Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Mai 2019 - 15 NE 19.551
Tenor
I. Die Verfahren 15 NE 19.551 und 15 NE 19.579 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Anträge werden abgelehnt.
III. Die Antragsteller tragen die Kosten des jeweiligen Verfahrens einschließlich der jeweiligen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
IV. Der Streitwert wird in beiden Verfahren auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
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(1) Ein Bebauungsplan für die Wiedernutzbarmachung von Flächen, die Nachverdichtung oder andere Maßnahmen der Innenentwicklung (Bebauungsplan der Innenentwicklung) kann im beschleunigten Verfahren aufgestellt werden. Der Bebauungsplan darf im beschleunigten Verfahren nur aufgestellt werden, wenn in ihm eine zulässige Grundfläche im Sinne des § 19 Absatz 2 der Baunutzungsverordnung oder eine Größe der Grundfläche festgesetzt wird von insgesamt
- 1.
weniger als 20 000 Quadratmetern, wobei die Grundflächen mehrerer Bebauungspläne, die in einem engen sachlichen, räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufgestellt werden, mitzurechnen sind, oder - 2.
20 000 Quadratmetern bis weniger als 70 000 Quadratmetern, wenn auf Grund einer überschlägigen Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 2 dieses Gesetzes genannten Kriterien die Einschätzung erlangt wird, dass der Bebauungsplan voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat, die nach § 2 Absatz 4 Satz 4 in der Abwägung zu berücksichtigen wären (Vorprüfung des Einzelfalls); die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereiche durch die Planung berührt werden können, sind an der Vorprüfung des Einzelfalls zu beteiligen.
(2) Im beschleunigten Verfahren
- 1.
gelten die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Absatz 2 und 3 Satz 1 entsprechend; - 2.
kann ein Bebauungsplan, der von Darstellungen des Flächennutzungsplans abweicht, auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan geändert oder ergänzt ist; die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebiets darf nicht beeinträchtigt werden; der Flächennutzungsplan ist im Wege der Berichtigung anzupassen; - 3.
soll einem Bedarf an Investitionen zur Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, zur Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum oder zur Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben in der Abwägung in angemessener Weise Rechnung getragen werden; - 4.
gelten in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 1 Eingriffe, die auf Grund der Aufstellung des Bebauungsplans zu erwarten sind, als im Sinne des § 1a Absatz 3 Satz 6 vor der planerischen Entscheidung erfolgt oder zulässig.
(3) Bei Aufstellung eines Bebauungsplans im beschleunigten Verfahren ist ortsüblich bekannt zu machen,
- 1.
dass der Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren ohne Durchführung einer Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 aufgestellt werden soll, in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2 einschließlich der hierfür wesentlichen Gründe, und - 2.
wo sich die Öffentlichkeit über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung unterrichten kann und dass sich die Öffentlichkeit innerhalb einer bestimmten Frist zur Planung äußern kann, sofern keine frühzeitige Unterrichtung und Erörterung im Sinne des § 3 Absatz 1 stattfindet.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die Änderung, Ergänzung und Aufhebung eines Bebauungsplans.
(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:
- 1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung; - 2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen; - 2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen; - 3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße; - 4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten; - 5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen; - 6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden; - 7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen; - 8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind; - 9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen; - 10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung; - 11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden; - 12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung; - 13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen; - 14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen; - 15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe; - 16.
- a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft, - b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses, - c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen, - d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
- 17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen; - 18.
- a)
die Flächen für die Landwirtschaft und - b)
Wald;
- 19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen; - 20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft; - 21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen; - 22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen; - 23.
Gebiete, in denen - a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen, - b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen, - c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
- 24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben; - 25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen - a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen, - b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
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die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.
(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.
(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur
- 1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder - 2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.
(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um
- 1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder - 2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.
(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
- 1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen; - 2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder - 3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
- 1.
das Maß der baulichen Nutzung; - 2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen; - 3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen; - 4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke; - 5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.
(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.
(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:
- 1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind; - 2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind; - 3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.
(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.
(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.
(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.
(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.
(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn
- 1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder - 2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können, - 2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können, - 3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und - 4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.
(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tatbestand
- 1
-
Der Kläger stammt aus Syrien und ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit.
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Er reiste nach eigenen Angaben im Juni 2016 über Bulgarien in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Im Rahmen einer persönlichen Anhörung gab der Kläger unter anderem an, er habe in Bulgarien einen Aufenthaltstitel erhalten; die Republik Bulgarien teilte in der Folgezeit der Beklagten mit, dass dem Kläger bereits im Oktober 2015 der Status eines Flüchtlings zuerkannt worden sei. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. Juli 2016 unter Hinweis auf die anderweitige Schutzgewähr in Bulgarien als unzulässig ab, drohte dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien an und stellte fest, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf. Weiterhin wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
- 3
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Auf die hiergegen gerichtete Klage hob das Verwaltungsgericht des Saarlandes den Bescheid auf, weil Bulgarien wegen systemischer Mängel im Aufnahmeverfahren anerkannter Schutzberechtigter nicht (mehr) als sicherer Drittstaat anzuerkennen sei und daher entgegen der gesetzlichen Grundregel des § 31 Abs. 4 AsylG in Deutschland in eine (erneute) Prüfung der §§ 3 und 4 AsylG oder von § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG in Bezug auf Bulgarien einzutreten sei.
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Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Bundesamtes hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen, soweit es die Abweisung des Asylantrages als unzulässig betrifft, weil "systemische" Mängel im Asyl- bzw. Aufnahmeverfahren in Bulgarien nicht anzunehmen seien. In Bezug auf die Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat Bulgarien sowie die Befristungsentscheidung/das Einreiseverbot sei die Berufung indes unbegründet. Wegen der ungeklärten Durchführbarkeit einer Abschiebung sei zwar unbedenklich, dass die Beklagte lediglich eine Abschiebungsandrohung erlassen habe. Diese sei aber jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte keine (ausdrückliche) Feststellung über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG getroffen habe. Eine solche Entscheidung sei nach dem seit dem 6. August 2016 geltenden § 31 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 AsylG bei Unzulässigkeitsentscheidungen zwingend vorgesehen. Eine solche Entscheidung habe das Bundesamt in Bezug auf Bulgarien nicht (ausdrücklich) getroffen; das Bundesamt selbst behaupte nicht, nationale Abschiebungsverbote in Bezug auf Bulgarien geprüft und verneint zu haben. Eine solche Feststellung liege auch nicht (inzident) in dem Erlass einer Abschiebungsandrohung nach Bulgarien. § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG erfordere eine (ausdrückliche) Feststellung zu den Voraussetzungen von Abschiebungsverboten; fehle eine solche Feststellung, sei die Abschiebungsandrohung rechtswidrig. Die Gerichte seien insoweit mit Blick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz nicht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, zumal der Kläger, der zu einem entsprechenden Verpflichtungsantrag nicht verpflichtet sei und sich einen Streitgegenstand nicht aufdrängen lassen müsse, keinen entsprechenden Verpflichtungsantrag gestellt habe. Die Beklagte sei angesichts der bekanntermaßen schwierigen Situation für anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien gehalten, bei ihrer Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, sicherzustellen, dass eine Abschiebung nach Bulgarien nur stattfinde, wenn eine "Anlaufadresse" in Bulgarien für angemessene Zeit zur Verfügung stehe, was - soweit im Einzelfall nicht ausnahmsweise entbehrlich - durch entsprechende individuelle Zusicherungen bulgarischer Behörden zu leisten sei.
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Zur Begründung ihrer Revision macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht habe den Regelungsbereich von § 31 Abs. 3 AsylG und § 86 Abs. 1 VwGO fehlerhaft bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG bzw. eine Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG nicht allein deswegen rechtswidrig, weil in dem Bescheid die gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG vorgesehene Feststellung zu nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG fehle. Vielmehr habe das Tatsachengericht dann die zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bzw. -drohung erforderlichen Tatsachen aufzuklären und die Sache spruchreif zu machen.
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Der Kläger tritt der Revision entgegen.
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Der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht hat angezeigt, sich nicht am Verfahren zu beteiligen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass allein eine fehlende oder unzureichende Entscheidung über den nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung führe, ist mit § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. §§ 34a, 35 AsylG unvereinbar (§ 137 Abs. 1 VwGO). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil zu den Voraussetzungen der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG kann der Senat weder zugunsten noch zulasten des Klägers abschließend entscheiden. Daher ist das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hier allein die Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit es den Bescheid des Bundesamtes hinsichtlich der Abschiebungsandrohung mit dem Abschiebezielstaat Bulgarien sowie hinsichtlich der Befristungsentscheidung/Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots aufhebt. Die Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag selbst, den das Bundesamt als unzulässig abgelehnt hat, ist rechtskräftig geworden, nachdem der Kläger gegen das Berufungsurteil insoweit kein (Anschluss-)Rechtsmittel eingelegt hat.
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Ein Verpflichtungsbegehren des Klägers auf eine (positive) Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist mit Inkrafttreten dieser Regelung nicht kraft Gesetzes Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens und damit auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens (geworden). Der Kläger hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Berufungsrechtszug einen entsprechenden Antrag auch nicht ausdrücklich (hilfsweise) gestellt.
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Im Rahmen des Rechtsschutzes gegen einen Bescheid, der einen Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AsylG als unzulässig verwirft, wird ein Anfechtungsbegehren gegen eine mit diesem Bescheid verbundene Abschiebungsanordnung oder -drohung allerdings regelmäßig dem erkennbaren Schutzbegehren nach (§ 88 VwGO) dahin auszulegen sein, dass (hilfsweise) die Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes begehrt wird. Das Berufungsgericht hat diese sachgerechte Ausdeutung des Begehrens, die Berufung der Beklagten insgesamt zurückzuweisen, aufgrund seiner fehlerhaften Rechtsauffassung zu den Auswirkungen einer fehlenden oder unzureichenden Feststellung zu nationalen Abschiebungsverboten (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG) auf die Abschiebungsanordnung oder -drohung indes nicht vorgenommen; dies kann in dem nach der Zurückverweisung fortzusetzenden Berufungsverfahren nicht zulasten des Klägers gehen, der mit seinem Anfechtungsbegehren der Sache nach nationale Abschiebungshindernisse geltend gemacht hat. Das (hilfsweise) Verpflichtungsbegehren auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote ist nur dann nicht als Streitgegenstand einer Klage gegen einen Bundesamtsbescheid zu werten (§ 88 VwGO), wenn sich diese ausdrücklich auf die Anfechtung der Unzulässigkeitsentscheidung als solche beschränkt.
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert mit Wirkung vom 1. Juli 2017 durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es jetzt entschiede, die während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Änderungen des Asylgesetzes zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.
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2. Die Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid ist nunmehr an §§ 34a, 35 AsylG (in der Fassung des zum 6. August 2016 geltenden Integrationsgesetzes) zu messen. Danach ist in den Fällen, in denen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 oder 2 AsylG nicht ergehen kann, die Abschiebung in den jeweiligen Staat anzudrohen bzw. ist in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 AsylG die Abschiebung in den Staat anzudrohen, in dem er vor Verfolgung sicher ist. Nach § 35 AsylG ist in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG vom Bundesamt die Abschiebung in den Staat anzudrohen, in dem er vor Verfolgung sicher ist.
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2.1 Zutreffend ist das Berufungsgericht mit Blick auf § 31 Abs. 3 AsylG davon ausgegangen, dass eine solche Abschiebungsandrohung für ihre Rechtmäßigkeit erfordert, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen (s.a. § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Die Rechtspflicht zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge hätte systematisch keinen Sinn, wenn sich das Ergebnis dieser Prüfung nicht auf die mit der Unzulässigkeitsentscheidung einhergehende Abschiebungsentscheidung auswirken würde.
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Nicht zu entscheiden ist, ob in den Fällen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Abschiebungsandrohung nur und erst dann ergehen darf, wenn geprüft und positiv festgestellt worden ist, dass eine Abschiebungsanordnung nicht ergehen kann, weil nicht feststeht, dass sie durchgeführt werden kann und ob hierfür - wie vom Berufungsgericht angenommen - bereits eine nicht näher dargelegte "offensichtlich ungeklärte Durchführbarkeit" genügt. Eine objektive Rechtswidrigkeit einer bloßen Abschiebungsandrohung verletzte den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten. In den Fällen einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, in die die wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat erfolgte Unzulässigkeitsentscheidung umzudeuten gewesen wäre (s. BVerwG, Beschluss vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - juris), hat nach § 35 AsylG ohnehin nur eine Abschiebungsandrohung zu ergehen. Nicht zu vertiefen ist daher auch, ob sich in Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine objektiv rechtswidrige Unzulässigkeitsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist, für die aber eine Umdeutung in eine rechtmäßige Unzulässigkeitsentscheidung in Betracht zu ziehen gewesen wäre (zu den möglichen Grenzen der Umdeutung bei vor dem 20. Juli 2015 gestellten Asylanträgen s. indes BVerwG, Beschluss vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - juris), die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsentscheidungen nach den für die in Rechtskraft erwachsene Behördenentscheidung geltenden Bestimmungen oder nach jenen richtet, die für die umgedeutete Entscheidung anzuwenden sind.
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2.2 § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG enthält für die Abschiebungsandrohung materiell-rechtliche Voraussetzungen (Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG), zu denen auch dann, wenn nach §§ 34a AsylG eine Abschiebungsanordnung im Raum steht, nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG nunmehr eine ausdrückliche Feststellung in der Entscheidung über einen unzulässigen Asylantrag verlangt ist. Allein der Umstand, dass eine solche Feststellung nicht (ausdrücklich) getroffen worden ist, bedeutet aber nicht, dass - positiv - die Voraussetzungen für nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen (s.a. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2017 - 1 B 6.17 - juris Rn. 6). Dass eine derartige ausdrückliche Feststellung des Bundesamtes über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG ergangen ist, ist nicht (gesetzliches) Tatbestandsmerkmal der Abschiebungsanordnungen bzw. -drohungen nach §§ 34a, 35 AsylG. Auch die nunmehr in § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG normierte Rechtspflicht zur (ausdrücklichen) Feststellung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG schafft kein zusätzliches gesetzliches Tatbestandsmerkmal. Die Feststellungspflicht erweitert zwar - formell - das (objektivrechtliche) Entscheidungs"programm" des Bundesamtes. Sie erhöht aber nicht - materiellrechtlich - die Anforderungen an den Erlass von Abschiebungsanordnungen oder -drohungen nach §§ 34a, 35 AsylG.
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2.3 § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG wirkt auch prozessrechtlich nicht als zusätzliche (formelle) Anforderung für den Erlass einer Abschiebungsanordnung oder -drohung bzw. deren umfassende Überprüfung. Verletzt das Bundesamt seine aus § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG folgende Rechtspflicht zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, kann der Asylbewerber nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen (§ 44 VwGO) die Anfechtungsklage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung und die mit dieser verbundenen Abschiebungsanordnung bzw. -drohung zwar (hilfsweise) mit einem entsprechenden Verpflichtungsantrag verbinden. Dieser Antrag ist aber nicht Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses für die Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung bzw. -drohung, zumal ein Rechtsschutzbedürfnis für eine ausdrückliche Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vorliegen, regelmäßig fehlen dürfte. Dann ist er aber auch nicht Voraussetzung für die gerichtliche Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, die im Rahmen des - insoweit selbstständigen - Anfechtungsbegehrens gegen eine Abschiebungsanordnung bzw. -drohung nach deren gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen vorzunehmen ist.
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2.4 Für die Anfechtung einer Abschiebungsanordnung oder -drohung nach §§ 34a, 35 AsylG verbleibt es mithin bei dem Grundsatz (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass ein Verwaltungsakt der gerichtlichen Aufhebung unterliegt, soweit er rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, und die Gerichte nach § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 VwGO verpflichtet sind, die Sache spruchreif zu machen, d.h. zu überprüfen, ob und inwieweit der angefochtene Verwaltungsakt den Kläger in seinen Rechten verletzt und deshalb aufzuheben ist (s.a. BVerwG, Beschluss vom 3. April 2017 - 1 C 9.16 - Asylmagazin 2017, 239). Die Gerichte haben bei der Überprüfung der Abschiebungsanordnung bzw. -drohung alle einschlägigen Rechtsnormen und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenen Behörde zur Begründung des Verwaltungsakts angeführt worden sind oder nicht (BVerwG, Urteil von 16. November 2015 - 1 C 4.15 - BVerwGE 153, 234 Rn. 28).
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Die in § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG bei Unzulässigkeitsentscheidungen vorgegebene Feststellung durch das Bundesamt führt nicht - wie in den Fällen der Unzulässigkeitsentscheidung selbst - zu einem mehrstufigen Behördenverfahren, das klar zwischen der Zulässigkeitsentscheidung und der nachfolgenden Sachprüfung und -entscheidung unterscheidet (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 1 C 9.17 -). Auch in Fällen, in denen die Prüfung der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG - aus welchen Gründen auch immer - vollständig unterblieben ist, bestehen für die rechtlich gebundene Entscheidung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, keine Besonderheiten, die eine gegenüber der gerichtlichen Kontrolle vorrangige, exklusive Prüf- oder Entscheidungszuständigkeit des Bundesamtes rechtfertigen. Bei der Prüfung und Feststellung der nationalen Abschiebungsverbote sind keine verfahrensrechtlichen Vorgaben oder Besonderheiten des Unionsrechts ersichtlich, welche einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle durch gerichtliche Vollprüfung auch möglicher Abschiebungsverbote entgegenstehen.
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3. Die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Lage international schutzberechtigter Personen in Bulgarien erlauben dem Senat keine Beurteilung, ob in Bezug auf Bulgarien die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
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3.1 Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung allerdings auf die schwierige Situation anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien hingewiesen und ausgeführt, dass bei der Entscheidung darüber, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, das Bundesamt gehalten sei, einzelfallbezogen immer das Vorliegen eines Abschiebungsverbots hinsichtlich Bulgariens mit Blick auf die persönlichen Verhältnisse des konkreten Ausländers zu prüfen und jedenfalls grundsätzlich sicherzustellen habe, dass Abschiebungen nach Bulgarien nur dann stattfinden, wenn die Betroffenen dort auf eine Anlaufadresse für angemessene Zeit zugreifen könnten. Dies stehe indes nicht generell der Qualifizierbarkeit der Republik Bulgarien als sicherer Drittstaat entgegen; daraus folgten auch nicht "systemische Mängel" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Asyl- bzw. Aufnahmeverfahren in Bulgarien. Darin liegt keine abschließende, positive Wertung der tatsächlichen Erkenntnisse dahin, dass - generell oder in Bezug auf den Kläger - die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Eine solche Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem neuerlichen Hinweis des Berufungsgerichts auf die schwierige Situation anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien, angesichts derer die Beklagte gehalten sei, bei ihrer Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, "sicherzustellen... , dass eine Abschiebung des Klägers nur dann stattfindet, wenn ihm eine 'Anlaufadresse' in Bulgarien für angemessene Zeit zur Verfügung steht". Dies sei "- sofern im Einzelfall nicht ausnahmsweise entbehrlich - durch entsprechende individuelle Zusicherungen bulgarischer Behörden" zu leisten.
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3.2 Eine tragfähige Grundlage für eine eigenständige Beurteilung des Senats, ob in Bezug auf Bulgarien die Voraussetzungen nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, bildet dies nicht. Das Berufungsgericht hat sich - insoweit auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu seiner begrenzten Prüfungspflicht folgerichtig - einer abschließenden Entscheidung gerade enthalten.
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4. Ist der Rechtsstreit somit zur erneuten Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, gilt gleiches auch für die unter Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Befristung des "gesetzlichen" (§ 11 Abs. 1 AufenthG) Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 75 Nr. 12 AsylG, die nach aktueller Rechtsprechung des Senats unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verstehen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3.17 - Rn. 72). Denn die Rechtmäßigkeit eines - hier auf 30 Monate befristeten - Einreiseverbots hängt von der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung ab.
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5. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Der Antrag, die 2. Änderungssatzung des Bebauungsplans „I… d… M…“ der Antragsgegnerin vom 15. April 2014 für unwirksam zu erklären, wird abgelehnt.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Bebauungsplanänderung zur Ermöglichung der Errichtung eines Winzerbetriebs mit Fremdenpension.
- 2
Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken in S..., Ortsteil S... . Den Antragstellern zu 1) gehört die Parzelle Nr. …/… (K… Straße …), den Antragstellern zu 2) die Parzelle Nr. …/… (K… Straße …) und der Antragstellerin zu 3) die Parzelle Nr. …/.. (I… W… …). Sämtliche Flurstücke sind mit Wohnhäusern bebaut und liegen im Geltungsbereich des 1997 in Kraft getretenen Bebauungsplans „I… d… M…“, der in nördlicher Richtung durch die Kr… Straße … begrenzt wird und ein Dorfgebiet ausweist. In der Planbegründung heißt es hierzu:
- 3
„Da in der Ortsgemeinde S... und insbesondere im Ortsteil S... noch landwirtschaftliche Betriebe anzutreffen sind und bei der relativ kleinen Ortslage nirgends die Abstände für ein immissionsfreies Wohnen gegeben sind, wird von der Ausweisung eines reinen oder allgemeinen Wohngebietes abgesehen. Bei der Ausweisung von Dorfgebiet ist somit auch der Erhalt und die Entwicklung der Betriebe nicht durch Abwehransprüche gefährdet. Außerdem entspricht die Ausweisung den Vorgaben des Flächennutzungsplanes der Verbandsgemeinde Cochem-Zell.“
- 4
Die Trauf- und Firsthöhe wurde auf 7 bzw. 13 m festgesetzt. Die zulässige Dachneigung lag zwischen 30 bis 45 Grad. 2006 änderte die Antragsgegnerin den Bebauungsplan erstmals und erweiterte das Plangebiet. Außerdem reduzierte sie die zulässige Firsthöhe auf 10 m. In der Begründung zur 1. Änderungsplanung führte die Antragsgegnerin aus, es sei beabsichtigt, die wohnbauliche Entwicklung der Gemeinde auszubauen.
- 5
Unter dem 13. November 2012 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Beschluss, die Mindestdachneigung im gesamten Plangebiet auf 20 Grad zu reduzieren. Vorausgegangen war ein Antrag der Antragsteller zu 2), die zu diesem Zeitpunkt ihr Wohnhaus noch nicht errichtet hatten und das Vorhaben im Bungalowstil mit einer Dachneigung von 25 Grad verwirklichen wollten. Am 16. Juli 2013 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin darüber hinaus, die etwa 839 m² große Weinbauparzelle Nr. … in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einzubeziehen. In einem ca. 2886 m² großen Teilgebiet, das aus diesem Flurstück sowie den gemeindeeigenen Parzellen Nrn. …/…, …/… und …/… (Bereich MD 1) besteht, wurde die Trauf- und Firsthöhe auf 9 bzw. 12 m erhöht. Außerdem verlegte man private Grünflächen auf die Parzelle Nr. … und vergrößerte im nordwestlichen Teil des Bebauungsplans die überbaubare Grundstücksfläche. Anlass war die Absicht des ortsansässigen Winzers T... D..., auf den vorgenannten Grundstücken einen neuen Betrieb mit ca. 10 Gästezimmern zu errichten. Die nochmalige Erweiterung des Plangebietes wurde dabei für notwendig gehalten, damit das geplante Vorhaben die festgesetzte Grundflächenzahl von 0,4 und die Geschossflächenzahl von 0,8 einhalten konnte. Die Durchführung der Planänderungen erfolgte im vereinfachten Verfahren.
- 6
Am 19. August 2013 unterzeichnete der Ortsbürgermeister den Bekanntmachungstext zur Beteiligung der Öffentlichkeit, der am 23. August 2013 im Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde Cochem veröffentlicht wurde und auszugsweise wie folgt lautet:
- 7
„Der Bebauungsplanentwurf II. vereinfachte Änderung und Erweiterung des Bebauungsplanes „I... d... M...“ der Ortsgemeinde S... liegt bis Montag, den 23.09.2013, bei der Verbandsgemeindeverwaltung Cochem, Zimmer 101, Markt 1(Rathaus der Stadt Cochem), 56812 Cochem, während der Dienststunden (Montag bis Freitag von 08.00 bis 12.00 und von Montag bis Mittwoch von 14.00 bis 16.00 Uhr, am Dienstleistungsabend Donnerstag bis 18.00 Uhr) öffentlich aus. Betroffenen Bürgern werden die Ziele und Zwecke der Planung dargelegt. Hierbei wird jedem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.“
- 8
Im Rahmen der Offenlage erhoben die Antragsteller Einwände gegen die Planung. Am 15. April 2014 befand der Gemeinderat der Antragsgegnerin über die vorgetragenen Bedenken und beschloss und den Änderungsplan als Satzung. Nach erfolgter Ausfertigung machte die Antragsgegnerin ihn am 18. Juli 2014 bekannt.
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Bereits zuvor, am 6. April 2014, hatte die Kreisverwaltung Cochem-Zell Herrn D... einen positiven Bauvorbescheid für sein beabsichtigtes Vorhaben erteilt und darin festgestellt, dass „die beabsichtigte Errichtung eines Winzerbetriebs mit angeschlossener Pension in der Gemarkung S..., Flur …, Flurstück Nr. …/…, …/…, …/… (…) im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung zulässig ist“. Die hiergegen nach einem erfolglos gebliebenen Widerspruchsverfahren erhobene Klage der Antragsteller wies das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 31. März 2015 (4 K 585/14.KO) ab.
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Zur Begründung ihres am 10. Juli 2015 gestellten Normenkontrollantrags machen die Antragsteller geltend:
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Der angegriffene Änderungsbebauungsplan leide zunächst an beachtlichen formellen Fehlern. So seien die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 13 Abs.1 BauGB nicht gegeben, da durch die Planänderung Grundzüge der Planung berührt würden. Sinn des Bebauungsplans in seiner ursprünglichen Fassung sei nämlich die Entstehung eines Wohngebiets gewesen, auch wenn man ein „Dorfgebiet“ festgesetzt habe. Diese Formulierung sei zum Zweck der Herabsenkung des Lärmschutzniveaus im Plangebiet nur vorgeschoben und stelle einen Etikettenschwindel dar. Der Ansiedlung von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe habe die geringe Größe der Grundstücke sowie deren geringe bauliche Ausnutzbarkeit entgegengestanden, weshalb die Realisierung einer Mischnutzung durch die materiellen Festsetzungen des Bebauungsplanes erfolgreich verhindert worden sei. Diese Tendenz habe die Antragsgegnerin mit der ersten Planänderung fortgeschrieben, indem sie die Nutzungsmaße noch einmal reduziert und dies unter anderem mit dem weiteren Ausbau der wohnbaulichen Entwicklung begründet habe. Von der bislang tragenden Plankonzeption werde nunmehr abgewichen, da die Antragsgegnerin erstmals eine gegenteilige Entwicklung einleite und einen gebietsfremden, die Wohnnutzung störenden Gewerbebetrieb ermögliche. Ferner liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 Baugesetzbuch – BauGB – vor, weil die Antragsgegnerin Ort und Dauer der Auslegung nicht mindestens eine Woche vor ihrem Beginn ortsüblich bekannt gemacht habe. Die Notwendigkeit der Umwandlung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen in Bauland dürfe zudem nur ausnahmsweise erfolgen und müsse gemäß § 1a Abs. 2 Satz 4 BauGB besonders begründet werden.
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Weiterhin sei die Planung nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich gewesen, da sie sich ausschließlich an den Wünschen und Bedürfnissen des künftigen Bauherrn orientiere. Für das Vorliegen einer unzulässigen Gefälligkeitsplanung spreche, dass mit ihr allein die Nutzungsmaße im Geltungsbereich des geplanten Vorhabens erhöht würden, während für alle anderen Grundstücke nach wie vor die reduzierten Maße der ersten Planänderung maßgebend seien.
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Abgesehen davon habe die Antragsgegnerin das Gebot der Ermittlung und der zutreffenden Bewertung der abwägungserheblichen Belange gemäß § 2 Abs. 3 BauGB verletzt. In diesem Zusammenhang sei zunächst nicht berücksichtigt und bewertet worden, dass mit dem durch die Planänderung ermöglichten Winzer- und Pensionsbetrieb eine erheblich belastende Lärmquelle in einer ruhigen Wohngegend zugelassen werde. Insbesondere hätte die Störungsintensität des hinzutretenden Betriebs ermittelt und abgewogen werden müssen. Nicht einbezogen und gewürdigt seien darüber hinaus die Belange des Umwelt- und Naturschutzes gemäß § 1a Abs. 2 BauGB. Darüber hinaus rechtfertige die Gigantonomie eines Bauherrn allein nicht die Einbeziehung eines bisherigen Außenbereichsgrundstücks. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin die Entsorgung der grob belastenden Abwässer der geplanten Kellerei sowie den durch die Ermöglichung eines überdimensionierten Baukörpers hervorgerufenen Nutzungskonflikt planerisch unbewältigt gelassen habe.
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Nach allem erweise sich die Bauleitplanung auch wegen Verstoßes gegen das Gebot der rechtmäßigen Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB als materiell fehlerhaft. Der ursprüngliche Bebauungsplan in der Fassung der 1. Planänderung werde durch die 2. Planänderung in sein Gegenteil verkehrt. Sie – die Antragsteller – hätten im Vertrauen auf die Beständigkeit der Planung und der aufgrund dieser Planung eingesetzten Entwicklung zu einem reinen Wohngebiet mit erheblichem finanziellen Aufwand Grundstücke erworben und mit Wohnhäusern bebaut, die jetzt völlig entwertet seien. Das Planungshandeln der Antragsgegnerin erweise sich als widersprüchlich und verstoße gegen das Gebot konsequenten Verwaltungshandelns. Zudem habe man den Belang des fortwirkenden und erweiternden Bestandsschutzes nicht beachtet.
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Die Antragsteller beantragen,
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die 2. Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans „I... d... M...“ der Antragsgegnerin vom 15. April 2014 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Normenkontrollantrag abzulehnen.
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Sie tritt den Darlegungen der Antragsteller mit eigenen Ausführungen entgegen und vertritt die Auffassung, dass der Antrag bereits unzulässig sei. Mit ihren Grundstücken lägen sie außerhalb des Änderungsbereichs der Bauleitplanung, sodass sie nicht unmittelbar plangebetroffen seien und es allein darauf ankomme, ob abwägungsrelevante Belange hätten berücksichtigt werden müssen. Das sei jedoch nicht der Fall, da die Art der Nutzung von der Änderung des Bebauungsplanes unberührt bleibe. Lediglich die Festsetzung höherer Trauf- und Firsthöhen könne gewisse Auswirkungen nach sich ziehen, die aber vorliegend nicht gravierend seien. Außerdem verbleibe den Nachbarn der Schutz der Abstandsflächen. Überdies hätten die Antragsteller für die Verfolgung ihres Begehrens kein Rechtsschutzinteresse. Denn das Verwaltungsgericht habe ihre Klage gegen den erteilten Bauvorbescheid abgewiesen. Dies bedeute, dass das Vorhaben des Herrn D... selbst im Fall der Unwirksamkeit des hier angegriffenen Änderungsplans nicht mehr angreifbar sei und sie sich damit keine Vorteile verschaffen könnten.
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Ungeachtet dessen sei der Normenkontrollantrag aber auch unbegründet. Anders als die Antragsteller meinten seien die Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB erfüllt. Die Planänderung bestehe nämlich lediglich aus einer geringfügigen Erweiterung des Plangebiets, der Zulassung niedrigerer Dachneigungen und – auf einer Teilfläche – der Festsetzung einer jeweils 2 m höheren Trauf- und Firsthöhe. Auch lägen keine Fehler bei der Bekanntgabe von Ort und Dauer der Offenlage vor. Zwar sei die Wochenfrist des § 3 Abs. 2 BauGB nicht eingehalten worden, im vereinfachten Verfahren könne jedoch stattdessen der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Letzteres sei hier geschehen.
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Die Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB stehe außer Frage. Vor allem dürfe eine Gemeinde auch gewichtige private Interessen zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen. Der Vorwurf einer Gefälligkeitsplanung sei auch deshalb unberechtigt, weil die Ansiedlung eines Winzerbetriebes der planerischen Vorgabe der Art der baulichen Nutzung entspreche und es sich vorliegend um einen Angebotsbebauungsplan handele. Insoweit falle im Übrigen wiederum ins Gewicht, dass die 2. Änderung des Bebauungsplanes überhaupt keine Regelung zur Nutzungsart treffe.
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Aus dem gleichen Grund sei zugleich kein Verstoß gegen abwägungserhebliche Gesichtspunkte gegeben. Nicht die zweite Planänderung ermögliche die Ansiedlung eines in einem Dorfgebiet zulässigen Betriebes. Dies habe vielmehr schon der ursprüngliche Bebauungsplan getan. Ungeachtet dessen hätten sich die Antragsteller aus eigenem Entschluss in einem förmlich festgesetzten Dorfgebiet angesiedelt. Deshalb seien sie insofern dort nicht schutzwürdig. Aus der Planbegründung ergebe sich zudem, dass sehr wohl eine Abwägung des Eingriffs durch die Erstreckung des Bebauungsplans auf die Parzelle Nr. ... vorgenommen worden sei. Zwar vergrößere sich das Plangebiet geringfügig, die Grünflächen würden jedoch nicht verändert. Wegen der Flächenbilanzierung im ersten Plan werde der Eingriff innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplans überdies kompensiert.
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Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte, den Planaufstellungsunterlagen (4 Hefte und 1 Planurkunde), den Verwaltungs- und Widerspruchsvorgängen der Kreisverwaltung Cochem-Zell (6 Hefte) sowie der Akte 4 K 585/14.KO, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
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Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.
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I. Das Begehren der Antragsteller, die 2. Änderung des von ihnen angegriffenen Bebauungsplans für unwirksam zu erklären, ist wegen fehlender Antragsbefugnis unzulässig.
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Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nur derjenige antragsbefugt, der geltend macht, durch Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplanes oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit zu werden. Dazu muss ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen der angegriffenen Satzung in einer eigenen Rechtsposition verletzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 – 4 CN 2/98 −, BVerwGE 107, 215; OVG RP, Urteil vom 7. Dezember 2011 – 1 C 10352/11.OVG −, juris).
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Eine Rechtsverletzung kommt dabei stets dann in Betracht, wenn sich der Eigentümer oder eine ihm gleichgestellte Person gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar ihr im Plangebiet gelegenes Grundstück betrifft. Dies beruht auf der Erwägung, dass es sich bei den Regelungen eines Bebauungsplans um Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG – handelt. Beschränkungen, die sich hieraus für die Nutzung des Grundeigentums ergeben, braucht der Eigentümer nur hinzunehmen, sofern der als Satzung erlassene Plan rechtmäßig ist. Ob dies der Fall ist, kann er im Normenkontrollverfahren überprüfen lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2002 – 4 BN 2/02 −, juris). Wird der Bebauungsplan, der das Grundstück erfasst, indessen so geändert, dass dieses von den neuen Festsetzungen unberührt bleibt, ist eine Verletzung des Grundeigentums dagegen ausgeschlossen. Die Festsetzungen für das Grundstück – also die Festsetzungen, die das Grundeigentum bestimmen, sind bereits in dem früheren Bebauungsplan getroffen worden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 2012 – 4 BN 23.12 −, siehe auch VGH BW, Urteil vom 20. März 2013 – 5 S 1126/11 −, jeweils juris).
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Darüber hinaus lässt sich eine Antragsbefugnis für Planbetroffene aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots (vgl. § 1 Abs. 7 Baugesetzbuch – BauGB −) herleiten. Eine so begründete schützenswerte Rechtsposition reicht weiter als die wegen einer möglichen Eigentumsverletzung in Betracht kommende Antragsbefugnis, weil dem Abwägungsgebot ein drittschützender Charakter zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998, a.a.O.). In die Abwägung einzustellen sind allerdings nur schutzwürdige Belange, die gerade durch die Planänderung berührt werden. Die Belange der Ursprungsplanung sind demgegenüber grundsätzlich nicht mehr in den Blick zu nehmen und gegen- und untereinander abzuwägen (BVerwG, Beschluss vom 13. November 2012, a.a.O.; VGH BW, Urteil vom 20. März 2013, a.a.O.).
