprechenden Überlegungen des Erstgerichts nicht angegriffen.

1.2.3 Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - auch nicht dadurch funktionslos und damit unwirksam geworden‚ dass sich materiell baurechtswidrige Wohnnutzungen im Gewerbegebiet befinden‚ als deren Folge nunmehr von einem faktischen Mischgebiet auszugehen wäre. Festsetzungen eines Bebauungsplans werden funktionslos und damit unwirksam‚ wenn - zum einen - die Verhältnisse im Plangebiet in ihrer tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben‚ der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und - zum anderen - diese Entwicklung so offenkundig ist‚ dass sie einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (st. Rspr., grundlegend: BVerwG‚ U.v. 29.4.1977 - 4 C 39.75 - BVerwGE 54‚ 5‚ 11; B.v. 29.5.2001 - 4 B 33.01 - NVwZ 2001‚ 1005; U.v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - BauR 2004‚ 1567). Dabei sind die Anforderungen an das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit streng und es ist große Zurückhaltung geboten (BVerwG, U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71; Uechtritz/Hartmannsberger‚ DVBl 2013‚ 70). Bloße Zweifel an der Realisierungsfähigkeit eines Bebauungsplans reichen nicht aus; er tritt nur außer Kraft‚ wenn offenkundig ist‚ dass er seine Funktion als Steuerungsinstrument für die städtebauliche Entwicklung verloren hat (BVerwG‚ U.v. 18.11.2004 - 4 C N 11.03 - BVerwGE 122/207‚ 214). Die einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung zugrunde liegende Plankonzeption wird insbesondere nicht schon dann sinnlos‚ wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG‚ B.v. 6.6.1997 - 4 NB 6.97 - BauR 1997‚ 803). Angesichts dessen hängt die Beurteilung der Funktionslosigkeit einer Festsetzung auch nicht davon ab‚ ob eine Bebauung oder ihre Nutzung materiell legal oder illegal entstanden ist. Entscheidend sind die Art der Festsetzung‚ das Maß der Abweichung im tatsächlichen Bereich und die Irreversibilität der entstandenen Verhältnisse, wobei es nicht auf einzelne Grundstücke ankommt.

Unter Beachtung der dargestellten Grundsätze erweist sich die Festsetzung als Gewerbegebiet im vorliegenden Fall trotz des Vorhandenseins zum Teil seit Jahren bestehender, bauplanungsrechtlich unzulässiger Wohnnutzungen nicht als funktionslos; nach den vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisses kommt dem Bebauungsplan nach wie vor eine städtebauliche Steuerungsfunktion zu. Es ist schon nicht erkennbar‚ warum die zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten nicht in ihrem derzeitigen baulichen Zustand oder nach bestimmten Umbaumaßnahmen (wieder oder erstmals) einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden könnten. Bereits in dieser Hinsicht weicht der vorliegende Fall von den in der Rechtsprechung bejahten Fällen einer Funktionslosigkeit ab (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2001, a. a. O. Wiederansiedlung von nicht mehr bestehenden landwirtschaftlichen Hofstellen in einem Dorfgebiet praktisch ausgeschlossen; BVerwG, U.v. 28.4.2004, a. a. O. zur Funktionslosigkeit der Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets‚ weil im betreffenden Gebiet mit einer Rückkehr zur Selbstversorgung mit auf den Grundstücken gewonnenen Nahrungsmitteln nicht mehr zu rechnen war; BayVGH, B.v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris zur Funktionslosigkeit eines Sondergebiets „Kurheime und Sanatorien“ nach jahrzehntelanger Genehmigung von Wohnbauvorhaben). Es spricht aus tatsächlichen Gründen - ungeachtet der aktuellen Verhältnisse des Mietmarktes für Gewerberäume - nichts gegen eine (erstmalige oder erneute) Aufnahme der gewerblichen Nutzungen in den Räumlichkeiten, in denen derzeit gewohnt wird. Gerade das umfassende Aufgreifen aller Fälle unzulässiger Wohnnutzungen durch die Bauaufsichtsbehörde zeigt, dass die Verhältnisse keineswegs irreversibel sind, sondern eine Rückkehr zu unter bauplanungs- und -ordnungsrechtlichen Aspekten rechtmäßigen Zuständen durchaus realistisch erscheint. Im Übrigen hat auch die beigeladene Gemeinde in all den Jahren an der Konzeption eines Gewerbegebiets festgehalten. Im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens hat die Beigeladene diese Konzeption noch einmal überprüft und bestätigt.

Auch nach seinem äußeren Erscheinungsbild ist das Baugebiet keineswegs als Mischgebiet oder gar als allgemeines Wohngebiet einzustufen‚ wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nahezu auf jedem Grundstück ist eine gewerbliche Nutzung erkennbar‚ die das Baugebiet durchgehend prägt. Die nur teilweise erkennbare Wohnnutzung steht dem Eindruck eines gewerblich geprägten Gebiets schon deshalb nicht entgegen, weil in einem Gewerbegebiet auch nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässige Wohnungen anzutreffen sind und ein unbefangener Betrachter die Abgrenzung zum allgemeinen Wohnen nicht ohne weiteres feststellen kann. Damit fehlt es auch an dem Merkmal der Offenkundigkeit der zur (behaupteten) Funktionslosigkeit führenden Umstände. Die Abweichung zwischen der bauplanungsrechtlichen Festsetzung Gewerbegebiet und der tatsächlich vorgefundenen Situation hat in ihrer Erkennbarkeit bei weitem nicht den Grad erreicht‚ der einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehmen würde.

Der Bebauungsplan hat auch nicht deswegen seine städtebauliche Steuerungsfunktion eingebüßt, weil die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die behauptete Unvermietbarkeit von Gewerberäumen einen Grad erreicht hätten, der eine Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen ausschließt, weil sie auf unabsehbare Zeit wirtschaftlich nicht mehr tragfähig und damit unzumutbar sind (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2004 - 25 N 01.308 - BayVBl 2005,366). Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt nicht schon deshalb vor, weil sich die getroffenen Festsetzungen für den Grundeigentümer nicht ohne weiteres als rentabel erweisen, oder gar deshalb, weil sich wirtschaftlichere Festsetzungen denken lassen. Trotz der vorgetragenen aktuell schwierigen Vermarktungssituation für Gewerberäume besteht im Gewerbegebiet E. eine Vielzahl von - teils lange Jahre ansässigen, teils neu zugezogenen - Gewerbebetrieben; von einer generellen Unvermietbarkeit der Gewerberäume kann schon vor dem Hintergrund der mehrfachen Erweiterung des Gewerbegebiets nach Norden hin nicht ausgegangen werden. Auch nimmt die Ausweisung eines Gewerbegebiets dem Grundeigentümer nicht das wirtschaftliche Risiko ab, das sich aus den mit einer Vermietung zusammenhängenden Problemen ergibt, denn die Wirtschaftlichkeit von Grundstücksnutzungen ist erfahrungsgemäß Schwankungen unterworfen. Errichtet ein Eigentümer ohne vorherige Bedarfsanalyse in großem Umfang Gewerberaum, der über die spätere Nachfrage hinausgeht, kann dies nicht dazu führen, dass damit unter Missachtung der planerischen Festsetzung eine Wohnraumnutzung zulässig wird; die sich aus einer wirtschaftlichen Betätigung ergebenden Risiken, die mit wirtschaftlichen Chancen korrespondieren, sind im Grundsatz Lasten des Eigentums und nicht Lasten der Bauleitplanung (BVerwG, U.v. 29.9.1978 - 4 C 30.76 - BVerwGE 56, 283/290).

Schließlich vermag auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass mindestens vier der genehmigten Betriebsleiterwohnungen zwischenzeitlich frei vermietet wurden und weitere Betriebsleiterwohnungen und -häuser von ehemaligen Betriebsinhabern bewohnt werden‚ nicht die Plankonzeption eines Gewerbegebiets in Frage zu stellen. Hierbei kann erst recht nicht von einer Unumkehrbarkeit der derzeitigen Nutzungen ausgegangen werden‚ weil eine Rückkehr zur Wohnnutzung durch den berechtigten Personenkreis der Betriebsinhaber und -leiter ohne weiteres möglich ist. Dementsprechend hat das Landratsamt angekündigt, in einem weiteren Schritt auch insoweit rechtmäßige Verhältnisse im Gewerbegebiet E. wiederherzustellen. Selbst wenn dieses Ziel nicht in jedem Fall erreicht werden sollte oder sich entsprechende Bemühungen über einen erheblichen Zeitraum („Auslauffristen“) hinziehen würden, wäre auch damit eine Funktionslosigkeit nicht zu begründen.

2. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; das Landratsamt hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

Das dem Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005‚ a. a. O.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ a. a. O. Art. 76 Rn. 301).

2.1 Vor diesem Hintergrund ist es ermessensfehlerfrei, die Klägerin als Mieterin der Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen, denn - ungeachtet der bei Bescheidserlass noch bestehenden brandschutzrechtlichen Problematik - legt der Grundsatz der effektiven Bekämpfung des rechtswidrigen Zustandes hier ein Vorgehen gegen den Arbeitgeber nahe, der die angemieteten Räume seinen Arbeitnehmern für eine wohnähnliche Nutzung zur Verfügung stellt (vgl. für die bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung im Miet-/Pachtverhältnis: BayVGH, B.v. 28.7.2014 - 2 CS 14.1326 - juris Rn. 4; OVG Rhld.-Pf., B.v. 13.7.2010 - 8 A 10623/10 - NVwZ-RR 2010,755; OVG NW, B.v. 24.11.1988 - 7 B 2677/88 - juris Rn. 16 -18; Decker in Simon/Busse, a. a. O. Art. 76 Rn. 295; Jäde, Bayer. Bauordnungsrecht, 2013, Rn. 495).

2.2 Der Senat kann auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die Bauaufsichtsbehörde ist nämlich nicht nur gegen die Klägerin‚ sondern in sachgerechter Weise auch gegen andere Eigentümer und Mieter von Gewerbebauten vorgegangen, in denen unerlaubte Wohnnutzungen festgestellt wurden. Aus dem vom Landratsamt im Verlaufe des Verfahrens im Jahr 2012 erstellten „Sanierungsplan“‚ der sämtliche Wohnnutzungen auflistet‚ ergibt sich‚ dass etliche weitere Nutzungsuntersagungen ergangen sind‚ die den Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren bilden‚ welche im Hinblick auf das erst kürzlich entschiedene Parallelverfahren (1 B 13.646, U. v. 13.2.2015) derzeit ruhen. Das Landratsamt beabsichtigte, zunächst den Ausgang dieses und des vorliegenden Rechtsstreits zur gerichtlichen Klärung der Frage der Funktionslosigkeit abzuwarten‚ bevor es sich im Falle der Bestätigung seiner Rechtsauffassung der Durchsetzung der weiteren Nutzungsuntersagungen im Gewerbegebiet widmet; ein derart abgestuftes Vorgehen ist auch im Hinblick auf die präventive Wirkung der Maßnahmen nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: BVerwG, B.v. 11.3.1991 - 4 B 26.91 - juris).

Der Bauaufsichtsbehörde können im Übrigen vergleichbare Fälle‚ in denen sie noch nicht eingeschritten ist‚ nur ausnahmsweise entgegengehalten werden‚ wenn es nach der Art des Einschreitens an jedem System fehlt‚ für diese Art des Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und die Handhabung deshalb als willkürlich angesehen werden muss (BVerwG‚ B.v. 23.11.1998 - 4 B 99.98 - BauR 1999‚ 734; U.v. 2.3.1973 - 4 C 40.71 - DVBl 1973‚ 636). Rechtswidrige Zustände‚ die sich bei einer Vielzahl von Grundstücken ergeben‚ müssen nicht in jedem Fall in flächendeckender Art und Weise bekämpft werden‚ vielmehr darf sich die Bauaufsichtsbehörde auf die Regelung von Einzelfällen beschränken‚ wenn sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (BVerwG‚ B.v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR1992‚ 360). Vor dem so umrissenen Hintergrund vermag der Senat ein willkürliches Vorgehen gegen die Klägerin nicht zu erkennen; der vorliegende „Sanierungsplan“ bildet die Grundlage für ein gleichheitssatzgemäßes Einschreiten.

Schließlich macht auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass die baurechtswidrigen Nutzungen von Betriebsleiterwohnungen im derzeitigen Stadium noch nicht aufgegriffen wurden‚ das Vorgehen gegen die Klägerin nicht willkürlich. Zum einen hat der Beklagte inzwischen nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils auch sämtliche nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigte Wohnnutzungen im Gewerbegebiet erhoben und festgestellt, welche dieser Wohnungen nicht im Sinn dieser Bestimmung zulässig genutzt werden; Anhörungsschreiben zu den geplanten Nutzungsuntersagungen wurden in den Fällen versandt, in denen die Betriebsleiterwohnungen “frei vermietet“ wurden, während bei Wohnnutzungen durch ehemalige Betriebsleiter, deren Angehörige oder betriebszugehöriges Bereitschaftspersonal von einem Einschreiten abgesehen werden soll (vgl. Schr. LAB v. 8.5.2014, S. 2). Auch insoweit liegen ohne weiteres erkennbare sachliche Gründe für ein unterschiedliches Verwaltungshandeln vor, das sich jedenfalls nicht als gleichheitssatzwidrig darstellt.

Auch die für jeden Fall der unerlaubten Nutzung zu Wohnzwecken angedrohten Zwangsgelder (vgl. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG) begegnen keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die mit ihrer Hilfe durchzusetzende Unterlassungspflicht rechtmäßig angeordnet wurde.

3. Die Klägerin trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit‚ ihnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren‚ die dort einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO); die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens‚ in dem die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat‚ trägt sie selbst.

Die Kostenentscheidung ist gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Verfügung der Beklagten vom 29. Januar 2013, mit der ihm untersagt wird, die ehemalige Ladeneinheit im Erdgeschoss des Anwesens W.-straße ..., FlNr. ... der Gemarkung A., als Wettlokal für Sportwetten zu betreiben bzw. durch Dritte betreiben zu lassen. Mit Urteil vom 26. September 2013 hat das Verwaltungsgericht hat die in Nr. 2 des Bescheidstenors verfügte Zwangsgeldandrohung aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Gegen die Klageabweisung im Übrigen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Das Verwaltungsgericht geht von der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung aus. Insbesondere sei die Aufnahme der Nutzung eines Wettbüros in den zur Nutzung als Ladengeschäft genehmigten Räumlichkeiten ohne die erforderliche Baugenehmigung erfolgt und die Nutzung als Wettbüro sei auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig sei. Dies ist nicht ernstlich zweifelhaft.

a) Der Vortrag, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte die Nutzungsänderung für genehmigungsfähig gehalten habe, weil sie andernfalls nicht nach mehr als sieben Monate nach Nutzungsaufnahme und Stellung eines Bauantrags eine Veränderungssperre erlassen und auf deren Grundlage eine Versagung ausgesprochen hätte, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (st. Rspr., vgl. z. B. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 22 m. w. N.; vgl. Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.).

Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es deshalb nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist. Darauf stellt das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf sein Urteil zur Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung (ebenfalls) vom 26. September 2013 (Az. Au 5 K 12.1307) ab. Darlegungen, weshalb das Vorhaben des Klägers nach objektiven Gesichtspunkten offensichtlich genehmigungsfähig sei, lässt das Zulassungsvorbringen vermissen.

b) Der Vortrag, gegenüber einer bestandsgeschützten Nutzung scheide eine Nutzungsuntersagung aus, nach Ablauf von zwei Monaten nach Einreichung des Bauantrags gelte das Einvernehmen der Gemeinde als erteilt, der Kläger habe folglich gegenüber der Beklagten darauf vertrauen dürfen, dass sein Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufkommen.

aa) Die Ausführungen des Klägers zur Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB sind nicht geeignet, um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen.

(1) Richtig ist zunächst, dass die Notwendigkeit der Einvernehmenserklärung entfällt, wenn die Gemeinde selbst Baugenehmigungsbehörde ist (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Dementsprechend kann die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB bei Identität von Gemeinde und Genehmigungsbehörde nicht eintreten, weil der Lauf der Äußerungsfrist und der Eintritt der Fiktion nach § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB an das Erfordernis einer Erklärung der Gemeinde über ihr Einvernehmen zum Vorhaben geknüpft sind. Hinzuzufügen ist weiter, dass der Zweck des Fristerfordernisses des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, zu verhindern, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht, keine Rolle spielt, wenn das Einvernehmenserfordernis - wie hier - nicht zum Tragen kommt (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8).

(2) Nicht zu folgen ist der Auffassung, der Kläger als Bauantragsteller habe nach Ablauf von zwei Monaten darauf vertrauen dürfen, dass sein Vorhaben planungsrechtlich zulässig sei, weil er andernfalls schlechter gestellt werde, als ein Bauantragsteller, der sein Vorhaben im Bereich einer Gemeinde verwirklichen will, die nicht zugleich Baugenehmigungsbehörde ist. Nach der in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dient der Zweck der Fristenregelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB vornehmlich dem Schutz des Bauantragstellers. Er darf darauf vertrauen, dass über „eine Teilfrage des Genehmigungsverfahrens“ innerhalb der Zwei-Monats-Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB Klarheit geschaffen wird (BVerwG, B. v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - BVerwGE 120, 138 = juris Rn. 25). Die Klarheit beschränkt sich allerdings auf die Frage, ob die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt. Aus der Einvernehmenserteilung folgt aber lediglich, dass die Gemeinde dem Vorhaben zustimmt, nicht aber, dass das Vorhaben in planungsrechtlicher Hinsicht auch zu genehmigen ist. Diese Entscheidung obliegt vielmehr der Bauaufsichtsbehörde. Diese hat von sich aus und in eigener Verantwortung zu prüfen, ob das Vorhaben planungsrechtlich zulässig ist oder nicht (vgl. Roeser in Berliner Kommentar zum BauGB, Stand November 2014, § 36 Rn. 14 m. w. N.). Dabei ist die Baugenehmigungsbehörde an ein erteiltes Einvernehmen nicht gebunden (vgl. BVerwG, B. v. 10.10.1991 - 4 B 167/91 - juris Rn. 3 m. w. N.). Deshalb kann ein Bauantragsteller auch dann nicht darauf vertrauen, sein Vorhaben sei planungsrechtlich zulässig und werde deshalb genehmigt, wenn die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilt.

(3) Von Vorstehendem ausgehend trifft es auch nicht zu, dass die Ausführungen im Untersagungsbescheid zur planungsrechtlichen Beurteilung des Vorhabens als kerngebietstypische Vergnügungsstätte als verspätet zurückzuweisen wären, weil deren Berücksichtigung in ihren Auswirkungen einem Widerruf des gemeindlichen Einvernehmens gleichkommen würde.

bb) Im Übrigen tritt ein baurechtlicher Bestandsschutz bei einer ungenehmigten Nutzungsaufnahme nicht schon dann ein, wenn die Gemeinde zu einem entsprechenden Bauantrag ihr Einvernehmen erteilt hat (vgl. zur Frage des Bestandsschutzes für Bestands- und Funktionsänderungen baulicher Anlagen BVerfG, B. v. 15.12.1995 - 1 BvR 1713/92 - NVwZ-RR 1996, 483).

cc) Nachdem der vom Kläger behauptete, aus seinem Verständnis der Regelung des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hergeleitete Vertrauenstatbestand nicht besteht, konnte er bei den Ermessenserwägungen auch nicht berücksichtigt werden.

c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich schließlich nicht aus der Darlegung, das Verwaltungsgericht habe die Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit offengelassen.

aa) Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Nutzungsänderung des Ladenlokals in ein Wettbüro sei nicht offensichtlich genehmigungsfähig, was sich aus den Ausführungen des Urteils vom 26. September 2013 im Verfahren Au 5 K 12.1307 ergebe (Rn. 22 d.UA). Darin hatte des Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Zulassung des klägerischen Vorhabens die von der Beklagten erlassene Veränderungssperre entgegenstehe (vgl. auch den Beschluss des Senats im Verfahren 15 ZB 13.2377 vom heutigen Tag). In den Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Ermessensbetätigung wird an einer Stelle von der planungsrechtlich unzulässigen Nutzung gesprochen (Rn. 23 d.UA). Der Kläger beanstandet nun, das Verwaltungsgericht habe sich mit der Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens an keiner Stelle auseinandergesetzt.

bb) Es ist offenkundig, dass dem Verwaltungsgericht die Rechtswidrigkeit der Wettbüronutzung aufgrund der entgegenstehenden Veränderungssperre bewusst war; dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem Hinweis auf seine Entscheidung vom 26. September 2013 (Az. Au 5 K 12.1307). Aus der Begründung des gegenständlichen Urteils folgt, dass das Verwaltungsgericht auf die formelle Unzulässigkeit der Nutzungsänderung abgestellt und deren „offensichtliche Genehmigungsfähigkeit“ lediglich aufgrund der entgegenstehenden Veränderungssperre verneint hat. Hiervon ausgehend ist die Formulierung, „Ist nämlich eine ausgeübte Nutzung wie hier planungsrechtlich unzulässig“, dahin zu verstehen, dass das Verwaltungsgericht die entgegen der Veränderungssperre ausgeübte Nutzung des Ladenlokals als Wettbüro wegen eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 1 BauGB für „unzulässig“ (vgl. BVerwG, U. v. 30.8.2012 - 4 C 1/11 - BVerwGE 144, 82 = juris Rn. 31) erachtet und diesen Verstoß als „planungsrechtliche“ Unzulässigkeit bezeichnet.

2. Die Rechtssache weist hinsichtlich der vom Kläger aufgeworfenen Frage weder besondere rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch kommt der Rechtssache insoweit eine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Die vom Kläger aufgeworfene Frage, „ob die Gemeinde, die zugleich die Aufgaben der unteren staatlichen Bauaufsichtsbehörde wahrnimmt, im Zuge eines Nutzungsuntersagungsverfahrens dasselbe Bauvorhaben betreffend eine planungsrechtliche Beurteilung vornehmen kann, die im Gegensatz zur Einvernehmensfiktion steht oder ob insoweit eine Bindungswirkung gegenüber dem Bauherrn eingetreten ist, so dass eine Nutzungsuntersagung nur aus anderen Gründen - etwa bauordnungsrechtlichen Gründen - verfügt werden kann, nicht aber mehr wegen (vorgeblicher) planungsrechtlicher Unzulässigkeit“, ist nicht entscheidungserheblich und lässt zudem ein Verständnis der Regelung in § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB erkennen, das ihr nicht zukommt.

a) § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB kommt bei Gemeinden, die selbst untere Bauauf-sichtsbehörde sind, nicht zur Anwendung (BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB kann im Fall der Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht eintreten, weil kein Einvernehmenserfordernis besteht. Der Zweck des Fristerfordernisses des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, zu verhindern, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht, spielt keine Rolle, wenn das Einvernehmenserfordernis - wie hier - nicht zum Tragen kommt (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8). Der vom Kläger angenommene Fall, dass in einem Bauantragsverfahren die Einvernehmensfiktion eingetreten ist, kommt deshalb bei Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde nicht vor.

b) Ungeachtet der Vorschriften über das Mitwirkungsrecht der Gemeinde in § 36 BauGB kann die Bauaufsichtsbehörde eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften stehende Nutzung einer Anlage untersagen (Art. 76 Satz 2 BayBO). Eine Anlage wird auch dann im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt, wenn die Nutzungsaufnahme zwar baugenehmigungspflichtig ist, eine Baugenehmigung aber nicht erteilt wurde (sog. formelle Illegalität). Die Erteilung des Einvernehmens oder das ihr gleichstehende fingierte Einvernehmen schließen den Verfahrensabschnitt der im Baugenehmigungsverfahren gebotenen Mitwirkung der Gemeinde ab, nicht aber das Baugenehmigungsverfahren. Die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens kann den aus dem Fehlen einer Baugenehmigung folgenden Widerspruch einer Nutzung zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften deshalb nicht beheben.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung (§§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof teilt im Ergebnis die Auffassung des Erstgerichts, dass die gegenüber der Klägerin ergangene Nutzungsuntersagung einschließlich des angedrohten Zwangsgelds diese nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung im Bescheid vom 13. Januar 2014 ist Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird. Nach ganz herrschender Meinung (vgl. dazu Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.) ist für eine Nutzungsuntersagung die formelle Illegalität ausreichend, d. h. eine Nutzung ohne die erforderliche Baugenehmigung. Da die Nutzungsuntersagung - insofern der Baueinstellung (Art. 75 Abs. 1 BayBO) entsprechend - in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss folglich grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2007 - 1 CS 07.1253 - juris; B.v. 12.12.2011 - 2 ZB 11.873 - juris, B.v. 18.6.2012 - 2 CS 12.1100 - juris).

Unstreitig existierte vorliegend lediglich eine Baugenehmigung für ein Sonnenstudio. Zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung am 13. Januar 2014 waren in dem ca. 122 qm großen Hauptraum neun Tische mit ca. 60 Sitzplätzen vorhanden. Außerdem gab es an den Wänden ca. 30 Flachbildschirme, auf denen teilweise live Sportevents übertragen wurden. Damit entsprach die vorgefundene Betriebsform des Wettbüros der einer Vergnügungsstätte, da hier die Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten animiert werden sollten, sich dort länger aufzuhalten, um im geselligen Beisammensein Wetten abzuschließen (vgl. OVG RhPf, B.v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635; HessVGH, B.v. 25.8.2008 - 3 ZU 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 72), was die Klägerin auch nicht bestreitet. Diese Definition des Begriffs „Wettbüro als Vergnügungsstätte“ ist in der Rechtsprechung anerkannt.

Die Nutzungsuntersagung vom 13. Januar 2014 genügt insoweit auch den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Der Tenor spricht ausdrücklich davon, dass die „Nutzung als Wettbüro“ zu unterlassen ist. In den Gründen des Bescheids wird zudem angeführt, dass „die Nutzung … über eine reine Wettannahmestelle hinaus(geht) und … als Vergnügungsstätte einzustufen(ist).“ Der Betrieb sei darauf ausgerichtet, dass die Unterhaltung im Vordergrund stehe und die Kunden würden zum Verweilen animiert. Es werde der Spieltrieb angesprochen, insoweit als die Kunden dem Ausgang der Sportwettkämpfe gleichsam entgegenfiebern könnten. Dies entspricht der oben genannten Definition eines Wettbüros als Vergnügungsstätte durch die Rechtsprechung.

Die vom Erstgericht darüber hinaus angenommene Ausdehnung der Nutzungsuntersagung vom 13. Januar 2014 auch auf eine reine Wettannahmestelle findet hingegen im Bescheid gerade keinen Niederschlag, da dieser ausdrücklich davon spricht, dass die derzeitige Nutzung über eine reine Wettannahmestelle hinausgeht. Zwar wäre auch eine reine Wettannahmestelle nicht von der Bandbreite der Nutzungen des bis dahin genehmigten Sonnenstudios erfasst, so dass auch insoweit eine Nutzungsuntersagung wegen formeller Illegalität grundsätzlich möglich gewesen wäre. Die Interpretation des Bescheids vom 13. Januar 2014 durch das Erstgericht geht hier über den Willen der Beklagten hinaus, jedoch bleibt die Entscheidung des Erstgerichts im Ergebnis richtig. Denn das Erstgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Nutzung als Wettbüro in Form einer Vergnügungsstätte durch den angegriffenen Bescheid untersagt worden ist.

Die Nutzungsuntersagung vom 13. Januar 2014 verhält sich nicht zu der Frage, ob eine Reduzierung des Betriebs von dem eines Wettbüros, welches als Vergnügungsstätte einzustufen wäre, auf eine reine Wettannahmestelle möglich wäre. Denn eine reine Wettannahmestelle war zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung weder ausgeübt noch genehmigt.

Ein verständiger Adressat konnte aus dem Zusammenspiel von Tenor und Gründen des Bescheids vom 13. Januar 2014 eindeutig erkennen, dass die Nutzung als Wettbüro in der Form einer Vergnügungsstätte zu unterlassen war. Die Frage, ob eine Reduzierung auf den Betrieb einer Wettannahmestelle möglich gewesen wäre, wäre mit der Beklagten gesondert abzustimmen gewesen. Da auch eine reine Wettannahmestelle nicht mehr dem Nutzungsspektrum eines Sonnenstudios entsprach, wäre auch für diese Nutzung ein Baugenehmigungsverfahren erforderlich gewesen, was zwischenzeitlich durchgeführt wurde. Mit Bescheid vom 12. März 2015 wurde eine Wettannahmestelle genehmigt.

Die Beklagte hat im Bescheid vom 13. Januar 2014 ihr Ermessen im Hinblick auf die Nutzungsuntersagung eines Wettbüros in Form einer Vergnügungsstätte ausgeübt. Die Frage der Genehmigungsfähigkeit einer reinen Wettannahmestelle stellte sich zu diesem Zeitpunkt nicht, denn die Nutzung als solche sollte durch den Bescheid nicht untersagt werden. Entsprechend liegt insoweit auch kein Ermessensfehler vor.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d. h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigenden Schwierigkeiten und es handelt sich nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird. Vielmehr ist der Rechtsstreit im tatsächlichen Bereich überschaubar und die entscheidungserheblichen rechtlichen Fragen, insbesondere die Abgrenzung eines Wettbüros als Vergnügungsstätte von einer reinen Wettannahmestelle, sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1. verwiesen.

3. Es liegen zudem keine Verfahrensmängel vor, auf denen die Entscheidung des Erstgerichts beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Klägerin beruft sich auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Insoweit trägt sie vor, in der Formulierung des Erstgerichts

„Demgegenüber wird aus der Verwendung des Begriffs „Wettbüro“ jedem verständigen Adressaten klar, dass in den Räumlichkeiten ohne Genehmigung ein Geschäftsbetrieb zur Annahme von Wetten nicht betrieben werden darf.“

liege eine den Unterzeichner persönlich herabsetzende Sachverhaltswürdigung vor, mit der nicht zu rechnen gewesen sei. Er hätte ein Sachverständigengutachten zur Verwendung des Begriffs „Wettbüro“ beantragt, hätte er gewusst, dass das Erstgericht den Begriff „Wettbüro“ auf jedwede Form der Wettvermittlung beziehe.

Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehört es, dass der Beteiligte Gelegenheit hat, das aus seiner Sicht für seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung Notwendige sowohl im Tatsächlichen als auch im Rechtlichen vorzutragen. Insoweit war die Klägerin in keiner Weise eingeschränkt und hat vielmehr umfangreich zu den Begriffen „Wettbüro“ und „Wettannahmestelle“ in der Klagebegründung Ausführungen getätigt. Bei der vom Erstgericht vorgenommenen Wertung handelt es sich zudem um Ausführungen zu einer reinen Rechtsfrage, die einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich gewesen wäre. Die Rechtsfrage der Definition eines Wettbüros als Vergnügungsstätte ist zudem hinreichend obergerichtlich geklärt (vgl. OVG RhPf, B.v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635; HessVGH, B.v. 25.8.2008 - 3 ZU 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 72). Eine eventuell falsche rechtliche Auslegung durch das Erstgericht stellte jedoch keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör dar. Die Frage als solche wurde umfangreich von den Beteiligten schriftsätzlich vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung diskutiert, so dass auch nicht eine Überraschungsentscheidung vorliegt, mit der die Klägerin nicht rechnen konnte.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 63.300 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die bauaufsichtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung eines Ladengeschäfts in ein Wettbüro im Stadtgebiet der Beklagten. Nachdem der Bauantrag am 22. Dezember 2011 bei der Beklagten eingegangen war, stellte die Beklagte mit Beschluss vom 26. Juli 2012 den Bebauungsplan Nr. 455 „Beidseits der W.-straße“ auf und erließ zu dessen Sicherung eine Veränderungssperre. Den Bauantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. September 2012 ab. Das Verwaltungsgericht wies die Verpflichtungsklage des Klägers in der Sache ab. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Einwand des Klägers, die angefochtene Entscheidung weiche von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - BVerwGE 120, 138) ab, ist nicht berechtigt (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Bestimmung genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B. v. 27.10.2014 - 2 B 52/14 - juris Rn. 5 ff.; B. v. 12.9.2014 - 5 PB 8/14 - juris). Daran fehlt es.

Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe die Veränderungssperre nicht auf den Bauantrag des Klägers anwenden dürfen. Das Verwaltungsgericht habe sich auf die prozessuale Position zurückgezogen, dass bei einem Verpflichtungsbegehren auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sei; dies greife zu kurz. Der Kläger hat auf folgenden Satz aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Bezug genommen: „Der Senat hat erwogen, ob Vorhaben, für die zwar noch keine Baugenehmigung erteilt ist, zu denen die Gemeinde jedoch ihr Einvernehmen erteilt hat, generell oder bei unveränderter Sach- und Rechtslage wegen der Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen in erweiternder oder analoger Anwendung des § 14 Abs. 3 BauGB von den Wirkungen der Veränderungssperre freizustellen sind“ (U. v. 19.2.2004, a. a. O., = juris Rn. 26).

a) Die in Bezug genommene Stelle, von der das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll, enthält schon keinen (abstrakten) Rechtssatz. Dies folgt aus den einleitenden Worten, „Der Senat hat erwogen, ob …“ und wird im nachfolgenden Satz bestätigt: „Die Frage kann offen bleiben, weil sie in einem Normenkontrollverfahren nicht entscheidungserheblich ist“.

b) Davon abgesehen, kann die vom Bundesverwaltungsgericht erwogene „Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen“ hier nicht eintreten, worauf das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (vgl. Rn. 49 d. UA). Da die beklagte Stadt selbst Baugenehmigungsbehörde ist, ist § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB unanwendbar (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Eine irgendwie geartete Bindungswirkung an ein erteiltes oder fingiertes Einvernehmen nach § 36 BauGB kommt deshalb von vornherein nicht in Betracht.

2. Aus dem vorgenannten Grund weist die Rechtssache hinsichtlich der vom Kläger formulierte Rechtsfrage, „ob das Vorhaben des Klägers von der Veränderungssperre überhaupt berührt wird, m. a. W. die - unterstellt wirksame - Veränderungssperre gerade dem Vorhaben entgegengehalten werden kann, das Auslöser für den Erlass der Veränderungssperre ist, wenn - wie hier - die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB eingetreten ist“, auch keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, weil sie sich im Berufungsverfahren nicht stellen würde. Da die beklagte Stadt selbst Baugenehmigungsbehörde ist, besteht kein Einvernehmenserfordernis. Die vonseiten des Klägers angenommene Einvernehmensfiktion konnte deshalb nicht eintreten. Darauf hat auch das Verwaltungsgericht hingewiesen (vgl. Rn. 49 d. UA). Auf die weitergehenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, auch ein erteiltes oder fingiertes Einvernehmen hindere die Gemeinde nicht, eine Veränderungssperre zeitlich nachzuschieben (Rn. 50 d. UA), kommt es nicht an.

Auch der außerhalb der Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) vorgetragene Einwand, ungeklärt sei, wie sich die Differenzierung im Anwendungsbereich des § 36 BauGB auf den Vertrauensschutz eines (Bau-) Antragstellers auswirke, der seinen Bauantrag bei einer Gemeinde stelle, die nicht zugleich Genehmigungsbehörde sei, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung vom 19. Februar 2004 (Az. 4 CN 16/03, a. a. O.) nicht etwa erwogen, ob Vorhaben nach Ablauf von zwei Monaten seit Bauantragstellung von den Wirkungen einer später erlassenen Veränderungssperre freizustellen seien, sondern ob Vorhaben „wegen der Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen“ freizustellen seien. Eine derartige B i n d u n g kann indes nur eintreten, wenn § 36 BauGB anwendbar ist; daran fehlt es bei der Identität von Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde. Im Übrigen ist geklärt, dass das Fristerfordernis des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB dem Zweck dient, das Verfahren zu beschleunigen. Es soll verhindert werden, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht. Dieser Aspekt spielt indes ersichtlich keine Rolle, wenn das Einvernehmenserfordernis nicht zum Tragen kommt. Das ist der Fall, wenn die Gemeinde in sich die Funktionen des Bauplanungsträgers und der Bauaufsichtsbehörde vereint. Kommt es hier zu Verzögerungen, weil gemeindeintern eine nach § 36 BauGB nicht gebotene, aber zulässige Abstimmung stattfindet, so kann sich der Bauherr hiergegen ebenso wie gegen Verzögerungen aus sonstigen Gründen mit den Mitteln zur Wehr setzen, die ihm das Prozessrecht zur Verfügung stellt. Ihm steht der Weg der Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 2 VwGO offen, ohne dass er befürchten muss, mit Erfolg entgegengehalten zu bekommen, die nach § 36 BauGB erforderliche Einvernehmenserklärung oder -fiktion lasse noch auf sich warten (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8).

Der Hinweis des Klägers auf Art. 58 Abs. 2 und 3 BayBO verhilft seinem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Art. 58 BayBO regelt das Genehmigungsfreistellungsverfahren im Geltungsbereich von Bebauungsplänen.

3. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, Wettbüros könnten als Unterfall des städtebaulichen Begriffstypus „Vergnügungsstätte“ bauplanungsrechtlich „sowohl nach § 1 Abs. 5 wie nach § 1 Abs. 9 BauNVO“ ausgeschlossen werden, begründet keine ernstlichen Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

a) Dass Wettbüros „Arten von Nutzungen“ i. S. d. § 1 Abs. 5 BauNVO sind, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat es einen Ausschluss von Wettbüros in der Sache als Unterfall der Vergnügungsstätte auf Grundlage der Regelungen in § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO bewertet. Hiergegen ist nichts zu erinnern. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass es § 1 Abs. 9 BauNVO - über § 1 Abs. 5 BauNVO hinausgehend - gestattet, einzelne Unterarten von Nutzungen, welche die Baunutzungsverordnung selbst nicht angeführt hat, mit planerischen Festsetzungen zu erfassen (vgl. BVerwG, B. v. 5.6.2014 - 4 BN 8/14 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10 m. w. N.). Im Unterschied zur bloßen Wettannahmestelle sind „Wettbüros“ nach herkömmlichem baurechtlichen Verständnis als in der sozialen und ökonomischen Realität vorkommende Nutzungen eine Unterart von Vergnügungsstätten i. S. d. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO (vgl. VGH BW, B. v. 15.10.2013 - 2 S 2514/12 - NVwZ-RR 2014, 114 = juris Rn. 4 m. w. N.) oder können zumindest je nach konkreter Ausgestaltung als Vergnügungsstätte zu bewerten sein (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris Rn. 4 m. w. N.).

b) Die Frage, „ob bei einem Wettbüro der hier streitgegenständlichen Art“ eine Nutzungsart nach § 1 Abs. 9 BauNVO vorliegt, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt und bei der eine Differenzierung nach marktüblichen Gegebenheiten möglich ist, bedarf keiner weitergehenden Klärung im Berufungsverfahren.

aa) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln sind, wenn sie anders als bloße Wettannahmestellen wie für Lotto und Toto auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Das ist nach den tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts der Fall (vgl. Rn. 46 d. UA). Danach verfüge das Wettbüro der „hier streitgegenständlichen Art“ im Hauptraum über acht große TV-Bildschirmmonitore, auf denen beispielsweise Fußballspiele verfolgt werden könnten. Darüber hinaus seien die aufgestellten Sitzgruppen darauf ausgerichtet, die jeweiligen Sportereignisse bequem zu verfolgen. Ebenfalls würden den Gästen Getränke aus bereitgestellten Automaten zur Verfügung gestellt. Hiervon ausgehend handle es sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichts offensichtlich nicht um eine bloße Verkaufsstelle, sondern es werde den jeweiligen Besuchern ein deutlicher Anreiz zum Verbleib und zur Verfolgung der jeweiligen Sportereignisse, auf die gewettet werden könne, angeboten (vgl. auch die Planvorlage zum Bauantrag vom 22.12.2011 mit sieben TV-Geräten). Diese rechtliche Bewertung ist nicht zu beanstanden.

bb) Hiervon ausgehend stellte sich dem Verwaltungsgericht die weitergehende Frage, ob der abstrakte Begriff des „Wettbüros“ stets auch eine bestimmte Art einer in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlage i. S. d. § 1 Abs. 9 BauNVO umfasst, nicht. Das sieht auch der Kläger so, wenn er vorträgt, der Ausschluss eines Wettbüros wäre nach § 1 Abs. 5 BauNVO möglich, wenn es sich bei einem Wettbüro der beantragten Art um eine Vergnügungsstätte handeln würde. Gerade davon ist das Verwaltungsgericht aber ausgegangen. Es hat angenommen, dass das vom Kläger in seiner konkreten Ausgestaltung geplante Wettbüro eine Vergnügungsstätte ist. Diese rechtliche Bewertung trifft zu (vgl. vorstehend Doppelbuchst. aa und nachfolgend Nr. 4). Das Vorhaben widerspricht deshalb bereits der in Aussicht genommenen Festsetzung über den Ausschluss von Vergnügungsstätten nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 und § 1 Abs. 6 BauNVO.

Aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Oktober 2005 (Az. 10 B 1600/05 - juris Rn. 4) folgt nichts anderes. Dieser Beschluss erschöpft sich in der Aussage, dass es einen einheitlichen Typus des „Wettbüros“ nicht gebe, weil es sich in verschiedenen Formen betreiben lasse (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris Rn. 4). Dies hindert aber nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Wettbüro des Klägers in seiner konkreten Ausgestaltung als Vergnügungsstätte betrieben wird.

4. Die (weitere) Kritik des Klägers an der tatrichterlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben des Klägers ein Wettbüro in Form einer Vergnügungsstätte darstelle, führt weder zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit der obergerichtlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt und ist angesichts der im Ortstermin getroffenen Feststellungen (vgl. auch Darstellungen in den Bauvorlagen) davon ausgegangen, dass das Wettbüro des Klägers keine bloße Verkaufsstelle umfasse. Vielmehr werde den Besuchern ein deutlicher Anreiz zum Verbleib und zur Verfolgung der jeweiligen Sportereignisse, auf die gewettet werden könne, angeboten (Rn. 46 d. UA). Diese rechtliche Bewertung ist, wie bereits ausgeführt wurde, nicht zu beanstanden.

b) Die Ausführungen des Verwaltungsgericht zum „Reiz des Besuchs eines Wettbüros“, die nach Auffassung des Klägers die Frage aufwerfen würden, woher das Gericht seine Erkenntnisse beziehe, enthalten ein wörtliches Zitat der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (B. v. 20.6.2006 - 9 K 790/06 - juris Rn. 8 m. w. N.; ebs. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69: „Vielmehr macht es den Reiz des Besuchs eines Wettbüros aus, dort sich aufzuhalten, um sich nach Möglichkeit mit anderen auszutauschen und in der Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer als angenehm empfundenen Weise zu verweilen und gemeinsam vor Monitoren oder einem Beamer dem Wettereignis ‚entgegenzufiebern‘ „), dessen Aussagegehalt sich das Verwaltungsgericht zu Eigen macht. Anders als der Kläger meint, bedarf es weder wissenschaftlicher Untersuchungen noch besonderer soziologischer und psychologischer Kenntnisse, um aus der Zweckbestimmung und Ausstattung des Wettbüros auf seinen Charakter als Vergnügungsstätte zu schließen. Wettbüros sind allgemein Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). So liegt es auch hier. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Ausstattung des Wettbüros mit Sitzgruppen, Fernsehgeräten und Getränkeautomaten darauf gerichtet ist, den Kunden ein möglichst angenehmes Verweilen im Wettbüro zu ermöglichen, um sich nach Möglichkeit mit anderen auszutauschen und die Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer - von diesen - als angenehm empfundenen Weise und Umgebung zu nutzen.

c) Der Vortrag, die Abgrenzung eines verhältnismäßig neuen Typus eines Gewerbebetriebs sui generis von dem speziell geregelten Gewerbetyp Vergnügungsstätte könne nur mit Blick auf die nachteiligen städtebaulichen Folgen einer Vergnügungsstätte im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfolgen, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Soweit auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 2006 (Az. 4 B 56/06 - ZfBR 2007, 270) hingewiesen wird, ist nicht zu sehen, dass das Verwaltungsgericht hiervon abgewichen wäre. Zu den negativen städtebaulichen Auswirkungen von Vergnügungsstätten gehört danach zwar insbesondere der Lärm. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, gewerbliche Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung, der Zerstreuung, dem geselligen Beisammensein oder der Bedienung der Spielleidenschaft und der erotisch/sexuellen Interessen der Menschen dienen (vgl. z. B. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Auflage 2014, § 7 Rn. 17 m. w. N.), wären unabhängig von ihrer Ausrichtung dann keine Vergnügungsstätten mehr, wenn von ihnen keine beachtlichen Lärmwirkungen ausgingen. Auch der Betrieb von Spielhallen, die lediglich Geldspielgeräte vorhalten, führt nicht per se zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen in der Nachbarschaft, wenngleich der in der Regel größere Einzugsbereich derartiger Nutzungen und die gegenüber Ladengeschäften längeren Öffnungszeiten insbesondere in den Nachtstunden regelmäßig auch Lärmbeeinträchtigungen auslösen können. Losgelöst von etwaigen Lärmwirkungen entspricht es darüber hinaus einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung im Sinn eines Trading-Down-Effekts auswirken können (vgl. BVerwG, B. v. 4.9.2008 - 4 BN 9/08 - BauR 2009, 76 = juris Rn. 8). So liegt es nach der Begründung zum Aufstellungsbeschluss der Beklagten hier, deren wesentlichen Inhalt das Verwaltungsgericht zutreffend wiedergibt (Rn. 42 d. UA).

bb) Der nach Auffassung des Klägers zu gewinnende Eindruck aus der Betriebsbeschreibung durch das Verwaltungsgericht als eine Art „Lounge“ lässt nicht erkennen, weshalb das Wettbüro des Klägers kein städtebaulich nachteiliges Störpotential aufweist.

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass das Wettbüro in der vom Kläger betriebenen Art, den Spielhallen vergleichbar, eine Vergnügungsstätte ist. Das trifft zu. Sein städtebauliches Störpotential liegt jedenfalls in dem von der Beklagten befürchteten Trading-Down-Effekt im Bereich des überwiegend von Wohnen geprägten Mischgebiets entlang der W.-straße, der auch nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts durch eine zunehmende Ansiedlung von Vergnügungsstätten und Wettbüros betroffen ist.

5. Der vom Kläger behaupteten Abgrenzungsproblematik, „ob ein Wettbüro unter welchen Umständen seiner konkreten Ausgestaltung eventuell eine Vergnügungsstätte darstellt“, musste hier nicht nachgegangen werden, weil die konkrete Ausgestaltung des gegenständlichen Vorhabens - nach den vorstehenden Ausführungen - keine ernstlichen Zweifel an seiner Eigenschaft als Vergnügungsstätte entstehen lässt (ebs. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris). Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO haben sich insoweit nicht ergeben.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind (vgl. zur Gleichstellung von Wettbüros und Spielhallen bei der Streitwertbemessung OVG Berlin-Bbg, B. v. 11.9.2014 - 10 S 8.13 - NVwZ-RR 2015, 90 = juris Rn. 21 m. w. N.).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 33.133,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts M... vom 10. Oktober 2013 und gegen dessen Nutzungsuntersagungsverfügung vom 2. Dezember 2013. Das Landratsamt hatte festgestellt, dass Bauarbeiten zum Zweck der Einrichtung eines Wettbüros in einem Ladengeschäft durchgeführt und trotz Baueinstellung fortgeführt wurden. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Kläger wolle keine Vergnügungsstätte betreiben, deshalb liege auch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufkommen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger nicht bloß die Einrichtung einer Wettannahmestelle beabsichtigte, sondern eines Wettbüros, das aufgrund der konkreten Umstände als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Diese Beurteilung ist schon angesichts der beabsichtigten Vermittlung von Live-Wetten nicht ernstlich zweifelhaft und auch hinreichend durch Tatsachen belegt (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2, Bl. 26, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“).

Nach Darlegung des Klägers im Zulassungsverfahren vermittle er Wetten für den Veranstalter „...“. Bei den installierten vier Flachbildschirmen handle es sich um „Quoten-Monitore“, auf denen „Zahlen, Quoten und gegebenenfalls Spielstände“ bzw. „Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse“ angezeigt würden. Für die Abgabe einer Wette sei die aktuelle Quote („Live-Quote“) zwingend erforderlich. Damit sei es bei dem Angebot von „Live-Wetten“ auch erforderlich, dass die aktuellen Spielstände angezeigt würden. Allein das Vorhandensein von automatisierten Wettterminals mit der Möglichkeit, Sportereignisse „live zu bewetten“, führe nicht zu der Bewertung des Betriebs als Vergnügungsstätte. Diese Rechtsansicht des Klägers geht fehl.

Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht der Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 14 m. w. N., OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42 m. w. N.).

Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch Schaufensterwerbung und das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen des Klägers an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es weder Unterhaltungsspiele gebe noch ein allgemeiner Internetzugang zur Verfügung gestellt werde, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind weitere Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten. Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Der „Verweilcharakter“, den der Kläger dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten.

b) Der Vortrag, es liege keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil die Baugenehmigung für ein Ladengeschäft (Elektrogeschäft) ausgenutzt werde, geht nach vorstehenden Ausführungen ins Leere. Der Wechsel von einer Ladennutzung in eine Vergnügungsstätte ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig, weil für die beabsichtigte Nutzung eines Ladenlokals als Vergnügungsstätte andere öffentlich-rechtliche, insbesondere städtebauliche Anforderungen in Betracht kommen als für einen Einzelhandelsbetrieb und auch sonst kein verfahrensfreies Vorhaben vorliegt (vgl. Art. 57 Abs. 4, Art. 58 BayBO).

Davon abgesehen ist die Einrichtung einer bloßen Wettannahmestelle nach den konkreten Umständen ebenfalls baugenehmigungspflichtig, weil die gegenständliche Wettvermittlungsstelle, anders als ein Einzelhandelsbetrieb, täglich und bis in die Nachtstunden geöffnet sein soll (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts Bl. 26, Az. S-298-13-2-, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“). Insoweit wäre neben der bauordnungsrechtlichen Stellplatzfrage für eine Wettannahmestelle (hier: Stellplatzsatzung; vgl. Stellungnahme/Versagung des Einvernehmens vom 2.4.2013 des Marktes E... im Vorbescheidsverfahren) auch den im Rahmen des städtebaulichen Rücksichtnahmegebots zu beachtenden Lärmschutzbelangen im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens nachzugehen (vgl. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Art. 60 Satz 1 BayBO).

Ob darüber hinaus der Vortrag des Beklagten zutrifft, dass das vormals vorhandene Elektrogeschäft in weitere gewerbliche Teileinheiten unterteilt worden sei und damit auch Aspekte des Brandschutzes neu aufgeworfen würden, kann offen bleiben.

c) Die Annahme des Klägers, die Nutzungsuntersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil die aufgenommene Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei, trifft nicht zu. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung.

Der Kläger geht vom Vorliegen eines faktischen Mischgebiets aus (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Innerhalb eines Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens gegeben wäre, legt der Kläger nicht substantiiert dar. Ist das Vorhaben nur ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein. Selbst wenn lediglich eine Wettannahmestelle geplant wäre, würde aus den zuvor in Nr. 1 Buchst. b genannten Gründen nichts anderes gelten. Schon angesichts der offenen Stellplatzfrage und der beabsichtigten täglichen Öffnungszeiten bis 23 Uhr wäre auch eine Wettannahmestelle nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Hiervon ausgehend kann offen bleiben, ob der Zulassung des Vorhabens auch die Veränderungssperre des Markts E... entgegensteht.

d) Der Einwand, der Kläger sei nicht der richtige Adressat der Nutzungsuntersagungsverfügung, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013.

Das Verwaltungsgericht hat (im Rahmen der Baueinstellungsverfügung) zutreffend darauf hingewiesen, dass hier eine Mehrheit von Störern in Betracht kommt und die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Störereigenschaft des Klägers hat das Verwaltungsgericht auf dessen Erklärung abgestellt, er sei Bauherr. Damit sei der Kläger auch der richtige Adressat. Der Kläger könne sich als Bauherr der ihm obliegenden Verpflichtungen nicht durch Vermietung und Verpachtung entziehen. Das ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Der Vortrag des Klägers, er sei nicht danach gefragt worden, ob er „Bauherr“ sei, geht an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei. Wie der Beklagte zu Recht vorträgt, unterscheidet auch der Kläger nicht trennscharf zwischen der vermeintlichen Nutzerin (... ... GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter nach Aktenlage der Kläger ist, vgl. Registerauszüge vom 2.8.2013 und vom 9.9.2013, Bl. 47 f. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2) und seiner Person, wenn er z. B. für sich in Anspruch nimmt, „der Betrieb des Klägers“ erfolge auf Grundlage einer Baugenehmigung (vgl. S. 13 a.E. der Zulassungsbegründung; ebs. Klagebegründung vom 18.3.2014 S. 10, „Der Betrieb des Klägers“). Des Weiteren hatte der Kläger ausweislich des Feststellungsbogens für die Baukontrolle vom 10. Oktober 2013 angegeben, mehrere Wettbüros zu betreiben, die ohne Baugenehmigung geduldet würden und ihm auch vorliegend von öffentlichen Stellen empfohlen worden sei, eine Gewerbeanmeldung durchzuführen und dass dadurch das Betreiben eines Wettbüros geduldet würde (vgl. Bl 1 der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens hatte sich der Kläger als verantwortlicher Bauherr ausgegeben (vgl. z. B. Schriftsatz vom 30.10.2013 an das Landratsamt, wonach „das Lokal als ladenmäßige Wettannahmestelle geführt“ werden solle mit Grundrisszeichnung vom 29.9.2013 in Anlage, in der als „Bauherr“ der Kläger genannt ist, Bl. 18 ff. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Schließlich hatte der Kläger bereits unter dem Datum 8. März 2013 einen Vorbescheidsantrag zur Nutzungsänderung des Ladens in eine „Annahmestelle für Lotto, Toto, Sportwetten“ gestellt. Es trifft daher zu, dass der Kläger durchweg als Bauherr aufgetreten ist und sich auch selbst als solcher bezeichnet hat. Als Bauherr ist der Kläger aber für das Vorhaben (handlungs-) verantwortlich und gehalten, vor Baubeginn und Nutzungsaufnahme den erforderlichen Bauantrag zu stellen und die Erteilung der Genehmigung abzuwarten (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 50 Rn. 2 BayBO; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand September 2015, Art. 76, Rn. 295 f, 163 ff. m. w. N.). Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Baueinstellungsverfügung aber auch die Nutzungsuntersagungsverfügung an den Kläger gerichtet hat.

f) Entgegen der Annahmen des Klägers begegnen weder die Zwangsgeldandrohung zur Baueinstellungsverfügung noch die Zwangsgeldandrohung zur Nutzungsuntersagungsverfügung rechtlichen Bedenken.

Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu, dass das Fristsetzungserfordernis des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwVZG auf die hier gegenständlichen Unterlassungspflichten, die unzulässigen Bauarbeiten bzw. die illegal aufgenommene Nutzung nicht weiter fortzuführen, keine unmittelbare Anwendung findet (vgl. BayVGH, B. v. 15.6.2000 - 4 B 98.775 - BayVBl 2001, 3297 = juris Rn. 21; vgl. auch Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Auflage 2014, § 13 Rn. 3 a.E. m. w. N.). Es widerspräche geradezu dem Zweck der Baueinstellung, tatsächliche Veränderungen bis zu einer abschließenden Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren zu verhindern, wenn dem Bauherrn eine Frist eingeräumt würde, innerhalb der er die Bauarbeiten - sanktionslos - fortführen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 75 Rn. 78 m. w. N.). Die Anweisung von Personen, die den Bau im Auftrag des Bauherrn ausführen, kann - wie im Bescheid verfügt - „sofort“ erfolgen.

Auch hinsichtlich der Nutzungsuntersagungsverfügung wird dem Kläger kein Handeln abverlangt, das er nicht „sofort“ erfüllen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 299 m. w. N.). Die Verpflichtung, den Betrieb eines Wettbüros zu unterlassen, erfordert keine positive Handlung, die hier die Setzung einer Übergangsfrist erforderte. Insbesondere trifft es nicht zu, dass - wenn der Kläger nichts machte - der Betrieb von sich aus weiterlaufen würde. Im Gegenteil: Der Betrieb des Wettbüros erfordert nicht nur das tägliche Öffnen des Wettbüros, um den Kunden den Zugang zu ermöglichen, sondern gleichermaßen das Erbringen der angebotenen Dienstleistungen. Die Türen zum Wettbüro verschlossen zu halten, erfordert, sie nach Schließung nicht wieder zum Zweck des Wettbetriebs zu öffnen. Angesichts der Geschäftsführerstellung des Klägers bei der vorgeblich das Wettbüro betreibenden ... ... GmbH sind auch insoweit keine Gründe ersichtlich, die die Setzung einer Frist zur Aufgabe der illegal aufgenommenen Nutzung nahelegen könnten. Im Übrigen musste dem Kläger schon aus Anlass seines Vorbescheidsantrags, der Veränderungssperre und der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013 bewusst gewesen sein, dass sein Vorhaben nach Auffassung der öffentlichen Stellen unzulässig ist. Auch hiervon ausgehend musste dem Kläger, der die vorgehenden behördlichen Hinweise und Anordnungen ignoriert und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Übergangsfrist eingeräumt werden.

2. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachten rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) auf.

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Überprüfung von Nutzungsuntersagungsverfügungen die Unwirksamkeit von bauleitplanerischen Satzungen zu beachten ist, würde sich im Berufungsverfahren nicht stellen.

aa) In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2014 - 9 CS 14.451 - juris Rn. 12 und B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 12.2378 - juris Rn. 5 f jeweils m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist das Vorhaben des Klägers auch unter Außerachtlassung der Veränderungssperre nicht „offensichtlich genehmigungsfähig“, weil weder ersichtlich noch dargelegt ist, dass es im vom Kläger angenommenen faktischen Mischgebiet zugelassen werden kann und auch im Fall einer bloßen Wettannahmestelle keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorliegt (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c).

bb) Im Übrigen führt auch ein sich aus städtebaulichen Satzungen ergebendes Zulassungshindernis für ein Vorhaben im Regelfall dazu, dass das jeweilige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die jeweilige Rechtsvorschrift offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise unwirksam ist, kann dahinstehen. Die Darlegungen des Klägers, es lägen keine besonderen Umstände vor, die den Erlass einer erneuten Veränderungssperre rechtfertigen könnten und es werde eine reine Verhinderungsplanung verfolgt, erfordern jedenfalls eine eingehende Würdigung und Bewertung des Planverfahrens, die über den Rahmen einer Offensichtlichkeitsprüfung hinausgeht.

b) Die Rechtsfrage, ob „bei einem Bauantrag über eine Wettannahmestelle mit ca. 50 Quadratmetern Nutzfläche für Besucher und einem Tresen, keinen TV-Bildschirmen, keinen Sitzgelegenheiten, keinen Geldspielgeräten oder anderen Spielgeräten, keinem Getränkeausschank und keinem Speiseangebot eine Vergnügungsstätte vorliegt“, ist - wörtlich verstanden - nicht klärungsfähig. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einem Wettbüro i. S. d. Rechtsprechung ausgegangen und nicht von einer bloßen „Wettannahmestelle“.

Die sinngemäß gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zur Vergnügungsstätte überschreitet, ist hier nicht entscheidungserheblich. Das Vorhaben wäre selbst dann, wenn es eine bloße Wettannahmestelle umfasste, genehmigungspflichtig und deshalb mangels zuvor erteilter Baugenehmigung formell rechtswidrig (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c)

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 3. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde bleibt erfolglos. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Ziffern I und II der Verfügung der Antragsgegnerin vom 13. Januar 2011 sowie auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hinsichtlich Ziffer IV dieses Bescheides abgelehnt hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Das Verwaltungsgericht ist in nicht zu beanstandeter Weise davon ausgegangen, dass bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung das Interesse der Antragsgegnerin an einem Vollzug der angefochtenen Verfügung das Interesse der Antragstellerin, von einer Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben, überwiegt.

2

Die Begründung der Beschwerde, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

3

Die angefochtene Nutzungsuntersagungsverfügung erweist sich, soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden ist, als offensichtlich rechtmäßig. Zudem kann sich die Antragsgegnerin weiterhin auf ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Bescheides berufen.

4

Die von der Antragsgegnerin verfügte Nutzungsuntersagung für den Abschluss und die Vermittlung allgemeiner Sportwetten findet ihre Rechtsgrundlage in § 81 Satz 1 Landesbauordnung - LBauO -. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn bauliche Anlagen gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen, deren Benutzung untersagen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

5

Eine Nutzungsuntersagung kann bereits dann ausgesprochen werden, wenn für eine Nutzung die erforderliche Genehmigung fehlt. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird in diesem Fall nach § 81 Satz 1 LBauO dadurch Rechnung getragen, dass eine Benutzungsuntersagung nur ergehen darf, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Eine entsprechende Anordnung ist demnach nur dann möglich, wenn nicht offensichtlich eine beantragte Nutzungsänderungsgenehmigung erlassen werden muss (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 1996 - 8 A 11880/85.OVG - AS 25, 313 und juris, Rn. 19).

6

Die Nutzung eines Teils der Erdgeschossräume in dem Anwesen R.straße … durch die Antragsgegnerin stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, die nicht genehmigt wurde. Nach § 61 LBauO bedarf die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung, soweit in den §§ 62, 67 und 84 LBauO nichts anderes bestimmt ist. § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO sieht von der Genehmigungspflicht eine Ausnahme bei Gebäuden und Räumen vor, die nicht im Außenbereich liegen, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung gelten.

7

Hinsichtlich der Nutzung als Wettbüro für allgemeine Sportwetten liegt eine Nutzungsänderung im Sinne der genannten Vorschriften vor. Als Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne ist jede Änderung der ursprünglich genehmigten Nutzung anzusehen, die sich ihrerseits aus der erteilten Baugenehmigung ergibt (vgl. Jeromin, LBauO, 2. Aufl. 2008, § 3 Rn. 16). Der Inhalt der der Antragstellerin erteilten Baugenehmigung vom 19. Januar 2007 wird durch die unter Nr. 1 der Nebenbestimmungen enthaltene Umschreibung konkretisiert. Darin wird ausgeführt, dass die Baugenehmigung für eine Geschäftsstelle zum gewerbsmäßigen Abschluss und Vermitteln von Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde (Pferdewetten) erteilt wird. Mit dieser Nebenbestimmung wird der Inhalt der Genehmigung dem gestellten Bauantrag entsprechend festgelegt. Da die Antragsgegnerin dem Bauantrag insoweit in vollem Umfang entsprochen hat, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der in der Nebenbestimmung enthaltenen Einschränkung.

8

Die in dem Wettbüro tatsächlich ausgeübte Nutzung des Abschlusses und der Vermittlung allgemeiner Sportwetten hält den durch die Baugenehmigung gesteckten Rahmen nicht ein und stellt damit eine Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne dar.

9

Für diese Nutzungsänderung greift auch nicht die in § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO vorgesehene Ausnahme von der Genehmigungspflicht. Hinsichtlich der Nutzung des Anwesens R.straße … für allgemeine Sportwetten kann nicht festgestellt werden, dass für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen gelten als für die bisherige Nutzung. Vielmehr ist von der Möglichkeit auszugehen, dass die Nutzung eines Wettbüros für allgemeine Sportwetten in bauplanungsrechtlicher Hinsicht geänderten Anforderungen unterliegt und dass damit eine bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vorliegt.

10

Eine derartige Nutzungsänderung setzt eine Änderung der Nutzungsweise voraus, die insoweit bodenrechtlich relevant ist, als sie die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange berühren kann, womit die Genehmigungsfrage (erneut) aufgeworfen wird. Der Tatbestand einer Nutzungsänderung im Sinne von § 29 BauGB wird von solchen Veränderungen erfüllt, die außerhalb der jeder einzelnen Art von Nutzung eigenen Variationsbreite liegen. Dies kann sowohl dann der Fall sein, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, als auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, hiernach aber anders zu beurteilen ist als die bisherige Nutzung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - IV C 8.75 -, NJW 1977, 1932 und juris, Rn. 18; Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5/98 -, NVwZ 1999, 523 und juris, Rn. 17; Beschluss vom 7. November 2002 - 4 B 64/02 -, BRS 66 Nr. 70 und juris, Rn. 6; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 2010, § 29 BauGB, Rn. 41).

11

Eine hiernach relevante Änderung der Nutzungsweise ergibt sich nicht bereits daraus, dass die genehmigte Nutzung des Wettbüros für Pferdewetten und die derzeit ausgeübte Nutzung für allgemeine Sportwetten unterschiedlichen Nutzungsarten nach den Bestimmungen der Baunutzungsverordnung zuzuordnen wären. Beide Nutzungsvarianten sind vielmehr in ihrer konkreten Ausgestaltung als Vergnügungsstätte einzustufen. Kennzeichen einer derartigen Vergnügungsstätte ist, dass sie als besondere Art von Gewerbebetrieben durch die kommerzielle Unterhaltung der Besucher geprägt wird und dabei in unterschiedlicher Ausprägung den Sexual-, Spiel- oder Geselligkeitstrieb anspricht (vgl. Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4a BauNVO, Rn. 58; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 4a Rn. 22). Das Wettbüro der Antragstellerin ist ersichtlich nicht lediglich darauf angelegt, Wetten entgegenzunehmen und weiterzuleiten sowie Gewinne auszuzahlen. Vielmehr sollen die Kunden animiert werden, sich während der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten und die Sportereignisse, auf die sie gewettet haben, in Live-Übertragungen auf den Fernsehmonitoren zu verfolgen, womit gleichzeitig ein Gemeinschaftserlebnis entsteht. Ein entsprechendes Konzept kann der Planzeichnung des Wettbüros entnommen werden, die erkennen lässt, dass die Fläche des Wettbüros über die Erfordernisse hinausgeht, die ein reiner Wettschalter mit sich brächte. Zudem befinden sich dort Sitzgruppen, die über den gesamten Raum verteilt sind, sowie eine größere Monitorwand. Da diese Ausgestaltung nicht hinsichtlich der Sportart variiert, die Gegenstand der Wetten ist, handelt es sich bei dem Wettbüro sowohl hinsichtlich der genehmigten, auf Pferdewetten beschränkten Nutzung als auch bei der tatsächlich ausgeübten erweiterten Nutzung für allgemeine Sportwetten um eine Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, Urteil vom 6. Juli 2005 - 1 B 01.1513 -, juris, Rn. 42; HessVGH, Beschluss vom 19. September 2006 - 3 TG 32161/06 -, NVwZ-RR 2007, 81 und juris, Rn. 3 f., Beschluss vom 25. August 2008 - 3 UZ 2566/07 -, NVwZ-RR 2009, 143 und juris, Rn. 5, Fickert/Fieseler a.a.O., § 4a Rn. 22.23.69; die Frage offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2005 - 10 B 1600/05 -, juris, Rn. 4).

12

Eine geänderte bauplanungsrechtliche Beurteilung des Wettbüros kann sich indessen im Hinblick auf das Rücksichtnahmegebot ergeben. Eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung entsteht insbesondere daraus, dass Unterschiede hinsichtlich der von der geänderten Nutzung ausgehenden Störungen oder Auswirkungen auf die Umgebung bestehen, die geeignet sind, die Genehmigungsfrage neu aufzuwerfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 1989 - 4 B 24.89 - in NVwZ 1989, 666 und juris, Rn. 3).

13

Hinsichtlich der Nutzung als Wettbüro für allgemeine Sportwetten ergeben sich beachtliche Anhaltspunkte, dass hiervon andere Auswirkungen auf die Umgebung ausgehen, als dies bei einem auf Pferdewetten beschränkten Wettbüro der Fall ist. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass mit der Ausweitung der Sportarten ein erheblich größerer Interessentenkreis angesprochen wird als bei Pferdewetten. Dies wird von der Antragstellerin letztlich auch nicht in Zweifel gezogen. Das Konzept des Wettbüros wird zudem nicht lediglich in Randbereichen angepasst, sondern grundlegend umgestaltet. Die größere Bandbreite an Sportveranstaltungen, die Gegenstand der Wetten sind und deren Live-Übertragungen von den Kunden in den Räumen des Wettbüros verfolgt werden, legt gegenüber den auf eine Sportart konzentrierten Pferdewetten ein abweichendes Nutzerverhalten nahe. Hieraus ergibt sich jedenfalls die Möglichkeit geänderter Auswirkungen auf die Umgebung.

14

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass sich hinsichtlich der Gesamtzahl der Kunden keine Veränderung ergeben habe, da das Interesse an Pferdewetten in gleichem Maße nachgelassen habe, wie die Attraktivität der allgemeinen Sportwetten gestiegen sei, schließt diese quantitative Feststellung als mögliches Indiz für eine weiterhin nachbarschafts- und umgebungsverträgliche Nutzung nicht bereits das Erfordernis eines erneuten Genehmigungsverfahren aus.

15

Für die Annahme einer bodenrechtlichen Relevanz des Nutzungswechsels kann nicht gefordert werden, dass Beeinträchtigungen tatsächlich nachzuweisen sind. Vielmehr ist entscheidend, dass entsprechende Beeinträchtigungen auftreten können. Ob sie tatsächlich in relevanter Weise vorliegen, muss im Genehmigungsverfahren selbst geprüft werden. Die Annahme einer Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinne kann nicht auf die Frage verengt werden, ob sich das Vorhaben in materiell-rechtlicher Hinsicht als unzulässig erweist. Vielmehr ist der Begriff in einer die behördliche Kontrollaufgabe berücksichtigenden Weise weit zu fassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1988 - 4 C 50/87 - in BRS 48, Nr. 58 und juris, Rn. 16). Hinzu kommt, dass § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO, der eine Ausnahme von der ansonsten bestehenden Genehmigungspflicht in bauordnungsrechtlicher Hinsicht normiert, eng auszulegen ist. Eine Genehmigungsfreiheit besteht lediglich dann, wenn feststeht, dass für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen gelten. Soweit diese Frage offen bleibt, geben mögliche Unklarheiten Anlass zu einer Überprüfung im Genehmigungsverfahren.

16

Die im Hinblick auf die formelle Illegalität der Nutzungsänderung hiernach gerechtfertigte Nutzungsuntersagung erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil der Antragstellerin eine entsprechende Genehmigung offensichtlich erteilt werden müsste. Die Nutzungsänderung in ein Wettbüro für allgemeine Sportwetten ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

17

Das Verwaltungsgericht sieht die von der Antragstellerin vorgenommene Nutzungsänderung deshalb nicht als genehmigungsfähig an, weil das Anwesen R.straße … Teil eines faktischen allgemeinen Wohngebietes sei, in dem Vergnügungsstätten nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO auch ausnahmsweise nicht zugelassen werden könnten. Grundlage dieser Feststellung des Verwaltungsgerichtes ist ein Bestandsverzeichnis der Umgebung des Anwesens. Die Antragstellerin wendet hiergegen in ihrer Beschwerdebegründung ein, dass das Grundstück R.straße … in erster Linie geprägt werde durch die entlang dieser Straße festzustellende Bebauung, die indessen in stärkerem Umfang gewerblich geprägt sei, so dass ein Mischgebiet angenommen werden müsse. Diese unterschiedliche Einschätzung zeigt, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Wettbüros für allgemeine Sportwetten nicht offensichtlich angenommen werden kann. Vielmehr bedarf die Charakterisierung der Umgebung des Vorhabens noch weiterer Aufklärung.

18

Liegen hiernach die Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung offensichtlich vor, so steht auch das besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung nicht in Frage. Dieses öffentliche Interesse ist darin begründet, dass die praktizierte Nutzung nicht genehmigt war, durch die ungenehmigte Nutzung die präventive Kontrolle der Bauaufsicht verhindert wird und dass ungerechtfertigte Vorteile gegenüber denjenigen vermieden werden, die eine geänderte Nutzung erst nach Erteilung einer Genehmigung aufnehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 5. Juli 2006 - 8 B 10574/06 -, BRS 70 Nr. 190 und juris, Rn. 13). Diese Dringlichkeit ist nicht dadurch entfallen, dass die Antragsgegnerin die angefochtene Verfügung erst ein knappes Jahr nach Kenntnis von dem betrieblichen Umfang des Wettbüros erlassen hat. Die Antragsgegnerin hat hierzu nachvollziehbar darauf verwiesen, dass ihr ein früheres Einschreiten angesichts von etwa 100 beanstandeten Wettbetrieben in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht möglich gewesen sei.

19

Auch hinsichtlich der in dem Bescheid der Antragsgegnerin unter Ziffer IV verfügten Androhung unmittelbaren Zwanges ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, die aufschiebende Wirkung - abgesehen von der Reduzierung der TV-Bildschirme - nicht anzuordnen, rechtlich nicht zu beanstanden. Die nach § 20 AGVwGO von Gesetzes wegen mit Sofortvollzug versehene Zwangsmittelandrohung erweist sich ebenfalls als offensichtlich rechtmäßig, so dass auch insoweit das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.

20

Die Androhung findet ihre Rechtsgrundlage in § 66 Abs. 1 i.V.m. § 65 Abs. 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes - LVwVG -. Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin verfügten Nutzungsuntersagung ergibt sich im Einzelfall auch kein Nachrang des unmittelbaren Zwangs gegenüber Ersatzvornahme oder Zwangsgeld. § 65 Abs. 1 LVwVG sieht vor, dass der unmittelbare Zwang angewendet werden kann, wenn die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Ziel führt oder sie untunlich sind. Als untunlich erweist sich die Anwendung von Ersatzvornahme oder Zwangsgeld auch dann, wenn ihr Einsatz zwar Erfolg versprechend ist, der unmittelbare Zwang sich aber im konkreten Fall als wirksamer darstellt (vgl. Engelhardt/App, Verwaltungsvollstreckungsgesetz - Verwaltungszustellungsgesetz, 8. Aufl. 2008, § 12 VwVG, Rn. 9). Da der von der Antragsgegnerin angedrohte unmittelbare Zwang letztlich nur in einem Zugriff auf die Geräte besteht, die für allgemeine Sportwetten genutzt werden, stellt er sich einerseits als wirkungsvoller als eine Ersatzvornahme oder eine Zwangsgeldfestsetzung dar. Andererseits wird die Antragstellerin durch den mit dem unmittelbaren Zwang verbundenen Eingriff, mit dem die Benutzung einzelner Vermögensgegenstände unterbunden werden soll, nicht stärker belastet als durch eines der anderen Zwangsmittel (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. Januar 2010 - 6 B 11030/09.OVG -).

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

22

Der Wert Streitgegenstandes bestimmt sich nach den §§ 47, 53 Abs. 3 und 52 Abs. 1 GKG.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 33.133,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts M... vom 10. Oktober 2013 und gegen dessen Nutzungsuntersagungsverfügung vom 2. Dezember 2013. Das Landratsamt hatte festgestellt, dass Bauarbeiten zum Zweck der Einrichtung eines Wettbüros in einem Ladengeschäft durchgeführt und trotz Baueinstellung fortgeführt wurden. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Kläger wolle keine Vergnügungsstätte betreiben, deshalb liege auch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufkommen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger nicht bloß die Einrichtung einer Wettannahmestelle beabsichtigte, sondern eines Wettbüros, das aufgrund der konkreten Umstände als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Diese Beurteilung ist schon angesichts der beabsichtigten Vermittlung von Live-Wetten nicht ernstlich zweifelhaft und auch hinreichend durch Tatsachen belegt (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2, Bl. 26, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“).

Nach Darlegung des Klägers im Zulassungsverfahren vermittle er Wetten für den Veranstalter „...“. Bei den installierten vier Flachbildschirmen handle es sich um „Quoten-Monitore“, auf denen „Zahlen, Quoten und gegebenenfalls Spielstände“ bzw. „Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse“ angezeigt würden. Für die Abgabe einer Wette sei die aktuelle Quote („Live-Quote“) zwingend erforderlich. Damit sei es bei dem Angebot von „Live-Wetten“ auch erforderlich, dass die aktuellen Spielstände angezeigt würden. Allein das Vorhandensein von automatisierten Wettterminals mit der Möglichkeit, Sportereignisse „live zu bewetten“, führe nicht zu der Bewertung des Betriebs als Vergnügungsstätte. Diese Rechtsansicht des Klägers geht fehl.

Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht der Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 14 m. w. N., OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42 m. w. N.).

Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch Schaufensterwerbung und das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen des Klägers an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es weder Unterhaltungsspiele gebe noch ein allgemeiner Internetzugang zur Verfügung gestellt werde, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind weitere Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten. Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Der „Verweilcharakter“, den der Kläger dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten.

b) Der Vortrag, es liege keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil die Baugenehmigung für ein Ladengeschäft (Elektrogeschäft) ausgenutzt werde, geht nach vorstehenden Ausführungen ins Leere. Der Wechsel von einer Ladennutzung in eine Vergnügungsstätte ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig, weil für die beabsichtigte Nutzung eines Ladenlokals als Vergnügungsstätte andere öffentlich-rechtliche, insbesondere städtebauliche Anforderungen in Betracht kommen als für einen Einzelhandelsbetrieb und auch sonst kein verfahrensfreies Vorhaben vorliegt (vgl. Art. 57 Abs. 4, Art. 58 BayBO).

Davon abgesehen ist die Einrichtung einer bloßen Wettannahmestelle nach den konkreten Umständen ebenfalls baugenehmigungspflichtig, weil die gegenständliche Wettvermittlungsstelle, anders als ein Einzelhandelsbetrieb, täglich und bis in die Nachtstunden geöffnet sein soll (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts Bl. 26, Az. S-298-13-2-, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“). Insoweit wäre neben der bauordnungsrechtlichen Stellplatzfrage für eine Wettannahmestelle (hier: Stellplatzsatzung; vgl. Stellungnahme/Versagung des Einvernehmens vom 2.4.2013 des Marktes E... im Vorbescheidsverfahren) auch den im Rahmen des städtebaulichen Rücksichtnahmegebots zu beachtenden Lärmschutzbelangen im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens nachzugehen (vgl. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Art. 60 Satz 1 BayBO).

Ob darüber hinaus der Vortrag des Beklagten zutrifft, dass das vormals vorhandene Elektrogeschäft in weitere gewerbliche Teileinheiten unterteilt worden sei und damit auch Aspekte des Brandschutzes neu aufgeworfen würden, kann offen bleiben.

c) Die Annahme des Klägers, die Nutzungsuntersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil die aufgenommene Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei, trifft nicht zu. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung.

Der Kläger geht vom Vorliegen eines faktischen Mischgebiets aus (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Innerhalb eines Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens gegeben wäre, legt der Kläger nicht substantiiert dar. Ist das Vorhaben nur ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein. Selbst wenn lediglich eine Wettannahmestelle geplant wäre, würde aus den zuvor in Nr. 1 Buchst. b genannten Gründen nichts anderes gelten. Schon angesichts der offenen Stellplatzfrage und der beabsichtigten täglichen Öffnungszeiten bis 23 Uhr wäre auch eine Wettannahmestelle nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Hiervon ausgehend kann offen bleiben, ob der Zulassung des Vorhabens auch die Veränderungssperre des Markts E... entgegensteht.

d) Der Einwand, der Kläger sei nicht der richtige Adressat der Nutzungsuntersagungsverfügung, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013.

Das Verwaltungsgericht hat (im Rahmen der Baueinstellungsverfügung) zutreffend darauf hingewiesen, dass hier eine Mehrheit von Störern in Betracht kommt und die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Störereigenschaft des Klägers hat das Verwaltungsgericht auf dessen Erklärung abgestellt, er sei Bauherr. Damit sei der Kläger auch der richtige Adressat. Der Kläger könne sich als Bauherr der ihm obliegenden Verpflichtungen nicht durch Vermietung und Verpachtung entziehen. Das ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Der Vortrag des Klägers, er sei nicht danach gefragt worden, ob er „Bauherr“ sei, geht an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei. Wie der Beklagte zu Recht vorträgt, unterscheidet auch der Kläger nicht trennscharf zwischen der vermeintlichen Nutzerin (... ... GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter nach Aktenlage der Kläger ist, vgl. Registerauszüge vom 2.8.2013 und vom 9.9.2013, Bl. 47 f. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2) und seiner Person, wenn er z. B. für sich in Anspruch nimmt, „der Betrieb des Klägers“ erfolge auf Grundlage einer Baugenehmigung (vgl. S. 13 a.E. der Zulassungsbegründung; ebs. Klagebegründung vom 18.3.2014 S. 10, „Der Betrieb des Klägers“). Des Weiteren hatte der Kläger ausweislich des Feststellungsbogens für die Baukontrolle vom 10. Oktober 2013 angegeben, mehrere Wettbüros zu betreiben, die ohne Baugenehmigung geduldet würden und ihm auch vorliegend von öffentlichen Stellen empfohlen worden sei, eine Gewerbeanmeldung durchzuführen und dass dadurch das Betreiben eines Wettbüros geduldet würde (vgl. Bl 1 der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens hatte sich der Kläger als verantwortlicher Bauherr ausgegeben (vgl. z. B. Schriftsatz vom 30.10.2013 an das Landratsamt, wonach „das Lokal als ladenmäßige Wettannahmestelle geführt“ werden solle mit Grundrisszeichnung vom 29.9.2013 in Anlage, in der als „Bauherr“ der Kläger genannt ist, Bl. 18 ff. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Schließlich hatte der Kläger bereits unter dem Datum 8. März 2013 einen Vorbescheidsantrag zur Nutzungsänderung des Ladens in eine „Annahmestelle für Lotto, Toto, Sportwetten“ gestellt. Es trifft daher zu, dass der Kläger durchweg als Bauherr aufgetreten ist und sich auch selbst als solcher bezeichnet hat. Als Bauherr ist der Kläger aber für das Vorhaben (handlungs-) verantwortlich und gehalten, vor Baubeginn und Nutzungsaufnahme den erforderlichen Bauantrag zu stellen und die Erteilung der Genehmigung abzuwarten (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 50 Rn. 2 BayBO; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand September 2015, Art. 76, Rn. 295 f, 163 ff. m. w. N.). Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Baueinstellungsverfügung aber auch die Nutzungsuntersagungsverfügung an den Kläger gerichtet hat.

f) Entgegen der Annahmen des Klägers begegnen weder die Zwangsgeldandrohung zur Baueinstellungsverfügung noch die Zwangsgeldandrohung zur Nutzungsuntersagungsverfügung rechtlichen Bedenken.

Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu, dass das Fristsetzungserfordernis des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwVZG auf die hier gegenständlichen Unterlassungspflichten, die unzulässigen Bauarbeiten bzw. die illegal aufgenommene Nutzung nicht weiter fortzuführen, keine unmittelbare Anwendung findet (vgl. BayVGH, B. v. 15.6.2000 - 4 B 98.775 - BayVBl 2001, 3297 = juris Rn. 21; vgl. auch Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Auflage 2014, § 13 Rn. 3 a.E. m. w. N.). Es widerspräche geradezu dem Zweck der Baueinstellung, tatsächliche Veränderungen bis zu einer abschließenden Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren zu verhindern, wenn dem Bauherrn eine Frist eingeräumt würde, innerhalb der er die Bauarbeiten - sanktionslos - fortführen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 75 Rn. 78 m. w. N.). Die Anweisung von Personen, die den Bau im Auftrag des Bauherrn ausführen, kann - wie im Bescheid verfügt - „sofort“ erfolgen.

Auch hinsichtlich der Nutzungsuntersagungsverfügung wird dem Kläger kein Handeln abverlangt, das er nicht „sofort“ erfüllen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 299 m. w. N.). Die Verpflichtung, den Betrieb eines Wettbüros zu unterlassen, erfordert keine positive Handlung, die hier die Setzung einer Übergangsfrist erforderte. Insbesondere trifft es nicht zu, dass - wenn der Kläger nichts machte - der Betrieb von sich aus weiterlaufen würde. Im Gegenteil: Der Betrieb des Wettbüros erfordert nicht nur das tägliche Öffnen des Wettbüros, um den Kunden den Zugang zu ermöglichen, sondern gleichermaßen das Erbringen der angebotenen Dienstleistungen. Die Türen zum Wettbüro verschlossen zu halten, erfordert, sie nach Schließung nicht wieder zum Zweck des Wettbetriebs zu öffnen. Angesichts der Geschäftsführerstellung des Klägers bei der vorgeblich das Wettbüro betreibenden ... ... GmbH sind auch insoweit keine Gründe ersichtlich, die die Setzung einer Frist zur Aufgabe der illegal aufgenommenen Nutzung nahelegen könnten. Im Übrigen musste dem Kläger schon aus Anlass seines Vorbescheidsantrags, der Veränderungssperre und der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013 bewusst gewesen sein, dass sein Vorhaben nach Auffassung der öffentlichen Stellen unzulässig ist. Auch hiervon ausgehend musste dem Kläger, der die vorgehenden behördlichen Hinweise und Anordnungen ignoriert und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Übergangsfrist eingeräumt werden.

2. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachten rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) auf.

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Überprüfung von Nutzungsuntersagungsverfügungen die Unwirksamkeit von bauleitplanerischen Satzungen zu beachten ist, würde sich im Berufungsverfahren nicht stellen.

aa) In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2014 - 9 CS 14.451 - juris Rn. 12 und B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 12.2378 - juris Rn. 5 f jeweils m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist das Vorhaben des Klägers auch unter Außerachtlassung der Veränderungssperre nicht „offensichtlich genehmigungsfähig“, weil weder ersichtlich noch dargelegt ist, dass es im vom Kläger angenommenen faktischen Mischgebiet zugelassen werden kann und auch im Fall einer bloßen Wettannahmestelle keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorliegt (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c).

bb) Im Übrigen führt auch ein sich aus städtebaulichen Satzungen ergebendes Zulassungshindernis für ein Vorhaben im Regelfall dazu, dass das jeweilige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die jeweilige Rechtsvorschrift offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise unwirksam ist, kann dahinstehen. Die Darlegungen des Klägers, es lägen keine besonderen Umstände vor, die den Erlass einer erneuten Veränderungssperre rechtfertigen könnten und es werde eine reine Verhinderungsplanung verfolgt, erfordern jedenfalls eine eingehende Würdigung und Bewertung des Planverfahrens, die über den Rahmen einer Offensichtlichkeitsprüfung hinausgeht.

b) Die Rechtsfrage, ob „bei einem Bauantrag über eine Wettannahmestelle mit ca. 50 Quadratmetern Nutzfläche für Besucher und einem Tresen, keinen TV-Bildschirmen, keinen Sitzgelegenheiten, keinen Geldspielgeräten oder anderen Spielgeräten, keinem Getränkeausschank und keinem Speiseangebot eine Vergnügungsstätte vorliegt“, ist - wörtlich verstanden - nicht klärungsfähig. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einem Wettbüro i. S. d. Rechtsprechung ausgegangen und nicht von einer bloßen „Wettannahmestelle“.

Die sinngemäß gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zur Vergnügungsstätte überschreitet, ist hier nicht entscheidungserheblich. Das Vorhaben wäre selbst dann, wenn es eine bloße Wettannahmestelle umfasste, genehmigungspflichtig und deshalb mangels zuvor erteilter Baugenehmigung formell rechtswidrig (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c)

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 15.000,- € festgesetzt.


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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 63.300 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die bauaufsichtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung eines Ladengeschäfts in ein Wettbüro im Stadtgebiet der Beklagten. Nachdem der Bauantrag am 22. Dezember 2011 bei der Beklagten eingegangen war, stellte die Beklagte mit Beschluss vom 26. Juli 2012 den Bebauungsplan Nr. 455 „Beidseits der W.-straße“ auf und erließ zu dessen Sicherung eine Veränderungssperre. Den Bauantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. September 2012 ab. Das Verwaltungsgericht wies die Verpflichtungsklage des Klägers in der Sache ab. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Einwand des Klägers, die angefochtene Entscheidung weiche von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 19.2.2004 - 4 CN 16/03 - BVerwGE 120, 138) ab, ist nicht berechtigt (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).

Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines in der Bestimmung genannten Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (vgl. BVerwG, B. v. 27.10.2014 - 2 B 52/14 - juris Rn. 5 ff.; B. v. 12.9.2014 - 5 PB 8/14 - juris). Daran fehlt es.

Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe die Veränderungssperre nicht auf den Bauantrag des Klägers anwenden dürfen. Das Verwaltungsgericht habe sich auf die prozessuale Position zurückgezogen, dass bei einem Verpflichtungsbegehren auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen sei; dies greife zu kurz. Der Kläger hat auf folgenden Satz aus der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Bezug genommen: „Der Senat hat erwogen, ob Vorhaben, für die zwar noch keine Baugenehmigung erteilt ist, zu denen die Gemeinde jedoch ihr Einvernehmen erteilt hat, generell oder bei unveränderter Sach- und Rechtslage wegen der Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen in erweiternder oder analoger Anwendung des § 14 Abs. 3 BauGB von den Wirkungen der Veränderungssperre freizustellen sind“ (U. v. 19.2.2004, a. a. O., = juris Rn. 26).

a) Die in Bezug genommene Stelle, von der das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll, enthält schon keinen (abstrakten) Rechtssatz. Dies folgt aus den einleitenden Worten, „Der Senat hat erwogen, ob …“ und wird im nachfolgenden Satz bestätigt: „Die Frage kann offen bleiben, weil sie in einem Normenkontrollverfahren nicht entscheidungserheblich ist“.

b) Davon abgesehen, kann die vom Bundesverwaltungsgericht erwogene „Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen“ hier nicht eintreten, worauf das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (vgl. Rn. 49 d. UA). Da die beklagte Stadt selbst Baugenehmigungsbehörde ist, ist § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB unanwendbar (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.2004 - 4 C 16/03 - BVerwGE 121, 339; BVerwG, B. v. 17.1.2013 - 8 B 50/12 - juris Rn. 6). Eine irgendwie geartete Bindungswirkung an ein erteiltes oder fingiertes Einvernehmen nach § 36 BauGB kommt deshalb von vornherein nicht in Betracht.

2. Aus dem vorgenannten Grund weist die Rechtssache hinsichtlich der vom Kläger formulierte Rechtsfrage, „ob das Vorhaben des Klägers von der Veränderungssperre überhaupt berührt wird, m. a. W. die - unterstellt wirksame - Veränderungssperre gerade dem Vorhaben entgegengehalten werden kann, das Auslöser für den Erlass der Veränderungssperre ist, wenn - wie hier - die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB eingetreten ist“, auch keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, weil sie sich im Berufungsverfahren nicht stellen würde. Da die beklagte Stadt selbst Baugenehmigungsbehörde ist, besteht kein Einvernehmenserfordernis. Die vonseiten des Klägers angenommene Einvernehmensfiktion konnte deshalb nicht eintreten. Darauf hat auch das Verwaltungsgericht hingewiesen (vgl. Rn. 49 d. UA). Auf die weitergehenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, auch ein erteiltes oder fingiertes Einvernehmen hindere die Gemeinde nicht, eine Veränderungssperre zeitlich nachzuschieben (Rn. 50 d. UA), kommt es nicht an.

Auch der außerhalb der Begründungsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) vorgetragene Einwand, ungeklärt sei, wie sich die Differenzierung im Anwendungsbereich des § 36 BauGB auf den Vertrauensschutz eines (Bau-) Antragstellers auswirke, der seinen Bauantrag bei einer Gemeinde stelle, die nicht zugleich Genehmigungsbehörde sei, führt nicht zur Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der Entscheidung vom 19. Februar 2004 (Az. 4 CN 16/03, a. a. O.) nicht etwa erwogen, ob Vorhaben nach Ablauf von zwei Monaten seit Bauantragstellung von den Wirkungen einer später erlassenen Veränderungssperre freizustellen seien, sondern ob Vorhaben „wegen der Bindung der Gemeinde an das erteilte Einvernehmen“ freizustellen seien. Eine derartige B i n d u n g kann indes nur eintreten, wenn § 36 BauGB anwendbar ist; daran fehlt es bei der Identität von Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde. Im Übrigen ist geklärt, dass das Fristerfordernis des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB dem Zweck dient, das Verfahren zu beschleunigen. Es soll verhindert werden, dass sich die Entscheidung der Bauaufsichtsbehörde aus Gründen, die außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen, nur deshalb ungebührlich verzögert, weil die Einvernehmenserklärung oder -versagung aussteht. Dieser Aspekt spielt indes ersichtlich keine Rolle, wenn das Einvernehmenserfordernis nicht zum Tragen kommt. Das ist der Fall, wenn die Gemeinde in sich die Funktionen des Bauplanungsträgers und der Bauaufsichtsbehörde vereint. Kommt es hier zu Verzögerungen, weil gemeindeintern eine nach § 36 BauGB nicht gebotene, aber zulässige Abstimmung stattfindet, so kann sich der Bauherr hiergegen ebenso wie gegen Verzögerungen aus sonstigen Gründen mit den Mitteln zur Wehr setzen, die ihm das Prozessrecht zur Verfügung stellt. Ihm steht der Weg der Untätigkeitsklage nach § 75 Satz 2 VwGO offen, ohne dass er befürchten muss, mit Erfolg entgegengehalten zu bekommen, die nach § 36 BauGB erforderliche Einvernehmenserklärung oder -fiktion lasse noch auf sich warten (vgl. BVerwG, B. v. 30.7.2002 - 4 B 40/02 - juris Rn. 8).

Der Hinweis des Klägers auf Art. 58 Abs. 2 und 3 BayBO verhilft seinem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg. Art. 58 BayBO regelt das Genehmigungsfreistellungsverfahren im Geltungsbereich von Bebauungsplänen.

3. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, Wettbüros könnten als Unterfall des städtebaulichen Begriffstypus „Vergnügungsstätte“ bauplanungsrechtlich „sowohl nach § 1 Abs. 5 wie nach § 1 Abs. 9 BauNVO“ ausgeschlossen werden, begründet keine ernstlichen Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

a) Dass Wettbüros „Arten von Nutzungen“ i. S. d. § 1 Abs. 5 BauNVO sind, hat das Verwaltungsgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat es einen Ausschluss von Wettbüros in der Sache als Unterfall der Vergnügungsstätte auf Grundlage der Regelungen in § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO bewertet. Hiergegen ist nichts zu erinnern. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass es § 1 Abs. 9 BauNVO - über § 1 Abs. 5 BauNVO hinausgehend - gestattet, einzelne Unterarten von Nutzungen, welche die Baunutzungsverordnung selbst nicht angeführt hat, mit planerischen Festsetzungen zu erfassen (vgl. BVerwG, B. v. 5.6.2014 - 4 BN 8/14 - ZfBR 2014, 574 = juris Rn. 10 m. w. N.). Im Unterschied zur bloßen Wettannahmestelle sind „Wettbüros“ nach herkömmlichem baurechtlichen Verständnis als in der sozialen und ökonomischen Realität vorkommende Nutzungen eine Unterart von Vergnügungsstätten i. S. d. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO (vgl. VGH BW, B. v. 15.10.2013 - 2 S 2514/12 - NVwZ-RR 2014, 114 = juris Rn. 4 m. w. N.) oder können zumindest je nach konkreter Ausgestaltung als Vergnügungsstätte zu bewerten sein (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris Rn. 4 m. w. N.).

b) Die Frage, „ob bei einem Wettbüro der hier streitgegenständlichen Art“ eine Nutzungsart nach § 1 Abs. 9 BauNVO vorliegt, die es in der sozialen und ökonomischen Realität bereits gibt und bei der eine Differenzierung nach marktüblichen Gegebenheiten möglich ist, bedarf keiner weitergehenden Klärung im Berufungsverfahren.

aa) In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln sind, wenn sie anders als bloße Wettannahmestellen wie für Lotto und Toto auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Das ist nach den tatrichterlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts der Fall (vgl. Rn. 46 d. UA). Danach verfüge das Wettbüro der „hier streitgegenständlichen Art“ im Hauptraum über acht große TV-Bildschirmmonitore, auf denen beispielsweise Fußballspiele verfolgt werden könnten. Darüber hinaus seien die aufgestellten Sitzgruppen darauf ausgerichtet, die jeweiligen Sportereignisse bequem zu verfolgen. Ebenfalls würden den Gästen Getränke aus bereitgestellten Automaten zur Verfügung gestellt. Hiervon ausgehend handle es sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichts offensichtlich nicht um eine bloße Verkaufsstelle, sondern es werde den jeweiligen Besuchern ein deutlicher Anreiz zum Verbleib und zur Verfolgung der jeweiligen Sportereignisse, auf die gewettet werden könne, angeboten (vgl. auch die Planvorlage zum Bauantrag vom 22.12.2011 mit sieben TV-Geräten). Diese rechtliche Bewertung ist nicht zu beanstanden.

bb) Hiervon ausgehend stellte sich dem Verwaltungsgericht die weitergehende Frage, ob der abstrakte Begriff des „Wettbüros“ stets auch eine bestimmte Art einer in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlage i. S. d. § 1 Abs. 9 BauNVO umfasst, nicht. Das sieht auch der Kläger so, wenn er vorträgt, der Ausschluss eines Wettbüros wäre nach § 1 Abs. 5 BauNVO möglich, wenn es sich bei einem Wettbüro der beantragten Art um eine Vergnügungsstätte handeln würde. Gerade davon ist das Verwaltungsgericht aber ausgegangen. Es hat angenommen, dass das vom Kläger in seiner konkreten Ausgestaltung geplante Wettbüro eine Vergnügungsstätte ist. Diese rechtliche Bewertung trifft zu (vgl. vorstehend Doppelbuchst. aa und nachfolgend Nr. 4). Das Vorhaben widerspricht deshalb bereits der in Aussicht genommenen Festsetzung über den Ausschluss von Vergnügungsstätten nach Maßgabe des § 1 Abs. 5 und § 1 Abs. 6 BauNVO.

Aus der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Oktober 2005 (Az. 10 B 1600/05 - juris Rn. 4) folgt nichts anderes. Dieser Beschluss erschöpft sich in der Aussage, dass es einen einheitlichen Typus des „Wettbüros“ nicht gebe, weil es sich in verschiedenen Formen betreiben lasse (vgl. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris Rn. 4). Dies hindert aber nicht die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass das Wettbüro des Klägers in seiner konkreten Ausgestaltung als Vergnügungsstätte betrieben wird.

4. Die (weitere) Kritik des Klägers an der tatrichterlichen Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass das Vorhaben des Klägers ein Wettbüro in Form einer Vergnügungsstätte darstelle, führt weder zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

a) Das Verwaltungsgericht hat sich eingehend mit der obergerichtlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt und ist angesichts der im Ortstermin getroffenen Feststellungen (vgl. auch Darstellungen in den Bauvorlagen) davon ausgegangen, dass das Wettbüro des Klägers keine bloße Verkaufsstelle umfasse. Vielmehr werde den Besuchern ein deutlicher Anreiz zum Verbleib und zur Verfolgung der jeweiligen Sportereignisse, auf die gewettet werden könne, angeboten (Rn. 46 d. UA). Diese rechtliche Bewertung ist, wie bereits ausgeführt wurde, nicht zu beanstanden.

b) Die Ausführungen des Verwaltungsgericht zum „Reiz des Besuchs eines Wettbüros“, die nach Auffassung des Klägers die Frage aufwerfen würden, woher das Gericht seine Erkenntnisse beziehe, enthalten ein wörtliches Zitat der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (B. v. 20.6.2006 - 9 K 790/06 - juris Rn. 8 m. w. N.; ebs. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69: „Vielmehr macht es den Reiz des Besuchs eines Wettbüros aus, dort sich aufzuhalten, um sich nach Möglichkeit mit anderen auszutauschen und in der Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer als angenehm empfundenen Weise zu verweilen und gemeinsam vor Monitoren oder einem Beamer dem Wettereignis ‚entgegenzufiebern‘ „), dessen Aussagegehalt sich das Verwaltungsgericht zu Eigen macht. Anders als der Kläger meint, bedarf es weder wissenschaftlicher Untersuchungen noch besonderer soziologischer und psychologischer Kenntnisse, um aus der Zweckbestimmung und Ausstattung des Wettbüros auf seinen Charakter als Vergnügungsstätte zu schließen. Wettbüros sind allgemein Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.). So liegt es auch hier. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass die Ausstattung des Wettbüros mit Sitzgruppen, Fernsehgeräten und Getränkeautomaten darauf gerichtet ist, den Kunden ein möglichst angenehmes Verweilen im Wettbüro zu ermöglichen, um sich nach Möglichkeit mit anderen auszutauschen und die Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer - von diesen - als angenehm empfundenen Weise und Umgebung zu nutzen.

c) Der Vortrag, die Abgrenzung eines verhältnismäßig neuen Typus eines Gewerbebetriebs sui generis von dem speziell geregelten Gewerbetyp Vergnügungsstätte könne nur mit Blick auf die nachteiligen städtebaulichen Folgen einer Vergnügungsstätte im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfolgen, führt nicht zur Zulassung der Berufung.

aa) Soweit auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 2006 (Az. 4 B 56/06 - ZfBR 2007, 270) hingewiesen wird, ist nicht zu sehen, dass das Verwaltungsgericht hiervon abgewichen wäre. Zu den negativen städtebaulichen Auswirkungen von Vergnügungsstätten gehört danach zwar insbesondere der Lärm. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, gewerbliche Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung, der Zerstreuung, dem geselligen Beisammensein oder der Bedienung der Spielleidenschaft und der erotisch/sexuellen Interessen der Menschen dienen (vgl. z. B. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Auflage 2014, § 7 Rn. 17 m. w. N.), wären unabhängig von ihrer Ausrichtung dann keine Vergnügungsstätten mehr, wenn von ihnen keine beachtlichen Lärmwirkungen ausgingen. Auch der Betrieb von Spielhallen, die lediglich Geldspielgeräte vorhalten, führt nicht per se zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen in der Nachbarschaft, wenngleich der in der Regel größere Einzugsbereich derartiger Nutzungen und die gegenüber Ladengeschäften längeren Öffnungszeiten insbesondere in den Nachtstunden regelmäßig auch Lärmbeeinträchtigungen auslösen können. Losgelöst von etwaigen Lärmwirkungen entspricht es darüber hinaus einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung im Sinn eines Trading-Down-Effekts auswirken können (vgl. BVerwG, B. v. 4.9.2008 - 4 BN 9/08 - BauR 2009, 76 = juris Rn. 8). So liegt es nach der Begründung zum Aufstellungsbeschluss der Beklagten hier, deren wesentlichen Inhalt das Verwaltungsgericht zutreffend wiedergibt (Rn. 42 d. UA).

bb) Der nach Auffassung des Klägers zu gewinnende Eindruck aus der Betriebsbeschreibung durch das Verwaltungsgericht als eine Art „Lounge“ lässt nicht erkennen, weshalb das Wettbüro des Klägers kein städtebaulich nachteiliges Störpotential aufweist.

Das Verwaltungsgericht hat darauf abgestellt, dass das Wettbüro in der vom Kläger betriebenen Art, den Spielhallen vergleichbar, eine Vergnügungsstätte ist. Das trifft zu. Sein städtebauliches Störpotential liegt jedenfalls in dem von der Beklagten befürchteten Trading-Down-Effekt im Bereich des überwiegend von Wohnen geprägten Mischgebiets entlang der W.-straße, der auch nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts durch eine zunehmende Ansiedlung von Vergnügungsstätten und Wettbüros betroffen ist.

5. Der vom Kläger behaupteten Abgrenzungsproblematik, „ob ein Wettbüro unter welchen Umständen seiner konkreten Ausgestaltung eventuell eine Vergnügungsstätte darstellt“, musste hier nicht nachgegangen werden, weil die konkrete Ausgestaltung des gegenständlichen Vorhabens - nach den vorstehenden Ausführungen - keine ernstlichen Zweifel an seiner Eigenschaft als Vergnügungsstätte entstehen lässt (ebs. BayVGH, B. v. 25.4.2013 - 15 ZB 13.274 - juris). Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO haben sich insoweit nicht ergeben.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind (vgl. zur Gleichstellung von Wettbüros und Spielhallen bei der Streitwertbemessung OVG Berlin-Bbg, B. v. 11.9.2014 - 10 S 8.13 - NVwZ-RR 2015, 90 = juris Rn. 21 m. w. N.).

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung (§§ 124, 124a Abs. 4 VwGO) hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof teilt im Ergebnis die Auffassung des Erstgerichts, dass die gegenüber der Klägerin ergangene Nutzungsuntersagung einschließlich des angedrohten Zwangsgelds diese nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Nutzungsuntersagung im Bescheid vom 13. Januar 2014 ist Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann die Nutzung einer baulichen Anlage untersagt werden, wenn die Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird. Nach ganz herrschender Meinung (vgl. dazu Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 282 m. w. N.) ist für eine Nutzungsuntersagung die formelle Illegalität ausreichend, d. h. eine Nutzung ohne die erforderliche Baugenehmigung. Da die Nutzungsuntersagung - insofern der Baueinstellung (Art. 75 Abs. 1 BayBO) entsprechend - in erster Linie die Funktion hat, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, muss folglich grundsätzlich nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften über die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2007 - 1 CS 07.1253 - juris; B.v. 12.12.2011 - 2 ZB 11.873 - juris, B.v. 18.6.2012 - 2 CS 12.1100 - juris).

Unstreitig existierte vorliegend lediglich eine Baugenehmigung für ein Sonnenstudio. Zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung am 13. Januar 2014 waren in dem ca. 122 qm großen Hauptraum neun Tische mit ca. 60 Sitzplätzen vorhanden. Außerdem gab es an den Wänden ca. 30 Flachbildschirme, auf denen teilweise live Sportevents übertragen wurden. Damit entsprach die vorgefundene Betriebsform des Wettbüros der einer Vergnügungsstätte, da hier die Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten animiert werden sollten, sich dort länger aufzuhalten, um im geselligen Beisammensein Wetten abzuschließen (vgl. OVG RhPf, B.v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635; HessVGH, B.v. 25.8.2008 - 3 ZU 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 72), was die Klägerin auch nicht bestreitet. Diese Definition des Begriffs „Wettbüro als Vergnügungsstätte“ ist in der Rechtsprechung anerkannt.

Die Nutzungsuntersagung vom 13. Januar 2014 genügt insoweit auch den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots nach Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Der Tenor spricht ausdrücklich davon, dass die „Nutzung als Wettbüro“ zu unterlassen ist. In den Gründen des Bescheids wird zudem angeführt, dass „die Nutzung … über eine reine Wettannahmestelle hinaus(geht) und … als Vergnügungsstätte einzustufen(ist).“ Der Betrieb sei darauf ausgerichtet, dass die Unterhaltung im Vordergrund stehe und die Kunden würden zum Verweilen animiert. Es werde der Spieltrieb angesprochen, insoweit als die Kunden dem Ausgang der Sportwettkämpfe gleichsam entgegenfiebern könnten. Dies entspricht der oben genannten Definition eines Wettbüros als Vergnügungsstätte durch die Rechtsprechung.

Die vom Erstgericht darüber hinaus angenommene Ausdehnung der Nutzungsuntersagung vom 13. Januar 2014 auch auf eine reine Wettannahmestelle findet hingegen im Bescheid gerade keinen Niederschlag, da dieser ausdrücklich davon spricht, dass die derzeitige Nutzung über eine reine Wettannahmestelle hinausgeht. Zwar wäre auch eine reine Wettannahmestelle nicht von der Bandbreite der Nutzungen des bis dahin genehmigten Sonnenstudios erfasst, so dass auch insoweit eine Nutzungsuntersagung wegen formeller Illegalität grundsätzlich möglich gewesen wäre. Die Interpretation des Bescheids vom 13. Januar 2014 durch das Erstgericht geht hier über den Willen der Beklagten hinaus, jedoch bleibt die Entscheidung des Erstgerichts im Ergebnis richtig. Denn das Erstgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Nutzung als Wettbüro in Form einer Vergnügungsstätte durch den angegriffenen Bescheid untersagt worden ist.

Die Nutzungsuntersagung vom 13. Januar 2014 verhält sich nicht zu der Frage, ob eine Reduzierung des Betriebs von dem eines Wettbüros, welches als Vergnügungsstätte einzustufen wäre, auf eine reine Wettannahmestelle möglich wäre. Denn eine reine Wettannahmestelle war zum Zeitpunkt der Nutzungsuntersagung weder ausgeübt noch genehmigt.

Ein verständiger Adressat konnte aus dem Zusammenspiel von Tenor und Gründen des Bescheids vom 13. Januar 2014 eindeutig erkennen, dass die Nutzung als Wettbüro in der Form einer Vergnügungsstätte zu unterlassen war. Die Frage, ob eine Reduzierung auf den Betrieb einer Wettannahmestelle möglich gewesen wäre, wäre mit der Beklagten gesondert abzustimmen gewesen. Da auch eine reine Wettannahmestelle nicht mehr dem Nutzungsspektrum eines Sonnenstudios entsprach, wäre auch für diese Nutzung ein Baugenehmigungsverfahren erforderlich gewesen, was zwischenzeitlich durchgeführt wurde. Mit Bescheid vom 12. März 2015 wurde eine Wettannahmestelle genehmigt.

Die Beklagte hat im Bescheid vom 13. Januar 2014 ihr Ermessen im Hinblick auf die Nutzungsuntersagung eines Wettbüros in Form einer Vergnügungsstätte ausgeübt. Die Frage der Genehmigungsfähigkeit einer reinen Wettannahmestelle stellte sich zu diesem Zeitpunkt nicht, denn die Nutzung als solche sollte durch den Bescheid nicht untersagt werden. Entsprechend liegt insoweit auch kein Ermessensfehler vor.

2. Die Rechtssache weist keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), denn sie verursacht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine größeren, d. h. überdurchschnittlichen, das normale Maß nicht unerheblich übersteigenden Schwierigkeiten und es handelt sich nicht um einen besonders unübersichtlichen oder kontroversen Sachverhalt, bei dem noch nicht abzusehen ist, zu welchem Ergebnis ein künftiges Berufungsverfahren führen wird. Vielmehr ist der Rechtsstreit im tatsächlichen Bereich überschaubar und die entscheidungserheblichen rechtlichen Fragen, insbesondere die Abgrenzung eines Wettbüros als Vergnügungsstätte von einer reinen Wettannahmestelle, sind durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1. verwiesen.

3. Es liegen zudem keine Verfahrensmängel vor, auf denen die Entscheidung des Erstgerichts beruht (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Die Klägerin beruft sich auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG). Insoweit trägt sie vor, in der Formulierung des Erstgerichts

„Demgegenüber wird aus der Verwendung des Begriffs „Wettbüro“ jedem verständigen Adressaten klar, dass in den Räumlichkeiten ohne Genehmigung ein Geschäftsbetrieb zur Annahme von Wetten nicht betrieben werden darf.“

liege eine den Unterzeichner persönlich herabsetzende Sachverhaltswürdigung vor, mit der nicht zu rechnen gewesen sei. Er hätte ein Sachverständigengutachten zur Verwendung des Begriffs „Wettbüro“ beantragt, hätte er gewusst, dass das Erstgericht den Begriff „Wettbüro“ auf jedwede Form der Wettvermittlung beziehe.