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Vor diesem Hintergrund lassen die bauplanerischen Festsetzungen der angegriffenen Änderungssatzung (Erweiterung des Plangebiets und damit einhergehend Vergrößerung der überbaubaren Grundstücksfläche und Verlegung von Grünflächen sowie Veränderung der Trauf- und Firsthöhe) eine Rechtsverletzung der Antragsteller nicht erkennen. Auf eine allein in Betracht kommende Verletzung des Abwägungsgebots können diese sich − ihre Grundstücke liegen sämtlich außerhalb des Geltungsbereichs der vorgenannten Regelungen − nicht mit Erfolg berufen. Die planungsrechtlich geschützten Belange einer ausreichenden Besonnung, Belichtung und Belüftung sind im Hinblick auf ihre eigenen Parzellen ersichtlich gewahrt. So beträgt die Entfernung der überbaubaren Bereiche des Planänderungsgebiets zu den Parzellen Nrn. .../... und .../... der Antragsteller zu 1) und 2) jeweils ca. 11,5 m sowie zur Parzelle Nr. …/… der Antragstellerin zu 3) sogar ca. 25 m. Das vorhandene Wohngebäude auf der Parzelle Nr. …/… steht überdies teilweise, dasjenige auf der Parzelle Nr. …/… sogar vollständig versetzt zu den gegenüberliegenden Parzellen Nrn. …/…, …/… und …/…. Insbesondere enthalten die angesprochenen Festsetzungen keine Verkürzung der Abstandsflächen gemäß der bauordnungsrechtlichen Bestimmung des § 8 LBauO. Von einer unzumutbaren „erdrückenden Wirkung“ der durch die Änderung ermöglichten Vorhaben kann unter diesen Umständen ebenfalls ersichtlich keine Rede sein. Ebenso ist eine Abwägungserheblichkeit von etwaigen Einsichtnahmemöglichkeiten angesichts der hier vorliegenden Sachlage zu verneinen (vgl. dazu OVG RP, 7. Dezember 2011 – 1 C 10352/11.OVG −, ESOVGRP).
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Ein „Kippen“ des Gebietscharakters zu Lasten der Antragsteller gerade durch die streitgegenständlichen Regelungen droht nicht. Die angefochtene Satzung enthält keine Neuregelung zur Art der zulässigen Nutzung. Davon abgesehen hat die Antragsgegnerin in ihrer Abwägungsentscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass noch zahlreiche Bauplätze unbebaut seien und eine Entwicklung hin zu einem Dorfgebiet trotz der bisher erfolgten tatsächlichen Bebauung mit Wohnhäusern weiterhin möglich ist.
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Schließlich lässt sich aus der von den Antragstellern befürchteten Zunahme der Verkehrsimmissionen keine Antragsbefugnis herleiten.
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Zwar gehört eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms grundsätzlich zum Abwägungsmaterial (vgl. VGH BW, Urteil vom 12. Juni 2012 – 8 S 1337/10 −, VBlBW 2012, 421), allerdings muss dieser Belang dann nicht in die Abwägung eingestellt werden, wenn der Lärmzuwachs nur geringfügig ist oder sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück auswirkt. Ob vermehrte Verkehrslärmbeeinträchtigungen mehr als geringfügig zu Buche schlagen, lässt sich nicht anhand fester Maßstäbe beurteilen. Es bedarf vielmehr einer wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorbelastung und der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets (BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2011 – 4 BN 22.11 −, BRS 78 Nr. 71, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 4 BN 16.07 – ZfBR, 580)
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Dies vorausgeschickt liegen schon keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass eine etwaige ins Gewicht fallende Zunahme der Geräuschimmissionen überhaupt auf die in der Planänderung getroffenen Festsetzungen zurückzuführen ist. Zudem sind Winzerbetriebe mit angeschlossener Pension in einem Dorfgebiet ohne weiteres zulässig (vgl. den Katalog des § 5 BauNVO). Daraus folgt, dass hier von vornherein mit einem höheren Anliegerverkehr gerechnet werden muss. Dass der Verkehr abwägungserhebliche Lärmkonflikte hervorrufen könnte, ist im Übrigen von den Antragstellern nicht ausreichend dargelegt worden. Die Antragsteller übersehen in diesem Zusammenhang, dass ein Anspruch auf Fortbestand oder Aufrechterhaltung einer für sie bestehenden günstigen Verkehrssituation grundsätzlich nicht gegeben ist.
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Ferner stellen die Auswirkungen, die die Errichtung von baulichen Anlagen in der Umgebung eines Grundstücks auf den Verkehrswert haben, für sich betrachtet keine für die planerische Abwägung erheblichen Belange dar (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Februar 2011 – 1 C 10610/10.OVG −, ESOVGRP).
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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die tatsächlich als baugestalterische Festsetzung im Sinne des § 88 Abs. 1 Nr. 2 LBauO anzusehende Verringerung der zulässigen Mindestdachneigung von 30 auf 20 Grad.
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In diesem Zusammenhang ist vorweg klarzustellen, dass es sich hierbei trotz der gemäß §§ 9 Abs. 4 BauGB, 88 Abs. 6 LBauO erfolgten Aufnahme in den Bebauungsplan um eine selbstständige bauordnungsrechtliche Regelung handelt, deren Wirksamkeit unabhängig von den in der Änderungssatzung enthaltenen bauplanerischen Festsetzungen einer eigenständigen rechtlichen Beurteilung unterliegt. Die Annahme einer möglichen Rechtsbeeinträchtigung der Antragsteller insoweit würde daher lediglich dazu führen, dass wegen der ansonsten fehlenden Antragsbefugnis nur diese Festsetzung einer inhaltlichen Überprüfung unterzogen werden könnte.
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Allerdings lässt sich aus der Verringerung der Dachneigung ebenfalls keine Antragsbefugnis für die Antragsteller herleiten. Dabei lässt der Senat offen, ob eine solche Bewertung schon deshalb angezeigt erscheint, weil die ihre eigenen Grundstücke unmittelbar betreffende Planänderung die private Nutzungsmöglichkeit ihrer eigenen Grundstücke weder festschreibt, noch aufhebt oder einschränkt, sondern vielmehr im Gegenteil erweitert. Jedenfalls haben die Antragsteller insoweit ihrer Darlegungspflicht nicht genügt, da sie keine hinreichend substantiierten Tatsachen vorgetragen haben, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie gerade (auch) durch diese Festsetzung in einem subjektiven Recht verletzt sein könnten. Hinzu kommt, dass die Änderung nicht in einer ursächlichen Beziehung zu den mit dem Normenkontrollantrag angefochtenen planungsrechtlichen Änderungen steht. Sie ist allein von den Antragstellern zu 2) veranlasst worden, um auf ihrer eigenen Grundstücksparzelle einen Bungalow mit einer geringeren Dachneigung zu errichten.
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Inwieweit den vorgenannten beiden Antragstellern deshalb die Geltendmachung einer Rechtsverletzung gemäß dem auch im öffentlichen Recht zur Anwendung kommenden Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen „venire contra factum proprium“ verwehrt ist, braucht der Senat nach allem nicht mehr abschließend zu entscheiden.
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II. Dessen ungeachtet ist der Normenkontrollantrag aber auch unbegründet.
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Die streitgegenständliche 2. Änderung des Bebauungsplans „I... d... M...“ weist keine rechtserheblichen Fehler auf. Dabei kommt es für die Begründetheit eines Normenkontrollantrages – anders als bei sogenannten Individualklagen in Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO – nicht darauf an, ob der jeweilige Antragsteller selbst in subjektiven Rechten tatsächlich verletzt ist.
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1. Der Bebauungsplan ist zunächst nicht deswegen fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin − wie die Antragsteller vortragen − die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Baugesetzbuch – BauGB –, der über § 88 Abs. 6 LBauO auch für gestalterische Festsetzungen gilt, zu Unrecht angenommen hat.
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a) Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung setzt voraus, dass bei der Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Darüber hinaus darf die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung − UVPG −, oder nach Landesrecht unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet werden (Nr. 1) und es dürfen keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b) BauGB genannten Schutzgüter bestehen (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
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Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller berührt die Änderungsplanung insbesondere keine Grundzüge der Planung.
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Nach § 13 BauGB ist es zulässig, ein vereinfachtes Planänderungsverfahren durchzuführen, wenn die Änderung das der bisherigen Planung zugrunde liegende Leitbild nicht verändert, wenn also der planerische Grundgedanke erhalten bleibt. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplanes unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht. Ob eine Abweichung in diesem Sinne von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden planerischen Willen der Gemeinde (BVerwG, Beschluss vom 15. März 2000 – 4 B 18/00−,BauR 2001, 207f. m.w.N.).
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Unter Zugrundelegung dieser Kriterien beinhalten die hier vorgenommenen Änderungen der textlichen und zeichnerischen Festsetzungen einschließlich der geringfügigen Erweiterung des Plangebiets sowohl für sich betrachtet als auch in einer Gesamtschau keine Änderungen der planerischen Gesamtkonzeption, deren entscheidendes Kriterium die Ausweisung eines Dorfgebiets darstellt.
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Soweit die Antragsteller demgegenüber meinen, mit der 2. Änderungsplanung werde nunmehr erstmals eine Entwicklung von einem Wohngebiet zu einer Mischnutzung eingeleitet, verkennen sie erneut, dass die Art der Nutzung nicht Gegenstand der im Streit stehenden Satzung ist. Davon abgesehen ist ihr rechtlicher Ansatz fehlerhaft. Aus der Planbegründung der Ursprungsfassung des Bebauungsplans ergibt sich dass die Ausweisung eines Wohngebiets von vornherein deshalb nicht gewollt war, um die Ansiedlung von immissionsträchtigen landwirtschaftlichen Betrieben zu ermöglichen und ihre Etablierung nicht durch Abwehransprüche der Eigentümer von Wohnbauten zu gefährden. Die missverständliche Formulierung in der Begründung zur 1. Planänderung, worin unter anderem auf den Ausbau der wohnbaulichen Entwicklung von S... abgestellt wurde, führt nicht zu einer abweichenden Betrachtung, da es bei der Festsetzung eines Dorfgebiets verblieb. Ebenso können die Antragsteller aus den zwischen 650 und 750 m² liegenden Grundstücksgrößen nicht die Schlussfolgerung ziehen, es sei nur die Entstehung eines Wohngebiets gewollt worden. Der Zuschnitt der Einzelparzellen gehört nicht zum Regelungsgehalt der Festsetzungen des Bebauungsplans. Im Übrigen können sich gerade auch auf kleineren Parzellen Betriebe ansiedeln, die für ein Dorfgebiet typisch sind.
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b) Unabhängig davon wäre ein etwaiger Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass eine Verletzung des § 13 Abs. 1 BauGB einen unbeachtlichen Verfahrensfehler darstellt, wenn nicht ein weiterer beachtlicher, in§ 214 Abs. 1 BauGB gesondert aufgeführter Verfahrensverstoß hinzutritt. Ein nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BauGB beachtlicher Verfahrensverstoß ist dann gegeben, wenn die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung verletzt sind. Nach der internen Unbeachtlichkeitsklausel des Halbsatzes 2 dieser Vorschrift ist ein solcher Fehler jedoch unbeachtlich, wenn bei Anwendung des § 13 BauGB die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung lediglich „verkannt“ worden sind, die Gemeinde das Vorliegen der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren also bloß fehlerhaft beurteilt, hingegen nicht wider besseres Wissen angenommen hat; nur ein solcher bewusster Verstoß gegen § 13 BauGB bliebe weiterhin beachtlich. Die interne Unbeachtlichkeitsklausel ist dabei auch neben ihrem unmittelbaren Abwendungsbereich entsprechend auf den Fall des wegen der irrigen Annahme, dass Grundzüge der Planung nicht berührt werden, fehlenden Umweltberichtes anzuwenden. Dies gilt allerdings nur, wenn die Durchführung einer Umweltprüfung nicht gemeinschaftsrechtlich geboten ist (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 4. August 2009 – 4 CN 4/08 −, ZfBR 2009, 676und jurisRn. 18ff.). Im Fall der Antragsgegnerin ergeben sich schon deshalb keine Anhaltspunkte für eine nach Gemeinschaftsrecht erforderliche Umweltprüfung, weil die Änderung des Bebauungsplanes keine erheblichen Umweltauswirkungen nach sich zieht. Vor allem werden weder Vorhaben der Anlage 1 zum UVPG vorbereitet, noch sind Beeinträchtigungen der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter ersichtlich (vgl. zum Ganzen Artikel 3 der Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme – PlanUP-RL −). Auch kann nicht angenommen werden, dass die Antragsgegnerin das vereinfachte Verfahren gewählt hat, obwohl sie wusste, dass die Grundzüge der Planung betroffen sind (vgl. zum ganzen OVG RP, Urteil vom 20. Februar 2014 – 1 C 10824/14.OVG – und Urteil vom 24. März 2010 – 8 C 11202/09.OVG −, jeweils ESOVGRP), wenn man dies entgegen der hier vertretenen Auffassung zu ihren Gunsten einmal unterstellt.
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2. Der Antragsgegnerin ist mit Blick auf die planerischen Festsetzungen ferner kein Bekanntmachungsfehler bei der Auslegung der Planentwürfe unterlaufen.
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§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB bestimmt, dass im vereinfachten Verfahren der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist (Alt. 1) gegeben oder wahlweise die Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB (Alt. 2) durchgeführt wird. Der zuletzt genannten Vorschrift zufolge sind die Entwürfe der Bauleitpläne mit der Begründung für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen (Satz 1), wobei Ort und Dauer der Auslegung mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt gemacht werden müssen (Satz 2).
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Zwar weisen die Antragsteller zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung der Antragsgegnerin vom 23. August 2013 (Veröffentlichungsdatum des amtlichen Mitteilungsblatts) die Wochenfrist des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 BauGB nicht wahrt. Die Auslegung endete am 23. September 2013. Eine vorhergehende Ankündigung ihres Beginns von mindestens einer Woche ist unterblieben. Dies ist jedoch unschädlich, da die Antragsgegnerin hier von der Möglichkeit des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BauGB Gebrauch gemacht hat. Dafür spricht die im Bekanntmachungstext erfolgter ausdrückliche Bezugnahme auf den eingeschränkten Personenkreis der „betroffenen Bürger“, womit eine Formulierung aufgegriffen wurde, die der bis 2004 geltenden Gesetzesfassung entspricht (Änderung in „betroffene Öffentlichkeit durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau [EAG Bau] vom 24. Juni 2004, vgl. BT-Dr. 15/2250, S. 43, 51), ohne dass eine hier relevante sachliche Änderung beabsichtigt war. Auch der Satz „Hierbei wird jedem …“ bezieht sich auf den vorstehend beschriebenen Personenkreis.
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Dass – wie im Fall des § 13 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BauGB – die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit in Form einer öffentlichen Auslegung stattgefunden hat, ist unschädlich. In welcher Form die Benachrichtigung vorgenommen wird, ist durch § 13 BauGB nicht vorgegeben und liegt im Ermessen der Gemeinde (Gierke in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, § 13 Rn. 96). Durch das Abstellen auf den Begriff der „Betroffenen“ im Bekanntmachungstext ist eine genügende Individualisierung des angesprochenen Personenkreises gegeben. Darüber hinaus wird auch der Zweck der individuellen Beteiligung (Beschaffung und Vervollständigung des notwendigen Abwägungsmaterials, frühzeitiges Einbringen der Interessen und Rechte des von der Planung berührten Personenkreises sowie gebotene Anhörung, aktive teilnehmende Beteiligung an dem Prozess der Vorbereitung politischer Planungsentscheidungen) in vollem Umfang erreicht.
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3. Weiterhin dringen die Antragsteller nicht mit ihrem Einwand durch, die Antragsgegnerin habe die Einbeziehung der Parzelle Nr. ... in den Geltungsbereich des Bebauungsplans nicht genügend begründet.
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Gemäß § 1a Abs. 2 Satz 4 BauGB soll die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen begründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.
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Ob die Antragsgegnerin dieser besonderen Begründungspflicht genügt hat, kann offen bleiben. Denn die Bestimmung wurde durch das „Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts“ vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548) in das Baugesetzbuch eingefügt und trat am 20. September 2013 in Kraft (vgl. Artikel 3 Abs. 1 des vorgenannten Gesetzes). Damit kommt aber die allgemeine Überleitungsnorm des § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB zum Tragen, wonach Verfahren, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, nach den bisherigen Rechtsvorschriften abgeschlossen werden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eingeleitet wurde die Änderung des Bebauungsplans zur Erweiterung des Plangebiets mit dem Planaufstellungsbeschluss vom 16. Juli 2013 und damit gerade vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 1a Abs. 2 Satz 4 BauGB. Eine Entscheidung der Antragsgegnerin, die neue Vorschrift schon im vorliegenden Aufstellungsverfahren anzuwenden (vgl. § 233 Abs. 1 Satz 2 BauGB), liegt nicht vor.
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4. Die 2. Änderungsplanung ist ferner im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich.
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Diese Vorschrift setzt der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung, für die das Abwägungsgebot (§§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3 BauGB) maßgeblich ist (BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 – 4 CN 6.11 – BauR 2013, 1402 m.w.N.). Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 17. September 2003 – 4 C 14.01 – BVerwGE 119, 25, 31). Nicht erforderlich ist demzufolge nur ein Bebauungsplan ohne positive Planungskonzeption, der ersichtlich der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder der die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag, weil er aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig ist (auch BVerwG, Urteil vom 27. März 2013, a.a.O.).
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Zwar darf eine Gemeinde eine Bauleitplanung nicht vorschieben, um allein private Interessen zu befriedigen. Allerdings ist es ihr nicht verwehrt, hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass ihrer Planung zu nehmen und sich dabei auch an den Wünschen des Grundstückseigentümers zu orientieren, sofern sie nur zugleich städtebauliche Belange und Zielsetzungen erfüllt (vgl. z.B. VGH BW, Urteil vom 3. August 2012 – 5 S 1444/10 – m.w.N., juris,). Ein Zusammenwirken mit privaten Investoren bei der Einleitung und Aufstellung der Bauleitpläne widerspricht daher grundsätzlich nicht § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Dies bestätigen auch die Vorschriften über den Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 BauGB (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 1 Nr. 34).
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Ausgehend hiervon beruht die streitige Änderung des Bebauungsplans „I... d... M...“ auf einer von städtebaulich legitimen Zielen getragenen positiven Planungskonzeption. Die Antragsgegnerin will ausweislich der Planbegründung auf einer Teilfläche eine Winzerstelle verbunden mit einer Gästebeherbergung realisieren. Dabei hat sie den ortsansässigen Betrieb D... im Blick, deren Standort sie in S... sichern will. Dies kommt auch in dem zwischen ihr und dem Betrieb unter dem 23. Juli 2013 abgeschlossenen städtebaulichen Vertrag gemäß § 11 BauGB zum Ausdruck. Aus der Kostenübernahme lässt sich insbesondere nicht herleiten, dass ausschließlich im privaten Interesse gehandelt wird. Insgesamt verfolgt die Antragsgegnerin vielmehr den städtebaulich legitimen Belang der Wirtschaft bzw. der Landwirtschaft (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 a und b BauGB), indem sie infrastrukturelle Standortpolitik nicht nur, aber vorrangig zugunsten des Betriebs D... betreibt (vgl. dazu auch OVG NW, Urteil vom 13. September 2012 – 2 D 38/11 NE −). Eine unzulässige Gefälligkeitsplanung liegt darin nicht. Ein Bebauungsplan ist auch dann an bodenrechtlich relevanten Ordnungskriterien ausgerichtet und entspricht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, wenn er − wie hier − auch den Wünschen eines privaten Gewerbetreibenden im Sinne einer Standortpolitik entgegenkommt und dieser womöglich den Anstoß für die Planung gegeben hat (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 − 4 BN 15.99 −, BRS 62 Nr. 19; OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2012 − 2 B 379/12.NE −).
- 59
Für die Annahme eines die städtebauliche Erforderlichkeit beseitigenden Etikettenschwindels, der nur dann vorliegt, wenn eine planerische Festsetzung nicht dem entspricht, was von der Gemeinde tatsächlich gewollt wird, sondern nur vorgeschoben ist, um das eigentliche (unzulässige) Planungsziel zu verdecken, ist hier kein Raum.
- 60
5. Der Antragsgegnerin ist im Hinblick auf die in die Abwägung einzustellenden Belange kein nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3 BauGB beachtlicher und nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich gebliebener Ermittlungs- oder Bewertungsfehler unterlaufen.
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Dieses nunmehr als Verfahrensnorm ausgestaltete Gebot tritt selbständig vor die (inhaltlichen) Anforderungen an die verhältnismäßige Gewichtung und den gerechten Ausgleich der konkurrierenden Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. OVG RP, Urteile vom 06. Mai 2009 – 1 C 10970/08.OVG –; vom 31. Juli 2008 – 1 C 10193/08.OVG –, vom 18. Juni 2008 – 8 C 10128/08.OVG –, jeweils ESOVGRP). Inhaltlich entspricht § 2 Abs. 3 BauGB der früheren sich aus dem Abwägungsgebot ergebenden Rechtslage, nach der die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung zunächst deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 09. April 2008 – 4 CN 1/07 –, DVBl. 2008, 859; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/2250, S. 42). Die Bewertung nach dieser Vorschrift bedeutet daher vor dem Hintergrund einer noch vorzunehmenden Abwägungsentscheidung die Feststellung des jeweiligen Gewichts der abwägungserheblichen Belange. Daher sind Art und Ausmaß des Berührtseins des Belangs durch die betreffende Bauleitplanung sowie das Gewicht des jeweiligen Belangs im Verhältnis zu seiner Betroffenheit zu ermitteln und zu bewerten. Ebenso wie dem Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB kommt damit bereits den vorgelagerten Ermittlungs- und Bewertungspflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB besondere Bedeutung im Rahmen der inhaltsbestimmenden Funktion der Bauleitplanung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Grundgesetz – GG − zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 2 BvR 397.82 –, juris).
- 62
Den Planaufstellungsunterlagen lässt sich entnehmen, dass die abwägungserheblichen Belange hier ausreichend ermittelt und bewertet worden sind.
- 63
a) Dass zunächst der Umfang des Verkehrslärms, der von den durch die Planung ermöglichten An- und Abreiseverkehr der Gäste eines Pensions- und Winzerbetriebs ausgeht, nicht näher ermittelt zu werden brauchte, ergibt sich bereits aus den Feststellungen des Senats zur Zulässigkeit des Antrages. Die von einem Winzerbetrieb mit Gästeunterbringung als solche ausgehenden Lärmimmissionen brauchten aufgrund der hier allenfalls in Betracht kommenden Größenordnung und des vorhandenen Gebietscharakters, der von der Planänderung unberührt blieb, nicht besonders untersucht und bewertet werden.
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b) Auch hat der Antragsteller bei der Ausdehnung des Baugebiets auf die Parzelle Nr. ... die sich aus § 1a Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB ergebenden Belange des Umwelt- und Naturschutzes ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt.
- 65
Darin ist geregelt, dass mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden soll; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden.
- 66
Aus den Verfahrensakten ergibt sich, dass der Antragsgegnerin die bisherige landwirtschaftliche Nutzung der Parzelle Nr. ... bekannt war. Sie hat zudem geprüft, ob ein „notwendiger“ Bedarf für die Einbeziehung der Außenbereichsfläche vorliegt. So heißt es in dem Beschluss über die eingegangenen Anregungen und Bedenken (vgl. Bl. 58 der Planänderungsakte), dass im Zusammenhang mit der Erweiterung bzw. Aussiedlung des Betriebes D... bereits ein alternativer Standort im Ortsteil S... untersucht worden sei.
- 67
c) Unerheblich ist des Weiteren die Rüge der Antragsteller, die Belange des Umweltschutzes hätten deshalb nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, weil die Antragsgegnerin die Entsorgung der hoch belasteten Abwässer der geplanten Kellerei planerisch nicht bewältigt habe. Es bestand nämlich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Frage der Abwasserbeseitigung abschließend im Bebauungsplanverfahren zu regeln, da sie auf das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren verlagert werden konnte, was unproblematisch dann zulässig ist, wenn – wie hier – keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die dadurch aufgeworfenen Probleme nicht auf der Ebene des Verwaltungsvollzugs lösbar sind (vgl. HessVGH, Urteil vom 29. Januar 2004 – 3 N 2764/02 −, juris). Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, lässt sich erst nach Vorlage eines Bauantrages zuverlässig beurteilen.
- 68
d) Auch trifft es nicht zu, dass die Antragsgegnerin einen sich aus der Ermöglichung eines überdimensionierten Bauvorhabens ergebenden Nutzungskonflikt im Bebauungsplan rechtswidrig unbewältigt gelassen habe. Auch insoweit sind etwaige Konflikte – für die der Senat hier allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte sieht – im Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung lösbar.
- 69
6. Schließlich verstoßen die planerischen Festsetzungen nicht gegen die Abwägungspflichten des § 1 Abs. 7 BauGB.
- 70
Das in dieser Vorschrift normierte Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung ein Belang nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss; ferner dann, wenn die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt oder wenn ein Ausgleich zwischen ihm und unverhältnismäßiger Art und Weise vorgenommen worden ist. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. OVG RP, Urteil vom 15. November 2012 – 1 C 10412/12.OVG – m.w.N., ESOVGRP).
- 71
Wie oben festgestellt, ist die Antragsgegnerin dem in den vorerwähnten Abwägungsgrundsätzen enthaltenen Gebot der Ermittlung und zutreffenden Bewertung der abwägungserheblichen Belange nachgekommen. Ein darüber hinausgehender Abwägungsmangel ist nicht vorhanden.
- 72
Die Antragsgegnerin durfte den Belangen der Wirtschaft und der Landwirtschaft den Vorrang vor den anderen Belangen geben. Namentlich wurden die privaten Belange der Antragsteller fehlerfrei abgewogen. In nicht zu beanstandender Weise hat die Antragsgegnerin in ihrer Abwägungsentscheidung darauf verwiesen, die bisher errichteten Wohngebäude seien von den Bauherren mit dem Wissen in dem Gebiet gebaut worden, dass durch die Festsetzung als Dorfgebiet auch der ortstypischen dörflichen Struktur Rechnung getragen werde und sich dort jederzeit auch Weinbaubetriebe mit Beherbergung und Gastronomie ansiedeln könnten. Dies kann naturgemäß zur Folge haben, dass ein betriebliches Gebäude im Vergleich zu ihren eigenen Wohnhäusern eine größere Dimensionierung aufweist. In aller Regel ist dies unschädlich. Der Einwand der Antragsteller, es werde ein überdimensionierter Fremdkörper entstehen, trifft nicht zu (vgl. hierzu bereits die Feststellungen des Senats zur fehlenden Antragsbefugnis). Im Übrigen macht allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin auch anders hätte planen können, den Bebauungsplan noch nicht abwägungsfehlerhaft.
- 73
Ferner ist mit Bezug auf die Vergrößerung des Plangebiets auch kein materieller Abwägungsfehler gegeben. Eine inhaltliche Prüfung von Standortalternativen hat stattgefunden, eine andere als die gewählte Lösung musste sich nicht aufdrängen (vgl. hierzu OVG RP, Urteil vom 6. Oktober 2011 – 1 C 11322/10.OVG −, juris). Die Antragsgegnerin ist insoweit nachvollziehbar zu dem Resultat gelangt, dass aufgrund der extremen Hanglage und in Abstimmung mit dem Landesamt für Geologie und Bergbau ein Standort im Ortsteil S... nicht in Betracht kommt. Als weitere Alternative gebe es lediglich noch Flächen im Ortsteil S... im Anschluss an das Baugebiet. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand. Dies gilt umso mehr, als die aus der Parzelle Nr. ... bestehende Erweiterungsfläche geringfügig ist und zum Teil eine private Grünfläche festgesetzt wurde.
- 74
Aus einem auf Artikel 14 Abs. 1 GG resultierenden fortwirkenden oder erweiterten Bestandsschutz vermögen die Antragsteller ebenfalls kein für sie günstigeres Resultat herzuleiten, da die sich hieraus ableitbaren Rechtspositionen sich nicht darauf erstrecken, Bebauungsmöglichkeiten auf anderen Grundstücken zu verhindern.
- 75
7. Da auch die baugestalterische Festsetzung einer niedrigeren Dachneigung einer materiell-rechtlichen Nachprüfung standhält, ist der Normenkontrollantrag insgesamt unbegründet.
- 76
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
- 77
Gründe für die Nichtzulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
- 78
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30 000 Euro (3 x 10 000 Euro) festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, LKRZ 2014, 169).
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Der Antrag, die 2. Änderungssatzung des Bebauungsplans „I… d… M…“ der Antragsgegnerin vom 15. April 2014 für unwirksam zu erklären, wird abgelehnt.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit einer Bebauungsplanänderung zur Ermöglichung der Errichtung eines Winzerbetriebs mit Fremdenpension.
- 2
Die Antragsteller sind Eigentümer von Grundstücken in S..., Ortsteil S... . Den Antragstellern zu 1) gehört die Parzelle Nr. …/… (K… Straße …), den Antragstellern zu 2) die Parzelle Nr. …/… (K… Straße …) und der Antragstellerin zu 3) die Parzelle Nr. …/.. (I… W… …). Sämtliche Flurstücke sind mit Wohnhäusern bebaut und liegen im Geltungsbereich des 1997 in Kraft getretenen Bebauungsplans „I… d… M…“, der in nördlicher Richtung durch die Kr… Straße … begrenzt wird und ein Dorfgebiet ausweist. In der Planbegründung heißt es hierzu:
- 3
„Da in der Ortsgemeinde S... und insbesondere im Ortsteil S... noch landwirtschaftliche Betriebe anzutreffen sind und bei der relativ kleinen Ortslage nirgends die Abstände für ein immissionsfreies Wohnen gegeben sind, wird von der Ausweisung eines reinen oder allgemeinen Wohngebietes abgesehen. Bei der Ausweisung von Dorfgebiet ist somit auch der Erhalt und die Entwicklung der Betriebe nicht durch Abwehransprüche gefährdet. Außerdem entspricht die Ausweisung den Vorgaben des Flächennutzungsplanes der Verbandsgemeinde Cochem-Zell.“
- 4
Die Trauf- und Firsthöhe wurde auf 7 bzw. 13 m festgesetzt. Die zulässige Dachneigung lag zwischen 30 bis 45 Grad. 2006 änderte die Antragsgegnerin den Bebauungsplan erstmals und erweiterte das Plangebiet. Außerdem reduzierte sie die zulässige Firsthöhe auf 10 m. In der Begründung zur 1. Änderungsplanung führte die Antragsgegnerin aus, es sei beabsichtigt, die wohnbauliche Entwicklung der Gemeinde auszubauen.
- 5
Unter dem 13. November 2012 fasste der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Beschluss, die Mindestdachneigung im gesamten Plangebiet auf 20 Grad zu reduzieren. Vorausgegangen war ein Antrag der Antragsteller zu 2), die zu diesem Zeitpunkt ihr Wohnhaus noch nicht errichtet hatten und das Vorhaben im Bungalowstil mit einer Dachneigung von 25 Grad verwirklichen wollten. Am 16. Juli 2013 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin darüber hinaus, die etwa 839 m² große Weinbauparzelle Nr. … in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einzubeziehen. In einem ca. 2886 m² großen Teilgebiet, das aus diesem Flurstück sowie den gemeindeeigenen Parzellen Nrn. …/…, …/… und …/… (Bereich MD 1) besteht, wurde die Trauf- und Firsthöhe auf 9 bzw. 12 m erhöht. Außerdem verlegte man private Grünflächen auf die Parzelle Nr. … und vergrößerte im nordwestlichen Teil des Bebauungsplans die überbaubare Grundstücksfläche. Anlass war die Absicht des ortsansässigen Winzers T... D..., auf den vorgenannten Grundstücken einen neuen Betrieb mit ca. 10 Gästezimmern zu errichten. Die nochmalige Erweiterung des Plangebietes wurde dabei für notwendig gehalten, damit das geplante Vorhaben die festgesetzte Grundflächenzahl von 0,4 und die Geschossflächenzahl von 0,8 einhalten konnte. Die Durchführung der Planänderungen erfolgte im vereinfachten Verfahren.
- 6
Am 19. August 2013 unterzeichnete der Ortsbürgermeister den Bekanntmachungstext zur Beteiligung der Öffentlichkeit, der am 23. August 2013 im Mitteilungsblatt der Verbandsgemeinde Cochem veröffentlicht wurde und auszugsweise wie folgt lautet:
- 7
„Der Bebauungsplanentwurf II. vereinfachte Änderung und Erweiterung des Bebauungsplanes „I... d... M...“ der Ortsgemeinde S... liegt bis Montag, den 23.09.2013, bei der Verbandsgemeindeverwaltung Cochem, Zimmer 101, Markt 1(Rathaus der Stadt Cochem), 56812 Cochem, während der Dienststunden (Montag bis Freitag von 08.00 bis 12.00 und von Montag bis Mittwoch von 14.00 bis 16.00 Uhr, am Dienstleistungsabend Donnerstag bis 18.00 Uhr) öffentlich aus. Betroffenen Bürgern werden die Ziele und Zwecke der Planung dargelegt. Hierbei wird jedem Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.“
- 8
Im Rahmen der Offenlage erhoben die Antragsteller Einwände gegen die Planung. Am 15. April 2014 befand der Gemeinderat der Antragsgegnerin über die vorgetragenen Bedenken und beschloss und den Änderungsplan als Satzung. Nach erfolgter Ausfertigung machte die Antragsgegnerin ihn am 18. Juli 2014 bekannt.
- 9
Bereits zuvor, am 6. April 2014, hatte die Kreisverwaltung Cochem-Zell Herrn D... einen positiven Bauvorbescheid für sein beabsichtigtes Vorhaben erteilt und darin festgestellt, dass „die beabsichtigte Errichtung eines Winzerbetriebs mit angeschlossener Pension in der Gemarkung S..., Flur …, Flurstück Nr. …/…, …/…, …/… (…) im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung zulässig ist“. Die hiergegen nach einem erfolglos gebliebenen Widerspruchsverfahren erhobene Klage der Antragsteller wies das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 31. März 2015 (4 K 585/14.KO) ab.
- 10
Zur Begründung ihres am 10. Juli 2015 gestellten Normenkontrollantrags machen die Antragsteller geltend:
- 11
Der angegriffene Änderungsbebauungsplan leide zunächst an beachtlichen formellen Fehlern. So seien die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 13 Abs.1 BauGB nicht gegeben, da durch die Planänderung Grundzüge der Planung berührt würden. Sinn des Bebauungsplans in seiner ursprünglichen Fassung sei nämlich die Entstehung eines Wohngebiets gewesen, auch wenn man ein „Dorfgebiet“ festgesetzt habe. Diese Formulierung sei zum Zweck der Herabsenkung des Lärmschutzniveaus im Plangebiet nur vorgeschoben und stelle einen Etikettenschwindel dar. Der Ansiedlung von Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe habe die geringe Größe der Grundstücke sowie deren geringe bauliche Ausnutzbarkeit entgegengestanden, weshalb die Realisierung einer Mischnutzung durch die materiellen Festsetzungen des Bebauungsplanes erfolgreich verhindert worden sei. Diese Tendenz habe die Antragsgegnerin mit der ersten Planänderung fortgeschrieben, indem sie die Nutzungsmaße noch einmal reduziert und dies unter anderem mit dem weiteren Ausbau der wohnbaulichen Entwicklung begründet habe. Von der bislang tragenden Plankonzeption werde nunmehr abgewichen, da die Antragsgegnerin erstmals eine gegenteilige Entwicklung einleite und einen gebietsfremden, die Wohnnutzung störenden Gewerbebetrieb ermögliche. Ferner liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 Satz 2 Baugesetzbuch – BauGB – vor, weil die Antragsgegnerin Ort und Dauer der Auslegung nicht mindestens eine Woche vor ihrem Beginn ortsüblich bekannt gemacht habe. Die Notwendigkeit der Umwandlung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen in Bauland dürfe zudem nur ausnahmsweise erfolgen und müsse gemäß § 1a Abs. 2 Satz 4 BauGB besonders begründet werden.
- 12
Weiterhin sei die Planung nicht im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich gewesen, da sie sich ausschließlich an den Wünschen und Bedürfnissen des künftigen Bauherrn orientiere. Für das Vorliegen einer unzulässigen Gefälligkeitsplanung spreche, dass mit ihr allein die Nutzungsmaße im Geltungsbereich des geplanten Vorhabens erhöht würden, während für alle anderen Grundstücke nach wie vor die reduzierten Maße der ersten Planänderung maßgebend seien.
- 13
Abgesehen davon habe die Antragsgegnerin das Gebot der Ermittlung und der zutreffenden Bewertung der abwägungserheblichen Belange gemäß § 2 Abs. 3 BauGB verletzt. In diesem Zusammenhang sei zunächst nicht berücksichtigt und bewertet worden, dass mit dem durch die Planänderung ermöglichten Winzer- und Pensionsbetrieb eine erheblich belastende Lärmquelle in einer ruhigen Wohngegend zugelassen werde. Insbesondere hätte die Störungsintensität des hinzutretenden Betriebs ermittelt und abgewogen werden müssen. Nicht einbezogen und gewürdigt seien darüber hinaus die Belange des Umwelt- und Naturschutzes gemäß § 1a Abs. 2 BauGB. Darüber hinaus rechtfertige die Gigantonomie eines Bauherrn allein nicht die Einbeziehung eines bisherigen Außenbereichsgrundstücks. Hinzu komme, dass die Antragsgegnerin die Entsorgung der grob belastenden Abwässer der geplanten Kellerei sowie den durch die Ermöglichung eines überdimensionierten Baukörpers hervorgerufenen Nutzungskonflikt planerisch unbewältigt gelassen habe.
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Nach allem erweise sich die Bauleitplanung auch wegen Verstoßes gegen das Gebot der rechtmäßigen Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB als materiell fehlerhaft. Der ursprüngliche Bebauungsplan in der Fassung der 1. Planänderung werde durch die 2. Planänderung in sein Gegenteil verkehrt. Sie – die Antragsteller – hätten im Vertrauen auf die Beständigkeit der Planung und der aufgrund dieser Planung eingesetzten Entwicklung zu einem reinen Wohngebiet mit erheblichem finanziellen Aufwand Grundstücke erworben und mit Wohnhäusern bebaut, die jetzt völlig entwertet seien. Das Planungshandeln der Antragsgegnerin erweise sich als widersprüchlich und verstoße gegen das Gebot konsequenten Verwaltungshandelns. Zudem habe man den Belang des fortwirkenden und erweiternden Bestandsschutzes nicht beachtet.
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Die Antragsteller beantragen,
- 16
die 2. Änderung und Erweiterung des Bebauungsplans „I... d... M...“ der Antragsgegnerin vom 15. April 2014 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Normenkontrollantrag abzulehnen.
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Sie tritt den Darlegungen der Antragsteller mit eigenen Ausführungen entgegen und vertritt die Auffassung, dass der Antrag bereits unzulässig sei. Mit ihren Grundstücken lägen sie außerhalb des Änderungsbereichs der Bauleitplanung, sodass sie nicht unmittelbar plangebetroffen seien und es allein darauf ankomme, ob abwägungsrelevante Belange hätten berücksichtigt werden müssen. Das sei jedoch nicht der Fall, da die Art der Nutzung von der Änderung des Bebauungsplanes unberührt bleibe. Lediglich die Festsetzung höherer Trauf- und Firsthöhen könne gewisse Auswirkungen nach sich ziehen, die aber vorliegend nicht gravierend seien. Außerdem verbleibe den Nachbarn der Schutz der Abstandsflächen. Überdies hätten die Antragsteller für die Verfolgung ihres Begehrens kein Rechtsschutzinteresse. Denn das Verwaltungsgericht habe ihre Klage gegen den erteilten Bauvorbescheid abgewiesen. Dies bedeute, dass das Vorhaben des Herrn D... selbst im Fall der Unwirksamkeit des hier angegriffenen Änderungsplans nicht mehr angreifbar sei und sie sich damit keine Vorteile verschaffen könnten.
- 20
Ungeachtet dessen sei der Normenkontrollantrag aber auch unbegründet. Anders als die Antragsteller meinten seien die Voraussetzungen für die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens nach § 13 BauGB erfüllt. Die Planänderung bestehe nämlich lediglich aus einer geringfügigen Erweiterung des Plangebiets, der Zulassung niedrigerer Dachneigungen und – auf einer Teilfläche – der Festsetzung einer jeweils 2 m höheren Trauf- und Firsthöhe. Auch lägen keine Fehler bei der Bekanntgabe von Ort und Dauer der Offenlage vor. Zwar sei die Wochenfrist des § 3 Abs. 2 BauGB nicht eingehalten worden, im vereinfachten Verfahren könne jedoch stattdessen der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Letzteres sei hier geschehen.
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Die Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB stehe außer Frage. Vor allem dürfe eine Gemeinde auch gewichtige private Interessen zum Anlass einer Bauleitplanung nehmen. Der Vorwurf einer Gefälligkeitsplanung sei auch deshalb unberechtigt, weil die Ansiedlung eines Winzerbetriebes der planerischen Vorgabe der Art der baulichen Nutzung entspreche und es sich vorliegend um einen Angebotsbebauungsplan handele. Insoweit falle im Übrigen wiederum ins Gewicht, dass die 2. Änderung des Bebauungsplanes überhaupt keine Regelung zur Nutzungsart treffe.
- 22
Aus dem gleichen Grund sei zugleich kein Verstoß gegen abwägungserhebliche Gesichtspunkte gegeben. Nicht die zweite Planänderung ermögliche die Ansiedlung eines in einem Dorfgebiet zulässigen Betriebes. Dies habe vielmehr schon der ursprüngliche Bebauungsplan getan. Ungeachtet dessen hätten sich die Antragsteller aus eigenem Entschluss in einem förmlich festgesetzten Dorfgebiet angesiedelt. Deshalb seien sie insofern dort nicht schutzwürdig. Aus der Planbegründung ergebe sich zudem, dass sehr wohl eine Abwägung des Eingriffs durch die Erstreckung des Bebauungsplans auf die Parzelle Nr. ... vorgenommen worden sei. Zwar vergrößere sich das Plangebiet geringfügig, die Grünflächen würden jedoch nicht verändert. Wegen der Flächenbilanzierung im ersten Plan werde der Eingriff innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplans überdies kompensiert.
- 23
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte, den Planaufstellungsunterlagen (4 Hefte und 1 Planurkunde), den Verwaltungs- und Widerspruchsvorgängen der Kreisverwaltung Cochem-Zell (6 Hefte) sowie der Akte 4 K 585/14.KO, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
- 24
Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg.
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I. Das Begehren der Antragsteller, die 2. Änderung des von ihnen angegriffenen Bebauungsplans für unwirksam zu erklären, ist wegen fehlender Antragsbefugnis unzulässig.
- 26
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nur derjenige antragsbefugt, der geltend macht, durch Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplanes oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit zu werden. Dazu muss ein Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vortragen, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen der angegriffenen Satzung in einer eigenen Rechtsposition verletzt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998 – 4 CN 2/98 −, BVerwGE 107, 215; OVG RP, Urteil vom 7. Dezember 2011 – 1 C 10352/11.OVG −, juris).
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Eine Rechtsverletzung kommt dabei stets dann in Betracht, wenn sich der Eigentümer oder eine ihm gleichgestellte Person gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar ihr im Plangebiet gelegenes Grundstück betrifft. Dies beruht auf der Erwägung, dass es sich bei den Regelungen eines Bebauungsplans um Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Sinne des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz – GG – handelt. Beschränkungen, die sich hieraus für die Nutzung des Grundeigentums ergeben, braucht der Eigentümer nur hinzunehmen, sofern der als Satzung erlassene Plan rechtmäßig ist. Ob dies der Fall ist, kann er im Normenkontrollverfahren überprüfen lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2002 – 4 BN 2/02 −, juris). Wird der Bebauungsplan, der das Grundstück erfasst, indessen so geändert, dass dieses von den neuen Festsetzungen unberührt bleibt, ist eine Verletzung des Grundeigentums dagegen ausgeschlossen. Die Festsetzungen für das Grundstück – also die Festsetzungen, die das Grundeigentum bestimmen, sind bereits in dem früheren Bebauungsplan getroffen worden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. November 2012 – 4 BN 23.12 −, siehe auch VGH BW, Urteil vom 20. März 2013 – 5 S 1126/11 −, jeweils juris).
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Darüber hinaus lässt sich eine Antragsbefugnis für Planbetroffene aus einer möglichen Verletzung des Abwägungsgebots (vgl. § 1 Abs. 7 Baugesetzbuch – BauGB −) herleiten. Eine so begründete schützenswerte Rechtsposition reicht weiter als die wegen einer möglichen Eigentumsverletzung in Betracht kommende Antragsbefugnis, weil dem Abwägungsgebot ein drittschützender Charakter zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 1998, a.a.O.). In die Abwägung einzustellen sind allerdings nur schutzwürdige Belange, die gerade durch die Planänderung berührt werden. Die Belange der Ursprungsplanung sind demgegenüber grundsätzlich nicht mehr in den Blick zu nehmen und gegen- und untereinander abzuwägen (BVerwG, Beschluss vom 13. November 2012, a.a.O.; VGH BW, Urteil vom 20. März 2013, a.a.O.).
- 29
Vor diesem Hintergrund lassen die bauplanerischen Festsetzungen der angegriffenen Änderungssatzung (Erweiterung des Plangebiets und damit einhergehend Vergrößerung der überbaubaren Grundstücksfläche und Verlegung von Grünflächen sowie Veränderung der Trauf- und Firsthöhe) eine Rechtsverletzung der Antragsteller nicht erkennen. Auf eine allein in Betracht kommende Verletzung des Abwägungsgebots können diese sich − ihre Grundstücke liegen sämtlich außerhalb des Geltungsbereichs der vorgenannten Regelungen − nicht mit Erfolg berufen. Die planungsrechtlich geschützten Belange einer ausreichenden Besonnung, Belichtung und Belüftung sind im Hinblick auf ihre eigenen Parzellen ersichtlich gewahrt. So beträgt die Entfernung der überbaubaren Bereiche des Planänderungsgebiets zu den Parzellen Nrn. .../... und .../... der Antragsteller zu 1) und 2) jeweils ca. 11,5 m sowie zur Parzelle Nr. …/… der Antragstellerin zu 3) sogar ca. 25 m. Das vorhandene Wohngebäude auf der Parzelle Nr. …/… steht überdies teilweise, dasjenige auf der Parzelle Nr. …/… sogar vollständig versetzt zu den gegenüberliegenden Parzellen Nrn. …/…, …/… und …/…. Insbesondere enthalten die angesprochenen Festsetzungen keine Verkürzung der Abstandsflächen gemäß der bauordnungsrechtlichen Bestimmung des § 8 LBauO. Von einer unzumutbaren „erdrückenden Wirkung“ der durch die Änderung ermöglichten Vorhaben kann unter diesen Umständen ebenfalls ersichtlich keine Rede sein. Ebenso ist eine Abwägungserheblichkeit von etwaigen Einsichtnahmemöglichkeiten angesichts der hier vorliegenden Sachlage zu verneinen (vgl. dazu OVG RP, 7. Dezember 2011 – 1 C 10352/11.OVG −, ESOVGRP).
- 30
Ein „Kippen“ des Gebietscharakters zu Lasten der Antragsteller gerade durch die streitgegenständlichen Regelungen droht nicht. Die angefochtene Satzung enthält keine Neuregelung zur Art der zulässigen Nutzung. Davon abgesehen hat die Antragsgegnerin in ihrer Abwägungsentscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass noch zahlreiche Bauplätze unbebaut seien und eine Entwicklung hin zu einem Dorfgebiet trotz der bisher erfolgten tatsächlichen Bebauung mit Wohnhäusern weiterhin möglich ist.
- 31
Schließlich lässt sich aus der von den Antragstellern befürchteten Zunahme der Verkehrsimmissionen keine Antragsbefugnis herleiten.
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Zwar gehört eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms grundsätzlich zum Abwägungsmaterial (vgl. VGH BW, Urteil vom 12. Juni 2012 – 8 S 1337/10 −, VBlBW 2012, 421), allerdings muss dieser Belang dann nicht in die Abwägung eingestellt werden, wenn der Lärmzuwachs nur geringfügig ist oder sich nur unwesentlich auf das Nachbargrundstück auswirkt. Ob vermehrte Verkehrslärmbeeinträchtigungen mehr als geringfügig zu Buche schlagen, lässt sich nicht anhand fester Maßstäbe beurteilen. Es bedarf vielmehr einer wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der jeweiligen Vorbelastung und der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets (BVerwG, Beschluss vom 20. Juli 2011 – 4 BN 22.11 −, BRS 78 Nr. 71, Beschluss vom 24. Mai 2007 – 4 BN 16.07 – ZfBR, 580)
- 33
Dies vorausgeschickt liegen schon keine greifbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass eine etwaige ins Gewicht fallende Zunahme der Geräuschimmissionen überhaupt auf die in der Planänderung getroffenen Festsetzungen zurückzuführen ist. Zudem sind Winzerbetriebe mit angeschlossener Pension in einem Dorfgebiet ohne weiteres zulässig (vgl. den Katalog des § 5 BauNVO). Daraus folgt, dass hier von vornherein mit einem höheren Anliegerverkehr gerechnet werden muss. Dass der Verkehr abwägungserhebliche Lärmkonflikte hervorrufen könnte, ist im Übrigen von den Antragstellern nicht ausreichend dargelegt worden. Die Antragsteller übersehen in diesem Zusammenhang, dass ein Anspruch auf Fortbestand oder Aufrechterhaltung einer für sie bestehenden günstigen Verkehrssituation grundsätzlich nicht gegeben ist.
- 34
Ferner stellen die Auswirkungen, die die Errichtung von baulichen Anlagen in der Umgebung eines Grundstücks auf den Verkehrswert haben, für sich betrachtet keine für die planerische Abwägung erheblichen Belange dar (vgl. OVG RP, Urteil vom 4. Februar 2011 – 1 C 10610/10.OVG −, ESOVGRP).
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Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die tatsächlich als baugestalterische Festsetzung im Sinne des § 88 Abs. 1 Nr. 2 LBauO anzusehende Verringerung der zulässigen Mindestdachneigung von 30 auf 20 Grad.
- 36
In diesem Zusammenhang ist vorweg klarzustellen, dass es sich hierbei trotz der gemäß §§ 9 Abs. 4 BauGB, 88 Abs. 6 LBauO erfolgten Aufnahme in den Bebauungsplan um eine selbstständige bauordnungsrechtliche Regelung handelt, deren Wirksamkeit unabhängig von den in der Änderungssatzung enthaltenen bauplanerischen Festsetzungen einer eigenständigen rechtlichen Beurteilung unterliegt. Die Annahme einer möglichen Rechtsbeeinträchtigung der Antragsteller insoweit würde daher lediglich dazu führen, dass wegen der ansonsten fehlenden Antragsbefugnis nur diese Festsetzung einer inhaltlichen Überprüfung unterzogen werden könnte.
- 37
Allerdings lässt sich aus der Verringerung der Dachneigung ebenfalls keine Antragsbefugnis für die Antragsteller herleiten. Dabei lässt der Senat offen, ob eine solche Bewertung schon deshalb angezeigt erscheint, weil die ihre eigenen Grundstücke unmittelbar betreffende Planänderung die private Nutzungsmöglichkeit ihrer eigenen Grundstücke weder festschreibt, noch aufhebt oder einschränkt, sondern vielmehr im Gegenteil erweitert. Jedenfalls haben die Antragsteller insoweit ihrer Darlegungspflicht nicht genügt, da sie keine hinreichend substantiierten Tatsachen vorgetragen haben, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie gerade (auch) durch diese Festsetzung in einem subjektiven Recht verletzt sein könnten. Hinzu kommt, dass die Änderung nicht in einer ursächlichen Beziehung zu den mit dem Normenkontrollantrag angefochtenen planungsrechtlichen Änderungen steht. Sie ist allein von den Antragstellern zu 2) veranlasst worden, um auf ihrer eigenen Grundstücksparzelle einen Bungalow mit einer geringeren Dachneigung zu errichten.
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Inwieweit den vorgenannten beiden Antragstellern deshalb die Geltendmachung einer Rechtsverletzung gemäß dem auch im öffentlichen Recht zur Anwendung kommenden Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt eines unzulässigen „venire contra factum proprium“ verwehrt ist, braucht der Senat nach allem nicht mehr abschließend zu entscheiden.
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II. Dessen ungeachtet ist der Normenkontrollantrag aber auch unbegründet.
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Die streitgegenständliche 2. Änderung des Bebauungsplans „I... d... M...“ weist keine rechtserheblichen Fehler auf. Dabei kommt es für die Begründetheit eines Normenkontrollantrages – anders als bei sogenannten Individualklagen in Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO – nicht darauf an, ob der jeweilige Antragsteller selbst in subjektiven Rechten tatsächlich verletzt ist.
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1. Der Bebauungsplan ist zunächst nicht deswegen fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin − wie die Antragsteller vortragen − die Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren nach § 13 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 Baugesetzbuch – BauGB –, der über § 88 Abs. 6 LBauO auch für gestalterische Festsetzungen gilt, zu Unrecht angenommen hat.
- 42
a) Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung setzt voraus, dass bei der Änderung oder Ergänzung eines Bauleitplans die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Darüber hinaus darf die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung − UVPG −, oder nach Landesrecht unterliegen, nicht vorbereitet oder begründet werden (Nr. 1) und es dürfen keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b) BauGB genannten Schutzgüter bestehen (Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
- 43
Entgegen der Rechtsauffassung der Antragsteller berührt die Änderungsplanung insbesondere keine Grundzüge der Planung.
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Nach § 13 BauGB ist es zulässig, ein vereinfachtes Planänderungsverfahren durchzuführen, wenn die Änderung das der bisherigen Planung zugrunde liegende Leitbild nicht verändert, wenn also der planerische Grundgedanke erhalten bleibt. Abweichungen von minderem Gewicht, die die Planungskonzeption des Bebauungsplanes unangetastet lassen, berühren die Grundzüge der Planung nicht. Ob eine Abweichung in diesem Sinne von minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden planerischen Willen der Gemeinde (BVerwG, Beschluss vom 15. März 2000 – 4 B 18/00−,BauR 2001, 207f. m.w.N.).
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Unter Zugrundelegung dieser Kriterien beinhalten die hier vorgenommenen Änderungen der textlichen und zeichnerischen Festsetzungen einschließlich der geringfügigen Erweiterung des Plangebiets sowohl für sich betrachtet als auch in einer Gesamtschau keine Änderungen der planerischen Gesamtkonzeption, deren entscheidendes Kriterium die Ausweisung eines Dorfgebiets darstellt.
- 46
Soweit die Antragsteller demgegenüber meinen, mit der 2. Änderungsplanung werde nunmehr erstmals eine Entwicklung von einem Wohngebiet zu einer Mischnutzung eingeleitet, verkennen sie erneut, dass die Art der Nutzung nicht Gegenstand der im Streit stehenden Satzung ist. Davon abgesehen ist ihr rechtlicher Ansatz fehlerhaft. Aus der Planbegründung der Ursprungsfassung des Bebauungsplans ergibt sich dass die Ausweisung eines Wohngebiets von vornherein deshalb nicht gewollt war, um die Ansiedlung von immissionsträchtigen landwirtschaftlichen Betrieben zu ermöglichen und ihre Etablierung nicht durch Abwehransprüche der Eigentümer von Wohnbauten zu gefährden. Die missverständliche Formulierung in der Begründung zur 1. Planänderung, worin unter anderem auf den Ausbau der wohnbaulichen Entwicklung von S... abgestellt wurde, führt nicht zu einer abweichenden Betrachtung, da es bei der Festsetzung eines Dorfgebiets verblieb. Ebenso können die Antragsteller aus den zwischen 650 und 750 m² liegenden Grundstücksgrößen nicht die Schlussfolgerung ziehen, es sei nur die Entstehung eines Wohngebiets gewollt worden. Der Zuschnitt der Einzelparzellen gehört nicht zum Regelungsgehalt der Festsetzungen des Bebauungsplans. Im Übrigen können sich gerade auch auf kleineren Parzellen Betriebe ansiedeln, die für ein Dorfgebiet typisch sind.
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b) Unabhängig davon wäre ein etwaiger Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB unbeachtlich. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass eine Verletzung des § 13 Abs. 1 BauGB einen unbeachtlichen Verfahrensfehler darstellt, wenn nicht ein weiterer beachtlicher, in§ 214 Abs. 1 BauGB gesondert aufgeführter Verfahrensverstoß hinzutritt. Ein nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 BauGB beachtlicher Verfahrensverstoß ist dann gegeben, wenn die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung verletzt sind. Nach der internen Unbeachtlichkeitsklausel des Halbsatzes 2 dieser Vorschrift ist ein solcher Fehler jedoch unbeachtlich, wenn bei Anwendung des § 13 BauGB die Voraussetzungen für die Durchführung der Beteiligung lediglich „verkannt“ worden sind, die Gemeinde das Vorliegen der Voraussetzungen für ein vereinfachtes Verfahren also bloß fehlerhaft beurteilt, hingegen nicht wider besseres Wissen angenommen hat; nur ein solcher bewusster Verstoß gegen § 13 BauGB bliebe weiterhin beachtlich. Die interne Unbeachtlichkeitsklausel ist dabei auch neben ihrem unmittelbaren Abwendungsbereich entsprechend auf den Fall des wegen der irrigen Annahme, dass Grundzüge der Planung nicht berührt werden, fehlenden Umweltberichtes anzuwenden. Dies gilt allerdings nur, wenn die Durchführung einer Umweltprüfung nicht gemeinschaftsrechtlich geboten ist (vgl. zum Vorstehenden: BVerwG, Urteil vom 4. August 2009 – 4 CN 4/08 −, ZfBR 2009, 676und jurisRn. 18ff.). Im Fall der Antragsgegnerin ergeben sich schon deshalb keine Anhaltspunkte für eine nach Gemeinschaftsrecht erforderliche Umweltprüfung, weil die Änderung des Bebauungsplanes keine erheblichen Umweltauswirkungen nach sich zieht. Vor allem werden weder Vorhaben der Anlage 1 zum UVPG vorbereitet, noch sind Beeinträchtigungen der in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. b BauGB genannten Schutzgüter ersichtlich (vgl. zum Ganzen Artikel 3 der Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme – PlanUP-RL −). Auch kann nicht angenommen werden, dass die Antragsgegnerin das vereinfachte Verfahren gewählt hat, obwohl sie wusste, dass die Grundzüge der Planung betroffen sind (vgl. zum ganzen OVG RP, Urteil vom 20. Februar 2014 – 1 C 10824/14.OVG – und Urteil vom 24. März 2010 – 8 C 11202/09.OVG −, jeweils ESOVGRP), wenn man dies entgegen der hier vertretenen Auffassung zu ihren Gunsten einmal unterstellt.
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2. Der Antragsgegnerin ist mit Blick auf die planerischen Festsetzungen ferner kein Bekanntmachungsfehler bei der Auslegung der Planentwürfe unterlaufen.
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§ 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB bestimmt, dass im vereinfachten Verfahren der betroffenen Öffentlichkeit Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb angemessener Frist (Alt. 1) gegeben oder wahlweise die Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB (Alt. 2) durchgeführt wird. Der zuletzt genannten Vorschrift zufolge sind die Entwürfe der Bauleitpläne mit der Begründung für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen (Satz 1), wobei Ort und Dauer der Auslegung mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt gemacht werden müssen (Satz 2).
- 50
Zwar weisen die Antragsteller zutreffend darauf hin, dass die Bekanntmachung der Antragsgegnerin vom 23. August 2013 (Veröffentlichungsdatum des amtlichen Mitteilungsblatts) die Wochenfrist des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 BauGB nicht wahrt. Die Auslegung endete am 23. September 2013. Eine vorhergehende Ankündigung ihres Beginns von mindestens einer Woche ist unterblieben. Dies ist jedoch unschädlich, da die Antragsgegnerin hier von der Möglichkeit des § 13 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 BauGB Gebrauch gemacht hat. Dafür spricht die im Bekanntmachungstext erfolgter ausdrückliche Bezugnahme auf den eingeschränkten Personenkreis der „betroffenen Bürger“, womit eine Formulierung aufgegriffen wurde, die der bis 2004 geltenden Gesetzesfassung entspricht (Änderung in „betroffene Öffentlichkeit durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau [EAG Bau] vom 24. Juni 2004, vgl. BT-Dr. 15/2250, S. 43, 51), ohne dass eine hier relevante sachliche Änderung beabsichtigt war. Auch der Satz „Hierbei wird jedem …“ bezieht sich auf den vorstehend beschriebenen Personenkreis.
- 51
Dass – wie im Fall des § 13 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BauGB – die Beteiligung der betroffenen Öffentlichkeit in Form einer öffentlichen Auslegung stattgefunden hat, ist unschädlich. In welcher Form die Benachrichtigung vorgenommen wird, ist durch § 13 BauGB nicht vorgegeben und liegt im Ermessen der Gemeinde (Gierke in: Brügelmann, Kommentar zum BauGB, § 13 Rn. 96). Durch das Abstellen auf den Begriff der „Betroffenen“ im Bekanntmachungstext ist eine genügende Individualisierung des angesprochenen Personenkreises gegeben. Darüber hinaus wird auch der Zweck der individuellen Beteiligung (Beschaffung und Vervollständigung des notwendigen Abwägungsmaterials, frühzeitiges Einbringen der Interessen und Rechte des von der Planung berührten Personenkreises sowie gebotene Anhörung, aktive teilnehmende Beteiligung an dem Prozess der Vorbereitung politischer Planungsentscheidungen) in vollem Umfang erreicht.
- 52
3. Weiterhin dringen die Antragsteller nicht mit ihrem Einwand durch, die Antragsgegnerin habe die Einbeziehung der Parzelle Nr. ... in den Geltungsbereich des Bebauungsplans nicht genügend begründet.
- 53
Gemäß § 1a Abs. 2 Satz 4 BauGB soll die Notwendigkeit der Umwandlung landwirtschaftlich oder als Wald genutzter Flächen begründet werden; dabei sollen Ermittlungen zu den Möglichkeiten der Innenentwicklung zugrunde gelegt werden, zu denen insbesondere Brachflächen, Gebäudeleerstand, Baulücken und andere Nachverdichtungsmöglichkeiten zählen können.
- 54
Ob die Antragsgegnerin dieser besonderen Begründungspflicht genügt hat, kann offen bleiben. Denn die Bestimmung wurde durch das „Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts“ vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1548) in das Baugesetzbuch eingefügt und trat am 20. September 2013 in Kraft (vgl. Artikel 3 Abs. 1 des vorgenannten Gesetzes). Damit kommt aber die allgemeine Überleitungsnorm des § 233 Abs. 1 Satz 1 BauGB zum Tragen, wonach Verfahren, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, nach den bisherigen Rechtsvorschriften abgeschlossen werden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eingeleitet wurde die Änderung des Bebauungsplans zur Erweiterung des Plangebiets mit dem Planaufstellungsbeschluss vom 16. Juli 2013 und damit gerade vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 1a Abs. 2 Satz 4 BauGB. Eine Entscheidung der Antragsgegnerin, die neue Vorschrift schon im vorliegenden Aufstellungsverfahren anzuwenden (vgl. § 233 Abs. 1 Satz 2 BauGB), liegt nicht vor.
- 55
4. Die 2. Änderungsplanung ist ferner im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich.
- 56
Diese Vorschrift setzt der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung, für die das Abwägungsgebot (§§ 1 Abs. 7, 2 Abs. 3 BauGB) maßgeblich ist (BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 – 4 CN 6.11 – BauR 2013, 1402 m.w.N.). Was im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 17. September 2003 – 4 C 14.01 – BVerwGE 119, 25, 31). Nicht erforderlich ist demzufolge nur ein Bebauungsplan ohne positive Planungskonzeption, der ersichtlich der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder der die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag, weil er aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig ist (auch BVerwG, Urteil vom 27. März 2013, a.a.O.).
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Zwar darf eine Gemeinde eine Bauleitplanung nicht vorschieben, um allein private Interessen zu befriedigen. Allerdings ist es ihr nicht verwehrt, hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass ihrer Planung zu nehmen und sich dabei auch an den Wünschen des Grundstückseigentümers zu orientieren, sofern sie nur zugleich städtebauliche Belange und Zielsetzungen erfüllt (vgl. z.B. VGH BW, Urteil vom 3. August 2012 – 5 S 1444/10 – m.w.N., juris,). Ein Zusammenwirken mit privaten Investoren bei der Einleitung und Aufstellung der Bauleitpläne widerspricht daher grundsätzlich nicht § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Dies bestätigen auch die Vorschriften über den Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 BauGB (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 1 Nr. 34).
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Ausgehend hiervon beruht die streitige Änderung des Bebauungsplans „I... d... M...“ auf einer von städtebaulich legitimen Zielen getragenen positiven Planungskonzeption. Die Antragsgegnerin will ausweislich der Planbegründung auf einer Teilfläche eine Winzerstelle verbunden mit einer Gästebeherbergung realisieren. Dabei hat sie den ortsansässigen Betrieb D... im Blick, deren Standort sie in S... sichern will. Dies kommt auch in dem zwischen ihr und dem Betrieb unter dem 23. Juli 2013 abgeschlossenen städtebaulichen Vertrag gemäß § 11 BauGB zum Ausdruck. Aus der Kostenübernahme lässt sich insbesondere nicht herleiten, dass ausschließlich im privaten Interesse gehandelt wird. Insgesamt verfolgt die Antragsgegnerin vielmehr den städtebaulich legitimen Belang der Wirtschaft bzw. der Landwirtschaft (§ 1 Abs. 6 Nr. 8 a und b BauGB), indem sie infrastrukturelle Standortpolitik nicht nur, aber vorrangig zugunsten des Betriebs D... betreibt (vgl. dazu auch OVG NW, Urteil vom 13. September 2012 – 2 D 38/11 NE −). Eine unzulässige Gefälligkeitsplanung liegt darin nicht. Ein Bebauungsplan ist auch dann an bodenrechtlich relevanten Ordnungskriterien ausgerichtet und entspricht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, wenn er − wie hier − auch den Wünschen eines privaten Gewerbetreibenden im Sinne einer Standortpolitik entgegenkommt und dieser womöglich den Anstoß für die Planung gegeben hat (vgl. insoweit BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 1999 − 4 BN 15.99 −, BRS 62 Nr. 19; OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2012 − 2 B 379/12.NE −).
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Für die Annahme eines die städtebauliche Erforderlichkeit beseitigenden Etikettenschwindels, der nur dann vorliegt, wenn eine planerische Festsetzung nicht dem entspricht, was von der Gemeinde tatsächlich gewollt wird, sondern nur vorgeschoben ist, um das eigentliche (unzulässige) Planungsziel zu verdecken, ist hier kein Raum.
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5. Der Antragsgegnerin ist im Hinblick auf die in die Abwägung einzustellenden Belange kein nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3 BauGB beachtlicher und nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich gebliebener Ermittlungs- oder Bewertungsfehler unterlaufen.
- 61
Dieses nunmehr als Verfahrensnorm ausgestaltete Gebot tritt selbständig vor die (inhaltlichen) Anforderungen an die verhältnismäßige Gewichtung und den gerechten Ausgleich der konkurrierenden Belange gemäß § 1 Abs. 7 BauGB (vgl. OVG RP, Urteile vom 06. Mai 2009 – 1 C 10970/08.OVG –; vom 31. Juli 2008 – 1 C 10193/08.OVG –, vom 18. Juni 2008 – 8 C 10128/08.OVG –, jeweils ESOVGRP). Inhaltlich entspricht § 2 Abs. 3 BauGB der früheren sich aus dem Abwägungsgebot ergebenden Rechtslage, nach der die Berücksichtigung aller bedeutsamen Belange in der Abwägung zunächst deren ordnungsgemäße Ermittlung und zutreffende Bewertung voraussetzt (BVerwG, Urteil vom 09. April 2008 – 4 CN 1/07 –, DVBl. 2008, 859; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/2250, S. 42). Die Bewertung nach dieser Vorschrift bedeutet daher vor dem Hintergrund einer noch vorzunehmenden Abwägungsentscheidung die Feststellung des jeweiligen Gewichts der abwägungserheblichen Belange. Daher sind Art und Ausmaß des Berührtseins des Belangs durch die betreffende Bauleitplanung sowie das Gewicht des jeweiligen Belangs im Verhältnis zu seiner Betroffenheit zu ermitteln und zu bewerten. Ebenso wie dem Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB kommt damit bereits den vorgelagerten Ermittlungs- und Bewertungspflichten nach § 2 Abs. 3 BauGB besondere Bedeutung im Rahmen der inhaltsbestimmenden Funktion der Bauleitplanung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Grundgesetz – GG − zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 2 BvR 397.82 –, juris).
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Den Planaufstellungsunterlagen lässt sich entnehmen, dass die abwägungserheblichen Belange hier ausreichend ermittelt und bewertet worden sind.
- 63
a) Dass zunächst der Umfang des Verkehrslärms, der von den durch die Planung ermöglichten An- und Abreiseverkehr der Gäste eines Pensions- und Winzerbetriebs ausgeht, nicht näher ermittelt zu werden brauchte, ergibt sich bereits aus den Feststellungen des Senats zur Zulässigkeit des Antrages. Die von einem Winzerbetrieb mit Gästeunterbringung als solche ausgehenden Lärmimmissionen brauchten aufgrund der hier allenfalls in Betracht kommenden Größenordnung und des vorhandenen Gebietscharakters, der von der Planänderung unberührt blieb, nicht besonders untersucht und bewertet werden.
- 64
b) Auch hat der Antragsteller bei der Ausdehnung des Baugebiets auf die Parzelle Nr. ... die sich aus § 1a Abs. 2 Sätze 2 und 3 BauGB ergebenden Belange des Umwelt- und Naturschutzes ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt.
- 65
Darin ist geregelt, dass mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden soll; dabei sind zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen, Nachverdichtung und andere Maßnahmen zur Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang umgenutzt werden.
- 66
Aus den Verfahrensakten ergibt sich, dass der Antragsgegnerin die bisherige landwirtschaftliche Nutzung der Parzelle Nr. ... bekannt war. Sie hat zudem geprüft, ob ein „notwendiger“ Bedarf für die Einbeziehung der Außenbereichsfläche vorliegt. So heißt es in dem Beschluss über die eingegangenen Anregungen und Bedenken (vgl. Bl. 58 der Planänderungsakte), dass im Zusammenhang mit der Erweiterung bzw. Aussiedlung des Betriebes D... bereits ein alternativer Standort im Ortsteil S... untersucht worden sei.
- 67
c) Unerheblich ist des Weiteren die Rüge der Antragsteller, die Belange des Umweltschutzes hätten deshalb nicht unberücksichtigt bleiben dürfen, weil die Antragsgegnerin die Entsorgung der hoch belasteten Abwässer der geplanten Kellerei planerisch nicht bewältigt habe. Es bestand nämlich keine Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Frage der Abwasserbeseitigung abschließend im Bebauungsplanverfahren zu regeln, da sie auf das nachfolgende Baugenehmigungsverfahren verlagert werden konnte, was unproblematisch dann zulässig ist, wenn – wie hier – keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die dadurch aufgeworfenen Probleme nicht auf der Ebene des Verwaltungsvollzugs lösbar sind (vgl. HessVGH, Urteil vom 29. Januar 2004 – 3 N 2764/02 −, juris). Welche Anforderungen insoweit zu stellen sind, lässt sich erst nach Vorlage eines Bauantrages zuverlässig beurteilen.
- 68
d) Auch trifft es nicht zu, dass die Antragsgegnerin einen sich aus der Ermöglichung eines überdimensionierten Bauvorhabens ergebenden Nutzungskonflikt im Bebauungsplan rechtswidrig unbewältigt gelassen habe. Auch insoweit sind etwaige Konflikte – für die der Senat hier allerdings keine greifbaren Anhaltspunkte sieht – im Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung lösbar.