Zum Anspruch auf rechtliches Gehör gehört es, dass der Beteiligte Gelegenheit hat, das aus seiner Sicht für seine Rechtsverfolgung oder -verteidigung Notwendige sowohl im Tatsächlichen als auch im Rechtlichen vorzutragen. Insoweit war die Klägerin in keiner Weise eingeschränkt und hat vielmehr umfangreich zu den Begriffen „Wettbüro“ und „Wettannahmestelle“ in der Klagebegründung Ausführungen getätigt. Bei der vom Erstgericht vorgenommenen Wertung handelt es sich zudem um Ausführungen zu einer reinen Rechtsfrage, die einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich gewesen wäre. Die Rechtsfrage der Definition eines Wettbüros als Vergnügungsstätte ist zudem hinreichend obergerichtlich geklärt (vgl. OVG RhPf, B.v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635; HessVGH, B.v. 25.8.2008 - 3 ZU 2566/07 - NVwZ-RR 2009, 72). Eine eventuell falsche rechtliche Auslegung durch das Erstgericht stellte jedoch keinen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör dar. Die Frage als solche wurde umfangreich von den Beteiligten schriftsätzlich vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung diskutiert, so dass auch nicht eine Überraschungsentscheidung vorliegt, mit der die Klägerin nicht rechnen konnte.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 20. Oktober 2006 - 9 K 790/06 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässigen Beschwerden haben keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, auf Antrag der Antragsteller die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die baurechtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 20.02.2006 wiederherzustellen, mit der ihnen unter Anordnung des Sofortvollzugs die Nutzung der gemieteten Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Gebäudes ... als Wettbüro untersagt wird. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die eingehende und überzeugende Begründung des angefochtenen Beschlusses verwiesen, die sich der Senat zu Eigen macht (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die von den Antragstellern mit der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass zur Änderung des angefochtenen Beschlusses.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Nutzugsuntersagung aller Voraussicht nach rechtmäßig, weil das Wettbüro als Vergnügungsstätte betrieben werde, obwohl der Bebauungsplan „Marktplatz/Innenstadt II“ vom 15.12.2005 eine solche ausschließe. Wettbüros seien im Allgemeinen nicht nur darauf ausgerichtet, dass die Wette eingereicht und ein eventueller Gewinn kassiert werde, wie das etwa bei Toto-Lotto-Annahmestellen in Ladengeschäften der Fall sei. Vielmehr würden Wettbüros gerade auch dazu aufgesucht, um sich dort bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses laufender Wetten zu unterhalten und die Zeit auf angenehme Weise zu verbringen. Sie lockten damit - ähnlich wie Spielhallen - ein auf Unterhaltung und Zeitvertreib ausgerichtetes Publikum an. Dass auch das Wettbüro der Antragsteller diesen „Vergnügungscharakter“ aufweise, zeigten die Fotos der Räumlichkeiten in der Bauakte, die Aufschluss über deren Ausstattung gäben. Danach sei ein großer Bildschirm vorhanden, auf dem etwa Fußballspiele oder Pferderennen verfolgt werden könnten, sowie mindestens ein Spielgerät. Außerdem gebe es verschiedene Tische und Stühle und einen Tresen.
Die Antragsteller greifen die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht an, wonach Wettbüros dann Vergnügungsstätten sind, wenn sie nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen, sondern zu einem wesentlichen Teil auch zur Unterhaltung und zum Spiel in der Zeit bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses aktueller Wetten bieten (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 28.11.2006 - 3 S 2377/06 -, m.w.N. [juris]; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.1994 - 11 A 3309/92 -, BRS 56 Nr. 137; VG Minden, Beschluss vom 10.02.2006 - 1 L 69/06 - [juris]). Sie stellen auch nicht die Feststellung des Verwaltungsgerichts in Abrede, dass es sich bei ihrem Wettbüro mit der sich aus den Fotos in der Bauakte ergebenden Ausstattung um eine solche - den bauplanerischen Festsetzungen widersprechende - Vergnügungsstätte handle. Mit der Beschwerde machen sie vielmehr geltend, diese Ausstattung sei inzwischen so verändert worden, dass das Wettbüro einer Toto-Lotto-Annahmestelle ohne Unterhaltungscharakter vergleichbar sei. Tische und Stühle sowie der Bildschirm seien entfernt worden. Es gebe lediglich noch vier hohe Tische im Raum, die Besuchern als Schreibunterlagen dienten. Der Verkauf von Erfrischungsgetränken sei eingestellt worden. Der noch verbliebene Tresen diene nur dazu, die Wetten entgegen zu nehmen. Auf die Erwiderung der Antragsgegnerin, bei einem Ortstermin am 30.11.2006 sei festgestellt worden, dass zwar der große Flachbildschirm entfernt worden sei, jedoch nach wie vor zwei Bildschirme vorhanden seien, auf denen sich das aktuelle Wettgeschehen (aktuelle Gewinnquoten der laufenden Wetten) verfolgen lasse, und dass ferner Gewinnspielautomaten, ein Getränkeautomat und eine Kaffeemaschine installiert seien, erklärten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 20.12.2006, dass ein Getränkeausschank nicht mehr stattfinde und der auf der Theke befindliche Bildschirm nur noch die Ergebnisse von Hunderennen - ohne Übertragung des Rennens selbst - zeige. Daneben seien nur noch drei PC’s für die Internetnutzung sowie drei Spielautomaten vorhanden, die nur der Unterhaltung dienten, aber keine Glücksspiele zuließen. Mit Ausnahme der Stühle zur Internet- und Automatenbenutzung seien keine weiteren Stühle mehr vorhanden; die Kunden, die eine Sportwette abgeben wollten, könnten die Wettscheine an den Stehtischen ausfüllen.
Dieses Vorbringen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Einschätzung des Charakters des Wettbüros als Vergnügungsstätte. Dies gilt auch dann, wenn davon abgesehen wird, die Antragsteller hinsichtlich der erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist vorgebrachten neuen Tatsachen zu einer - nochmaligen - Veränderung der Ausstattung des Wettbüros auf einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO zu verweisen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. vom 8.6.2006 - 11 S 2135/05 -, NVwZ-RR 2006, 849). Denn es ist nicht erkennbar, dass das Wettbüro infolge dieser Veränderungen bei der Ausstattung seinen Unterhaltungscharakter verloren hat. Während das Verwaltungsgericht nur von (mindestens) einem Spielgerät ausgegangen ist, sind nunmehr nach Angaben der Antragsteller selbst drei Spielgeräte vorhanden. Diese dienen der Befriedigung der Spielleidenschaft auch dann, wenn sie keine Gewinnmöglichkeiten bieten. Hinzu kommt, dass auch die drei PC´s zu Spielzwecken genutzt werden können (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 09.03.2005  - 6 C 11.04 -, DVBl. 2005, 1256: Internet-Café als Spielhalle); die Antragsteller haben nicht dargetan, welche Funktion diese Geräte sonst haben sollten. Ihr Wettbüro ist mithin nach wie vor wesentlich darauf ausgerichtet, dem „Wettpublikum“ Gelegenheit zu Spiel und Unterhaltung zu geben. Nach dem Maßstab, den das Verwaltungsgericht zur Einordnung von Wettbüros als Vergnügungsstätten angewandt und den die Antragsteller nicht mit der Beschwerde angegriffen haben, sprechen allein die zwischenzeitlich vorgenommenen Veränderungen bei der Ausstattung nicht dagegen, das Wettbüro der Antragsteller nach wie vor als Vergnügungsstätte zu qualifizieren.
Unabhängig davon ist die Nutzungsuntersagung hier aller Voraussicht nach (auch) deshalb rechtmäßig, weil die Antragsteller noch keine konkrete Beschreibung der geplanten Nutzung vorgelegt und deren Genehmigung beantragt haben. Eine genehmigungsbedürftige bauliche Nutzung, deren Genehmigungsfähigkeit nicht ohne weiteres, sondern erst aufgrund weiterer Ermittlungen festgestellt werden kann, darf gemäß § 65 Satz 2 LBO wegen formeller Baurechtswidrigkeit vorläufig bis zur endgültigen Klärung der Zulässigkeit der Nutzung im Baugenehmigungsverfahren untersagt werden. Mit dieser Zielrichtung erfüllt die vorläufige Nutzungsuntersagung dieselben Aufgaben, wie sie der Baueinstellung zukommt. Sie verschafft der gesetzlich vorgeschriebenen Präventivkontrolle Geltung und verhindert, dass der rechtsuntreue Bürger Nutzungsvorteile gegenüber den Bürgern erhält, die das Genehmigungsverfahren betreiben. Diese öffentlichen Belange überwiegen das private Nutzungsinteresse, weil im Unterschied zur endgültigen Nutzungsuntersagung keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.07.1991 - 3 S 1777/91 -, VGH BW-Ls, Beilage 10, B 3 und Urteil vom 22.09.1989 - 5 S 3086/88 -, NVwZ 1990, 480; Sauter, LBO, 3. Aufl., § 65 RdNr. 100 ff.; vgl. auch Beschluss des Senats vom 22.01.1996 - 8 S 2964/95 -, VBlBW 1996, 300 und VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.07.2002 - 5 S 149/01 -, ESVGH 53, 30 zur Voraussetzung materieller Illegalität bei endgültiger Nutzungsuntersagung). Eine solche vorläufige Nutzungsuntersagung ist zur Sicherung der oben genannten öffentlichen Belange auch in aller Regel für sofort vollziehbar zu erklären (vgl. Beschl. des Senats vom 10.02.2005 - 8 S 2834/04 -, VBlBW 2005, 238 zum Sofortvollzug von Baueinstellungen).
Diesen Anforderungen dürfte die Nutzungsuntersagung hier genügen. Es spricht alles dafür, dass die vorgesehene Nutzung der Räume im Erdgeschoss des Gebäudes ... als Wettbüro eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung darstellt. Sie ist nicht von der Baugenehmigung vom 14.02.1979 gedeckt, welche die Nutzung der Räumlichkeiten als Ladengeschäft (Bäckerei) zulässt. Die Annahme von Sportwetten und das vorgesehene Unterhaltungs- und Spielangebot überschreitet die Variationsbreite eines typischen Ladengeschäfts. Für diese andersartige Nutzung gelten weitergehende oder jedenfalls andere baurechtliche Anforderungen als für ein Bäckereigeschäft (§ 50 Abs. 2 Nr. 1 LBO). Sie wirft etwa die Frage der notwendigen Stellplätze im Sinne des § 37 Abs. 2 LBO neu auf (vgl. VV-Stellplätze, B, Ziffern 3.1 und 6.3: Spielhallen lösen einen höheren Stellplatzbedarf aus als Verkaufsstätten bis 700 m²). Außerdem zielt das Wettbüro der Antragsteller auf ein anderes Publikum als ein Ladengeschäft, in dem Lebensmittel verkauft werden. Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zu Recht angenommen, dass eine Nutzung, die - wie hier - allein der Befriedigung der Spiel- und Wettleidenschaft dient, geeignet ist, bodenrechtliche Spannungen mit Blick auf eine Verschlechterung der Gebietsqualität („Trading-down-Effekt“) auszulösen. Die Nutzungsänderung ist folglich genehmigungspflichtig. Ihre Genehmigungsfähigkeit kann auch nicht ohne weitere Ermittlungen bejaht werden, so dass eine Präventivkontrolle nicht verzichtbar ist. Die Zulässigkeit des Wettbüros kann hier schon deshalb nicht abschließend beurteilt werden, weil sie wesentlich von der konkreten Ausgestaltung der Räumlichkeiten abhängt und die Antragsteller der Baurechtsbehörde bislang - trotz Aufforderung - keine detaillierte Beschreibung ihres Vorhabens vorgelegt haben. Wie das Beschwerdeverfahren gezeigt hat, kann die Ausstattung des Wettbüros jederzeit ohne größeren Aufwand verändert werden. Der verbindlichen Klärung der baurechtlichen Situation im Baugenehmigungsverfahren auf der Grundlage konkreter Angaben zur beabsichtigten Nutzung kommt hier also besondere Bedeutung zu. Schließlich hat die Antragsgegnerin die Nutzungsuntersagung auch ausdrücklich darauf gestützt, dass die Antragsteller noch keine konkrete Beschreibung der geplanten Nutzung zur Prüfung vorgelegt hätten. Es handelt sich somit nicht um eine endgültige, sondern um eine vorläufige, an die Klärung der Zulässigkeit der Nutzung in einem Baugenehmigungsverfahren gekoppelte Nutzungsuntersagung. Die Antragsteller können sich demgegenüber nicht auf ein überwiegendes Nutzungsinteresse berufen. Sie haben hier nicht nur ohne die erforderliche Genehmigung eine Nutzung aufgenommen, deren Zulässigkeit nur auf der Grundlage weiterer Ermittlungen beurteilt und festgestellt werden kann, sondern eine solche Prüfung von vornherein dadurch verhindert, dass sie der Baurechtsbehörde keine prüffähige Beschreibung ihres Vorhabens vorlegen. Das Angebot der Antragsteller gegenüber der Baurechtsbehörde, eine Baulast zu übernehmen, um die rechtmäßige Nutzung sicherzustellen, ist schon deshalb untauglich, weil sie nicht Grundstückseigentümer sind (vgl. § 71 Abs. 1 LBO).
Der am 02.02.2007 per Fax eingegangene Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 29.01.2007 gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Einschätzung der Sach- und Rechtslage.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung folgt aus den §§ 63 Abs. 3, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 9 K 14.00663

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 21. Oktober 2015

9. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0920

Hauptpunkte:

Verpflichtungsklage auf Baugenehmigung zur Nutzungsänderung als Wettbüro

Betriebliche Einheit eines Wettbüros mit Vereinslokal

Kerngebietstypische Vergnügungsstätte wegen erhöhter Attraktivität des Wettbüros in Verbindung mit Gaststätte

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

... Rechtsamt vertreten durch den Oberbürgermeister ...

- Beklagte -

wegen Baurechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Kroh die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Engelhardt-Blum die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Wendelin und durch die ehrenamtliche Richterin ...die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Oktober 2015 am 21. Oktober 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu Wettbüro und wendet sich gegen die ausgesprochene Nutzungsuntersagung zur Nutzung der Gesamtfläche als Wettbüro.

Dem Kläger wurde mit Baugenehmigungsbescheid vom 17. März 2010 und Tekturgenehmigung vom 19. Mai 2010 für die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens ..., ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., die Nutzungsänderung von Laden zu Vereinsheim bzw. Vereinslokal des ... auf einer Nutzfläche von 143,27 qm bauaufsichtlich genehmigt. Das Vorhabensgrundstück ... liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans Nr. ..., der keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält. Im Rahmen einer Ortseinsicht durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten im Dezember 2012 wurde festgestellt, dass die als Vereinslokal genehmigten Räumlichkeiten durch den Kläger als Wettbüro genutzt werden. An den Schaufenstern und an der Eingangstüre wurden Werbeanlagen in Form von Beklebungen mit der Aufschrift... und ...Öffnungszeiten Mo - Fr 11:00 Uhr bis :00 Uhr, Sa bis So 10:00 Uhr bis :00 Uhr“ angebracht. Im Wettbüro waren mehrere PC-Terminals, Tische und Stühle sowie Stehtische und ein Kassenbereich vorhanden. An den Wänden wurden mehrere Flachbildschirme vorgefunden. An den Tischen und Stehtischen lagen Wettscheine aus.

Mit Schreiben vom 4. Februar 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Nutzung als Wettbüro genehmigungspflichtig, jedoch nicht genehmigungsfähig sei. Er wurde aufgefordert, die Wettbüronutzung bis zum 31. März 2013 aufzulassen.

Am 4. Februar 2013 beantragte der Kläger für eine Teilfläche des Vereinslokals die Nutzungsänderung als Wettbüro. Laut Baubeschreibung soll auf einer Teilfläche von 22,43 qm eine Nutzung als Wettbüro zugeführt werden. Einen insoweit ergänzenden Bauantrag für das Vorhaben „Verkleinerung des Vereinslokals mit neuer Zugangssituation“ stellte am 6. Februar 2013 ...

Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass das von ihm beantragte Bauvorhaben voraussichtlich nicht genehmigungsfähig sei. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb von vier Wochen zum Sachverhalt Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, die Nutzung als Wettbüro aufzulassen. Unter Beantragung der Verlängerung der Anhörungsfrist bis zum 30. September 2013 teilte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 30. September 2013 mit, dass es sich bei dem Vorhaben nicht um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die in der überwiegend durch gewerbliche Nutzung als Mischgebiet geprägten Umgebungsbebauung zulässig sei. Bei dem geplanten Wettbüro könne nicht von einer betrieblichen Einheit mit dem bestehenden Vereinslokal ausgegangen werden. Das Wettbüro werde räumlich abgetrennt und verfüge über einen eigenen Eingang. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

Mit Schreiben vom 22. März 2013 und 8. April 2013 gingen Beschwerden der umliegenden Gewerbetreibenden wegen Beeinträchtigungen durch den Betrieb des Wettbüros bei der Beklagten ein.

Im Rahmen einer Ortseinsicht am 26. März 2014 durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten wurde festgestellt, dass das Wettbüro in bisheriger Form weiterhin betrieben wird. Es seien lediglich neue Werbeanlagen in Form von zwei Schaufensterbeklebungen mit dem Schriftzug „Sportwetten, Live Wetten, Bundesliga live soccerhome“ und einer Beklebung an der Eingangstüre mit dem Schriftzug „...Öffnungszeiten Mo - Fr 11.00 Uhr bis 22.30 Uhr/Sa - So 10.00 Uhr bis 22.30 Uhr“ angebracht.

Mit Bescheid vom 27. März 2014 versagte die Beklagte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu Wettbüro und untersagte die Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens ... als Wettbüro innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheides. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht. Zur Begründung wird ausgeführt, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richte sich nach § 34 BauGB. Aufgrund der vorhandenen Bebauungs- und Nutzungsstruktur sei von einem Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO auszugehen. Die maßgebende Bezugsumgebung bestehe aus der vorhandenen Bebauung des Bauquartiers, welches durch die ..., die ..., die ... und die ... begrenzt werde. Gekennzeichnet sei dieses Bauquartier durch überwiegend geschlossene Blockrandbebauung mit bis zu fünf Geschossen. Es handele sich um insgesamt 23 Gebäude inklusive Nebengebäuden, von denen 11 Anwesen ab dem Erdgeschoss und damit komplett dem Wohnen dienten. Sieben der weiteren Anwesen verfügten über erdgeschossige Nutzungen, die in einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO allgemein zulässig seien (Asia-Laden, Friseurladen, Cafes, Bank, Immobilienmakler). Zwei der weiteren Anwesen verfügten über erdgeschossige Nutzungen, die in einem Mischgebiet gemäß § 6

BauNVO allgemein zulässig seien (Ladengeschäft und Sanitätsfachgeschäft, jeweils gebietsübergreifend wirkend). Es blieben drei Gebäude, die überwiegend bzw. komplett gewerblich genutzt seien (Anwesen ...). Ohne diese Anwesen würde es sich bei dem Bauquartier nahezu um ein allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO handeln. Die räumliche Nähe des Vorhabensstandorts zu den gewerblich genutzten Grundstücken rechtfertige nicht die Einstufung als gewerblich geprägter Teil des Mischgebiets, weil sich am Vorhabensstandort selbst und auch in den benachbarten und direkt betroffenen Anwesen ab dem ersten Obergeschoss Wohnungen befänden. Dies bedeute, dass hier eine mischgebietstypische Durchmischung vorliege. Über das definierte Bauquartier hinaus habe die ...-straße aufgrund ihrer Dimensionierung, Begrünung und Funktion mit U-Bahnlinie eine trennende Wirkung. Die gegenüberliegende Straßenseite könne daher nicht für die Beurteilung der Gebietseinstufung herangezogen werden.

Das Wettbüro werde derzeit auf einer - als Vereinslokal genehmigten - Fläche von insgesamt 143,27 qm betrieben. Es sei eine Nutzungsänderung von einer Teilfläche mit ca. 22 qm als Wettbüro beantragt worden. Die restliche Fläche solle als Vereinslokal genutzt werden. Für das Wettbüro und das Vereinslokal sei ein gemeinsamer Eingangsbereich mit ca. 2,2 qm Fläche vorgesehen.

Bei dem ausgeführten Wettbüro auf einer Fläche von 143,27 qm und bei dem beantragten Vorhaben als Wettbüro auf einer Fläche von 22 qm im Zusammenhang mit dem Vereinslokal handele es sich um eine gewerbliche Nutzung, die als Vergnügungsstätte einzustufen sei. Aus der Betriebsbeschreibung zum beantragten Wettbüro vom 29. Januar 2013 sei ersichtlich, dass es sich nicht um ein Ladenlokal handele, da zum einen eine „gesellschaftliche Atmosphäre“, d. h. Aufenthaltsqualität, angestrebt werde, und zum anderen die Öffnungszeiten (täglich 10.00 Uhr bis 22.30 Uhr) keine üblichen Ladenöffnungszeiten darstellten. Vielmehr sei die Öffnungszeit fast deckungsgleich mit dem Vereinslokal (täglich 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr), aus dem die Fläche des Wettbüros herausgetrennt werden solle. Auch die an der Eingangstüre ersichtlichen tatsächlichen Öffnungszeiten (täglich 11.00 Uhr bzw. 10.00 Uhr bis 22.30 Uhr) seien mit denen des Vereinslokals fast identisch.

Nach der Betriebsbeschreibung des genehmigten Vereinslokals vom 12. April 2010 diene das Vereinslokal als Treffpunkt für die Mitglieder des ... e. V. Dieser veranstalte im Vereinslokal „bunte Abende, an denen Gesellschaftsspiele, Internetnutzung, gegenseitiger Kulturaustausch der Mitglieder, Dart-Turniere, Backgammon und Schachturniere und ähnliche Unternehmungen, die ausschließlich der Unterhaltung dienten, nicht jedoch Glücksspiele stattfinden“. Aufgrund der sich ergänzenden Betriebsbeschreibungen und dem gemeinsamen Eingang von der Straße aus sei von einer funktionalen Einheit des Vereinslokals mit dem Wettbüro auszugehen. Daran ändere auch ein wie im Tekturentwurf (Stand 30.9.2013) dargestelltes separates WC im Wettbüro nichts.

Bei der Fläche der Räumlichkeiten insgesamt handele es sich also um eine kerngebietstypische Größe, die im Mischgebiet nicht zulässig sei. Selbst wenn die funktionale Einheit nicht gegeben wäre, und eine Vergnügungsstätte im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vorläge, wäre sie nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO nicht zulässig, da hier keine gewerbliche Prägung des Gebietes vorliege. Eine Ausnahme im Sinne des § 6 Abs. 3 BauNVO könne gemäß § 15 BauNVO nicht zugelassen werden, da die Wohnnutzungen ab dem ersten Obergeschoss dadurch unzumutbaren Störungen und Belästigungen ausgesetzt würden.

Daher sei weder das beantragte noch das bereits ausgeführte Wettbüro planungsrechtlich zulässig. Die formell rechtswidrige Wettbüronutzung im Anwesen ... sei nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sie verstoße gegen § 34 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO, da ein als Vergnügungsstätte einzustufendes Wettbüro im mit Wohnnutzungen geprägten Teil eines Mischgebietes nicht zugelassen werden könne. Die Anordnung auf Nutzungseinstellung sei geeignet, erforderlich und angemessen. Auf andere, mildere Weise könne kein den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechender rechtmäßiger Zustand geschaffen werden. An der Beendigung der Nutzung bestehe ein öffentliches Interesse. Aus diesem Grund sei die Auflassung der Nutzung als Wettbüro angeordnet worden.

Gegen den am 31. März 2014 dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zugestellten Bescheid hat der Kläger mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 24. April 2014 am 28. April 2014 Klage mit dem Antrag, „die Beklagte unter Aufhebung ihres Versagungsbescheides vom 27.03.2014 (...) zu verpflichten, dem Kläger die von ihm beantragte Baugenehmigung zu erteilten“, erhoben. Zur Begründung wird auf die Stellungnahme im Anhörungsverfahren vom 30. September 2013 voll umfänglich verwiesen. Die deutlich weiträumiger zu betrachtende Umgebungsbebauung um das Anwesen ... sei überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt. Es werde bezweifelt, dass der ...-Str.“ aufgrund ihrer Dimensionierung, Begrünung und Funktion mit U-Bahnlinie eine trennende Wirkung“ zukomme. Nach klägerischer Auffassung müsse daher auch die gegenüberliegende Straßenseite für die Beurteilung der Gebietseinstufung herangezogen werden, weil entsprechend visuelle Wechselwirkungen zu dem Vorhabensgrundstück auch insoweit bestünden. Nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung (mit Verweis auf BVerwG, B. V. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287) erscheine es ebenso zweifelhaft, ob im vorliegenden Einzelfall von einer funktionalen Einheit des Vereinslokals mit dem Wettbüro auszugehen sei. Bedeutsam sei entgegen der Auffassung der Beklagten sehr wohl, dass gemäß Tekturentwurf ein WC im Wettbüro verfügbar wäre. Schließlich ergebe sich - hilfsweise - eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Wege einer Ausnahme im Sinne des § 6 Abs. 3 BauNVO. Das Vorhaben sei entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gemäß § 15 BauNVO unzumutbar. Dass die Wohnnutzungen ab dem ersten Obergeschoss durch das Vorhaben unzumutbaren Störungen und Belästigungen ausgesetzt würden, stelle eine bloße Behauptung der Beklagten dar. Nach alledem ergebe sich, dass der Kläger einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die von ihm begehrte Nutzungsänderung habe. Soweit dem Kläger daher eine Baugenehmigung zu erteilen sei, entfalle die im streitgegenständlichen Verfahrensbescheid unter 2. tenorierte Nutzungsuntersagung.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, wegen des gemeinsamen Eingangsbereiches von Vereinslokal und Wettbüro bilde nach Auffassung der Beklagten das Wettbüro mit dem Vereinslokal eine betriebliche Einheit. Als kerngebietstypische Vergnügungsstätte sei sie deshalb selbst bei Vorliegen eines faktischen Mischgebietes unzulässig. Nach Auffassung der Beklagten sei das Wettbüro aber auch als „kleines“ Wettbüro unzulässig, weil sich die nähere Umgebung (§ 34 BauGB) als allgemeines Wohngebiet darstelle. Mit der ebenfalls streitgegenständlichen Nutzungsuntersagung reagiere die Beklagte auf den nicht genehmigungsfähigen Betrieb eines Wettbüros auf einer Fläche von 143,27 qm.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Hinsichtlich der Ergebnisse des Augenscheins und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 21. Oktober 2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1.

Die zulässige Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu einem Wettbüro ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für das auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ... beabsichtigte Vorhaben „Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu Wettbüro“, er wird durch den streitgegenständlichen Bescheid nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Vorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO). Prüfungsmaßstab sind nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 bis 38 BauGB) sowie die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO. Die nach Art. 55 Abs. 1 i. V. m. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung (vgl. nachfolgend Nr. 1.1) hat nach der Art der Nutzung eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte zum Gegenstand (vgl. nachfolgend Nr. 1.2). In der als faktisches Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB, § 6 Abs. 1 BauNVO) zu qualifizierenden näheren Umgebung des Vorhabens ist eine solche Nutzung ihrer Art nach bauplanungsrechtlich unzulässig (vgl. nachfolgend Nr. 1.3).

1.1

Das Vorhaben des Klägers ist eine Nutzungsänderung, die gemäß Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO einer Baugenehmigung bedarf.

Voraussetzung einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung ist, dass durch die Verwirklichung eines Vorhabens im Wege einer neuen Zweckbestimmung die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen können als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt (vgl. BVerwG, U. V. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - NVwZ 2011, 748/749; BayVGH, U. V. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86; B. V. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris).

Die vom Kläger beabsichtigte Nutzung eines Teils des Erdgeschosses im Anwesen Fl.Nr. ... Gemarkung ...als Wettbüro bewegt sich ihrer Art nach ersichtlich nicht mehr im Rahmen der zuletzt mit Bescheid der Beklagten vom 17. März 2010 genehmigten Nutzung als Vereinslokal. Während es sich - unabhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung - bei der genehmigten Nutzung als Vereinslokal mit aufgestellten Spielgeräten um eine Schank- und Speisewirtschaft im planungsrechtlichen Sinn handelt, sind davon Wettbüros als Vergnügungsstätten oder sonstige Gewerbebetriebe in bodenrechtlicher Hinsicht zu unterscheiden. Für die unterschiedlichen Nutzungen kommen daher auch andere planungsrechtliche Anforderungen in Betracht. Die beabsichtigte Nutzungsänderung hat somit auch die für ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB erforderliche bodenrechtliche Relevanz (vgl. BVerwG, U. V. 31.8.1973 - IV C 33/71 - juris).

1.2

Das beantragte Bauvorhaben ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der baulichen und betrieblich-funktionalen Gesichtspunkte, als betriebliche Einheit mit der verbleibenden Fläche des Vereinslokals zu werten und stellt sich nach der Art der baulichen Nutzung daher als kerngebietstypische Vergnügungsstätte im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO dar.

Vergnügungsstätten sind gewerbliche Nutzungsarten, die in unterschiedlicher Weise unter Ansprache des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebs der kommerziellen Freizeitunterhaltung und der Zerstreuung dienen (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 7 Rn. 16; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 22). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln sind, wenn sie anders als bloße Wettannahmestellen wie für Lotto und Toto auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. V. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 ff.; BayVGH, B. V. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15 m. w. N.).

Kerngebietstypische Vergnügungsstätten sind solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, insbesondere weil sie einen größeren Einzugsbereich haben und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen (vgl. BVerwG, B. V. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8). Hinsichtlich der negativen städtebaulichen Auswirkungen von Vergnügungsstätten ist nicht nur auf die damit verbundenen Lärmbeeinträchtigungen abzustellen. Vielmehr entspricht es nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung auswirken können (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 22). Die Größe eines Betriebes gilt dabei als ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (vgl. BayVGH, B. V. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 15; BVerwG, B. V. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8). Zur Abgrenzung zu kerngebietstypischen Wettbüros kann wie bei Spielhallen die Größe der Nutzfläche als wesentlicher Anhaltspunkt dienen (vgl. Hornmann in Spannowsky/Hornmann/Kemper, Beck‘scher Online-Komm. BauNVO, Stand März 2015, § 4a Rn. 74). Für ein Kerngebiet typisch ist somit eine Vergnügungsstätte dann, wenn sie als zentraler Dienstleistungsbetrieb auf dem Unterhaltungssektor einen größeren Einzugsbereich hat und für ein größeres und allgemeineres Publikum erreichbar sein soll, wobei die Größe des Betriebs insoweit eine maßgebende Rolle spielt (vgl. Roeser, a. a. O., § 7 Rn. 17 m. w. N.). Die für die Kerngebietstypik maßgebliche Größe, der größere Einzugsbereich und das damit verbundene besondere städtebauliche Störpotential können sich auch durch die gesteigerte Attraktivität des Wettbüros unter Einbeziehung der unmittelbar benachbarten Gaststätte als betriebliche Einheit ergeben (vgl. BVerwG, B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - juris Rn. 4).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es zwar Sache des Bauherrn festzulegen, was Bestandteil seines zur Genehmigung gestellten Vorhabens sein soll, „soweit er sich dabei innerhalb der Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind“ (vgl. BVerwG, U. V. 27.4.1993 - 1 C 9/92 - juris Rn. 15). Dabei hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob eine Änderung einer zuvor einheitlichen Nutzung mehrere „selbstständige Nutzungseinheiten“ entstehen lässt, oder ob es sich bei etwaigen neugeschaffenen Nutzungseinheiten um Teile einer „betrieblichen Einheit“ handelt, die als ein einheitliches Vorhaben zu behandeln sind (vgl. BVerwG, a. a. O.; VG Stuttgart, U. V. 15.4.2014 - 5 K 1953/13 - juris). Für die Annahme einer betrieblichen Einheit genügt zwar nicht schon die Belegenheit unter einem Dach (vgl. BVerwG, U. V. 27.4.1993, a. a. O.; BayVGH, B. V. 12.12.2014 - 9 ZB 11.2567 - juris Rn. 11). Maßgeblich sind dabei bauliche und betrieblich-funktionale Gesichtspunkte, die für oder gegen einen selbstständigen Betrieb sprechen (vgl. BVerwG, U. V. 24.11.2005 - 4 C 8/05 - juris; BVerwG, B. V. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287). Dabei kann vor allem die durch die Betriebseinheit einer Vergnügungsstätte mit einer Gaststätte bewirkte größere Attraktivität von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, B. V. 29.10.1992, a. a. O.). Bei einer Belegenheit mehrerer Betriebe im selben Gebäude spricht schon die Zugänglichkeit über ein und denselben Eingangsbereich, die Verknüpfung und Ergänzung der jeweiligen Angebote, die sich bei einer natürlichen Betrachtungsweise insbesondere aus Kundensicht als verbunden darstellen, für die Einheitlichkeit der Nutzung (vgl. BayVGH, B. V. 12.12.2014 - 9 ZB 11.2567 - juris Rn. 11; VGH BW, B. V. 15.3.2013 - 8 S 2073/12 - juris Rn. 6). Aus Kundensicht maßgeblich ist insoweit nicht der Eingang in die jeweiligen Räume als vielmehr der gemeinsame Eingang in das Gebäude anzusehen (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2014, a. a. O. unter Verweis auf BVerwG, U. v. 27.1.1993 - 1 C 9/92 - juris Rn. 15). Für das Vorliegen eines einheitlich zu beurteilenden Vorhabens kann es überdies sprechen, wenn es wirtschaftlich uninteressant wäre, nur eine von mehreren beantragten Nutzflächen unabhängig von der anderen zu realisieren (vgl. VG Stuttgart, U. V. 15.4.2014 - 5 K 1953/13 - juris).

In Anwendung dieser Maßstäbe stellt sich das zur Genehmigung gestellte Vorhaben des Klägers sowohl räumlich als auch betrieblich-funktional als betriebliche Einheit mit dem verbleibenden Vereinslokal und somit als kerngebietstypische Vergnügungsstätte dar.

Der enge räumliche und betrieblich-funktionale Zusammenhang des zur Genehmigung gestellten Wettbüros mit dem verbleibenden Bereich des Vereinsheims führt bei der planungsrechtlichen Beurteilung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens zur Annahme einer betrieblichen Einheit. Nach den Planunterlagen soll das Wettbüro mit einer Fläche von 22,43 qm aus dem Vereinslokal räumlich abgetrennt und durch einen gemeinsamen Vorraum betreten werden. Ein räumlicher Zusammenhang ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass das Wettbüro gleichsam aus dem als Vereinslokal dienenden Raum herausgeschnitten werden soll und beide Nutzungen durch dieselbe Eingangstür von der Straße betreten werden können. Ein Besucher des Wettbüros kann aufgrund des gemeinsamen Vorraumes so mühelos in das Vereinslokal wechseln und umgekehrt. Wenn sich für die Kunden somit eine Möglichkeit zum wechselnden Aufenthalt in den einzelnen Räumlichkeiten ergibt, erhöht sich damit die Attraktivität des Standortes mit seinem Gesamtangebot, was insoweit ein Indiz für die Einheitlichkeit der Nutzung sein kann (vgl. BVerwG, B. V. 29.10.1992, a. a. O.).

Der betrieblich-funktionale Zusammenhang ergibt sich vorliegend entsprechend der Betriebsbeschreibungen aus parallelen bzw. ergänzenden Angeboten sowie nahezu identischen Öffnungszeiten: Nach der Betriebsbeschreibung für das streitgegenständliche Wettbüro sollen im Wettbüro den Kunden PCs mit Internetzugang zur Verfügung gestellt und auf Fernsehbildschirmen und einer Großprojektionsleinwand verschiedene Sportereignisse live übertragen werden. Dem Kunden solle es „in gesellschaftlicher Atmosphäre“ ermöglicht werden, „zeitgleich an diversen Sportereignissen wie z. B. Fußball, Boxen, Formel I usw. teilzuhaben“. Neben der Abgabe von Wettscheinen an der Kasse sollen Eingabegeräte für Live-Wetten zur Verfügung stehen. Nach der Betriebsbeschreibung des Vereinslokals sollen dort neben Internetnutzung Spiele wie Dart-Turniere, Backgammon- und Schachturniere und ähnliche Unternehmungen angeboten werden. Die Öffnungszeiten des Vereinslokals von Montag bis Sonntag jeweils von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr sind nahezu identisch mit den Öffnungszeiten des Wettbüros (Montag bis Sonntag von 10.00 Uhr bis 22.30 Uhr). Aus der Parallelität bzw. Ergänzung der jeweiligen Angebote ergibt sich auch ein betrieblich-funktionaler Zusammenhang. Sowohl das Wettbüro als auch das Vereinslokal sollen dem geselligen Beisammensein und dem gemeinsamen Spiel- und Sporterlebnis dienen. Das Wettbüro und das Vereinslokal ergänzen sich somit auch im Hinblick auf die im Wesentlichen gleichen Öffnungszeiten in geradezu idealer Weise.

Unter Berücksichtigung der baulichen und betrieblich-funktionalen Kriterien bilden das Wettbüro und das Vereinslokal bei der gebotenen objektiven Betrachtung einen einheitlichen Betrieb, der es ermöglicht, in einem Raum die gewünschten Wetten abzuschließen sowie in den unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten in geselliger Atmosphäre das Ergebnis der Wettspiele abzuwarten, um gegebenenfalls weitere Wetten abzugeben.

Aufgrund des engen räumlichen Zusammenhangs und der funktionalen Ergänzung mit dem Vereinslokal wird das Wettbüro als Vergnügungsstätte derart in seiner Attraktivität gesteigert, dass es infolge der Betriebseinheit als zentraler Dienstleistungsbetrieb mit einem größeren Einzugsbereich für ein größeres und allgemeines Publikum zu gelten hat und deshalb grundsätzlich nur in einem Kerngebiet zugelassen werden darf (vgl. BVerwG, B. V. 29.10.1992, a. a. O.). Das Wettbüro ist in Betriebseinheit mit dem Vereinslokal angesichts einer gesamten Grundfläche von 142,39 qm darauf angelegt, ein größeres und allgemeines Publikum aus einem weiteren Einzugsbereich anzusprechen. Unschädlich ist es dabei, dass das Vereinslokal nach dem Inhalt der Betriebsbeschreibung lediglich als Treffpunkt der Vereinsmitglieder dienen soll. Eine grundsätzlich öffentliche Zugänglichkeit von Räumlichkeiten ist kein Wesensmerkmal einer Vergnügungsstätte (vgl. VG Ansbach, U. V. 9.4.2014 - AN 9 K 13.01321 - juris Rn. 37 m. w. N.). Bodenrechtlich relevant ist vielmehr das Störpotential eines solchen Betriebs, das sich unter Berücksichtigung des betrieblich-funktionalen Zusammenhangs beider Nutzungseinheiten anhand der Gesamtgröße und des aufgrund der erhöhten Attraktivität ergebenden Publikumskreises ergibt.

1.3

Das klägerische Vorhaben ist als kerngebietstypische Vergnügungsstätte in der als faktisches Mischgebiet nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 1 BauNVO zu qualifizierenden näheren Umgebung des Vorhabens seiner Art nach bauplanungsrechtlich weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig.

Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach der Art der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der aufgrund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (Baunutzungsverordnung - BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).

Nach der Rechtsprechung ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U. V. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380; B. V. 13.5.2014 - 4 B 3813 - juris Rn. 7). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B. V. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris). Grundsätzlich gelten als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegenden Straßenseiten, soweit nach den Umständen des Einzelfalles einer öffentlichen Straße keine trennende Wirkung beizumessen ist (vgl. BayVGH, U. V. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20 m. w. N.).

Nach dem Ergebnis des Augenscheins und den in der Behördenakte enthaltenen Lageplänen kann der Bereich der wechselseitigen Prägung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung mit Blick auf die zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens (insbesondere Parkplatzsuchverkehr) und die vorhandenen baulichen Strukturen wie folgt bestimmt werden: Er umfasst die in ihrer Struktur aufeinander bezogene Blockrandbebauung entlang der...-straße zwischen ...-straße und ...-straße. Das prägende Bauquartier ist durch überwiegend geschlossene Blockrandbebauung mit bis zu fünf Geschossen gekennzeichnet. Es handelt sich um insgesamt 23 Gebäude inklusive Nebengebäuden, von denen elf Anwesen komplett dem Wohnen dienen. In sieben weiteren Anwesen finden sich im Erdgeschoss nicht störende gewerbliche Nutzungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO (Asia-Laden, Friseurläden, Cafe´s, Bank, Immobilienmakler). In zwei weiteren Anwesen finden sich im Erdgeschoss gebietsübergreifend wirkende gewerbliche Nutzungen (Ladengeschäft und Sanitätsgeschäft). Lediglich in den Anwesen ...-straße 40 und 42 findet sich eine komplette gewerbliche Nutzung. Im Übrigen ist die nähere Umgebung des Baugrundstücks zumindest ab den Obergeschossen durch Wohnnutzung geprägt. Abgesehen davon, dass der ... im maßgeblichen Bereich aufgrund der Vierspurigkeit und beidseitiger Radwegeführung der Fahrbahn, der Begrünung des Mittelstreifens und des im Mittelstreifen befindlichen U-Bahn-Abgangs wohl trennende Wirkung beizumessen ist, ist auch die gegenüberliegende Bebauung in den Obergeschossen augenscheinlich durch Wohnnutzung geprägt.

Die so einzugrenzende Umgebungsbebauung stellt sich nach der Art der vorhandenen Nutzung als ein faktisches Mischgebiet dar. Mischgebiete dienen gleichermaßen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Kennzeichnend für diesen Baugebietstyp ist somit eine Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und nicht störendem Gewerbe, mithin eine qualitative und quantitative Durchmischung der Hauptnutzungsarten (vgl. BVerwG, B. V. 11.4.1996 - 4 B 51/96 - juris Rn. 6). Im maßgebenden Bereich der ...-straße weist nahezu jedes der vier- bis fünfgeschossigen Gebäude im Erdgeschoss eine das Wohnen nicht wesentlich störende gewerbliche Nutzung und in den darüber liegenden Geschossen eine Wohnnutzung auf. Aufgrund der anzufindenden gewerblichen Nutzungen, die zumindest teilweise nicht überwiegend der Gebietsversorgung dienen, stellt sich die nähere Umgebung des Vorhabens als faktisches Mischgebiet dar. Für eine Einordnung der näheren Umgebung als (faktisches) Kerngebiet im Sinne von § 7 Abs. 1 BauNVO oder als (faktisches) Gewerbegebiet im Sinne von § 8 BauNVO fehlt es vorliegend bereits an einem Übergewicht der gewerblichen Nutzungen gegenüber der Wohnnutzung.

Das streitgegenständliche Vorhaben ist als kerngebietstypische Vergnügungsstätte in einem (faktischen) Mischgebiet aufgrund des damit einhergehenden Störpotentials weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig.

Da sich das streitgegenständliche Vorhaben somit bauplanungsrechtlich als unzulässig erweist, hat die Beklagte zu Recht die beantragte Baugenehmigung abgelehnt.

2.

Soweit der Klägervertreter seinen Klageantrag in der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 2015 auch auf die Aufhebung der mit Bescheid vom 27. März 2014 ausgesprochenen Nutzungsuntersagung richtet, bestehen insoweit bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage; sie ist jedenfalls unbegründet.

Der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers hat bei der Klageerhebung mit Schriftsatz vom 24. April 2014 den Klageantrag ausdrücklich auf die Aufhebung des „Versagungsbescheides“ und den entsprechenden Verpflichtungsantrag beschränkt. Im gesamten klägerischen Vorbringen wurden keine Ausführungen zu einer geltend gemachten Rechtswidrigkeit der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung gemacht.

Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Somit ist zwar der Wortlaut des schriftsätzlich vorgetragenen Klageantrages nicht einzig ausschlaggebend. Maßgeblich für den Umfang des Klagebegehrens ist vielmehr das aus dem gesamten Parteivorbringen erkennbare wirkliche Rechtsschutzziel (vgl. BVerwG, U. V. 3.7.1992 - 8 C 72/90 - juris).

Aufgrund der ausdrücklichen Beschränkung des schriftsätzlich erhobenen Klageantrages des anwaltlich vertretenen Klägers auf Aufhebung des Versagungsbescheids und Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung sowie den Ausführungen zur Klagebegründung ergeben sich Zweifel, ob die ausgesprochene Nutzungsuntersagung zum Streitgegenstand und damit rechtshängig gemacht wurde. Insoweit wäre die in der mündlichen Verhandlung beantragte Anfechtungsklage wegen versäumter Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO unzulässig.

Selbst wenn das Klagebegehren vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts, auf die Stellung sachdienlicher Anträge im wohl verstandenen klägerischen Interesse hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO) auf gleichzeitige Anfechtung der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung auszulegen wäre, ist die Klage jedenfalls insoweit unbegründet.

Die mit Bescheid vom 27. März 2014 ausgesprochene Untersagung der derzeitigen Nutzung der gesamten Räumlichkeiten als Wettbüro erweist sich als rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann, wenn eine Anlage in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird, diese Nutzung untersagt werden. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO, der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor, wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (vgl. BayVGH, B. V. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5). Denn die Nutzungsuntersagung hat insoweit die Funktion, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, ohne dass geprüft werden müsste, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B. V. 23.4.2015, a. a. O.).

Die derzeitige Nutzung der Räumlichkeiten als Wettbüro auf einer Fläche von 143 qm stellt sich - wie ausgeführt - als kerngebietstypische Vergnügungsstätte dar, die in der als faktisches Mischgebiet zu wertenden Umgebungsbebauung weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig ist (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Die ausgeübte und untersagte Nutzung als Wettbüro ist somit nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; die Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG). Das der Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH, U. V. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen, mit der die ihr obliegende Aufgabe, für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen, möglichst effektiv erfüllt wird. Sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vorliegen, muss in der Regel nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, B. V. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 20; BayVGH, U. V. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35; sogenanntes „intendiertes Ermessen“: Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Februar 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.).

Auch die Inanspruchnahme des Klägers als Handlungsstörer ist nicht zu beanstanden (Art. 9 LStVG). Die zeitliche Verknüpfung der Verpflichtung zur Unterlassung der ausgeübten Nutzung mit dem Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheides erweist sich ebenfalls als rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig.

3.

Soweit von einem Anfechtungsbegehren mit umfasst begegnet auch die Zwangsgeldandrohung keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die durchzusetzenden Unterlassungspflichten rechtmäßig angeordnet wurden (Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG).

Der streitgegenständliche Bescheid ist nach alledem voll umfänglich zu Recht ergangen, die Klage ist daher abzuweisen.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Der Streitwert wird auf 43.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 33.133,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts M... vom 10. Oktober 2013 und gegen dessen Nutzungsuntersagungsverfügung vom 2. Dezember 2013. Das Landratsamt hatte festgestellt, dass Bauarbeiten zum Zweck der Einrichtung eines Wettbüros in einem Ladengeschäft durchgeführt und trotz Baueinstellung fortgeführt wurden. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Kläger wolle keine Vergnügungsstätte betreiben, deshalb liege auch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufkommen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger nicht bloß die Einrichtung einer Wettannahmestelle beabsichtigte, sondern eines Wettbüros, das aufgrund der konkreten Umstände als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Diese Beurteilung ist schon angesichts der beabsichtigten Vermittlung von Live-Wetten nicht ernstlich zweifelhaft und auch hinreichend durch Tatsachen belegt (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2, Bl. 26, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“).

Nach Darlegung des Klägers im Zulassungsverfahren vermittle er Wetten für den Veranstalter „...“. Bei den installierten vier Flachbildschirmen handle es sich um „Quoten-Monitore“, auf denen „Zahlen, Quoten und gegebenenfalls Spielstände“ bzw. „Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse“ angezeigt würden. Für die Abgabe einer Wette sei die aktuelle Quote („Live-Quote“) zwingend erforderlich. Damit sei es bei dem Angebot von „Live-Wetten“ auch erforderlich, dass die aktuellen Spielstände angezeigt würden. Allein das Vorhandensein von automatisierten Wettterminals mit der Möglichkeit, Sportereignisse „live zu bewetten“, führe nicht zu der Bewertung des Betriebs als Vergnügungsstätte. Diese Rechtsansicht des Klägers geht fehl.

Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht der Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 14 m. w. N., OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42 m. w. N.).

Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch Schaufensterwerbung und das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen des Klägers an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es weder Unterhaltungsspiele gebe noch ein allgemeiner Internetzugang zur Verfügung gestellt werde, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind weitere Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten. Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Der „Verweilcharakter“, den der Kläger dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten.

b) Der Vortrag, es liege keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil die Baugenehmigung für ein Ladengeschäft (Elektrogeschäft) ausgenutzt werde, geht nach vorstehenden Ausführungen ins Leere. Der Wechsel von einer Ladennutzung in eine Vergnügungsstätte ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig, weil für die beabsichtigte Nutzung eines Ladenlokals als Vergnügungsstätte andere öffentlich-rechtliche, insbesondere städtebauliche Anforderungen in Betracht kommen als für einen Einzelhandelsbetrieb und auch sonst kein verfahrensfreies Vorhaben vorliegt (vgl. Art. 57 Abs. 4, Art. 58 BayBO).

Davon abgesehen ist die Einrichtung einer bloßen Wettannahmestelle nach den konkreten Umständen ebenfalls baugenehmigungspflichtig, weil die gegenständliche Wettvermittlungsstelle, anders als ein Einzelhandelsbetrieb, täglich und bis in die Nachtstunden geöffnet sein soll (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts Bl. 26, Az. S-298-13-2-, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“). Insoweit wäre neben der bauordnungsrechtlichen Stellplatzfrage für eine Wettannahmestelle (hier: Stellplatzsatzung; vgl. Stellungnahme/Versagung des Einvernehmens vom 2.4.2013 des Marktes E... im Vorbescheidsverfahren) auch den im Rahmen des städtebaulichen Rücksichtnahmegebots zu beachtenden Lärmschutzbelangen im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens nachzugehen (vgl. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Art. 60 Satz 1 BayBO).

Ob darüber hinaus der Vortrag des Beklagten zutrifft, dass das vormals vorhandene Elektrogeschäft in weitere gewerbliche Teileinheiten unterteilt worden sei und damit auch Aspekte des Brandschutzes neu aufgeworfen würden, kann offen bleiben.

c) Die Annahme des Klägers, die Nutzungsuntersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil die aufgenommene Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei, trifft nicht zu. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung.

Der Kläger geht vom Vorliegen eines faktischen Mischgebiets aus (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Innerhalb eines Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens gegeben wäre, legt der Kläger nicht substantiiert dar. Ist das Vorhaben nur ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein. Selbst wenn lediglich eine Wettannahmestelle geplant wäre, würde aus den zuvor in Nr. 1 Buchst. b genannten Gründen nichts anderes gelten. Schon angesichts der offenen Stellplatzfrage und der beabsichtigten täglichen Öffnungszeiten bis 23 Uhr wäre auch eine Wettannahmestelle nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Hiervon ausgehend kann offen bleiben, ob der Zulassung des Vorhabens auch die Veränderungssperre des Markts E... entgegensteht.

d) Der Einwand, der Kläger sei nicht der richtige Adressat der Nutzungsuntersagungsverfügung, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013.

Das Verwaltungsgericht hat (im Rahmen der Baueinstellungsverfügung) zutreffend darauf hingewiesen, dass hier eine Mehrheit von Störern in Betracht kommt und die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Störereigenschaft des Klägers hat das Verwaltungsgericht auf dessen Erklärung abgestellt, er sei Bauherr. Damit sei der Kläger auch der richtige Adressat. Der Kläger könne sich als Bauherr der ihm obliegenden Verpflichtungen nicht durch Vermietung und Verpachtung entziehen. Das ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Der Vortrag des Klägers, er sei nicht danach gefragt worden, ob er „Bauherr“ sei, geht an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei. Wie der Beklagte zu Recht vorträgt, unterscheidet auch der Kläger nicht trennscharf zwischen der vermeintlichen Nutzerin (... ... GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter nach Aktenlage der Kläger ist, vgl. Registerauszüge vom 2.8.2013 und vom 9.9.2013, Bl. 47 f. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2) und seiner Person, wenn er z. B. für sich in Anspruch nimmt, „der Betrieb des Klägers“ erfolge auf Grundlage einer Baugenehmigung (vgl. S. 13 a.E. der Zulassungsbegründung; ebs. Klagebegründung vom 18.3.2014 S. 10, „Der Betrieb des Klägers“). Des Weiteren hatte der Kläger ausweislich des Feststellungsbogens für die Baukontrolle vom 10. Oktober 2013 angegeben, mehrere Wettbüros zu betreiben, die ohne Baugenehmigung geduldet würden und ihm auch vorliegend von öffentlichen Stellen empfohlen worden sei, eine Gewerbeanmeldung durchzuführen und dass dadurch das Betreiben eines Wettbüros geduldet würde (vgl. Bl 1 der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens hatte sich der Kläger als verantwortlicher Bauherr ausgegeben (vgl. z. B. Schriftsatz vom 30.10.2013 an das Landratsamt, wonach „das Lokal als ladenmäßige Wettannahmestelle geführt“ werden solle mit Grundrisszeichnung vom 29.9.2013 in Anlage, in der als „Bauherr“ der Kläger genannt ist, Bl. 18 ff. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Schließlich hatte der Kläger bereits unter dem Datum 8. März 2013 einen Vorbescheidsantrag zur Nutzungsänderung des Ladens in eine „Annahmestelle für Lotto, Toto, Sportwetten“ gestellt. Es trifft daher zu, dass der Kläger durchweg als Bauherr aufgetreten ist und sich auch selbst als solcher bezeichnet hat. Als Bauherr ist der Kläger aber für das Vorhaben (handlungs-) verantwortlich und gehalten, vor Baubeginn und Nutzungsaufnahme den erforderlichen Bauantrag zu stellen und die Erteilung der Genehmigung abzuwarten (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 50 Rn. 2 BayBO; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand September 2015, Art. 76, Rn. 295 f, 163 ff. m. w. N.). Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Baueinstellungsverfügung aber auch die Nutzungsuntersagungsverfügung an den Kläger gerichtet hat.

f) Entgegen der Annahmen des Klägers begegnen weder die Zwangsgeldandrohung zur Baueinstellungsverfügung noch die Zwangsgeldandrohung zur Nutzungsuntersagungsverfügung rechtlichen Bedenken.

Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu, dass das Fristsetzungserfordernis des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwVZG auf die hier gegenständlichen Unterlassungspflichten, die unzulässigen Bauarbeiten bzw. die illegal aufgenommene Nutzung nicht weiter fortzuführen, keine unmittelbare Anwendung findet (vgl. BayVGH, B. v. 15.6.2000 - 4 B 98.775 - BayVBl 2001, 3297 = juris Rn. 21; vgl. auch Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Auflage 2014, § 13 Rn. 3 a.E. m. w. N.). Es widerspräche geradezu dem Zweck der Baueinstellung, tatsächliche Veränderungen bis zu einer abschließenden Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren zu verhindern, wenn dem Bauherrn eine Frist eingeräumt würde, innerhalb der er die Bauarbeiten - sanktionslos - fortführen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 75 Rn. 78 m. w. N.). Die Anweisung von Personen, die den Bau im Auftrag des Bauherrn ausführen, kann - wie im Bescheid verfügt - „sofort“ erfolgen.

Auch hinsichtlich der Nutzungsuntersagungsverfügung wird dem Kläger kein Handeln abverlangt, das er nicht „sofort“ erfüllen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 299 m. w. N.). Die Verpflichtung, den Betrieb eines Wettbüros zu unterlassen, erfordert keine positive Handlung, die hier die Setzung einer Übergangsfrist erforderte. Insbesondere trifft es nicht zu, dass - wenn der Kläger nichts machte - der Betrieb von sich aus weiterlaufen würde. Im Gegenteil: Der Betrieb des Wettbüros erfordert nicht nur das tägliche Öffnen des Wettbüros, um den Kunden den Zugang zu ermöglichen, sondern gleichermaßen das Erbringen der angebotenen Dienstleistungen. Die Türen zum Wettbüro verschlossen zu halten, erfordert, sie nach Schließung nicht wieder zum Zweck des Wettbetriebs zu öffnen. Angesichts der Geschäftsführerstellung des Klägers bei der vorgeblich das Wettbüro betreibenden ... ... GmbH sind auch insoweit keine Gründe ersichtlich, die die Setzung einer Frist zur Aufgabe der illegal aufgenommenen Nutzung nahelegen könnten. Im Übrigen musste dem Kläger schon aus Anlass seines Vorbescheidsantrags, der Veränderungssperre und der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013 bewusst gewesen sein, dass sein Vorhaben nach Auffassung der öffentlichen Stellen unzulässig ist. Auch hiervon ausgehend musste dem Kläger, der die vorgehenden behördlichen Hinweise und Anordnungen ignoriert und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Übergangsfrist eingeräumt werden.

2. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachten rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) auf.

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Überprüfung von Nutzungsuntersagungsverfügungen die Unwirksamkeit von bauleitplanerischen Satzungen zu beachten ist, würde sich im Berufungsverfahren nicht stellen.

aa) In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2014 - 9 CS 14.451 - juris Rn. 12 und B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 12.2378 - juris Rn. 5 f jeweils m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist das Vorhaben des Klägers auch unter Außerachtlassung der Veränderungssperre nicht „offensichtlich genehmigungsfähig“, weil weder ersichtlich noch dargelegt ist, dass es im vom Kläger angenommenen faktischen Mischgebiet zugelassen werden kann und auch im Fall einer bloßen Wettannahmestelle keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorliegt (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c).

bb) Im Übrigen führt auch ein sich aus städtebaulichen Satzungen ergebendes Zulassungshindernis für ein Vorhaben im Regelfall dazu, dass das jeweilige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die jeweilige Rechtsvorschrift offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise unwirksam ist, kann dahinstehen. Die Darlegungen des Klägers, es lägen keine besonderen Umstände vor, die den Erlass einer erneuten Veränderungssperre rechtfertigen könnten und es werde eine reine Verhinderungsplanung verfolgt, erfordern jedenfalls eine eingehende Würdigung und Bewertung des Planverfahrens, die über den Rahmen einer Offensichtlichkeitsprüfung hinausgeht.

b) Die Rechtsfrage, ob „bei einem Bauantrag über eine Wettannahmestelle mit ca. 50 Quadratmetern Nutzfläche für Besucher und einem Tresen, keinen TV-Bildschirmen, keinen Sitzgelegenheiten, keinen Geldspielgeräten oder anderen Spielgeräten, keinem Getränkeausschank und keinem Speiseangebot eine Vergnügungsstätte vorliegt“, ist - wörtlich verstanden - nicht klärungsfähig. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einem Wettbüro i. S. d. Rechtsprechung ausgegangen und nicht von einer bloßen „Wettannahmestelle“.

Die sinngemäß gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zur Vergnügungsstätte überschreitet, ist hier nicht entscheidungserheblich. Das Vorhaben wäre selbst dann, wenn es eine bloße Wettannahmestelle umfasste, genehmigungspflichtig und deshalb mangels zuvor erteilter Baugenehmigung formell rechtswidrig (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c)

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

  • 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 3900/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wird hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.Die Antragstellerin trägt 2/3 und die Antragsgegnerin 1/3 der Kosten des Verfahrens.

  • 2. Der Streitwert wird auf 4.470,00 € festgesetzt.


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Tenor

1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 28.03.2014 gegen den Zurückstellungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2014 wird wiederhergestellt.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des am 28.03.2014 erhobenen Widerspruchs des Antragstellers gegen den sofort vollziehbaren Zurückstellungsbescheid der Antragsgegnerin vom 18.03.2014 wiederherzustellen, ist zulässig, insbesondere gem. § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO i.V.m. § 80 Abs. Nr. 4 VwGO statthaft und begründet.

2

Die begehrte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kommt nicht bereits aus formellen Gründen in Betracht, weil die Antragsgegnerin eine den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO noch genügende schriftliche Begründung der Anordnung des Sofortvollzuges gegeben hat. Die Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB soll die Bauleitplanung der Antragsgegnerin für einen bestimmten Zeitraum sichern. Liegen aber die Voraussetzungen für eine Zurückstellung vor, ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung indiziert, weil anderenfalls der Erlass des Zurückstellungsbescheides überhaupt keinen Sinn machen würde. Im Hinblick darauf sind an die Begründung des öffentlichen Vollziehungsinteresses nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Falle eines Zurückstellungsbescheides nur ganz geringfügige Anforderungen zu stellen (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 15.10.2004 - 1 MB 23/04 -, NordÖR 2004, 439). Vorliegend hat die Antragsgegnerin die Anordnung der sofortigen Vollziehung damit begründet, dass eine Weiterbearbeitung des Antrags der gesetzlich zustehenden Möglichkeit und den Rechten der Gemeinde nach dem BauGB zuwiderlaufen würde. Es liege im öffentlichen Interesse, dass die Bescheidung des eingereichten Vorhabens für den genannten Zeitraum zurückgestellt wird, um der Gemeinde die Gelegenheit zu geben, ihre Planungsziele weiter zu verfolgen. Eine darüber hinausgehende individuelle Begründung war nach den obigen Ausführungen nicht erforderlich.

3

Der Antrag ist aber in der Sache begründet. Die gerichtliche Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ergeht auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das private Aufschubinteresse des Antragstellers einerseits und das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte. Vorliegend erweist sich der angefochtene Bescheid vom 18.03.2014 im Rahmen der hier gebotenen summarischen Prüfung als rechtswidrig.

4

Wird eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde nach § 15 Abs. 1 BauGB auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Liegen danach die tatbestandlichen Voraussetzungen vor, muss die Bauaufsichtsbehörde die Zurückstellung aussprechen, ohne dass ihr ein Ermessensspielraum eingeräumt wäre.

5

Die Rechtswidrigkeit des Zurückstellungsbescheides folgt nicht bereits daraus, dass der Zurückstellungszeitraum über der gesetzlichen Höchstgrenze von zwölf Monaten liegt. Die Jahresfrist des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist eine Höchstfrist und beginnt mit der Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheides an den Antragsteller (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 99. EL März 2011, § 15 Rn 47 f m.w.N.). Demnach endet die Jahresfrist vorliegend am 20.03.2015. Der Zurückstellungsbescheid wurde dem Antragsteller am 20.03.2014 zugestellt.

6

Soweit in dem Zurückstellungsbescheid die Entscheidung über die Zulässigkeit des Bauantrags des Antragstellers vom 24.11.2013 über den 20.03.2015 hinaus, hier bis zum 27.03.2015, angeordnet wurde, ist dies rechtswidrig. Die Überschreitung des Jahreszeitraumes führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des Zurückstellungsbescheides insgesamt. Bei der Anordnung des Zurückstellungszeitraumes handelt es um einen in sich teilbaren Regelungsgegenstand. Ein Verwaltungsakt ist teilbar, wenn der rechtlich unbedenkliche Teil nicht in einem untrennbaren inneren Zusammenhang mit dem rechtswidrigen Teil steht. Der rechtswidrige Teil muss in der Weise abtrennbar sein, dass der Verwaltungakt im Übrigen ohne Änderung seines Inhalts in sinnvoller und rechtmäßiger Weise bestehen kann (vgl. Urteile des BVerwG v. 19.03.1996 - 1 C 34.93 - BVerwGE 100, 335 <338>, v. 13.11.1997 - 3 C 33.96 - BVerwGE 105, 354 <358> und v. 27.01.2010 - 6 C 22.08 - juris). Dies ist hier der Fall. Der rechtswidrige Teil des Zurückstellungsbescheides, die Überschreitung des Zurückstellungszeitraumes, steht nicht in einem untrennbaren Zeitraum mit der Zurückstellungsentscheidung als solcher. Es liegt bei Außerachtlassung des Zeitraumes ab dem 20.03.2015 auch kein Fall des unbestimmten oder unbestimmbaren Zurückstellungszeitraums vor, der zur Rechtswidrigkeit der Zurückstellung führen kann (vgl. Stock, a.a.O., § 15 Rn 46 m.w.N.). Die Zurückstellung eines Baugesuchs setzt voraus, dass die Dauer der Zurückstellung dem entsprechenden Bescheid entweder eindeutig entweder kraft ausdrücklicher Bestimmung oder im Wege der Auslegung aufgrund sicherer Anhaltspunkte zu entnehmen ist; die bloße Bezugnahme auf die einschlägige Norm rechtfertigt allein nicht die Annahme, die Höchstdauer von zwölf Monaten sei bestimmt worden (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 01.10.1981 - 7 A 2283/79 - juris). Die Antragsgegnerin hat vorliegend bei der Anordnung des Zurückstellungszeitraumes hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass sie jedenfalls die gesetzliche Höchstfrist des § 15 BauGB ausschöpfen wolle.

7

Weitere Voraussetzung der Zurückstellung von Baugesuchen ist, dass eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen wird, obwohl die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen, wenn sie einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst hat. So verhält es sich hier. Der Bauausschuss der Antragsgegnerin hat in seiner Sitzung am 04.06.2012 beschlossen, den Bebauungsplan 01.10.00 durch den einfachen Bebauungsplan 01.09.00 zu ersetzen und für diesen einen Aufstellungsbeschluss erlassen. Der Bebauungsplan 01.10.00 setzt den Bereich, in dem das streitgegenständliche Vorhaben verwirklicht werden soll, als Mischgebiet gem. § 6 BauNVO fest, in dem der Betrieb von Spielhallen im Sinne des § 33 i GewO als sonstige Gewerbebetriebe gem. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO ausgeschlossen ist. Anlass für die Änderung der Bauleitplanung der Antragsgegnerin ist ausweislich der Begründung zu dem Aufstellungsbeschluss, dass die beabsichtigte Steuerung von Vergnügungsstätten, insbesondere Spielhallen, mit dem Bebauungsplan 01.10.00 nicht in erforderlichem Umfang möglich sei. Es sei insbesondere zweifelhaft, ob der geltende Plan in gleicherweise auf Wettbüros wie auch auf Spielhallen angewendet werden könne. Für die rechtssichere Regelung der Ansiedlung auch solcher Vergnügungsstätten sei es erforderlich, die planungsrechtliche Situation zu ändern. Wesentliches städtebauliches Ziel des Bebauungsplans 01.09.00 sei die Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten durch die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung (vgl. Bl. 1 Beiakte A). Ausweislich der Begründung zu dem Aufstellungsbeschluss lautet das Ziel der Planung wie folgt:

8

„Für die Lübecker Innenstadt als Stadtdenkmal und UNESCO-Welterbe, Oberzentrum und Wohnstandort war zur Vermeidung der negativen städtebaulichen Auswirkungen die bisherige Regelung der Zulässigkeit von Spielhallen ausreichend.
Der am 25.08.2010 beschlossene Managementplan Welterbestätte „Lübecker Altstadt“ hat Ziele für den Erhalt und die nachhaltige Entwicklung formuliert. Der Bebauungsplan soll zum Erreichen dieser Ziele beitragen.
Nach Rechtskraft des B-Planes 01.10.00 wurde durch die Novellierung der Baunutzungsverordnung die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten abschließend geregelt. Diese abschließende Regelung erleichtert der Gemeinde durch die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung in einem B-Plan die Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten.
Der Bebauungsplan soll durch die gezielte, restriktive Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten sicherstellen, dass „Trading-Down-Effekte“ vermieden werden und die Lübecker Innenstadt ihre oberzentrale Versorgungsfunktion weiterhin erfüllen kann.
Die finanzielle Stärke des Vergnügungsstättengewerbes erlaubt es, auch in beste Geschäftslagen mit hohen Miet- und Bodenpreisen vorzudringen und andere Nutzungen zu verdrängen.
Städtebaulich vorgesehene Standorte für kernstadttypische Nutzungen müssen weiterhin zur Verfügung stehen, die Anziehungskraft für den Tourismus soll erhalten bleiben, der Wohnstandort nicht gefährdet werden und die Verantwortung für das kulturelle Erbe soll wahrgenommen werden.“

9

Die Realisierung des streitgegenständlichen Vorhabens, der Betrieb eines „Wettbüros“ nach der vorliegenden Betriebsbeschreibung, lässt es nicht befürchten, dass die Durchführung der beabsichtigten Planung der Antragsgegnerin mit der soeben dargestellten Zielsetzung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert wird. Die Beantwortung der Frage, ob die materiellen Voraussetzungen für eine Zurückstellung gegeben sind, hängt maßgeblich von der Planungskonzeption der Gemeinde und dem Stand der Planungsarbeiten ab (vgl. Stock, a.a.O., § 15 BauGB Rn 30).

10

Ausweislich der Vorlage zu dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan ist das Ziel der Planung der Antragsgegnerin, die Ansiedlung von Vergnügungsstätten durch die Festsetzung der Art der baulichen Nutzung zu steuern (vgl. Bl. 1 Beiakte A). Bei dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt es sich nach Auffassung der Kammer jedoch nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne der Regelungen in der BauNVO (§ 4a Abs. 3 Nr. 2, § 6 Abs. 2 Nr. 8, § 7 Abs. 2 Nr. 2).

11

Für die Beurteilung, ob es sich bei dem Wettbüro des Antragstellers um eine Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO handelt, sind die Vorgaben der Landesverordnung über den stationären Vertrieb von Sportwetten (Sportwettenvertriebsverordnung - SVVO) vom 15.07.2013 nicht maßgeblich. Die SVVO unterschiedet bei dem stationären Vertrieb von Sportwetten zwischen Wettlokalen, Wettbüros und Wettannahmestellen, § 1 Abs. 1 SVVO. § 1 Abs. 2 Satz 1 SVVO definiert Wettlokale als eine Räumlichkeit, deren überwiegender Betriebszweck darin besteht, an Wettschaltern oder automatisierten Wettterminals die Gelegenheit zum Abschluss von Sportwetten anzubieten, und in welcher darüber hinaus durch die Bereitstellung von Fernsehgeräten oder anderen technischen Einrichtungen das Verfolgen von Live-Übertragungen bewetteter Sportereignisse vor Ort ermöglicht wird. Nach § 1 Abs. 3 Satz 2 SVVO sind Wettlokale als Vergnügungsstätten im Sinne der Baunutzungsverordnung anzusehen. § 1 Abs. 3 SVVO definiert ein Wettbüro als eine Räumlichkeit, deren überwiegender Betriebszweck darin besteht, an Wettschaltern oder automatisierten Wettterminals die Gelegenheit zum Abschluss von Sportwetten anzubieten, ohne dass technische Einrichtungen zur Verfolgung von Live-Übertragungen bewetteter Sportereignisse bereitgestellt werden.

12

Das von dem Antragsteller zur Genehmigung gestellte Vorhaben entspricht nach der vorliegenden Betriebsbeschreibung zwar einem Wettbüro und nicht einem Wettlokal im Sinne der genannten Vorschriften. Denn es sollen keine technischen Einrichtungen zur Verfolgung von Live-Übertragungen bewetteter Sportereignisse bereitgestellt werden (vgl. Bl. 12 d.A.) Daraus folgt jedoch nicht, dass es sich bei dem Vorhaben nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO handelt. Zum einen lässt die planungsrechtliche Einordnung von Wettlokalen als Vergnügungsstätten gem. § 1 Abs. 2 Satz 3 SVVO nicht den Rückschluss zu, dass Wettbüros zwangsläufig keine Vergnügungsstätten im planungsrechtlichen Sinne sind. Für diese Einordnung bedarf es stets einer Bewertung der konkreten Umstände des Einzelfalls. Entscheidend ist zudem, dass der Landesgesetzgeber aus Kompetenzgründen nicht befugt ist, gewerbliche Betriebe bauplanungsrechtlich zu kategorisieren. Der Bundesgesetzgeber hat von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) durch den Erlass des BauGB und der BauNVO insoweit abschließend Gebrauch gemacht. Die bauplanungsrechtliche Definition von gewerblichen Anlagen als Vergnügungsstätten erfolgt allein anhand der gesetzlichen Vorgaben der BauNVO. Demzufolge hat die Einstufung von Wettlokalen als Vergnügungsstätten in § 1 Abs. 2 Satz 3 BauNVO keinen Einfluss auf die Zulässigkeit von Vorhaben hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung. Daraus folgt dann jedoch auch, dass durch die fehlende Einstufung von Wettbüros als Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO in § 1 Abs. 3 SVVO keine rechtliche Festlegung dahingehend verbunden ist, dass Wettbüros keine Vergnügungsstätten im bauplanungsrechtlichen Sinn sein können. Auch in diesem Fall bedarf es der gebotenen Einzelfallprüfung.

13

Bei dem streitbefangenen Vorhaben handelt es sich nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne der Vorschriften der BauNVO. Eine Vergnügungsstätte ist ein auf kommerzielle Unterhaltung ausgerichteter besonderer Gewerbebetrieb, der in unterschiedlicher Ausprägung unter Ansprache oder Ausnutzung des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebes einer bestimmten auf Gewinnerzielung gerichteten Freizeitunterhaltung gewidmet ist. Für den städtebaulichen Bezug ist wesentlich, dass solche Einrichtungen typischerweise mit negativen Folgewirkungen, wie zum Beispiel Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität, verbunden sind (vgl. zum Vorstehenden insgesamt: OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 09.03.2007 - 8 A 10066/07 - juris; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 28.11.2006 - 3 S 2377/06 - juris; Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, 98. EL 2011 § 4a BauNVO, Rn. 68 ff.; Roeser, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 4a Rn 35 ff., § 7 Rn. 15 f., jeweils m.w.N.).

14

Die bauplanungsrechtliche Charakterisierung von Wettbüros bzw. Wettlokalen hinsichtlich der Frage, ob es sich um Vergnügungsstätten handelt, wird in der Rechtsprechung terminologisch nicht einheitlich vorgenommen (vgl. beispielsweise VG Neustadt [Weinstraße], Beschl. v. 09.02.2011 - 3 L 59/11.NW - juris m.w.N., wonach die obergerichtliche Rechtsprechung Wettbüros stets als Vergnügungsstätten einordnet). Dies liegt insbesondere daran, dass die Begriffe Wettbüro und Wettlokal nicht einheitlich verwendet werden. Unabhängig von den terminologischen Unterschieden werden Wettbüros jedenfalls dann als Vergnügungsstätten angesehen, wenn sie nicht nur Gelegenheit zur Abgabe von Wetten und zur Entgegennahme von Gewinnen, sondern zu einem wesentlichen Teil auch zur Unterhaltung und zum Spiel in der Zeit bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses aktueller Wetten bieten (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 01.02.2007 - 8 S 2606 - juris; vgl. auch VG München, Urt. v. 17.02.2014 - M 8 K 13.1878 - juris m.w.N.). Ein Wettbüro verliert dann den Charakter einer bloßen Wettannahmestelle und ist als Vergnügungsstätte zu werten, wenn die Kunden durch die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten animiert werden, sich dort länger aufzuhalten und in geselligem Beisammensein (gemeinschaftliches Verfolgen der Sportübertragungen) Wetten abzuschließen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 14.04.2011 - 8 B 10278/11 - juris).

15

Das VG Neustadt (Weinstraße) hat in seinem Beschluss vom 09.02.2011 (Az. 3 L 59/11.NW, juris) hierzu Folgendes ausgeführt: „Kennzeichnend für Wettbüros als Vergnügungsstätten ist gerade auch die kommerzielle Unterhaltung der Kunden (Besucher). Im Unterschied zu einem Ladengeschäft, in dem Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, kommt es den Besuchern eines Wettbüros typischerweise nicht auf die große Auswahl und den Erwerb eines Produktes an. Anders als z. B. in Lotto- und Toto-Annahmestellen will der typische Besucher eines Wettbüros nicht nur die Wette einreichen und einen eventuellen Gewinn kassieren. Bereits der Besuch eines Wettbüros besteht zu einem wesentlichen Anteil darin, sich dort aufzuhalten, um sich nach Möglichkeit mit anderen Wettern auszutauschen und die Zeit bis zum Eintritt des Wettergebnisses in einer als angenehm empfundenen Atmosphäre zu nutzen. Prägend für das Leistungsangebot eines Wettbüros ist die kommerzielle Unterhaltung der Gäste durch Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde. Dabei steht im Vordergrund, die Gäste durch Aufstellung von Sitzplätzen in ansprechender Atmosphäre – oft auch in Verbindung mit der Möglichkeit eines Getränkeangebots – und die Einrichtung von mehreren TV-Bildschirmen, auf denen Sportereignisse verfolgt werden, zu motivieren, im Wettlokal zu verbleiben, gemeinsam die Spannung des Wettspiels zu erleben und dadurch auch angereizt zu werden, weiter an den angebotenen Wettspielen teilzunehmen. Die Gestaltung des Wettspielangebots erzielt ihren besonderen kommerziellen Wert gerade darin, die Gäste mit dem Wettgeschehen so zu unterhalten, dass sie weiter vor Ort bleiben und auf das Wettangebot zugreifen. Wettbüros ziehen daher, ähnlich wie Spielhallen und abweichend von Lotto- und Toto-Annahmestellen, ein anderes Publikum an als ein Ladengeschäft (vgl. VG Minden, Beschluss vom 10. Februar 2006 – 1 L 69/06 –, juris, Rdnr. 15).“

16

Gemessen an den vorangestellten Vorgaben handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht um eine Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO. Die konkrete Ausgestaltung der Räumlichkeiten spricht hier gegen die Annahme einer Vergnügungsstätte. Nach der Betriebsbeschreibung gibt es insbesondere keine Sitzmöglichkeiten für die Besucher des Wettbüros, die ein dauerhaftes Verweilen zumindest begünstigen. Ferner werden auch keine Getränke oder Speisen angeboten (vgl. zur Relevanz dieser Aspekte VG Neustadt [Weinstraße], a.a.O., VG München, Urt. v. 17.02.2014 - M 8 K 13.1878 - juris). Die Ausstattung beschränkt sich auf das Vorhandensein von Stehtischen, Wettterminals und Bildschirmen, auf denen die Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse angezeigt werden. Für die Frage, ob es sich bei einem Wettbüro um eine Vergnügungsstätte im Sinne der BauNVO handelt, kommt es zwar wohl nicht allein entscheidend darauf an, dass neben der Abgabe der Wetten auch die Möglichkeit bestehen muss, in der jeweiligen Betriebsstätte die Sportereignisse, auf die gewettet wird, zusammen mit anderen im Fernsehen anzusehen. Eine diese Anforderungen formulierende ständige Rechtsprechung existiert entgegen der Annahme des Antragstellers nicht. Auch die vom dem Antragsteller zitierte Entscheidung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 15.10.2013 - 2 S 2514/12 - juris) enthält keine in diesem Sinne zu verstehende Aussage. Gegenstand des Verfahrens war die Auslegung des Begriffs "Wettbüro" in einer Vergnügungssteuersatzung. Eine (abstrakte) rechtliche Beurteilung, wonach Wettvertriebsstellen nur dann Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO sind, wenn dort Geräte vorhanden sind, mit denen man die jeweiligen Sportereignisse verfolgen kann, mithin dies eine konstitutive Voraussetzung sei, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen. Das Fehlen von technischen Einrichtungen, mit denen die bewetteten Sportereignisse (live) mitverfolgt werden können, stellt jedoch ein erhebliches Indiz gegen die Annahme einer Vergnügungsstätte dar. Insbesondere das gemeinsame Verfolgen der Sportereignisse ist ein wesentliches Element, um die Spieler nach der getätigten Wette zum weiteren Verbleib in der gegenständlichen Räumlichkeit zu animieren. Das Fehlen dieses Elementes, wird vorliegend auch nicht durch die sonstige Ausstattung des Betriebes „kompensiert“. Die Ausstattung ist vielmehr darauf angelegt, dass sich die Besucher auf den Wettvorgang als solchen (Suche nach Wetterereignissen, Abgabe der Wette, Kenntnisnahme des Ergebnisses und ggf. Abholen des Gewinns) beschränken. Auch die Betriebszeiten stellen kein wesentliches Indiz für die Annahme einer Vergnügungsstätte dar. Sie unterscheiden sich infolge der Liberalisierung der Regelungen zu den Ladenöffnungszeiten nicht mehr wesentlich von den Öffnungszeiten von anderen Gewerbebetrieben wie zum Beispiel Waren- oder Lebensmittelgeschäften, die auch an Werktagen teilweise bis 24.00 Uhr geöffnet haben.

17

Die Kammer folgt zwar nicht vollumfänglich der Einschätzung des Antragstellers, wonach sich das Wettbüro nicht von einer klassischen Lotto-/Toto-Annahmestelle unterscheide, die regelmäßig nur zur Abgabe eines Spielscheines oder zur Abholung eines Gewinnes aufgesucht wird und in der ein weiteres Verweilen der Kunden nicht stattfindet. Hiergegen spricht vor allem die räumliche Dimensionierung des beantragten Vorhabens und die Möglichkeit durch die Nutzung der Wettterminals und der Stehtische auch einen längeren Zeitraum in dem Betrieb zu verbringen. Die wohl weiterhin bestehenden Unterschiede zwischen einer klassischen Lotto-/Toto-Annahmestelle rechtfertigen gleichwohl nicht, den streitgegenständlichen Betrieb zwangsläufig als Vergnügungsstätte einzuordnen. Wie bereits erörtert, fehlt es bei dem streitgegenständlichen Betrieb an den unterhaltenden und „aufenthaltsverlängernden“ Elementen, die für die Annahme einer Vergnügungsstätte notwendig sind. Bei dem zur Genehmigung gestellten Wettbüro handelt es sich bauplanungsrechtlich insoweit um einen sonstigen Gewerbebetrieb.

18

Die Antragsgegnerin kann sich vorliegend nicht darauf berufen, dass mit der Neuplanung des streitgegenständlichen Bereiches allgemein der Ausschluss von städtebaulich unzuträglichen Wettbüros angestrebt werde und es nicht maßgeblich auf die planungsrechtliche Einordnung von Wettbetrieben als Vergnügungsstätten ankomme. Die von der Antragsgegnerin dargelegten Ziele, die mit der Neuaufstellung des Bebauungsplans erreicht werden sollen - Vermeidung des „Trading-Down-Effekts“, Sicherung der Versorgungsfunktion der Lübecker Innenstadt, Schutz des Weltkulturerbes etc. - sind zwar städtebaulich nachvollziehbar und auch schützenswert. Allerdings bezieht sich die Begründung des Aufstellungsbeschlusses zu dem Bebauungsplan - worauf es im Rahmen der planungsrechtlichen Sicherungsinstrumente gem. §§ 14, 15 BauGB entscheidend ankommt - zur Erreichung der dargestellten Ziele auf die planungsrechtliche Nutzungskategorie „Vergnügungsstätte“. Ausweislich der Vorlage zu dem Aufstellungsbeschluss wurde als wesentliches Planungsziel die Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten durch die Art der baulichen Nutzung angegeben. Mit der Angabe dieses Zieles beginnt auch die Erörterung des Anlasses in der Begründung zu dem Aufstellungsbeschluss. Im Weiteren wird der Begriff der Vergnügungsstätten definiert und der Bezug zu Spielhallen hergestellt. Ferner erfolgt die Bezugnahme zu den möglichen städtebaulichen Auswirkungen von Spielhallen (v.a. „Trading-Down-Effekt“), die klassischerweise Vergnügungsstätten sind. Sodann wird dargestellt, dass es im Hinblick auf Wettbüros ebenfalls um die rechtssichere Regelung der Ansiedlung auch „solcher Vergnügungsstätten“ geht und deswegen ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Im Folgenden wird dann bei den Punkten „Bisherige Entwicklung“ und „Ziel der Planung“ stets der Begriff der Vergnügungsstätte verwendet. Im letztgenannten Abschnitt wird dann auch ausdrücklich der Zusammenhang zwischen der Steuerung von Vergnügungsstätten und den verfolgten städtebaulichen Zielen hergestellt, dort heißt es:

19

„Der Bebauungsplan soll durch die gezielte, restriktive Steuerung der Ansiedlung von Vergnügungsstätten sicherstellen, dass „Trading-Down-Effekte“ vermieden werden und die Lübecker Innenstadt ihre oberzentrale Versorgungsfunktion weiterhin erfüllen kann.“

20

In diesem Zusammenhang sind auch die weiteren Umstände für den Aufstellungsbeschluss in den Blick zu nehmen. Es entspricht nämlich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass sich das für die Veränderungssperre bzw. Zurückstellung zu fordernde Mindestmaß an Planungsvorstellungen der Gemeinde nicht nur aus den Niederschriften über die Sitzungen der handelnden Organe, sondern auch aus allen erkennbaren Unterlagen und Umständen ergeben kann. Hierzu kann beispielsweise auch die anderen Akten zu entnehmende oder bekannte Vorgeschichte gehören (BVerwG, Beschl. v. 01.10.2009 - 4 BN 34/09 - juris). Wesentlicher Hintergrund für die geänderten Planungsabsichten der Antragsgegnerin ist, dass nach deren Ansicht mit dem Ausschluss von Spielhallen in dem Bebauungsplan 01.00.00 die städtebauliche Steuerung von Wettbüros/Wettlokalen nicht gesichert sei. Anlass war insbesondere eine Entscheidung des VG Schleswig, wonach das zu dem damaligen Zeitpunkt in Streit stehende Wettbüro/Wettlokal nicht als Spielhalle im Sinne von § 33 i GewO angesehen werden könne, es gleichwohl eine Vergnügungsstätte im städtebaulichen Sinn darstelle (vgl. Urt. v. 29.06.2011 - 8 A 92/10). Auch in den Zurückstellungsbescheid wird offensichtlich davon ausgegangen, dass Wettlokale/Wettbüros planungsrechtlich per se als Vergnügungsstätten einzustufen seien. Hinsichtlich der städtebaulichen Auswirkungen (v.a. „Trading-Down-Effekt“) werden diese mit den als Vergnügungsstätten einzuordnenden Spielhallen gleichgesetzt. Es wird nochmals ausdrücklich darauf abgestellt, dass mit der Neuaufstellung des Bebauungsplans 01.09.00 die Ansiedlung von Vergnügungsstätten einschließlich Wettlokalen gesteuert werden soll.

21

Wesentlicher planungsrechtlicher Anknüpfungspunkt für den Aufstellungsbeschlusses als auch für die Entscheidung über die Zurückstellung des Bauantrags war demnach die Annahme, dass es sich bei Wettbüros/Wettlokalen stets um Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO handelt. Deren Ansiedlung soll mit dem neuen Bebauungsplan gesteuert werden. Sofern es im Rahmen der Entscheidung über die Zurückstellung eines Bauantrags nach § 15 BauGB um die Frage geht, ob die Durchführung der Planung unmöglich gemacht oder erschwert wird, muss sich die Antragsgegnerin an dem von ihr in den Vordergrund gestellten planungsrechtlichen Begriff der Vergnügungsstätte festhalten lassen. Aus den dargestellten Inhalten und aus den Umständen zu dem Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan 01.09.00 geht nach Auffassung der Kammer jedenfalls hervor, dass die Antragsgegnerin die Steuerung der Ansiedlung von Wettbüros/Wettlokalen beabsichtigt, wenn es sich dabei um Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO handelt. Wie bereits ausgeführt, spricht hierfür insbesondere auch die dargestellte Parallele zu Spielhallen und deren städtebauliche Auswirkungen. Eine Planungsabsicht, die Ansiedlung von jedweder Erscheinungsform von Wettvertriebsstätten, auch wenn es sich bei diesen nicht um Vergnügungsstätten sondern um sonstige Gewerbebetriebe im Sinne des Bauplanungsrechts handelt, zu steuern bzw. auszuschließen, kann dem Aufstellungsbeschluss und dessen Begründung nicht hinreichend entnommen werden. Bei dem Begriff Wettbüro/Wettlokal handelt es sich hingegen nicht um einen eigenständigen planungsrechtlichen Nutzungsbegriff gem. §§ 9 Abs. 1 Nr. 1, 9a Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. §§ 2-14 BauNVO. Diese Erscheinungsformen von Wettvertriebsstätten sind entweder als Vergnügungsstätten oder als (sonstige) Gewerbebetriebe im Sinne der BauNVO anzusehen. Sofern die Antragsgegnerin eine Steuerung der Ansiedlung auch von solchen Wettvertriebsstätten, die keine Vergnügungsstätten im Sinn der BauNVO sind, über die Mittel der Bauleitplanung beabsichtigt, bedarf es hierzu einer präziseren Darstellung dieses Planungsziels und einer entsprechenden Begründung, die sich auch damit auseinanderzusetzen haben dürfte, welche städtebaulichen Auswirkungen von Wettvertriebsstätten ausgehen (können), die keine Vergnügungsstätten im Sinne der BauNVO sind.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

23

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 GKG. Dabei geht die Kammer in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts von einem Viertel des Betrages des entsprechenden Genehmigungswertes aus (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 06.03.2014 - 1 O 3/14 - n.v.). Nach dem Streitwertkatalog des Beschwerdegerichts ist die Annahme eines Genehmigungswertes von 20.000,- € für die vorliegende gewerbliche Nutzung angemessen (Zuschlag von 100% auf einen Betrag von 10.000,- € für eine entsprechende Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus), mithin ist für das Eilverfahren ein Betrag von 5.000,- € anzunehmen.


Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 3. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde bleibt erfolglos. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Ziffern I und II der Verfügung der Antragsgegnerin vom 13. Januar 2011 sowie auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hinsichtlich Ziffer IV dieses Bescheides abgelehnt hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Das Verwaltungsgericht ist in nicht zu beanstandeter Weise davon ausgegangen, dass bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung das Interesse der Antragsgegnerin an einem Vollzug der angefochtenen Verfügung das Interesse der Antragstellerin, von einer Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben, überwiegt.

2

Die Begründung der Beschwerde, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

3

Die angefochtene Nutzungsuntersagungsverfügung erweist sich, soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden ist, als offensichtlich rechtmäßig. Zudem kann sich die Antragsgegnerin weiterhin auf ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Bescheides berufen.

4

Die von der Antragsgegnerin verfügte Nutzungsuntersagung für den Abschluss und die Vermittlung allgemeiner Sportwetten findet ihre Rechtsgrundlage in § 81 Satz 1 Landesbauordnung - LBauO -. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn bauliche Anlagen gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen, deren Benutzung untersagen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

5

Eine Nutzungsuntersagung kann bereits dann ausgesprochen werden, wenn für eine Nutzung die erforderliche Genehmigung fehlt. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird in diesem Fall nach § 81 Satz 1 LBauO dadurch Rechnung getragen, dass eine Benutzungsuntersagung nur ergehen darf, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Eine entsprechende Anordnung ist demnach nur dann möglich, wenn nicht offensichtlich eine beantragte Nutzungsänderungsgenehmigung erlassen werden muss (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 1996 - 8 A 11880/85.OVG - AS 25, 313 und juris, Rn. 19).

6

Die Nutzung eines Teils der Erdgeschossräume in dem Anwesen R.straße … durch die Antragsgegnerin stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, die nicht genehmigt wurde. Nach § 61 LBauO bedarf die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung, soweit in den §§ 62, 67 und 84 LBauO nichts anderes bestimmt ist. § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO sieht von der Genehmigungspflicht eine Ausnahme bei Gebäuden und Räumen vor, die nicht im Außenbereich liegen, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung gelten.

7

Hinsichtlich der Nutzung als Wettbüro für allgemeine Sportwetten liegt eine Nutzungsänderung im Sinne der genannten Vorschriften vor. Als Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne ist jede Änderung der ursprünglich genehmigten Nutzung anzusehen, die sich ihrerseits aus der erteilten Baugenehmigung ergibt (vgl. Jeromin, LBauO, 2. Aufl. 2008, § 3 Rn. 16). Der Inhalt der der Antragstellerin erteilten Baugenehmigung vom 19. Januar 2007 wird durch die unter Nr. 1 der Nebenbestimmungen enthaltene Umschreibung konkretisiert. Darin wird ausgeführt, dass die Baugenehmigung für eine Geschäftsstelle zum gewerbsmäßigen Abschluss und Vermitteln von Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde (Pferdewetten) erteilt wird. Mit dieser Nebenbestimmung wird der Inhalt der Genehmigung dem gestellten Bauantrag entsprechend festgelegt. Da die Antragsgegnerin dem Bauantrag insoweit in vollem Umfang entsprochen hat, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der in der Nebenbestimmung enthaltenen Einschränkung.

8

Die in dem Wettbüro tatsächlich ausgeübte Nutzung des Abschlusses und der Vermittlung allgemeiner Sportwetten hält den durch die Baugenehmigung gesteckten Rahmen nicht ein und stellt damit eine Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne dar.

9

Für diese Nutzungsänderung greift auch nicht die in § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO vorgesehene Ausnahme von der Genehmigungspflicht. Hinsichtlich der Nutzung des Anwesens R.straße … für allgemeine Sportwetten kann nicht festgestellt werden, dass für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen gelten als für die bisherige Nutzung. Vielmehr ist von der Möglichkeit auszugehen, dass die Nutzung eines Wettbüros für allgemeine Sportwetten in bauplanungsrechtlicher Hinsicht geänderten Anforderungen unterliegt und dass damit eine bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vorliegt.

10

Eine derartige Nutzungsänderung setzt eine Änderung der Nutzungsweise voraus, die insoweit bodenrechtlich relevant ist, als sie die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange berühren kann, womit die Genehmigungsfrage (erneut) aufgeworfen wird. Der Tatbestand einer Nutzungsänderung im Sinne von § 29 BauGB wird von solchen Veränderungen erfüllt, die außerhalb der jeder einzelnen Art von Nutzung eigenen Variationsbreite liegen. Dies kann sowohl dann der Fall sein, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, als auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, hiernach aber anders zu beurteilen ist als die bisherige Nutzung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - IV C 8.75 -, NJW 1977, 1932 und juris, Rn. 18; Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5/98 -, NVwZ 1999, 523 und juris, Rn. 17; Beschluss vom 7. November 2002 - 4 B 64/02 -, BRS 66 Nr. 70 und juris, Rn. 6; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 2010, § 29 BauGB, Rn. 41).

11

Eine hiernach relevante Änderung der Nutzungsweise ergibt sich nicht bereits daraus, dass die genehmigte Nutzung des Wettbüros für Pferdewetten und die derzeit ausgeübte Nutzung für allgemeine Sportwetten unterschiedlichen Nutzungsarten nach den Bestimmungen der Baunutzungsverordnung zuzuordnen wären. Beide Nutzungsvarianten sind vielmehr in ihrer konkreten Ausgestaltung als Vergnügungsstätte einzustufen. Kennzeichen einer derartigen Vergnügungsstätte ist, dass sie als besondere Art von Gewerbebetrieben durch die kommerzielle Unterhaltung der Besucher geprägt wird und dabei in unterschiedlicher Ausprägung den Sexual-, Spiel- oder Geselligkeitstrieb anspricht (vgl. Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4a BauNVO, Rn. 58; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 4a Rn. 22). Das Wettbüro der Antragstellerin ist ersichtlich nicht lediglich darauf angelegt, Wetten entgegenzunehmen und weiterzuleiten sowie Gewinne auszuzahlen. Vielmehr sollen die Kunden animiert werden, sich während der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten und die Sportereignisse, auf die sie gewettet haben, in Live-Übertragungen auf den Fernsehmonitoren zu verfolgen, womit gleichzeitig ein Gemeinschaftserlebnis entsteht. Ein entsprechendes Konzept kann der Planzeichnung des Wettbüros entnommen werden, die erkennen lässt, dass die Fläche des Wettbüros über die Erfordernisse hinausgeht, die ein reiner Wettschalter mit sich brächte. Zudem befinden sich dort Sitzgruppen, die über den gesamten Raum verteilt sind, sowie eine größere Monitorwand. Da diese Ausgestaltung nicht hinsichtlich der Sportart variiert, die Gegenstand der Wetten ist, handelt es sich bei dem Wettbüro sowohl hinsichtlich der genehmigten, auf Pferdewetten beschränkten Nutzung als auch bei der tatsächlich ausgeübten erweiterten Nutzung für allgemeine Sportwetten um eine Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, Urteil vom 6. Juli 2005 - 1 B 01.1513 -, juris, Rn. 42; HessVGH, Beschluss vom 19. September 2006 - 3 TG 32161/06 -, NVwZ-RR 2007, 81 und juris, Rn. 3 f., Beschluss vom 25. August 2008 - 3 UZ 2566/07 -, NVwZ-RR 2009, 143 und juris, Rn. 5, Fickert/Fieseler a.a.O., § 4a Rn. 22.23.69; die Frage offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2005 - 10 B 1600/05 -, juris, Rn. 4).

12

Eine geänderte bauplanungsrechtliche Beurteilung des Wettbüros kann sich indessen im Hinblick auf das Rücksichtnahmegebot ergeben. Eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung entsteht insbesondere daraus, dass Unterschiede hinsichtlich der von der geänderten Nutzung ausgehenden Störungen oder Auswirkungen auf die Umgebung bestehen, die geeignet sind, die Genehmigungsfrage neu aufzuwerfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 1989 - 4 B 24.89 - in NVwZ 1989, 666 und juris, Rn. 3).

13

Hinsichtlich der Nutzung als Wettbüro für allgemeine Sportwetten ergeben sich beachtliche Anhaltspunkte, dass hiervon andere Auswirkungen auf die Umgebung ausgehen, als dies bei einem auf Pferdewetten beschränkten Wettbüro der Fall ist. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass mit der Ausweitung der Sportarten ein erheblich größerer Interessentenkreis angesprochen wird als bei Pferdewetten. Dies wird von der Antragstellerin letztlich auch nicht in Zweifel gezogen. Das Konzept des Wettbüros wird zudem nicht lediglich in Randbereichen angepasst, sondern grundlegend umgestaltet. Die größere Bandbreite an Sportveranstaltungen, die Gegenstand der Wetten sind und deren Live-Übertragungen von den Kunden in den Räumen des Wettbüros verfolgt werden, legt gegenüber den auf eine Sportart konzentrierten Pferdewetten ein abweichendes Nutzerverhalten nahe. Hieraus ergibt sich jedenfalls die Möglichkeit geänderter Auswirkungen auf die Umgebung.

14

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass sich hinsichtlich der Gesamtzahl der Kunden keine Veränderung ergeben habe, da das Interesse an Pferdewetten in gleichem Maße nachgelassen habe, wie die Attraktivität der allgemeinen Sportwetten gestiegen sei, schließt diese quantitative Feststellung als mögliches Indiz für eine weiterhin nachbarschafts- und umgebungsverträgliche Nutzung nicht bereits das Erfordernis eines erneuten Genehmigungsverfahren aus.

15

Für die Annahme einer bodenrechtlichen Relevanz des Nutzungswechsels kann nicht gefordert werden, dass Beeinträchtigungen tatsächlich nachzuweisen sind. Vielmehr ist entscheidend, dass entsprechende Beeinträchtigungen auftreten können. Ob sie tatsächlich in relevanter Weise vorliegen, muss im Genehmigungsverfahren selbst geprüft werden. Die Annahme einer Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinne kann nicht auf die Frage verengt werden, ob sich das Vorhaben in materiell-rechtlicher Hinsicht als unzulässig erweist. Vielmehr ist der Begriff in einer die behördliche Kontrollaufgabe berücksichtigenden Weise weit zu fassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1988 - 4 C 50/87 - in BRS 48, Nr. 58 und juris, Rn. 16). Hinzu kommt, dass § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO, der eine Ausnahme von der ansonsten bestehenden Genehmigungspflicht in bauordnungsrechtlicher Hinsicht normiert, eng auszulegen ist. Eine Genehmigungsfreiheit besteht lediglich dann, wenn feststeht, dass für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen gelten. Soweit diese Frage offen bleibt, geben mögliche Unklarheiten Anlass zu einer Überprüfung im Genehmigungsverfahren.

16

Die im Hinblick auf die formelle Illegalität der Nutzungsänderung hiernach gerechtfertigte Nutzungsuntersagung erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil der Antragstellerin eine entsprechende Genehmigung offensichtlich erteilt werden müsste. Die Nutzungsänderung in ein Wettbüro für allgemeine Sportwetten ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

17

Das Verwaltungsgericht sieht die von der Antragstellerin vorgenommene Nutzungsänderung deshalb nicht als genehmigungsfähig an, weil das Anwesen R.straße … Teil eines faktischen allgemeinen Wohngebietes sei, in dem Vergnügungsstätten nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO auch ausnahmsweise nicht zugelassen werden könnten. Grundlage dieser Feststellung des Verwaltungsgerichtes ist ein Bestandsverzeichnis der Umgebung des Anwesens. Die Antragstellerin wendet hiergegen in ihrer Beschwerdebegründung ein, dass das Grundstück R.straße … in erster Linie geprägt werde durch die entlang dieser Straße festzustellende Bebauung, die indessen in stärkerem Umfang gewerblich geprägt sei, so dass ein Mischgebiet angenommen werden müsse. Diese unterschiedliche Einschätzung zeigt, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Wettbüros für allgemeine Sportwetten nicht offensichtlich angenommen werden kann. Vielmehr bedarf die Charakterisierung der Umgebung des Vorhabens noch weiterer Aufklärung.

18

Liegen hiernach die Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung offensichtlich vor, so steht auch das besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung nicht in Frage. Dieses öffentliche Interesse ist darin begründet, dass die praktizierte Nutzung nicht genehmigt war, durch die ungenehmigte Nutzung die präventive Kontrolle der Bauaufsicht verhindert wird und dass ungerechtfertigte Vorteile gegenüber denjenigen vermieden werden, die eine geänderte Nutzung erst nach Erteilung einer Genehmigung aufnehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 5. Juli 2006 - 8 B 10574/06 -, BRS 70 Nr. 190 und juris, Rn. 13). Diese Dringlichkeit ist nicht dadurch entfallen, dass die Antragsgegnerin die angefochtene Verfügung erst ein knappes Jahr nach Kenntnis von dem betrieblichen Umfang des Wettbüros erlassen hat. Die Antragsgegnerin hat hierzu nachvollziehbar darauf verwiesen, dass ihr ein früheres Einschreiten angesichts von etwa 100 beanstandeten Wettbetrieben in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht möglich gewesen sei.

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Auch hinsichtlich der in dem Bescheid der Antragsgegnerin unter Ziffer IV verfügten Androhung unmittelbaren Zwanges ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, die aufschiebende Wirkung - abgesehen von der Reduzierung der TV-Bildschirme - nicht anzuordnen, rechtlich nicht zu beanstanden. Die nach § 20 AGVwGO von Gesetzes wegen mit Sofortvollzug versehene Zwangsmittelandrohung erweist sich ebenfalls als offensichtlich rechtmäßig, so dass auch insoweit das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.

20

Die Androhung findet ihre Rechtsgrundlage in § 66 Abs. 1 i.V.m. § 65 Abs. 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes - LVwVG -. Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin verfügten Nutzungsuntersagung ergibt sich im Einzelfall auch kein Nachrang des unmittelbaren Zwangs gegenüber Ersatzvornahme oder Zwangsgeld. § 65 Abs. 1 LVwVG sieht vor, dass der unmittelbare Zwang angewendet werden kann, wenn die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Ziel führt oder sie untunlich sind. Als untunlich erweist sich die Anwendung von Ersatzvornahme oder Zwangsgeld auch dann, wenn ihr Einsatz zwar Erfolg versprechend ist, der unmittelbare Zwang sich aber im konkreten Fall als wirksamer darstellt (vgl. Engelhardt/App, Verwaltungsvollstreckungsgesetz - Verwaltungszustellungsgesetz, 8. Aufl. 2008, § 12 VwVG, Rn. 9). Da der von der Antragsgegnerin angedrohte unmittelbare Zwang letztlich nur in einem Zugriff auf die Geräte besteht, die für allgemeine Sportwetten genutzt werden, stellt er sich einerseits als wirkungsvoller als eine Ersatzvornahme oder eine Zwangsgeldfestsetzung dar. Andererseits wird die Antragstellerin durch den mit dem unmittelbaren Zwang verbundenen Eingriff, mit dem die Benutzung einzelner Vermögensgegenstände unterbunden werden soll, nicht stärker belastet als durch eines der anderen Zwangsmittel (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. Januar 2010 - 6 B 11030/09.OVG -).

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

22

Der Wert Streitgegenstandes bestimmt sich nach den §§ 47, 53 Abs. 3 und 52 Abs. 1 GKG.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 9 K 14.01543

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 1. Juli 2015

9. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0920

Hauptpunkte:

Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung für Wettbüro; Vergnügungsstätte in faktischem Mischgebiet; überwiegende Prägung durch Wohnnutzung Anfechtungsklage gegen Nutzungsuntersagung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

... Rechtsamt

vertreten durch den Oberbürgermeister ...

- Beklagte -

wegen Baurechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Kroh, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Engelhardt Blum, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Wendelin und durch den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 1. Juli 2015

folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage von der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Wettbüro sowie die Aufhebung der von der Beklagten angeordneten Nutzungsuntersagung.

Die Klägerin reichte am 28. März 2014 einen Bauantrag für die Genehmigung einer Nutzungsänderung von Laden zu Wettbüro im Anwesen ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., ein. Das Wettbüro soll nach den vorgelegten Plänen eine Hauptnutzungsfläche von 78,31 m² haben. Hinzu kommen ein Flur mit 10,34 m² und eine Personal-WC mit 2,79 m². Die Bruttogrundfläche nach DIN 277 beträgt 91,44 m². Nach der Betriebsbeschreibung vom 19. März 2014 sollen in dem Wettbüro Sportwetten vermittelt werden, deren Ausgang an den installierten Bildschirmen verfolgt werden kann. Die durchschnittliche Kundenzahl beträgt nach Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der Regel 5 bis 10 Besucher pro Stunde und maximal 15 bis 25 Besucher pro Stunde an Wochenenden bei Bundesliga-Partien am Samstagnachmittag.

Das Vorhabensgrundstück befindet sich nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans. Mit Schreiben vom 30. Juni 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Baugenehmigung aus planungsrechtlichen Gründen nicht erteilt werden könne. Außerdem wurde der Klägerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Genehmigung zu versagen und die Nutzung als Wettbüro zu untersagen. Daraufhin zeigte sich mit Schreiben vom 31. Juli 2014 der Bevollmächtigte der Klägerin als deren Vertreter an. Mit Schreiben vom 6. August 2014 nahm er zu den Ausführungen der Beklagten Stellung.

Bei einer Ortseinsicht am 9. September 2014 durch die Mitarbeiter der Bauordnungsbehörde der Beklagten wurde festgestellt, dass das Wettbüro nach wie vor betrieben wird. Es waren mehrere Flachbildschirme, eine Beamer-Leinwand, Tische und Stühle sowie ein Kassenbereich vorhanden. Auf den Tischen lagen Wettscheine aus. An den Schaufenstern und der Eingangstüre waren Beklebungen mit der Aufschrift „...“, „Sportwetten Livewetten Bundesliga live Soccer Home“ angebracht. Über dem Eingang war eine rote Einzelbuchstabenschrift „...“ befestigt.

Mit Bescheid der Beklagten vom 15. September 2014 wurde der Klägerin die Genehmigung für das beantragte Bauvorhaben versagt (Nr. 1 des Bescheids). Unter Nr. 2 des Bescheids wurde des Weiteren die Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens ... als Wettbüro untersagt. Für den Fall der Nichteinhaltung einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids wurde unter Nr. 3 des Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht.

Zur Begründung wird angeführt, dass es sich bei dem beantragten und bereits ausgeführten Bauvorhaben planungsrechtlich um eine Vergnügungsstätte handele. Aufgrund der Ausstattung sowie der Art und Weise des Betriebs des Wettbüros stehe die Unterhaltung der Kunden durch die Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde im Vordergrund. Insbesondere durch die Live-Übertragung von Sportveranstaltungen würden die Kunden animiert, im Lokal zu verbleiben, um gemeinsam die Spannung des Wettspiels zu erleben und sich gegenseitig anzureizen, an weiteren Wetten teilzunehmen.

Das Vorhaben der Klägerin sei nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig, da sich in unmittelbarer Umgebung des Wettbüros in der... bereits mehrere genehmigte Vergnügungsstätten befänden (...) Das Wettbüro sei die dritte Vergnügungsstätte in der näheren Umgebung. Dies führe zu einer unzulässigen Häufung, die für die Umgebung des Baugebietes (gewerbliche Nutzungen in den Erdgeschossen und Wohnen in den Obergeschossen) unzumutbar sei.

Das Vorhaben befinde sich in unmittelbarer Wohnnähe, so dass mit erheblichen Lärmbelästigungen für die angrenzenden Bewohner zu rechnen sei. Es liege deshalb auch eine Unzumutbarkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor. Des Weiteren sei zu befürchten, dass durch die Zulassung einer weiteren Vergnügungsstätte ein Trading-Down-Effekt einsetzt. Dies würde sich negativ auf die Umgebung auswirken und sei daher nicht gewünscht. Durch die Häufung an Vergnügungsstätten sei ein Qualitätsverlust von Einkaufsstraßen und -zonen zu befürchten. Der Bereich um den Aufseßplatz sei seit der Errichtung des ehemaligen Kaufhauses „...“ das Herzstück des Einzelhandels der ...Südstadt. Die Schließung des ... habe zu einer Unterversorgung der Südstadt mit wichtigen Sortimenten, besonders der Nahversorgung, aber auch Leitsortimenten wie Textil/Schuhe, geführt. Am Standort ... sei die Neuerrichtung eines nahversorgungsorientierten Stadtteil-Einkaufszentrums geplant. Andere als Einzelhandelsnutzungen seien nicht vorgesehen. Für den städtebaulichen Bezug sei wesentlich, dass Vergnügungsstätten, zu denen das Wettbüro in der hier vorliegenden Ausgestaltung zähle, typischerweise mit negativen Folgewirkungen, wie z. B. Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität, verbunden seien.

Die Nutzungsuntersagung sei nach Art. 76 Satz 2 BayBO ergangen, da das Wettbüro im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werde. Die formell rechtswidrige Nutzung als Wettbüro im Anwesen ... sei nicht offensichtlich genehmigungsfähig und verstoße gegen planungsrechtliche Vorschriften.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. September 2014 hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2014 erheben lassen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Die beantragte Nutzungsänderung sei bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen, da das Vorhabengrundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, für den ein Bebauungsplan nicht bestehe. Unstreitig dürfe hier sein, dass es sich vorliegend um ein faktisches Kerngebiet handele, in dem Vergnügungsstätten grundsätzlich zulässig seien. Streitig sei allein der behauptete Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.

Das Vorhaben der Klägerin erweise sich nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO als unzulässig. Ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sei vorliegend nicht erkennbar. Insbesondere lasse sich der von der Beklagten behauptete sogenannte „Trading-Down-Effekt“ bei der Zulassung des Wettbüros hier nicht feststellen. Ein Trading-Down-Effekt könnte allenfalls dann vorliegen, wenn es aufgrund der Verdrängung des traditionellen Einzelhandels und eines Rückgangs der gewachsenen Angebots- und Nutzungsvielfalt durch Vergnügungsstätten zu einem Qualitätsverlust von Einkaufsstraßen und Einkaufszonen komme (vgl. z. B. BayVGH, U.v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211, juris RdNr. 46). Es sei nicht klar, welche Einkaufsstraßen und Einkaufszonen dies hier sein sollten, die gefährdet werden könnten. Erst recht sei nicht klar, wie diese Einkaufsstraßen und -zonen hier konkret beeinträchtigt werden könnten. Das geplante Wettbüro sei in dem hier maßgeblichen Gebiet die einzige Vergnügungsstätte seiner Art. Für die Ansiedlung weiterer Wettbüros bestünden derzeit keine Anhaltspunkte.

Es stehe auch nicht zu befürchten, dass weitere Spielhallen hinzuträten, da diese nach neuem Recht verboten seien und nur noch bis zum 30. Juni 2017 Bestandsschutz genössen. Danach müssten die Spielhallen bis auf maximal eine einzige Spielhalle zurückgebaut werden. Auch diese verbleibende Spielhalle könnte allerdings nicht (mehr) genehmigungsfähig sein und schließen müssen, wenn sie die erforderlichen Mindestabstände von 250 m zur nächsten Spielhalle nicht einhalten würde (vgl. dazu Art. 9 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland; § 29 Abs. 4 Satz 1 GlüStV). Dies habe die Beklagte offensichtlich bei ihrer Entscheidung nicht beachtet. Eine Verfestigung der Nutzungsart „Vergnügungsstätte“ oder gar eine Verdrängung der im Übrigen zugelassenen Nutzungen in der näheren Umgebung stehe daher nicht zu erwarten. Im Übrigen stelle sich bei jedem folgenden beantragten Bauvorhaben die Frage des Rücksichtnahmegebots und damit auch des Trading-Down-Effekts neu. Festzuhalten sei, dass im vorliegenden Fall ein Trading-Down-Effekt durch das Wettbüro gerade nicht zu befürchten sei. Im Gegenteil - für die unmittelbare Umgebung sei vielmehr sogar ein Trading-Up-Effekt zu prognostizieren, weil eine neue Nutzung hinzutrete, die bislang noch nicht vorhanden sei.

Im Übrigen gingen von dem geplanten Wettbüro keine Beeinträchtigungen und Störungen der umliegenden Nutzungen aus, die unzumutbar sein könnten. Nicht ersichtlich sei, dass von dem Wettbüro unzumutbare Lärmimmissionen ausgehen könnten. Denn hier seien insbesondere auch die Vorbelastungen zu berücksichtigen, denen die Wohnnutzung in dem Kerngebiet bereits heute ausgesetzt sei. Es handele sich hier um ein belebtes Straßenviertel, demgegenüber das Wettbüro nicht in Erscheinung trete. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass das maßgebliche Gebiet durch das Wettbüro in den Abendstunden eine Prägung erfahren könnte, die dem Gebietscharakter widersprechen würde. Insoweit sei hier vor allem zu berücksichtigen, dass sich in der näheren Umgebung mehrere Schank- und Speisewirtschaften befänden, die auch in den Abendstunden geöffnet hätten.

Schließlich widerspreche auch die Zweckbestimmung der Anlage nicht der Eigenart des Kerngebiets. Leitbild eines Kerngebiets sei gerade auch die Unterbringung von Vergnügungsstätten. Nur hier seien sie - sogar als große, sogenannte kerngebietstypische Vergnügungsstätten vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen worden. Es sei daher nicht ersichtlich, dass mit dem geplanten Wettbüro eine Nutzung zugelassen würde, die sich im vorliegenden Fall nach ihrer Eigenart nicht mehr in die Gebietsstruktur einfügen würde bzw. diese gefährden würde.

Die von der Beklagten vorgetragenen Argumente seien weitgehend pauschal und bloße „Floskeln“, die einzig und allein dazu dienen sollten, die politisch unliebsame Nutzung durch Mittel des Baurechts zu verhindern. Die pauschale Aussage, die Nähe zu sensiblen Nutzungen würde der Zulassung entgegenstehen, sei nicht näher begründet. Ebenso wenig begründet sei die Befürchtung, weshalb durch das Vorhaben ein Qualitätsverlust von Einkaufsstraßen zu befürchten sei. Die Schließung der ...-Filiale habe sicherlich nichts mit dem geplanten Vorhaben zu tun. Eine Unterversorgung der Südstadt mit einer „Nahversorgung“ sei nicht zu erkennen, vor allem weil die Neuerrichtung eines nahversorgungsorientierten Stadtteil-Einkaufszentrums geplant sei. Die pauschalen Behauptungen, dass mit dem geplanten Vorhaben Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität verbunden seien, sei nicht richtig. Es fänden insbesondere durch das Vorhaben keine Musikveranstaltungen statt. Es gebe keinen großen Kundenverkehr; das Straßenbild werde durch das hochwertige Erscheinungsbild des Geschäfts nicht beeinträchtigt. Die nicht näher begründete Aussage, dass sich die Gebietsqualität verschlechtere, sei in dieser Pauschalität nicht nachzuvollziehen und auch nicht richtig. Die Stadt stütze ihre Entscheidung gerade auch darauf, dass sich weitere Spielhallen etablieren würden. Diese Gefahr bestehe aber wegen der landesglücksspielrechtlichen Vorschriften gerade nicht.

Zu den von der Beklagten genannten Spielhallen sei im Übrigen anzumerken, dass es sich bei der Spielhalle in der ...um eine einzige große Spielhalle handele und nicht um zwei. Diese befinde sich im U-Bahn-Zugangsbereich und sei nicht von der Straße einsehbar aufgrund ihrer Lage im „Untergrund“. Die Entfernung zu dem geplanten Vorhaben betrage außerdem ca. 120 m. Die Spielhalle in der ... befinde sich in einer Entfernung von ca. 75 m zu dem geplanten Vorhaben. Hier von einer Konzentration zu sprechen, die keine weitere Nutzung mehr zulassen könnte, sei verfehlt.

Die Nutzungsuntersagung sei ebenfalls rechtswidrig, da die Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei. Eine wegen Verstoßes gegen die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung dürfe aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig sei. Es sei unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen bzw. ohne über einen bereitgestellten Bauantrag entschieden zu haben (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 15 CS 13.1863, juris RdNr. 12).