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6. Schließlich verstoßen die planerischen Festsetzungen nicht gegen die Abwägungspflichten des § 1 Abs. 7 BauGB.
- 70
Das in dieser Vorschrift normierte Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung ein Belang nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss; ferner dann, wenn die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt oder wenn ein Ausgleich zwischen ihm und unverhältnismäßiger Art und Weise vorgenommen worden ist. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. OVG RP, Urteil vom 15. November 2012 – 1 C 10412/12.OVG – m.w.N., ESOVGRP).
- 71
Wie oben festgestellt, ist die Antragsgegnerin dem in den vorerwähnten Abwägungsgrundsätzen enthaltenen Gebot der Ermittlung und zutreffenden Bewertung der abwägungserheblichen Belange nachgekommen. Ein darüber hinausgehender Abwägungsmangel ist nicht vorhanden.
- 72
Die Antragsgegnerin durfte den Belangen der Wirtschaft und der Landwirtschaft den Vorrang vor den anderen Belangen geben. Namentlich wurden die privaten Belange der Antragsteller fehlerfrei abgewogen. In nicht zu beanstandender Weise hat die Antragsgegnerin in ihrer Abwägungsentscheidung darauf verwiesen, die bisher errichteten Wohngebäude seien von den Bauherren mit dem Wissen in dem Gebiet gebaut worden, dass durch die Festsetzung als Dorfgebiet auch der ortstypischen dörflichen Struktur Rechnung getragen werde und sich dort jederzeit auch Weinbaubetriebe mit Beherbergung und Gastronomie ansiedeln könnten. Dies kann naturgemäß zur Folge haben, dass ein betriebliches Gebäude im Vergleich zu ihren eigenen Wohnhäusern eine größere Dimensionierung aufweist. In aller Regel ist dies unschädlich. Der Einwand der Antragsteller, es werde ein überdimensionierter Fremdkörper entstehen, trifft nicht zu (vgl. hierzu bereits die Feststellungen des Senats zur fehlenden Antragsbefugnis). Im Übrigen macht allein der Umstand, dass die Antragsgegnerin auch anders hätte planen können, den Bebauungsplan noch nicht abwägungsfehlerhaft.
- 73
Ferner ist mit Bezug auf die Vergrößerung des Plangebiets auch kein materieller Abwägungsfehler gegeben. Eine inhaltliche Prüfung von Standortalternativen hat stattgefunden, eine andere als die gewählte Lösung musste sich nicht aufdrängen (vgl. hierzu OVG RP, Urteil vom 6. Oktober 2011 – 1 C 11322/10.OVG −, juris). Die Antragsgegnerin ist insoweit nachvollziehbar zu dem Resultat gelangt, dass aufgrund der extremen Hanglage und in Abstimmung mit dem Landesamt für Geologie und Bergbau ein Standort im Ortsteil S... nicht in Betracht kommt. Als weitere Alternative gebe es lediglich noch Flächen im Ortsteil S... im Anschluss an das Baugebiet. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand. Dies gilt umso mehr, als die aus der Parzelle Nr. ... bestehende Erweiterungsfläche geringfügig ist und zum Teil eine private Grünfläche festgesetzt wurde.
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Aus einem auf Artikel 14 Abs. 1 GG resultierenden fortwirkenden oder erweiterten Bestandsschutz vermögen die Antragsteller ebenfalls kein für sie günstigeres Resultat herzuleiten, da die sich hieraus ableitbaren Rechtspositionen sich nicht darauf erstrecken, Bebauungsmöglichkeiten auf anderen Grundstücken zu verhindern.
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7. Da auch die baugestalterische Festsetzung einer niedrigeren Dachneigung einer materiell-rechtlichen Nachprüfung standhält, ist der Normenkontrollantrag insgesamt unbegründet.
- 76
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten findet seine Rechtsgrundlage in § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
- 77
Gründe für die Nichtzulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.
Beschluss
- 78
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30 000 Euro (3 x 10 000 Euro) festgesetzt (§§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, LKRZ 2014, 169).
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag,
3den vorhabenbezogenen Bebauungsplan M 385 „Q.------straße “ der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung außer Vollzug zu setzen, soweit darin „nach der festgesetzten Baugrenze die überbaubare Fläche mehr als 10 m an die westlichen Grundstücksgrenzen der Antragsteller (Flurstücke 584 und 586) heranreicht“,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
61. Die Antragsteller sind im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
7Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift, die Gegenstand des Normenkontrollantrags ist, oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein. Dabei sind an die Geltendmachung einer Rechtsverletzung keinen höheren Anforderungen zu stellen als § 42 Abs. 2 VwGO es tut. Es genügt, wenn der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch die Festsetzungen des Bebauungsplans in einem Recht verletzt wird.
8Macht ein Antragsteller - wie hier - eine Verletzung des Abwägungsgebots aus § 1 Abs. 7 BauGB geltend, muss er einen eigenen Belang benennen, der nach Lage der Dinge von der planenden Gemeinde bei der Abwägung zu beachten ist. Nicht jeder Belang ist in der Abwägung zu beachten, sondern nur solche, die in der konkreten Plansituation einen städtebaulich relevanten Bezug haben. Die Abwägungsbeacht-lichkeit beschränkt sich im Weiteren auf solche schutzwürdigen planbedingten Betroffenheiten, die erstens mehr als geringfügig, zweitens in ihrem Eintritt zu-mindest wahrscheinlich und drittens für die planende Stelle bei der Entscheidung über den Plan als abwägungsbeachtlich erkennbar sind. Wenn es einen solchen Belang gibt, besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass die Gemeinde ihn bei ihrer Abwägung nicht korrekt berücksichtigt hat.
9Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 4 BN 42.10 -, BauR 2011, S. 1641 = juris Rn. 3 m.w.N.
10Davon ausgehend sind die Antragsteller antragsbefugt.
11Der streitgegenständliche vorhabenbezogene Bebauungsplan kann sie in ihrem Recht auf gerechte Abwägung aus § 1 Abs. 7 BauGB verletzen.
12Die Antragsteller machen einen Abwägungsmangel unter Hinweis darauf geltend, dass das Austauschverhältnis zur Erhaltung der Gartenzonen auf ihren Grundstücken und auf dem Grundstück der Beigeladenen zu ihren Lasten unzureichend berücksichtigt worden sei, weil eine ihre Grundstücke störende Bebauung ermöglicht werde. Damit berufen sie sich auf ein grundsätzlich abwägungsrelevantes Interesse, vor störender Nachbarbebauung verschont zu bleiben; dies gilt namentlich auch im Hinblick auf die von ihnen bereits im Planaufstellungsverfahren besonders hervorgehobene befürchtete zusätzliche Verschattung.
13Vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2010 - 4 BN 44.10 -, juris Rn. 4; OVG NRW, Urteil vom 6. Juli 2012 - 2 D 27/11.NE - , juris Rn. 33 f.
14Dass die von den Antragstellern ins Auge gefassten planbedingten Auswirkungen des der Planung zugrundeliegenden Wohnbauvorhabens, etwa in Bezug auf die Verschattung, offensichtlich nur geringfügig und im Rahmen der Abwägung von vornherein zu vernachlässigen gewesen wären, lässt sich in Ansehung der gegebenen Grundstücksverhältnisse weder auf der Grundlage des Antragsvorbringens noch sonst ohne weitere Prüfung sagen.
15Die Antragsteller sind mit ihren Einwendungen nicht gemäß § 47 Abs. 2 a) VwGO präkludiert. Sie haben im Rahmen der vom 24. Februar 2014 bis zum 28. März 2014 währenden öffentlichen Auslegung mit Schriftsatz vom 5. März 2014 Einwendungen gegen die Festsetzung der überbaubaren Grundstücksfläche erhoben.
16Der Normenkontrollantrag ist auch innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden.
17Den Antragstellern fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rechtschutzbedürfnis für einen Normenkontrollantrag entfällt erst dann, wenn sich die Inanspruchnahme des Gerichts als nutzlos erweisen würde, weil der Antragsteller sich durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans keine tatsächlichen Vorteile ziehen und auch seine Rechtsstellung aktuell nicht verbessern kann, etwas wenn er ausschließlich Festsetzungen bekämpft, auf deren Grundlage bereits Vorhaben bestandskräftig genehmigt und vollständig verwirklicht worden sind. Anders verhält es sich aber, wenn die Erreichung wesentlicher Planziele noch aussteht oder wenn es möglich erscheint, dass die Gemeinde nach einer Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans zu einer Neuplanung schreitet und die Neuplanung für den Antragsteller günstiger als die für unwirksam erklärte Norm ausfallen könnte.
18Vgl. zum ganzen BVerwG, Urteil vom 28. April 1999
19- 4 CN 5.99 -, BRS 62 Nr. 47 = juris Rn.14 f. und Beschluss vom 30. September 1992 - 4 NB 22.92 -, juris Rn. 10 sowie OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 2013 - 2 B 520/13.NE -, juris Rn. 22 ff. m.w.N.
20Dieser Ansatz gilt auch für das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO.
21Zwar trifft es zu, dass eine einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO lediglich die künftige Anwendung der Norm verbietet und ergangene Vollzugsakte wie z.B. eine Baugenehmigung unberührt lässt, auch wenn diese noch nicht bestandskräftig ist. Die Ausführung eines Vorhabens kann nicht im Wege des § 47 Abs. 6 VwGO gestoppt werden, sondern nur über einen Antrag nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO beziehungsweise - bei genehmigungsfreien Vorhaben - nach § 123 VwGO.
22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9. Dezember 1996 - 11a B 1710/96.NE -, BRS 58 Nr. 52 = juris Rn. 3 und vom 1. Juli 2013 - 2 B 520/13.NE - juris Rn. 30 m.w.N.
23Trotzdem entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht generell und nicht ohne weiteres schon, sobald aufgrund des Bebauungsplans eine Baugenehmigung beantragt oder gar erteilt ist. Auch in einem solchen Fall kann die einstweilige Außervollzugssetzung des Bebauungsplans für den Antragsteller genauso wie ein Obsiegen in der Hauptsache nach erteilter Baugenehmigung je nach Lage der Dinge von Vorteil sein. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn die im Rahmen des Gebots der Rücksichtnahme zu berücksichtigenden Aspekte in die den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrundeliegende Abwägung vollständig eingeflossen und dadurch gleichsam aufgezehrt worden sind.
24Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 16. November 2012 - 2 B 1095/12 - juris Rn. 22 f. und vom 12. Februar 2015 - 2 A 616/14 -, juris Rn.13 f., beide m.w.N.
25Unabhängig von Vorstehendem besteht zwischen den Antragsarten aus § 47 Abs. 6 VwGO und §§ 80a, 80, 123 VwGO kein (Vor-)Rangverhältnis nach Art des § 123 Abs. 5 VwGO, das die Letzteren den Ersteren vorgehen ließe. Die genannten einstweiligen Rechtsschutzverfahren sind nach der gesetzlichen Konzeption vielmehr prinzipiell gleichrangig, was nicht zuletzt daran liegt, dass ihr jeweiliges Rechtsschutzkonzept nicht deckungsgleich ist. Sie betreffen unterschiedliche Streitgegenstände und haben unterschiedliche Rechtschutzziele mit jeweils unterschiedlichem gerichtlichem Prüfungsprogramm.
26Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Juli 2013 - 2 B 520/13.NE -, juris Rn. 32 f. m.w.N.
27Legt man diese Grundsätze zugrunde, fehlt dem Eilantrag nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Eine Baugenehmigung, mit der der vorhabenbezogene Bebauungsplan umgesetzt werden soll, ist im Januar 2015 beantragt.worden. Dass sie der Beigeladenen bislang nicht erteilt wurde, lässt das Rechtsschutzbedürfnis aus den oben genannten Gründen ebenfalls nicht entfallen.
28Dass die Antragsteller den Antrag auf Teile der Norm - nämlich die Festsetzung hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche - beschränkt haben, steht der Zulässigkeit ebenfalls nicht entgegen. Eine Beschränkung des Antrags in Form der Beanstandung einzelner Teile ist mit Blick auf § 88 VwGO zulässig. Eine andere Frage
29- nämlich eine solche der Begründetheit - ist, dass wenn ein untrennbarer Zusammenhang zwischen der (erfolgreich) angegriffenen Festsetzung und den übrigen Regelungen des Bebauungsplans anzunehmen wäre, trotz des beschränkten Antrags der gesamte Plan für unwirksam zu erklären wäre.
30Vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1991 - 4 NB 3.91 - BRS 52 Nr. 36 = juris Rn. 20 ff., Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 12 MN 301/12 -, NVwZ-RR 2014, S. 25 ff = juris Rn. 32 sowie Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 47 Rn. 285, alle m.w.N..
312. Der Antrag ist unbegründet.
32Das Normenkontrollgericht kann gemäß § 47 Abs. 6 VwGO eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen geboten ist.
33Der Begriff „schwerer Nachteil“ stellt an die Aussetzung des Vollzugs einer (untergesetzlichen) Norm erheblich strengere Anforderungen als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einstweiliger Anordnungen stellt. Eine Außervollzugssetzung ist nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen gerechtfertigt, die durch Umstände gekennzeichnet sind, die den Erlass einer einstweiligen Anordnung unabweisbar erscheinen lassen.
34Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Mai 1998
35- 4 VR 2.98 -, NVwZ 1998, S. 1065 = juris Rn. 3; OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2012 - 2 B 379/12.NE -, juris Rn. 8 m.w.N.
36Der bloße Vollzug eines Bebauungsplans stellt noch keinen schweren Nachteil in diesem Sinne dar. Ein schwerer Nachteil, der die Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans nach § 47 Abs. 6 VwGO rechtfertigt, ist - regelmäßig, so auch hier - nur dann zu bejahen, wenn die Verwirklichung des angegriffenen Bebauungsplans in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine schwerwiegende Beeinträchtigung rechtlich geschützter Positionen des jeweiligen Antragstellers konkret erwarten lässt.
37Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2012 - 2 B 379/12.NE -, juris Rn. 10 m.w.N. zur Rechtsprechung der weiteren Bausenate des OVG NRW
38„Aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten“ sein kann die Außervollzugssetzung des Bebauungsplans, wenn dieser sich bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtsfehlerhaft erweist und von einem Erfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren auszugehen ist. Da § 47 Abs. 6 VwGO einstweiligen Rechtsschutz jedoch grundsätzlich nur im individuellen Interesse des jeweiligen Antragstellers gewährt, setzt die Außervollzugsetzung eines offensichtlich unwirksamen Bebauungsplans weiter voraus, dass seine Umsetzung den jeweiligen Antragsteller - unterhalb der Schwelle des schweren Nachteils - konkret so beeinträchtigt, dass die einstweilige Anordnung jedenfalls dringend geboten ist.
39Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 10. Februar 2015
40- 2 B 1323/14.NE -, juris Rn. 42 und vom 1. Juli 2013 - 2 B 599/13.NE -, juris Rn. 39, beide m.w.N.
41Gemessen an diesen Maßstäben liegen die Voraussetzungen für eine Außervollzugsetzung des angegriffenen Bebauungsplans nicht vor.
42Die Antragsteller erleiden keinen im dargelegten Sinne schweren Nachteil. Dies gilt insbesondere, soweit sie sich auf ihr durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Grundeigentum berufen. Der angegriffene Bebauungsplan beeinträchtigt dieses nicht schwerwiegend. Die Substanz des Grundeigentums bleibt unberührt. Der von dem räumlichen Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Bebauungsplans erfasste Bereich wird im Flächennutzungsplan der Stadt S. als Wohnbaufläche dargestellt. Im Übrigen gibt es kein allgemein und durchsetzungsfähig geschütztes Vertrauen in den Fortbestand einer bestimmten (Planung oder) Grundstückssituation jenseits des Anspruchs daraus, dass der Plangeber bei einer Um- oder Neuplanung im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG Bestandsschutzinteressen angemessen berücksichtigt (vgl. auch § 1 Abs. 3 Satz 2, 1. Hs. BauGB). Der Plangeber darf - und muss ggf. sogar - gemäß § 1 Abs. 1 bzw. 3 BauGB auf veränderte städtebauliche Verhältnisse und Zielsetzungen angemessen reagieren können. Eine gegenteilige Betrachtungsweise liefe darauf hinaus, einen bestehenden Zustand allein zum Vorteil eines Nachbarn bzw. einer Nachbarschaft zu betonieren.
43Vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2007 - 4 BN 29.07 -, juris Rn. 6 sowie OVG NRW, Beschluss vom 10. Februar 2015 - 2 B 1323/14.NE - , juris Rn. 37, beide m.w.N.
44Es steht auch nicht zu erwarten, dass die Umsetzung des Bebauungsplans durch die (heranrückende) grenznahe Errichtung eines Wohngebäudes den Grundstücken der Antragsteller und deren Nutzung unzumutbaren Beeinträchtigungen aussetzen wird, welche die Schwelle des schweren Nachteils überschreiten.
45Auf der Grundlage der nach Aktenlage erkennbaren Umstände sind nachhaltige, in den gegebenen Grundstücksverhältnissen von vornherein unzumutbare Beeinträchtigungen weder unter dem Aspekt der erdrückenden Wirkung noch unter den Gesichtspunkten Einsichtnahme und Verschattung festzustellen.
46Eine bauliche Anlage hat erdrückende Wirkung nur dann, wenn sie wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem sie diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe der „erdrückenden“ Anlage auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls - und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartige übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigenen baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird.
47Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2013 - 2 B 1216/12.NE - juris Rn. 21 f. m.w.N.
48Hiervon ausgehend führen die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche nicht dazu, dass hier ein Gebäude entstehen kann, welches gegenüber dem Grundstück der Antragsteller eine erdrückende Wirkung hat. Die mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ermöglichte Bebauung weist drei Vollgeschosse auf, während die Bebauung am X.---------weg , wo sich auch die Grundstücke der Antragsteller befinden, zweigeschossig ist. Die maximale Gebäudehöhe beträgt in 59,80 m über NHN, die Firsthöhe der Grundstücke der Antragsteller liegt bei 58,42 bzw. 58.03 m über NN. Die beabsichtigte Traufhöhe liegt mit maximal 8,75 m nicht deutlich über der der Wohnhäuser der Antragsteller. Diese Differenz wird durch den Geländeversprung von ca. 1, 5 bis 2 m im Bereich der westlichen Grenzen der Grundstücke der Antragsteller und dem Vorhabengrundstück weiter relativiert. Dieser Befund entspricht im Übrigen auch der Einlassung der Antragsteller, die im wesentlichen den Verlust der Gartenfläche herausstellen und in diesem Zusammenhang bereits im Aufstellungsverfahren im Kern allein das Problem der Verschattung näher ansprechen.
49Auch unter dem Gesichtspunkt der Verschattung lassen sich schwere Nachteile in dem dargelegten Sinne nicht festmachen.
50Für die materiell-rechtliche Beurteilung der Zumutbarkeit einer Verschattung durch einen Baukörper gibt es keinen normativ verbindlichen Maßstab. Vielmehr beantwortet sich diese Frage nach den Umständen des Einzelfalls im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung. Aus dem Blickwinkel des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots sind Verschattungseffekte aber regelmäßig hinzunehmen, wenn die landesrechtlichen Abstandflächenbestimmungen eingehalten sind. Diese zielen im Interesse der Wahrung sozialverträglicher Verhältnisse nicht zuletzt darauf ab, eine ausreichende Belichtung und Besonnung von Gebäude- und sonstigen Teilen des Nachbargrundstücks sicherzustellen. Aber auch ungeachtet dessen fordert das Gebot der Rücksichtnahme gerade in innerstädtischen Lagen nicht, dass alle Fenster eines Hauses bzw. das gesamte Grundstück das ganze Jahr über optimal durch Sonneneinstrahlung belichtet werden.
51Vgl. OVG NRW, Urteil vom 6. Juli 2012 - 2 D 27/11.NE -, juris Rn. 63 ff. m.w.N.
52Danach bietet insbesondere die eingeholte Verschattungsstudie des Dipl. Ing. C. keine Anknüpfungspunkte dafür, dass vorliegend eine in den gegebenen Grundstücksverhältnissen unzumutbare Verschattung auftreten sollte. Die Aussagekraft dieser Verschattungsstudie wird durch den Einwand der Antragsteller, die Baukörper seien darin nicht korrekt dargestellt, nicht weiter relativiert. Die Beschränkung auf die Sommermonate ist nachvollziehbar damit erläutert, dass mit den Darstellungen am 25. August zugleich auch der Sonnenstand vom 25. April und mit dem Sonnenstand am 31. März zugleich auch der vom 30. September gezeichnet ist. Damit decken die Projektionen die für die Freiraumnutzung relevanten Zeiten während des Sommers und der Übergangsjahreszeiten hinlänglich ab. Die Beschränkung der Darstellung für den 31. März auf 15 h begründet ebenfalls keine relevanten Unsicherheiten hinsichtlich des Aussagegehalts der genannten Prognose, dass die Ver-schattung sich im Rahmen dessen hält, was in innerörtlichen Lagen ohne weiteres zumutbar ist. Die Darstellungen deuten auch auf keine besondere Betroffenheit der Wohnverhältnisse der Antragsteller innerhalb der Wohngebäude. Auch deshalb ist eine weitergehende gutachterliche Darstellung des Schattenwurfs im Winter zur Abschätzung der Zumutbarkeit nicht erforderlich.
53Die Außervollsetzung ist auch nicht aus anderen Gründen dringend geboten. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Bebauungsplan „M 385 - Q.------straße “ anhand der dem Senat vorliegenden Unterlagen offensichtlich unwirksam ist und seine bevorstehende Umsetzung die Antragsteller - unterhalb der Schwelle des schweren Nachteils - solchen Folgen aussetzen würde, dass eine Außervollzugsetzung des Plans dringend geboten wäre.
54Insbesondere ist der Bebauungsplan mit seinem Planungsansatz hinsichtlich der von den Antragstellern ins Zentrum ihres Vorbringens gestellten überbaubaren Grundstücksfläche nicht offenkundig rechtswidrig.
55Der Bebauungsplan ist (mit seinen Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche) städtebaulich erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Was in diesem Sinne städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen Konzeption der Gemeinde. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die „Städtebaupolitik“ zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB setzt der Bauleitplanung lediglich eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerunbeachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden.
56Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 - 4 C 13.11 -, BauR 2013, S. 1399 = juris Rn. 9 und Beschluss vom 11. Mai 1999 - 4 BN 15.99 -, BRS 62 Nr. 19 = juris Rn. 4.
57Nach diesen Grundsätzen begegnet die städtebauliche Erforderlichkeit des Bebauungsplans hier keinen Bedenken. Die Gemeinde wollte mit der Planung der Beigeladenen die Möglichkeit eröffnen, die in der Bausubstanz beschädigten, 1950 bzw. 1951 erbauten 10 Siedlungshäuser mit 12 Wohnungen an der Q.------straße 1 bis 19 abzureißen und an deren Stelle 2 Wohnblocks in dreigeschossiger Bauweise mit 32 familiengerechten und barrierefreien Mietwohnungen zu bauen und damit Wohnraum für ca. 80 bis 100 Personen zu schaffen. Dabei sollen energetische Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes realisiert werden (S. 5 und 9 der Begründung zum Bebauungsplan). Damit verfolgt die Gemeinde öffentliche Belange aus § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB (Wohnbedürfnisse der Bevölkerung) und § 1 Abs. 6 Nr. 7 f) BauGB (Belange des Umweltschutzes, sparsame und effiziente Nutzung von Energie).
58Die Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche sind erkennbar von der Ermächtigungsgrundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 2 BauGB gedeckt und auch hinreichend bestimmt.
59Der Bebauungsplan leidet (mit seinen Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche) nicht offensichtlich an einem Abwägungsfehler zum Nachteil der Antragsteller.
60Das in § 1 Abs. 7 BauGB normierte Gebot, die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen, setzt neben einer sachgerechten Entscheidung voraus, dass in die Abwägung all das an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Unbeachtlich sind Belange (nur), wenn sie für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren oder wenn sie keine städtebaulichen Bezug haben, geringwertig oder makelbehaftet oder solche sind, auf deren Fortbestand kein schutzwürdiges Vertrauen besteht.
61Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. März 2013 - 2 D 51/12.NE -, juris Rn. 113 f. m.w.N.
62Des weiteren darf die Bedeutung der Belange nicht verkannt und der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen nicht in einer Weise vorgenommen werden, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis schon dann genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belangs entscheidet.
63Es ist auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsteller nicht erkennbar, dass hinsichtlich der Festsetzung der Baugrenzen hier auf Seiten der Antragsgegnerin ein Abwägungsfehler vorliegt. Die Gemeinde hat namentlich das Eigentumsgrundrecht der Antragsteller gegen den öffentlichen Belange der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung und der sparsamen und effizienten Nutzung von Grund und Boden und Energie gerecht abgewogen. Sie hat die betroffenen Eigentümerinteressen ausreichend ermittelt und nicht fehlgewichtet. In diesem Zusammenhang ist namentlich nicht zu beanstanden, dass sich die Antragsgegnerin bei der Gewichtung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Grundstücke der Antragsteller an den Maßstäben des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme orientiert hat.
64In der Planbegründung heißt es insoweit unter 2.3.2 auf S. 14, ab der (zu den Grundstücken der Antragsteller ausgerichteten) Baugrenze seien Mietergärten anzulegen. Die Hauptbaukörper des Vorhabens seien zur bestmöglichen passiven Energienutzung nach Süden ausgerichtet und stünden damit quer zur (Q1. -) Straße. Durch die geplante Gebäudestellung ergebe sich außerdem für Teilbereiche der Q.------straße und im Straßenraum eine Verlängerung der morgendlichen Sonnenzeit im Zeitraum zwischen dem 20. August und dem 20. April. Es werde in Kauf genommen, dass hierfür für weniger als 1 Stunde in den Übergangsjahreszeiten ein Schattenwurf auf östliche Nachbargrundstücke [z.B. der Antragsteller] erfolge. Diese Verschattung sei zumutbar, denn sie erlaube z.B. weiterhin auch den Anbau wärme- und lichtliebender Pflanzen, selbst an der Grundstücksgrenze. Im Übrigen sei Schattenwurf im überwiegend bebauten Bereich situationsadäquat. In der Vorlage 183/2014, die dem Rat zur Entscheidung vorlag, wird unter Bezugnahme auf das Gebot, sparsam mit Grund und Boden umzugehen (§ 1a Abs. 2 BauGB), dargelegt, dass die Nachverdichtung erfolge, um der knappen Wohnraumsituation in S.
65- insbesondere im Bereich der Innenstadt - Rechnung zu tragen (dort S. 2). Der Plangeber setzt sich insbesondere auch mit der unterschiedlichen Bebauungsstruktur im Bereich des X1.--------wegs (Grundstückstiefe: ca. 26 bis 33 m, Erschließung nach Osten) und der Q.------straße (Grundstückstiefe: ca. 34 bis 49 m, Erschließung nach Westen) auseinander, gibt aber wegen der energieeffizienten Ausnutzung, die eine Ausrichtung nach Süden verlange, der Querstellung der geplanten Vorhaben zur (Q1. -)Straße den Vorzug. Dies war im Übrigen auch einer der Gründe, weswegen eine zu Beginn des Planaufstellungsverfahrens diskutierte Verschiebung des Baufensters um 2 m zur Q.------straße hin abgelehnt wurde. Im Rahmen der Würdigung der nachbarlichen Interessen im Zusammenhang mit dem Gebot der Rücksichtnahme wird (dort auf S. 3) im Einzelnen dargelegt, dass die Abstandflächen eingehalten würden und eine erdrückende Wirkung von dem Vorhaben nicht ausgehe. Insoweit hat sich die Gemeinde auf eine „Untersuchung des Schattenwurfs der Gebäude Q.------straße “ des Dipl. Ing. C1. bezogen, der die Antragsteller - abgesehen von ihrem nicht weiter substantiierten Vorbringen, die Gebäude seien in den Projektionen nicht richtig dargestellt und es manipulativ ein Hochsommertag zugrunde gelegt worden - nicht entgegengetreten sind. Vor diesem Hintergrund gibt es vorliegend keinen greifbaren Anhaltspunkt dafür, dass etwa die Antragsgegnerin hier die bei Realisierung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans eintretende Verschattung nicht hinreichend ermittelt oder fehlerhaft gewichtet hätte.
66Dass der Bebauungsplan aus anderen - schutzwürdige individuelle Interessen der Antragsteller beeinträchtigenden - Gründen unwirksam sein könnte, wird von den Antragsteller nicht vorgetragen und liegt auch sonst nicht auf der Hand. Eine weitere vertiefte Prüfung ist im Übrigen auch schon deshalb im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht angezeigt, weil es für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - jedenfalls an einer unterhalb der Schwelle des schweren Nachteils liegenden bauplanungsrechtlich beachtlichen konkreten Beeinträchtigung der Antragsteller durch die Umsetzung des Bebauungsplans fehlt.
67Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.
68Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und geht von einem Wert der Einzelinteressen der Antragsteller im Eilverfahren von jeweils 5.000,- Euro aus.
69Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.).
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 7.500,00 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg.
3Das Zulassungsvorbringen führt nicht zu den allein geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Es ist nicht geeignet, die tragende Argumentation des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, das streitgegenständliche Vorhaben verstoße nicht zu Lasten des klägerischen Grundstücks gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
4Soweit der Kläger dem entgegen hält, von dem Vorhaben gehe trotz der Einhaltung der Abstandflächen eine erdrückende Wirkung aus, weckt dies keine ernstlichen Zweifel.
5Es kann offen bleiben, inwieweit für die Prüfung des Gebots der Rücksichtnahme angesichts der - aus den Gründen des angefochtenen Urteils gegebenen - Einhaltung der Abstandflächen überhaupt Raum ist.
6Vgl. OVG NRW, Urteil vom 9.6.2011
7- 7 A 1494/09 -, Beschluss vom 9.2.2009
8- 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181 m. w. N.
9Der Senat vermag jedenfalls nicht festzustellen, dass das Vorhaben gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt. Auch im Rahmen einer Gesamtschau ist mit Blick auf das Volumen des Vorhabengebäudes, seine Stellung auf dem Grundstück und die Lage des klägerischen Gebäudes weder eine „erdrückende Wirkung“ gegenüber dem Grundstück des Klägers noch sonst eine rechtlich relevante Rücksichtslosigkeit anzunehmen.
10Eine erdrückende Wirkung wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls ‑ und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
11Vgl. OVG NRW, Urteil vom 10.3.2016 - 7 A 409/14 - , juris, m. w. N.
12Eine solche Wirkung kann angesichts der Umstände des Einzelfalls nicht angenommen werden. Das Vorhabengebäude und das Wohnhaus des Klägers nebst Wintergarten sind nach den Angaben im amtlichen Lageplan entlang der westlichen Grenze etwa 7 m voneinander entfernt. Aufgrund des L-förmigen Zuschnitts des Grundstücks des Beigeladenen und der durch die Doppelhausbebauung auf dem Grundstück des Klägers geprägten Grundstückssituation musste der Kläger mit einer von ihm nunmehr beanstandeten „Innenhofsituation“ im Rahmen der Bebauung des Grundstücks des Beigeladenen rechnen. Das aufgrund eines relevanten Höhenunterschieds zwischen dem Vorhabengebäude und dem Haus des Klägers eine Konstellation gegeben ist, in der von einem Gefühl des „Eingemauertseins“ die Rede sein könnte bzw. davon, dass das Vorhaben dem Grundstück des Klägers „die Luft nimmt“, hat dieser mit seinem Zulassungsantrag nicht dargelegt. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht unwidersprochen festgestellt, dass das Wohnhaus des Klägers eine vergleichbare Höhe wie das streitige Vorhaben hat. Auch ansonsten führen die Ausmaße des Vorhabens aus den zutreffenden Gründen des angegriffenen Urteils nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Klägers. Auf den vom Verwaltungsgericht im Ortstermin gefertigten Lichtbildern ist eine in einer Innenstadtlage häufiger anzutreffende „Innenhofsituation“ zu erkennen, die die Grenze der Unzumutbarkeit bei weitem nicht erreicht.
13Gegenüber dem Kläger resultiert eine Rücksichtslosigkeit im Rechtssinne auch nicht aus der zu erwartenden Verschattung seines Grundstücks und den vom Vorhaben des Beigeladenen ausgehenden Einsichtsmöglichkeiten. In einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet müssen Nachbarn hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 BauO NRW) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu einer gewissen Verschattung des eigenen Grundstücks bzw. von Wohnräumen kommt. Entsprechendes gilt für Einsichtsmöglichkeiten, die in einem bebauten Gebiet üblich sind.
14Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 9.2.2009 - 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181, und vom 18.12.2015 ‑ 7 B 1085/15 -, BauR 2016, 541.
15Hiervon ausgehend begründet zunächst der zu erwartende Schattenwurf kein Abwehrrecht gegen das streitige Bauvorhaben. Dass ein sehr schmal geschnittenes Grundstück - wie das des Klägers - bei einer Verschattung durch Nachbargebäude relativ stark betroffen sein kann, beruht auf dem Grundstückszuschnitt und fällt grundsätzlich in die Risikosphäre des jeweiligen Eigentümers.
16Dass Fenster zum Grundstück des Klägers ausgerichtet sind, rechtfertigt im Ergebnis gleichfalls keine andere Bewertung. Der Kläger kann nicht beanspruchen, dass das Grundstück des Beigeladenen nicht oder nur so bebaut wird, dass die Möglichkeit eines Einblicks nicht gegeben ist. Die geschaffenen Einsichtsmöglichkeiten gehen ihrer Qualität nach nicht über eine regelmäßig hinzunehmende gegenseitige Einsichtnahme in die jeweiligen Ruhebereiche hinaus. Zudem kann sich der Kläger gegen die geltend gemachte Einsichtnahme in den Wintergarten und die Sauna durch entsprechende Sichtschutzmaßnahmen wie Rollos weitgehend schützen.
17Der weitere Einwand des Klägers hinsichtlich der Außenbeleuchtung mit Bewegungsmelder auf dem Grundstück des Beigeladenen rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Insoweit hat das Verwaltungsgericht unwidersprochen und zu Recht darauf verwiesen, dass die Außenbeleuchtung nicht Gegenstand der Baugenehmigung ist. Gegen die geltend gemachte Ausleuchtung des Schlafzimmerfensters kann sich der Kläger im Übrigen ebenfalls durch entsprechende Maßnahmen (Verdunkelungsrollos) schützen.
18Soweit der Kläger sich durch einen in einer Öffnung der Außenwand installierten Ventilator gestört fühlt, hat schon das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass der Kläger eine von dem Ventilator ausgehende unzumutbare Lärmbeeinträchtigung nicht im Ansatz dargelegt hat. Dem ist der Kläger im Zulassungsverfahren nicht entgegen getreten.
19Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht aufzuerlegen, weil dieser keinen Sachantrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
20Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
21Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
Auf die Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen wird unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Mainz vom 18. Februar 2015 der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,00 € festgesetzt.
Gründe
- 1
Das Verwaltungsgericht hätte den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die der Beigeladenen am 12. Dezember 2014 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Einkaufsmarktes ablehnen müssen. Die nach § 80a Abs. 3 und § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Denn es ist nicht erkennbar, dass sie durch die von ihr angefochtene Baugenehmigung in ihren Rechten verletzt wird. In einem solchen Fall überwiegt das Interesse an der Aufrechterhaltung der in § 212a BauGB gesetzlich angeordneten Vollziehbarkeit von Baugenehmigungen.
- 2
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin nur in Betracht, soweit sie in ihrer Stellung als Sondereigentümerin berührt ist, hier also als alleinige Inhaberin des Sondereigentums an der Wohnung im Erd- und Kellergeschoss sowie als Mitinhaberin des Sondereigentums an der Wohnung im Ober- und Dachgeschoss des Hausgrundstücks A. in Mainz. In dieser Hinsicht kann sie sich auf Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme berufen.