Der Vertreter der Klägerin verweist hinsichtlich des angeblichen Trading-Down-Effekts und des angeblichen Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12, juris RdNr. 113 ff.).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Ziffer 1 des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 15. September 2014 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung für ein Wettbüro zu erteilen, und den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2014 im Übrigen aufzuheben.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung verweist die Beklagte im Wesentlichen auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids. Des Weiteren weist sie darauf hin, dass die Änderungen im Recht der Spielhallen durch den Glücksspielstaatsvertrag und das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags zu Recht unberücksichtigt gelassen worden seien. Zum einen verliere eine Spielhalle nicht deswegen ihre bauplanungsrechtliche Relevanz, weil nach Auslaufen des gewerberechtlichen Bestandsschutzes der Betreiber mehrere Spielhallen in einem Objekt diese auf eine einzige Spielhalle zurückbauen müsse. Zum anderen könne gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden, dass das Ordnungsamt der Beklagten nach Ablauf dieser Bestandskraft eine Befreiung von dem Verbot der Erteilung einer Erlaubnis für mehrere Spielhallen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex erteile (§ 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV). So könne nach Art. 12 des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag eine Befreiung erteilt werden, wenn die Gesamtzahl der Geld- und Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit 48 nicht überschreite und ein Konzept zur weiteren Anpassung vorgelegt werde. Auch von dem Gebot des Mindestabstandes zwischen Spielhallen nach § 25 Abs. 1 GlüStV und Art. 9 Abs. 3 AGGlüStV könne im Einzelfall befreit werden. Letztendlich gehe es aber um eine gegenwärtige Häufung von Vergnügungsstätten. Dieser Häufung könne nicht mit dem Argument begegnet werden, dass eine solche in ferner Zukunft nicht mehr bestehen werde. Das Wettbüro befinde sich in einem auch durch Wohnen geprägten Umfeld. So seien im Anwesen Landgrabenstraße 137 in den Obergeschossen Wohnungen genehmigt und vorhanden. Zum näheren Umfeld zähle auch die in die ... von Norden einmündende .... Auch dort befinde sich auf der Westseite fast nahezu ausschließlich Wohnnutzung. Auch auf der dem Baugrundstück gegenüber liegenden Seite der ..., zwischen den Einmündungen der ... und der ... sei in den Obergeschossen überwiegend bzw. nahezu ausschließlich Wohnnutzung vorhanden. Schon deshalb sei die nähere Umgebung im Sinne des § 34 BauGB keinesfalls als Kerngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung einzustufen. Das Stadtplanungsamt der Beklagten habe im stadtbauaufsichtlichen Verfahren das Gebiet als Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB eingestuft. Wegen der Häufung von Vergnügungsstätten im näheren Umfeld verstoße das Vorhaben der Klägerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme, welches Bestandteil des Gebots des Einfügens im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB sei. Dem Gebot der Rücksichtnahme komme eine Korrekturfunktion im Zulässigkeitsrecht des § 34 BauGB zu. Dieses entspreche etwa dem des § 15 Abs. 1 BauNVO im Falle einer bauplanungsrechtlichen Beurteilung von Vorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB. Deshalb setze auch § 34 Abs. 1 BauGB einer Häufung von Vergnügungsstätten Grenzen. Neben den im streitgegenständlichen Bescheid bereits genannten Vergnügungsstätten in der ..., der ... und der ... seien noch weitere Spielhallen im näheren Umfeld des Baugrundstücks vorhanden. Wie bereits im Verfahren AN 9 K 13.01321 vorgetragen, befinde sich in fußläufiger Entfernung von ca. 90 m im Anwesen ... eine Spielhalle. In fußläufiger Entfernung von 150 bis 160 m seien zwei weitere Spielhallen anzutreffen, nämlich die in den Anwesen ... und ...

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Hinsichtlich des Verlaufs des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung sowie die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagung sind zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 15. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Dem beantragten Bauvorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO). Prüfungsmaßstab sind nach Art. 59 Abs.1 Nr.1 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 bis 38 BauGB) sowie die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO.

Die baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung (Art. 55 Abs.1, Art. 57 Abs. 4 Nr.1 BayBO) erweist sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht als unzulässig. Bei dem Wettbüro der Klägerin handelt es sich um eine ihrer Art nach als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzustufende Nutzung (dazu 1.1). Die nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins maßgebliche nähere Umgebung des Vorhabens ist als überwiegend durch Wohnnutzung geprägter Teil eines faktischen Mischgebiets (dazu 1.2 und 1.3) zu qualifizieren, so dass das beantragte Vorhabens seiner Art nach gemäß § 34 Abs. 1, 2 Halbsatz 2 BauGB i.V.m § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO unzulässig ist. Darüber hinaus würde dem Vorhaben auch § 15 Abs. 1 BauNVO entgegenstehen (dazu 1.4).

1.1. Das beantragte Bauvorhaben ist bei Würdigung aller Umstände nach der Art der Nutzung als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO einzustufen.

Vergnügungsstätten sind besondere Gewerbebetriebe, die in unterschiedlicher Weise unter Ansprache des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebs der kommerziellen Freizeitgestaltung und der Zerstreuung dienen (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3.Aufl. 2014, § 7 Rn. 16). Prägend für das Leistungsangebot des klägerischen Wettbüros ist die kommerzielle Unterhaltung der Gäste durch Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde.

Kerngebietstypische Vergnügungsstätten sind solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, insbesondere weil sie einen größeren Einzugsbereich haben und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen (BVerwG, U.v. 21.2.1986 - 4 C 31.83 - BauR 1986, 417ff.)

Das streitgegenständliche Wettbüro ist im Hinblick auf seine Größe und Ausstattung nicht als eine nur im Kerngebiet zulässige Vergnügungsstätte anzusehen, da davon auszugehen ist, dass sich die Anziehungskraft des Wettbüros aller Wahrscheinlichkeit nach in Grenzen halten wird und die Zahl der Besucher überschaubar bleibt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Wettbüro der Klägerin sich an ein Kundenpublikum aus einem überörtlichen Einzugsbereich richtet. Hierfür fehlt es schon an einem ausreichenden Platzangebot im Wettlokal und an einer überörtlichen Werbung.

Es erscheint sachgerecht die für die Abgrenzung einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte bei Spielhallen als Schwellenwert von der Rechtsprechung entwickelte Nutzfläche von 100 m² auch in Bezug auf ein solches Wettlokal, das eine ähnliche Vergnügungsstätte darstellt anzuwenden (BVerwG, B.v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 f.; BayVGH, U.v. 24.3.2011 - 2 B 11,59 - juris). Nach der streitgegenständlichen Planung erreicht das Wettbüro der Klägerin mit einer Nutzfläche von 91,44 m² diesen Schwellenwert nicht. Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung erfordern könnten, existieren nicht. Die Gegebenheiten sprechen dafür, dass das zu erwartende Störpotenzial kein Ausmaß erreichen wird, das nur in einem Kerngebiet als zulässig erachtet werden könnte.

1.2 Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 BauGB, da das Vorhabensgrundstück nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes liegt und dem bauplanungsrechtlichen Innenbereich (§ 34 Abs. 1 und 2 BauGB) zuzurechnen ist. Die maßgebliche Eigenart der näheren Umgebung entspricht einem faktischen Mischgebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO.

1.2.1 Nach der Rechtsprechung ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380 - juris; B.v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - juris Rn. 7). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris). Grundsätzlich gelten als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegenden Straßenseiten (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris; B.v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris, B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris).

Nach den Erkenntnissen des Augenscheins und den in der Behördenakte enthaltenen Lageplänen kann die hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung maßgebliche nähere Umgebung wie folgt bestimmt werden:

Sie umfasst die Blockrandbebauung beidseits der Landgrabenstraße nach Osten bis zur Einmündung des ... in die ... und nach Westen bis zur Einmündung der ... in die .... Entgegen der Auffassung des Klägervertreters kommt der ... in diesem Bereich keine trennende Wirkung zu. Allein das Vorhandensein einer Straße zwischen einer auf beiden Seiten zusammenhängenden Bebauung unterbricht noch nicht regelmäßig den Bebauungszusammenhang (vgl. BayVGH, U.v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris). Eine trennende Wirkung einer öffentlichen Straße lässt sich nur unter Beachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls annehmen (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 - juris). Nach der von der Kammer beim Augenschein konkret vorgefundenen örtlichen Situation prägen sich beide Straßenseiten gegenseitig. Zwar handelt es sich bei der ...um eine befahrene Durchgangsstraße, die neben zwei Richtungsfahrbahnen in der Mitte Straßenbahnschienen und beidseits einen 3 m breiten Gehweg aufweist. Allerdings hat die ... eine eher geringe Breite und auch keine überörtliche Bedeutung. Wie die Kammer beim Augenschein feststellen konnte, befinden sich südlich und nördlich der ... überwiegend fünfgeschossige Gebäude. Angesichts der hohen beidseitigen Bebauung und der geringen Breite der ... ist hier von einer gegenseitigen Prägung der beiden Straßenseiten auszugehen.

Die Bebauung beidseits der ..., der Verlängerung der ... östlich der Einmündung des ..., gehört dagegen nicht mehr zu der näheren Umgebung des klägerischen Vorhabens und ist deshalb für die Bestimmung der Gebietsart nicht mitprägend. Insgesamt weist die Bebauung südlich und nördlich der ... erkennbar eine von dem zuvor beschriebenen Bereich abweichende, jeweils in sich einheitliche Nutzungsstruktur auf. Es finden sich dort nicht nur im Erdgeschoss, sondern vielmehr auch in den Obergeschossen überwiegend gewerbliche Nutzungen.

In nördlicher Richtung reicht die nähere Umgebung bis zur Kreuzung der ... mit der ... und von dort aus Richtung Osten bis zur Einmündung der ... in den ....

1.2.2 Nach den im Augenschein gewonnenen Erkenntnissen stellt sich die so einzugrenzende Umgebungsbebauung nach der Art der vorhandenen Nutzungen als faktisches Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB, § 6 BauNVO) dar. Mischgebiete im Sinne des § 6 BauNVO sind gekennzeichnet durch ein gleichwertiges Nebeneinander von Wohnnutzung und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe, d. h. keine der Nutzungsarten darf ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 - 4 B 51/96 - juris).

Im maßgebenden Bereich beidseits der ...weist jedes der nahezu durchgängig fünfgeschossigen Gebäude im Erdgeschoss eine das Wohnen nicht wesentlich störende gewerbliche Nutzung und in den darüber liegenden Geschossen Wohnnutzung auf. Es handelt sich um eine typische innerstädtische Geschäftsstraße, die gleichermaßen durch das Wohnen und solche gewerblichen Nutzungen geprägt ist, die - auch in ihrer räumlichen Konzentration - für ein Wohngebiet nicht typisch sind. So finden sich dort Läden, die mit Blick auf ihr Angebot ersichtlich nicht überwiegend der Gebietsversorgung dienen (u. a. eine Spielhalle im Eckgebäude ...).

Die ... ist bis zur Kreuzung mit der ... - mit Ausnahme der gewerblichen Nutzung im Erdgeschoss des Anwesens ...36 - geprägt von Wohnnutzung. Die dort befindlichen Gebäude sind viergeschossig mit Dachgeschoss. In dem Eckgebäude ... befindet sich im Erdgeschoss eine genehmigte Spielhalle, in den Obergeschossen Wohnnutzung. In der ..., die ab der Hausnummer 102 in östliche Richtung zu einer Fußgängerzone wird, finden sich gewerbliche Nutzungen im Erdgeschoss (Bekleidungsladen, Bar, Schreibwarenladen mit Lotto-Toto-Annnahmestelle) und Wohnnutzung in den Obergeschossen. In der Fußgängerzone, die vom ... nach Süden zur ... führt, findet sich fast ausschließlich gewerbliche Nutzung, insbesondere auch die Spielhalle „...“.

Bei dem ehemaligen großflächigen, mehrgeschossigen Kaufhausgebäude (ehemaliger „...“, zuletzt „...“) handelt es sich um einen „Fremdkörper“, der bei der Bestimmung des Charakters der näheren Umgebung außer Acht zu lassen ist, da dieser Gebäudekomplex in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. Trotz seiner deutlich in Erscheinung tretenden Größe und seines nicht zu übersehenden Gewichts in der näheren Umgebung bestimmt dieses Bauwerk nicht deren Eigenart, weil es wegen seiner mehr oder weniger ausgeprägt vom üblichen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert dasteht (vgl. dazu BVerwG, U.v. 15.2.1990 - 4 C 23/86 - juris; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 37).

1.3 Das streitgegenständliche Wettbüro ist in diesem „faktischen“ Mischgebiet gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO seiner Art nach unzulässig, weil es in einem Teil des Gebiets errichtet werden soll, der nicht überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt ist.

1.3.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO vorzunehmenden Beurteilung, ob ein Gebietsteil eines Mischgebietes überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt ist, eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (BVerwG, B.v.13.6.2005 - 4 B 36/05 - juris). Der Bereich für die Abgrenzung des nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO abzugrenzenden Teilgebiets, das weder mit dem Mischgebiet selbst noch mit der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gleichzusetzen ist (OVG NRW,16.6.1997 - 10 A 6264/96 - juris), muss so weit gezogen werden, wie sich die konkrete Vergnügungsstätte in städtebaulich relevanter Weise unmittelbar auswirken kann. Zu berücksichtigen ist dabei, dass nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO vor allem nachteilige Auswirkungen von Vergnügungsstätten auf die Wohnnutzung und andere sensible Nutzungen vermieden werden sollen. Dementsprechend gehören zum maßgeblichen Teilgebiet alle Flächen, auf denen oder von denen aus deutlich erkennbar ist, dass sich „hier bzw. in der Gegend“ eine Vergnügungsstätte befindet (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2005 - 25 B 01.624 - juris). Einzubeziehen sind insbesondere auch die vom Ziel- und Quellverkehr betroffenen Gebietsteile, wenn dieser noch deutlich als besonderer, weil auf die Vergnügungsstätte bezogener Verkehr erkennbar ist, desgleichen auch die von Besuchern der Vergnügungsstätte in Anspruch genommenen Stellplätze sowie ihre Zu- und Abfahrten (vgl. BayVGH, U.v.17.3.2005 - 25 B 01.624 - juris; U.v. 18.8.1995 - 26 B 94.952 - juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen und den Ergebnissen des Augenscheins konzentriert sich der Umgriff des maßgeblichen Teils des Mischgebiets vorliegend - entsprechend dem Einwirkungsbereich des klägerischen Vorhabens - auf die Bebauung beidseits der Landgrabenstraße, insbesondere in unmittelbarer Nähe zur Einmündung der ... in die .... Die ...ist vor allem auch im Hinblick auf den zu erwartenden Ziel- und Quellverkehr oder den Parksuchverkehr bis zur Kreuzung mit der ... in das für § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO maßgebliche Teilgebiet miteinzubeziehen.

Nach Süden hin erstreckt sich das maßgebliche Teilgebiet bis zur Einmündung der ... bzw. ... in die ... Richtung Westen wird der Einwirkungsbereich des Vorhabens durch die Einmündung der ... in die ... begrenzt. In diesem abgegrenzten Bereich ist die Existenz des Wettbüros, spürbar. Dagegen ist der Bereich östlich der Einmündung des ... in die... bzw. ... nicht mehr in das für § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO maßgebliche Teilgebiet einzubeziehen (vgl. dazu oben 1.2.1).

1.3.2 In dem so eingegrenzten Teilgebiet des „faktischen“ Mischgebiets (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO) ist die Bebauung nach den Erkenntnissen des Augenscheins überwiegend durch Wohnnutzungen geprägt.

Dabei kann die Frage einer überwiegenden gewerblichen Prägung nicht allein anhand einer grundstücksbezogenen Betrachtung entschieden werden. Auch eine rechnerische Gegenüberstellung der gewerblich genutzten Geschossflächen und der Wohngeschossflächen oder der Baumassen liefert für sich genommen noch keine verlässlichen Kriterien. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller gebietsprägender Faktoren, aus der sich ergibt, ob die gewerblichen Nutzungen im betreffenden Gebietsteil vorherrschen. Hierbei kann auch von Bedeutung sein, in welchem Maße die Erdgeschossebene gewerblich genutzt ist und inwieweit die gewerbliche Nutzung bis in die Obergeschosse reicht. Andererseits kann nicht allein wegen einer gewerblichen Nutzung der Erdgeschosse schon eine überwiegende gewerbliche Prägung angenommen werden (vgl. BVerwG, B.v. 7.2.1994 - 4 B 179/93 - NVwZ-RR 1994, 486; BayVGH, B.v. 6.2.2013 - 2 ZB 11.2321 - juris).

Die nach diesen Maßstäben durchzuführende Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller gebietsprägenden Faktoren ergibt vorliegend bei Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Umgriff eine überwiegende Prägung durch Wohnnutzung.

Dieses Ergebnis folgt bereits aus einer zahlenmäßigen Gegenüberstellung von gewerblich- und wohngenutzter Fläche. Auf der dem Vorhaben gegenüberliegenden Seite der ... findet sich in den dort befindlichen fünfstöckigen Häusern lediglich im Erdgeschossbereich gewerbliche Nutzung, während in den darüber liegenden Stockwerken Wohnnutzung anzutreffen ist. Auch im Anwesen ... 36 wird nur das Erdgeschoss gewerblich genutzt (Shisha-Cocktailbar), während die vier Obergeschosse sowie das Dachgeschoss ausweislich der Klingelschilder wohngenutzt werden. In den sich daran nördlich anschließenden Gebäuden auf der Westseite der ... findet sich bis zur Ecke ...straße, an der der maßgebliche Umgriff jedenfalls endet, sowohl im Erdgeschoss als auch in den darüber liegenden Geschossen ausschließlich Wohnnutzung. Auch auf der östlichen Seite der ... ist ab Hausnummer 19 in den viergeschossigen Gebäuden nur Wohnnutzung anzutreffen. In dem Eckgebäude ... (Adresse ...) befindet sich im Erdgeschoss eine genehmigte Spielhalle, in den Obergeschossen Wohnnutzung. In dem gegenüberliegenden Eckgebäude auf der westlichen Seite der ... wird das Erdgeschoss gewerblich genutzt (Asia-Imbiss), die darüber liegenden Geschosse werden wohngenutzt.

Dieses zahlenmäßige Übergewicht der Wohnnutzung in dem für § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO maßgeblichen Umgriff wird auch bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller sonstigen relevanten Faktoren bestätigt (BayVGH, U.v. 17.3.2005 - 25 B 01.624 - juris Rn. 30, 34). Gewerbliche Nutzung findet sich in diesem Bereich lediglich in den Erdgeschossen, wenn diese nicht auch wohngenutzt werden.

Insgesamt stellt sich das maßgebliche Teilgebiet trotz seiner Innenstadtlage als relativ ruhiger Teil eines Mischgebiets dar, in dem die Wohnnutzung eindeutig überwiegt, während die gewerbliche Nutzung nicht nur zahlenmäßig deutlich in den Hintergrund tritt. Das streitgegenständliche Wettbüro ist deshalb in dem hier vorliegenden faktischen Mischgebiet nach der Art seiner baulichen Nutzung unzulässig (§ 34 Abs. 2 BauGB, § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauGB).

Die Erteilung einer Ausnahme nach § 34 Abs. 2 Hs. 2, § 31 Abs. 1 BauGB, § 6 Abs. 3 BauNVO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Fehlerhafte Ermessenserwägungen sind insoweit weder vorgetragen noch ersichtlich.

1.4 Ohne dass es darauf ankäme, ist darauf hinzuweisen, dass das Vorhaben der Klägerin wohl auch dann bauplanungsrechtlich unzulässig wäre, wenn man davon ausginge, es solle in dem Bereich des Mischgebietes errichtet werden, der überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt ist. Denn dem Vorhaben würde in diesem Fall § 15 Abs. 1 BauNVO entgegenstehen.

Nach § 15 Abs.1 Satz 1 BauNVO kann eine nach § 6 BauNVO allgemein zulässige Nutzung im Einzelfall unzulässig sein, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Mischgebiets widerspricht.

Allgemeiner Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Anzahl der Anlagen ist, dass Anlagen dieser Art bereits in einer solchen Fülle verwirklicht worden sind oder noch verwirklicht werden sollen, dass hierdurch der Gebietscharakter beeinträchtigt wird. Durch die Häufung bestimmter Arten baulicher Anlagen in einem räumlichen Bereich kann dieser eine bestimmte Prägung erfahren, die sich negativ auf die städtebauliche Entwicklung in diesem Bereich und seine Nachbarschaft auswirkt. Während einzelne Anlagen dieser Art städtebaulich vertretbar erscheinen, führt die Häufung zu den genannten Auswirkungen (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Bd.VI, Stand April 2013, § 15 BauNVO, Rn. 15). Ab welcher Anzahl ein neu hinzutretendes Vorhaben der Eigenart des Baugebiets widerspricht, ist allein nach städtebaulichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Die Anzahl bietet nur Handhaben, bestimmte städtebauliche Fehlentwicklungen zu verhindern. Keinesfalls darf dieses Kriterium zu einer mittelbaren Bedürfnisprüfung führen (Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn.18). Eine städtebauliche Begründung kann allerdings darin erblickt werden, dass eine Häufung bestimmter Anlagen eintritt, die in dem betreffenden Baugebiet zwar zulässig sind, die aber den Gebietscharakter nicht bestimmen, und dass durch die Häufung der Gebietscharakter in dem betreffenden Bereich verloren geht oder sonst beeinträchtigt wird.

Die Beklagte beruft sich zur Begründung der Gebietsunverträglichkeit des beantragten Wettbüros im vorliegenden Einzelfall (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) zu Recht darauf, dass sich in der näheren Umgebung weitere Spielhallen befänden und sich aus dem Gesamtbild heraus eine den Gebietscharakter des Mischgebiets gefährdende Häufung ergebe sowie ein Trading-Down-Effekt zu befürchten sei. Ein Trading-Down-Effekt ist dann zu befürchten, wenn durch eine konzentrierte Ansiedlung von Vergnügungsbetrieben in einem Baugebiet dessen Attraktivität für andere Gewerbebetriebe einerseits gemindert, andererseits aber auch ein Verdrängungsprozess zum Nachteil des herkömmlichen Gewerbes letztlich dadurch eingeleitet wird, dass Vergnügungsbetriebe aufgrund ihrer vergleichsweise höheren Ertragsmöglichkeit bei geringerem Investitionsaufwand in der Lage sind, höhere Pachten zu zahlen und so die Immobilienpreise in einer Weise steigen, so dass eine Betriebsansiedlung anderer Gewerbe auf Dauer nicht lohnend ist (vgl. BVerwG, B.v. 4.9.2008 - 4 BN 9/08 - BauR 2009, 76ff.).

Nach den Feststellungen des gerichtlichen Augenscheins ist durchaus zu befürchten, dass mit der Zulassung des klägerischen Betriebs die Zahl der Vergnügungsstätten in der näheren Umgebung ein solches Maß erreicht, dass eine schleichende Entwicklung zu einem Vergnügungsviertel zu erwarten ist bzw. ein Verdrängungsprozess im Sinne eines Trading-Down-Effekts zulasten der herkömmlichen Gewerbe zu befürchten ist.

So befinden sich in der näheren Umgebung des streitgegenständlichen Wettbüros bereits folgende weitere Vergnügungsstätten: Im engen Umgriff (vgl. oben 1.3) in ca. 30 m Entfernung die Spielhalle ... Straße 1 (Nutzfläche 88,81 m²) und in ca. 90 m Entfernung die Spielhalle in der ...sowie zwei weitere Spielhallen in der ... (150 - 160 m entfernt). In einem weiteren Umgriff, im Anschluss an das unter 1.3) maßgeblich eingegrenzte Gebiet in östlicher Richtung befinden sich in ca. 150 m Entfernung die Spielhallen ... und ... (Mehrfachkonzession).

Vor diesem Hintergrund der bereits vorhandenen Vergnügungsstätten hat die Kammer beim Augenschein die Überzeugung gewonnen, dass durch das Vorhaben der Klägerin eine städtebauliche Fehlentwicklung in dem maßgeblichen Umgriff des durch Wohnnutzung geprägten Teils des Mischgebiets zu befürchten ist.

Nach alledem wäre das klägerische Vorhaben wohl auch wegen Verstoßes wegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bauplanungsrechtlich unzulässig.

2. Auch die in Nr. 2 des Bescheids vom 15. September 2014 ausgesprochene Nutzungsuntersagung erweist sich als rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann, wenn eine Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird, diese Nutzung untersagt werden.

Die bereits erfolgte Nutzungsänderung von einem Ladengeschäft in ein Wettbüro ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO genehmigungspflichtig.

Für eine rechtmäßige Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO ist grundsätzlich bereits die formelle Illegalität der Nutzung ausreichend (BayVGH, B.v. 14.8.2006 - ZB 06.1681 - juris Rn. 2; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Mai 2013, Art. 76 Rn. 282). Ob die geänderte Nutzung materiell-rechtlich genehmigungsfähig ist, spielt grundsätzlich nur dann eine Rolle, wenn die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich ist. Dann scheidet nämlich eine Nutzungsuntersagungsverfügung im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung gegebenenfalls aus (vgl. Decker in Simon/Busse a. a. O. Art. 76 Rn. 282).

Eine derartige offensichtliche Genehmigungsfähigkeit ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Wie oben unter Nr. 1.2 ausgeführt, ist die beantragte Nutzungsänderung vielmehr materiell-rechtlich nicht genehmigungsfähig.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; die Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG). Das der Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird. Sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vorliegen‚ muss in der Regel nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35; B.v. 13.3.2012 - 9 ZB 11.769 - juris Rn. 12; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand Februar 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.).

Ebenso wenig bestehen Bedenken hinsichtlich der Auswahl der richtigen Adressaten (Art. 9 LStVG). Sind mehrere ordnungsrechtlich verantwortliche Personen vorhanden, kann die Bauaufsichtsbehörde zur Herstellung und Aufrechterhaltung baurechtmäßiger Zustände nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, welchen von mehreren Störern sie in Anspruch nimmt. Zur Wiederherstellung baurechtmäßiger Zustände nach pflichtgemäßem Ermessen kann die Nutzungsuntersagung sowohl an den Eigentümer als Zustandsstörer im Sinne des Art. 9 Abs. 2 LStVG als auch unmittelbar an die Betreiberin des Wettbüros als Verhaltensverantwortliche im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG gerichtet werden. Die Inanspruchnahme der Klägerin, der Pächterin der streitgegenständlichen Räumlichkeiten, als Adressatin der Nutzungsuntersagungsverfügung begegnet deshalb keinen rechtlichen Bedenken.

Die zeitliche Verknüpfung der Verpflichtung zur Unterlassung der ausgeübten Nutzung mit dem Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und insbesondere auch verhältnismäßig, zumal der streitgegenständliche Bescheid über die bloße Nutzungsuntersagung hinaus keine weitergehenden Anordnungen enthält.

3. Auch die jeweils angedrohten Zwangsgelder begegnen keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die durchzusetzenden Unterlassungspflichten rechtmäßig angeordnet wurden (Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG).

Der streitgegenständliche Bescheid ist demzufolge rechtmäßig ergangen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 23.493,00 EUR (= 78,31 x 300 EUR) festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Die Kammer hat sich insoweit an Nr. 9.1.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. vom 18. Juli 2013 angelehnt und dabei ca. 300,00 Euro je Quadratmeter Nutzfläche angesetzt. Daraus errechnet sich der festgesetzte Streitwert.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 9 K 14.00663

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 21. Oktober 2015

9. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0920

Hauptpunkte:

Verpflichtungsklage auf Baugenehmigung zur Nutzungsänderung als Wettbüro

Betriebliche Einheit eines Wettbüros mit Vereinslokal

Kerngebietstypische Vergnügungsstätte wegen erhöhter Attraktivität des Wettbüros in Verbindung mit Gaststätte

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

... Rechtsamt vertreten durch den Oberbürgermeister ...

- Beklagte -

wegen Baurechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Kroh die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Engelhardt-Blum die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Wendelin und durch die ehrenamtliche Richterin ...die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Oktober 2015 am 21. Oktober 2015 folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu Wettbüro und wendet sich gegen die ausgesprochene Nutzungsuntersagung zur Nutzung der Gesamtfläche als Wettbüro.

Dem Kläger wurde mit Baugenehmigungsbescheid vom 17. März 2010 und Tekturgenehmigung vom 19. Mai 2010 für die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens ..., ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., die Nutzungsänderung von Laden zu Vereinsheim bzw. Vereinslokal des ... auf einer Nutzfläche von 143,27 qm bauaufsichtlich genehmigt. Das Vorhabensgrundstück ... liegt im Geltungsbereich des einfachen Bebauungsplans Nr. ..., der keine Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung enthält. Im Rahmen einer Ortseinsicht durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten im Dezember 2012 wurde festgestellt, dass die als Vereinslokal genehmigten Räumlichkeiten durch den Kläger als Wettbüro genutzt werden. An den Schaufenstern und an der Eingangstüre wurden Werbeanlagen in Form von Beklebungen mit der Aufschrift... und ...Öffnungszeiten Mo - Fr 11:00 Uhr bis :00 Uhr, Sa bis So 10:00 Uhr bis :00 Uhr“ angebracht. Im Wettbüro waren mehrere PC-Terminals, Tische und Stühle sowie Stehtische und ein Kassenbereich vorhanden. An den Wänden wurden mehrere Flachbildschirme vorgefunden. An den Tischen und Stehtischen lagen Wettscheine aus.

Mit Schreiben vom 4. Februar 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Nutzung als Wettbüro genehmigungspflichtig, jedoch nicht genehmigungsfähig sei. Er wurde aufgefordert, die Wettbüronutzung bis zum 31. März 2013 aufzulassen.

Am 4. Februar 2013 beantragte der Kläger für eine Teilfläche des Vereinslokals die Nutzungsänderung als Wettbüro. Laut Baubeschreibung soll auf einer Teilfläche von 22,43 qm eine Nutzung als Wettbüro zugeführt werden. Einen insoweit ergänzenden Bauantrag für das Vorhaben „Verkleinerung des Vereinslokals mit neuer Zugangssituation“ stellte am 6. Februar 2013 ...

Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass das von ihm beantragte Bauvorhaben voraussichtlich nicht genehmigungsfähig sei. Ihm wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb von vier Wochen zum Sachverhalt Stellung zu nehmen. Gleichzeitig wurde er aufgefordert, die Nutzung als Wettbüro aufzulassen. Unter Beantragung der Verlängerung der Anhörungsfrist bis zum 30. September 2013 teilte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 30. September 2013 mit, dass es sich bei dem Vorhaben nicht um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte handele, die in der überwiegend durch gewerbliche Nutzung als Mischgebiet geprägten Umgebungsbebauung zulässig sei. Bei dem geplanten Wettbüro könne nicht von einer betrieblichen Einheit mit dem bestehenden Vereinslokal ausgegangen werden. Das Wettbüro werde räumlich abgetrennt und verfüge über einen eigenen Eingang. Der Kläger habe daher einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung.

Mit Schreiben vom 22. März 2013 und 8. April 2013 gingen Beschwerden der umliegenden Gewerbetreibenden wegen Beeinträchtigungen durch den Betrieb des Wettbüros bei der Beklagten ein.

Im Rahmen einer Ortseinsicht am 26. März 2014 durch den Außendienst der Bauordnungsbehörde der Beklagten wurde festgestellt, dass das Wettbüro in bisheriger Form weiterhin betrieben wird. Es seien lediglich neue Werbeanlagen in Form von zwei Schaufensterbeklebungen mit dem Schriftzug „Sportwetten, Live Wetten, Bundesliga live soccerhome“ und einer Beklebung an der Eingangstüre mit dem Schriftzug „...Öffnungszeiten Mo - Fr 11.00 Uhr bis 22.30 Uhr/Sa - So 10.00 Uhr bis 22.30 Uhr“ angebracht.

Mit Bescheid vom 27. März 2014 versagte die Beklagte die Erteilung der beantragten Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu Wettbüro und untersagte die Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens ... als Wettbüro innerhalb einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheides. Für den Fall der Nichteinhaltung dieser Frist wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht. Zur Begründung wird ausgeführt, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richte sich nach § 34 BauGB. Aufgrund der vorhandenen Bebauungs- und Nutzungsstruktur sei von einem Mischgebiet im Sinne von § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO auszugehen. Die maßgebende Bezugsumgebung bestehe aus der vorhandenen Bebauung des Bauquartiers, welches durch die ..., die ..., die ... und die ... begrenzt werde. Gekennzeichnet sei dieses Bauquartier durch überwiegend geschlossene Blockrandbebauung mit bis zu fünf Geschossen. Es handele sich um insgesamt 23 Gebäude inklusive Nebengebäuden, von denen 11 Anwesen ab dem Erdgeschoss und damit komplett dem Wohnen dienten. Sieben der weiteren Anwesen verfügten über erdgeschossige Nutzungen, die in einem allgemeinen Wohngebiet im Sinne des § 4 BauNVO allgemein zulässig seien (Asia-Laden, Friseurladen, Cafes, Bank, Immobilienmakler). Zwei der weiteren Anwesen verfügten über erdgeschossige Nutzungen, die in einem Mischgebiet gemäß § 6

BauNVO allgemein zulässig seien (Ladengeschäft und Sanitätsfachgeschäft, jeweils gebietsübergreifend wirkend). Es blieben drei Gebäude, die überwiegend bzw. komplett gewerblich genutzt seien (Anwesen ...). Ohne diese Anwesen würde es sich bei dem Bauquartier nahezu um ein allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 BauNVO handeln. Die räumliche Nähe des Vorhabensstandorts zu den gewerblich genutzten Grundstücken rechtfertige nicht die Einstufung als gewerblich geprägter Teil des Mischgebiets, weil sich am Vorhabensstandort selbst und auch in den benachbarten und direkt betroffenen Anwesen ab dem ersten Obergeschoss Wohnungen befänden. Dies bedeute, dass hier eine mischgebietstypische Durchmischung vorliege. Über das definierte Bauquartier hinaus habe die ...-straße aufgrund ihrer Dimensionierung, Begrünung und Funktion mit U-Bahnlinie eine trennende Wirkung. Die gegenüberliegende Straßenseite könne daher nicht für die Beurteilung der Gebietseinstufung herangezogen werden.

Das Wettbüro werde derzeit auf einer - als Vereinslokal genehmigten - Fläche von insgesamt 143,27 qm betrieben. Es sei eine Nutzungsänderung von einer Teilfläche mit ca. 22 qm als Wettbüro beantragt worden. Die restliche Fläche solle als Vereinslokal genutzt werden. Für das Wettbüro und das Vereinslokal sei ein gemeinsamer Eingangsbereich mit ca. 2,2 qm Fläche vorgesehen.

Bei dem ausgeführten Wettbüro auf einer Fläche von 143,27 qm und bei dem beantragten Vorhaben als Wettbüro auf einer Fläche von 22 qm im Zusammenhang mit dem Vereinslokal handele es sich um eine gewerbliche Nutzung, die als Vergnügungsstätte einzustufen sei. Aus der Betriebsbeschreibung zum beantragten Wettbüro vom 29. Januar 2013 sei ersichtlich, dass es sich nicht um ein Ladenlokal handele, da zum einen eine „gesellschaftliche Atmosphäre“, d. h. Aufenthaltsqualität, angestrebt werde, und zum anderen die Öffnungszeiten (täglich 10.00 Uhr bis 22.30 Uhr) keine üblichen Ladenöffnungszeiten darstellten. Vielmehr sei die Öffnungszeit fast deckungsgleich mit dem Vereinslokal (täglich 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr), aus dem die Fläche des Wettbüros herausgetrennt werden solle. Auch die an der Eingangstüre ersichtlichen tatsächlichen Öffnungszeiten (täglich 11.00 Uhr bzw. 10.00 Uhr bis 22.30 Uhr) seien mit denen des Vereinslokals fast identisch.

Nach der Betriebsbeschreibung des genehmigten Vereinslokals vom 12. April 2010 diene das Vereinslokal als Treffpunkt für die Mitglieder des ... e. V. Dieser veranstalte im Vereinslokal „bunte Abende, an denen Gesellschaftsspiele, Internetnutzung, gegenseitiger Kulturaustausch der Mitglieder, Dart-Turniere, Backgammon und Schachturniere und ähnliche Unternehmungen, die ausschließlich der Unterhaltung dienten, nicht jedoch Glücksspiele stattfinden“. Aufgrund der sich ergänzenden Betriebsbeschreibungen und dem gemeinsamen Eingang von der Straße aus sei von einer funktionalen Einheit des Vereinslokals mit dem Wettbüro auszugehen. Daran ändere auch ein wie im Tekturentwurf (Stand 30.9.2013) dargestelltes separates WC im Wettbüro nichts.

Bei der Fläche der Räumlichkeiten insgesamt handele es sich also um eine kerngebietstypische Größe, die im Mischgebiet nicht zulässig sei. Selbst wenn die funktionale Einheit nicht gegeben wäre, und eine Vergnügungsstätte im Sinne des § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO vorläge, wäre sie nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO nicht zulässig, da hier keine gewerbliche Prägung des Gebietes vorliege. Eine Ausnahme im Sinne des § 6 Abs. 3 BauNVO könne gemäß § 15 BauNVO nicht zugelassen werden, da die Wohnnutzungen ab dem ersten Obergeschoss dadurch unzumutbaren Störungen und Belästigungen ausgesetzt würden.

Daher sei weder das beantragte noch das bereits ausgeführte Wettbüro planungsrechtlich zulässig. Die formell rechtswidrige Wettbüronutzung im Anwesen ... sei nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sie verstoße gegen § 34 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO, da ein als Vergnügungsstätte einzustufendes Wettbüro im mit Wohnnutzungen geprägten Teil eines Mischgebietes nicht zugelassen werden könne. Die Anordnung auf Nutzungseinstellung sei geeignet, erforderlich und angemessen. Auf andere, mildere Weise könne kein den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprechender rechtmäßiger Zustand geschaffen werden. An der Beendigung der Nutzung bestehe ein öffentliches Interesse. Aus diesem Grund sei die Auflassung der Nutzung als Wettbüro angeordnet worden.

Gegen den am 31. März 2014 dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zugestellten Bescheid hat der Kläger mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 24. April 2014 am 28. April 2014 Klage mit dem Antrag, „die Beklagte unter Aufhebung ihres Versagungsbescheides vom 27.03.2014 (...) zu verpflichten, dem Kläger die von ihm beantragte Baugenehmigung zu erteilten“, erhoben. Zur Begründung wird auf die Stellungnahme im Anhörungsverfahren vom 30. September 2013 voll umfänglich verwiesen. Die deutlich weiträumiger zu betrachtende Umgebungsbebauung um das Anwesen ... sei überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt. Es werde bezweifelt, dass der ...-Str.“ aufgrund ihrer Dimensionierung, Begrünung und Funktion mit U-Bahnlinie eine trennende Wirkung“ zukomme. Nach klägerischer Auffassung müsse daher auch die gegenüberliegende Straßenseite für die Beurteilung der Gebietseinstufung herangezogen werden, weil entsprechend visuelle Wechselwirkungen zu dem Vorhabensgrundstück auch insoweit bestünden. Nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsprechung (mit Verweis auf BVerwG, B. V. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287) erscheine es ebenso zweifelhaft, ob im vorliegenden Einzelfall von einer funktionalen Einheit des Vereinslokals mit dem Wettbüro auszugehen sei. Bedeutsam sei entgegen der Auffassung der Beklagten sehr wohl, dass gemäß Tekturentwurf ein WC im Wettbüro verfügbar wäre. Schließlich ergebe sich - hilfsweise - eine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit im Wege einer Ausnahme im Sinne des § 6 Abs. 3 BauNVO. Das Vorhaben sei entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gemäß § 15 BauNVO unzumutbar. Dass die Wohnnutzungen ab dem ersten Obergeschoss durch das Vorhaben unzumutbaren Störungen und Belästigungen ausgesetzt würden, stelle eine bloße Behauptung der Beklagten dar. Nach alledem ergebe sich, dass der Kläger einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für die von ihm begehrte Nutzungsänderung habe. Soweit dem Kläger daher eine Baugenehmigung zu erteilen sei, entfalle die im streitgegenständlichen Verfahrensbescheid unter 2. tenorierte Nutzungsuntersagung.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, wegen des gemeinsamen Eingangsbereiches von Vereinslokal und Wettbüro bilde nach Auffassung der Beklagten das Wettbüro mit dem Vereinslokal eine betriebliche Einheit. Als kerngebietstypische Vergnügungsstätte sei sie deshalb selbst bei Vorliegen eines faktischen Mischgebietes unzulässig. Nach Auffassung der Beklagten sei das Wettbüro aber auch als „kleines“ Wettbüro unzulässig, weil sich die nähere Umgebung (§ 34 BauGB) als allgemeines Wohngebiet darstelle. Mit der ebenfalls streitgegenständlichen Nutzungsuntersagung reagiere die Beklagte auf den nicht genehmigungsfähigen Betrieb eines Wettbüros auf einer Fläche von 143,27 qm.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorliegende Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Hinsichtlich der Ergebnisse des Augenscheins und des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 21. Oktober 2015 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

1.

Die zulässige Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu einem Wettbüro ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für das auf dem Grundstück Fl.Nr. ..., Gemarkung ... beabsichtigte Vorhaben „Nutzungsänderung einer Teilfläche des Vereinslokals zu Wettbüro“, er wird durch den streitgegenständlichen Bescheid nicht in eigenen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Vorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO). Prüfungsmaßstab sind nach Art. 59 Abs. 1 Nr. 1 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 bis 38 BauGB) sowie die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO. Die nach Art. 55 Abs. 1 i. V. m. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO genehmigungspflichtige Nutzungsänderung (vgl. nachfolgend Nr. 1.1) hat nach der Art der Nutzung eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte zum Gegenstand (vgl. nachfolgend Nr. 1.2). In der als faktisches Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB, § 6 Abs. 1 BauNVO) zu qualifizierenden näheren Umgebung des Vorhabens ist eine solche Nutzung ihrer Art nach bauplanungsrechtlich unzulässig (vgl. nachfolgend Nr. 1.3).

1.1

Das Vorhaben des Klägers ist eine Nutzungsänderung, die gemäß Art. 55 Abs. 1, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO einer Baugenehmigung bedarf.

Voraussetzung einer genehmigungspflichtigen Nutzungsänderung ist, dass durch die Verwirklichung eines Vorhabens im Wege einer neuen Zweckbestimmung die einer genehmigten Nutzung eigene Variationsbreite verlassen wird und durch die Aufnahme dieser veränderten Nutzung andere bauordnungs- oder bauplanungsrechtliche Anforderungen in Betracht kommen können als für die bisherige Nutzung, so dass sich die Frage der Genehmigungsfähigkeit neu stellt (vgl. BVerwG, U. V. 18.11.2010 - 4 C 10/09 - NVwZ 2011, 748/749; BayVGH, U. V. 19.5.2011 - 2 B 11.353 - BayVBl. 2012, 86; B. V. 10.6.2010 - 1 ZB 09.1971 - juris).

Die vom Kläger beabsichtigte Nutzung eines Teils des Erdgeschosses im Anwesen Fl.Nr. ... Gemarkung ...als Wettbüro bewegt sich ihrer Art nach ersichtlich nicht mehr im Rahmen der zuletzt mit Bescheid der Beklagten vom 17. März 2010 genehmigten Nutzung als Vereinslokal. Während es sich - unabhängig von der tatsächlichen Ausgestaltung - bei der genehmigten Nutzung als Vereinslokal mit aufgestellten Spielgeräten um eine Schank- und Speisewirtschaft im planungsrechtlichen Sinn handelt, sind davon Wettbüros als Vergnügungsstätten oder sonstige Gewerbebetriebe in bodenrechtlicher Hinsicht zu unterscheiden. Für die unterschiedlichen Nutzungen kommen daher auch andere planungsrechtliche Anforderungen in Betracht. Die beabsichtigte Nutzungsänderung hat somit auch die für ein Vorhaben im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB erforderliche bodenrechtliche Relevanz (vgl. BVerwG, U. V. 31.8.1973 - IV C 33/71 - juris).

1.2

Das beantragte Bauvorhaben ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der baulichen und betrieblich-funktionalen Gesichtspunkte, als betriebliche Einheit mit der verbleibenden Fläche des Vereinslokals zu werten und stellt sich nach der Art der baulichen Nutzung daher als kerngebietstypische Vergnügungsstätte im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO dar.

Vergnügungsstätten sind gewerbliche Nutzungsarten, die in unterschiedlicher Weise unter Ansprache des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebs der kommerziellen Freizeitunterhaltung und der Zerstreuung dienen (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 7 Rn. 16; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Aufl. 2014, § 4a Rn. 22). In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln sind, wenn sie anders als bloße Wettannahmestellen wie für Lotto und Toto auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. V. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - NVwZ-RR 2015, 774 ff.; BayVGH, B. V. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 15 m. w. N.).

Kerngebietstypische Vergnügungsstätten sind solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, insbesondere weil sie einen größeren Einzugsbereich haben und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen (vgl. BVerwG, B. V. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8). Hinsichtlich der negativen städtebaulichen Auswirkungen von Vergnügungsstätten ist nicht nur auf die damit verbundenen Lärmbeeinträchtigungen abzustellen. Vielmehr entspricht es nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes einem allgemeinen städtebaulichen Erfahrungssatz, dass sich Vergnügungsstätten negativ auf ihre Umgebung auswirken können (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - juris Rn. 22). Die Größe eines Betriebes gilt dabei als ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (vgl. BayVGH, B. V. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 15; BVerwG, B. V. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8). Zur Abgrenzung zu kerngebietstypischen Wettbüros kann wie bei Spielhallen die Größe der Nutzfläche als wesentlicher Anhaltspunkt dienen (vgl. Hornmann in Spannowsky/Hornmann/Kemper, Beck‘scher Online-Komm. BauNVO, Stand März 2015, § 4a Rn. 74). Für ein Kerngebiet typisch ist somit eine Vergnügungsstätte dann, wenn sie als zentraler Dienstleistungsbetrieb auf dem Unterhaltungssektor einen größeren Einzugsbereich hat und für ein größeres und allgemeineres Publikum erreichbar sein soll, wobei die Größe des Betriebs insoweit eine maßgebende Rolle spielt (vgl. Roeser, a. a. O., § 7 Rn. 17 m. w. N.). Die für die Kerngebietstypik maßgebliche Größe, der größere Einzugsbereich und das damit verbundene besondere städtebauliche Störpotential können sich auch durch die gesteigerte Attraktivität des Wettbüros unter Einbeziehung der unmittelbar benachbarten Gaststätte als betriebliche Einheit ergeben (vgl. BVerwG, B. v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - juris Rn. 4).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es zwar Sache des Bauherrn festzulegen, was Bestandteil seines zur Genehmigung gestellten Vorhabens sein soll, „soweit er sich dabei innerhalb der Grenzen hält, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind“ (vgl. BVerwG, U. V. 27.4.1993 - 1 C 9/92 - juris Rn. 15). Dabei hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, ob eine Änderung einer zuvor einheitlichen Nutzung mehrere „selbstständige Nutzungseinheiten“ entstehen lässt, oder ob es sich bei etwaigen neugeschaffenen Nutzungseinheiten um Teile einer „betrieblichen Einheit“ handelt, die als ein einheitliches Vorhaben zu behandeln sind (vgl. BVerwG, a. a. O.; VG Stuttgart, U. V. 15.4.2014 - 5 K 1953/13 - juris). Für die Annahme einer betrieblichen Einheit genügt zwar nicht schon die Belegenheit unter einem Dach (vgl. BVerwG, U. V. 27.4.1993, a. a. O.; BayVGH, B. V. 12.12.2014 - 9 ZB 11.2567 - juris Rn. 11). Maßgeblich sind dabei bauliche und betrieblich-funktionale Gesichtspunkte, die für oder gegen einen selbstständigen Betrieb sprechen (vgl. BVerwG, U. V. 24.11.2005 - 4 C 8/05 - juris; BVerwG, B. V. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287). Dabei kann vor allem die durch die Betriebseinheit einer Vergnügungsstätte mit einer Gaststätte bewirkte größere Attraktivität von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, B. V. 29.10.1992, a. a. O.). Bei einer Belegenheit mehrerer Betriebe im selben Gebäude spricht schon die Zugänglichkeit über ein und denselben Eingangsbereich, die Verknüpfung und Ergänzung der jeweiligen Angebote, die sich bei einer natürlichen Betrachtungsweise insbesondere aus Kundensicht als verbunden darstellen, für die Einheitlichkeit der Nutzung (vgl. BayVGH, B. V. 12.12.2014 - 9 ZB 11.2567 - juris Rn. 11; VGH BW, B. V. 15.3.2013 - 8 S 2073/12 - juris Rn. 6). Aus Kundensicht maßgeblich ist insoweit nicht der Eingang in die jeweiligen Räume als vielmehr der gemeinsame Eingang in das Gebäude anzusehen (vgl. BayVGH, B. v. 12.12.2014, a. a. O. unter Verweis auf BVerwG, U. v. 27.1.1993 - 1 C 9/92 - juris Rn. 15). Für das Vorliegen eines einheitlich zu beurteilenden Vorhabens kann es überdies sprechen, wenn es wirtschaftlich uninteressant wäre, nur eine von mehreren beantragten Nutzflächen unabhängig von der anderen zu realisieren (vgl. VG Stuttgart, U. V. 15.4.2014 - 5 K 1953/13 - juris).

In Anwendung dieser Maßstäbe stellt sich das zur Genehmigung gestellte Vorhaben des Klägers sowohl räumlich als auch betrieblich-funktional als betriebliche Einheit mit dem verbleibenden Vereinslokal und somit als kerngebietstypische Vergnügungsstätte dar.

Der enge räumliche und betrieblich-funktionale Zusammenhang des zur Genehmigung gestellten Wettbüros mit dem verbleibenden Bereich des Vereinsheims führt bei der planungsrechtlichen Beurteilung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens zur Annahme einer betrieblichen Einheit. Nach den Planunterlagen soll das Wettbüro mit einer Fläche von 22,43 qm aus dem Vereinslokal räumlich abgetrennt und durch einen gemeinsamen Vorraum betreten werden. Ein räumlicher Zusammenhang ergibt sich vorliegend bereits daraus, dass das Wettbüro gleichsam aus dem als Vereinslokal dienenden Raum herausgeschnitten werden soll und beide Nutzungen durch dieselbe Eingangstür von der Straße betreten werden können. Ein Besucher des Wettbüros kann aufgrund des gemeinsamen Vorraumes so mühelos in das Vereinslokal wechseln und umgekehrt. Wenn sich für die Kunden somit eine Möglichkeit zum wechselnden Aufenthalt in den einzelnen Räumlichkeiten ergibt, erhöht sich damit die Attraktivität des Standortes mit seinem Gesamtangebot, was insoweit ein Indiz für die Einheitlichkeit der Nutzung sein kann (vgl. BVerwG, B. V. 29.10.1992, a. a. O.).

Der betrieblich-funktionale Zusammenhang ergibt sich vorliegend entsprechend der Betriebsbeschreibungen aus parallelen bzw. ergänzenden Angeboten sowie nahezu identischen Öffnungszeiten: Nach der Betriebsbeschreibung für das streitgegenständliche Wettbüro sollen im Wettbüro den Kunden PCs mit Internetzugang zur Verfügung gestellt und auf Fernsehbildschirmen und einer Großprojektionsleinwand verschiedene Sportereignisse live übertragen werden. Dem Kunden solle es „in gesellschaftlicher Atmosphäre“ ermöglicht werden, „zeitgleich an diversen Sportereignissen wie z. B. Fußball, Boxen, Formel I usw. teilzuhaben“. Neben der Abgabe von Wettscheinen an der Kasse sollen Eingabegeräte für Live-Wetten zur Verfügung stehen. Nach der Betriebsbeschreibung des Vereinslokals sollen dort neben Internetnutzung Spiele wie Dart-Turniere, Backgammon- und Schachturniere und ähnliche Unternehmungen angeboten werden. Die Öffnungszeiten des Vereinslokals von Montag bis Sonntag jeweils von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr sind nahezu identisch mit den Öffnungszeiten des Wettbüros (Montag bis Sonntag von 10.00 Uhr bis 22.30 Uhr). Aus der Parallelität bzw. Ergänzung der jeweiligen Angebote ergibt sich auch ein betrieblich-funktionaler Zusammenhang. Sowohl das Wettbüro als auch das Vereinslokal sollen dem geselligen Beisammensein und dem gemeinsamen Spiel- und Sporterlebnis dienen. Das Wettbüro und das Vereinslokal ergänzen sich somit auch im Hinblick auf die im Wesentlichen gleichen Öffnungszeiten in geradezu idealer Weise.

Unter Berücksichtigung der baulichen und betrieblich-funktionalen Kriterien bilden das Wettbüro und das Vereinslokal bei der gebotenen objektiven Betrachtung einen einheitlichen Betrieb, der es ermöglicht, in einem Raum die gewünschten Wetten abzuschließen sowie in den unmittelbar angrenzenden Räumlichkeiten in geselliger Atmosphäre das Ergebnis der Wettspiele abzuwarten, um gegebenenfalls weitere Wetten abzugeben.

Aufgrund des engen räumlichen Zusammenhangs und der funktionalen Ergänzung mit dem Vereinslokal wird das Wettbüro als Vergnügungsstätte derart in seiner Attraktivität gesteigert, dass es infolge der Betriebseinheit als zentraler Dienstleistungsbetrieb mit einem größeren Einzugsbereich für ein größeres und allgemeines Publikum zu gelten hat und deshalb grundsätzlich nur in einem Kerngebiet zugelassen werden darf (vgl. BVerwG, B. V. 29.10.1992, a. a. O.). Das Wettbüro ist in Betriebseinheit mit dem Vereinslokal angesichts einer gesamten Grundfläche von 142,39 qm darauf angelegt, ein größeres und allgemeines Publikum aus einem weiteren Einzugsbereich anzusprechen. Unschädlich ist es dabei, dass das Vereinslokal nach dem Inhalt der Betriebsbeschreibung lediglich als Treffpunkt der Vereinsmitglieder dienen soll. Eine grundsätzlich öffentliche Zugänglichkeit von Räumlichkeiten ist kein Wesensmerkmal einer Vergnügungsstätte (vgl. VG Ansbach, U. V. 9.4.2014 - AN 9 K 13.01321 - juris Rn. 37 m. w. N.). Bodenrechtlich relevant ist vielmehr das Störpotential eines solchen Betriebs, das sich unter Berücksichtigung des betrieblich-funktionalen Zusammenhangs beider Nutzungseinheiten anhand der Gesamtgröße und des aufgrund der erhöhten Attraktivität ergebenden Publikumskreises ergibt.

1.3

Das klägerische Vorhaben ist als kerngebietstypische Vergnügungsstätte in der als faktisches Mischgebiet nach § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 1 BauNVO zu qualifizierenden näheren Umgebung des Vorhabens seiner Art nach bauplanungsrechtlich weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig.

Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach der Art der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfügt (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der aufgrund des § 9a BauGB erlassenen Verordnung (Baunutzungsverordnung - BauNVO) bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre (§ 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB).

Nach der Rechtsprechung ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U. V. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380; B. V. 13.5.2014 - 4 B 3813 - juris Rn. 7). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B. V. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris). Grundsätzlich gelten als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegenden Straßenseiten, soweit nach den Umständen des Einzelfalles einer öffentlichen Straße keine trennende Wirkung beizumessen ist (vgl. BayVGH, U. V. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris Rn. 20 m. w. N.).

Nach dem Ergebnis des Augenscheins und den in der Behördenakte enthaltenen Lageplänen kann der Bereich der wechselseitigen Prägung hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung mit Blick auf die zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens (insbesondere Parkplatzsuchverkehr) und die vorhandenen baulichen Strukturen wie folgt bestimmt werden: Er umfasst die in ihrer Struktur aufeinander bezogene Blockrandbebauung entlang der...-straße zwischen ...-straße und ...-straße. Das prägende Bauquartier ist durch überwiegend geschlossene Blockrandbebauung mit bis zu fünf Geschossen gekennzeichnet. Es handelt sich um insgesamt 23 Gebäude inklusive Nebengebäuden, von denen elf Anwesen komplett dem Wohnen dienen. In sieben weiteren Anwesen finden sich im Erdgeschoss nicht störende gewerbliche Nutzungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO (Asia-Laden, Friseurläden, Cafe´s, Bank, Immobilienmakler). In zwei weiteren Anwesen finden sich im Erdgeschoss gebietsübergreifend wirkende gewerbliche Nutzungen (Ladengeschäft und Sanitätsgeschäft). Lediglich in den Anwesen ...-straße 40 und 42 findet sich eine komplette gewerbliche Nutzung. Im Übrigen ist die nähere Umgebung des Baugrundstücks zumindest ab den Obergeschossen durch Wohnnutzung geprägt. Abgesehen davon, dass der ... im maßgeblichen Bereich aufgrund der Vierspurigkeit und beidseitiger Radwegeführung der Fahrbahn, der Begrünung des Mittelstreifens und des im Mittelstreifen befindlichen U-Bahn-Abgangs wohl trennende Wirkung beizumessen ist, ist auch die gegenüberliegende Bebauung in den Obergeschossen augenscheinlich durch Wohnnutzung geprägt.