- 3
Eine Verletzung der Antragstellerin in eigenen Rechten scheidet hingegen aus, soweit sie geltend macht, das Bauvorhaben der Beigeladenen sei wegen der Verkaufsflächengröße von 805,20 m² in dem faktischen allgemeinen Wohngebiet unzulässig und deshalb der Gebietsbewahrungsanspruch verletzt. Denn insofern macht sie einen Verstoß gegen Rechte geltend, die im gemeinschaftlichen Eigentum für das gesamte Grundstück wurzeln und daher nach § 10 Abs. 6 WEG auch nur von der Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht von einzelnen Sondereigentümern geltend gemacht werden können (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. August 1992 – 4 B 92.92 –, Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 110 und juris, Rn. 9; BayVGH, Beschluss vom 8. Juli 2013 – 2 CS 13.807 –, NVwZ 2013, 1622 und juris, Rn. 4 bis 8; OVG NRW, Urteil vom 20. November 2013 – 7 A 2341/11 –, BauR 2014, 252 und juris, Rn. 43 und 49).
Ungeachtet der fehlenden subjektiven Berechtigung der Antragstellerin ist nach bisherigem Sach- und Streitstand aber auch nicht hinreichend dargetan, dass die angefochtene Baugenehmigung gegen den Gebietsbewahrungsanspruch verstößt. Geht man mit der Antragstellerin von einem faktischen allgemeinen Wohngebiet und damit der Anwendung von § 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 BauNVO aus, so wäre die Genehmigung des Einkaufsmarktes dann von vorneherein rechtswidrig, wenn der Markt nach § 11 Abs. 3 BauNVO kern- bzw. sondergebietspflichtig wäre. Hierzu müssten indes zwei Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst müsste der Einzelhandelsbetrieb großflächig sein, was hier nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der gebotenen Einbeziehung des Windfangs mit einer Verkaufsfläche von 805,20 m² der Fall sein dürfte (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 – 4 C 10.04 –, BVerwGE 124, 364, Leitsätze). Darüber hinaus müssten aber auch die in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 BauNVO näher beschriebenen nachteiligen Auswirkungen (insbesondere auf die Umwelt, die infrastrukturelle Ausstattung, den Verkehr sowie die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche) anzunehmen sein. Für das Vorliegen solcher Auswirkungen besteht nach § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO eine gesetzliche Vermutung, dies allerdings erst ab einer Geschossfläche von 1.200 m²; eine solche Größe weist der hier angefochtene Einkaufsmarkt mit einer Geschossfläche von 1.129,52 m² jedoch gerade nicht auf (vgl. die Berechnung der Nutzflächen auf Bl. 257 der Behördenakte). Anhaltspunkte, dass solche nachteiligen Auswirkungen hier auch trotz Nichterreichens der Grenze von 1.200 m² Geschossfläche vorliegen, sind bislang nicht dargetan (vgl. zur Widerlegung der Vermutungsregelung: § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO sowie BVerwG, Urteil vom 24. November 2005, a.a.O., juris, Rn. 24). Damit fehlen nach bisherigem Sach- und Streitstand hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das Bauvorhaben der Beigeladenen schon wegen Sondergebietspflichtigkeit nach § 11 Abs. 3 BauNVO bauplanungsrechtlich unzulässig ist.
Entsprechendes gilt auch für die Vereinbarkeit mit den besonderen Anforderungen an den Gebietscharakter nach § 4 Abs. 2 BauNVO. Angesichts der Größe des den Standort des genehmigten Einkaufsmarktes umgebenden Wohngebiets kann dessen Versorgungsfunktion durchaus auf dieses Gebiet beschränkt und der Markt daher als „der Versorgung des Gebiets dienend“ i.S.v. § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO zu werten sein (vgl. hierzu: OVG RP, Urteil vom 2. März 2001 – 1 A 12338/99.OVG –, BauR 2001, 1062).
- 4
Im Hinblick auf die von der Antragstellerin als Inhaberin von Sondereigentum ohne Weiteres zu beanspruchende Beachtung des Gebots der Rücksichtnahme ist der Senat entgegen dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass die Genehmigung des Bauvorhabens der Beigeladenen den Anforderungen an das Rücksichtnahmegebot genügt.
Ob den Anforderungen des Rücksichtnahmegebots nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB Rechnung getragen ist, hängt davon ab, was den Betroffenen nach Lage der Dinge zuzumuten ist, wobei die Schutzwürdigkeit der Betroffenen, die Intensität der Beeinträchtigung und die Interessen der Bauherrn gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. August 1998 – 4 C 5.98 –, NVwZ 1999, 523 [527]; Urteil vom 6. Oktober 1989 – 4 C 14.87 –, BVerwGE 82, 343 [347]).
- 5
Was die Belichtung, Belüftung und Besonnung von Nachbargrundstücken anbelangt, hat die Beachtung des Abstandsflächenrechts indizielle Bedeutung für die Einhaltung des Rücksichtnahmegebots; das Rücksichtnahmegebot ist in aller Regel dann nicht verletzt, wenn die Abstandsvorschriften eingehalten sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 1999 – 4 B 128.98 –, NVwZ 1999, 879). Die gebotenen Abstandsflächen sind hier sowohl hinsichtlich des im Süden des Anwesens der Antragstellerin gelegenen Hauptteils des Einkaufsmarktes als auch hinsichtlich des im Westen des Anwesens der Antragstellerin sich erstreckenden Anbaus eingehalten. In beiderlei Hinsicht liegt die jeweils erforderliche Abstandsfläche von mindestens 3 m vollständig auf dem Baugrundstück (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 6 LBauO). Dabei kann die exakte Höhe des genehmigten Bauvorhabens letztlich dahingestellt bleiben. Geht man von den Höhen aus, wie sie dem genehmigten Plan „Abstandsflächen“ (Bl. 241 der Behördenakte) zugrundeliegen, so weist der Hauptteil des Einkaufsmarkts an der dem Süden des Anwesens der Antragstellerin zugewandten Seite eine Höhe von 6,86 m (bezogen auf die Maßangaben über N.N.) auf; der langgestreckte Anbau im Westen des Anwesens der Antragstellerin hat danach in Höhe ihres Grundstücks eine Höhe von 5,02 m. In beiden Fällen beträgt die nach § 8 Abs. 6 LBauO gebotene Abstandsfläche 3 m.
- 6
Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung jedoch Fallgestaltungen anerkannt, bei denen trotz Beachtung des Abstandsflächenrechts eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens gegenüber benachbarten Grundstücken bestehen kann. Hierbei handelt es sich jedoch um seltene Ausnahmefälle, bei denen aufgrund der Besonderheiten des einzelnen Falles, insbesondere der Kombination verschiedener nachteiliger Auswirkungen, eine bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit angenommen wird. So kann eine Bebauung nach der Rechtsprechung des Senats wegen ihrer optisch bedrängenden Wirkung auf Nachbargebäude gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die baulichen Dimensionen des „erdrückenden“ Gebäudes derart übermächtig sind, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, das heißt dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder einer Gefängnishofsituation hervorruft (vgl. OVG RP, Urteil vom 2. Mai 2011 – 8 C 11261/10.OVG –, im Anschluss an OVG NRW, Urteil vom 9. August 2006 – 8 A 3726/05 –, NWVBl. 2007, 59 m.w.N.; auch: OVG Nds., Beschluss vom 15. Januar 2007 – 1 ME 80/07 –, ZfBR 2007, 284).
- 7
Gemessen daran erweist sich das Bauvorhaben der Beigeladenen nach Auffassung des Senats jedoch nicht als rücksichtslos gegenüber dem benachbarten Anwesen der Antragstellerin.
- 8
Betrachtet man zunächst allein die Höhe des genehmigten Gebäudes, so hält sich diese sowohl bei dem Hauptteil (mit der Höhe laut genehmigter Planzeichnung „Abstandsflächen“ [Bl. 241 der Behördenakte] von 6,86 m bis 7,10 m) als auch hinsichtlich des Nebengebäudes (mit der Höhe von 5,02 m bis 5,31 m) innerhalb des in der näheren Umgebung vorgegebenen Rahmens. Denn diese wird durch zweigeschossige Wohnhäuser geprägt, wozu auch das Anwesen der Antragstellerin zählt, deren Haus eine Firsthöhe von 10,23 m aufweist (vgl. die genehmigte Planzeichnung auf Bl. 44 der Behördenakte zum Anwesen A.). Will man die von der Höhe eines Gebäudes ausgehende Wirkung erfassen, ist auf dessen Auswirkung auf das Nachbargrundstück und das darauf stehende Gebäude insgesamt abzustellen. Demgegenüber wäre es verfehlt, die Wirkung des hinzukommenden Gebäudes lediglich auf einzelne Stockwerke, etwa auf die benachbarte Wohnung im Erdgeschoss zu beziehen. Denn ist auf einem Grundstück ein mehrgeschossiges Gebäude vorhanden, so müssen die Eigentümer damit rechnen, dass auf dem benachbarten Grundstück ein Gebäude gleicher Höhe errichtet wird. Aus diesem Grunde wird eine erdrückende Wirkung bei in etwa gleichhoher Bebauung denn auch in aller Regel ausgeschlossen, und zwar unabhängig von der Gebäudelänge (so: OVG Nds., Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 ME 282/08 –, BauR 2009, 954 und juris, Rn. 47 f.; auch: OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 – 7 A 3199/08 –, BauR 2011, 248 und juris, Rn. 60 bis 65).
- 9
Dass das Bauvorhaben der Beigeladenen L-förmig an zwei Grundstücksseiten – sowohl im Süden als auch im Westen – an das Anwesen der Antragstellerin heranrückt, rechtfertigt nach Auffassung des Senats ebenfalls noch nicht die Annahme einer „erdrückenden“ und deshalb unzumutbaren Wirkung.
- 10
Soweit die Antragstellerin insoweit eine unzumutbare Riegelbebauung von 16,87 m im Süden und 33,27 m im Westen (insgesamt: 50,14 m) geltend macht und hierzu auf die Längenbegrenzungen in § 8 Abs. 9 LBauO und § 22 Abs. 2 BauNVO hinweist, lässt sich hieraus eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens nicht herleiten. Die 12 m-Beschränkung an einer Grundstücksgrenze und die 18 m-Beschränkung an allen Grundstücksgrenzen in § 8 Abs. 9 LBauO gilt für die ausnahmsweise erlaubte Bebauung ohne Abstandsflächen, die hier aber durch das Bauvorhaben der Beigeladenen gerade eingehalten werden. Die Längenbeschränkung für die Bebauung in offener Bauweise nach § 22 Abs. 2 BauNVO auf 50 m bezweckt zum einen stadtgestalterische Ziele; zum anderen wird diese Längenvorgabe jeweils bezogen auf eine Grenze des Grundstücks der Antragstellerin eingehalten; selbst wenn man die vom Grundstück der Antragstellerin aus wahrnehmbaren Gebäudewände addieren wollte, ergäbe sich eine lediglich geringfügige Überschreitung der 50 m – Grenze, was noch nicht als Indiz für eine Rücksichtlosigkeit gewertet werden kann.
- 11
Will man das Heranrücken einer solchen L-förmigen Bebauung zutreffend bewerten, kommt es auf die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls an. Der obergerichtlichen Rechtsprechung lassen sich insofern keine verallgemeinerungsfähigen Grundsätze entnehmen (vgl. einerseits: OVG NRW, Beschluss vom 22. November 1991 – 11 B 2890/91 –, UPR 1992, 274 und juris, Rn. 27: Verletzung des Rücksichtnahmegebots für die Genehmigung einer 75 m langen und 9,50 m bzw. 7,50 m hohen Halle bei Vorhandensein einer ca. 42,50 m langen und ca. 7 m hohen Halle an der anderen Grundstücksseite; andererseits: OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 – 7 A 3199/08 –, BauR 2011, 248 und juris, Rn. 6 und 60: Verneinung einer erdrückenden Wirkung bei einem L-förmigen Gebäude mit zum Teil 17,50 m hohen Wänden; auch: OVG Nds., Urteil vom 14. April 1997 – 1 L 7286/95 –, juris, Rn. 36: Verneinung einer erdrückenden Wirkung bei einer winkelförmigen Umbauung des Nachbargrundstücks mit einer als Halle ausgestalteten Hofüberdachung mit einer Höhe von 5 m). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, liegt eine erdrückende Wirkung nicht schon dann vor, wenn die bisherigen Verhältnisse durch eine bauliche Verdichtung nachteilig verändert werden (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 ME 282/08 –, BauR 2009, 1013 und juris, Rn. 44 f.). Denn eine solche Veränderung der überkommenen Grundstückssituation findet im Rahmen der Innenentwicklung der Städte vielfach statt und ist vom Bauplanungsrecht zwecks schonendem Umgang mit Grund und Boden und vorrangiger Nachverdichtung ausdrücklich gewollt (vgl. § 1 a Abs. 2 Satz 1 BauGB).
- 12
Stellt man auf die besonderen Verhältnisse im vorliegenden Fall ab, so ist die Wirkung des Neubauvorhabens der Beigeladenen hinsichtlich der Südseite des Anwesens der Antragstellerin schon dadurch gemindert, dass die 5,20 m breite Freifläche zu einem großen Teil mit einem hohen Carport überbaut und im Übrigen durch eine ca. 2 m hohe, von Efeu bewachsene Sichtschutzwand abgegrenzt ist. Ferner musste die Antragstellerin entlang der Straße A. mit einer Fortsetzung der straßenseitigen Bebauung in einer ihrem eigenen Haus entsprechenden Höhe rechnen.
Auch hinsichtlich der westlich des Grundstücks gelegenen Freifläche, durfte die Antragstellerin nicht erwarten, dass der jetzige Zustand bestehen bleiben würde. Auch insofern hat die Antragsgegnerin zutreffend darauf hingewiesen, dass sich auch an dieser Stelle die Errichtung etwa von Einfamilienhäusern in der Höhe des Anwesens der Antragstellerin ohne weiteres in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen würde. Verglichen mit einer solchen Bebauung erscheint die optische Präsenz des westlich des Anwesens der Antragstellerin genehmigten Nebengebäudes zum Einkaufsmarkt weniger massiv. Zwar erstreckt sich dieser Gebäudeschenkel über eine Länge von 33,27 m und damit über das Grundstück der Antragstellerin hinaus nach Norden. Jedoch bleibt dieses Nebengebäude mit der Höhe von 5,02 m bis 5,31 m deutlich hinter der Höhe des Anwesens der Antragstellerin und der Nachbargebäude zurück. Gegen eine Rücksichtslosigkeit des Bauvorhabens der Beigeladenen zu Lasten der Antragstellerin spricht zudem, dass sie von den lärmintensiven Begleiterscheinungen der Einzelhandelsnutzung (Anlieferungs- und Kundenverkehr, Gebäudelüfter) durch die genehmigten Gebäude vollständig abgeschirmt wird. Ferner ist die Antragstellerin von Einsichtsmöglichkeiten auf ihr Grundstück von Seiten der genehmigten Bebauung verschont. Das Fensterband an der Nordwand des Hauptgebäudes befindet sich in einer Höhe von über 2 m; der Gebäudeschenkel im Westen des Anwesens der Antragstellerin ist fensterlos. Schließlich wird die optische Wirkung der an das Anwesen der Antragstellerin heranrückenden Gebäude durch die in der Baugenehmigung enthaltenen Auflagen zum Anpflanzen von Sträuchern und Bäumen sowie zur Begrünung der Dachflächen deutlich gemildert (vgl. Nr. 14 f. der Auflagen zur Baugenehmigung). Wie die Bepflanzung der Freifläche zwischen dem Nebengebäude und der westlichen Grenze des Anwesens der Antragstellerin im Einzelnen auszugestalten ist, lässt sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens – auch unter Einbeziehung der Vorstellungen der Antragstellerin – noch näher klären. Die Verwirklichung dieser Begrünungsmaßnahmen könnte für die Antragstellerin gar Anlass sein, die hohen Sichtschutzwände zurückzubauen, mit denen sie bislang ihr Grundstück nach Westen hin begrenzt hat. Dies könnte den Nutzwert der relativ schmal bemessenen, nur 3,20 m tiefen Freifläche im Westen ihres Hauses sogar noch erhöhen.
- 13
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese durch ihre Antragstellung ihrerseits ein Kostenrisiko eingegangen ist (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen als Gesamtschuldner zu tragen.
III.
Unter Änderung von Nummer III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf je 3.750 Euro festgesetzt.
Gründe
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Kostengläubigerin zuvor Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Antragstellerin wendet sich gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 69445/02, der das Vorhaben der Beigeladenen betrifft, im Bereich des bisherigen Besucherparkplatzes ihres Krankenhauses ein Parkhaus zu errichten.
3Die Antragstellerin ist Eigentümerin des unmittelbar an das Plangebiet angrenzenden, mit einem dreigeschossigen Mehrfamilienwohnhaus bebauten Grundstücks B.------straße Nr. 46 in L. -E. (Gemarkung E. , Flur 34, Flurstück 4529/20 bzw. 4530/53) sowie des östlich davon liegenden, ebenfalls mit einem Mehrfamilienwohnhaus bebauten Grundstücks B.------straße Nr. 48. Im Giebel der dem Plangebiet zugewandten Seite des Hauses Nr. 46 befinden sich zwei Fenster der Wohnung im Dachgeschoss. Im Erdgeschoss befindet sich an der nördlichen Gebäudeecke ein Fenster, das ebenfalls der Fläche des Bebauungsplans zugewandt ist. An der Rückseite ist das Gebäude zum Garten hin mit Balkonen ausgestattet. Das Gebäude hält einen Abstand von etwa 3 m zur Grundstücksgrenze der Beigeladenen. Im rückwärtigen Grundstücksbereich steht eine grenzständig errichtete, eingeschossige Garage.
4Das Plangebiet umfasst eine etwa 1.600 qm große Fläche des Grundstücks Gemarkung E. , Flur 34, Flurstück 2498, südlich der B.------straße . Es liegt innerhalb des Straßengevierts, das von der B.------straße im Norden, der B1.---------straße im Osten, der T.-----straße im Süden und der D.-------straße im Westen gebildet wird. Bislang wurde die Fläche im Wesentlichen als Parkplatz für Besucher des Krankenhauses der Beigeladenen mit 57 Stellplätzen genutzt. Zur Straße hin befindet sich ein etwa 250 qm großer Grünstreifen, auf dem auch zwei Bäume stehen.
5Der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin stellt den Geltungsbereich des Bebauungsplans als Sondergebiet mit der Nutzung “Krankenhaus“ dar. Der angegriffene Bebauungsplan trifft im Wesentlichen folgende Festsetzungen:
6Für das Plangebiet wird eine bebaubare und eine nicht bebaubare Fläche festgesetzt. Die bebaubare Fläche ist nach Osten zum Grundstück der Antragstellerin hin durch eine etwa 29 m lange Baulinie begrenzt, die einen Abstand von knapp 6 m zur Grenze einhält. Nach Süden, Westen und Norden ist eine Baugrenze festgesetzt. Die zulässige Bautiefe beläuft sich danach - gemessen von der B.------straße - auf etwa 29 m. Innerhalb der bebaubaren Fläche trifft der Plan die Festsetzung „Parkhaus“. Nach der textlichen Festsetzungen zur Art der Nutzung sind maximal 125 Stellplätze zulässig, diese sollen nur von Angestellten, Besuchern und Patienten des Krankenhauses bzw. der Arztpraxen genutzt werden, die sich auf dem Krankenhausgrundstück befinden. Die Höhe der Brüstung des Parkhauses ist im östlichen - dem Grundstück der Antragstellerin zugewandten - Teil auf zwingend 53,70 m, die Höhe der Decke auf zwingend 52,05 m festgesetzt. Im westlichen Bereich ist die Höhe des Parkhauses auf maximal 54,60 m (Brüstung) und 53,45 m (Decke) festgesetzt. Eine Ein- und Ausfahrt ist im Bereich der südwestlichen Ecke des Parkhauses vorgesehen, eine weitere an der nordwestlichen Ecke mit Anschluss an die B.------straße . Eine textliche Festsetzung Nr. 6 beschränkt die Zulässigkeit von Ein- und Ausfahrten von der öffentlichen Verkehrsfläche zum Grundstück und die Ein- und Ausfahrt zum Parkhaus auf die jeweils festgesetzten Bereiche. In weiteren textlichen Festsetzungen sind Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen geregelt. Es ist geregelt, dass bauliche Maßnahmen umzusetzen sind, die eine Blendwirkung auf die umliegende Bebauung, verursacht durch Fahrzeuge sowie durch allgemeine Beleuchtung im Parkhaus und den obersten Parkebenen, ausschließen sollen. In der Zeit von 22 bis 6 Uhr ist die Beleuchtung der obersten Parkebenen 3 A und 2 B mit Ausnahme der Notbeleuchtung unzulässig. Die Nutzung der obersten Parkebenen 3 A und 2 B ist von 22 bis 6 Uhr unzulässig. Die Deckenflächen der Parkebenen 1 A, 1 B und 0 B sind nach näheren Maßgaben mit geeigneten Absorptionsmaterialien auszustatten. Im östlichen Bereich und im südöstlichen Bereich der nicht bebaubaren Flächen ist jeweils eine Fläche zum Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen ausgewiesen, dort sind jeweils zwei Bäume zu pflanzen. Die Anlage von Scherrasen ist auf insgesamt 30 Prozent der Fläche und die Pflanzung von Ziersträuchern geringer Ausdehnung auf insgesamt 30 Prozent der Fläche vorzunehmen. Der Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Plans stimmt mit dem Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans überein. Wegen der weiteren Einzelheiten der Festsetzungen wird auf die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Originalplanurkunde Bezug genommen.
7Das Aufstellungsverfahren für den Bebauungsplan nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf: Mit Schreiben vom 7. Juli 2010 beantragte die Beigeladene die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Der Stadtentwicklungsausschuss des Rats der Antragsgegnerin beschloss unter Bezugnahme auf § 13a BauGB im September 2010 die Aufstellung des vorhabenbezogenen Plans. In der Folgezeit fand eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB statt. Die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erfolgte im Frühjahr 2013. Am 11. Juli 2013 beschloss der Stadtentwicklungsausschuss die Offenlage des Planentwurfs im beschleunigten Verfahren. Die Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgte gemäß § 13a Abs. 3 Nr. 2 BauGB nach entsprechender Bekanntmachung des Termins in dem Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 4. September 2013 in der Zeit vom 12. September bis 11. Oktober 2013 einschließlich.
8Im Rahmen der Offenlage ließ die Antragstellerin mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 u. a. einwenden: Es sei mit erheblichen Verschattungswirkungen, insbesondere an der südlichen Gebäudefront und im Grundstücksgarten zu rechnen. Die voraussichtlich offene Parkhausfassade werde zu erheblichen Lärmimmissionen und Lichtimmissionen führen. Das Lärmgutachten weise aus, dass die ohnehin schon hohe Lärmbelastung der Wohnhäuser noch steigen werde. Das Lärmgutachten zeige auf Seite 26 zum Immissionsort 6 auf, dass die Lärmbelastung an der dem Parkhaus zugewandten Fassade ihres Gebäudes tagsüber von 50 auf 55 dB(A) deutlich steigen werde. Die Festsetzungen, die eine Überschreitung der Lärmorientierungswerte vermeiden sollten, seien unzureichend. Der Wohnwert ihrer Häuser werde durch Bau und Betrieb des Parkhauses deutlich beeinträchtigt. Im Rahmen einer Sammeleinwendung ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 26. September 2013 wurde - auch für die Antragstellerin - im Wesentlichen vorgebracht: Die planerische Festsetzung eines Parkhauses, welches unter anderem privat betriebenen Arztpraxen diene, sei nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt, wenn dieser eine Gemeinbedarfsfläche darstelle. Solche Nutzungen fielen nicht unter den Gemeinbedarf des § 5 Abs. 2 Satz 2 BauGB. Die textlichen Festsetzungen zur Einschränkung des Benutzerkreises seien nicht kontrollierbar. Eine effektive Kontrolle derart, dass die Nutzer des Parkhauses tatsächlich dem genannten Personenkreis - Angestellte, Patienten und Besucher des Krankenhauses bzw. der Arztpraxen - entstammten, sei nicht möglich. Entsprechendes gelte für die zeitliche Einschränkung der Nutzung, die für die obersten Parkebenen 3 A und 2 B nach den textlichen Festsetzungen des Nachts unzulässig sei. Das Vorhaben führe zu unzumutbaren Lichtimmissionen. Die Satzungsbegründung sei hinsichtlich der zugelassenen Abstandsflächenüberschreitung abwegig, dies führe zu einem Abwägungsfehler. Wenn schon durch die Festsetzung eines Bebauungsplans die eigentlich erforderliche Abstandsfläche reduziert werde, seien die Belange, die dafür oder dagegen sprächen, in den Blick zu nehmen. Die Festsetzung sei nicht einmal geeignet, weil das angestrebte Ziel, die Unterbindung von Einsichtnahmemöglichkeiten, nicht wirksam erreicht werde. Es sei auch das spezielle Nebeneinander von Wohnhaus und Parkhaus außer Acht geblieben. Das Vorhaben führe zu unzumutbaren Verschattungen. Das Vorhaben überschreite auch nach Süden hin die zulässige rückwärtige Bautiefe. Abwägungsfehlerhaft sei der Plan ferner, weil der etwa 250 qm große Grünstreifen an der B.------straße wegfallen solle. Ferner sei das Schallschutzgutachten unzureichend. Es gehe zu Unrecht von einer effektiven Unterbindung nächtlicher Nutzungen der oberen Parkdecks aus. Außerdem sei die Verkehrsuntersuchung unzureichend. Es fehle bereits an einem hinreichenden Nachweis für einen Bedarf an Kraftfahrzeugstellplätzen. Es sei verkannt worden, dass die Zufahrt zu eng sei.
9Während des Aufstellungsverfahrens lagen eine Schalltechnische Untersuchung, eine Verschattungsstudie, eine Lichtuntersuchung, eine Luftschadstoffuntersuchung und eine Verkehrsuntersuchung für die Erstellung eines Parkhauses auf dem Gelände des F. Krankenhauses vor.
10Am 20. März 2014 schlossen die Beigeladene und die Antragsgegnerin den Durchführungsvertrag. Der Rat beschloss am 8. April 2014 den streitgegenständlichen Bebauungsplan mit Begründung als Satzung. Über die eingegangenen Stellungnahmen wurde gemäß dem Abwägungsvorschlag der Beschlussvorlage entschieden. Die öffentliche Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses erfolgte im Amtsblatt der Antragsgegnerin am 14. Mai 2014. In der Bekanntmachung wurde gemäß § 215 Abs. 2 BauGB darauf hingewiesen, dass eine Verletzung der in § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Vorschriften nur beachtlich sei, wenn sie innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung unter Darlegung des jeweiligen Sachverhalts gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht worden sei.
11Am 23. Mai 2014 hat die Antragstellerin den Normenkontrollantrag gestellt.
12Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Der Antrag sei zulässig. Insbesondere sei sie gemäß § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Sie mache die Verletzung des Abwägungsgebots im Hinblick auf ihre Belange als Eigentümerin, insbesondere des Grundstücks B.------straße 46 geltend. Die Festsetzungen des Bebauungsplans (Baulinie und zwingend festgesetzten Gebäudehöhe) ermöglichten, dass die Abstandfläche des den Gegenstand der Planung bildenden Parkhauses teilweise auf ihrem Grundstück liege. Der Antrag sei auch begründet. Der Plan sei aus den im Rahmen ihrer Einwendungen vorgebrachten Gründen fehlerhaft. Der Plan verstoße gegen das Entwicklungsgebot. Der Flächennutzungsplan stelle eine Gemeinbedarfsfläche dar, die Nutzung des Parkhauses durch Mitarbeiter bzw. Patienten und sonstige Besucher privat geführter Arztpraxen falle nicht darunter. Die festgesetzte Einschränkung des Besucherkreises und auch die zeitliche Einschränkung der Nutzbarkeit der oberen Parkebenen seien nicht effektiv kontrollierbar. Die Nutzung des Parkhauses führe zu Blendungen der Bewohner der gegenüberliegenden Häuser. Das Parkhaus führe zu Verschattungen. Es gehe nicht nur um die Einhaltung der Anforderungen von DIN-Vorschriften. Auch wenn diese eingehalten seien, müssten die Interessen eines Vorhabenträgers und des Nachbarn abgewogen werden, wenn ein Gebäude geplant sei, das sich wie hier etwa hinsichtlich der Bebauungstiefe in die nähere Umgebung nicht einfüge. Die rückwärtigen Baugrenzen seien in städtebaulich nicht nachvollziehbarer Weise überschritten. Es sei nicht richtig, wenn die Antragsgegnerin ausführe, die Gebäudetiefe orientiere sich an derjenigen des Hauses B.------straße 42. Dessen Bautiefe werde zumindest um 3 Meter überschritten. Die Bebauung im Inneren des Straßengevierts könne nicht als Vorbild für die Bautiefe im Planbereich herangezogen werden. Die Grundstücksausnutzung durch das geplante Vorhaben sei unangemessen hoch, dies zeige auch die Unterschreitung der eigentlich gebotenen Abstandflächen nach Süden und Westen hin. Die Abstandfläche der Brüstung des obersten Geschosses liege deutlich auf ihrem Grundstück. Grund für die Erhöhung der Brüstung sei der Zweck der Vermeidung von Einsichtsmöglichkeiten zum benachbarten Wohnhaus gewesen. Damit könne allerdings die Zulässigkeit eines zu geringen Grenzabstands nicht gerechtfertigt werden. Wenn ein solches Parkhaus neben Wohnbebauung erstellt werde, sei die Verhinderung von Einsichtsmöglichkeiten unabdingbar. Solche Überlegungen dürften aber nicht erst dann angestellt werden, wenn das Parkhaus im Übrigen bereits mit gerade noch gemäß § 6 BauO NRW auf dem eigenen Grundstück unterzubringenden Abstandflächen geplant worden sei. Vielmehr müsse dann umgeplant werden. Mit einer bloßen Reduzierung der Einsichtnahmemöglichkeiten, von der die Antragsgegnerin ausgehe, sei ihr, der Antragstellerin, nicht gedient. Was in einem solchen Nebeneinander vornehmlich störe, sei nicht der ganz konkrete Fall, dass jemand oben stehe und hinunterschaue, sondern vielmehr das Gefühl, ständig fremden Blicken ausgesetzt zu sein. In diesem Zusammenhang passe auch nicht der häufig solchen Beanstandungen entgegengehaltene Grundsatz, dass es keinen grundsätzlichen Schutz vor Einsichtnahme gebe. Dies beziehe sich nämlich auf das Nebeneinander von verwandten bzw. miteinander verträglichen Nutzungen, es beziehe sich nicht auf eine Situation, wie sie hier anzutreffen wäre, dass nämlich ein Parkhaus mit wechselndem Besucherverkehr unmittelbar neben Wohnbebauung errichtet werde. Die Antragsgegnerin habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Zufahrt zu eng sei, da diese der Erschließung des Parkhauses, der Zufahrt von Rettungsfahrzeugen und auch für den Fußgängerverkehr dienen solle. Sie habe zudem verkannt, dass das Verkehrsgutachten methodisch unzulänglich sei und an unzutreffende Tatsachenannahmen anknüpfe.
13Die Antragstellerin beantragt,
14den Bebauungsplan Nr. 69445/02 (vorhabenbezogener Bebauungsplan) mit gestalterischen Festsetzungen für unwirksam zu erklären.
15Die Antragsgegnerin beantragt,
16den Antrag abzulehnen,
17und führt zur Begründung im Wesentlichen aus, der Plan sei nicht unwirksam, alle maßgeblichen Umstände seien hinreichend abgewogen worden.
18Die Beigeladene beantragt,
19den Antrag abzulehnen.
20Sie trägt vor: Es fehle bereits am Rechtsschutzbedürfnis. Durch den Plan werde die Antragstellerin besser gestellt als bei einer Beurteilung ohne den Plan auf der Grundlage des § 34 BauGB. Der Plan sei auch in der Sache nicht zu beanstanden. Das Vorhaben sei auch nicht im Hinblick auf Verschattung, Einsicht-nahmemöglichkeiten, Lärm oder erdrückende Wirkung rücksichtslos.
21Der Berichterstatter des Senats hat die Örtlichkeit am 7. Mai 2015 in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Terminsniederschrift Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Planaufstellungsvorgänge und der Planurkunde des Bebauungsplans der Antragsgegnerin Bezug genommen.
22Entscheidungsgründe:
23Der Normenkontrollantrag hat keinen Erfolg. Der Antrag ist zwar zulässig (dazu A.), aber nicht begründet (dazu B.).
24A. Der Antrag ist zulässig.
25Die Antragstellerin ist insbesondere antragsbefugt.
26Die Antragstellerin macht substantiiert abwägungsrelevante Belange geltend. Die Antragsgegnerin hatte im Rahmen der ihr aufgetragenen Abwägung der öffentlichen und der privaten Belange auch zu bedenken, ob die beabsichtigte Planung zu einer Beeinträchtigung des angrenzenden Grundstücks der Antragstellerin führen könnte. Eine solche Beeinträchtigung kommt hier durch Lichteinfall durch Fahrzeuge, Beeinträchtigung der Belichtung des Grundstücks und insbesondere auch durch eine mögliche Inanspruchnahme ihres Grundstücks durch Abstandflächen in Betracht, die das geplante Parkhaus wirft.
27Der Antragstellerin fehlt auch nicht das Rechtsschutzinteresse für ihren Normenkontrollantrag.
28Besteht - wie hier - eine Antragsbefugnis, so ist regelmäßig auch das für einen Normenkontrollantrag erforderliche Rechtsschutzinteresse gegeben. Mit dem Erfordernis des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine neue Prüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Für das Rechtsschutzinteresse reicht es aus, dass sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Antragsteller von Nutzen sein kann.
29Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Dezember 2012 ‑ 7 D 64/10.NE -, BauR 2013, 917 = BRS 81 Nr. 21.
30Diese Anforderungen sind hier erfüllt. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich die planungsrechtliche Beurteilung für die Antragstellerin mit Blick auf das Vorhaben der Beigeladenen als günstiger darstellt, wenn der Plan für unwirksam erklärt und die Beurteilung auf der Grundlage des § 34 BauGB durchgeführt wird. Entgegen der Meinung der Beigeladenen ist es nämlich keineswegs offensichtlich, dass die Realisierung ihres Vorhabens auch ohne Plan auf der Grundlage des § 34 BauGB erfolgen könnte.
31B. Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet.
32Der Bebauungsplan leidet nicht an beachtlichen Mängeln.
33I. Beachtliche formelle Mängel sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
341. Mängel des Verfahrens, das hier als beschleunigtes Verfahren nach § 13 a BauGB von der Antragsgegnerin durchgeführt worden ist, hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Solche Mängel sind im Übrigen auch nicht ersichtlich.
35Da bei Inkraftsetzung des Bebauungsplans gemäß § 215 Abs. 2 BauGB auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB sowie die Rechtsfolgen - in nicht beachtlich fehlerhafter Weise -
36vgl. zu einer ähnlichen Formulierung BVerwG, Urteil vom 14. Juni 2012 - 4 CN 5.10 -, BRS 79 Nr. 41 = BauR 2012, 1620,
37hingewiesen worden ist, wären nach dem zwischenzeitlichen Ablauf der Frist des § 215 Abs. 1 BauGB am 14. Mai 2015 zudem etwaige beachtliche Verfahrensmängel jedenfalls nachträglich unbeachtlich geworden.
382. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan genügt auch den besonderen formellen Anforderungen gemäß § 12 BauGB.
39Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB kann die Gemeinde durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben bestimmen, wenn der Vorhabenträger auf der Grundlage eines mit der Gemeinde abgestimmten Plans zur Durchführung der Vorhaben- und der Erschließungsmaßnahmen (Vorhaben- und Erschließungsplan) bereit und in der Lage ist und sich zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ganz oder teilweise vor dem Beschluss nach § 10 Abs. 1 BauGB verpflichtet (Durchführungsvertrag). Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 BauGB wird der Vorhaben- und Erschließungsplan Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Im Bereich des Vorhaben- und Erschließungsplans ist die Gemeinde bei der Bestimmung der Zulässigkeit der Vorhaben nicht an die Festsetzungen nach § 9 BauGB und nach der aufgrund von § 9 a BauGB erlassenen Verordnung gebunden (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BauGB). Gegenstand eines Vorhaben- und Erschließungsplans müssen ein oder mehrere Vorhaben sein. Das Vorhaben ist mit allen seinen städtebaulich relevanten Parametern textlich und zeichnerisch so konkret zu beschreiben, dass eine Umsetzung der Durchführungsverpflichtung des Vorhabenträgers eindeutig feststellbar ist. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass das vereinbarte und im Vorhaben- und Erschließungsplan geregelte Vorhaben von vornherein eine gewisse Bandbreite an Nutzungsmöglichkeiten umfasst und damit einem Bedürfnis des Vorhabenträgers oder der Gemeinde nach einem nicht allzu starren planerischen Rahmen Rechnung trägt. Der Vorhaben- und Erschließungsplan, der Bebauungsplan und der Durchführungsvertrag müssen aber aufeinander abgestimmt sein und dürfen sich nicht widersprechen. Ein vorhabenbezogener Bebauungsplan, der ein anderes Vorhaben als das im Durchführungsvertrag vereinbarte - ein “aliud“ - zulässt, ist fehlerhaft.
40Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. Februar 2011 ‑ 2 D 36/09.NE -, juris, m. w. N.
41Diese Anforderungen sind hier erfüllt. Der mit dem Vorhaben- und Erschließungsplan identische Bebauungsplan konkretisiert das zulässige Gesamtvorhaben - das Parkhaus mit Grünstreifen und zugehörigen Erschließungsflächen - textlich und zeichnerisch in hinreichender Weise. Insbesondere werden durch die textliche Festsetzung Nr. 1 die in dem festgesetzten bebaubaren Gebiet zulässigen Nutzungen ihrer Art nach hinreichend bestimmt. Die Beigeladene hat als Vorhabenträgerin mit der Antragsgegnerin als planender Gemeinde auch rechtzeitig den Durchführungsvertrag geschlossen und sich darin zur Durchführung des Vorhabens gemäß dem Vorhaben- und Erschließungsplan verpflichtet.
42II. Der Bebauungsplan weist ferner keine beachtlichen materiellen Mängel auf. Er ist insbesondere hinreichend bestimmt (dazu 1.) sowie städtebaulich erforderlich im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB (dazu 2.) und verstößt weder gegen das Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB (dazu 3.) noch gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7 BauGB (dazu 4.).
431. Der Plan verstößt nicht gegen das Bestimmtheitsgebot.
44Das Gebot hinreichender Bestimmtheit von Rechtsnormen ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Es gilt auch für Bebauungspläne. Die zeichnerischen und die textlichen Festsetzungen müssen aus sich heraus bestimmt, eindeutig und verständlich sein. Die von den Festsetzungen Betroffenen müssen vorhersehen können, welchen Einwirkungen ihre Grundstücke ausgesetzt sind. Ob eine Festsetzung den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots genügt, ist in aller Regel eine Frage der Auslegung des Plans im Einzelfall und keiner grundsätzlichen Klärung zugänglich.
45Vgl. OVG NRW, Urteil vom 5. Dezember 2012
46- 7 D 64/10.NE -, BRS 81 Nr. 21 = BauR 2013, 917, m. w. N.
47Danach ist insbesondere die getroffene textliche Festsetzung Nr. 1 zur Art der Nutzung hinreichend bestimmt. Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Beschränkung der Benutzung in personeller und zeitlicher Hinsicht sei unpraktikabel, betrifft dies nicht die Bestimmtheit des Plans, sondern Fragen der Abwägung.
482. Es fehlt dem Bebauungsplan nicht die städtebauliche Erforderlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.
49Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB haben die Gemeinden die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Dem Kriterium der städtebaulichen Rechtfertigung kommt dieselbe Funktion zu wie demjenigen der Planrechtfertigung im Planfeststellungsrecht, nämlich die Planung, die ihre Rechtfertigung nicht in sich selbst trägt, im Hinblick auf die damit verbundenen Rechtseinwirkungen in Einklang mit den gesetzlich zulässigen Planungszielen zu bringen und auf diese Weise grundsätzlich zu rechtfertigen. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind danach Pläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind; § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ferner verletzt, wenn ein Bebauungsplan, der aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit der Vollzugsfähigkeit entbehrt, die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag. In dieser Auslegung setzt § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht hingegen die Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung. Dafür ist das Abwägungsgebot maßgeblich, das im Hinblick auf gerichtliche Kontrolldichte, Fehlerun-beachtlichkeit und heranzuziehende Erkenntnisquellen abweichenden Maßstäben unterliegt. Deswegen kann die Abgewogenheit einer Bauleitplanung und ihrer Festsetzungen nicht bereits zum Maßstab für deren städtebauliche Erforderlichkeit gemacht werden.
50Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2013 - 4 CN 7.11 -, juris.
51Gemessen an diesen Grundsätzen liegt dem Bebauungsplan eine hinreichende positive Planungskonzeption zugrunde. Ziel der Planung ist ausweislich der von der Antragsgegnerin beschlossenen Planbegründung, der Beigeladenen die Errichtung eines Parkhauses zu ermöglichen, um dadurch den Parkraumbedarf des Krankenhauses und auch der zugehörigen Arztpraxen zu decken und gleichzeitig die Umgebung des Krankenhauses von bestehendem Parkdruck zu entlasten.
523. Es liegt kein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB im Hinblick auf die Darstellung des Flächennutzungsplans im Geltungsbereich des vorhabenbezogenen Plans vor.
53Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind Bebauungspläne aus dem Flächen-nutzungsplan zu entwickeln. Aus dem gesetzlichen Ableitungszusammenhang folgt, dass sich für die Darstellungen des Flächennutzungsplans als Entwicklungsgrundlage nicht der Bestimmtheitsgrad eignet, der für Festsetzungen eines Bebauungsplans typisch ist. Der Flächennutzungsplan weist ebenenspezifisch ein grobmaschiges Raster auf, das auf Verfeinerung angelegt ist.
54Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. August 2005 - 4 C 13.04 -, BauR 2006, 52 = BRS 69 Nr. 32.
55Ein Flächennutzungsplan lässt regelmäßig aufgrund seiner geringen Detailschärfe Gestaltungsspielräume offen, die auf der Ebene der gemeindlichen Bebauungsplanung ausgefüllt werden können. Unter der Voraussetzung, dass die Grundzüge des Flächennutzungsplans unangetastet bleiben, gestattet das Entwicklungsgebot auch Abweichungen. Festsetzungen, die mit den Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht vollständig übereinstimmen, indizieren nicht ohne weiteres einen Verstoß gegen das Entwicklungsgebot. Ob den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB genügt ist, hängt davon ab, ob die Konzeption, die zugrundeliegt, in sich schlüssig bleibt.
56Vgl. OVG NRW, Urteil vom 30. August 2007 - 7 D 102/05.NE -, NZBau 2008, 48 = juris.
57Nach diesen Maßstäben ist ein Verstoß gegen das Entwicklungsgebot nicht festzustellen.
58Der Flächennutzungsplan stellt entgegen den Ausführungen der Antragstellerin nicht etwa eine Gemeinbedarfsfläche dar, sondern ein Sondergebiet mit der Nutzung “Krankenhaus“. Auf die zitierte Rechtsprechung zum Begriff der Gemeinbedarfsfläche kommt es deshalb hier nicht an. Der Umstand, dass nicht nur Angestellte, Patienten und Besucher des Krankenhauses das Parkhaus nutzen dürfen, sondern auch Angestellte und Patienten der zugehörigen Arztpraxen, die sich auf dem Krankenhausgrundstück befinden, rechtfertigt nicht die Annahme, es fehle an einer Entwicklung aus dem Flächennutzungsplan im Sinne des Gesetzes. Dies ergibt sich schon aus der Erwägung der Antragsgegnerin in der Satzungsbegründung, die genannten Arztpraxen stünden in einem funktionellen Zusammenhang mit dem Krankenhausbetrieb. Abgesehen davon würde auch dann nichts anderes gelten, wenn man davon ausginge, es fehlte an einem solchen funktionellen Zusammenhang. Aufgrund der im Rahmen des Entwicklungsgebots verbleibenden Spielräume wäre eine Nutzung durch Einrichtungen der ambulanten Versorgung von Kranken wegen der sachlichen Nähe zur stationären Krankenversorgung in einem Krankenhaus auf dem gleichen Grundstück noch mit der Darstellung vereinbar, wenn sie gegenüber dieser jedenfalls nicht dominierte. Für eine solche Dominanz der Nutzung durch Angestellte und Patienten der Arztpraxen ist indes nichts ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus der Formulierung im Plan in Verbindung mit der Satzungsbegründung, die hier im Rahmen der Auslegung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans berücksichtigungsfähig ist,
59vgl. zur Bedeutung der Begründung der Satzung für die Auslegung der Regelungen des Bebauungsplans: Söfker, in Ernst-Zinkahn- Bielenberg, BauGB, § 30 Rn. 21, (Bearbeitung Stand September 2011) unter Hinweis auf OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2009 - 7 A 2091/08 -, juris,
60dass eine überwiegende Nutzung durch Angestellte, Patienten und Besucher des Krankenhauses intendiert ist. Damit setzt sich die Antragstellerin, die in ihrem Vorbringen im Gerichtsverfahren nur die Entwurfsfassung der Offenlage zitiert, nicht weiter auseinander.
614. Eine beachtliche Verletzung des Gebots gerechter Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB liegt ebenfalls nicht vor.
62Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. In der Rechtsprechung ist ferner geklärt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zulasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben. Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bebauungsplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht aus; Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer „planerischen Zurückhaltung“ sein. Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offen gelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen. Ein Konflikttransfer ist mithin nur zulässig, wenn die Durchführung der Maßnahmen zur Konfliktbewältigung auf einer nachfolgenden Stufe möglich und sichergestellt ist. Ob eine Konfliktbewältigung durch späteres Verwaltungshandeln gesichert oder wenigstens wahrscheinlich ist, hat die Gemeinde prognostisch zu beurteilen, da es um den Eintritt zukünftiger Ereignisse geht. Ist insoweit bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung die künftige Entwicklung hinreichend sicher abschätzbar, so darf sie dem bei ihrer Abwägung Rechnung tragen. Löst der Bebauungsplan von ihm aufgeworfene Konflikte nicht, obwohl ein Konfliktlösungstransfer unzulässig ist, so führt dies zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung. Lässt sich die planerische Lösung der Gemeinde unter keinem denkbaren Gesichtspunkt begründen, fehlt es mithin an der Begründbarkeit der gemeindlichen Planung, dann führt dies zudem zu einem Fehler (auch) im Abwägungsergebnis. Denn ein solcher Fehler ist dann anzunehmen, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägungsentscheidung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht, mithin die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten würden. Anders als Mängel im Abwägungsvorgang ist ein Mangel im Abwägungsergebnis stets beachtlich; er führt unabhängig vom Vorliegen weiterer Mängel der Abwägung zur (Teil-) Unwirksamkeit des Bebauungsplans.
63Vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2015 - 4 CN 4.14 ‑, juris.
64Der Plan ist in Anwendung dieser Grundsätze nicht im Hinblick auf die geltend gemachten Aspekte in Bezug auf die Regelungen zum Benutzerkreis (dazu a), planbedingte Lichtimmissionen (dazu b) oder Verschattungen (dazu c), Regelungen zu Abstandflächen (dazu d), den Umfang der zugelassenen Bebauungstiefe (dazu e), planbedingte Einsichtnahmemöglichkeiten (dazu f), planbedingte Lärmimmissionen (dazu g), die Annahmen zum Parkraumbedarf (dazu h) oder die Regelungen zum Wegfall des Grünstreifens bzw. den Ersatz hierfür (dazu i) abwägungsfehlerhaft.
65a) Ein Abwägungsfehler liegt zunächst nicht vor, soweit die Antragstellerin die Beschränkung des Benutzerkreises des Parkhauses als inhaltlich unzureichend rügt. Insoweit konnte die Antragsgegnerin vielmehr weitere Regelungen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens als Lösungsmöglichkeit in Rechnung stellen, um eine rechtserhebliche Nutzung durch andere Personen als diejenigen, die in Nr. 1 der textlichen Festsetzungen benannt sind, in der erforderlichen Weise zu unterbinden. Es kann dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten bleiben, hierzu solche Regelungen zu treffen, die eine Einhaltung in Bezug auf den Ausschluss zweckfremder Nutzungen bzw. die im Begründungstext maßgeblich zugrundegelegte überwiegende Nutzung durch Angestellte, Besucher und Patienten des Krankenhauses hinreichend sicher stellen. Dass eine solche Regelung von vornherein nicht möglich oder unpraktikabel wäre, ist weder substantiiert aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
66Entsprechendes gilt für die Rügen zu der zeitlichen Einschränkung der Benutzung des Parkhauses auf den beiden oberen Parkebenen. Dass die hierzu im Rahmen der Begründung ins Auge gefassten Sicherungsmaßnahmen - Beschilderung und Kontrolle durch Betreiber - nicht ausreichten, vermag der Senat nicht zu erkennen. Sollten die Maßnahmen im späteren Betrieb nicht konsequent umgesetzt werden, wäre es im Übrigen Sache der Antragsgegnerin, als Bauaufsichtsbehörde einzuschreiten, um die Einhaltung dieser auch dem Nachbarschutz dienenden Regelungen durchzusetzen.
67b) Ein Abwägungsfehler liegt ferner nicht im Hinblick auf Lichtimmissionen durch Lichteinwirkungen der Beleuchtung des Parkhauses oder durch die Blendwirkung der Scheinwerfer von Kraftfahrzeugen vor.
68Die Antragsgegnerin hat im Rahmen der Abwägung einen vertretbaren Beurteilungsmaßstab zugrundegelegt. Sie hat sich an dem Gemeinsamen Runderlass „Lichtimmissionen, Messung, Beurteilung und Verminderung“ des Landes NRW vom 13. September 2000 orientiert,
69vgl. Gemeinsamer Runderlass des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Energie und Verkehr und des Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport des Landes NRW vom 13. September 2000, Ministerialblatt NRW vom 2. November 2000, S. 1283,
70ohne insoweit von einer strikten Bindungswirkung auszugehen und hat im Übrigen auch nicht verkannt, dass darin keine ausdrücklichen Regelungen für Lichtimmissionen durch Kraftfahrzeugscheinwerfer getroffen werden.
71Ob Lichtimmissionen zumutbar sind, ist unter Beachtung der Grundsätze, die die Rechtsprechung zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat, im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Der Gemeinsame Runderlass des Landes NRW „Lichtimmissionen, Messung, Beurteilung und Verminderung“ vom 13. September 2000 kann hierzu aber als sachverständige Beurteilungshilfe herangezogen werden.
72OVG NRW, Beschluss vom 27. Februar 2007
73- 7 B 1647/08 -, BRS 74 Nr. 184.
74Die Antragsgegnerin hat die damit angesprochenen Belange zunächst auf der Grundlage der Lichtuntersuchung vom 29. März 2012 hinreichend ermittelt.
75Darin wird zum einen die Beleuchtung des Parkhauses betrachtet und hierzu vorgeschlagen, durch Wahl von Leuchtkörpern, durch geschlossene Fassadenelemente sowie Lamellen in den Fassadenöffnungen die von der Parkhausbeleuchtung ausgehenden Lichtimmissionen weitgehend zu reduzieren. Auf der Grundlage dieser Ermittlungen hat die Antragsgegnerin im Plan hierzu entsprechende Festsetzungen getroffen, nach denen die Beleuchtungskörper so auszurichten sind, dass auf den oberen Parkdecks nur die Parkflächen ausgeleuchtet und auf den weiteren Ebenen eine Abstrahlung durch die Fassadenöffnungen vermieden und dass nachts nur eine Notbeleuchtung betrieben wird. Dass damit unzumutbare Immissionen durch die Parkhausbeleuchtung vermieden werden, hat die Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren nicht mehr substantiiert in Zweifel gezogen.
76Das gleiche gilt im Ergebnis für die des Weiteren gerügte Blendwirkung durch Kraftfahrzeugscheinwerfer. Hierzu wird in der Lichtuntersuchung, auf die sich die Antragsgegnerin ausweislich der Satzungsbegründung und der Darstellung und Bewertung der im Rahmen der Offenlage eingegangenen Stellungnahmen auch insoweit bezogen hat, festgestellt, dass durch die weitgehend geschlossenen Fassadenelemente Lichtimmissionen durch auf den Parkebenen fahrende Fahrzeuge minimiert werden. Im Anschluss daran wird auch in der Satzungsbegründung festgestellt, dass eine Blendung durch Kraftfahrzeugscheinwerfer durch die nicht transparenten Fassadenelemente sowie Lamellenkonstruktionen minimiert wird. Dies wird durch die dem Gutachten beigefügten Schnittzeichnungen hinreichend erläutert. Danach fallen auch die Scheinwerferkegel während des Befahrens der Rampen in Richtung auf das Haus der Antragstellerin nicht in Bereiche, in denen sich in der Giebelseite Fensteröffnungen befinden. Soweit die Antragstellerin rügt, diese Festsetzungen seien unzulänglich, weil eine „lichtumlenkende Konstruktion“ Verschiedenes bewirken könne, ist hierbei zu berücksichtigen, dass eine Konkretisierung dieses Begriffs durch die bei der Auslegung des Plans berücksichtigungsfähige Satzungsbegründung erfolgt ist. Dort wird ausgeführt, dass die Lamellen derart geneigt eingebaut werden, um besonders im Bereich der Rampen durch hoch fahrende Pkw verursachte Streiflichter auf den gegenüberliegenden Fassaden zu vermeiden.
77Soweit die Antragstellerin ferner geltend macht, die Regelungen reichten nicht aus, weil auch die Beeinträchtigungen der Wohnhäuser an der gegenüber liegenden Seite der B.------straße durch auf den waagerechten Bereichen fahrende Fahrzeuge zu berücksichtigen seien, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Hierbei ist zunächst in Rechnung zu stellen, dass insoweit auch bisher schon durch die bestehende Parkplatzanlage mit Lichtimmissionen durch Kraftfahrzeugscheinwerfer gerechnet werden musste. Solche Einwirkungen sind bei Platzierung einer Ausfahrt gegenüber von Wohnbebauung auch nicht vermeidbar. Hierzu hat die Antragsgegnerin in der Satzungsbegründung ergänzend ausgeführt, die Immissionen durch die vom Grundstück auf die B.------straße abfahrenden Fahrzeuge, welche unter anderem eine Steigung hinaufführen, sei vergleichbar mit den bereits heute vorhandenen Lichtimmissionen, da es sich in den Abendstunden hauptsächlich um Krankenhausangestellte handele. Eine deutliche Steigerung der Parkvorgänge und Fahrvorgänge durch die Realisierung des Parkhauses sei nicht zu erwarten. Soweit in diesem Zusammenhang von der Antragstellerin schließlich gerügt wird, die der B.------straße zugewandten Brüstungselemente seien zu niedrig und erlaubten ein Hinausstrahlen des Scheinwerferlichts, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Antragsgegnerin ist im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung nicht etwa davon ausgegangen, dass jegliche Lichteinwirkungen vermieden werden. Einen solchen Zustand musste sie zur Vermeidung unzumutbarer Lichtimmissionen nach den aufgezeigten Maßstäben auch nicht anstreben.
78c) Ein Abwägungsfehler liegt auch nicht unter dem Aspekt der Verschattung vor.
79Zunächst ist der von der Antragsgegnerin zugrundegelegte Maßstab nicht zu beanstanden. Sie geht davon aus, dass hier unzumutbare Beeinträchtigungen durch Verschattung vermieden werden, wenn die Anforderungen der genannten DIN 5034 eingehalten seien.
80Allerdings gibt es für die materiell-rechtliche Beurteilung der Zumutbarkeit einer Verschattung durch einen Baukörper keinen normativ verbindlichen Maßstab. Vielmehr beantwortet sich diese Frage nach den Umständen des Einzelfalls im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung.
81Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. April 2015 ‑ 2 B 177/15.NE -, juris.
82Eine solche Betrachtung hat die Antragsgegnerin indes der Sache nach vorgenommen und sich nicht etwa im strikten Sinne als durch die genannte DIN-Vorschrift gebunden gesehen.
83Auf der Grundlage dieses zutreffenden Ansatzes hat die Antragsgegnerin mithilfe der Sachverständigengutachten vom 23. Januar 2012 und 25. Juni 2012 auch hinreichend die zu erwartenden Verschattungen ermittelt. Diese Gutachten gelangen zu dem nicht durchgreifend erschütterten Resultat, dass die Anforderungen der genannten DIN 5034 „Tageslicht in Innenräumen“ eingehalten werden. Danach liegt die Besonnungsdauer der dem Vorhaben zugewandten Fassade am 17. Januar bei weit über einer Stunde, dem Mindestwert nach der DIN-Vorschrift. Zum Zeitpunkt der Tagundnachtgleiche liegt die Besonnungsdauer danach ebenfalls deutlich über dem Mindestwert von 4 Stunden täglich.
84Die Antragstellerin rügt ohne Erfolg ein Ermittlungsdefizit hinsichtlich der Verschattung der Außenflächen ihres Grundstücks. Aus den in der Satzungsbegründung und der Darstellung und Bewertung der Stellungnahmen in Bezug genommenen Gutachten lässt sich hinreichend entnehmen, inwieweit auch der Außenbereich betroffen ist. Hierzu hat die Antragsgegnerin in der Begründung der Abwägung darauf hingewiesen, dass auch im Garten des Hauses der Antragstellerin die Mindestbesonnungsdauer zu den genannten Zeitpunkten erhalten bleibt, wenn das Vorhaben verwirklicht sein wird.
85d) Ein Abwägungsfehler liegt des Weiteren nicht im Hinblick auf einen planbedingten Abstandsverstoß zulasten der Antragstellerin vor.
86Durch die Festsetzung einer Baulinie in Verbindung mit einer zwingenden Höhenvorgabe im östlichen Bereich des Plangebiets hat die Antragsgegnerin der Sache nach eine Festsetzung getroffen, mit der die Tiefe der bauordnungsrechtlich gebotenen Abstandfläche verringert wird.
87Es kann dahinstehen, ob diese Regelung unmittelbar auf § 12 BauGB oder auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB zu stützen ist. Jedenfalls erlaubt § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB auch entsprechende, die Abstandflächen verringernde Festsetzungen in einem Bebauungsplan. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB kann der Plangeber auch eine - von dem bauordnungsrechtlichen Vorgaben - abweichende Tiefe der Abstandfläche festsetzen. Dies schließt auch die Befugnis ein, geringere Tiefen der Abstandfläche festzusetzen, als nach der Bauordnung NRW vorgesehen.
88Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. November 2009 ‑ 7 D 124/08.NE -, juris; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 22. Dezember 2014 - 1 MN 118/14 -, BauR 2015, 620.
89Ein Abwägungsmangel liegt auch in diesem Zusammenhang nicht vor. Im Rahmen der Begründung ging der Rat von einem Abstand von 5,90 m und einer Abstandfläche von 6,34 m aus, und begründete auf dieser Grundlage die Festsetzung einer östlichen Baulinie in Verbindung mit einer zwingenden Höhenfestsetzung der Brüstungshöhe im östlichen Teil des Parkhauses.
90Die Antragsgegnerin hat damit den Umstand, dass der Abstand nicht gewahrt ist, nicht etwa verkannt. Die Antragsgegnerin ist im Rahmen der Abwägung - wie aus der Planbegründung ersichtlich - davon ausgegangen, der Abstand sei nicht gewahrt, die Überschreitung auf ein Maß von 6,34 m, d. h. um 44 cm, sei aber gerechtfertigt, weil sie aus der zugunsten der Antragstellerin vorgenommenen Erhöhung der Brüstung der östlichen Seite des Parkhauses folge.
91Die Antragsgegnerin ist auch nicht etwa von unzutreffenden Annahmen in Bezug auf den Umfang der Abstandflächenverringerung ausgegangen. Vielmehr ergibt sich unter Berücksichtigung der Festsetzungen des Bebauungsplans und der Regelungen im Durchführungsvertrag sowie den dort enthaltenen Höhenmaßangaben, dass die Überschreitung der Abstandfläche nicht mehr als 44 Zentimeter beträgt. Nach der beigehefteten Anlage 3 des Durchführungsvertrags beträgt die Geländehöhe auf dem Grundstück der Beigeladenen zwischen Parkhaus und Grenze zum Grundstück der Antragstellerin straßenseitig 46,44 m und fällt rückwärtig bis zum Rand des Plangebiets auf bis 45,05 m ab. Am südlichen Ende des Parkhauses beträgt die Höhe des Geländes etwa 45,10 m.
92Die dieser Überschreitung im Rahmen der Abwägung entgegen gestellten Belange, auf die die Antragsgegnerin Bezug genommen hat, rechtfertigen die planerische Entscheidung. Zwar bedarf es für die Festlegung einer gegenüber den Vorgaben der Bauordnung NRW geringeren Tiefe der Abstandfläche einer besonderen städtebaulichen Rechtfertigung.
93Vgl. OVG NRW, Urteil vom 20. November 2009 ‑ 7 D 124/08.NE -, juris.
94Eine solche Rechtfertigung ist jedoch angesichts der aufgezeigten örtlichen Verhältnisse gegeben. Die Antragsgegnerin hat in der Satzungsbegründung nachvollziehbar ausgeführt, dass weder eine Absenkung des Baukörpers noch dessen Verschiebung in westliche Richtung vorzugswürdig wären. Angesichts der aufgezeigten Umstände ist mithin auch mit Blick auf das Vorbringen der Antragstellerin ein Abwägungsfehler in diesem Zusammenhang nicht festzustellen.
95Ein Abwägungsfehler ergibt sich entgegen der Meinung der Antragstellerin nicht etwa daraus, dass die Festsetzung zur Erreichung des angestrebten Ziels, der Vermeidung ungehinderter Einsicht auf die Nachbarbebauung vom oberen Bereich des Parkhauses aus, ungeeignet wäre. Die zur Illustrierung dieser Auffassung eingereichte Bilddarstellung belegt zwar anschaulich, dass es Menschen gibt, die über eine nahe gelegene Brüstungshöhe von 160 cm mühelos hinwegschauen können. Daraus folgt aber lediglich, dass eine Einsichtnahme bei einem Verhalten von Parkhausbenutzern entsprechender Größe, das sich als gezieltes Aufsuchen eines Standorts in Brüstungsnähe darstellt, möglich bleibt. Dies hat die Antragsgegnerin aber weder verkannt – sie geht ausweislich der Satzungsbegründung und der Darstellung und Bewertung der Stellungnahmen lediglich von einer Reduzierung der Einsichtnahmemöglichkeiten aus – noch musste sie solche Einsichtnahmen völlig ausschließen. Für die Eignung des Mittels im Hinblick auf die in Rede stehende Zielsetzung reichte es vielmehr aus, die Einsichtnahme für einen erheblichen Teil der Parkdecknutzer in erheblicher Weise zu erschweren bzw. auszuschließen. Mehr als eine Reduzierung musste die Antragsgegnerin entgegen der Meinung der Antragstellerin nicht anstreben.
96e) Nach den aufgezeigten Maßstäben ist die der Planung zugrunde liegende Abwägung auch nicht zu beanstanden, soweit es um die zu überbauende Fläche geht, deren Tiefe im rückwärtigen, südlichen Bereich die Antragstellerin rügt.
97Die Antragsgegnerin hat nicht verkannt, dass der Plan eine Überschreitung der rückwärtigen Baugrenze planungsrechtlich zulässt. Diese planerische Entscheidung als Ergebnis der Abwägung leidet auch nicht an einer fehlerhaften Bewertung der betroffenen Belange. In der Satzungsbegründung wird zwar darauf abgestellt, dass die Bautiefe „weitgehend“ der der Bebauung B.------straße Nr. 42, des Schwesternwohnheims, entspricht, darin liegt aber kein Abwägungsmangel. Die insoweit angesprochene „Orientierung“ an der Bebauungstiefe des Nachbargrundstückes setzt nicht voraus, dass es sich um exakt das gleiche Maß handelt. Angesichts der Dimensionen der jeweiligen Baukörper erscheint eine Überschreitung der Tiefe von etwa 3 Metern in diesem planerischen Zusammenhang als nicht erheblich. Danach ist im Übrigen auch unter Berücksichtigung der mündlichen Erläuterungen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung des Senats nicht zu erkennen, dass die Antragsgegnerin - ungeachtet der planungsrechtlich zulässigen Bebauungstiefe - bei der Abwägung in diesem Zusammenhang von falschen tatsächlichen Annahmen ausgegangen wäre.
98Ein Abwägungsmangel ergibt sich hier entgegen dem Antragsvorbringen auch nicht aus einem zu geringen Abstand zur südlich gelegenen Bebauung des Krankenhauses (Bettenhaus) der Beigeladenen. Ausweislich der Satzungsbegründung hat die Antragsgegnerin diesen Aspekt erkannt und zur Begründung ihrer Entscheidung darauf abgestellt, dass eine Abstandsunterschreitung möglich sei, da in diesem Bereich keine Fensteröffnungen von Aufenthaltsräumen vorhanden seien und deshalb Belange des Brandschutzes nicht entgegen stünden.
99f) Ein Abwägungsfehler liegt ferner nicht im Hinblick auf die gerügten Einsichtnahmemöglichkeiten vor.
100Ergibt sich von einem Bauvorhaben aus die Möglichkeit der Einsichtnahme in ein Nachbargrundstück, so verletzt dies in aller Regel nicht das Gebot der Rücksichtnahme, weil dies in bebauten innerörtlichen Bereichen zur Normalität gehört.
101Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 1. Juni 2007 ‑ 7 A 3852/06 -, BauR 2007, 1557 = BRS 71 Nr. 127 und vom 23. Juni 2015 - 7 B 570/15 -.
102Danach können die - unstreitig durch die Höhe der Brüstungen an der östlichen Seite zum Grundstück der Antragstellerin hin reduzierten – Einsichtnahme-möglichkeiten nicht beanstandet werden. Entgegen der Meinung der Antragstellerin gilt dieser Grundsatz nicht nur im Verhältnis des Nebeneinanders gleichartiger Nutzungen. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht die subjektive Befindlichkeit der Bewohner der Nachbarschaft, sondern die objektive Einsichtnahmemöglichkeit. Solche objektiven Einsichtnahmemöglichkeiten sind zwar durch die erhöhten Brüstungen - wie dargelegt - nicht völlig ausgeschlossen, werden aber durch die Planung in hinreichender Weise reduziert.
103Dem hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung unter Vertiefung seines schriftsätzlichen Vorbringens ohne Erfolg entgegen gehalten, eine Hinnahme der Einsichtsmöglichkeiten sei für die Antragstellerin unzumutbar, weil das planerische Gesamtkonzept fehlerhaft sei, es lasse eine übermäßige Grundstücksnutzung zu, die keineswegs zwangsläufig, sondern von der Antragsgegnerin unreflektiert zugelassen worden sei. Aus den vorstehenden Gründen vermag der Senat nach Auswertung der Planbegründung und der Darstellung und Bewertung der im Rahmen der Offenlage eingegangenen Stellungnahmen nicht zu erkennen, dass die Antragsgegnerin ein Vorhaben planerisch „unreflektiert“ zugelassen hätte oder von einer nicht bestehenden „Zwangsläufigkeit“ der zugelassenen Dimensionierung ausgegangen wäre.
104g) Ein beachtlicher Abwägungsmangel liegt auch nicht mit Blick auf die Rügen der Antragstellerin zur Lärmproblematik vor. Der Senat hat keine Zweifel an der Belastbarkeit der schalltechnischen Untersuchung, die dem Satzungsbeschluss zugrunde liegt.
105Sachverständigengutachten, die sich auf Prognosen beziehen, sind vom Gericht nur darauf zu überprüfen, ob die Prognose mit den im maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist.
106Vgl. dazu näher OVG NRW, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 7 D 18/13.NE -, juris, m. w. N.
107Die gegen das Gutachten zielenden Angriffe der Antragstellerin greifen danach nicht durch.
108Sie macht geltend, wegen der Enge der Zufahrt komme es zu einem Rückstau, dies habe der Gutachter im Rahmen der Bezugnahme auf die Verkehrsuntersuchung verkannt. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Aus den detaillierten Erwägungen in der Darstellung und Bewertung der Stellungnahmen ergibt sich vielmehr, dass auf der Grundlage des Gutachtens die Bildung von im vorliegenden Zusammenhang erheblichen Rückstaus von mehr als vier Fahrzeugen ungeachtet der Nutzung der Ein- und Ausfahrt zum Parkhaus auch als Zufahrt durch Rettungsfahrzeuge nicht zu erwarten ist. Dort wird zu diesem Punkt auf den entsprechenden Leistungsfähigkeitsnachweis im Verkehrsgutachten und die Wirkungen der Anzeige des Parkhausbelegungsgrads verwiesen.
109Auch die Rüge zu der Einhaltung des Nachtwerts wegen einer befürchteten planwidrigen Benutzung der oberen Parkdecks auch zur Nachtzeit greift nicht durch. Hierzu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden, nach denen Regelungen über die effektive Sperrung der Stellplätze der oberen Parkdecks in dem Baugenehmigungsverfahren getroffen werden und diesem vorbehalten bleiben können.
110h) Ein Abwägungsfehler liegt auch nicht insoweit vor, als die Antragstellerin die Parkraumsituation bzw. den Parkraumbedarf anspricht und damit der Sache nach geltend macht, es bestehe kein Bedarf für das geplante Parkhaus. Die Antragsgegnerin hat sich hierzu in selbständig tragender Weise auf die Erwägung gestützt, der Bedarf ergebe sich schon aus der geringen Zahl der bestehenden Stellplätze. Unabhängig davon ergibt sich eine der Abwägung zugrundegelegte hinreichende Bedarfsfeststellung auch aus den weiteren, an das vorliegende Gutachten anknüpfenden Erwägungen. Das Verkehrsgutachten vom August 2013, das sich auch zur Parkraumsituation verhält, gibt keinen hinreichenden Anlass zur Beanstandung.
111Den oben genannten Anforderungen genügt das Gutachten. Im Rahmen der Parkraumanalyse gelangt es zu der Feststellung, das bestehende Stellplatzangebot des bisherigen Parkplatzes reiche nicht aus, um die Nachfrage durch das Krankenhaus zu befriedigen, deshalb nutzten Besucher auch Stellplätze im öffentlichen Verkehrsraum, was zu erheblichen Parksuchverkehren führe. Den Umfang des Potenzials für die Reduzierung der Parksuchverkehre hat der Gutachter auf der Grundlage einer Zählung der Anzahl und Dauer von Parkvorgängen an einem Werktag prognostiziert. Als Fahrzeuge von Besuchern wurden dabei solche gewertet, die eine Parkdauer von 1 – 3 Stunden hatten, kürzere Parkdauerphasen wurden verschiedenen Besorgungen, längere Parkdauerphasen Anwohnern, Arbeitern, sonstigem zugeordnet. Ermittelt wurden 305 (58 %) Parkvorgänge von Besuchern.
112Die von der Antragstellerin vorgebrachten Rügen in Bezug auf das Potential für die Reduzierung von Parksuchverkehr greifen nicht durch. Sie kritisiert, dass der Zähltag nicht genannt sei, dass die Kategorisierung nicht nachvollziehbar sei und dass nicht ermittelt worden sei, wie viele Besucher tatsächlich unmittelbar das Parkhaus anfahren und nicht eine weitere Runde um das Straßengeviert fahren würden. Solche Anforderungen mussten vorliegend indes nicht erfüllt werden.
113Ebenso ohne Erfolg rügt die Antragstellerin die an die Feststellungen zur Besucherzahl im Gutachten anknüpfende Annahme der Antragsgegnerin, die Zunahme der Patientenzahlen habe zu einer Zunahme auch der Besucherzahlen geführt. Die Überlegung der Antragstellerin, dies beruhe auf kürzeren Aufenthaltszeiten, dadurch erhöhe sich nicht die Zahl der zum gleichen Zeitpunkt anwesenden Patienten und damit die entsprechende Besucherzahl, greift zu kurz. Vielmehr erscheint diese Annahme als durchaus vertretbar. Die Antragsgegnerin hat sich hierzu für die Tatsache, dass dies zugleich mit einer höheren Zahl der gleichzeitig präsenten Patienten korrespondiert, zudem selbständig tragend auf Feststellungen der Beigeladenen berufen.
114i) Ebenso wenig liegt ein beachtlicher Mangel der Abwägung mit Blick auf die Beseitigung des bisherigen Grünstreifens zwischen Parkplatz und B.------straße vor.
115Nach § 1a Abs. 3 Satz 1 BauGB sind die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchst. a bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu berücksichtigen. Nach § 1 a Abs. 3 Satz 2 BauGB kann der Ausgleich von Eingriffen in Natur und Landschaft planintern im Bebauungsplan selbst durch geeignete Festsetzungen nach § 9 BauGB als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich erfolgen.
116Vgl. hierzu allg. OVG NRW, Urteil vom 27. Mai 2013 - 2 D 37/12.NE -, BauR 2013, 1966 = BRS 81 Nr. 34.
117Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG sind die Bestimmungen über die Eingriffsregelung in §§ 14-17 BNatSchG allerdings auf Vorhaben im Innenbereich nach § 34 BauGB nicht anzuwenden.
118Auch wenn man davon ausgehen würde, dass hier eine Beeinträchtigung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts im innerstädtischen Bereich in Betracht käme, hatte die Antragsgegnerin nach den genannten Regelungen nicht von einem Eingriff im Rechtssinne auszugehen. Es genügte, dass sie der Sache nach im Rahmen der Abwägungsentscheidung die betroffenen Aspekte zutreffend erfasst, bewertet und ausgeglichen hat, indem sie Ersatzpflanzungen von Bäumen und weitere Maßnahmen zur Begrünung in hinreichendem Umfang vorgesehen hat. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die dafür vorgesehene Fläche mit etwa 140 Quadratmetern kleiner ist als die ursprüngliche Grünfläche. Abgesehen davon, dass dem die Vorgabe der Pflanzung von insgesamt vier Bäumen statt bisher mit zwei Bäumen gegenüber steht, war im Rahmen der Abwägung ein vollständiger Ausgleich nicht geboten.
119Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt, denn diese hat einen Sachantrag gestellt und sich damit selbst einem prozessualen Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
120Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO und den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
121Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Antragsgegner zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.
(2) Die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden sind aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen.
(3) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten.
(4) Für die Belange des Umweltschutzes nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 und § 1a wird eine Umweltprüfung durchgeführt, in der die voraussichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen ermittelt werden und in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden; die Anlage 1 zu diesem Gesetzbuch ist anzuwenden. Die Gemeinde legt dazu für jeden Bauleitplan fest, in welchem Umfang und Detaillierungsgrad die Ermittlung der Belange für die Abwägung erforderlich ist. Die Umweltprüfung bezieht sich auf das, was nach gegenwärtigem Wissensstand und allgemein anerkannten Prüfmethoden sowie nach Inhalt und Detaillierungsgrad des Bauleitplans angemessenerweise verlangt werden kann. Das Ergebnis der Umweltprüfung ist in der Abwägung zu berücksichtigen. Wird eine Umweltprüfung für das Plangebiet oder für Teile davon in einem Raumordnungs-, Flächennutzungs- oder Bebauungsplanverfahren durchgeführt, soll die Umweltprüfung in einem zeitlich nachfolgend oder gleichzeitig durchgeführten Bauleitplanverfahren auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen beschränkt werden. Liegen Landschaftspläne oder sonstige Pläne nach § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe g vor, sind deren Bestandsaufnahmen und Bewertungen in der Umweltprüfung heranzuziehen.
Tenor
Die Anträge werden abgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich als Nachbarin gegen einen den Rechtsvorgängern der Beigeladenen erteilten Vorbescheid zum Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf dem Grundstück ...str. 128a, Fl.Nr. ... Gemarkung ...
Die Klägerin ist Eigentümerin des unmittelbar östlich an das Vorhabengrundstück angrenzende Anwesens ...str. 43, 45, 47, Fl.Nrn. ..., welches mit einem im Jahr 1957 errichteten fünfgeschossigen Mehrfamilienhaus mit Tiefgarage bebaut ist.
Die Beigeladenen sind die Eigentümer des streitgegenständliche Baugrundstücks, ...str. 128a, Fl.Nr. ..., auf dem sich einen Tankstellenanlage befindet, die nicht mehr betrieben wird.
Das geplante Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines übergeleiteten Baulinienplan, der als einfacher Bebauungsplan i. S. v. § 30 Abs. 3 BauGB fort gilt. Planungsrechtlich ist eine Baulinie in einem Abstand von 5 m zur Straßenbegrenzungslinie festgesetzt. In der ...straße zwischen ...straße und ...straße ist weit überwiegend geschlossene Bauweise mit vier- und fünfgeschossigen Gebäuden vorzufinden. Die nördlich, westlich und östlich an das streitgegenständliche Grundstück angrenzenden Gebäude ...str. 132 und 128, sowie ...str. 43, 45, 47 sind jeweils fünfgeschossig.
Vergleiche zur baulichen Situation auf den Grundstücken sowie zur Umgebungsbebauung folgenden Lageplan 1:1000:
Am 20. November 2012 beantragten die Rechtsvorgänger der Beigeladenen einen Vorbescheid nach Plan-Nr. .... Nach den Planunterlagen ist auf dem streitgegenständlichen Grundstück ...str. 128a, FlNr. ... eine fünfgeschossige Grenzbebauung zum nördlich angrenzenden Anwesen, ...str. 128, Fl.Nr. ... und eine etwa 4,50 m breite Garagenzufahrt zwischen dem Vorhabengebäude und dem daran südlich angrenzenden Nachbargebäude, ...str. 132, Fl.Nr. ... geplant. Zur Straßenseite ist eine Bebauung entlang der Baulinie vorgesehen. Zum östlich angrenzenden klägerischen Anwesen, ...str. 47, 45, 43, Fl.Nr. ... soll nach den Planunterlagen ein Abstand zur gemeinsamen Grundstücksgrenze von etwa 11,24 m eingehalten werden.
Am ... Februar 2013 erteilte die Beklagte den beantragten Vorbescheid. Sie führte aus, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 30 Abs. 3, § 34 Absatz 2 BauGB beurteile. Im Einzelnen wurden die im Vorbescheidsantrag gestellten 3 Fragen folgendermaßen beantwortet:
Frage 1: Gebäudemaße, Situierung:
Ist das Gebäude - wie im beiliegenden Plan dargestellt - mit Grundrissabmessungen von mind. 10,9 m x 37,3 m und einer Wandhöhe von 14,7 m straßenseitig und 13,7 m nach Osten, einer Firsthöhe von 18,31 m als höhengleiche Verlängerung des südlichen Nachbargebäudes (...straße 128, FlNr. ...) entlang der Baulinie an der ...straße planungsrechtlich zulässig?
Antwort: Ja, das Vorhaben ist nach den Planangaben, in Anpassung an die Nachbargebäude sowohl in seiner Höhenentwicklung als auch in der Gebäudetiefe planungsrechtlich zulässig.
Frage 2: Kommunanbau:
Ist die Kommunbebauung entlang der straßenseitigen Baulinie (...straße) bis zur nördlichen Grundstücksgrenze planungsrechtlich zulässig, nachdem die südliche Wand des Hauses ...straße 132 keine notwendigen Fenster hat und somit die Belichtung der dortigen Räume nicht beeinträchtigt wird? (s. Planeintrag Punkt 5: spiegelbildl. Wohnung ebenfalls ohne seitliche Fenster)
Antwort: Ja, geschlossene Bebauung ist entlang der ...str. vorgegeben, so dass die geplante Kommunbebauung planungsrechtlich zulässig ist.
Frage 3: östliche Abstandsfläche:
Wird eine Abweichung gemäß Art. 63 BayBO in Bezug auf den östlichen Nachbarn (FlNr. ...) für das dargestellte Gebäude in Aussicht gestellt; aufgrund der Tatsache, dass entlang der ...straße eine rote Baulinie besteht und der östliche Nachbar die Abstandsflächen selbst nicht einhält?
Antwort: Ja, die Abweichung gemäß Art. 63 BayBO wird in Aussicht gestellt. Im maßgeblichen Umgriff ist in Teilbereichen immer wieder die Abstandsfläche nicht eingehalten. Die Abstandsflächen in der dargestellten Form fallen nicht oder nur geringfügig in den Gebäudebestand, so dass für die bestehenden Nutzungen noch von ausreichender Belichtung und Belüftung ausgegangen werden kann.
Eine Nachbarausfertigung wurde der Klägerin mit Postzustellungsurkunde am 15. Februar 2013 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 15. März 2013, bei Gericht am gleichen Tag eingegangen, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen den streitgegenständlichen Vorbescheid Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben und beantragten,
den Vorbescheid der Beklagten vom ...02.2013 aufzuheben.
Zur Begründung wurde im Schriftsatz vom 22. Mai 2013 im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin sich mit ihrer Klage gegen die mit dem Vorbescheid erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Höhenentwicklung und die damit verbunden Inaussichtstellung einer Abweichung hinsichtlich der Einhaltung der Abstandsflächen zum westlich gelegenen Grundstück Fl.Nr. ... wende. Nach den Berechnungen im Vorbescheidsantrag vom 20. November 2012 werfe das klägerische Anwesen eine Abstandsfläche von 129 qm auf das Vorhabengrundstück. In Bezug auf die durch das Vorhaben verursachte Abstandsflächenüberschreitung auf das klägerische Grundstück sei eine „eigene“ Überschreitung in einem Umfang von 128 qm dargestellt. Im Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vom 26. April 2013 werde dagegen behauptet, dass durch das klägerische Anwesen Abstandsflächen in einem Umfang von 145,69 qm auf das Vorhabengrundstück fallen würden. Demgegenüber werfe das streitgegenständliche Vorhaben Abstandsflächen in einem Umfang von nur 128,40 qm auf das klägerische Grundstück. Eine Nachberechnung der Abstandsflächendarstellung sowohl in der Einreichplanung vom 20. November 2012 als auch in dem jüngst vorgelegten Plan „Abstandsflächenüberschreitung“ zeige, dass auf das Grundstück der Beigeladenen Abstandsflächen in einem Umfang von lediglich 121,95 qm (10,85 x 11,24 m) geworfen würden. Das klägerische Anwesen werde dagegen durch eine Abstandsflächenüberschreitung in einem Umfang von insgesamt 129,02 qm beeinträchtigt. Eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO setze einen vom Regelfall abweichenden Sonderfall, eine so genannte Atypik voraus, die vorliegend jedoch nicht gegeben sei. In ihrer Abweichungsentscheidung unterstelle die Beklagte rechtsfehlerhaft, dass der geplante Baukörper in jeder Hinsicht planungsrechtlich zulässig sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass vorliegend allein das Anwesen ...str. 132 als alleiniger Maßstab für die zulässige Gebäudetiefe dienen soll. Die Klägerin vertrete die Auffassung, dass das Anwesen ...str. 128 als maßgeblicher Bezugsrahmen für die zulässige Gebäudetiefe zu dienen habe. Auch die beantragte Höhenentwicklung ergebe sich nicht zwingend, da die nördlich des Baugrundstücks vorhandene Bauzeile eine maßvollere Höhenentwicklung aufweise. Das klägerische Anwesen Fl.Nr. ... sei bereits im Jahr 1957, mithin ohne Geltung der Bayerischen Bauordnung, bebaut worden. Im Rahmen der Dachgeschossausbaumaßnahme im Jahr 2005 sei die bestehende Abstandsflächensituation wie sie sich seit Inkrafttreten der BayBO darstelle, nicht nachteilig zulasten der Nachbargrundstücke verletzt worden. Aufgrund der unterschiedlichen rechtlichen Rahmenbedingungen sei es daher äußerst fragwürdig, ob - die Gleichwertigkeit bzw. Vergleichbarkeit der wechselseitigen Abstandsflächenüberschreitungen unterstellt - der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung greifen könne. Im Hinblick auf die Gleichwertigkeit der Abstandsflächenverstöße sei jedenfalls zu berücksichtigen, dass der streitgegenständliche Abstandsflächenverstoß sich über die gesamte Grundstücksgrenze erstrecke. Der klägerische Abstandsflächenverstoß beziehe sich lediglich auf einen circa 11 m langen Wandteil. Da unter Überschreitung der auf dem Nachbaranwesen ...straße 128 vorzufinden Gebäudetiefe eine Gebäudetiefe von 10,9 m geplant sei würde hierdurch die Abstandsfläche zumindest in einem Teilbereich in den Gebäudebestand falle.
Mit Schreiben vom 12. April 2014 ist die Beklagte der Klage entgegengetreten und beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung werde auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 beantragten die Prozessbevollmächtigten der ursprünglichen Beigeladenen die kostenpflichtige Klageabweisung, da die Ausführungen der Beklagten im Vorbescheid (östliche Abstandsfläche) nicht zu beanstanden seien. Das Objekt liege an einer roten Baulinie, so dass vorliegend keine Abstandsflächen greifen würden. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass die Abstandsfläche der Klägerin in größerem Umfang auf das Grundstück der Beigeladenen (145,69 m²) falle als umgekehrt (128,40 m²). Nach Treu und Glauben sei eine Berufung auf eine Verletzung nachbarschützender Vorschrift nicht zulässig, wenn auch die Bebauung auf dem eigenen Grundstück nicht dieser Vorschrift entspreche und wenn die beiden Abweichungen in etwa gleichgewichtig seien und nicht zu schlechthin untragbaren, als Missstand zu qualifizierenden Verhältnissen führen.
Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2014 haben die Prozessbevollmächtigten der nunmehr Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin bezüglich des Vorhabensgrundstücks beantragt,
die Klage kostenpflichtig abzuweisen.
Das Vorhaben greife die geschlossene Bauweise auf und orientiere sich an der in der Nachbarschaft vorhandenen Gebäudetiefe (...str. 132-140, 142-146). Die Bebauung im Bereich ...str./...str. gehe in der Tiefenentwicklung noch deutlich darüber hinaus. An der Westfassade des klägerischen Anwesens würde sich in jedem Stockwerk ein zum Grundstück der Beigeladenen hin ausgerichtetes Fenster befinden, das zu einem Schlafraum gehöre. Im Dachgeschoss gehöre das Fenster zu einem Wohnraum, der zusätzlich über ein südliches bodentiefes Fenster sowie ein nördliches Dachflächenfenster belichtet werde. Das Tonnendach der Klägerin sei planabweichend - steiler und höher - ausgeführt. Durch das Aufdrehen der Tonne und Verkleinerung der Dachterrasse sei ein weiteres Vollgeschoss geschaffen worden. Das klägerische Gebäude halte mit den - wegen ihrer Anzahl nicht mehr untergeordneten - Balkonen sowie der Aufzugsüberfahrt zu allen Nachbargrundstücken die Abstandsflächen nicht ein. Die Beigeladene würde ihr Gebäude nur in Entsprechung der planungsrechtlichen Gegebenheiten realisieren. Dabei sei der atypische Verlauf der Grundstücksgrenze zu berücksichtigen. Die geschlossene Bebauung, Gebäudetiefe und Gebäudehöhe sei mehrfach in der Nachbarschaft vorhanden. Die bloße Tatsache, dass es auch niedrigere und schmalere Gebäude gebe, führe nicht zur planungsrechtlichen Unzulässigkeit. Die Beklagte habe die Nachteile für die Klägerin gesehen und in dieser innerstädtischen Lage bei den planungsrechtlichen Vorgaben eine Verkürzung der Abstandsflächen für akzeptabel gehalten, zumal die Klägerin selbst die Abstandsflächen nicht einhalte. Eine Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin sei aufgrund der annähernden Gleichwertigkeit der Nichteinhaltung der Abstandsflächen ausgeschlossen. Nachdem ein Lichteinfallswinkel von 45 Grad eingehalten werde, sei auch kein Verstoß gegen das Gebot des Rücksichtnahme gegeben, zumal die Hauptausrichtung der klägerischen Wohnungen nicht in Richtung des streitgegenständlichen Vorhabengebäudes, sondern nach Norden und Süden sei.
Mit Schreiben vom 16. Juni 2014 nahm die Beklagte Stellung zur Klagebegründung vom 21.05.2013. Das Maß der Nutzung (überdimensionierte Gebäudetiefe) ebenso wie die überbaubare Grundstücksfläche sei nicht drittschützend. Zudem sei auch objektiv kein Verstoß gegen das Maß der baulichen Nutzung gegeben. Das Vorhaben fülle die Baulücke im Gebäuderiegel in maßvoller Weise. Es liege keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots vor. Es liege auch keine Verletzung des Abstandsflächenrechts vor, da die vorhandene Bebauung eine atypische Situation begründe. Das klägerische Anwesen überschreite die Abstandsflächen um ca. 122 qm. Auch ein Unterbleiben des Vorhabens könnte die Einhaltung der Vorgaben des Art. 6 BayBO nicht sicherstellen. Zudem seien im Umgriff beider Grundstücke die Abstandsflächen nicht eingehalten. Eine angemessene Belichtung, Belüftung und Besonnung sei gewährleistet. Der Abstandsflächenverstoß durch das streitgegenständliche Vorhaben betrage 128,40 qm, durch das klägerische Anwesen hingegen 145,69 qm. Aufgrund von § 242 BGB sei wegen wechselseitigem gleichwertigen Abstandsflächenverstoß ein baurechtliches Abwehrrecht ausgeschlossen. Maßgeblich sei allein die Nichteinhaltung des jetzt erforderlichen Grenzabstands. Daher sei auch ein Anwesen aus dem Jahr 1957 den heutigen Anforderungen unterworfen.
Mit Schriftsatz vom 23. Juni 2014 erwiderte die Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den Schriftsatz der Beigeladene vom 16.05.2014. Nach der Rechtsprechung der 8. Kammer spiele es keine Rolle, wie oft die Abstandsflächen im Geviert nicht eingehalten würden, entscheidend sei das Vorliegen einer Atypik. Es liege gerade keine Atypik vor, sondern schlicht ein kleineres Grundstück, das es nicht rechtfertige das Baurecht planungsrechtlich, unter Missachtung der Abstandsflächen in zwei Richtungen, voll auszuschöpfen. Es wäre daher angezeigt, das Vorhaben um ein Geschoss niedriger auszuführen, dann wären auch die Abstandsflächen zum klägerischen Grundstück weitgehend eingehalten. Nach Feststellungen des Architekten der Klägerin würden die Aussagen zum baurechtswidrigen Zustand des klägerischen Anwesens nicht zutreffen.
Hinsichtlich der mündlichen Verhandlung, in der die Beteiligten ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge stellten, wird auf das Protokoll vom 30. Juni 2014 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
Gründe
Die Anfechtungsklage der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der angefochtene Vorbescheid keine nachbarschützenden Rechte der Klägerin verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die zulässige Klage ist unbegründet, da der streitgegenständlichen Vorbescheid nach Überzeugung der Kammer weder in bauplanungsrechtlicher noch in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegen drittschützende Rechte der Klägerin, die im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen waren, verstößt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. Art. 59 Abs. 1, Art. 71 Satz 1 BayBO.
Dritte können sich gegen eine Baugenehmigung - und insoweit auch einen Vorbescheid - nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen, wenn der angefochtene Vorbescheid rechtswidrig ist und diese Rechtswidrigkeit zumindest auch auf der Verletzung von im Baugenehmigungsverfahren zu prüfenden Normen beruht, die gerade dem Schutz des betreffenden Nachbarn zu dienen bestimmt sind (BayVGH B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 - juris Rn. 20, 22).
1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 30 Abs. 3, § 34 Abs. 1 BauGB. Das Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans. Für das streitgegenständliche Vorhabengrundstück FlNr. ... ist eine Baulinie mit 5 m Abstand zur Straßenbegrenzungslinie entlang der ...straße festgesetzt. Danach muss auf die Baulinie gebaut werden, eine Regelung für die Bebaubarkeit des Grundstücks im Übrigen enthält die vordere Baulinie nicht (BVerwG, U.v. 26.09.1991 - 4 C 5/87; VG München U.v. 24.03.2014 - M 8 K 13.1768).
2. Im Einzelnen ist zur Beantwortung der Vorbescheidsfragen folgendes festzustellen:
2.1. Hinsichtlich Fragen 1) und 2) Gebäudemaße, Situierung und Kommunanbau rügt die Klägerin, dass das streitgegenständliche Gebäude sich mit einer Tiefe von 10,9 m allein am nördlichen Nachbargebäude ...str. 132, Fl.Nr. ... orientiere und deshalb tiefer sei, als die südlich angrenzenden Gebäude, ...str. 128, Fl.Nr. ..., mit einer Tiefe von 9,6 m.
2.1.1 Es entspricht der ganz herrschenden Meinung, dass die Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung, über die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht nachbarschützend sind (vgl. BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2327 - juris Rn. 9; B. v. 12.9.2013 - 2 CS 13.1351 - juris Rn. 3).
Speziell für das Kriterium der überbaubaren Grundstückfläche - Bebauungstiefe, die vorliegend gem. § 30 Abs. 3 BauGB durch einen nach § 173 Abs. 3 BBauG übergeleiteten Baulinienplan bestimmt wird, der eine vordere Bebauungslinie festsetzt, ist ebenfalls anerkannt, dass dieser per se keine drittschützende Wirkung zukommt. Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche haben ebenso wie Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung nur dann drittschützende Wirkung, wenn sie nach dem Planungswillen der Gemeinde eine entsprechende drittschützende Funktion haben sollen (BayVGH, B. v. 29.9.2008 - 1 CS 08.2201 - juris Rn. 14; BVerwG, B. v. 19.10.1995 - 4 B 215/95 - juris Rn. 3). Anhaltspunkte dafür, dass die in dem übergeleiteten Baulinienplan enthaltenen Baulinie nach dem Planungswillen der Beklagten diese Funktion haben soll, was durch Auslegung zu ermitteln ist, bestehen nicht, zumal die hier relevante Baulinie auch nicht auf der der Klägerin zugewandten Grundstücksseite liegt (vgl. VGH Mannheim, B. v. 23.7.1991 - 8 S 1606/91 - juris Rn. 2).
Von daher kommt diesen Rügen im Rahmen einer Nachbarklage keine Bedeutung zu.
2.1.2 Eine andere rechtliche Bewertung ist nur dann angezeigt, wenn sich das Vorhaben dem Nachbarn gegenüber nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebotes als rücksichtslos und deshalb nicht mehr hinnehmbar darstellt.
Im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist das Gebot der Rücksichtnahme ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, das im Begriff des sich Einfügens eines Vorhabens in die nähere Umgebung enthalten ist (BVerwG, U. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98, NVwZ 1999, 879, 880; BayVGH, B. v. 6.11.2008 - 14 ZB 08.2326 - juris Rn. 10 m. w. N.). Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hängen die Anforderungen, die das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann er eine Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt eine maßgebliche Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen das Vorhaben wendet, eine rechtliche geschützte wehrfähige Position inne hat (vgl. BVerwG, B. v. 6.12.1996 - 4 B 215/96 - juris Rn. 9 m. w. N.).
Im vorliegenden Fall stellt sich das streitgegenständliche Vorhaben weder im Hinblick auf die gerügte Gebäudetiefe und -höhe noch auf den gerügten Abstandsflächenverstoß als unzumutbar und damit rücksichtslos dar.
2.1.3 Die gerügte Gebäudetiefe des streitgegenständlichen Vorhabens entspricht mit 10,9 m der Gebäudetiefe des nördlich mit einem Abstand von 4,5 m anschließenden Gebäudekomplexes in der ...str. 132 - 140 und ist lediglich 1,10 m tiefer als der an das streitgegenständliche Grundstück südlich unmittelbar angrenzende Gebäudekomplex in der ...str. 128 - 122. Eine erdrückende oder abriegelnde Wirkung gegenüber dem rückwärtigen klägerischen Grundstück, das seine Hauptausrichtung nicht in Richtung des Vorhabengebäudes hat, ist angesichts dieser Umstände nicht erkennbar. Das Vorhabengebäude hat vielmehr den positiven Nebeneffekt, dass das klägerische Wohngebäude vom Verkehrslärm abgeschirmt wird, der auf der insbesondere während der Hauptverkehrszeiten stark frequentierten ...straße nicht unerheblich ist.
2.1.4 Auch die gerügte Gebäudehöhe mit einer geplanten Firsthöhe von 18,31 m und einer Traufhöhe von 13,70 m auf der Innenhofseite ist nicht geeignet einen Verstoß gegen das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot zu begründen.
In der Rechtsprechung zum Rücksichtnahmegebot ist anerkannt, dass eine Verletzung dann in Betracht kommt, wenn durch die Verwirklichung des genehmigten Vorhabens ein in der unmittelbaren Nachbarschaft befindliches Wohngebäude „eingemauert“ oder „erdrückt“ wird. Eine solche Wirkung kommt vor allem bei nach Höhe und Volumen „übergroßen“ Baukörpern in geringem Abstand zu benachbarten Wohngebäuden in Betracht (BVerwG, U. v. 13.3.1981 - 4 C 1/78, DVBl 1981, 928 - juris Rn. 38: 12-geschossiges Gebäude in 15 m Entfernung zum 2,5-geschossigen Nachbarwohnhaus; U.v. 23.5.1986 - 4 C 34/85, NVwZ 1987, 34 - juris Rn. 15: Drei 11,05 m hohe Siloanlagen im Abstand von 6 m zu einem 2-geschossigen Wohnanwesen; BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 BayVBl 2009, 751 - juris Rn. 23; B.v. 5.7.2011 - 14 CS 11.814 - juris Rn. 21). Hauptkriterien bei der Beurteilung einer „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung sind unter anderem die Höhe des Bauvorhabens und seine Länge sowie die Distanz der baulichen Anlage in Relation zur Nachbarbebauung.
Vorliegend fehlt es bereits an einer erheblichen Höhendifferenz zwischen dem Vorhabengebäude mit einer geplanten Firsthöhe von 18,31 m sowie einer Traufhöhe im rückwärtigen Innenhofbereich von 13,70 m und dem Anwesen der Klägerin, das eine Firsthöhe von 17,59 m und eine Traufhöhe von 14,07 m bzw. von 16,38 m auf der südlichen Seite mit Aufzugsanbau aufweist. Für die Annahme der „abriegelnden“ bzw. „erdrückenden“ Wirkung eines Nachbargebäudes ist grundsätzlich kein Raum, wenn dessen Baukörper nicht erheblich höher ist als der des betroffenen Gebäudes, was insbesondere gilt, wenn die Gebäude im dicht bebauten innerstädtischen Bereich liegen (BayVGH, B.v. 11.5.2010 - 2 CS 10.454 - juris Rn. 5; B.v. 5.12.2012 - 2 CS 12.2290 - juris Rn. 9).
2.1.5 Das streitgegenständliche Vorhaben stellt sich auch wegen der gegebenenfalls verschlechterten Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse aufgrund der geplanten Bebauungstiefe und Gebäudehöhe gegenüber der Klägerin nicht als unzumutbar und rücksichtslos dar.
Grundsätzlich stellt die Einhaltung eines Lichteinfallwinkels von 45° in Höhe der Fensterbrüstung vor Fenstern von Aufenthaltsräumen eine ausreichende Belichtung sicher (vgl. BayVGH, B. v. 29.12.2005 - 1 NE 05.2818 BayVBl. 2006, 670 - juris Rn. 38; BayVGH, B. v. 9.6.2011 - 2 ZB 10.2290 - juris Rn. 5).
Der Lichteinfallwinkel von 45° zu den Fenstern der Räumlichkeiten im klägerischen Anwesen wird vorliegend eingehalten. Außerdem stellt der 45°-Lichteinfallswinkel keine absolute, in jedem Fall einzuhaltende Mindestgrenze dar, sondern soll „möglichst“ eingehalten werden (vgl. Dhom/Franz/Rauscher, in: Simon/Busse, BayBO, Stand: 113. EL 2013, Art. 6 Rn. 328). Darüber hinaus befinden sich in den Räumlichkeiten, die dem streitgegenständlichen Vorhaben zugewandt sind, in jedem Stockwerk lediglich Schlafräume und nur im Dachgeschoss ein Wohnraum, der aber nicht nur durch das Fenster auf der Westseite, sondern zusätzlich durch ein Fenster zur Südseite und ein nördliches Dachfenster belichtet wird.
Im Ergebnis führt die vorhabenbedingte Verschattung deshalb nicht zu derart schlechten Lichtverhältnissen, die als untragbare Zustände im Sinne eines Missstands zu qualifizieren wären, der keinesfalls hingenommen werden kann. Das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung der Licht- und Luftverhältnisse oder der Verschlechterung der Sichtachsen von seinem Grundstück aus verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung ist vielmehr unter dem Gesichtspunkt des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots erst dann zu bejahen, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht (BayVGH, Beschl. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 17).
2.1.6 Soweit sich die Klägerin darauf beruft, das Vorhaben der Beigeladenen verletze die Abstandsflächenvorschriften des Art. 6 BayBO, ist klarzustellen, dass zwar die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften für das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot in tatsächlicher Hinsicht indiziert, dass auch das planungsrechtliche Rücksichtnahmegebot im Regelfall nicht verletzt ist (vgl. BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128/98 NVwZ 1999, 879 - juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 - juris Rn. 32). Daraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, dass bei einer Verletzung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften regelmäßig auch eine Verletzung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebotes zu bejahen oder indiziert wäre (vgl. BayVGH, B. v. 22.6.2011 - 15 CS 11.1101 - juris Rn. 19; B. v. 6.9.2011 - 1 ZB 10.1301 - juris Rn. 6; Schwarzer/König, 4. Aufl. 2012, BayBO, Art. 6 Rn. 7). Zudem würde andernfalls die vom bayerischen Landesgesetzgeber mit der Beschränkung des Prüfungsumfangs im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren in Art. 59 BayBO verfolgte Beschleunigung des Baugenehmigungsverfahrens ad absurdum geführt, wenn bei Prüfung des bauplanungsrechtlichen Gebots der Rücksichtnahme inzident und vollumfänglich die Prüfung der landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften geboten wäre.
3. Im vorliegenden Fall kann sich die Klägerin auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie durch die positiven Beantwortung der Frage 3) und die darin in Aussicht gestellte Abweichung von den nach Art. 6 BayBO erforderlichen Abstandsflächen in eigenen Rechten verletzt wird. Eine solche Rüge verstößt hier gegen den auch im öffentlichen Recht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben, § 242 BGB.
Aus dem System nachbarlicher Ausgleichs- und Rücksichtnahmepflichten folgt, dass derjenige, der selbst mit seinem Gebäude die erforderlichen Abstandsflächen nicht einhält, billigerweise nicht verlangen kann, dass der Nachbar die Abstandsflächen freihält. Dies führt dazu, dass nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Nachbar sich gegenüber einer Baugenehmigung in der Regel nicht mit Erfolg auf die Einhaltung einer nachbarschützenden Vorschrift berufen kann, wenn auch die Bebauung auf seinem Grundstück nicht dieser Vorschrift entspricht und wenn die beidseitigen Abweichungen etwa gleichgewichtig sind und nicht zu - gemessen am Schutzzweck der Vorschrift - schlechthin untragbaren, als Missstand (Art. 3 Abs. 1 Satz 2 BayBO) zu qualifizierenden Verhältnissen führen (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37; VGH BW, B. v. 29.9.2010 - 3 S 1752/10, BauR 2011, 148 - juris Rn. 5; VGH BW, B. v. 4.1.2007 - 8 S 1802/06 - juris Rn. 4). Derjenige, der mit seinem Gebäude selbst nicht den erforderlichen Grenzabstand einhält, kann billigerweise nicht verlangen, dass der Nachbar die Abstandsfläche, die er selbst auf dem eigenen Grundstück nicht zur Verfügung hat, auf dem fremden Grundstück frei hält (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 - juris Rn. 37).
Dabei ist es unerheblich, ob das Gebäude des klagenden Nachbarn seinerzeit in Übereinstimmung mit den geltenden Bauvorschriften errichtet worden ist oder Bestandsschutz genießt (vgl. OVG Berlin, U. v. 11.02.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 29; VGH SH U. v. 15.12.1992 - 1 L 118/91 - juris; OVG Lüneburg B.v. 30.03.199 - 1 M 897/99 - juris Rn. 43; VG München U.v. 07.10.2013 - M 8 K 12.6342 - juris Rn. 26; VG München B.v. 02.01.2014 - M 8 SN 13.5141 - juris Rn.43; VG München B.v. 20.06.2013 - M 8 SN 13.1890 - juris Rn.37; VG München U.v. 11.03.2013 - M 8 K 12.3508 - juris Rn. 40; VG München U.v. 21.01.2013 - M 9 E1 12.6080 - juris Rn. 36 m. w. N.; a.A. OVG Münster U.v. 24.04.2001 - 10 A 1402/98 - juris Rn. 11; kritisch Kuchler, jurisPR-UmwR 6/2014 - Anm.1). Maßgeblich ist allein, dass der klagende Nachbar den jetzt erforderlichen Grenzabstand nicht einhält, denn die Versagung des Abwehranspruchs beruht darauf, dass es unbillig wäre, einem Nachbarn den durch die grenznahe bauliche Anlage des anderen Nachbarn ausgehenden Nachteilen auszusetzen, ihm selbst aber eine Ausnutzung seines Grundstücks im Grenzbereich zu verwehren.
Bei der Frage, ob wechselseitige Verletzungen der Abstandsflächenvorschriften annähernd vergleichbar sind, ist keine zentimetergenaue quantitative Entsprechung gefordert, sondern es ist eine wertende Betrachtung in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigungen anzustellen (OVG Berlin, U. v. 11.02.2003 - 2 B 16.99 - juris Rn. 30; OVG Lüneburg, U.v. 30.03.1999 - 1 M 897/99 - juris LS 1, Rn. 43).
Ob das klägerische Gebäude - wie vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin berechnet - Abstandsflächen auf das Grundstück der Beigeladenen lediglich in einem Umfang von 121,95 qm oder - wie von der Beigeladenen berechnet - in einem Umfang von 145,69 qm wirft, kann dahinstehen. Selbst bei Zugrundelegung des von der Klägerin eingeräumten Umfangs von 121,95 qm liegt ein in etwa vergleichbarer Abstandsflächenverstoß vor, da das streitgegenständliche Vorhaben Abstandsflächen in einem Umfang von etwa 129,02 qm auf das klägerische Grundstück FlNr. ... wirft. Da eine vergleichbare wechselseitige Verletzung der Abstandsflächenvorschriften keine zentimetergenaue Entsprechung fordert, ist bei einer wertenden Betrachtung im vorliegenden Fall von einer Gleichwertigkeit des gegenseitigen Umfangs des Abstandsflächenverstoßes auszugehen (121,95 qm im Verhältnis zu 129,02 qm).
Das Vorbringen der Klägerbevollmächtigten, dass der Abstandsflächenverstoß des streitgegenständlichen Gebäudekomplexes sich über die gesamte Grundstücksgrenze erstreckt und der klägerische Abstandsflächenverstoß lediglich auf einen etwa 11m breiten Wandteil, ist ebenfalls nicht geeignet die Gleichwertigkeit des gegenseitigen Abstandsflächenverstoßes zu entkräften. Es ist bereits äußerst fraglich, ob die Breite des Abstandsflächenverstoßes überhaupt ein geeignetes Kriterium im Rahmen der qualitativ und quantitativ wertenden Betrachtung bei der Frage der Gleichwertigkeit des gegenseitigen Abstandsflächenverstoßes darstellt. Selbst wenn man dies zugunsten der Klägerin berücksichtigen wollte, so müsste sich die Klägerin entgegenhalten lassen, das ihr Gebäudekomplex nicht nur auf das Grundstück der Beigeladenen sondern auch in das geplante Vorhabengebäude wirft, selbst wenn es - wie von der Klägerin gefordert - nur 9,6 m tief statt 10,9 m wäre. Darüber hinaus wirft das streitgegenständliche Vorhaben lediglich Abstandsflächen in Richtung der westlichen Seitenwand. Der Gebäudekomplex der Klägerin hingegen wirft Abstandsflächen auf der der Klägerin zugewandten Grundstücksseite in das Gebäude der Beigeladen auf der Innenhofseite zu der auch die Fenster der Wohnräume ausgerichtet sind.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Es entspricht billigem Ermessen i. S. v. § 162 Abs. 3 VwGO, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese einen Sachantrag gestellt und sich damit entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO auch einem Kostenrisiko ausgesetzt haben.