Die so einzugrenzende Umgebungsbebauung stellt sich nach der Art der vorhandenen Nutzung als ein faktisches Mischgebiet dar. Mischgebiete dienen gleichermaßen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören (§ 6 Abs. 1 BauNVO). Kennzeichnend für diesen Baugebietstyp ist somit eine Gleichwertigkeit und Gleichgewichtigkeit von Wohnen und nicht störendem Gewerbe, mithin eine qualitative und quantitative Durchmischung der Hauptnutzungsarten (vgl. BVerwG, B. V. 11.4.1996 - 4 B 51/96 - juris Rn. 6). Im maßgebenden Bereich der ...-straße weist nahezu jedes der vier- bis fünfgeschossigen Gebäude im Erdgeschoss eine das Wohnen nicht wesentlich störende gewerbliche Nutzung und in den darüber liegenden Geschossen eine Wohnnutzung auf. Aufgrund der anzufindenden gewerblichen Nutzungen, die zumindest teilweise nicht überwiegend der Gebietsversorgung dienen, stellt sich die nähere Umgebung des Vorhabens als faktisches Mischgebiet dar. Für eine Einordnung der näheren Umgebung als (faktisches) Kerngebiet im Sinne von § 7 Abs. 1 BauNVO oder als (faktisches) Gewerbegebiet im Sinne von § 8 BauNVO fehlt es vorliegend bereits an einem Übergewicht der gewerblichen Nutzungen gegenüber der Wohnnutzung.

Das streitgegenständliche Vorhaben ist als kerngebietstypische Vergnügungsstätte in einem (faktischen) Mischgebiet aufgrund des damit einhergehenden Störpotentials weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig.

Da sich das streitgegenständliche Vorhaben somit bauplanungsrechtlich als unzulässig erweist, hat die Beklagte zu Recht die beantragte Baugenehmigung abgelehnt.

2.

Soweit der Klägervertreter seinen Klageantrag in der mündlichen Verhandlung vom 21. Oktober 2015 auch auf die Aufhebung der mit Bescheid vom 27. März 2014 ausgesprochenen Nutzungsuntersagung richtet, bestehen insoweit bereits Zweifel an der Zulässigkeit der Klage; sie ist jedenfalls unbegründet.

Der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers hat bei der Klageerhebung mit Schriftsatz vom 24. April 2014 den Klageantrag ausdrücklich auf die Aufhebung des „Versagungsbescheides“ und den entsprechenden Verpflichtungsantrag beschränkt. Im gesamten klägerischen Vorbringen wurden keine Ausführungen zu einer geltend gemachten Rechtswidrigkeit der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung gemacht.

Nach § 88 VwGO darf das Gericht über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. Somit ist zwar der Wortlaut des schriftsätzlich vorgetragenen Klageantrages nicht einzig ausschlaggebend. Maßgeblich für den Umfang des Klagebegehrens ist vielmehr das aus dem gesamten Parteivorbringen erkennbare wirkliche Rechtsschutzziel (vgl. BVerwG, U. V. 3.7.1992 - 8 C 72/90 - juris).

Aufgrund der ausdrücklichen Beschränkung des schriftsätzlich erhobenen Klageantrages des anwaltlich vertretenen Klägers auf Aufhebung des Versagungsbescheids und Verpflichtung zur Erteilung der Baugenehmigung sowie den Ausführungen zur Klagebegründung ergeben sich Zweifel, ob die ausgesprochene Nutzungsuntersagung zum Streitgegenstand und damit rechtshängig gemacht wurde. Insoweit wäre die in der mündlichen Verhandlung beantragte Anfechtungsklage wegen versäumter Klagefrist nach § 74 Abs. 1 VwGO unzulässig.

Selbst wenn das Klagebegehren vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts, auf die Stellung sachdienlicher Anträge im wohl verstandenen klägerischen Interesse hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO) auf gleichzeitige Anfechtung der ausgesprochenen Nutzungsuntersagung auszulegen wäre, ist die Klage jedenfalls insoweit unbegründet.

Die mit Bescheid vom 27. März 2014 ausgesprochene Untersagung der derzeitigen Nutzung der gesamten Räumlichkeiten als Wettbüro erweist sich als rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann, wenn eine Anlage in Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird, diese Nutzung untersagt werden. Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO, der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt, liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor, wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (vgl. BayVGH, B. V. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2378 - juris Rn. 5). Denn die Nutzungsuntersagung hat insoweit die Funktion, den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen, ohne dass geprüft werden müsste, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Für die Rechtmäßigkeit einer Nutzungsuntersagungsverfügung kommt es nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde das Vorhaben für genehmigungsfähig hält, sondern darauf, ob das Vorhaben offensichtlich genehmigungsfähig ist (vgl. BayVGH, B. V. 23.4.2015, a. a. O.).

Die derzeitige Nutzung der Räumlichkeiten als Wettbüro auf einer Fläche von 143 qm stellt sich - wie ausgeführt - als kerngebietstypische Vergnügungsstätte dar, die in der als faktisches Mischgebiet zu wertenden Umgebungsbebauung weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig ist (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Die ausgeübte und untersagte Nutzung als Wettbüro ist somit nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; die Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG). Das der Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH, U. V. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen, mit der die ihr obliegende Aufgabe, für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen, möglichst effektiv erfüllt wird. Sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vorliegen, muss in der Regel nicht näher begründet werden, weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, B. V. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 20; BayVGH, U. V. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35; sogenanntes „intendiertes Ermessen“: Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Februar 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.).

Auch die Inanspruchnahme des Klägers als Handlungsstörer ist nicht zu beanstanden (Art. 9 LStVG). Die zeitliche Verknüpfung der Verpflichtung zur Unterlassung der ausgeübten Nutzung mit dem Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheides erweist sich ebenfalls als rechtmäßig, insbesondere verhältnismäßig.

3.

Soweit von einem Anfechtungsbegehren mit umfasst begegnet auch die Zwangsgeldandrohung keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die durchzusetzenden Unterlassungspflichten rechtmäßig angeordnet wurden (Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG).

Der streitgegenständliche Bescheid ist nach alledem voll umfänglich zu Recht ergangen, die Klage ist daher abzuweisen.

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Der Streitwert wird auf 43.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Besondere Wohngebiete sind überwiegend bebaute Gebiete, die aufgrund ausgeübter Wohnnutzung und vorhandener sonstiger in Absatz 2 genannter Anlagen eine besondere Eigenart aufweisen und in denen unter Berücksichtigung dieser Eigenart die Wohnnutzung erhalten und fortentwickelt werden soll. Besondere Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen; sie dienen auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben und sonstigen Anlagen im Sinne der Absätze 2 und 3, soweit diese Betriebe und Anlagen nach der besonderen Eigenart des Gebiets mit der Wohnnutzung vereinbar sind.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Läden, Betriebe des Beherbergungsgewerbes, Schank- und Speisewirtschaften,
3.
sonstige Gewerbebetriebe,
4.
Geschäfts- und Bürogebäude,
5.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Anlagen für zentrale Einrichtungen der Verwaltung,
2.
Vergnügungsstätten, soweit sie nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind,
3.
Tankstellen.

(4) Für besondere Wohngebiete oder Teile solcher Gebiete kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Kerngebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur.

(2) Zulässig sind

1.
Geschäfts- , Büro- und Verwaltungsgebäude,
2.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften, Betriebe des Beherbergungsgewerbes und Vergnügungsstätten,
3.
sonstige nicht wesentlich störende Gewerbebetriebe,
4.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
5.
Tankstellen im Zusammenhang mit Parkhäusern und Großgaragen,
6.
Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter,
7.
sonstige Wohnungen nach Maßgabe von Festsetzungen des Bebauungsplans.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Tankstellen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 5 fallen,
2.
Wohnungen, die nicht unter Absatz 2 Nummer 6 und 7 fallen.

(4) Für Teile eines Kerngebiets kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass

1.
oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind oder
2.
in Gebäuden ein im Bebauungsplan bestimmter Anteil der zulässigen Geschossfläche oder eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen zu verwenden ist.
Dies gilt auch, wenn durch solche Festsetzungen dieser Teil des Kerngebiets nicht vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur dient.

Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

AN 9 K 14.01543

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 1. Juli 2015

9. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0920

Hauptpunkte:

Verpflichtungsklage auf Erteilung einer Baugenehmigung für Wettbüro; Vergnügungsstätte in faktischem Mischgebiet; überwiegende Prägung durch Wohnnutzung Anfechtungsklage gegen Nutzungsuntersagung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: ...

gegen

... Rechtsamt

vertreten durch den Oberbürgermeister ...

- Beklagte -

wegen Baurechts

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 9. Kammer, durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Kroh, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Engelhardt Blum, die Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Wendelin und durch den ehrenamtlichen Richter ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund mündlicher Verhandlung vom 1. Juli 2015

am 1. Juli 2015

folgendes Urteil:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage von der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für ein Wettbüro sowie die Aufhebung der von der Beklagten angeordneten Nutzungsuntersagung.

Die Klägerin reichte am 28. März 2014 einen Bauantrag für die Genehmigung einer Nutzungsänderung von Laden zu Wettbüro im Anwesen ..., Fl.Nr. ..., Gemarkung ..., ein. Das Wettbüro soll nach den vorgelegten Plänen eine Hauptnutzungsfläche von 78,31 m² haben. Hinzu kommen ein Flur mit 10,34 m² und eine Personal-WC mit 2,79 m². Die Bruttogrundfläche nach DIN 277 beträgt 91,44 m². Nach der Betriebsbeschreibung vom 19. März 2014 sollen in dem Wettbüro Sportwetten vermittelt werden, deren Ausgang an den installierten Bildschirmen verfolgt werden kann. Die durchschnittliche Kundenzahl beträgt nach Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der Regel 5 bis 10 Besucher pro Stunde und maximal 15 bis 25 Besucher pro Stunde an Wochenenden bei Bundesliga-Partien am Samstagnachmittag.

Das Vorhabensgrundstück befindet sich nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans. Mit Schreiben vom 30. Juni 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass eine Baugenehmigung aus planungsrechtlichen Gründen nicht erteilt werden könne. Außerdem wurde der Klägerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, die Genehmigung zu versagen und die Nutzung als Wettbüro zu untersagen. Daraufhin zeigte sich mit Schreiben vom 31. Juli 2014 der Bevollmächtigte der Klägerin als deren Vertreter an. Mit Schreiben vom 6. August 2014 nahm er zu den Ausführungen der Beklagten Stellung.

Bei einer Ortseinsicht am 9. September 2014 durch die Mitarbeiter der Bauordnungsbehörde der Beklagten wurde festgestellt, dass das Wettbüro nach wie vor betrieben wird. Es waren mehrere Flachbildschirme, eine Beamer-Leinwand, Tische und Stühle sowie ein Kassenbereich vorhanden. Auf den Tischen lagen Wettscheine aus. An den Schaufenstern und der Eingangstüre waren Beklebungen mit der Aufschrift „...“, „Sportwetten Livewetten Bundesliga live Soccer Home“ angebracht. Über dem Eingang war eine rote Einzelbuchstabenschrift „...“ befestigt.

Mit Bescheid der Beklagten vom 15. September 2014 wurde der Klägerin die Genehmigung für das beantragte Bauvorhaben versagt (Nr. 1 des Bescheids). Unter Nr. 2 des Bescheids wurde des Weiteren die Nutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Anwesens ... als Wettbüro untersagt. Für den Fall der Nichteinhaltung einer Frist von einem Monat ab Unanfechtbarkeit des Bescheids wurde unter Nr. 3 des Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 10.000,00 EUR angedroht.

Zur Begründung wird angeführt, dass es sich bei dem beantragten und bereits ausgeführten Bauvorhaben planungsrechtlich um eine Vergnügungsstätte handele. Aufgrund der Ausstattung sowie der Art und Weise des Betriebs des Wettbüros stehe die Unterhaltung der Kunden durch die Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde im Vordergrund. Insbesondere durch die Live-Übertragung von Sportveranstaltungen würden die Kunden animiert, im Lokal zu verbleiben, um gemeinsam die Spannung des Wettspiels zu erleben und sich gegenseitig anzureizen, an weiteren Wetten teilzunehmen.

Das Vorhaben der Klägerin sei nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig, da sich in unmittelbarer Umgebung des Wettbüros in der... bereits mehrere genehmigte Vergnügungsstätten befänden (...) Das Wettbüro sei die dritte Vergnügungsstätte in der näheren Umgebung. Dies führe zu einer unzulässigen Häufung, die für die Umgebung des Baugebietes (gewerbliche Nutzungen in den Erdgeschossen und Wohnen in den Obergeschossen) unzumutbar sei.

Das Vorhaben befinde sich in unmittelbarer Wohnnähe, so dass mit erheblichen Lärmbelästigungen für die angrenzenden Bewohner zu rechnen sei. Es liege deshalb auch eine Unzumutbarkeit nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO vor. Des Weiteren sei zu befürchten, dass durch die Zulassung einer weiteren Vergnügungsstätte ein Trading-Down-Effekt einsetzt. Dies würde sich negativ auf die Umgebung auswirken und sei daher nicht gewünscht. Durch die Häufung an Vergnügungsstätten sei ein Qualitätsverlust von Einkaufsstraßen und -zonen zu befürchten. Der Bereich um den Aufseßplatz sei seit der Errichtung des ehemaligen Kaufhauses „...“ das Herzstück des Einzelhandels der ...Südstadt. Die Schließung des ... habe zu einer Unterversorgung der Südstadt mit wichtigen Sortimenten, besonders der Nahversorgung, aber auch Leitsortimenten wie Textil/Schuhe, geführt. Am Standort ... sei die Neuerrichtung eines nahversorgungsorientierten Stadtteil-Einkaufszentrums geplant. Andere als Einzelhandelsnutzungen seien nicht vorgesehen. Für den städtebaulichen Bezug sei wesentlich, dass Vergnügungsstätten, zu denen das Wettbüro in der hier vorliegenden Ausgestaltung zähle, typischerweise mit negativen Folgewirkungen, wie z. B. Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität, verbunden seien.

Die Nutzungsuntersagung sei nach Art. 76 Satz 2 BayBO ergangen, da das Wettbüro im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt werde. Die formell rechtswidrige Nutzung als Wettbüro im Anwesen ... sei nicht offensichtlich genehmigungsfähig und verstoße gegen planungsrechtliche Vorschriften.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 23. September 2014 hat die Klägerin Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2014 erheben lassen. Zur Begründung wird ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Die beantragte Nutzungsänderung sei bauplanungsrechtlich nach § 34 BauGB zu beurteilen, da das Vorhabengrundstück innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, für den ein Bebauungsplan nicht bestehe. Unstreitig dürfe hier sein, dass es sich vorliegend um ein faktisches Kerngebiet handele, in dem Vergnügungsstätten grundsätzlich zulässig seien. Streitig sei allein der behauptete Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.

Das Vorhaben der Klägerin erweise sich nicht nach § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO als unzulässig. Ein Verstoß gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sei vorliegend nicht erkennbar. Insbesondere lasse sich der von der Beklagten behauptete sogenannte „Trading-Down-Effekt“ bei der Zulassung des Wettbüros hier nicht feststellen. Ein Trading-Down-Effekt könnte allenfalls dann vorliegen, wenn es aufgrund der Verdrängung des traditionellen Einzelhandels und eines Rückgangs der gewachsenen Angebots- und Nutzungsvielfalt durch Vergnügungsstätten zu einem Qualitätsverlust von Einkaufsstraßen und Einkaufszonen komme (vgl. z. B. BayVGH, U.v. 12.7.2012 - 2 B 12.1211, juris RdNr. 46). Es sei nicht klar, welche Einkaufsstraßen und Einkaufszonen dies hier sein sollten, die gefährdet werden könnten. Erst recht sei nicht klar, wie diese Einkaufsstraßen und -zonen hier konkret beeinträchtigt werden könnten. Das geplante Wettbüro sei in dem hier maßgeblichen Gebiet die einzige Vergnügungsstätte seiner Art. Für die Ansiedlung weiterer Wettbüros bestünden derzeit keine Anhaltspunkte.

Es stehe auch nicht zu befürchten, dass weitere Spielhallen hinzuträten, da diese nach neuem Recht verboten seien und nur noch bis zum 30. Juni 2017 Bestandsschutz genössen. Danach müssten die Spielhallen bis auf maximal eine einzige Spielhalle zurückgebaut werden. Auch diese verbleibende Spielhalle könnte allerdings nicht (mehr) genehmigungsfähig sein und schließen müssen, wenn sie die erforderlichen Mindestabstände von 250 m zur nächsten Spielhalle nicht einhalten würde (vgl. dazu Art. 9 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland; § 29 Abs. 4 Satz 1 GlüStV). Dies habe die Beklagte offensichtlich bei ihrer Entscheidung nicht beachtet. Eine Verfestigung der Nutzungsart „Vergnügungsstätte“ oder gar eine Verdrängung der im Übrigen zugelassenen Nutzungen in der näheren Umgebung stehe daher nicht zu erwarten. Im Übrigen stelle sich bei jedem folgenden beantragten Bauvorhaben die Frage des Rücksichtnahmegebots und damit auch des Trading-Down-Effekts neu. Festzuhalten sei, dass im vorliegenden Fall ein Trading-Down-Effekt durch das Wettbüro gerade nicht zu befürchten sei. Im Gegenteil - für die unmittelbare Umgebung sei vielmehr sogar ein Trading-Up-Effekt zu prognostizieren, weil eine neue Nutzung hinzutrete, die bislang noch nicht vorhanden sei.

Im Übrigen gingen von dem geplanten Wettbüro keine Beeinträchtigungen und Störungen der umliegenden Nutzungen aus, die unzumutbar sein könnten. Nicht ersichtlich sei, dass von dem Wettbüro unzumutbare Lärmimmissionen ausgehen könnten. Denn hier seien insbesondere auch die Vorbelastungen zu berücksichtigen, denen die Wohnnutzung in dem Kerngebiet bereits heute ausgesetzt sei. Es handele sich hier um ein belebtes Straßenviertel, demgegenüber das Wettbüro nicht in Erscheinung trete. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass das maßgebliche Gebiet durch das Wettbüro in den Abendstunden eine Prägung erfahren könnte, die dem Gebietscharakter widersprechen würde. Insoweit sei hier vor allem zu berücksichtigen, dass sich in der näheren Umgebung mehrere Schank- und Speisewirtschaften befänden, die auch in den Abendstunden geöffnet hätten.

Schließlich widerspreche auch die Zweckbestimmung der Anlage nicht der Eigenart des Kerngebiets. Leitbild eines Kerngebiets sei gerade auch die Unterbringung von Vergnügungsstätten. Nur hier seien sie - sogar als große, sogenannte kerngebietstypische Vergnügungsstätten vom Gesetzgeber ausdrücklich zugelassen worden. Es sei daher nicht ersichtlich, dass mit dem geplanten Wettbüro eine Nutzung zugelassen würde, die sich im vorliegenden Fall nach ihrer Eigenart nicht mehr in die Gebietsstruktur einfügen würde bzw. diese gefährden würde.

Die von der Beklagten vorgetragenen Argumente seien weitgehend pauschal und bloße „Floskeln“, die einzig und allein dazu dienen sollten, die politisch unliebsame Nutzung durch Mittel des Baurechts zu verhindern. Die pauschale Aussage, die Nähe zu sensiblen Nutzungen würde der Zulassung entgegenstehen, sei nicht näher begründet. Ebenso wenig begründet sei die Befürchtung, weshalb durch das Vorhaben ein Qualitätsverlust von Einkaufsstraßen zu befürchten sei. Die Schließung der ...-Filiale habe sicherlich nichts mit dem geplanten Vorhaben zu tun. Eine Unterversorgung der Südstadt mit einer „Nahversorgung“ sei nicht zu erkennen, vor allem weil die Neuerrichtung eines nahversorgungsorientierten Stadtteil-Einkaufszentrums geplant sei. Die pauschalen Behauptungen, dass mit dem geplanten Vorhaben Lärmbelästigungen, Beeinträchtigungen des Stadt- und Straßenbildes oder Verschlechterungen der Gebietsqualität verbunden seien, sei nicht richtig. Es fänden insbesondere durch das Vorhaben keine Musikveranstaltungen statt. Es gebe keinen großen Kundenverkehr; das Straßenbild werde durch das hochwertige Erscheinungsbild des Geschäfts nicht beeinträchtigt. Die nicht näher begründete Aussage, dass sich die Gebietsqualität verschlechtere, sei in dieser Pauschalität nicht nachzuvollziehen und auch nicht richtig. Die Stadt stütze ihre Entscheidung gerade auch darauf, dass sich weitere Spielhallen etablieren würden. Diese Gefahr bestehe aber wegen der landesglücksspielrechtlichen Vorschriften gerade nicht.

Zu den von der Beklagten genannten Spielhallen sei im Übrigen anzumerken, dass es sich bei der Spielhalle in der ...um eine einzige große Spielhalle handele und nicht um zwei. Diese befinde sich im U-Bahn-Zugangsbereich und sei nicht von der Straße einsehbar aufgrund ihrer Lage im „Untergrund“. Die Entfernung zu dem geplanten Vorhaben betrage außerdem ca. 120 m. Die Spielhalle in der ... befinde sich in einer Entfernung von ca. 75 m zu dem geplanten Vorhaben. Hier von einer Konzentration zu sprechen, die keine weitere Nutzung mehr zulassen könnte, sei verfehlt.

Die Nutzungsuntersagung sei ebenfalls rechtswidrig, da die Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei. Eine wegen Verstoßes gegen die Genehmigungspflicht formell rechtswidrige Nutzung dürfe aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dann nicht untersagt werden, wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig sei. Es sei unverhältnismäßig, eine offensichtlich materiell legale Nutzung zu untersagen, ohne den Bauherrn vorher aufgefordert zu haben, einen Bauantrag zu stellen bzw. ohne über einen bereitgestellten Bauantrag entschieden zu haben (ständige Rechtsprechung, vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.2.2014 - 15 CS 13.1863, juris RdNr. 12).

Der Vertreter der Klägerin verweist hinsichtlich des angeblichen Trading-Down-Effekts und des angeblichen Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (U.v. 25.3.2014 - 2 A 2679/12, juris RdNr. 113 ff.).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Ziffer 1 des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 15. September 2014 zu verpflichten, der Klägerin die beantragte Baugenehmigung für ein Wettbüro zu erteilen, und den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2014 im Übrigen aufzuheben.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Zur Begründung verweist die Beklagte im Wesentlichen auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids. Des Weiteren weist sie darauf hin, dass die Änderungen im Recht der Spielhallen durch den Glücksspielstaatsvertrag und das Gesetz zur Ausführung des Staatsvertrags zu Recht unberücksichtigt gelassen worden seien. Zum einen verliere eine Spielhalle nicht deswegen ihre bauplanungsrechtliche Relevanz, weil nach Auslaufen des gewerberechtlichen Bestandsschutzes der Betreiber mehrere Spielhallen in einem Objekt diese auf eine einzige Spielhalle zurückbauen müsse. Zum anderen könne gegenwärtig nicht ausgeschlossen werden, dass das Ordnungsamt der Beklagten nach Ablauf dieser Bestandskraft eine Befreiung von dem Verbot der Erteilung einer Erlaubnis für mehrere Spielhallen in einem Gebäude oder Gebäudekomplex erteile (§ 29 Abs. 4 Satz 4 GlüStV). So könne nach Art. 12 des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag eine Befreiung erteilt werden, wenn die Gesamtzahl der Geld- und Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit 48 nicht überschreite und ein Konzept zur weiteren Anpassung vorgelegt werde. Auch von dem Gebot des Mindestabstandes zwischen Spielhallen nach § 25 Abs. 1 GlüStV und Art. 9 Abs. 3 AGGlüStV könne im Einzelfall befreit werden. Letztendlich gehe es aber um eine gegenwärtige Häufung von Vergnügungsstätten. Dieser Häufung könne nicht mit dem Argument begegnet werden, dass eine solche in ferner Zukunft nicht mehr bestehen werde. Das Wettbüro befinde sich in einem auch durch Wohnen geprägten Umfeld. So seien im Anwesen Landgrabenstraße 137 in den Obergeschossen Wohnungen genehmigt und vorhanden. Zum näheren Umfeld zähle auch die in die ... von Norden einmündende .... Auch dort befinde sich auf der Westseite fast nahezu ausschließlich Wohnnutzung. Auch auf der dem Baugrundstück gegenüber liegenden Seite der ..., zwischen den Einmündungen der ... und der ... sei in den Obergeschossen überwiegend bzw. nahezu ausschließlich Wohnnutzung vorhanden. Schon deshalb sei die nähere Umgebung im Sinne des § 34 BauGB keinesfalls als Kerngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung einzustufen. Das Stadtplanungsamt der Beklagten habe im stadtbauaufsichtlichen Verfahren das Gebiet als Gemengelage nach § 34 Abs. 1 BauGB eingestuft. Wegen der Häufung von Vergnügungsstätten im näheren Umfeld verstoße das Vorhaben der Klägerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme, welches Bestandteil des Gebots des Einfügens im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB sei. Dem Gebot der Rücksichtnahme komme eine Korrekturfunktion im Zulässigkeitsrecht des § 34 BauGB zu. Dieses entspreche etwa dem des § 15 Abs. 1 BauNVO im Falle einer bauplanungsrechtlichen Beurteilung von Vorhaben nach § 34 Abs. 2 BauGB. Deshalb setze auch § 34 Abs. 1 BauGB einer Häufung von Vergnügungsstätten Grenzen. Neben den im streitgegenständlichen Bescheid bereits genannten Vergnügungsstätten in der ..., der ... und der ... seien noch weitere Spielhallen im näheren Umfeld des Baugrundstücks vorhanden. Wie bereits im Verfahren AN 9 K 13.01321 vorgetragen, befinde sich in fußläufiger Entfernung von ca. 90 m im Anwesen ... eine Spielhalle. In fußläufiger Entfernung von 150 bis 160 m seien zwei weitere Spielhallen anzutreffen, nämlich die in den Anwesen ... und ...

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen. Hinsichtlich des Verlaufs des Augenscheins und der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Verpflichtungsklage auf Erteilung der Baugenehmigung sowie die Anfechtungsklage gegen die Nutzungsuntersagung sind zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Der ablehnende Bescheid der Beklagten vom 15. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Dem beantragten Bauvorhaben stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO). Prüfungsmaßstab sind nach Art. 59 Abs.1 Nr.1 BayBO im vereinfachten Genehmigungsverfahren die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit (§§ 29 bis 38 BauGB) sowie die Regelungen örtlicher Bauvorschriften im Sinne des Art. 81 Abs. 1 BayBO.

Die baugenehmigungspflichtige Nutzungsänderung (Art. 55 Abs.1, Art. 57 Abs. 4 Nr.1 BayBO) erweist sich in bauplanungsrechtlicher Hinsicht als unzulässig. Bei dem Wettbüro der Klägerin handelt es sich um eine ihrer Art nach als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte einzustufende Nutzung (dazu 1.1). Die nach dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins maßgebliche nähere Umgebung des Vorhabens ist als überwiegend durch Wohnnutzung geprägter Teil eines faktischen Mischgebiets (dazu 1.2 und 1.3) zu qualifizieren, so dass das beantragte Vorhabens seiner Art nach gemäß § 34 Abs. 1, 2 Halbsatz 2 BauGB i.V.m § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO unzulässig ist. Darüber hinaus würde dem Vorhaben auch § 15 Abs. 1 BauNVO entgegenstehen (dazu 1.4).

1.1. Das beantragte Bauvorhaben ist bei Würdigung aller Umstände nach der Art der Nutzung als nicht kerngebietstypische Vergnügungsstätte im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO einzustufen.

Vergnügungsstätten sind besondere Gewerbebetriebe, die in unterschiedlicher Weise unter Ansprache des Geselligkeitsbedürfnisses, des Spiel- oder Sexualtriebs der kommerziellen Freizeitgestaltung und der Zerstreuung dienen (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3.Aufl. 2014, § 7 Rn. 16). Prägend für das Leistungsangebot des klägerischen Wettbüros ist die kommerzielle Unterhaltung der Gäste durch Teilnahme am Wettspiel in geselliger Runde.

Kerngebietstypische Vergnügungsstätten sind solche, die wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind, insbesondere weil sie einen größeren Einzugsbereich haben und für ein größeres und allgemeines Publikum erreichbar sein sollen (BVerwG, U.v. 21.2.1986 - 4 C 31.83 - BauR 1986, 417ff.)

Das streitgegenständliche Wettbüro ist im Hinblick auf seine Größe und Ausstattung nicht als eine nur im Kerngebiet zulässige Vergnügungsstätte anzusehen, da davon auszugehen ist, dass sich die Anziehungskraft des Wettbüros aller Wahrscheinlichkeit nach in Grenzen halten wird und die Zahl der Besucher überschaubar bleibt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Wettbüro der Klägerin sich an ein Kundenpublikum aus einem überörtlichen Einzugsbereich richtet. Hierfür fehlt es schon an einem ausreichenden Platzangebot im Wettlokal und an einer überörtlichen Werbung.

Es erscheint sachgerecht die für die Abgrenzung einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte bei Spielhallen als Schwellenwert von der Rechtsprechung entwickelte Nutzfläche von 100 m² auch in Bezug auf ein solches Wettlokal, das eine ähnliche Vergnügungsstätte darstellt anzuwenden (BVerwG, B.v. 29.10.1992 - 4 B 103/92 - NVwZ-RR 1993, 287 f.; BayVGH, U.v. 24.3.2011 - 2 B 11,59 - juris). Nach der streitgegenständlichen Planung erreicht das Wettbüro der Klägerin mit einer Nutzfläche von 91,44 m² diesen Schwellenwert nicht. Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung erfordern könnten, existieren nicht. Die Gegebenheiten sprechen dafür, dass das zu erwartende Störpotenzial kein Ausmaß erreichen wird, das nur in einem Kerngebiet als zulässig erachtet werden könnte.

1.2 Die Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 BauGB, da das Vorhabensgrundstück nicht im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes liegt und dem bauplanungsrechtlichen Innenbereich (§ 34 Abs. 1 und 2 BauGB) zuzurechnen ist. Die maßgebliche Eigenart der näheren Umgebung entspricht einem faktischen Mischgebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO.

1.2.1 Nach der Rechtsprechung ist als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369/380 - juris; B.v. 13.5.2014 - 4 B 38/13 - juris Rn. 7). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 - 4 B 74.03 - juris). Grundsätzlich gelten als Bereich gegenseitiger Prägung das Straßengeviert und die gegenüberliegenden Straßenseiten (vgl. BayVGH, U.v. 10.7.1998 - 2 B 96.2819 - juris; B.v. 27.9.2010 - 2 ZB 08.2775 - juris, B. v. 30.1.2013 - 2 ZB 12.198 - juris).

Nach den Erkenntnissen des Augenscheins und den in der Behördenakte enthaltenen Lageplänen kann die hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung maßgebliche nähere Umgebung wie folgt bestimmt werden:

Sie umfasst die Blockrandbebauung beidseits der Landgrabenstraße nach Osten bis zur Einmündung des ... in die ... und nach Westen bis zur Einmündung der ... in die .... Entgegen der Auffassung des Klägervertreters kommt der ... in diesem Bereich keine trennende Wirkung zu. Allein das Vorhandensein einer Straße zwischen einer auf beiden Seiten zusammenhängenden Bebauung unterbricht noch nicht regelmäßig den Bebauungszusammenhang (vgl. BayVGH, U.v. 24.7.2014 - 2 B 14.1099 - juris). Eine trennende Wirkung einer öffentlichen Straße lässt sich nur unter Beachtung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls annehmen (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40/87 - juris). Nach der von der Kammer beim Augenschein konkret vorgefundenen örtlichen Situation prägen sich beide Straßenseiten gegenseitig. Zwar handelt es sich bei der ...um eine befahrene Durchgangsstraße, die neben zwei Richtungsfahrbahnen in der Mitte Straßenbahnschienen und beidseits einen 3 m breiten Gehweg aufweist. Allerdings hat die ... eine eher geringe Breite und auch keine überörtliche Bedeutung. Wie die Kammer beim Augenschein feststellen konnte, befinden sich südlich und nördlich der ... überwiegend fünfgeschossige Gebäude. Angesichts der hohen beidseitigen Bebauung und der geringen Breite der ... ist hier von einer gegenseitigen Prägung der beiden Straßenseiten auszugehen.

Die Bebauung beidseits der ..., der Verlängerung der ... östlich der Einmündung des ..., gehört dagegen nicht mehr zu der näheren Umgebung des klägerischen Vorhabens und ist deshalb für die Bestimmung der Gebietsart nicht mitprägend. Insgesamt weist die Bebauung südlich und nördlich der ... erkennbar eine von dem zuvor beschriebenen Bereich abweichende, jeweils in sich einheitliche Nutzungsstruktur auf. Es finden sich dort nicht nur im Erdgeschoss, sondern vielmehr auch in den Obergeschossen überwiegend gewerbliche Nutzungen.

In nördlicher Richtung reicht die nähere Umgebung bis zur Kreuzung der ... mit der ... und von dort aus Richtung Osten bis zur Einmündung der ... in den ....

1.2.2 Nach den im Augenschein gewonnenen Erkenntnissen stellt sich die so einzugrenzende Umgebungsbebauung nach der Art der vorhandenen Nutzungen als faktisches Mischgebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB, § 6 BauNVO) dar. Mischgebiete im Sinne des § 6 BauNVO sind gekennzeichnet durch ein gleichwertiges Nebeneinander von Wohnnutzung und das Wohnen nicht wesentlich störendem Gewerbe, d. h. keine der Nutzungsarten darf ein deutliches Übergewicht über die andere gewinnen (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 - 4 B 51/96 - juris).

Im maßgebenden Bereich beidseits der ...weist jedes der nahezu durchgängig fünfgeschossigen Gebäude im Erdgeschoss eine das Wohnen nicht wesentlich störende gewerbliche Nutzung und in den darüber liegenden Geschossen Wohnnutzung auf. Es handelt sich um eine typische innerstädtische Geschäftsstraße, die gleichermaßen durch das Wohnen und solche gewerblichen Nutzungen geprägt ist, die - auch in ihrer räumlichen Konzentration - für ein Wohngebiet nicht typisch sind. So finden sich dort Läden, die mit Blick auf ihr Angebot ersichtlich nicht überwiegend der Gebietsversorgung dienen (u. a. eine Spielhalle im Eckgebäude ...).

Die ... ist bis zur Kreuzung mit der ... - mit Ausnahme der gewerblichen Nutzung im Erdgeschoss des Anwesens ...36 - geprägt von Wohnnutzung. Die dort befindlichen Gebäude sind viergeschossig mit Dachgeschoss. In dem Eckgebäude ... befindet sich im Erdgeschoss eine genehmigte Spielhalle, in den Obergeschossen Wohnnutzung. In der ..., die ab der Hausnummer 102 in östliche Richtung zu einer Fußgängerzone wird, finden sich gewerbliche Nutzungen im Erdgeschoss (Bekleidungsladen, Bar, Schreibwarenladen mit Lotto-Toto-Annnahmestelle) und Wohnnutzung in den Obergeschossen. In der Fußgängerzone, die vom ... nach Süden zur ... führt, findet sich fast ausschließlich gewerbliche Nutzung, insbesondere auch die Spielhalle „...“.

Bei dem ehemaligen großflächigen, mehrgeschossigen Kaufhausgebäude (ehemaliger „...“, zuletzt „...“) handelt es sich um einen „Fremdkörper“, der bei der Bestimmung des Charakters der näheren Umgebung außer Acht zu lassen ist, da dieser Gebäudekomplex in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. Trotz seiner deutlich in Erscheinung tretenden Größe und seines nicht zu übersehenden Gewichts in der näheren Umgebung bestimmt dieses Bauwerk nicht deren Eigenart, weil es wegen seiner mehr oder weniger ausgeprägt vom üblichen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert dasteht (vgl. dazu BVerwG, U.v. 15.2.1990 - 4 C 23/86 - juris; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 37).

1.3 Das streitgegenständliche Wettbüro ist in diesem „faktischen“ Mischgebiet gemäß § 34 Abs. 2 Halbsatz 1 BauGB i. V. m. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO seiner Art nach unzulässig, weil es in einem Teil des Gebiets errichtet werden soll, der nicht überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt ist.

1.3.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist bei der nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO vorzunehmenden Beurteilung, ob ein Gebietsteil eines Mischgebietes überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt ist, eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (BVerwG, B.v.13.6.2005 - 4 B 36/05 - juris). Der Bereich für die Abgrenzung des nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO abzugrenzenden Teilgebiets, das weder mit dem Mischgebiet selbst noch mit der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gleichzusetzen ist (OVG NRW,16.6.1997 - 10 A 6264/96 - juris), muss so weit gezogen werden, wie sich die konkrete Vergnügungsstätte in städtebaulich relevanter Weise unmittelbar auswirken kann. Zu berücksichtigen ist dabei, dass nach Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO vor allem nachteilige Auswirkungen von Vergnügungsstätten auf die Wohnnutzung und andere sensible Nutzungen vermieden werden sollen. Dementsprechend gehören zum maßgeblichen Teilgebiet alle Flächen, auf denen oder von denen aus deutlich erkennbar ist, dass sich „hier bzw. in der Gegend“ eine Vergnügungsstätte befindet (vgl. BayVGH, U.v. 17.3.2005 - 25 B 01.624 - juris). Einzubeziehen sind insbesondere auch die vom Ziel- und Quellverkehr betroffenen Gebietsteile, wenn dieser noch deutlich als besonderer, weil auf die Vergnügungsstätte bezogener Verkehr erkennbar ist, desgleichen auch die von Besuchern der Vergnügungsstätte in Anspruch genommenen Stellplätze sowie ihre Zu- und Abfahrten (vgl. BayVGH, U.v.17.3.2005 - 25 B 01.624 - juris; U.v. 18.8.1995 - 26 B 94.952 - juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen und den Ergebnissen des Augenscheins konzentriert sich der Umgriff des maßgeblichen Teils des Mischgebiets vorliegend - entsprechend dem Einwirkungsbereich des klägerischen Vorhabens - auf die Bebauung beidseits der Landgrabenstraße, insbesondere in unmittelbarer Nähe zur Einmündung der ... in die .... Die ...ist vor allem auch im Hinblick auf den zu erwartenden Ziel- und Quellverkehr oder den Parksuchverkehr bis zur Kreuzung mit der ... in das für § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO maßgebliche Teilgebiet miteinzubeziehen.

Nach Süden hin erstreckt sich das maßgebliche Teilgebiet bis zur Einmündung der ... bzw. ... in die ... Richtung Westen wird der Einwirkungsbereich des Vorhabens durch die Einmündung der ... in die ... begrenzt. In diesem abgegrenzten Bereich ist die Existenz des Wettbüros, spürbar. Dagegen ist der Bereich östlich der Einmündung des ... in die... bzw. ... nicht mehr in das für § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO maßgebliche Teilgebiet einzubeziehen (vgl. dazu oben 1.2.1).

1.3.2 In dem so eingegrenzten Teilgebiet des „faktischen“ Mischgebiets (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO) ist die Bebauung nach den Erkenntnissen des Augenscheins überwiegend durch Wohnnutzungen geprägt.

Dabei kann die Frage einer überwiegenden gewerblichen Prägung nicht allein anhand einer grundstücksbezogenen Betrachtung entschieden werden. Auch eine rechnerische Gegenüberstellung der gewerblich genutzten Geschossflächen und der Wohngeschossflächen oder der Baumassen liefert für sich genommen noch keine verlässlichen Kriterien. Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller gebietsprägender Faktoren, aus der sich ergibt, ob die gewerblichen Nutzungen im betreffenden Gebietsteil vorherrschen. Hierbei kann auch von Bedeutung sein, in welchem Maße die Erdgeschossebene gewerblich genutzt ist und inwieweit die gewerbliche Nutzung bis in die Obergeschosse reicht. Andererseits kann nicht allein wegen einer gewerblichen Nutzung der Erdgeschosse schon eine überwiegende gewerbliche Prägung angenommen werden (vgl. BVerwG, B.v. 7.2.1994 - 4 B 179/93 - NVwZ-RR 1994, 486; BayVGH, B.v. 6.2.2013 - 2 ZB 11.2321 - juris).

Die nach diesen Maßstäben durchzuführende Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller gebietsprägenden Faktoren ergibt vorliegend bei Würdigung der tatsächlichen Gegebenheiten im maßgeblichen Umgriff eine überwiegende Prägung durch Wohnnutzung.

Dieses Ergebnis folgt bereits aus einer zahlenmäßigen Gegenüberstellung von gewerblich- und wohngenutzter Fläche. Auf der dem Vorhaben gegenüberliegenden Seite der ... findet sich in den dort befindlichen fünfstöckigen Häusern lediglich im Erdgeschossbereich gewerbliche Nutzung, während in den darüber liegenden Stockwerken Wohnnutzung anzutreffen ist. Auch im Anwesen ... 36 wird nur das Erdgeschoss gewerblich genutzt (Shisha-Cocktailbar), während die vier Obergeschosse sowie das Dachgeschoss ausweislich der Klingelschilder wohngenutzt werden. In den sich daran nördlich anschließenden Gebäuden auf der Westseite der ... findet sich bis zur Ecke ...straße, an der der maßgebliche Umgriff jedenfalls endet, sowohl im Erdgeschoss als auch in den darüber liegenden Geschossen ausschließlich Wohnnutzung. Auch auf der östlichen Seite der ... ist ab Hausnummer 19 in den viergeschossigen Gebäuden nur Wohnnutzung anzutreffen. In dem Eckgebäude ... (Adresse ...) befindet sich im Erdgeschoss eine genehmigte Spielhalle, in den Obergeschossen Wohnnutzung. In dem gegenüberliegenden Eckgebäude auf der westlichen Seite der ... wird das Erdgeschoss gewerblich genutzt (Asia-Imbiss), die darüber liegenden Geschosse werden wohngenutzt.

Dieses zahlenmäßige Übergewicht der Wohnnutzung in dem für § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO maßgeblichen Umgriff wird auch bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller sonstigen relevanten Faktoren bestätigt (BayVGH, U.v. 17.3.2005 - 25 B 01.624 - juris Rn. 30, 34). Gewerbliche Nutzung findet sich in diesem Bereich lediglich in den Erdgeschossen, wenn diese nicht auch wohngenutzt werden.

Insgesamt stellt sich das maßgebliche Teilgebiet trotz seiner Innenstadtlage als relativ ruhiger Teil eines Mischgebiets dar, in dem die Wohnnutzung eindeutig überwiegt, während die gewerbliche Nutzung nicht nur zahlenmäßig deutlich in den Hintergrund tritt. Das streitgegenständliche Wettbüro ist deshalb in dem hier vorliegenden faktischen Mischgebiet nach der Art seiner baulichen Nutzung unzulässig (§ 34 Abs. 2 BauGB, § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauGB).

Die Erteilung einer Ausnahme nach § 34 Abs. 2 Hs. 2, § 31 Abs. 1 BauGB, § 6 Abs. 3 BauNVO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Fehlerhafte Ermessenserwägungen sind insoweit weder vorgetragen noch ersichtlich.

1.4 Ohne dass es darauf ankäme, ist darauf hinzuweisen, dass das Vorhaben der Klägerin wohl auch dann bauplanungsrechtlich unzulässig wäre, wenn man davon ausginge, es solle in dem Bereich des Mischgebietes errichtet werden, der überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt ist. Denn dem Vorhaben würde in diesem Fall § 15 Abs. 1 BauNVO entgegenstehen.

Nach § 15 Abs.1 Satz 1 BauNVO kann eine nach § 6 BauNVO allgemein zulässige Nutzung im Einzelfall unzulässig sein, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Mischgebiets widerspricht.

Allgemeiner Gesichtspunkt bei der Beurteilung der Anzahl der Anlagen ist, dass Anlagen dieser Art bereits in einer solchen Fülle verwirklicht worden sind oder noch verwirklicht werden sollen, dass hierdurch der Gebietscharakter beeinträchtigt wird. Durch die Häufung bestimmter Arten baulicher Anlagen in einem räumlichen Bereich kann dieser eine bestimmte Prägung erfahren, die sich negativ auf die städtebauliche Entwicklung in diesem Bereich und seine Nachbarschaft auswirkt. Während einzelne Anlagen dieser Art städtebaulich vertretbar erscheinen, führt die Häufung zu den genannten Auswirkungen (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Bd.VI, Stand April 2013, § 15 BauNVO, Rn. 15). Ab welcher Anzahl ein neu hinzutretendes Vorhaben der Eigenart des Baugebiets widerspricht, ist allein nach städtebaulichen Gesichtspunkten zu beurteilen. Die Anzahl bietet nur Handhaben, bestimmte städtebauliche Fehlentwicklungen zu verhindern. Keinesfalls darf dieses Kriterium zu einer mittelbaren Bedürfnisprüfung führen (Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rn.18). Eine städtebauliche Begründung kann allerdings darin erblickt werden, dass eine Häufung bestimmter Anlagen eintritt, die in dem betreffenden Baugebiet zwar zulässig sind, die aber den Gebietscharakter nicht bestimmen, und dass durch die Häufung der Gebietscharakter in dem betreffenden Bereich verloren geht oder sonst beeinträchtigt wird.

Die Beklagte beruft sich zur Begründung der Gebietsunverträglichkeit des beantragten Wettbüros im vorliegenden Einzelfall (§ 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO) zu Recht darauf, dass sich in der näheren Umgebung weitere Spielhallen befänden und sich aus dem Gesamtbild heraus eine den Gebietscharakter des Mischgebiets gefährdende Häufung ergebe sowie ein Trading-Down-Effekt zu befürchten sei. Ein Trading-Down-Effekt ist dann zu befürchten, wenn durch eine konzentrierte Ansiedlung von Vergnügungsbetrieben in einem Baugebiet dessen Attraktivität für andere Gewerbebetriebe einerseits gemindert, andererseits aber auch ein Verdrängungsprozess zum Nachteil des herkömmlichen Gewerbes letztlich dadurch eingeleitet wird, dass Vergnügungsbetriebe aufgrund ihrer vergleichsweise höheren Ertragsmöglichkeit bei geringerem Investitionsaufwand in der Lage sind, höhere Pachten zu zahlen und so die Immobilienpreise in einer Weise steigen, so dass eine Betriebsansiedlung anderer Gewerbe auf Dauer nicht lohnend ist (vgl. BVerwG, B.v. 4.9.2008 - 4 BN 9/08 - BauR 2009, 76ff.).

Nach den Feststellungen des gerichtlichen Augenscheins ist durchaus zu befürchten, dass mit der Zulassung des klägerischen Betriebs die Zahl der Vergnügungsstätten in der näheren Umgebung ein solches Maß erreicht, dass eine schleichende Entwicklung zu einem Vergnügungsviertel zu erwarten ist bzw. ein Verdrängungsprozess im Sinne eines Trading-Down-Effekts zulasten der herkömmlichen Gewerbe zu befürchten ist.

So befinden sich in der näheren Umgebung des streitgegenständlichen Wettbüros bereits folgende weitere Vergnügungsstätten: Im engen Umgriff (vgl. oben 1.3) in ca. 30 m Entfernung die Spielhalle ... Straße 1 (Nutzfläche 88,81 m²) und in ca. 90 m Entfernung die Spielhalle in der ...sowie zwei weitere Spielhallen in der ... (150 - 160 m entfernt). In einem weiteren Umgriff, im Anschluss an das unter 1.3) maßgeblich eingegrenzte Gebiet in östlicher Richtung befinden sich in ca. 150 m Entfernung die Spielhallen ... und ... (Mehrfachkonzession).

Vor diesem Hintergrund der bereits vorhandenen Vergnügungsstätten hat die Kammer beim Augenschein die Überzeugung gewonnen, dass durch das Vorhaben der Klägerin eine städtebauliche Fehlentwicklung in dem maßgeblichen Umgriff des durch Wohnnutzung geprägten Teils des Mischgebiets zu befürchten ist.

Nach alledem wäre das klägerische Vorhaben wohl auch wegen Verstoßes wegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO bauplanungsrechtlich unzulässig.

2. Auch die in Nr. 2 des Bescheids vom 15. September 2014 ausgesprochene Nutzungsuntersagung erweist sich als rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 76 Satz 2 BayBO. Danach kann, wenn eine Anlage im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften genutzt wird, diese Nutzung untersagt werden.

Die bereits erfolgte Nutzungsänderung von einem Ladengeschäft in ein Wettbüro ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO, Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO genehmigungspflichtig.

Für eine rechtmäßige Nutzungsuntersagung nach Art. 76 Satz 2 BayBO ist grundsätzlich bereits die formelle Illegalität der Nutzung ausreichend (BayVGH, B.v. 14.8.2006 - ZB 06.1681 - juris Rn. 2; Decker in Simon/Busse, BayBO, Stand Mai 2013, Art. 76 Rn. 282). Ob die geänderte Nutzung materiell-rechtlich genehmigungsfähig ist, spielt grundsätzlich nur dann eine Rolle, wenn die Genehmigungsfähigkeit offensichtlich ist. Dann scheidet nämlich eine Nutzungsuntersagungsverfügung im Rahmen einer pflichtgemäßen Ermessensausübung gegebenenfalls aus (vgl. Decker in Simon/Busse a. a. O. Art. 76 Rn. 282).

Eine derartige offensichtliche Genehmigungsfähigkeit ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Wie oben unter Nr. 1.2 ausgeführt, ist die beantragte Nutzungsänderung vielmehr materiell-rechtlich nicht genehmigungsfähig.

Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; die Beklagte hat ihr Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (Art. 40 BayVwVfG). Das der Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird. Sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vorliegen‚ muss in der Regel nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 20; BayVGH, U.v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35; B.v. 13.3.2012 - 9 ZB 11.769 - juris Rn. 12; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand Februar 2015, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.).

Ebenso wenig bestehen Bedenken hinsichtlich der Auswahl der richtigen Adressaten (Art. 9 LStVG). Sind mehrere ordnungsrechtlich verantwortliche Personen vorhanden, kann die Bauaufsichtsbehörde zur Herstellung und Aufrechterhaltung baurechtmäßiger Zustände nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, welchen von mehreren Störern sie in Anspruch nimmt. Zur Wiederherstellung baurechtmäßiger Zustände nach pflichtgemäßem Ermessen kann die Nutzungsuntersagung sowohl an den Eigentümer als Zustandsstörer im Sinne des Art. 9 Abs. 2 LStVG als auch unmittelbar an die Betreiberin des Wettbüros als Verhaltensverantwortliche im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 LStVG gerichtet werden. Die Inanspruchnahme der Klägerin, der Pächterin der streitgegenständlichen Räumlichkeiten, als Adressatin der Nutzungsuntersagungsverfügung begegnet deshalb keinen rechtlichen Bedenken.

Die zeitliche Verknüpfung der Verpflichtung zur Unterlassung der ausgeübten Nutzung mit dem Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und insbesondere auch verhältnismäßig, zumal der streitgegenständliche Bescheid über die bloße Nutzungsuntersagung hinaus keine weitergehenden Anordnungen enthält.

3. Auch die jeweils angedrohten Zwangsgelder begegnen keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die durchzusetzenden Unterlassungspflichten rechtmäßig angeordnet wurden (Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG).

Der streitgegenständliche Bescheid ist demzufolge rechtmäßig ergangen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich zu beantragen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift:

Ludwigstraße 23, 80539 München;

Postfachanschrift:

Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in

in Ansbach:

Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 23.493,00 EUR (= 78,31 x 300 EUR) festgesetzt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Die Kammer hat sich insoweit an Nr. 9.1.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit i. d. F. vom 18. Juli 2013 angelehnt und dabei ca. 300,00 Euro je Quadratmeter Nutzfläche angesetzt. Daraus errechnet sich der festgesetzte Streitwert.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 33.133,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts M... vom 10. Oktober 2013 und gegen dessen Nutzungsuntersagungsverfügung vom 2. Dezember 2013. Das Landratsamt hatte festgestellt, dass Bauarbeiten zum Zweck der Einrichtung eines Wettbüros in einem Ladengeschäft durchgeführt und trotz Baueinstellung fortgeführt wurden. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Kläger wolle keine Vergnügungsstätte betreiben, deshalb liege auch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufkommen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger nicht bloß die Einrichtung einer Wettannahmestelle beabsichtigte, sondern eines Wettbüros, das aufgrund der konkreten Umstände als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Diese Beurteilung ist schon angesichts der beabsichtigten Vermittlung von Live-Wetten nicht ernstlich zweifelhaft und auch hinreichend durch Tatsachen belegt (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2, Bl. 26, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“).

Nach Darlegung des Klägers im Zulassungsverfahren vermittle er Wetten für den Veranstalter „...“. Bei den installierten vier Flachbildschirmen handle es sich um „Quoten-Monitore“, auf denen „Zahlen, Quoten und gegebenenfalls Spielstände“ bzw. „Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse“ angezeigt würden. Für die Abgabe einer Wette sei die aktuelle Quote („Live-Quote“) zwingend erforderlich. Damit sei es bei dem Angebot von „Live-Wetten“ auch erforderlich, dass die aktuellen Spielstände angezeigt würden. Allein das Vorhandensein von automatisierten Wettterminals mit der Möglichkeit, Sportereignisse „live zu bewetten“, führe nicht zu der Bewertung des Betriebs als Vergnügungsstätte. Diese Rechtsansicht des Klägers geht fehl.

Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht der Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 14 m. w. N., OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42 m. w. N.).

Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch Schaufensterwerbung und das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen des Klägers an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es weder Unterhaltungsspiele gebe noch ein allgemeiner Internetzugang zur Verfügung gestellt werde, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind weitere Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten. Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Der „Verweilcharakter“, den der Kläger dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten.

b) Der Vortrag, es liege keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil die Baugenehmigung für ein Ladengeschäft (Elektrogeschäft) ausgenutzt werde, geht nach vorstehenden Ausführungen ins Leere. Der Wechsel von einer Ladennutzung in eine Vergnügungsstätte ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig, weil für die beabsichtigte Nutzung eines Ladenlokals als Vergnügungsstätte andere öffentlich-rechtliche, insbesondere städtebauliche Anforderungen in Betracht kommen als für einen Einzelhandelsbetrieb und auch sonst kein verfahrensfreies Vorhaben vorliegt (vgl. Art. 57 Abs. 4, Art. 58 BayBO).

Davon abgesehen ist die Einrichtung einer bloßen Wettannahmestelle nach den konkreten Umständen ebenfalls baugenehmigungspflichtig, weil die gegenständliche Wettvermittlungsstelle, anders als ein Einzelhandelsbetrieb, täglich und bis in die Nachtstunden geöffnet sein soll (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts Bl. 26, Az. S-298-13-2-, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“). Insoweit wäre neben der bauordnungsrechtlichen Stellplatzfrage für eine Wettannahmestelle (hier: Stellplatzsatzung; vgl. Stellungnahme/Versagung des Einvernehmens vom 2.4.2013 des Marktes E... im Vorbescheidsverfahren) auch den im Rahmen des städtebaulichen Rücksichtnahmegebots zu beachtenden Lärmschutzbelangen im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens nachzugehen (vgl. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Art. 60 Satz 1 BayBO).

Ob darüber hinaus der Vortrag des Beklagten zutrifft, dass das vormals vorhandene Elektrogeschäft in weitere gewerbliche Teileinheiten unterteilt worden sei und damit auch Aspekte des Brandschutzes neu aufgeworfen würden, kann offen bleiben.

c) Die Annahme des Klägers, die Nutzungsuntersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil die aufgenommene Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei, trifft nicht zu. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung.

Der Kläger geht vom Vorliegen eines faktischen Mischgebiets aus (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Innerhalb eines Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens gegeben wäre, legt der Kläger nicht substantiiert dar. Ist das Vorhaben nur ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein. Selbst wenn lediglich eine Wettannahmestelle geplant wäre, würde aus den zuvor in Nr. 1 Buchst. b genannten Gründen nichts anderes gelten. Schon angesichts der offenen Stellplatzfrage und der beabsichtigten täglichen Öffnungszeiten bis 23 Uhr wäre auch eine Wettannahmestelle nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Hiervon ausgehend kann offen bleiben, ob der Zulassung des Vorhabens auch die Veränderungssperre des Markts E... entgegensteht.

d) Der Einwand, der Kläger sei nicht der richtige Adressat der Nutzungsuntersagungsverfügung, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013.

Das Verwaltungsgericht hat (im Rahmen der Baueinstellungsverfügung) zutreffend darauf hingewiesen, dass hier eine Mehrheit von Störern in Betracht kommt und die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Störereigenschaft des Klägers hat das Verwaltungsgericht auf dessen Erklärung abgestellt, er sei Bauherr. Damit sei der Kläger auch der richtige Adressat. Der Kläger könne sich als Bauherr der ihm obliegenden Verpflichtungen nicht durch Vermietung und Verpachtung entziehen. Das ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Der Vortrag des Klägers, er sei nicht danach gefragt worden, ob er „Bauherr“ sei, geht an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei. Wie der Beklagte zu Recht vorträgt, unterscheidet auch der Kläger nicht trennscharf zwischen der vermeintlichen Nutzerin (... ... GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter nach Aktenlage der Kläger ist, vgl. Registerauszüge vom 2.8.2013 und vom 9.9.2013, Bl. 47 f. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2) und seiner Person, wenn er z. B. für sich in Anspruch nimmt, „der Betrieb des Klägers“ erfolge auf Grundlage einer Baugenehmigung (vgl. S. 13 a.E. der Zulassungsbegründung; ebs. Klagebegründung vom 18.3.2014 S. 10, „Der Betrieb des Klägers“). Des Weiteren hatte der Kläger ausweislich des Feststellungsbogens für die Baukontrolle vom 10. Oktober 2013 angegeben, mehrere Wettbüros zu betreiben, die ohne Baugenehmigung geduldet würden und ihm auch vorliegend von öffentlichen Stellen empfohlen worden sei, eine Gewerbeanmeldung durchzuführen und dass dadurch das Betreiben eines Wettbüros geduldet würde (vgl. Bl 1 der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens hatte sich der Kläger als verantwortlicher Bauherr ausgegeben (vgl. z. B. Schriftsatz vom 30.10.2013 an das Landratsamt, wonach „das Lokal als ladenmäßige Wettannahmestelle geführt“ werden solle mit Grundrisszeichnung vom 29.9.2013 in Anlage, in der als „Bauherr“ der Kläger genannt ist, Bl. 18 ff. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Schließlich hatte der Kläger bereits unter dem Datum 8. März 2013 einen Vorbescheidsantrag zur Nutzungsänderung des Ladens in eine „Annahmestelle für Lotto, Toto, Sportwetten“ gestellt. Es trifft daher zu, dass der Kläger durchweg als Bauherr aufgetreten ist und sich auch selbst als solcher bezeichnet hat. Als Bauherr ist der Kläger aber für das Vorhaben (handlungs-) verantwortlich und gehalten, vor Baubeginn und Nutzungsaufnahme den erforderlichen Bauantrag zu stellen und die Erteilung der Genehmigung abzuwarten (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 50 Rn. 2 BayBO; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand September 2015, Art. 76, Rn. 295 f, 163 ff. m. w. N.). Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Baueinstellungsverfügung aber auch die Nutzungsuntersagungsverfügung an den Kläger gerichtet hat.

f) Entgegen der Annahmen des Klägers begegnen weder die Zwangsgeldandrohung zur Baueinstellungsverfügung noch die Zwangsgeldandrohung zur Nutzungsuntersagungsverfügung rechtlichen Bedenken.

Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu, dass das Fristsetzungserfordernis des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwVZG auf die hier gegenständlichen Unterlassungspflichten, die unzulässigen Bauarbeiten bzw. die illegal aufgenommene Nutzung nicht weiter fortzuführen, keine unmittelbare Anwendung findet (vgl. BayVGH, B. v. 15.6.2000 - 4 B 98.775 - BayVBl 2001, 3297 = juris Rn. 21; vgl. auch Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Auflage 2014, § 13 Rn. 3 a.E. m. w. N.). Es widerspräche geradezu dem Zweck der Baueinstellung, tatsächliche Veränderungen bis zu einer abschließenden Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren zu verhindern, wenn dem Bauherrn eine Frist eingeräumt würde, innerhalb der er die Bauarbeiten - sanktionslos - fortführen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 75 Rn. 78 m. w. N.). Die Anweisung von Personen, die den Bau im Auftrag des Bauherrn ausführen, kann - wie im Bescheid verfügt - „sofort“ erfolgen.

Auch hinsichtlich der Nutzungsuntersagungsverfügung wird dem Kläger kein Handeln abverlangt, das er nicht „sofort“ erfüllen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 299 m. w. N.). Die Verpflichtung, den Betrieb eines Wettbüros zu unterlassen, erfordert keine positive Handlung, die hier die Setzung einer Übergangsfrist erforderte. Insbesondere trifft es nicht zu, dass - wenn der Kläger nichts machte - der Betrieb von sich aus weiterlaufen würde. Im Gegenteil: Der Betrieb des Wettbüros erfordert nicht nur das tägliche Öffnen des Wettbüros, um den Kunden den Zugang zu ermöglichen, sondern gleichermaßen das Erbringen der angebotenen Dienstleistungen. Die Türen zum Wettbüro verschlossen zu halten, erfordert, sie nach Schließung nicht wieder zum Zweck des Wettbetriebs zu öffnen. Angesichts der Geschäftsführerstellung des Klägers bei der vorgeblich das Wettbüro betreibenden ... ... GmbH sind auch insoweit keine Gründe ersichtlich, die die Setzung einer Frist zur Aufgabe der illegal aufgenommenen Nutzung nahelegen könnten. Im Übrigen musste dem Kläger schon aus Anlass seines Vorbescheidsantrags, der Veränderungssperre und der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013 bewusst gewesen sein, dass sein Vorhaben nach Auffassung der öffentlichen Stellen unzulässig ist. Auch hiervon ausgehend musste dem Kläger, der die vorgehenden behördlichen Hinweise und Anordnungen ignoriert und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Übergangsfrist eingeräumt werden.

2. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachten rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) auf.

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Überprüfung von Nutzungsuntersagungsverfügungen die Unwirksamkeit von bauleitplanerischen Satzungen zu beachten ist, würde sich im Berufungsverfahren nicht stellen.

aa) In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2014 - 9 CS 14.451 - juris Rn. 12 und B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 12.2378 - juris Rn. 5 f jeweils m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist das Vorhaben des Klägers auch unter Außerachtlassung der Veränderungssperre nicht „offensichtlich genehmigungsfähig“, weil weder ersichtlich noch dargelegt ist, dass es im vom Kläger angenommenen faktischen Mischgebiet zugelassen werden kann und auch im Fall einer bloßen Wettannahmestelle keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorliegt (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c).

bb) Im Übrigen führt auch ein sich aus städtebaulichen Satzungen ergebendes Zulassungshindernis für ein Vorhaben im Regelfall dazu, dass das jeweilige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die jeweilige Rechtsvorschrift offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise unwirksam ist, kann dahinstehen. Die Darlegungen des Klägers, es lägen keine besonderen Umstände vor, die den Erlass einer erneuten Veränderungssperre rechtfertigen könnten und es werde eine reine Verhinderungsplanung verfolgt, erfordern jedenfalls eine eingehende Würdigung und Bewertung des Planverfahrens, die über den Rahmen einer Offensichtlichkeitsprüfung hinausgeht.

b) Die Rechtsfrage, ob „bei einem Bauantrag über eine Wettannahmestelle mit ca. 50 Quadratmetern Nutzfläche für Besucher und einem Tresen, keinen TV-Bildschirmen, keinen Sitzgelegenheiten, keinen Geldspielgeräten oder anderen Spielgeräten, keinem Getränkeausschank und keinem Speiseangebot eine Vergnügungsstätte vorliegt“, ist - wörtlich verstanden - nicht klärungsfähig. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einem Wettbüro i. S. d. Rechtsprechung ausgegangen und nicht von einer bloßen „Wettannahmestelle“.

Die sinngemäß gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zur Vergnügungsstätte überschreitet, ist hier nicht entscheidungserheblich. Das Vorhaben wäre selbst dann, wenn es eine bloße Wettannahmestelle umfasste, genehmigungspflichtig und deshalb mangels zuvor erteilter Baugenehmigung formell rechtswidrig (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c)

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

  • 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 3900/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wird hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.Die Antragstellerin trägt 2/3 und die Antragsgegnerin 1/3 der Kosten des Verfahrens.

  • 2. Der Streitwert wird auf 4.470,00 € festgesetzt.


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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

  • 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 3900/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wird hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.Die Antragstellerin trägt 2/3 und die Antragsgegnerin 1/3 der Kosten des Verfahrens.

  • 2. Der Streitwert wird auf 4.470,00 € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 33.133,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts M... vom 10. Oktober 2013 und gegen dessen Nutzungsuntersagungsverfügung vom 2. Dezember 2013. Das Landratsamt hatte festgestellt, dass Bauarbeiten zum Zweck der Einrichtung eines Wettbüros in einem Ladengeschäft durchgeführt und trotz Baueinstellung fortgeführt wurden. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Kläger wolle keine Vergnügungsstätte betreiben, deshalb liege auch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufkommen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger nicht bloß die Einrichtung einer Wettannahmestelle beabsichtigte, sondern eines Wettbüros, das aufgrund der konkreten Umstände als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Diese Beurteilung ist schon angesichts der beabsichtigten Vermittlung von Live-Wetten nicht ernstlich zweifelhaft und auch hinreichend durch Tatsachen belegt (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2, Bl. 26, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“).

Nach Darlegung des Klägers im Zulassungsverfahren vermittle er Wetten für den Veranstalter „...“. Bei den installierten vier Flachbildschirmen handle es sich um „Quoten-Monitore“, auf denen „Zahlen, Quoten und gegebenenfalls Spielstände“ bzw. „Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse“ angezeigt würden. Für die Abgabe einer Wette sei die aktuelle Quote („Live-Quote“) zwingend erforderlich. Damit sei es bei dem Angebot von „Live-Wetten“ auch erforderlich, dass die aktuellen Spielstände angezeigt würden. Allein das Vorhandensein von automatisierten Wettterminals mit der Möglichkeit, Sportereignisse „live zu bewetten“, führe nicht zu der Bewertung des Betriebs als Vergnügungsstätte. Diese Rechtsansicht des Klägers geht fehl.

Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht der Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 14 m. w. N., OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42 m. w. N.).

Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch Schaufensterwerbung und das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen des Klägers an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es weder Unterhaltungsspiele gebe noch ein allgemeiner Internetzugang zur Verfügung gestellt werde, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind weitere Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten. Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Der „Verweilcharakter“, den der Kläger dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten.

b) Der Vortrag, es liege keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil die Baugenehmigung für ein Ladengeschäft (Elektrogeschäft) ausgenutzt werde, geht nach vorstehenden Ausführungen ins Leere. Der Wechsel von einer Ladennutzung in eine Vergnügungsstätte ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig, weil für die beabsichtigte Nutzung eines Ladenlokals als Vergnügungsstätte andere öffentlich-rechtliche, insbesondere städtebauliche Anforderungen in Betracht kommen als für einen Einzelhandelsbetrieb und auch sonst kein verfahrensfreies Vorhaben vorliegt (vgl. Art. 57 Abs. 4, Art. 58 BayBO).

Davon abgesehen ist die Einrichtung einer bloßen Wettannahmestelle nach den konkreten Umständen ebenfalls baugenehmigungspflichtig, weil die gegenständliche Wettvermittlungsstelle, anders als ein Einzelhandelsbetrieb, täglich und bis in die Nachtstunden geöffnet sein soll (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts Bl. 26, Az. S-298-13-2-, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“). Insoweit wäre neben der bauordnungsrechtlichen Stellplatzfrage für eine Wettannahmestelle (hier: Stellplatzsatzung; vgl. Stellungnahme/Versagung des Einvernehmens vom 2.4.2013 des Marktes E... im Vorbescheidsverfahren) auch den im Rahmen des städtebaulichen Rücksichtnahmegebots zu beachtenden Lärmschutzbelangen im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens nachzugehen (vgl. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Art. 60 Satz 1 BayBO).

Ob darüber hinaus der Vortrag des Beklagten zutrifft, dass das vormals vorhandene Elektrogeschäft in weitere gewerbliche Teileinheiten unterteilt worden sei und damit auch Aspekte des Brandschutzes neu aufgeworfen würden, kann offen bleiben.

c) Die Annahme des Klägers, die Nutzungsuntersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil die aufgenommene Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei, trifft nicht zu. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung.

Der Kläger geht vom Vorliegen eines faktischen Mischgebiets aus (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Innerhalb eines Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens gegeben wäre, legt der Kläger nicht substantiiert dar. Ist das Vorhaben nur ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein. Selbst wenn lediglich eine Wettannahmestelle geplant wäre, würde aus den zuvor in Nr. 1 Buchst. b genannten Gründen nichts anderes gelten. Schon angesichts der offenen Stellplatzfrage und der beabsichtigten täglichen Öffnungszeiten bis 23 Uhr wäre auch eine Wettannahmestelle nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Hiervon ausgehend kann offen bleiben, ob der Zulassung des Vorhabens auch die Veränderungssperre des Markts E... entgegensteht.

d) Der Einwand, der Kläger sei nicht der richtige Adressat der Nutzungsuntersagungsverfügung, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013.

Das Verwaltungsgericht hat (im Rahmen der Baueinstellungsverfügung) zutreffend darauf hingewiesen, dass hier eine Mehrheit von Störern in Betracht kommt und die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Störereigenschaft des Klägers hat das Verwaltungsgericht auf dessen Erklärung abgestellt, er sei Bauherr. Damit sei der Kläger auch der richtige Adressat. Der Kläger könne sich als Bauherr der ihm obliegenden Verpflichtungen nicht durch Vermietung und Verpachtung entziehen. Das ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Der Vortrag des Klägers, er sei nicht danach gefragt worden, ob er „Bauherr“ sei, geht an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei. Wie der Beklagte zu Recht vorträgt, unterscheidet auch der Kläger nicht trennscharf zwischen der vermeintlichen Nutzerin (... ... GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter nach Aktenlage der Kläger ist, vgl. Registerauszüge vom 2.8.2013 und vom 9.9.2013, Bl. 47 f. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2) und seiner Person, wenn er z. B. für sich in Anspruch nimmt, „der Betrieb des Klägers“ erfolge auf Grundlage einer Baugenehmigung (vgl. S. 13 a.E. der Zulassungsbegründung; ebs. Klagebegründung vom 18.3.2014 S. 10, „Der Betrieb des Klägers“). Des Weiteren hatte der Kläger ausweislich des Feststellungsbogens für die Baukontrolle vom 10. Oktober 2013 angegeben, mehrere Wettbüros zu betreiben, die ohne Baugenehmigung geduldet würden und ihm auch vorliegend von öffentlichen Stellen empfohlen worden sei, eine Gewerbeanmeldung durchzuführen und dass dadurch das Betreiben eines Wettbüros geduldet würde (vgl. Bl 1 der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens hatte sich der Kläger als verantwortlicher Bauherr ausgegeben (vgl. z. B. Schriftsatz vom 30.10.2013 an das Landratsamt, wonach „das Lokal als ladenmäßige Wettannahmestelle geführt“ werden solle mit Grundrisszeichnung vom 29.9.2013 in Anlage, in der als „Bauherr“ der Kläger genannt ist, Bl. 18 ff. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Schließlich hatte der Kläger bereits unter dem Datum 8. März 2013 einen Vorbescheidsantrag zur Nutzungsänderung des Ladens in eine „Annahmestelle für Lotto, Toto, Sportwetten“ gestellt. Es trifft daher zu, dass der Kläger durchweg als Bauherr aufgetreten ist und sich auch selbst als solcher bezeichnet hat. Als Bauherr ist der Kläger aber für das Vorhaben (handlungs-) verantwortlich und gehalten, vor Baubeginn und Nutzungsaufnahme den erforderlichen Bauantrag zu stellen und die Erteilung der Genehmigung abzuwarten (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 50 Rn. 2 BayBO; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand September 2015, Art. 76, Rn. 295 f, 163 ff. m. w. N.). Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Baueinstellungsverfügung aber auch die Nutzungsuntersagungsverfügung an den Kläger gerichtet hat.

f) Entgegen der Annahmen des Klägers begegnen weder die Zwangsgeldandrohung zur Baueinstellungsverfügung noch die Zwangsgeldandrohung zur Nutzungsuntersagungsverfügung rechtlichen Bedenken.

Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu, dass das Fristsetzungserfordernis des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwVZG auf die hier gegenständlichen Unterlassungspflichten, die unzulässigen Bauarbeiten bzw. die illegal aufgenommene Nutzung nicht weiter fortzuführen, keine unmittelbare Anwendung findet (vgl. BayVGH, B. v. 15.6.2000 - 4 B 98.775 - BayVBl 2001, 3297 = juris Rn. 21; vgl. auch Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Auflage 2014, § 13 Rn. 3 a.E. m. w. N.). Es widerspräche geradezu dem Zweck der Baueinstellung, tatsächliche Veränderungen bis zu einer abschließenden Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren zu verhindern, wenn dem Bauherrn eine Frist eingeräumt würde, innerhalb der er die Bauarbeiten - sanktionslos - fortführen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 75 Rn. 78 m. w. N.). Die Anweisung von Personen, die den Bau im Auftrag des Bauherrn ausführen, kann - wie im Bescheid verfügt - „sofort“ erfolgen.

Auch hinsichtlich der Nutzungsuntersagungsverfügung wird dem Kläger kein Handeln abverlangt, das er nicht „sofort“ erfüllen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 299 m. w. N.). Die Verpflichtung, den Betrieb eines Wettbüros zu unterlassen, erfordert keine positive Handlung, die hier die Setzung einer Übergangsfrist erforderte. Insbesondere trifft es nicht zu, dass - wenn der Kläger nichts machte - der Betrieb von sich aus weiterlaufen würde. Im Gegenteil: Der Betrieb des Wettbüros erfordert nicht nur das tägliche Öffnen des Wettbüros, um den Kunden den Zugang zu ermöglichen, sondern gleichermaßen das Erbringen der angebotenen Dienstleistungen. Die Türen zum Wettbüro verschlossen zu halten, erfordert, sie nach Schließung nicht wieder zum Zweck des Wettbetriebs zu öffnen. Angesichts der Geschäftsführerstellung des Klägers bei der vorgeblich das Wettbüro betreibenden ... ... GmbH sind auch insoweit keine Gründe ersichtlich, die die Setzung einer Frist zur Aufgabe der illegal aufgenommenen Nutzung nahelegen könnten. Im Übrigen musste dem Kläger schon aus Anlass seines Vorbescheidsantrags, der Veränderungssperre und der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013 bewusst gewesen sein, dass sein Vorhaben nach Auffassung der öffentlichen Stellen unzulässig ist. Auch hiervon ausgehend musste dem Kläger, der die vorgehenden behördlichen Hinweise und Anordnungen ignoriert und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Übergangsfrist eingeräumt werden.

2. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachten rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) auf.

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Überprüfung von Nutzungsuntersagungsverfügungen die Unwirksamkeit von bauleitplanerischen Satzungen zu beachten ist, würde sich im Berufungsverfahren nicht stellen.

aa) In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2014 - 9 CS 14.451 - juris Rn. 12 und B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 12.2378 - juris Rn. 5 f jeweils m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist das Vorhaben des Klägers auch unter Außerachtlassung der Veränderungssperre nicht „offensichtlich genehmigungsfähig“, weil weder ersichtlich noch dargelegt ist, dass es im vom Kläger angenommenen faktischen Mischgebiet zugelassen werden kann und auch im Fall einer bloßen Wettannahmestelle keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorliegt (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c).

bb) Im Übrigen führt auch ein sich aus städtebaulichen Satzungen ergebendes Zulassungshindernis für ein Vorhaben im Regelfall dazu, dass das jeweilige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die jeweilige Rechtsvorschrift offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise unwirksam ist, kann dahinstehen. Die Darlegungen des Klägers, es lägen keine besonderen Umstände vor, die den Erlass einer erneuten Veränderungssperre rechtfertigen könnten und es werde eine reine Verhinderungsplanung verfolgt, erfordern jedenfalls eine eingehende Würdigung und Bewertung des Planverfahrens, die über den Rahmen einer Offensichtlichkeitsprüfung hinausgeht.

b) Die Rechtsfrage, ob „bei einem Bauantrag über eine Wettannahmestelle mit ca. 50 Quadratmetern Nutzfläche für Besucher und einem Tresen, keinen TV-Bildschirmen, keinen Sitzgelegenheiten, keinen Geldspielgeräten oder anderen Spielgeräten, keinem Getränkeausschank und keinem Speiseangebot eine Vergnügungsstätte vorliegt“, ist - wörtlich verstanden - nicht klärungsfähig. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einem Wettbüro i. S. d. Rechtsprechung ausgegangen und nicht von einer bloßen „Wettannahmestelle“.

Die sinngemäß gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zur Vergnügungsstätte überschreitet, ist hier nicht entscheidungserheblich. Das Vorhaben wäre selbst dann, wenn es eine bloße Wettannahmestelle umfasste, genehmigungspflichtig und deshalb mangels zuvor erteilter Baugenehmigung formell rechtswidrig (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c)

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 33.133,80 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Baueinstellungsverfügung des Landratsamts M... vom 10. Oktober 2013 und gegen dessen Nutzungsuntersagungsverfügung vom 2. Dezember 2013. Das Landratsamt hatte festgestellt, dass Bauarbeiten zum Zweck der Einrichtung eines Wettbüros in einem Ladengeschäft durchgeführt und trotz Baueinstellung fortgeführt wurden. Das Verwaltungsgericht hat die Klagen mit Urteil vom 25. März 2014 abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel des Klägers.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Der Kläger beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was der Kläger innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand, der Kläger wolle keine Vergnügungsstätte betreiben, deshalb liege auch keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils aufkommen.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger nicht bloß die Einrichtung einer Wettannahmestelle beabsichtigte, sondern eines Wettbüros, das aufgrund der konkreten Umstände als Vergnügungsstätte zu qualifizieren sei. Diese Beurteilung ist schon angesichts der beabsichtigten Vermittlung von Live-Wetten nicht ernstlich zweifelhaft und auch hinreichend durch Tatsachen belegt (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2, Bl. 26, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“).

Nach Darlegung des Klägers im Zulassungsverfahren vermittle er Wetten für den Veranstalter „...“. Bei den installierten vier Flachbildschirmen handle es sich um „Quoten-Monitore“, auf denen „Zahlen, Quoten und gegebenenfalls Spielstände“ bzw. „Wettquoten und die Ergebnisse der Sportereignisse“ angezeigt würden. Für die Abgabe einer Wette sei die aktuelle Quote („Live-Quote“) zwingend erforderlich. Damit sei es bei dem Angebot von „Live-Wetten“ auch erforderlich, dass die aktuellen Spielstände angezeigt würden. Allein das Vorhandensein von automatisierten Wettterminals mit der Möglichkeit, Sportereignisse „live zu bewetten“, führe nicht zu der Bewertung des Betriebs als Vergnügungsstätte. Diese Rechtsansicht des Klägers geht fehl.

Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht der Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen. Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015 - 15 CS 15.9 - juris Rn. 14 m. w. N., OVG Berlin-Bbg, U. v. 6.10.2015 - 10 B 1.14 - juris Rn. 42 m. w. N.).

Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann. Die hier durch Schaufensterwerbung und das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als eine bloße Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung. Dass es nach dem Vorbringen des Klägers an Sitzgelegenheiten oder TV-Bildschirmen zur Übertragung von Sportereignissen fehle, keine Getränke ausgeschenkt oder Speisen verkauft würden und es weder Unterhaltungsspiele gebe noch ein allgemeiner Internetzugang zur Verfügung gestellt werde, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen oder TV-Bildschirmen, das Bereitstellen von Getränken und Speisen oder das Vorhalten von Unterhaltungsspielen sind weitere Indizien für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten. Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor (vgl. BayVGH, B. v. 21.5.2015, a. a. O., juris Rn. 15 m. w. N.). Der „Verweilcharakter“, den der Kläger dem Vorhaben abzusprechen sucht, folgt demnach nicht aus einer möglichst angenehmen oder geselligen Atmosphäre, die dem Kunden neben dem Abschluss seiner Wette angeboten werden soll, sondern schlicht aus der Möglichkeit, sich während des Laufs der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten, um die über Wandmonitore ausgestrahlten aktuellen Quoten und Ergebnisse der Wettkämpfe live zu verfolgen und noch während der laufenden Sportveranstaltungen in schneller Abfolge auf bestimmte Ereignisse zu wetten.

b) Der Vortrag, es liege keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor, weil die Baugenehmigung für ein Ladengeschäft (Elektrogeschäft) ausgenutzt werde, geht nach vorstehenden Ausführungen ins Leere. Der Wechsel von einer Ladennutzung in eine Vergnügungsstätte ist nach Art. 55 Abs. 1 BayBO baugenehmigungspflichtig, weil für die beabsichtigte Nutzung eines Ladenlokals als Vergnügungsstätte andere öffentlich-rechtliche, insbesondere städtebauliche Anforderungen in Betracht kommen als für einen Einzelhandelsbetrieb und auch sonst kein verfahrensfreies Vorhaben vorliegt (vgl. Art. 57 Abs. 4, Art. 58 BayBO).

Davon abgesehen ist die Einrichtung einer bloßen Wettannahmestelle nach den konkreten Umständen ebenfalls baugenehmigungspflichtig, weil die gegenständliche Wettvermittlungsstelle, anders als ein Einzelhandelsbetrieb, täglich und bis in die Nachtstunden geöffnet sein soll (vgl. Fotografie der Folie an der Schaufensterfront vom 26.11.2013 in der Behördenakte des Landratsamts Bl. 26, Az. S-298-13-2-, „..., Sportwetten, Livewetten“, „täglich von 10 bis 23 Uhr“). Insoweit wäre neben der bauordnungsrechtlichen Stellplatzfrage für eine Wettannahmestelle (hier: Stellplatzsatzung; vgl. Stellungnahme/Versagung des Einvernehmens vom 2.4.2013 des Marktes E... im Vorbescheidsverfahren) auch den im Rahmen des städtebaulichen Rücksichtnahmegebots zu beachtenden Lärmschutzbelangen im Zuge eines Baugenehmigungsverfahrens nachzugehen (vgl. Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 i. V. m. Art. 60 Satz 1 BayBO).

Ob darüber hinaus der Vortrag des Beklagten zutrifft, dass das vormals vorhandene Elektrogeschäft in weitere gewerbliche Teileinheiten unterteilt worden sei und damit auch Aspekte des Brandschutzes neu aufgeworfen würden, kann offen bleiben.

c) Die Annahme des Klägers, die Nutzungsuntersagungsverfügung sei rechtswidrig, weil die aufgenommene Nutzung offensichtlich genehmigungsfähig sei, trifft nicht zu. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung.

Der Kläger geht vom Vorliegen eines faktischen Mischgebiets aus (§ 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO). Innerhalb eines Mischgebiets sind Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nur in den Teilen des Gebiets zulässig, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO). Dass diese Voraussetzung am Standort des Vorhabens gegeben wäre, legt der Kläger nicht substantiiert dar. Ist das Vorhaben nur ausnahmsweise zulassungsfähig (§ 6 Abs. 3 BauNVO), kann von einer offensichtlichen Genehmigungsfähigkeit nicht die Rede sein. Selbst wenn lediglich eine Wettannahmestelle geplant wäre, würde aus den zuvor in Nr. 1 Buchst. b genannten Gründen nichts anderes gelten. Schon angesichts der offenen Stellplatzfrage und der beabsichtigten täglichen Öffnungszeiten bis 23 Uhr wäre auch eine Wettannahmestelle nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

Hiervon ausgehend kann offen bleiben, ob der Zulassung des Vorhabens auch die Veränderungssperre des Markts E... entgegensteht.

d) Der Einwand, der Kläger sei nicht der richtige Adressat der Nutzungsuntersagungsverfügung, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils erkennen. Gleiches gilt hinsichtlich der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013.

Das Verwaltungsgericht hat (im Rahmen der Baueinstellungsverfügung) zutreffend darauf hingewiesen, dass hier eine Mehrheit von Störern in Betracht kommt und die Auswahlentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Störereigenschaft des Klägers hat das Verwaltungsgericht auf dessen Erklärung abgestellt, er sei Bauherr. Damit sei der Kläger auch der richtige Adressat. Der Kläger könne sich als Bauherr der ihm obliegenden Verpflichtungen nicht durch Vermietung und Verpachtung entziehen. Das ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Der Vortrag des Klägers, er sei nicht danach gefragt worden, ob er „Bauherr“ sei, geht an den tatsächlichen Verhältnissen vorbei. Wie der Beklagte zu Recht vorträgt, unterscheidet auch der Kläger nicht trennscharf zwischen der vermeintlichen Nutzerin (... ... GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter nach Aktenlage der Kläger ist, vgl. Registerauszüge vom 2.8.2013 und vom 9.9.2013, Bl. 47 f. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2) und seiner Person, wenn er z. B. für sich in Anspruch nimmt, „der Betrieb des Klägers“ erfolge auf Grundlage einer Baugenehmigung (vgl. S. 13 a.E. der Zulassungsbegründung; ebs. Klagebegründung vom 18.3.2014 S. 10, „Der Betrieb des Klägers“). Des Weiteren hatte der Kläger ausweislich des Feststellungsbogens für die Baukontrolle vom 10. Oktober 2013 angegeben, mehrere Wettbüros zu betreiben, die ohne Baugenehmigung geduldet würden und ihm auch vorliegend von öffentlichen Stellen empfohlen worden sei, eine Gewerbeanmeldung durchzuführen und dass dadurch das Betreiben eines Wettbüros geduldet würde (vgl. Bl 1 der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Auch im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens hatte sich der Kläger als verantwortlicher Bauherr ausgegeben (vgl. z. B. Schriftsatz vom 30.10.2013 an das Landratsamt, wonach „das Lokal als ladenmäßige Wettannahmestelle geführt“ werden solle mit Grundrisszeichnung vom 29.9.2013 in Anlage, in der als „Bauherr“ der Kläger genannt ist, Bl. 18 ff. der Behördenakte des Landratsamts, Az. S-298-13-2). Schließlich hatte der Kläger bereits unter dem Datum 8. März 2013 einen Vorbescheidsantrag zur Nutzungsänderung des Ladens in eine „Annahmestelle für Lotto, Toto, Sportwetten“ gestellt. Es trifft daher zu, dass der Kläger durchweg als Bauherr aufgetreten ist und sich auch selbst als solcher bezeichnet hat. Als Bauherr ist der Kläger aber für das Vorhaben (handlungs-) verantwortlich und gehalten, vor Baubeginn und Nutzungsaufnahme den erforderlichen Bauantrag zu stellen und die Erteilung der Genehmigung abzuwarten (vgl. Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Auflage 2012, Art. 50 Rn. 2 BayBO; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand September 2015, Art. 76, Rn. 295 f, 163 ff. m. w. N.). Insoweit ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Baueinstellungsverfügung aber auch die Nutzungsuntersagungsverfügung an den Kläger gerichtet hat.

f) Entgegen der Annahmen des Klägers begegnen weder die Zwangsgeldandrohung zur Baueinstellungsverfügung noch die Zwangsgeldandrohung zur Nutzungsuntersagungsverfügung rechtlichen Bedenken.

Insbesondere trifft die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu, dass das Fristsetzungserfordernis des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwVZG auf die hier gegenständlichen Unterlassungspflichten, die unzulässigen Bauarbeiten bzw. die illegal aufgenommene Nutzung nicht weiter fortzuführen, keine unmittelbare Anwendung findet (vgl. BayVGH, B. v. 15.6.2000 - 4 B 98.775 - BayVBl 2001, 3297 = juris Rn. 21; vgl. auch Troidl in Engelhardt/App/Schlatmann, VwVG/VwZG, 10. Auflage 2014, § 13 Rn. 3 a.E. m. w. N.). Es widerspräche geradezu dem Zweck der Baueinstellung, tatsächliche Veränderungen bis zu einer abschließenden Entscheidung im Baugenehmigungsverfahren zu verhindern, wenn dem Bauherrn eine Frist eingeräumt würde, innerhalb der er die Bauarbeiten - sanktionslos - fortführen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 75 Rn. 78 m. w. N.). Die Anweisung von Personen, die den Bau im Auftrag des Bauherrn ausführen, kann - wie im Bescheid verfügt - „sofort“ erfolgen.

Auch hinsichtlich der Nutzungsuntersagungsverfügung wird dem Kläger kein Handeln abverlangt, das er nicht „sofort“ erfüllen könnte (vgl. Decker, a. a. O., Art. 76 Rn. 299 m. w. N.). Die Verpflichtung, den Betrieb eines Wettbüros zu unterlassen, erfordert keine positive Handlung, die hier die Setzung einer Übergangsfrist erforderte. Insbesondere trifft es nicht zu, dass - wenn der Kläger nichts machte - der Betrieb von sich aus weiterlaufen würde. Im Gegenteil: Der Betrieb des Wettbüros erfordert nicht nur das tägliche Öffnen des Wettbüros, um den Kunden den Zugang zu ermöglichen, sondern gleichermaßen das Erbringen der angebotenen Dienstleistungen. Die Türen zum Wettbüro verschlossen zu halten, erfordert, sie nach Schließung nicht wieder zum Zweck des Wettbetriebs zu öffnen. Angesichts der Geschäftsführerstellung des Klägers bei der vorgeblich das Wettbüro betreibenden ... ... GmbH sind auch insoweit keine Gründe ersichtlich, die die Setzung einer Frist zur Aufgabe der illegal aufgenommenen Nutzung nahelegen könnten. Im Übrigen musste dem Kläger schon aus Anlass seines Vorbescheidsantrags, der Veränderungssperre und der Baueinstellungsverfügung vom 10. Oktober 2013 bewusst gewesen sein, dass sein Vorhaben nach Auffassung der öffentlichen Stellen unzulässig ist. Auch hiervon ausgehend musste dem Kläger, der die vorgehenden behördlichen Hinweise und Anordnungen ignoriert und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat, aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten keine Übergangsfrist eingeräumt werden.

2. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachten rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) noch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 1 Nr. 3 VwGO) auf.

a) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob bei der Überprüfung von Nutzungsuntersagungsverfügungen die Unwirksamkeit von bauleitplanerischen Satzungen zu beachten ist, würde sich im Berufungsverfahren nicht stellen.

aa) In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist geklärt, dass ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vorliegt‚ wenn das Vorhaben - wie hier - ohne Baugenehmigung ausgeführt wird. Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie o f f e n s i c h t l i c h genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, B. v. 23.5.2014 - 9 CS 14.451 - juris Rn. 12 und B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 12.2378 - juris Rn. 5 f jeweils m. w. N.).

Hiervon ausgehend ist das Vorhaben des Klägers auch unter Außerachtlassung der Veränderungssperre nicht „offensichtlich genehmigungsfähig“, weil weder ersichtlich noch dargelegt ist, dass es im vom Kläger angenommenen faktischen Mischgebiet zugelassen werden kann und auch im Fall einer bloßen Wettannahmestelle keine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit vorliegt (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c).

bb) Im Übrigen führt auch ein sich aus städtebaulichen Satzungen ergebendes Zulassungshindernis für ein Vorhaben im Regelfall dazu, dass das jeweilige Vorhaben nicht offensichtlich genehmigungsfähig ist. Ob etwas anderes gilt, wenn die jeweilige Rechtsvorschrift offenkundig und nach jeder Betrachtungsweise unwirksam ist, kann dahinstehen. Die Darlegungen des Klägers, es lägen keine besonderen Umstände vor, die den Erlass einer erneuten Veränderungssperre rechtfertigen könnten und es werde eine reine Verhinderungsplanung verfolgt, erfordern jedenfalls eine eingehende Würdigung und Bewertung des Planverfahrens, die über den Rahmen einer Offensichtlichkeitsprüfung hinausgeht.

b) Die Rechtsfrage, ob „bei einem Bauantrag über eine Wettannahmestelle mit ca. 50 Quadratmetern Nutzfläche für Besucher und einem Tresen, keinen TV-Bildschirmen, keinen Sitzgelegenheiten, keinen Geldspielgeräten oder anderen Spielgeräten, keinem Getränkeausschank und keinem Speiseangebot eine Vergnügungsstätte vorliegt“, ist - wörtlich verstanden - nicht klärungsfähig. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend von einem Wettbüro i. S. d. Rechtsprechung ausgegangen und nicht von einer bloßen „Wettannahmestelle“.

Die sinngemäß gestellte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Wettvermittlungsstelle die Schwelle zur Vergnügungsstätte überschreitet, ist hier nicht entscheidungserheblich. Das Vorhaben wäre selbst dann, wenn es eine bloße Wettannahmestelle umfasste, genehmigungspflichtig und deshalb mangels zuvor erteilter Baugenehmigung formell rechtswidrig (vgl. vorstehend Nr. 1 Buchst. b und c)

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG. Sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 3. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde bleibt erfolglos. Soweit das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Ziffern I und II der Verfügung der Antragsgegnerin vom 13. Januar 2011 sowie auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs hinsichtlich Ziffer IV dieses Bescheides abgelehnt hat, begegnet dies keinen rechtlichen Bedenken. Das Verwaltungsgericht ist in nicht zu beanstandeter Weise davon ausgegangen, dass bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden Interessenabwägung das Interesse der Antragsgegnerin an einem Vollzug der angefochtenen Verfügung das Interesse der Antragstellerin, von einer Vollziehung vorläufig verschont zu bleiben, überwiegt.

2

Die Begründung der Beschwerde, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

3

Die angefochtene Nutzungsuntersagungsverfügung erweist sich, soweit sie Gegenstand des Beschwerdeverfahrens geworden ist, als offensichtlich rechtmäßig. Zudem kann sich die Antragsgegnerin weiterhin auf ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Bescheides berufen.

4

Die von der Antragsgegnerin verfügte Nutzungsuntersagung für den Abschluss und die Vermittlung allgemeiner Sportwetten findet ihre Rechtsgrundlage in § 81 Satz 1 Landesbauordnung - LBauO -. Hiernach kann die Bauaufsichtsbehörde, wenn bauliche Anlagen gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen, deren Benutzung untersagen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können.

5

Eine Nutzungsuntersagung kann bereits dann ausgesprochen werden, wenn für eine Nutzung die erforderliche Genehmigung fehlt. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird in diesem Fall nach § 81 Satz 1 LBauO dadurch Rechnung getragen, dass eine Benutzungsuntersagung nur ergehen darf, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Eine entsprechende Anordnung ist demnach nur dann möglich, wenn nicht offensichtlich eine beantragte Nutzungsänderungsgenehmigung erlassen werden muss (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. Mai 1996 - 8 A 11880/85.OVG - AS 25, 313 und juris, Rn. 19).

6

Die Nutzung eines Teils der Erdgeschossräume in dem Anwesen R.straße … durch die Antragsgegnerin stellt eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung dar, die nicht genehmigt wurde. Nach § 61 LBauO bedarf die Nutzungsänderung baulicher Anlagen der Genehmigung, soweit in den §§ 62, 67 und 84 LBauO nichts anderes bestimmt ist. § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO sieht von der Genehmigungspflicht eine Ausnahme bei Gebäuden und Räumen vor, die nicht im Außenbereich liegen, wenn für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen als für die bisherige Nutzung gelten.

7

Hinsichtlich der Nutzung als Wettbüro für allgemeine Sportwetten liegt eine Nutzungsänderung im Sinne der genannten Vorschriften vor. Als Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne ist jede Änderung der ursprünglich genehmigten Nutzung anzusehen, die sich ihrerseits aus der erteilten Baugenehmigung ergibt (vgl. Jeromin, LBauO, 2. Aufl. 2008, § 3 Rn. 16). Der Inhalt der der Antragstellerin erteilten Baugenehmigung vom 19. Januar 2007 wird durch die unter Nr. 1 der Nebenbestimmungen enthaltene Umschreibung konkretisiert. Darin wird ausgeführt, dass die Baugenehmigung für eine Geschäftsstelle zum gewerbsmäßigen Abschluss und Vermitteln von Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde (Pferdewetten) erteilt wird. Mit dieser Nebenbestimmung wird der Inhalt der Genehmigung dem gestellten Bauantrag entsprechend festgelegt. Da die Antragsgegnerin dem Bauantrag insoweit in vollem Umfang entsprochen hat, ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der in der Nebenbestimmung enthaltenen Einschränkung.

8

Die in dem Wettbüro tatsächlich ausgeübte Nutzung des Abschlusses und der Vermittlung allgemeiner Sportwetten hält den durch die Baugenehmigung gesteckten Rahmen nicht ein und stellt damit eine Nutzungsänderung im bauordnungsrechtlichen Sinne dar.

9

Für diese Nutzungsänderung greift auch nicht die in § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO vorgesehene Ausnahme von der Genehmigungspflicht. Hinsichtlich der Nutzung des Anwesens R.straße … für allgemeine Sportwetten kann nicht festgestellt werden, dass für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen gelten als für die bisherige Nutzung. Vielmehr ist von der Möglichkeit auszugehen, dass die Nutzung eines Wettbüros für allgemeine Sportwetten in bauplanungsrechtlicher Hinsicht geänderten Anforderungen unterliegt und dass damit eine bauplanungsrechtliche Nutzungsänderung im Sinne des § 29 Abs. 1 BauGB vorliegt.

10

Eine derartige Nutzungsänderung setzt eine Änderung der Nutzungsweise voraus, die insoweit bodenrechtlich relevant ist, als sie die in § 1 Abs. 6 BauGB genannten Belange berühren kann, womit die Genehmigungsfrage (erneut) aufgeworfen wird. Der Tatbestand einer Nutzungsänderung im Sinne von § 29 BauGB wird von solchen Veränderungen erfüllt, die außerhalb der jeder einzelnen Art von Nutzung eigenen Variationsbreite liegen. Dies kann sowohl dann der Fall sein, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die alte, als auch dann, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung nach derselben Vorschrift bestimmt, hiernach aber anders zu beurteilen ist als die bisherige Nutzung (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - IV C 8.75 -, NJW 1977, 1932 und juris, Rn. 18; Urteil vom 27. August 1998 - 4 C 5/98 -, NVwZ 1999, 523 und juris, Rn. 17; Beschluss vom 7. November 2002 - 4 B 64/02 -, BRS 66 Nr. 70 und juris, Rn. 6; Krautzberger in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand: 2010, § 29 BauGB, Rn. 41).

11

Eine hiernach relevante Änderung der Nutzungsweise ergibt sich nicht bereits daraus, dass die genehmigte Nutzung des Wettbüros für Pferdewetten und die derzeit ausgeübte Nutzung für allgemeine Sportwetten unterschiedlichen Nutzungsarten nach den Bestimmungen der Baunutzungsverordnung zuzuordnen wären. Beide Nutzungsvarianten sind vielmehr in ihrer konkreten Ausgestaltung als Vergnügungsstätte einzustufen. Kennzeichen einer derartigen Vergnügungsstätte ist, dass sie als besondere Art von Gewerbebetrieben durch die kommerzielle Unterhaltung der Besucher geprägt wird und dabei in unterschiedlicher Ausprägung den Sexual-, Spiel- oder Geselligkeitstrieb anspricht (vgl. Bielenberg in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., § 4a BauNVO, Rn. 58; Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, § 4a Rn. 22). Das Wettbüro der Antragstellerin ist ersichtlich nicht lediglich darauf angelegt, Wetten entgegenzunehmen und weiterzuleiten sowie Gewinne auszuzahlen. Vielmehr sollen die Kunden animiert werden, sich während der Sportveranstaltungen in den Räumen des Wettbüros aufzuhalten und die Sportereignisse, auf die sie gewettet haben, in Live-Übertragungen auf den Fernsehmonitoren zu verfolgen, womit gleichzeitig ein Gemeinschaftserlebnis entsteht. Ein entsprechendes Konzept kann der Planzeichnung des Wettbüros entnommen werden, die erkennen lässt, dass die Fläche des Wettbüros über die Erfordernisse hinausgeht, die ein reiner Wettschalter mit sich brächte. Zudem befinden sich dort Sitzgruppen, die über den gesamten Raum verteilt sind, sowie eine größere Monitorwand. Da diese Ausgestaltung nicht hinsichtlich der Sportart variiert, die Gegenstand der Wetten ist, handelt es sich bei dem Wettbüro sowohl hinsichtlich der genehmigten, auf Pferdewetten beschränkten Nutzung als auch bei der tatsächlich ausgeübten erweiterten Nutzung für allgemeine Sportwetten um eine Vergnügungsstätte (vgl. BayVGH, Urteil vom 6. Juli 2005 - 1 B 01.1513 -, juris, Rn. 42; HessVGH, Beschluss vom 19. September 2006 - 3 TG 32161/06 -, NVwZ-RR 2007, 81 und juris, Rn. 3 f., Beschluss vom 25. August 2008 - 3 UZ 2566/07 -, NVwZ-RR 2009, 143 und juris, Rn. 5, Fickert/Fieseler a.a.O., § 4a Rn. 22.23.69; die Frage offen lassend: OVG NRW, Beschluss vom 18. Oktober 2005 - 10 B 1600/05 -, juris, Rn. 4).

12

Eine geänderte bauplanungsrechtliche Beurteilung des Wettbüros kann sich indessen im Hinblick auf das Rücksichtnahmegebot ergeben. Eine bodenrechtlich relevante Nutzungsänderung entsteht insbesondere daraus, dass Unterschiede hinsichtlich der von der geänderten Nutzung ausgehenden Störungen oder Auswirkungen auf die Umgebung bestehen, die geeignet sind, die Genehmigungsfrage neu aufzuwerfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. März 1989 - 4 B 24.89 - in NVwZ 1989, 666 und juris, Rn. 3).

13

Hinsichtlich der Nutzung als Wettbüro für allgemeine Sportwetten ergeben sich beachtliche Anhaltspunkte, dass hiervon andere Auswirkungen auf die Umgebung ausgehen, als dies bei einem auf Pferdewetten beschränkten Wettbüro der Fall ist. Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass mit der Ausweitung der Sportarten ein erheblich größerer Interessentenkreis angesprochen wird als bei Pferdewetten. Dies wird von der Antragstellerin letztlich auch nicht in Zweifel gezogen. Das Konzept des Wettbüros wird zudem nicht lediglich in Randbereichen angepasst, sondern grundlegend umgestaltet. Die größere Bandbreite an Sportveranstaltungen, die Gegenstand der Wetten sind und deren Live-Übertragungen von den Kunden in den Räumen des Wettbüros verfolgt werden, legt gegenüber den auf eine Sportart konzentrierten Pferdewetten ein abweichendes Nutzerverhalten nahe. Hieraus ergibt sich jedenfalls die Möglichkeit geänderter Auswirkungen auf die Umgebung.

14

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass sich hinsichtlich der Gesamtzahl der Kunden keine Veränderung ergeben habe, da das Interesse an Pferdewetten in gleichem Maße nachgelassen habe, wie die Attraktivität der allgemeinen Sportwetten gestiegen sei, schließt diese quantitative Feststellung als mögliches Indiz für eine weiterhin nachbarschafts- und umgebungsverträgliche Nutzung nicht bereits das Erfordernis eines erneuten Genehmigungsverfahren aus.

15

Für die Annahme einer bodenrechtlichen Relevanz des Nutzungswechsels kann nicht gefordert werden, dass Beeinträchtigungen tatsächlich nachzuweisen sind. Vielmehr ist entscheidend, dass entsprechende Beeinträchtigungen auftreten können. Ob sie tatsächlich in relevanter Weise vorliegen, muss im Genehmigungsverfahren selbst geprüft werden. Die Annahme einer Nutzungsänderung im bauplanungsrechtlichen Sinne kann nicht auf die Frage verengt werden, ob sich das Vorhaben in materiell-rechtlicher Hinsicht als unzulässig erweist. Vielmehr ist der Begriff in einer die behördliche Kontrollaufgabe berücksichtigenden Weise weit zu fassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 1988 - 4 C 50/87 - in BRS 48, Nr. 58 und juris, Rn. 16). Hinzu kommt, dass § 62 Abs. 2 Nr. 5 Buchstabe a) LBauO, der eine Ausnahme von der ansonsten bestehenden Genehmigungspflicht in bauordnungsrechtlicher Hinsicht normiert, eng auszulegen ist. Eine Genehmigungsfreiheit besteht lediglich dann, wenn feststeht, dass für die neue Nutzung keine anderen öffentlich-rechtlichen Anforderungen gelten. Soweit diese Frage offen bleibt, geben mögliche Unklarheiten Anlass zu einer Überprüfung im Genehmigungsverfahren.

16

Die im Hinblick auf die formelle Illegalität der Nutzungsänderung hiernach gerechtfertigte Nutzungsuntersagung erweist sich auch nicht deshalb als unverhältnismäßig, weil der Antragstellerin eine entsprechende Genehmigung offensichtlich erteilt werden müsste. Die Nutzungsänderung in ein Wettbüro für allgemeine Sportwetten ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig.

17

Das Verwaltungsgericht sieht die von der Antragstellerin vorgenommene Nutzungsänderung deshalb nicht als genehmigungsfähig an, weil das Anwesen R.straße … Teil eines faktischen allgemeinen Wohngebietes sei, in dem Vergnügungsstätten nach § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO auch ausnahmsweise nicht zugelassen werden könnten. Grundlage dieser Feststellung des Verwaltungsgerichtes ist ein Bestandsverzeichnis der Umgebung des Anwesens. Die Antragstellerin wendet hiergegen in ihrer Beschwerdebegründung ein, dass das Grundstück R.straße … in erster Linie geprägt werde durch die entlang dieser Straße festzustellende Bebauung, die indessen in stärkerem Umfang gewerblich geprägt sei, so dass ein Mischgebiet angenommen werden müsse. Diese unterschiedliche Einschätzung zeigt, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Nutzung des Wettbüros für allgemeine Sportwetten nicht offensichtlich angenommen werden kann. Vielmehr bedarf die Charakterisierung der Umgebung des Vorhabens noch weiterer Aufklärung.

18

Liegen hiernach die Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung offensichtlich vor, so steht auch das besondere öffentliche Interesse an einer sofortigen Vollziehung nicht in Frage. Dieses öffentliche Interesse ist darin begründet, dass die praktizierte Nutzung nicht genehmigt war, durch die ungenehmigte Nutzung die präventive Kontrolle der Bauaufsicht verhindert wird und dass ungerechtfertigte Vorteile gegenüber denjenigen vermieden werden, die eine geänderte Nutzung erst nach Erteilung einer Genehmigung aufnehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 5. Juli 2006 - 8 B 10574/06 -, BRS 70 Nr. 190 und juris, Rn. 13). Diese Dringlichkeit ist nicht dadurch entfallen, dass die Antragsgegnerin die angefochtene Verfügung erst ein knappes Jahr nach Kenntnis von dem betrieblichen Umfang des Wettbüros erlassen hat. Die Antragsgegnerin hat hierzu nachvollziehbar darauf verwiesen, dass ihr ein früheres Einschreiten angesichts von etwa 100 beanstandeten Wettbetrieben in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht möglich gewesen sei.

19

Auch hinsichtlich der in dem Bescheid der Antragsgegnerin unter Ziffer IV verfügten Androhung unmittelbaren Zwanges ist die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, die aufschiebende Wirkung - abgesehen von der Reduzierung der TV-Bildschirme - nicht anzuordnen, rechtlich nicht zu beanstanden. Die nach § 20 AGVwGO von Gesetzes wegen mit Sofortvollzug versehene Zwangsmittelandrohung erweist sich ebenfalls als offensichtlich rechtmäßig, so dass auch insoweit das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.

20

Die Androhung findet ihre Rechtsgrundlage in § 66 Abs. 1 i.V.m. § 65 Abs. 1 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes - LVwVG -. Hinsichtlich der von der Antragsgegnerin verfügten Nutzungsuntersagung ergibt sich im Einzelfall auch kein Nachrang des unmittelbaren Zwangs gegenüber Ersatzvornahme oder Zwangsgeld. § 65 Abs. 1 LVwVG sieht vor, dass der unmittelbare Zwang angewendet werden kann, wenn die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Ziel führt oder sie untunlich sind. Als untunlich erweist sich die Anwendung von Ersatzvornahme oder Zwangsgeld auch dann, wenn ihr Einsatz zwar Erfolg versprechend ist, der unmittelbare Zwang sich aber im konkreten Fall als wirksamer darstellt (vgl. Engelhardt/App, Verwaltungsvollstreckungsgesetz - Verwaltungszustellungsgesetz, 8. Aufl. 2008, § 12 VwVG, Rn. 9). Da der von der Antragsgegnerin angedrohte unmittelbare Zwang letztlich nur in einem Zugriff auf die Geräte besteht, die für allgemeine Sportwetten genutzt werden, stellt er sich einerseits als wirkungsvoller als eine Ersatzvornahme oder eine Zwangsgeldfestsetzung dar. Andererseits wird die Antragstellerin durch den mit dem unmittelbaren Zwang verbundenen Eingriff, mit dem die Benutzung einzelner Vermögensgegenstände unterbunden werden soll, nicht stärker belastet als durch eines der anderen Zwangsmittel (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 5. Januar 2010 - 6 B 11030/09.OVG -).

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

22

Der Wert Streitgegenstandes bestimmt sich nach den §§ 47, 53 Abs. 3 und 52 Abs. 1 GKG.

Tenor

  • 1. Die aufschiebende Wirkung der Klage 10 K 3900/15 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 3. September 2015 wird hinsichtlich der Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Versiegelung angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.Die Antragstellerin trägt 2/3 und die Antragsgegnerin 1/3 der Kosten des Verfahrens.

  • 2. Der Streitwert wird auf 4.470,00 € festgesetzt.


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Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts wird aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine gegen sie als Mieterin verfügte Untersagung der Nutzung des Obergeschosses des Gebäudes auf dem Grundstück FlNr. 562/1 Gemarkung E. zu Wohnzwecken.

Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Gewerbegebiet E.“‚ den die beigeladene Gemeinde für einen Teilbereich des heutigen Plangebiets im Jahr 1980 in Kraft gesetzt hatte. Die nördliche Grenze seines Geltungsbereichs bildeten damals die Grundstücke FlNr. 962/1, 963/1 und 963/2. In seiner Sitzung vom 18. November 2003 beschloss der Gemeinderat, den Bebauungsplan mit den zwischenzeitlich erfolgten räumlichen Erweiterungen und Änderungen insgesamt neu aufzustellen sei. Zugleich wurde der „Vorgängerbebauungsplan“ aus dem Jahr 1980 mit zwei Änderungen aus dem Jahr 1981 aufgehoben. Der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan wurde laut der „Verfahrensvermerke“ am 17. März 2004 ausgefertigt, am 25. Mai 2004 beschlossen und die Bekanntmachung am 26. Mai 2004 unterschrieben; sie erfolgte am 27. Mai 2004 („Schlussbekanntmachung“). Die beiden Unterschriften des Bürgermeisters in den Verfahrensvermerken sind nicht datiert. Am 21. August 2012 machte die Gemeinde die rückwirkende Inkraftsetzung des Bebauungsplans zum 27. Mai 2004 zur Heilung eines Verfahrensfehlers bekannt, nachdem das Landratsamt B. ein solches Vorgehen am 20. August 2012 wegen möglicher Ausfertigungsmängel der ursprünglichen Pläne empfohlen hatte.

Im Rahmen von bauaufsichtlichen Kontrollen am 27. Februar und 15. März 2012 stellte das Landratsamt fest, dass durch Überbauung der nach den Bauplänen als Ersatzteillager genehmigten Räume im Obergeschoss mindestens acht Zimmer entstanden seien, in denen die Klägerin von ihr beschäftigte Arbeitnehmer unterbringe; die Zimmer seien mit jeweils 3 bis 4 Schlafstätten, mit Kühlschränken und elektrischen Kochplatten ausgestattet. Der für Wohnräume erforderliche erste Rettungsweg sei nicht bauordnungsgemäß ausgestaltet, ein zweiter Rettungsweg fehle ganz.

Mit Bescheid vom 3. Mai 2012 wurde der Klägerin unter Anordnung des Sofortvollzugs (Nr. 3) aufgegeben, die Nutzung der Räume im Obergeschoss zu Wohnzwecken zu unterlassen (Nr. 1). Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung werde ein Zwangsgeld von 1.000 Euro für jeden zu Wohnzwecken genutzten Raum fällig (Nr. 5). Die Eigentümerin des Gebäudes wurde im gleichen Bescheid unter Androhung eines Zwangsgeldes verpflichtet, die Nutzungsuntersagung zu dulden (Nr. 2 und 6). Sollte die Klägerin der Nutzungsuntersagung nach Nr. 1 nicht fristgerecht nachkommen, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro je Wohnung fällig (Nr. 5). Die Kosten des Bescheids wurden der Klägerin auferlegt (Nr. 7). Die Wohnnutzungen seien nicht nur ohne entsprechende Baugenehmigung, also formell illegal aufgenommen worden, sondern verstießen auch gegen materielles Baurecht, weil die Vermietung von Wohnräumen in einem Gewerbegebiet generell unzulässig sei. Außerdem bestünden gravierende, näher bezeichnete Brandschutzmängel, insbesondere fehle ein ausreichender zweiter Rettungsweg. Die Nutzungsuntersagung werde als Ermessensentscheidung verfügt, um den widerrechtlichen Zustand zu beenden und Bezugsfälle zu vermeiden. Als Adressat der Anordnung sei die Klägerin als Handlungsstörerin ausgewählt worden, weil sie durch eigenes Handeln die rechtswidrige Nutzung der Räume schnellstmöglich aufgeben und damit die Gefahr für die dort wohnenden Mitarbeiter abwenden könne.

Das Landratsamt hatte eine Bestandsaufnahme aller Wohnnutzungen im Gewerbegebiet E. erstellt, auf deren Basis im Mai/Juni 2012 eine ganze Reihe weiterer Nutzungsuntersagungen ausgesprochen wurden, gegen die die Betroffenen (derzeit ruhende) Klageverfahren angestrengt haben. Am 13. August 2012 wurde dem Verwaltungsgericht ein Ordner des Landratsamts mit Kurzinformationen zu den einzelnen Grundstücken im Gewerbegebiet vorgelegt‚ aus denen insbesondere Angaben zu den festgestellten Wohnnutzungen und den inzwischen veranlassten Nutzungsuntersagungen hervorgehen.

Das Verwaltungsgericht München gab der Anfechtungsklage mit Urteil vom 11. Oktober 2012 statt. Die Festsetzung der Gebietsart „Gewerbegebiet“ in dem Bereich nördlich der Staatsstraße ... bis einschließlich der Grundstücke FlNr. 961/4 und 961/3 sei nach einer Gesamtschau der maßgeblichen Umstände funktionslos geworden; das Baugebiet stelle sich insoweit vielmehr als faktisches Mischgebiet dar, denn es sei von einem gleichrangigen Nebeneinander von Wohnen und von nicht störendem Gewerbe geprägt. Schon äußerlich falle die in den Ober- und Dachgeschossen weit verbreitete Wohnnutzung auf. Die massive Wohnbebauung, die bereits mit der Ersterrichtung der Gewerbebauten vor rund 30 Jahren begonnen habe, schließe eine Entwicklung hin zu einem Gewerbegebiet aus. Die als Betriebsleiterwohnungen genehmigten Gebäude seien stattliche Wohnhäuser und könnten nicht mehr als „untergeordnet“ i. S. v. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO angesehen werden. Nach der Aufstellung des Landratsamts vom 11. September 2012 hätten nur vier der 14 Anwesen keine Betriebsleiterwohnung. Vier der Betriebsleiterwohnungen seien frei vermietet. Aus dem Kontrollbericht des Landratsamts vom 27. Dezember 2010 gehe hervor, dass insgesamt 89 Personen als im Gewerbegebiet wohnhaft gemeldet seien, die in 28 bis 45 Wohneinheiten wohnten, obwohl im fraglichen Bereich nur neun Wohnungen genehmigt worden seien. Die Nutzungsuntersagung sei auch ermessensfehlerhaft verfügt worden; zum einen sei die Funktionslosigkeit der Festsetzung „Gewerbegebiet“ verkannt worden‚ zum anderen bestünden keine nachvollziehbaren sachlichen Gründe‚ warum der Beklagte im Rahmen seines Sanierungskonzepts nicht auch diejenigen Wohnnutzungen von Betriebsleiterwohnungen aufgreife‚ die privat und ohne Bezug zu einem Betrieb vermietet worden seien. Auch die gegenüber der Eigentümerin ausgesprochene Duldungsanordnung müsse aufgehoben werden‚ da sie in einem untrennbaren sachlichen Zusammenhang mit der gegenüber der Klägerin ergangenen Nutzungsuntersagung stehe.

Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 (M 11 S 12.2711) stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der vorliegenden Anfechtungsklage wieder her; die Beschwerde des Beklagten blieb erfolglos (BayVGH, B.v. 18.3.2013 - 1 CS 12.2070 - juris), weil die brandschutztechnischen Mängel inzwischen behoben worden seien und die behauptete illegale, seit vielen Jahren unbeanstandet hingenommene Nutzung nicht vor einer Entscheidung in der Hauptsache beendet werden müsse.

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 19. März 2013 (1 ZB 12.2777) wegen besonderer tatsächlicher und rechtlicher Schwierigkeiten zugelassenen Berufung führt der Beklagte aus, es sei im Lichte von § 1 Abs. 3 BauGB nicht erkennbar, warum die festgestellten illegalen Wohnnutzungen im Gewerbegebiet die ordnende Wirkung dieser Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließen sollten; der von der Gebietsart abweichende Zustand habe sich noch nicht in einer solchen Weise verfestigt, dass eine Rückkehr zu rechtmäßigen Verhältnissen ausgeschlossen werden müsse. Dies zeige bereits der Umstand, dass zahlreiche Nutzungsuntersagungen gegen weitere Eigentümer mit dem Ziel der Rückkehr zur plankonformen Nutzung verfügt worden seien. Im Übrigen sei das Gewerbegebiet mit am 23. Juni 2010 in Kraft getretener Änderung des Bebauungsplans in Richtung Norden erweitert worden. Für die bereits 1981 genehmigten Betriebsleitergebäude gälten nicht die Bestimmungen der Baunutzungsverordnung 1990 und damit auch nicht § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO 1990, wonach nur untergeordnete Wohnhäuser als Betriebsleitergebäude zulässig seien. Der vom Verwaltungsgericht angenommenen Einordnung als faktisches Mischgebiet stehe entgegen, dass im fraglichen Bereich des Bebauungsplans auch Gewerbebetriebe bestünden, die nicht ohne weiteres mischgebietsverträglich seien (Kfz-Werkstätten, Landmaschinenwerkstatt, Schreinerei). Schließlich genüge das von der Bauaufsichtsbehörde erstellte Sanierungskonzept, das die Verhältnisse auf sämtlichen Grundstücken des Gewerbegebiets betrachte, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Die frei vermieteten Betriebsleiterwohnungen hätten noch nicht sofort und im gleichen Umfang aufgegriffen werden müssen, zumal sie durch nachträgliche Eingliederung in einen betrieblichen Zusammenhang oder auch die erstmalige Schaffung dieses Zusammenhangs einer legalisierten Nutzung zugeführt werden könnten. Damit sei das Vorgehen des Beklagten weder willkürlich noch systemlos; auch das langjährige Unterlassen bauaufsichtlichen Einschreitens hindere nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände den Erlass einer Nutzungsuntersagung. Eine Aufhebung der gegenüber der Eigentümerin verfügten Duldungsanordnung sei im vorliegenden Klageverfahren schon mangels Adressatenstellung und Beschwer der Klägerin nicht möglich.

Der Beklagte legt eine zum 14. April 2014 aktualisierte Übersicht (mit Lageplan) der erlaubten wie der unerlaubten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet und der hiergegen eingeleiteten Maßnahmen vor. Das Sanierungskonzept sehe in einem ersten Schritt die Behandlung derjenigen Fälle vor, in denen gewerblich genutzte Räume ohne Genehmigung zu Wohnräumen umgewandelt worden seien; als nächstes seien die genehmigten Betriebsleiterwohnungen überprüft worden, ohne dass hier bereits Untersagungen ausgesprochen worden seien. Hingenommen würden dagegen Wohn-nutzungen ehemaliger Betriebsleiter oder deren Angehöriger sowie von Bereitschaftspersonal in Betriebsleiterwohnungen. Dementsprechend ergänzt der Beklagte seine im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Ermessenserwägungen nach § 114 Satz 2 VwGO im Hinblick auf die Frage eines gleichheitssatzgemäßen Einschreitens dahingehend, dass die bekannten Wohnnutzungen im Gewerbegebiet entsprechend dem jeweiligen Gewicht des Verstoßes Schritt für Schritt aufgegriffen würden; im vorliegenden Fall bestehe ein gravierender und offenkundiger Verstoß.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Vorlage des zwischen ihr und der Eigentümerin geschlossenen Mietvertrags vom 13. November 2006 über „gewerbliche Räume“ mit einer Fläche von 530 m² trägt die Klägerin vor, das Baugebiet habe sich bereits seit Jahrzehnten in Richtung eines Mischgebiets entwickelt, wie die auf fast jedem Grundstück nachweisbaren Wohneinheiten und zum Teil stattlichen Wohnhäuser bewiesen. Die Festsetzung Gewerbegebiet sei wegen der eingetretenen wirtschaftlichen Unzumutbarkeit der zugelassenen Nutzung außer Kraft getreten; die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse hätten einen Zustand erreicht, der eine Verwirklichung der vorgesehenen Nutzung auf absehbare Zeit als unwirtschaftlich ausschließe. Damit richte sich die Beurteilung der Situation nach § 34 BauGB, wonach aber die untersagte Nutzung zulässig sei. Im Übrigen erfüllten die nicht abgeschlossenen Übernachtungszimmer nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens, der eine auf Dauer angeleg-te Häuslichkeit und Möglichkeit der Eigengestaltung der Haushaltsführung voraussetze. Es handele sich vielmehr um gewerbliche Arbeitnehmerunterkünfte, in denen nur an Werktagen übernachtet werde und die keine Privatsphäre zuließen; die Mehrbettzimmer hätten keine festen Kochgelegenheiten und keine Nasszellen, es gebe lediglich zwei gemeinschaftliche Sanitärräume. Für jede Übernachtung in der kasernenartigen Unterkunft würden vom Lohn des Arbeitnehmers 6,50 Euro einbehalten. Die Mitarbeiter kehrten an ihren freien Tagen, an den Wochenenden und in den Zeiten der saisonalen Betriebsschließungen an den jeweiligen Heimatort zurück. Es könne mangels eines auf Dauer angelegten Wohnungsersatzes und wegen der Kurzfristigkeit der jeweiligen Aufenthalte auch nicht von einer wohnähnlichen Nutzung ausgegangen werden. Das Angebot von Übernachtungsplätzen sei unabdingbar für die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftsbetriebes der Klägerin.

Die Beigeladene stellt erstmals im Berufungsverfahren einen Antrag; sie beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

Die vom Bundesverwaltungsgericht formulierten Voraussetzungen für eine Funktionslosigkeit des Bebauungsplans lägen nicht vor. Das Vorgehen des Beklagten belege, dass die planerische Zweckbestimmung des Gewerbegebiets gerade hier-durch (wieder)hergestellt werden solle; die tatsächlichen Verhältnisse stünden einer Umsetzung des Bebauungsplans keineswegs dauerhaft entgegen. Zudem sei das schutzwürdige Vertrauen der planunterworfenen Grundeigentümer in die Zweckbestimmung des Bebauungsplans nicht durch die Aufnahme rechtswidriger Nutzungen entfallen. Daran ändere auch das lange Zuwarten der Bauaufsichtsbehörde nichts, denn es fehle insoweit an einem positiven Tätigwerden. Die Beigeladene halte jedenfalls an der Festsetzung eines Gewerbegebiets fest.

Der Senat hat am 16. Mai 2014 das gesamte Gewerbegebiet E. und insbesondere das Gebäude auf FlNr. 964 besichtigt und am 6. Juni 2014 erstmals mündlich verhandelt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Bauakten‚ die von der Beigeladenen vorgelegten Aufstellungsunterlagen für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ sowie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowohl im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes als auch im Klageverfahren, hier insbesondere auf die Niederschriften über die Ortsbesichtigung und die mündlichen Verhandlungen, Bezug genommen.

Gründe

Im Berufungsverfahren ist maßgeblicher Streitgegenstand der Bescheid vom 3. Mai 2012 (ergänzt um die mit Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 8. Mai 2014 nachgeholten Ermessenserwägungen) in seinen an die Klägerin gerichteten Anordnungen Nr. 1 (Nutzungsuntersagung)‚ Nr. 5 (Androhung von Zwangsgeldern) sowie Nr. 7 (Kosten). Eine Auslegung des Klagebegehrens vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Gerichts‚ auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§ 86 Abs. 3 VwGO)‚ und des wohlverstandenen Interesses der Klägerin ergibt‚ dass - trotz des in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten, auf umfassende Aufhebung gerichteten Klageantrags, an den das Gericht jedoch nicht gebunden war (vgl. § 88 VwGO) - ausschließlich die an die Klägerin gerichteten Anordnungen im Bescheid vom 3. Mai 2012 angefochten werden sollten‚ nicht hingegen die an die Eigentümerin des Gebäudes (Vermieterin) gerichtete Duldungsverpflichtung mit Zwangsgeldandrohung (Nr. 2‚ 6 des Bescheids). Insoweit fehlt es bereits an der für eine zulässige Klage erforderlichen Beschwer der Klägerin. Der vom Verwaltungsgericht angenommene „untrennbare sachliche Zusammenhang“ zwischen Nutzungsuntersagung mit Duldungsanordnung besteht nicht. Die Eigentümerin hat im Übrigen den sie belastenden Teil des Bescheids mit eigener Klage (Az. M 11 K 12.2708 und 1 B 13.649) angefochten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 10. Februar 2015 hat die Klägerin diese Auslegung ihres Klagebegehrens bestätigt. Nachdem das Verwaltungsgericht also in seinem der Klage stattgebenden Urteil über das Klagebegehren hinausgegangen ist und auch die Duldungsanordnung aufgehoben hat‚ konnte das Urteil insoweit keinen Bestand haben und war in diesem Umfang schon deshalb aufzuheben.

Die zulässige Berufung des Beklagten‚ die sich demnach nur noch gegen die Aufhebung der den Streitgegenstand bildenden Nr. 1‚ 5 und 7 des Bescheids richtet‚ ist begründet. Das der Klage zu Unrecht stattgebende Urteil war daher insgesamt aufzuheben. Die Untersagung der Nutzung der angemieteten Räume „zu Wohnzwecken“ ist rechtmäßig‚ weil die Überlassung an Arbeitnehmer der Klägerin zum Zwecke der Übernachtung zu einer wohnähnlichen Nutzung führt‚ die formell und im Gewerbegebiet materiell rechtswidrig ist (1.). Die Nutzungsuntersagung wurde vom Landratsamt in fehlerfreier Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens angeordnet (2.).

1. Die tatbestandliche Voraussetzung des Art. 76 Satz 2 BayBO‚ wonach die unter-sagte Nutzung öffentlich-rechtlichen Vorschriften widersprechen muss‚ ist im vor-liegenden Fall bereits wegen der formellen Illegalität der Nutzung erfüllt (1.1). Darüber hinaus verstößt sie gegen materielles Bauplanungsrecht (1.2).

1.1 Ein Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinn von Art. 76 Satz 2 BayBO‚ der den Erlass einer Nutzungsuntersagung rechtfertigt‚ liegt bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben grundsätzlich schon dann vor‚ wenn das Vorhaben ohne Baugenehmigung ausgeführt wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.2567 - juris Rn. 23). Die Nutzungsuntersagung hat - insoweit einer Baueinstellung entsprechend - die Funktion‚ den Bauherrn auf das Genehmigungsverfahren zu verweisen; es muss daher nicht geprüft werden, ob das Vorhaben auch gegen materielles Recht verstößt. Allerdings darf eine formell rechtswidrige Nutzung grundsätzlich nicht untersagt werden‚ wenn sie offensichtlich genehmigungsfähig ist; eine offensichtlich materiell rechtmäßige Nutzung zu untersagen‚ ohne den Bauherrn vorher vergeblich nach Art. 76 Satz 3 BayBO aufgefordert zu haben‚ einen Bauantrag zu stellen‚ wäre unverhältnismäßig (BayVGH‚ B.v. 4.8.2004 - 15 CS 04.2648 - BayBVl 2005‚ 369).

Die Nutzung von zu gewerblichen Zwecken genehmigten Räumlichkeiten als Übernachtungsplätze für Arbeitnehmer stellt eine der Baugenehmigungspflicht unterliegende Nutzungsänderung nach Art. 55 Abs. 1 BayBO dar‚ die nicht nach Art. 57 Abs. 4 Nr. 1 BayBO verfahrensfrei ist‚ weil die Nutzungsänderung der bauplanungsrechtlichen Überprüfung bedarf. Mit der Weitergabe der gemieteten Räumlichkeiten an eigene Arbeitnehmer zu Übernachtungszwecken ohne vorherige Einholung einer Genehmigung verstößt die Klägerin (wie auch die Grundeigentümerin) gegen Art. 68 Abs. 1 Nr. 1 BayBO‚ der eine „Bauausführung“ vor Bekanntgabe der Baugenehmigung verbietet. Anhaltspunkte für eine offensichtlich genehmigungsfähige Nutzung liegen schon angesichts der entgegenstehenden bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. 1.2) nicht vor.

1.2 Die untersagte Wohnnutzung ist im Gewerbegebiet E. weder allgemein noch ausnahmsweise zulässig (1.2.1); der Bebauungsplan ist wirksam erlassen worden (1.2.2) und nicht funktionslos geworden (1.2.3). Die untersagte Nutzung hat zu keinem Zeitpunkt seit ihrer Aufnahme bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung öffentlich-rechtlichen Vorschriften entsprochen (vgl. zu diesem Erfordernis‚ das sich aus der Eigenschaft einer Nutzungsuntersagung als Dauerverwaltungsakt ergibt: OVG NW‚ U.v. 19.12.1995 - 11 A 2734/93 - UPR 1996‚ 458; Decker in Simon/Busse a. a. O. Art. 76 Rn. 291).

1.2.1 Nach seiner allgemeinen Zweckbestimmung dient ein Gewerbegebiet vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben (§ 8 Abs. 1 BauNVO); dagegen soll im Gewerbegebiet nicht gewohnt werden. Dieser Grundsatz wird durch § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bestätigt‚ wonach gleichsam nur als notwendige Ergänzung einer gewerblichen Nutzung Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter ausnahmsweise zugelassen werden können; Bauvorhaben‚ die außerhalb des Anwendungsbereichs von § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO einer Wohnnutzung oder zumindest wohnähnlichen Nutzung dienen sollen‚ sind mit dem Charakter eines Gewerbegebiets nicht vereinbar (vgl. z. B. zur Unzulässigkeit eines Seniorenpflegeheims im Gewerbegebiet: BVerwG‚ B.v. 13.5.2002 - 4 B 86.01 - NVwZ 2002‚ 1384). Unzulässig sind daher auch Gewerbebetriebe in Form eines Beherbergungsbetriebs oder einer Fremdenpension‚ soweit in ihnen gewohnt wird oder eine wohnähnliche Nutzung stattfindet (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Die Rechtsprechung hat daher gewerbliche Beherbergungsbetriebe als gebietsunverträglich angesehen‚ die der Erholung dienen oder in denen Personen nicht nur kurzzeitig untergebracht sind (BVerwG, U.v. 29.4.1992 - 4 C 43.89 - BVerwGE 90‚ 140). Allein der Umstand‚ dass der Bewohner in einem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu dem vermietenden gewerblich tätigen Unternehmen steht‚ vermag eine Wohnnutzung nicht in eine gewerbliche Nutzung zu verwandeln (Stock in König/Roeser/Stock‚ 3. Aufl. 2014‚ § 3 Rn. 26).

Zwar erfüllt die Unterbringung der Arbeitnehmer der Klägerin in ihrer konkreten Ausgestaltung (Mehrbettzimmer ohne eigenen Küchen- und Sanitärbereich in nicht verschlossenen Räumen und Abrechnung der jeweils in Anspruch genommenen Übernachtungen) nicht den bauplanungsrechtlichen Begriff des Wohnens‚ der insbesondere eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit‚ Eigengestaltung der Haushaltsführung sowie des häuslichen Wirkungskreises voraussetzt und damit von anderen Nutzungsformen wie etwa der Unterbringung‚ der Verwahrung oder einer bloßen Übernachtungsmöglichkeit in einer sozialen Einrichtung abzugrenzen ist (BVerwG‚ B.v. 25.3.1996 - 4 B 302.95 - NVwZ 1996‚ 893). Die Unterbringung in der konkreten Ausgestaltung ermöglicht den Arbeitnehmern kein selbstbestimmtes privates Leben „in den eigenen vier Wänden“ (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18), wovon sich der Senat im Rahmen der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nach dem von der Klägerin verfolgten Nutzungskonzept kann von einem Wohnen schon deshalb nicht die Rede sein‚ weil es an jeglichem Rückzugsraum fehlt‚ der erst eine selbstbestimmte Häuslichkeit mit Privatsphäre ermöglicht. Gleichwohl hat die konkrete Nutzung wohnähnlichen Charakter und ist mit der Unterbringung in einem Wohnheim vergleichbar‚ die nach allgemeiner Auffassung dem Wohnen gleichsteht. Auch ein Arbeitnehmerwohnheim bietet zumindest dann einen auf Dauer angelegten Wohnungsersatz und widerspricht daher der Eigenart eines Gewerbegebiets‚ wenn nach dem Nutzungskonzept Arbeitnehmer für eine Dauer von etwa zwei bis sechs Monaten untergebracht werden (BVerwG‚ U.v. 29.4.1992 a. a. O.). Im vorliegenden Fall nutzen die Arbeitnehmer die ihnen von der Klägerin zur Verfügung gestellten Schlafstätten während der Beschäftigungsperiode mindestens drei- bis viermal in der Woche. Sie halten sich daher über erhebliche Zeiträume des Jahres und in jährlich wiederkehrendem Rhythmus in den Unterkünften auf. Demgegenüber tritt in den Hintergrund‚ dass die Unterkünfte offenbar an den Wochenenden und in den arbeitsfreien Zeiten (z. B. Zeiten saisonal bedingter Betriebsschließungen) von den dann in ihre Herkunftsorte zurückgekehrten Arbeitnehmern nicht genutzt werden; denn mit dem Kriterium der Dauerhaftigkeit des Wohnens soll nicht auf den Gegensatz zwischen einer längerem und kürzeren Aufenthaltsdauer oder einer solchen von unbestimmter und befristeter Dauer abgestellt‚ sondern danach unterschieden werden‚ ob ein Gebäude als „Heimstatt im Alltag“ anzusehen ist oder nur ein provisorisches‚ einem begrenzten Zweck dienendes Unterkommen ermöglicht (Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O. § 3 Rn. 16 - 18). Nach dem dargestellten, auf Dauer angelegten Nutzungskonzept ist die Unterbringung dem Wohnen angenähert und verfolgt keine nur kurzzeitige und provisorische Lösung. Im Hinblick auf die Gebietsverträglichkeit bedeutet dies eine grundsätzlich störempfindliche und daher unzulässige Nutzung‚ die ungeachtet der Geräuschbelastung im konkreten Fall nicht den gebietstypischen Lärm- und sonstigen Belästigungen ausgesetzt werden soll. Werksunterkünfte für die längerfristige Unterbringung von Mitarbeitern gewerblich tätiger Unternehmen sind unzulässig (vgl. Stock in König/Roeser/Stock, a. a. O., § 8 Rn. 19, 19a).

Auch der von der Klägerin angestellte Vergleich mit der Unterbringung von Soldaten in Kasernen führt nicht weiter; Soldaten sind nämlich aufgrund eines besonderen öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, die regelmäßig in Sondergebieten oder auf Gemeinbedarfsflächen liegen (vgl. Stock in König/Roeser/Stock‚ a. a. O., § 3 Rn. 27). Im vorliegenden Fall liegt schließlich auch keine Unterbringung in einer sozialen Einrichtung (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) vor‚ die eine besondere Funktion im Zusammenhang für eine im Gewer-begebiet zulässige Hauptnutzungsart erfüllt (vgl. VGH Mannheim‚ B.v. 9.4.2014 - 8 S 1528/13 - NVwZ-RR 2014‚ 752: Lehrlingswohnheim ausnahmsweise im Gewerbegebiet zulässig trotz wohnähnlicher Nutzung wegen der engen funktionalen Verklammerung mit angeschlossener Werkstätte).

1.2.2 Der maßgebliche Bebauungsplan der Beigeladenen vom 27. Mai 2004 ist formell fehlerfrei in Kraft getreten und auch nicht durch die tatsächliche Entwicklung im Gewerbegebiet funktionslos geworden. Der Senat folgt der Auffassung des Verwaltungsgerichts‚ dass der am 25. Mai 2004 beschlossene Satzungstext vom ersten Bürgermeister der Beigeladenen am 27. Mai 2004 vor der Bekanntmachung am gleichen Tage ausgefertigt wurde‚ obwohl auf der Bebauungsplanurkunde (vgl. „F. Verfahrensvermerke“) die „Ausfertigung“ bereits auf den 17. März 2004 datiert wurde. Der 17. März 2004 bezeichnet nämlich nach dem Deckblatt des Bebauungsplans das Datum der Planerstellung („Plandatum“), das unrichtigerweise in die Rubrik „Ausfertigung“ eingetragen wurde. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran‚ dass die vom ersten Bürgermeister unterzeichnete Urkunde erst nach Beschlussfassung durch den Gemeinderat ausgefertigt und anschließend bekanntgemacht wurde. Auch die Klägerin hat die entsprechenden Überlegungen des Erstgerichts nicht angegriffen.

1.2.3 Der Bebauungsplan „Gewerbegebiet E.“ ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - auch nicht dadurch funktionslos und damit unwirksam geworden‚ dass sich materiell baurechtswidrige Wohnnutzungen im Gewerbegebiet befinden‚ als deren Folge nunmehr von einem faktischen Mischgebiet auszugehen wäre. Festsetzungen eines Bebauungsplans werden funktionslos und damit unwirksam‚ wenn - zum einen - die Verhältnisse im Plangebiet in ihrer tatsächlichen Entwicklung einen Zustand erreicht haben‚ der eine Verwirklichung der Festsetzung auf unabsehbare Zeit ausschließt und - zum anderen - diese Entwicklung so offenkundig ist‚ dass sie einem dennoch in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nimmt (st. Rspr., grundlegend: BVerwG‚ U.v. 29.4.1977 - 4 C 39.75 - BVerwGE 54‚ 5‚ 11; B.v. 29.5.2001 - 4 B 33.01 - NVwZ 2001‚ 1005; U.v. 28.4.2004 - 4 C 10.03 - BauR 2004‚ 1567). Dabei sind die Anforderungen an das Außerkrafttreten eines Bebauungsplans wegen Funktionslosigkeit streng und es ist große Zurückhaltung geboten (BVerwG, U.v. 3.12.1998 - 4 CN 3.97 - BVerwGE 108, 71; Uechtritz/Hartmannsberger‚ DVBl 2013‚ 70). Bloße Zweifel an der Realisierungsfähigkeit eines Bebauungsplans reichen nicht aus; er tritt nur außer Kraft‚ wenn offenkundig ist‚ dass er seine Funktion als Steuerungsinstrument für die städtebauliche Entwicklung verloren hat (BVerwG‚ U.v. 18.11.2004 - 4 C N 11.03 - BVerwGE 122/207‚ 214). Die einer bauplanungsrechtlichen Festsetzung zugrunde liegende Plankonzeption wird insbesondere nicht schon dann sinnlos‚ wenn sie nicht mehr überall im Plangebiet umgesetzt werden kann (BVerwG‚ B.v. 6.6.1997 - 4 NB 6.97 - BauR 1997‚ 803). Angesichts dessen hängt die Beurteilung der Funktionslosigkeit einer Festsetzung auch nicht davon ab‚ ob eine Bebauung oder ihre Nutzung materiell legal oder illegal entstanden ist. Entscheidend sind die Art der Festsetzung‚ das Maß der Abweichung im tatsächlichen Bereich und die Irreversibilität der entstandenen Verhältnisse, wobei es nicht auf einzelne Grundstücke ankommt.

Unter Beachtung der dargestellten Grundsätze erweist sich die Festsetzung als Gewerbegebiet im vorliegenden Fall trotz des Vorhandenseins zum Teil seit Jahren bestehender, bauplanungsrechtlich unzulässiger Wohnnutzungen nicht als funktionslos; nach den vorgefundenen tatsächlichen Verhältnisses kommt dem Bebauungsplan nach wie vor eine städtebauliche Steuerungsfunktion zu. Es ist schon nicht erkennbar‚ warum die zu Wohnzwecken genutzten Räumlichkeiten nicht in ihrem derzeitigen baulichen Zustand oder nach bestimmten Umbaumaßnahmen (wieder oder erstmals) einer gewerblichen Nutzung zugeführt werden könnten. Bereits in dieser Hinsicht weicht der vorliegende Fall von den in der Rechtsprechung bejahten Fällen einer Funktionslosigkeit ab (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2001, a. a. O. Wiederansiedlung von nicht mehr bestehenden landwirtschaftlichen Hofstellen in einem Dorfgebiet praktisch ausgeschlossen; BVerwG, U.v. 28.4.2004, a. a. O. zur Funktionslosigkeit der Festsetzung eines Kleinsiedlungsgebiets‚ weil im betreffenden Gebiet mit einer Rückkehr zur Selbstversorgung mit auf den Grundstücken gewonnenen Nahrungsmitteln nicht mehr zu rechnen war; BayVGH, B.v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris zur Funktionslosigkeit eines Sondergebiets „Kurheime und Sanatorien“ nach jahrzehntelanger Genehmigung von Wohnbauvorhaben). Es spricht aus tatsächlichen Gründen - ungeachtet der aktuellen Verhältnisse des Mietmarktes für Gewerberäume - nichts gegen eine (erstmalige oder erneute) Aufnahme der gewerblichen Nutzungen in den Räumlichkeiten, in denen derzeit gewohnt wird. Gerade das umfassende Aufgreifen aller Fälle unzulässiger Wohnnutzungen durch die Bauaufsichtsbehörde zeigt, dass die Verhältnisse keineswegs irreversibel sind, sondern eine Rückkehr zu unter bauplanungs- und -ordnungsrechtlichen Aspekten rechtmäßigen Zuständen durchaus realistisch erscheint. Im Übrigen hat auch die beigeladene Gemeinde in all den Jahren an der Konzeption eines Gewerbegebiets festgehalten. Im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens hat die Beigeladene diese Konzeption noch einmal überprüft und bestätigt.

Auch nach seinem äußeren Erscheinungsbild ist das Baugebiet keineswegs als Mischgebiet oder gar als allgemeines Wohngebiet einzustufen‚ wovon sich der Senat bei der Ortsbesichtigung überzeugen konnte. Nahezu auf jedem Grundstück ist eine gewerbliche Nutzung erkennbar‚ die das Baugebiet durchgehend prägt. Die nur teilweise erkennbare Wohnnutzung steht dem Eindruck eines gewerblich geprägten Gebiets schon deshalb nicht entgegen, weil in einem Gewerbegebiet auch nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO zulässige Wohnungen anzutreffen sind und ein unbefangener Betrachter die Abgrenzung zum allgemeinen Wohnen nicht ohne weiteres feststellen kann. Damit fehlt es auch an dem Merkmal der Offenkundigkeit der zur (behaupteten) Funktionslosigkeit führenden Umstände. Die Abweichung zwischen der bauplanungsrechtlichen Festsetzung Gewerbegebiet und der tatsächlich vorgefundenen Situation hat in ihrer Erkennbarkeit bei weitem nicht den Grad erreicht‚ der einem in die Fortgeltung der Festsetzung gesetzten Vertrauen die Schutzwürdigkeit nehmen würde.

Der Bebauungsplan hat auch nicht deswegen seine städtebauliche Steuerungsfunktion eingebüßt, weil die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Bezug auf die behauptete Unvermietbarkeit von Gewerberäumen einen Grad erreicht hätten, der eine Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen ausschließt, weil sie auf unabsehbare Zeit wirtschaftlich nicht mehr tragfähig und damit unzumutbar sind (vgl. BayVGH, U.v. 25.3.2004 - 25 N 01.308 - BayVBl 2005,366). Wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegt nicht schon deshalb vor, weil sich die getroffenen Festsetzungen für den Grundeigentümer nicht ohne weiteres als rentabel erweisen, oder gar deshalb, weil sich wirtschaftlichere Festsetzungen denken lassen. Trotz der vorgetragenen aktuell schwierigen Vermarktungssituation für Gewerberäume besteht im Gewerbegebiet E. eine Vielzahl von - teils lange Jahre ansässigen, teils neu zugezogenen - Gewerbebetrieben; von einer generellen Unvermietbarkeit der Gewerberäume kann schon vor dem Hintergrund der mehrfachen Erweiterung des Gewerbegebiets nach Norden hin nicht ausgegangen werden. Auch nimmt die Ausweisung eines Gewerbegebiets dem Grundeigentümer nicht das wirtschaftliche Risiko ab, das sich aus den mit einer Vermietung zusammenhängenden Problemen ergibt, denn die Wirtschaftlichkeit von Grundstücksnutzungen ist erfahrungsgemäß Schwankungen unterworfen. Errichtet ein Eigentümer ohne vorherige Bedarfsanalyse in großem Umfang Gewerberaum, der über die spätere Nachfrage hinausgeht, kann dies nicht dazu führen, dass damit unter Missachtung der planerischen Festsetzung eine Wohnraumnutzung zulässig wird; die sich aus einer wirtschaftlichen Betätigung ergebenden Risiken, die mit wirtschaftlichen Chancen korrespondieren, sind im Grundsatz Lasten des Eigentums und nicht Lasten der Bauleitplanung (BVerwG, U.v. 29.9.1978 - 4 C 30.76 - BVerwGE 56, 283/290).

Schließlich vermag auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass mindestens vier der genehmigten Betriebsleiterwohnungen zwischenzeitlich frei vermietet wurden und weitere Betriebsleiterwohnungen und -häuser von ehemaligen Betriebsinhabern bewohnt werden‚ nicht die Plankonzeption eines Gewerbegebiets in Frage zu stellen. Hierbei kann erst recht nicht von einer Unumkehrbarkeit der derzeitigen Nutzungen ausgegangen werden‚ weil eine Rückkehr zur Wohnnutzung durch den berechtigten Personenkreis der Betriebsinhaber und -leiter ohne weiteres möglich ist. Dementsprechend hat das Landratsamt angekündigt, in einem weiteren Schritt auch insoweit rechtmäßige Verhältnisse im Gewerbegebiet E. wiederherzustellen. Selbst wenn dieses Ziel nicht in jedem Fall erreicht werden sollte oder sich entsprechende Bemühungen über einen erheblichen Zeitraum („Auslauffristen“) hinziehen würden, wäre auch damit eine Funktionslosigkeit nicht zu begründen.

2. Die Anordnung der Nutzungsuntersagung weist auch keine Ermessensfehler auf; das Landratsamt hat sein Ermessen entsprechend dem Zweck des Art. 76 Satz 2 BayBO ausgeübt (vgl. Art. 40 BayVwVfG).

Das dem Beklagten eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt (vgl. BayVGH‚ U.v. 5.12.2005 - 1 B 03.3567 - juris Rn. 26). Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (BayVGH‚ U.v. 5.12.2005‚ a. a. O.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ a. a. O. Art. 76 Rn. 301).

2.1 Vor diesem Hintergrund ist es ermessensfehlerfrei, die Klägerin als Mieterin der Räumlichkeiten in Anspruch zu nehmen, denn - ungeachtet der bei Bescheidserlass noch bestehenden brandschutzrechtlichen Problematik - legt der Grundsatz der effektiven Bekämpfung des rechtswidrigen Zustandes hier ein Vorgehen gegen den Arbeitgeber nahe, der die angemieteten Räume seinen Arbeitnehmern für eine wohnähnliche Nutzung zur Verfügung stellt (vgl. für die bauaufsichtliche Nutzungsuntersagung im Miet-/Pachtverhältnis: BayVGH, B.v. 28.7.2014 - 2 CS 14.1326 - juris Rn. 4; OVG Rhld.-Pf., B.v. 13.7.2010 - 8 A 10623/10 - NVwZ-RR 2010,755; OVG NW, B.v. 24.11.1988 - 7 B 2677/88 - juris Rn. 16 -18; Decker in Simon/Busse, a. a. O. Art. 76 Rn. 295; Jäde, Bayer. Bauordnungsrecht, 2013, Rn. 495).

2.2 Der Senat kann auch keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die Bauaufsichtsbehörde ist nämlich nicht nur gegen die Klägerin‚ sondern in sachgerechter Weise auch gegen andere Eigentümer und Mieter von Gewerbebauten vorgegangen, in denen unerlaubte Wohnnutzungen festgestellt wurden. Aus dem vom Landratsamt im Verlaufe des Verfahrens im Jahr 2012 erstellten „Sanierungsplan“‚ der sämtliche Wohnnutzungen auflistet‚ ergibt sich‚ dass etliche weitere Nutzungsuntersagungen ergangen sind‚ die den Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Verfahren bilden‚ welche im Hinblick auf das erst kürzlich entschiedene Parallelverfahren (1 B 13.646, U. v. 13.2.2015) derzeit ruhen. Das Landratsamt beabsichtigte, zunächst den Ausgang dieses und des vorliegenden Rechtsstreits zur gerichtlichen Klärung der Frage der Funktionslosigkeit abzuwarten‚ bevor es sich im Falle der Bestätigung seiner Rechtsauffassung der Durchsetzung der weiteren Nutzungsuntersagungen im Gewerbegebiet widmet; ein derart abgestuftes Vorgehen ist auch im Hinblick auf die präventive Wirkung der Maßnahmen nicht zu beanstanden (vgl. hierzu: BVerwG, B.v. 11.3.1991 - 4 B 26.91 - juris).

Der Bauaufsichtsbehörde können im Übrigen vergleichbare Fälle‚ in denen sie noch nicht eingeschritten ist‚ nur ausnahmsweise entgegengehalten werden‚ wenn es nach der Art des Einschreitens an jedem System fehlt‚ für diese Art des Vorgehens keinerlei einleuchtende Gründe sprechen und die Handhabung deshalb als willkürlich angesehen werden muss (BVerwG‚ B.v. 23.11.1998 - 4 B 99.98 - BauR 1999‚ 734; U.v. 2.3.1973 - 4 C 40.71 - DVBl 1973‚ 636). Rechtswidrige Zustände‚ die sich bei einer Vielzahl von Grundstücken ergeben‚ müssen nicht in jedem Fall in flächendeckender Art und Weise bekämpft werden‚ vielmehr darf sich die Bauaufsichtsbehörde auf die Regelung von Einzelfällen beschränken‚ wenn sie hierfür sachliche Gründe anzuführen vermag (BVerwG‚ B.v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR1992‚ 360). Vor dem so umrissenen Hintergrund vermag der Senat ein willkürliches Vorgehen gegen die Klägerin nicht zu erkennen; der vorliegende „Sanierungsplan“ bildet die Grundlage für ein gleichheitssatzgemäßes Einschreiten.

Schließlich macht auch der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Umstand‚ dass die baurechtswidrigen Nutzungen von Betriebsleiterwohnungen im derzeitigen Stadium noch nicht aufgegriffen wurden‚ das Vorgehen gegen die Klägerin nicht willkürlich. Zum einen hat der Beklagte inzwischen nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils auch sämtliche nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigte Wohnnutzungen im Gewerbegebiet erhoben und festgestellt, welche dieser Wohnungen nicht im Sinn dieser Bestimmung zulässig genutzt werden; Anhörungsschreiben zu den geplanten Nutzungsuntersagungen wurden in den Fällen versandt, in denen die Betriebsleiterwohnungen “frei vermietet“ wurden, während bei Wohnnutzungen durch ehemalige Betriebsleiter, deren Angehörige oder betriebszugehöriges Bereitschaftspersonal von einem Einschreiten abgesehen werden soll (vgl. Schr. LAB v. 8.5.2014, S. 2). Auch insoweit liegen ohne weiteres erkennbare sachliche Gründe für ein unterschiedliches Verwaltungshandeln vor, das sich jedenfalls nicht als gleichheitssatzwidrig darstellt.

Auch die für jeden Fall der unerlaubten Nutzung zu Wohnzwecken angedrohten Zwangsgelder (vgl. Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31, Art. 36 VwZVG) begegnen keinen rechtlichen Bedenken, nachdem die mit ihrer Hilfe durchzusetzende Unterlassungspflicht rechtmäßig angeordnet wurde.

3. Die Klägerin trägt als Unterliegende die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit‚ ihnen auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen im Berufungsverfahren‚ die dort einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat‚ aufzuerlegen (vgl. § 162 Abs. 3‚ § 154 Abs. 3 VwGO); die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens‚ in dem die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat‚ trägt sie selbst.

Die Kostenentscheidung ist gemäß § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

I.

Nr. I. und Nr. II. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 werden geändert.

Der Antrag auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die zwangsgeldbewehrte und für sofort vollziehbar erklärte bauaufsichtliche Verfügung der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014, mit der der Antragstellerin untersagt wird, die ihr als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen; zu diesem Zweck seien acht installierte Monitore zu entfernen.

Ausweislich der Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012, die der Baugenehmigung vom 18. Juli 2012 über die Errichtung der Wettannahmestelle zugrunde liegt, werden „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“. Nachdem die Antragsgegnerin festgestellt hatte, dass in der Wettannahmestelle acht TV-Monitore installiert wurden, untersagte sie der Antragstellerin mit Bescheid vom 21. Oktober 2014, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors). Zu diesem Zweck seien die installierten acht Monitore bis spätestens 15. November 2014 zu entfernen (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). In Nr. 2 des Bescheidstenors ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung der Nr. 1 des Bescheids an. In Nr. 3 des Bescheidstenors wurde für den Fall der nicht fristgerechten Erfüllung der auferlegten Pflicht ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht.

Gegen diesen Bescheid hat die Antragstellerin am 4. November 2014 Klage erhoben, über die noch nicht entschieden wurde (Az. Au 5 K 14.1605). Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2014 stellte das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 in Bezug auf dessen Nr. 1 und Nr. 2 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage in Bezug auf dessen Nr. 3 an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts führten die Installation von acht Monitoren sowie deren tatsächliche Nutzung voraussichtlich nicht zum Vorliegen einer Vergnügungsstätte. Die Variationsbreite der genehmigten Nutzung als Wettannahmestelle werde hierdurch nicht verlassen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für eine bevorstehende rechtswidrige Nutzung, die eine vorbeugende Nutzungsuntersagung rechtfertigen könnten, seien nach Aktenlage nicht gegeben. Auch die Verfügung, die acht Monitore zu entfernen, sei voraussichtlich rechtswidrig. Die Zwangsgeldandrohung lasse nicht erkennen, auf welche der beiden Verpflichtung sie sich beziehe.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat die Antragsgegnerin am 23. Dezember 2014 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, mit der Anbringung der Monitore sei die Antragstellerin von der Baugenehmigung abgewichen, weil der Zusatz in der Betriebsbeschreibung, „zur Übertragung von Live-Wetten“, nicht dahin einschränkend auszulegen sei, dass lediglich keine Übertragung von Live-Sportveranstaltungen erfolgen solle. Die Nutzung sei deshalb bereits formell illegal und auch nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Sollte sich der Inhalt der Betriebsbeschreibung nicht klar bestimmen lassen, wäre die formelle Illegalität wegen eines Mangels der hinreichenden Bestimmtheit zu bejahen. Die ausgeübte Nutzung sei auch materiell illegal, weil allein die Nutzung der Monitore, welche die bewettbaren und quotenmäßig ständig aktualisierten Sportereignisse teletextähnlich listen würden, wegen der damit verbundenen kommerziellen Unterhaltung zur Qualifikation der Einrichtung als Vergnügungsstätte führe. Die ständigen Aktualisierungen sollten den Kunden im Laden halten und zum Nachsteuern seiner laufenden Wetten animieren. Das Verwaltungsgericht habe weiter verkannt, dass Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors keinen über Nr. 1 Satz 1 hinausgehenden Regelungsgehalt aufweise. Deshalb erweise sich - anders als das Verwaltungsgericht meine - auch die Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 8. Dezember 2014 aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2014 abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Da für den Betrieb der Wettannahmestelle eine Baugenehmigung vorliege, liege keine formelle Illegalität vor. Sollte die Baugenehmigung nicht hinreichend bestimmt sein, so änderte dies an deren Bestandskraft nichts. Im Unterschied zum Wettbüro finde in der Wettannahmestelle der Antragstellerin keine Live-Übertragung von Sportereignissen über TV-Geräte statt. Es würden lediglich die Ergebnislisten elektronisch angezeigt. Ein kommerzieller Unterhaltungswert sei in der bloßen Kenntnisnahmemöglichkeit elektronisch vermittelter Informationen über Wettmöglichkeiten und Wettverläufe nicht zu sehen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar zulässig, aber unbegründet. Eine Prüfung des nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO für die Beschwerdeentscheidung in erster Linie maßgeblichen Beschwerdevorbringens ergibt, dass die Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. Oktober 2014 voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.

1. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts ist nach summarischer Prüfung davon auszugehen, dass die Antragstellerin mit der Installation von acht Monitoren zur Auflistung der Sportereignisse, auf die aktuell gewettet werden kann sowie zur Darstellung der Wettarten und Wettquoten eine nicht genehmigte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgenommen hat.

a) Der rechtliche Rahmen, innerhalb dessen die Veranstaltung, die Durchführung und die Vermittlung u. a. von Sportwetten zulässig sind, wird durch den Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV i. d. F. v. 30.6.2012, GVBl 2012, 318) aufgezeigt. Nach § 3 Abs. 1 Satz 4 GlüStV sind Sportwetten Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Wetten während des laufenden Sportereignisses sind unzulässig, können aber als „Endergebniswetten“ zugelassen werden, nicht jedoch als „Ereigniswetten“ (§ 21 Abs. 4 Satz 2 GlüStV). Sportwetten dürfen vorbehaltlich der Regelung in § 10a Abs. 4 GlüStV nur in „Wettvermittlungsstellen“ (konzessionierter Veranstalter oder ggf. Vermittler) vermittelt werden (Art. 7 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des GlüStV vom 20.12.2007, GVBl 2007, 922, zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014, GVBl 2014, 286 - AGGlüStV).

b) Der Betrieb von Wettvermittlungsstellen kommt in bauplanungsrechtlicher Hinsicht ihrer Art nach als Gewerbebetrieb oder als Vergnügungsstätte in Betracht (gegen die Einstufung als Laden i. S.v. §§ 2 bis 4a BauNVO vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Rn. 23.69). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwischen sog. „Wettannahmestellen“ und „Wettbüros“ unterschieden. Während bloße Wettannahmestellen für Sportwetten mit den Annahmestellen für Lotto und Toto gleichgestellt werden, sind Wettbüros als Vergnügungsstätten zu behandeln, wenn sie auch der kommerziellen Unterhaltung dienen (vgl. BayVGH, B. v. 23.4.2015 - 15 ZB 13.2377 - noch nicht veröffentlicht; VGH BW, B. v. 15.10.2013 a. a. O.; BayVGH, B. v. 25.4.2013, a. a. O.; OVG RhPf, B. v. 14.4.2011 - 8 B 10278/11 - NVwZ-RR 2011, 635 = juris Rn. 11; OVG Saarl, B. v. 24.4.2009 - 2 B 265/09 - BauR 2010, 449 = juris Rn. 13; HessVGH, B. v. 25.8.2008 - 3 UZ 2566/07 - NVwZ-RR 2009, = juris Rn. 5; vgl. auch Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Kommentar, Stand November 2014, § 6 BauNVO Rn. 43; Fickert/Fieseler, BauNVO, 12. Auflage 2014, § 4a Erl. 23.69; Mitschang, „Der Vergnügungsstättenbebauungsplan nach § 9 Abs. 2b BauGB-neu“, ZfBR 2012, 419 jeweils m. w. N.). Unter Wettbüros in diesem Sinn fallen Räumlichkeiten, in denen zwischen dem Kunden (Spieler), dem Wettbüro (Vermittler) und dem - meist im europäischen Ausland ansässigen - Wettunternehmen Transaktionen abgeschlossen werden, wobei es sich um Sportwetten bzw. um Wetten auf diverse sonstige Ereignisse handelt. Hinzu kommt im Regelfall, dass die Räumlichkeiten - insbesondere durch die Anbringung von Bildschirmen - Gelegenheit bieten, die Wettangebote bzw. -ergebnisse live mitzuverfolgen (vgl. OVG NW, B. v. 14.2.2014 - 2 A 1181/13 - juris Rn. 14 m. w. N.).

c) So liegt es offenkundig hier. Ausweislich der zur Baukontrolle vom 23. und 24. Juni 2014 gefertigten Fotografien werden über die installierten Monitore Angaben zu sog. Live-Wetten dargestellt. Neben dem jeweiligen Sportereignis, dem aktuellen Spielstand und den festen Gewinnquoten („Tipp“) finden sich etwa bei den Fußballwetten noch die Spalten „Restzeit“, „nächstes Tor“ und „Tore ab jetzt“ jeweils mit den an den Spielstand angepassten Gewinnquoten. Dies wird durch die Ausführungen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt. Danach sei die Antragstellerin an das Wettangebot der Muttergesellschaft gebunden, wobei es laufend zu Aktualisierungen bei den möglichen Wetten komme, was von den Wettkunden vor Ort verfolgt werden könne. Die Vermittlung von Live-Wetten in einer Wettvermittlungsstelle überschreitet die Schwelle zur Vergnügungsstätte. Denn Live-Wetten bieten anders als Sportwetten, bei denen lediglich auf das Eintreffen eines Sportergebnisses zu festen Gewinnquoten gesetzt wird, eine rasche Aufeinanderfolge der Wettmöglichkeiten und verleiten den Kunden damit zu einem Verweilen bis zum Eintritt der jeweiligen Wettergebnisse, während dessen der Kunde die aktuellen Quoten und die Ergebnisse der Wettkämpfe auf Monitoren verfolgen und ggf. seine weiteren Wetten danach ausrichten kann (vgl. Fickert/Fieseler, a. a. O.). Die hier durch das Anbringen der Monitore zum Ausdruck kommende Bereitschaft zur Vermittlung von Live-Wetten dient daher, anders als die zugelassene Wettannahmestelle, überwiegend der kommerziellen Unterhaltung in den Räumen der Antragstellerin. Dass es an Sitzgelegenheiten fehlt, hindert nicht die Annahme einer Vergnügungsstätte. Die Ausstattung eines Wettbüros mit Sitzgruppen ist ebenso wie das Bereitstellen von Getränken ein weiteres Indiz für das Vorliegen einer Vergnügungsstätte, aber keine unabdingbare Voraussetzung hierfür. Nichts anderes gilt hinsichtlich der Größe des Betriebs. Die Größe eines Betriebs ist ein Kriterium zur Unterscheidung von kerngebietstypischen und nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten (§ 7 Abs. 2 Nr. 1, § 4a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO; vgl. BVerwG, B. v. 19.11.1990 - 4 B 162/90 - juris Rn. 8 m. w. N.). Eine Vergnügungsstätte liegt aber nicht erst ab einer bestimmten Flächengröße vor.

2. Davon abgesehen ist die Untersagung, die als Wettannahmestelle genehmigten Räume als Vergnügungsstätte zu nutzen, gerechtfertigt, weil die Antragstellerin vom Inhalt der ihr erteilten Baugenehmigung abweicht.

Um den Inhalt einer Baugenehmigung zu bestimmen, kann grundsätzlich auf den Tenor und die Gründe des Genehmigungsbescheids sowie auf die in dem Bescheid in Bezug genommenen Bauvorlagen und sonstigen Unterlagen zurückgegriffen werden (vgl. König, in Schwarzer/König, BayBO, 4. Auflage 2012, Art. 68 Rn. 34 m. w. N.). Zu den im Tenor des Genehmigungsbescheids genannten „geprüften Bauvorlagen“ zählt auch die Betriebsbeschreibung vom 14. Mai 2012 (vgl. § 3 Nr. 3, § 9 BauVorlV), der zufolge ausdrücklich „keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert“ werden sollen. Hieran ist die Reichweite der Baugenehmigung zu messen, weil diese im Bauantrag angegebene Beschränkung planungsrechtlich relevant ist. Ob die Monitore dem Fernsehempfang dienen, was die Antragstellerin bestreitet, ist danach ohne Belang, weil die Übertragung von „Live-Wetten“ ausgeschlossen sein soll. Gerade diese erfolgt aber über die installierten Monitore. Der Vortrag der Antragstellerin, gemeint sei, dass keine TV-Geräte installiert würden, um Sportveranstaltungen live zu übertragen, findet keine Stützte in der gewählten Formulierung „Live-Wetten“. Ein etwaiger Irrtum der Antragstellerin beim Verfassen ihrer Betriebsbeschreibung ginge deshalb zu ihren Lasten, führte aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Es bedurfte auch keiner den Wortlaut der Betriebsbeschreibung wiederholenden Auflage, weil die Antragstellerin ihren Bauantrag durch Beifügung der von ihr abgegebenen Betriebsbeschreibung selbst hinreichend konkretisiert hat (vgl. § 9 Satz 1 BauVorlV).

3. Die mithin voraussichtlich genehmigungswidrige Änderung der Nutzung in eine Vergnügungsstätte ist nicht offensichtlich genehmigungsfähig. Ihrer Zulassung steht derzeit eine Veränderungssperre der Antragsgegnerin entgegen. Darüber hinaus wäre im Genehmigungsverfahren zu klären, ob eine und ggf. welche Gebietsart vorliegt und sich die Nutzung einer Vergnügungsstätte der Art nach in die nähere Umgebung einfügt oder in dem faktischen Baugebiet allgemein zulässig ist oder ausnahmsweise zugelassen werden kann. Angesichts der nach den Bauvorlagen zugelassenen Größe der Wettannahmestelle von unter 50 m² käme - vorbehaltlich der planerischen Konzeption der Antragsgegnerin und der Prägung der näheren Umgebung - die Zulassung eines Wettbüros nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 oder Abs. 3 BauNVO in Betracht.

4. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

Das der Antragsgegnerin eingeräumte Eingriffsermessen wird in erster Linie entsprechend dem mit der Befugnisnorm verfolgten Ziel, rechtmäßige Zustände herzustellen, durch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte bestimmt. Die Bauaufsichtsbehörde muss in einer Weise vorgehen‚ mit der die ihr obliegende Aufgabe‚ für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu sorgen‚ möglichst effektiv erfüllt wird; liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass einer Nutzungsuntersagung vor‚ muss im Regelfall nicht näher begründet werden‚ weshalb von der Eingriffsbefugnis Gebrauch gemacht wird (vgl. BayVGH, U. v. 16.2.2015 - 1 B 13.648 - juris Rn. 35 m. w. N.; sog. intendiertes Ermessen: Decker in Simon/Busse‚ BayBO, Stand November 2014, Art. 76 Rn. 301 m. w. N.). Davon abgesehen sind die zur Begründung der Ermessensentscheidung angestellten Erwägungen der Antragsgegnerin nicht von der Hand zu weisen. Danach bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Antragstellerin, weil bereits in der Betriebsbeschreibung der Verzicht auf die Installation von TV-Geräten zur Übertragung von Live-Wetten bekräftigt worden sei. Außerdem werde ein Nachahmungseffekt in der Branche befürchtet.

5. Auch die Zwangsgeldandrohung ist nicht zu beanstanden.

Die Zwangsgeldandrohung ist nicht deswegen unbestimmt, weil sie sich auf zwei Verpflichtungen beziehen würde. Anders als die Antragstellerin und das Verwaltungsgericht annehmen, enthält die Verfügung in Nr. 1 des Bescheidstenors keine „zwei selbstständig nebeneinander stehenden Pflichten“, sondern nur die Verpflichtung, die (derzeit ausgeübte) Nutzung der Räumlichkeiten als Vergnügungsstätte zu unterlassen (Nr. 1 Satz 1 des Bescheidstenors); „zu diesem Zweck sind die Monitore zu entfernen“ (Nr. 1 Satz 2 des Bescheidstenors). Satz 2 erläutert lediglich konkretisierend, unter welcher von der Antragstellerin zu erfüllenden Bedingung die Nutzungsuntersagung als erledigt gilt (vgl. Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG) und der Betrieb der Wettannahmestelle genehmigungskonform fortgeführt werden darf. Es wird mithin nur das bezeichnet, was von der Antragstellerin zu tun ist, damit die untersagte Nutzung als Vergnügungsstätte aufgegeben und auch nicht weiter fortgeführt wird (vgl. Decker in Simon/Busse, a. a. O., Art. 76 Rn. 271, 273 m. w. N.). Insoweit kann dahinstehen, ob Monitore Anlagen i. S. d. Art. 76 Satz 1 BayBO sind, deren Beseitigung angeordnet werden könnte.

Gegen das Anknüpfen der Nutzungsuntersagung an die Entfernung der Monitore ist auch sonst nichts zu erinnern, weil die Monitore aus den Betriebsräumen der Antragstellerin entfernt werden können, ohne dass ein Substanzverlust eintritt oder besondere Kosten hierfür anfallen. Nicht zu fordern ist im konkreten Fall, dass die Antragsgegnerin lediglich den Betrieb der Monitore oder gar nur bestimmte Inhalte des Dargestellten untersagt. Der Antragstellerin geht es um die Vermittlung von Live-Wetten und ein zu diesem Zweck erforderliches und ständig aktualisiertes Informationsangebot über Ergebnisse, Ereignisse und Quoten zu laufenden Sportveranstaltungen. Es ist der Antragsgegnerin im Vollzug der Nutzungsuntersagung deshalb nicht zuzumuten, die Räume der Antragstellerin ständig daraufhin zu überprüfen, ob die Monitore eingeschaltet sind oder waren oder welche Inhalte auf ihnen dargestellt werden, solange die Antragstellerin nicht von sich aus erklärt, auf die Vermittlung von Live-Wetten bis zur etwaigen Genehmigung eines Änderungsantrags zu verzichten und nachvollziehbar darlegt, welches Informationsangebot zum Betrieb der zugelassenen Wettannahmestelle sie zur Verfügung stellen will. Angesichts der unschwer vorzunehmenden Entfernung der Monitore ist die Bedingung deshalb geeignet und auch verhältnismäßig, um die Nutzungsuntersagung durchzusetzen. Das Interesse der Antragstellerin an der wirtschaftlichen Führung ihres Betriebs, der ohne Informationsangebot über die zur Verfügung stehenden Wetten nicht funktionieren könne, ist, jedenfalls soweit es um die Vermittlung um Live-Wetten geht, nicht schutzwürdig. Wie bereits ausgeführt wurde, hatte die Antragstellerin ihren Bauantrag selbst dahin beschränkt, dass keine TV-Geräte zur Übertragung von Live-Wetten installiert werden. Erweist sich der Betrieb einer derart beschränkten Wettannahmestelle als unwirtschaftlich, obliegt es der Antragstellerin, das ihrer Ansicht nach erforderliche Informationsangebot zur Vermittlung von Live-Wetten über einen Änderungsbauantrag legalisieren zu lassen.

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Sie folgt der Streitwertfestsetzung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.