5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Gründe
-
I
- 1
-
Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin des 1959 verstorbenen A eine Entschädigung für die Enteignung des Rittergutes ... in ... im Zuge der Bodenreform 1945/1946. A war geschäftsführender Vorstand des "Deutschen Herrenklubs" und ab 1928 auch Herausgeber und verantwortlicher Redakteur von dessen wöchentlicher Zeitung "Der Ring. Konservative Wochenschrift".
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Das Verwaltungsgericht hat einen Ausgleichsleistungsanspruch verneint, weil der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 4 des Gesetzes über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können - Ausgleichsleistungsgesetz - vom 27. September 1994 i.d.F. vom 13. Juli 2004 (BGBl. I 1665) eingreife. A habe dem nationalsozialistischen System erheblich Vorschub geleistet, weil er in seinen Funktionen für den Herrenklub und den "Ring" den vormaligen Reichskanzler Franz von Papen dabei unterstützt und bestärkt habe, der Aufnahme der NSDAP und Hitlers in die Reichsregierung und der gemeinsamen Beseitigung der parlamentarisch-demokratischen Weimarer Verfassungsordnung den Boden zu bereiten. Dies habe zur Errichtung der Herrschaft Hitlers und der NSDAP beigetragen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht auf die Rede von Papens am 16. Dezember 1932 im Rahmen des Jahrestreffens des Herrenklubs, die Veröffentlichung dieser Rede im Dezember 1932 und zweier weiterer Reden von Papens im Februar und März 1933 im "Ring" sowie auf die Tatsache verwiesen, dass A die Zusammenarbeit von Papens mit Hitler in eigenen Zeitungsbeiträgen im "Ring" 1933 ausweislich dreier exemplarischer Beiträge nachdrücklich begrüßt habe.
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II
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Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts gerichtete, auf sämtliche Revisionszulassungsgründe gestützte Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
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1. Das angegriffene Urteil weist die von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmängel nicht auf.
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a) Die Klägerin meint, das Urteil verletze den Überzeugungsgrundsatz, weil es grob aktenwidrig dem im "Ring" (5. Jahrgang 1932, S. 894 ff.) erschienenen Abdruck der Rede von Papens vor dem Herrenklub am 16. Dezember 1932 anhand der Erinnerungen Theodor Eschenburgs (UA S. 7 f. - Lebenserinnerungen Bd. 1, "Also hören Sie mal zu", 2. Aufl. 2000, S. 311 ff.) einen anderen Inhalt beigebe, als es die von der tatsächlich gehaltenen Rede abweichende veröffentlichte Fassung der Rede erlaube.
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Damit wird eine Aktenwidrigkeit der entscheidungstragenden Feststellungen des Urteils nicht dargetan. Die Verfahrensrüge aktenwidriger Sachverhaltsfeststellung setzt die schlüssig vorgetragene Behauptung voraus, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt bestehe ein offensichtlicher Widerspruch (BVerwG, Beschluss vom 8. Mai 2017 - 5 B 39.16 - juris Rn. 14). Das Verwaltungsgericht hat den im Urteilstatbestand auf Seite 7 abgedruckten Passagen des im "Ring" veröffentlichten Redetextes von Papens vom 16. Dezember 1932 entnommen, von Papen habe für eine Zusammenarbeit national-konservativer Kräfte mit der NSDAP zur Erreichung einer vom Parlament unabhängigen, autoritären Regierung und zum Sturz der bisherigen Reichsregierung aufgerufen. Diese Vorschläge hätten in entscheidender Weise die Weichen auf die nationalsozialistische Machtergreifung hin gestellt (UA S. 16 f.). Dieses Verständnis der Rede von Papens vom 16. Dezember 1932 findet Rückhalt in dem veröffentlichten Redeabdruck und steht nicht in offensichtlichem Widerspruch zu ihm. Es ist mithin nicht auf eine andere, in den Verfahrensakten nicht enthaltene Quelle gegründet. Dass der Redetext vom Herausgeber A korrigiert und "entschärft" worden sei, wie die Klägerin behauptet, hat das Verwaltungsgericht im Übrigen nicht festgestellt und ergibt sich auch nicht schlüssig aus der Beschwerdebegründung. Woraus der von ihr zitierte Autor Ishida ableitet, die Schriftleitung habe den Text der Rede so korrigiert, dass von Papens eigentliche Absicht nicht mehr deutlich gewesen sei, erschließt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht. In dem von ihr angeführten Aufsatz von Theodor Eschenburg (Franz von Papen, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 1953, S. 153 ff.) führt dieser in Fußnote 31 (S. 163) aus, die im "Ring" abgedruckte Rede sei textlich nach seiner (Eschenburgs)Erinnerung nachträglich korrigiert worden. Aus diesem Hinweis ergibt sich jedoch weder der Verantwortliche noch der Umfang solcher Korrekturen.
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b) Auch die Bewertung, A habe sich als Unterstützer und Sprachrohr des - für die Machtergreifung entscheidend agierenden - Franz von Papen betätigt, verletzt nicht den Überzeugungsgrundsatz. Sie ist weder aktenwidrig noch willkürlich. Das Verwaltungsgericht hat seine Bewertung aus der Veröffentlichung dreier Reden von Papens von Dezember 1932 bis März 1933 im "Ring" und der damit erreichten deutlich größeren Verbreitung an einen erheblichen Adressatenkreis beruflich und gesellschaftlich exponierter Personen abgeleitet. Darüber hinaus hat es auf eigene Beiträge As im "Ring" im Jahr 1933 verwiesen, in denen die Zusammenarbeit von Papens mit Hitler begrüßt worden sei ("Wird Hitler richtig beurteilt?", Ring 1933, S. 91; "Propaganda", Ring 1933, S. 171; "Deutsche Gemeinverantwortung", Ring 1933, S. 173). Auch diese Bewertung findet insgesamt ausreichenden Rückhalt in den genannten Veröffentlichungen und steht nicht in offensichtlichem Widerspruch zu ihnen. Mit ihr hat das Verwaltungsgericht auch nicht, wie die Klägerin moniert, die Rede dem Veranstalter und damit A als dessen geschäftsführendem Vorstand und Herausgeber der Wochenschrift des Klubs zugerechnet. Vielmehr hat es auf dessen Funktionen bei der Verbreitung der Rede abgestellt. Selbst wenn eine von der Klägerin behauptete Korrektur des Redetextes durch A unterstellt würde (vgl. dazu oben), wären die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Rolle As als Unterstützer und Sprachrohr von Papens nicht aktenwidrig oder willkürlich, weil die von ihm herangezogenen, veröffentlichten Fassungen der Redetexte von Papens 1932 bis 1933 und die vom Verwaltungsgericht insoweit angeführten (UA S. 18) Beiträge As im Jahr der Machtergreifung 1933 sie - in unterschiedlichem Ausmaß, jedenfalls aber insgesamt - hinreichend stützen.
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c) Eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes ist auch nicht im Hinblick auf die Rüge der Klägerin gegeben, das Verwaltungsgericht habe die ihm vorliegenden Erkenntnisse unter Ausblendung der gegenüber dem Nationalsozialismus kritischen Veröffentlichungen im "Ring" selektiv und einseitig dahingehend gewertet, dass A seine Stellung als Herausgeber und verantwortlicher Redakteur des "Rings" dazu genutzt habe, nach dem 30. Januar 1933 die Regierung Hitler-von Papen-Hindenburg darin zu bestärken, die Weimarer Verfassungsordnung zu eliminieren. Weder die von der Klägerin angeführten Publikationen As im "Ring" vor 1933 noch ihre eigene Bewertung, die vom Verwaltungsgericht angeführten Artikel As aus dem Jahr 1933 enthielten Kritik gegenüber dem Nationalsozialismus und Hitler, belegen eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes.
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Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist deshalb nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn das Gericht nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel deshalb grundsätzlich nicht begründen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Februar 2017 - 6 B 31.16 - juris Rn. 10 m.w.N.).
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Das Verwaltungsgericht hat den von ihm auf Seite 18 des angegriffenen Urteils angeführten Artikeln As im "Ring" 1933 ohne Verstoß gegen das Verbot selektiver Verwertung entscheidungserheblichen Akteninhalts und ohne Verstoß gegen Denkgesetze entnommen, dass dieser die Zusammenarbeit von Papens mit Hitler und das Ziel der Eliminierung der Weimarer Verfassungsordnung begrüßte und durch seine Veröffentlichungen bestärkte. Die an dieser Stelle zitierten Artikel enthalten Aussagen in dem vom Verwaltungsgericht wiedergegebenen Sinne, in denen die Beteiligung Hitlers an der neuen Reichsregierung und eine Überwindung der Weimarer Verfassungsordnung als positiv bewertet werden. Dass A auch "offene Fragen" an Hitler stellt ("Wird Hitler richtig beurteilt?", Ring 1933, S. 91), steht dem nicht entgegen. Die Klägerin kann nicht im Gewande einer Verfahrensrüge ihre eigene Lesart dieser Veröffentlichungen As an die Stelle der dem materiellen Recht zuzuordnenden Bewertung des Verwaltungsgerichts setzen. Sie nennt in ihrer Beschwerdebegründung auch keine vom Verwaltungsgericht nicht gewürdigten Veröffentlichungen von As, in denen die im Januar 1933 durch Vermittlung von Papens bei Hindenburg erfolgte Beteiligung Hitlers an der Regierungsmacht und das Ziel einer Loslösung der Regierung von der parlamentarischen Kontrolle nicht begrüßt worden wäre. Der bereits 1931 veröffentlichte "Offene Brief an Hitler" (Ring 1931, S. 835 f.), in dem die Klägerin deutliche Kritik an Hitler erblickt, kann nicht als Beleg für eine Aktenwidrigkeit oder Selektivität der Bewertung des Verwaltungsgerichts herangezogen werden, weil er sich zu den Vorgängen der späteren Machtergreifung im Jahr 1933, auf die das Verwaltungsgericht für seine materiell-rechtliche Bewertung maßgeblich abgestellt hat, nicht verhalten konnte. Das Verwaltungsgericht hat ihn exemplarisch als Beleg für die bereits in Publikationen As zwischen 1928 und 1932 befürwortete Beseitigung des Weimarer "Systems" und die Einführung eines restaurativen Ständestaates gegebenenfalls unter Einbeziehung der Hitler-Bewegung angeführt (UA S. 19). Dieses Verständnis des "Offenen Briefes" ist ebenfalls weder willkürlich noch aktenwidrig, sondern findet ausreichenden Rückhalt im veröffentlichten Beitrag. Das Verwaltungsgericht hat es auch nicht, wie die Klägerin rügt, unter Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes unterlassen, in eine Gesamtschau Veröffentlichungen einzubeziehen, in denen sich A oder andere Autoren - bei entsprechender Lesart - vom Nationalsozialismus abgrenzten. Für seine materiell-rechtliche Bewertung war nicht entscheidungserheblich, ob A oder andere Autoren des "Rings" nationalsozialistisch eingestellt waren, sondern ob die seitens A zu verantwortenden Veröffentlichungen ein Zusammenwirken mit nationalsozialistischen Kräften ungeachtet der von ihnen behaupteten ideologischen Distanz zu diesen befürworteten, um die Weimarer Verfassungsordnung zu beseitigen (vgl. UA S. 19).
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d) Deshalb dringt auch die Rüge der Klägerin nicht durch, das Verwaltungsgericht habe seine Verpflichtung zur Sachaufklärung gemäß § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, weil es sich ihm auch ohne Beweisanträge der Klägerin in der mündlichen Verhandlung hätte aufdrängen müssen, dass nicht nur einzelne Beiträge, sondern das Gesamtspektrum der Veröffentlichung im "Ring" zu würdigen gewesen sei, und weil sich dabei ergeben hätte, dass im "Ring" vornehmlich gegenüber dem Nationalsozialismus kritische Aufsätze veröffentlicht worden seien. Ebenso wenig hat das Verwaltungsgericht bei seiner rechtlichen Bewertung das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich von gegenüber dem Nationalsozialismus kritischen Äußerungen As oder anderer Autoren im "Ring" in entscheidungserheblicher Weise übergangen. Auch eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG hat die Klägerin deshalb in ihrer Beschwerdebegründung nicht dargelegt.
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2. Die Revision ist nicht wegen der von der Klägerin gerügten Divergenz zu dem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz zuzulassen, dass nach dem Sinn und Zweck des Ausschlusstatbestandes Personen aufgrund ihres individuellen Verhaltens nicht als "unwürdig" im Sinne des § 1 Abs. 4 Alt. 3 AusglLeistG anzusehen sind, die zwar einerseits das nationalsozialistische System gefördert haben, andererseits aber nachweislich in einer Weise auf dessen Schädigung hingearbeitet haben, dass dadurch ihre Förderungshandlungen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung in hohem Maße und damit nachhaltig relativiert werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 18. September 2009 - 5 C 1.09 - BVerwGE 135, 1 Rn. 14 ff., vom 30. Juni 2010 - 5 C 9.09 - Buchholz 428.4 § 1 AusglLeistG Nr. 20 Rn. 11 und vom 23. April 2015 - 5 C 10.14 - BVerwGE 152, 60 Rn. 22).
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Die Revision ist wegen Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 1995 - 8 B 61.95 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 18). Das Verwaltungsgericht hat in der angegriffenen Entscheidung keinen von dem in der Beschwerde bezeichneten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden und insbesondere nicht den von der Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung bezeichneten, im Übrigen nicht abstrakten, sondern einzelfallbezogenen gefassten Rechtssatz des Inhalts aufgestellt, dass bei einem Vorschubleisten durch verlegerische Tätigkeit bzw. durch Publikationen unerheblich sei, ob über dasselbe Medium das System des Nationalsozialismus erheblich kritisiert und damit in seinem Vor(an)kommen behindert wurde. Vielmehr hat es den Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts seiner eigenen Entscheidung zugrunde gelegt, ein nachhaltig untergrabendes oder sonst gewichtig schädigendes Verhalten bei A jedoch nicht erkennen können. Soweit die Klägerin beanstandet, das Verwaltungsgericht habe den höchstrichterlichen Rechtssatz nicht zur Anwendung gebracht, kritisiert sie lediglich die Rechtsanwendung im Einzelfall. Dies genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2017 - 2 B 50.16 - juris Rn. 15).
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3. Der Rechtssache kommt auch nicht die von der Klägerin behauptete grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu.
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Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26). Die Beschwerde muss darlegen, dass gerade die angeblich verletzte Regelung rechtsgrundsätzliche Fragen aufwirft (BVerwG, Beschlüsse vom 9. März 1984 - 7 B 238.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 49 und vom 15. Juni 2009 - 6 B 12.09 - Rn. 6). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
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a) Die Beschwerde hält zunächst die Fragen für grundsätzlich bedeutsam,
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ob für den Fall des Vorschubleistens durch Produktion oder Verantwortung für Presseerzeugnisse nicht im Wege einer Gesamtschau die NS-fördernden und die NS-kritischen Presseerzeugnisse bei der Prüfung des Vorschubleistens gewürdigt werden müssen,
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ob zu prüfen ist, ob die verlegerische und autorenschaftliche Verantwortung für Presseerzeugnisse oder sonstige Veröffentlichungen im Wege der Förderung und der Propaganda für das NS-Regime bzw. dessen Entstehung zu einem erheblichen Vorschubleisten gegenüber dem NS-System führte, ob dann einzelne Äußerungen im Rahmen einer größeren autorenschaftlichen oder verlegerischen Tätigkeit, die als regimefördernd verstanden werden können, genügen oder ob es insbesondere in dem Fall, in dem auch offen regimekritische Äußerungen dem Betreffenden zuzurechnen sind, einer Gesamtschau aller autorenschaftlichen bzw. verlegerisch verantworteten Veröffentlichungen bedarf,
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sowie
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ob im Falle der Prüfung eines erheblichen Vorschubleistens gegenüber dem NS-System durch eventuelle Propaganda für das nationalsozialistische System oder dessen Entstehung im Wege verlegerischer oder autorenschaftlicher Tätigkeit selbst dann, wenn man aufgrund einiger solcher Veröffentlichungen zu dem Zwischenergebnis gelangen sollte, dass der Tatbestand des erheblichen Vorschubleistens zunächst erfüllt ist, nach den Grundsätzen des Entlastungsbeweises weiter zu prüfen ist, ob in anderen Veröffentlichungen so offene Kritik am nationalsozialistischen System geübt wurde, dass damit der ursprüngliche Förderungsbeitrag in einer Gesamtbewertung als aufgehoben gilt.
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Soweit diese Fragen einzelfallbezogen auf die Fallkonstellation der publizistischen Tätigkeit als Herausgeber oder als Autor von Veröffentlichungen zugeschnitten sind, kommt ihnen nicht die für die Grundsatzrüge des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erforderliche allgemeine Bedeutung zu. Soweit sie darauf zielen zu erfahren, ob ein Leistungsausschluss nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG bei Feststellung eines erheblichen Vorschubleistens für das nationalsozialistische System einer Würdigung von für dieses System schädlichen Handlungen des Betreffenden im Wege einer Gesamtschau bedarf, ist diese Frage in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits hinreichend geklärt (vgl. oben 2.). Die von der Klägerin formulierten Fragen werfen keine zusätzlichen Aspekte auf, die einer allgemeinen und nicht lediglich einzelfallbezogenen Klärung zugänglich wären.
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Sie wären im Übrigen mangels entsprechender tatrichterlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht klärungsfähig, soweit sie einen Sachverhalt unterstellen, wonach die durch Veröffentlichungen dem nationalsozialistischen System Vorschub leistende Person dieses System durch andere, gegenläufige Veröffentlichungen hätte schädigen können oder wollen. Solche Veröffentlichungen oder auch andere regimeschädigende Verhaltensweisen As in dem insoweit allein maßgeblichen Zeitraum ab der Errichtung des nationalsozialistischen Systems bis zu dessen Ende hat das Verwaltungsgericht gerade nicht festgestellt (UA S. 21). Hiergegen hat die Klägerin keine durchgreifenden Verfahrensrügen erhoben.
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b) Mit den von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam formulierten Fragen:
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"Erfüllt jedermann die objektiven und insbesondere auch subjektiven Voraussetzungen des erheblichen Vorschubleistens gegenüber dem NS-System alleine weil er sich aktiv für eine Abschaffung des bisherigen Staatswesens der Weimarer Republik bemühte?"
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und
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"Ist eine Förderung national-konservativer Bestrebungen in der Zeit der Machtergreifung der Nationalsozialisten als erhebliches Vorschubleisten gegenüber dem System des Nationalsozialismus zu verstehen?"
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werden keine abstrakten, der allgemeinen Klärung zugänglichen Rechtsfragen bezeichnet. Sie setzen - ungeachtet der von der Klägerin verwendeten Bezugnahme auf "jedermann" - vielmehr eine konkrete Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Einzelfall voraus, der anhand der bereits unter 2. dargestellten Maßstäbe aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Vorliegen eines dem nationalsozialistischen System Vorschub leistenden Verhaltens im Sinne von § 1 Abs. 4 AusglLeistG zu bewerten wäre.
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Soweit die Klägerin mit diesen von ihr als rechtsgrundsätzlich aufgeworfenen Fragen geklärt wissen möchte, ob auch ein Verhalten als Vorschubleisten für das nationalsozialistische System anzusehen sein kann, mit dem vom NS-System abweichende Ziele verfolgt werden, verweist sie selbst in ihrer Beschwerdebegründung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, mit der dies bereits im bejahenden Sinne geklärt ist. Danach ist es unschädlich, wenn der Betreffende mit seinem das nationalsozialistische System erheblich begünstigenden Handeln zugleich eigene andere Ziele verfolgte, da auch derjenige, der eigene politische Ziele verfolgt, damit zugleich auch wissentlich und willentlich die politischen Ziele eines anderen fördern kann (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 2010 - 5 C 16.09 - Buchholz 428.4 § 1 AusglLeistG Nr. 21 und vom 30. Juni 2010 - 5 C 9.09 - Buchholz 428.4 § 1 AusglLeistG Nr. 20 Rn. 10). Aus dieser vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ergibt sich zugleich ohne Notwendigkeit einer weiteren Klärung in einem Revisionsverfahren, dass auch ein alleiniges, von dem Ziel des durch Vorschubleisten geförderten Systems abweichendes politisches Ziel des Fördernden unschädlich ist, so lange nur dieses System durch dessen Handeln wissentlich und willentlich erheblich begünstigt worden ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1963 - 8 C 81.61 - BVerwGE 15, 326 <330> zu § 8 BWGöD).
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Die Frage, ob eine Förderung national-konservativer Bestrebungen in der Zeit der Machtergreifung der Nationalsozialisten als erhebliches Vorschubleisten gegenüber dem System des Nationalsozialismus zu verstehen ist, wäre darüber hinaus in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, da das Verwaltungsgericht den Beitrag des Vorschubleistens As nicht hierin, sondern in der Unterstützung und Bestärkung von Papens, die Nationalsozialisten und Hitler in die Reichsregierung aufzunehmen, sowie in der Bestärkung der Regierung Hitler-von Papen-Hindenburg nach dem 30. Januar 1933 durch seine eigene publizistische und autorenschaftliche Tätigkeit gesehen hat.
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c) Auch die von der Klägerin in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage:
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"Nach welchen Kriterien ist zu bemessen, ob der Nutzen, den das Regime an vorgeblichen Förderhandlungen hat, nicht ganz unerheblich ist? Lässt sich der Nachweis eines nicht ganz unerheblichen Nutzens des Regimes im Falle des Propagandavorwurfs durch Publikationen bereits dadurch führen, dass einige wenige aus einer Vielzahl von Publikationen sich als regimefördernd verstehen lassen, auch wenn eine größere Zahl von Publikationen sich als deutlich regimekritisch verstehen lassen? Ist insoweit nicht auch im Rahmen der Prüfung des erheblichen Regimenutzens das in der übrigen Rechtsprechung zu § 1 Abs. 4 AusglLeistG des Bundesverwaltungsgerichts anerkannte Prinzip der Gesamtschau anzuwenden, konkret also im Falle von Publikationen ein erheblicher Regimenutzen nur dann als gegeben anzusehen, wenn bei einer Vielzahl unterschiedlicher Publikationen zu politischen Fragen ein überwiegender Teil dieser Publikationen als regimefördernd verstanden werden kann und nur ein geringerer Teil als regimekritisch, da andernfalls ein erheblicher Nutzen nicht feststellbar ist?"
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veranlasst nicht die Zulassung der Revision. Indem sie daran anknüpft, dass eine gegenüber den systemfördernden Publikationen größere Anzahl von Publikationen regimekritisch aufzufassen sei, unterstellt sie einen Sachverhalt, den das Verwaltungsgericht gerade nicht festgestellt hat. Sie wäre daher in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich und damit nicht klärungsfähig.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 VwGO.
(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit
- 1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs - 2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.
(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.
(2a) (weggefallen)
(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.
(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.
(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.
(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
Tatbestand
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Der Kläger stammt aus Syrien und ist syrischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit.
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Er reiste nach eigenen Angaben im Juni 2016 über Bulgarien in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte Asyl. Im Rahmen einer persönlichen Anhörung gab der Kläger unter anderem an, er habe in Bulgarien einen Aufenthaltstitel erhalten; die Republik Bulgarien teilte in der Folgezeit der Beklagten mit, dass dem Kläger bereits im Oktober 2015 der Status eines Flüchtlings zuerkannt worden sei. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) lehnte den Asylantrag mit Bescheid vom 25. Juli 2016 unter Hinweis auf die anderweitige Schutzgewähr in Bulgarien als unzulässig ab, drohte dem Kläger die Abschiebung nach Bulgarien an und stellte fest, dass der Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden darf. Weiterhin wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
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Auf die hiergegen gerichtete Klage hob das Verwaltungsgericht des Saarlandes den Bescheid auf, weil Bulgarien wegen systemischer Mängel im Aufnahmeverfahren anerkannter Schutzberechtigter nicht (mehr) als sicherer Drittstaat anzuerkennen sei und daher entgegen der gesetzlichen Grundregel des § 31 Abs. 4 AsylG in Deutschland in eine (erneute) Prüfung der §§ 3 und 4 AsylG oder von § 60 Abs. 5 bzw. 7 AufenthG in Bezug auf Bulgarien einzutreten sei.
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Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Bundesamtes hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen, soweit es die Abweisung des Asylantrages als unzulässig betrifft, weil "systemische" Mängel im Asyl- bzw. Aufnahmeverfahren in Bulgarien nicht anzunehmen seien. In Bezug auf die Abschiebungsandrohung mit dem Zielstaat Bulgarien sowie die Befristungsentscheidung/das Einreiseverbot sei die Berufung indes unbegründet. Wegen der ungeklärten Durchführbarkeit einer Abschiebung sei zwar unbedenklich, dass die Beklagte lediglich eine Abschiebungsandrohung erlassen habe. Diese sei aber jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte keine (ausdrückliche) Feststellung über das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG getroffen habe. Eine solche Entscheidung sei nach dem seit dem 6. August 2016 geltenden § 31 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 AsylG bei Unzulässigkeitsentscheidungen zwingend vorgesehen. Eine solche Entscheidung habe das Bundesamt in Bezug auf Bulgarien nicht (ausdrücklich) getroffen; das Bundesamt selbst behaupte nicht, nationale Abschiebungsverbote in Bezug auf Bulgarien geprüft und verneint zu haben. Eine solche Feststellung liege auch nicht (inzident) in dem Erlass einer Abschiebungsandrohung nach Bulgarien. § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG erfordere eine (ausdrückliche) Feststellung zu den Voraussetzungen von Abschiebungsverboten; fehle eine solche Feststellung, sei die Abschiebungsandrohung rechtswidrig. Die Gerichte seien insoweit mit Blick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz nicht verpflichtet, die Sache spruchreif zu machen, zumal der Kläger, der zu einem entsprechenden Verpflichtungsantrag nicht verpflichtet sei und sich einen Streitgegenstand nicht aufdrängen lassen müsse, keinen entsprechenden Verpflichtungsantrag gestellt habe. Die Beklagte sei angesichts der bekanntermaßen schwierigen Situation für anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien gehalten, bei ihrer Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, sicherzustellen, dass eine Abschiebung nach Bulgarien nur stattfinde, wenn eine "Anlaufadresse" in Bulgarien für angemessene Zeit zur Verfügung stehe, was - soweit im Einzelfall nicht ausnahmsweise entbehrlich - durch entsprechende individuelle Zusicherungen bulgarischer Behörden zu leisten sei.
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Zur Begründung ihrer Revision macht die Beklagte geltend, das Berufungsgericht habe den Regelungsbereich von § 31 Abs. 3 AsylG und § 86 Abs. 1 VwGO fehlerhaft bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG bzw. eine Abschiebungsandrohung nach § 35 AsylG nicht allein deswegen rechtswidrig, weil in dem Bescheid die gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG vorgesehene Feststellung zu nationalen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG fehle. Vielmehr habe das Tatsachengericht dann die zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung bzw. -drohung erforderlichen Tatsachen aufzuklären und die Sache spruchreif zu machen.
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Der Kläger tritt der Revision entgegen.
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Der Vertreter des Bundesinteresses bei dem Bundesverwaltungsgericht hat angezeigt, sich nicht am Verfahren zu beteiligen.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass allein eine fehlende oder unzureichende Entscheidung über den nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsandrohung führe, ist mit § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. §§ 34a, 35 AsylG unvereinbar (§ 137 Abs. 1 VwGO). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen im Berufungsurteil zu den Voraussetzungen der nationalen Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG kann der Senat weder zugunsten noch zulasten des Klägers abschließend entscheiden. Daher ist das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist hier allein die Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, soweit es den Bescheid des Bundesamtes hinsichtlich der Abschiebungsandrohung mit dem Abschiebezielstaat Bulgarien sowie hinsichtlich der Befristungsentscheidung/Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots aufhebt. Die Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag selbst, den das Bundesamt als unzulässig abgelehnt hat, ist rechtskräftig geworden, nachdem der Kläger gegen das Berufungsurteil insoweit kein (Anschluss-)Rechtsmittel eingelegt hat.
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Ein Verpflichtungsbegehren des Klägers auf eine (positive) Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG ist mit Inkrafttreten dieser Regelung nicht kraft Gesetzes Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens und damit auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens (geworden). Der Kläger hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Berufungsrechtszug einen entsprechenden Antrag auch nicht ausdrücklich (hilfsweise) gestellt.
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Im Rahmen des Rechtsschutzes gegen einen Bescheid, der einen Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AsylG als unzulässig verwirft, wird ein Anfechtungsbegehren gegen eine mit diesem Bescheid verbundene Abschiebungsanordnung oder -drohung allerdings regelmäßig dem erkennbaren Schutzbegehren nach (§ 88 VwGO) dahin auszulegen sein, dass (hilfsweise) die Feststellung nationalen Abschiebungsschutzes begehrt wird. Das Berufungsgericht hat diese sachgerechte Ausdeutung des Begehrens, die Berufung der Beklagten insgesamt zurückzuweisen, aufgrund seiner fehlerhaften Rechtsauffassung zu den Auswirkungen einer fehlenden oder unzureichenden Feststellung zu nationalen Abschiebungsverboten (§ 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG) auf die Abschiebungsanordnung oder -drohung indes nicht vorgenommen; dies kann in dem nach der Zurückverweisung fortzusetzenden Berufungsverfahren nicht zulasten des Klägers gehen, der mit seinem Anfechtungsbegehren der Sache nach nationale Abschiebungshindernisse geltend gemacht hat. Das (hilfsweise) Verpflichtungsbegehren auf Feststellung nationaler Abschiebungsverbote ist nur dann nicht als Streitgegenstand einer Klage gegen einen Bundesamtsbescheid zu werten (§ 88 VwGO), wenn sich diese ausdrücklich auf die Anfechtung der Unzulässigkeitsentscheidung als solche beschränkt.
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Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens ist das Asylgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert mit Wirkung vom 1. Juli 2017 durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung abzustellen hat, müsste es seiner Entscheidung, wenn es jetzt entschiede, die während des Revisionsverfahrens in Kraft getretenen Änderungen des Asylgesetzes zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.
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2. Die Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid ist nunmehr an §§ 34a, 35 AsylG (in der Fassung des zum 6. August 2016 geltenden Integrationsgesetzes) zu messen. Danach ist in den Fällen, in denen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 oder 2 AsylG nicht ergehen kann, die Abschiebung in den jeweiligen Staat anzudrohen bzw. ist in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 oder 4 AsylG die Abschiebung in den Staat anzudrohen, in dem er vor Verfolgung sicher ist. Nach § 35 AsylG ist in den Fällen des § 29 Abs. 1 Nr. 2 und 4 AsylG vom Bundesamt die Abschiebung in den Staat anzudrohen, in dem er vor Verfolgung sicher ist.
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2.1 Zutreffend ist das Berufungsgericht mit Blick auf § 31 Abs. 3 AsylG davon ausgegangen, dass eine solche Abschiebungsandrohung für ihre Rechtmäßigkeit erfordert, dass nationale Abschiebungsverbote nicht vorliegen (s.a. § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Die Rechtspflicht zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge hätte systematisch keinen Sinn, wenn sich das Ergebnis dieser Prüfung nicht auf die mit der Unzulässigkeitsentscheidung einhergehende Abschiebungsentscheidung auswirken würde.
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Nicht zu entscheiden ist, ob in den Fällen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG eine Abschiebungsandrohung nur und erst dann ergehen darf, wenn geprüft und positiv festgestellt worden ist, dass eine Abschiebungsanordnung nicht ergehen kann, weil nicht feststeht, dass sie durchgeführt werden kann und ob hierfür - wie vom Berufungsgericht angenommen - bereits eine nicht näher dargelegte "offensichtlich ungeklärte Durchführbarkeit" genügt. Eine objektive Rechtswidrigkeit einer bloßen Abschiebungsandrohung verletzte den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten. In den Fällen einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG, in die die wegen der Einreise aus einem sicheren Drittstaat erfolgte Unzulässigkeitsentscheidung umzudeuten gewesen wäre (s. BVerwG, Beschluss vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - juris), hat nach § 35 AsylG ohnehin nur eine Abschiebungsandrohung zu ergehen. Nicht zu vertiefen ist daher auch, ob sich in Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine objektiv rechtswidrige Unzulässigkeitsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist, für die aber eine Umdeutung in eine rechtmäßige Unzulässigkeitsentscheidung in Betracht zu ziehen gewesen wäre (zu den möglichen Grenzen der Umdeutung bei vor dem 20. Juli 2015 gestellten Asylanträgen s. indes BVerwG, Beschluss vom 23. März 2017 - 1 C 17.16 - juris), die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsentscheidungen nach den für die in Rechtskraft erwachsene Behördenentscheidung geltenden Bestimmungen oder nach jenen richtet, die für die umgedeutete Entscheidung anzuwenden sind.
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2.2 § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG enthält für die Abschiebungsandrohung materiell-rechtliche Voraussetzungen (Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG), zu denen auch dann, wenn nach §§ 34a AsylG eine Abschiebungsanordnung im Raum steht, nach § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG nunmehr eine ausdrückliche Feststellung in der Entscheidung über einen unzulässigen Asylantrag verlangt ist. Allein der Umstand, dass eine solche Feststellung nicht (ausdrücklich) getroffen worden ist, bedeutet aber nicht, dass - positiv - die Voraussetzungen für nationalen Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen (s.a. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2017 - 1 B 6.17 - juris Rn. 6). Dass eine derartige ausdrückliche Feststellung des Bundesamtes über das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG ergangen ist, ist nicht (gesetzliches) Tatbestandsmerkmal der Abschiebungsanordnungen bzw. -drohungen nach §§ 34a, 35 AsylG. Auch die nunmehr in § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG normierte Rechtspflicht zur (ausdrücklichen) Feststellung über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG schafft kein zusätzliches gesetzliches Tatbestandsmerkmal. Die Feststellungspflicht erweitert zwar - formell - das (objektivrechtliche) Entscheidungs"programm" des Bundesamtes. Sie erhöht aber nicht - materiellrechtlich - die Anforderungen an den Erlass von Abschiebungsanordnungen oder -drohungen nach §§ 34a, 35 AsylG.
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2.3 § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG wirkt auch prozessrechtlich nicht als zusätzliche (formelle) Anforderung für den Erlass einer Abschiebungsanordnung oder -drohung bzw. deren umfassende Überprüfung. Verletzt das Bundesamt seine aus § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG folgende Rechtspflicht zur Feststellung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, kann der Asylbewerber nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen (§ 44 VwGO) die Anfechtungsklage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung und die mit dieser verbundenen Abschiebungsanordnung bzw. -drohung zwar (hilfsweise) mit einem entsprechenden Verpflichtungsantrag verbinden. Dieser Antrag ist aber nicht Voraussetzung des Rechtsschutzbedürfnisses für die Anfechtungsklage gegen die Abschiebungsanordnung bzw. -drohung, zumal ein Rechtsschutzbedürfnis für eine ausdrückliche Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG nicht vorliegen, regelmäßig fehlen dürfte. Dann ist er aber auch nicht Voraussetzung für die gerichtliche Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, die im Rahmen des - insoweit selbstständigen - Anfechtungsbegehrens gegen eine Abschiebungsanordnung bzw. -drohung nach deren gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen vorzunehmen ist.
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2.4 Für die Anfechtung einer Abschiebungsanordnung oder -drohung nach §§ 34a, 35 AsylG verbleibt es mithin bei dem Grundsatz (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), dass ein Verwaltungsakt der gerichtlichen Aufhebung unterliegt, soweit er rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, und die Gerichte nach § 86 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 113 Abs. 1 VwGO verpflichtet sind, die Sache spruchreif zu machen, d.h. zu überprüfen, ob und inwieweit der angefochtene Verwaltungsakt den Kläger in seinen Rechten verletzt und deshalb aufzuheben ist (s.a. BVerwG, Beschluss vom 3. April 2017 - 1 C 9.16 - Asylmagazin 2017, 239). Die Gerichte haben bei der Überprüfung der Abschiebungsanordnung bzw. -drohung alle einschlägigen Rechtsnormen und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenen Behörde zur Begründung des Verwaltungsakts angeführt worden sind oder nicht (BVerwG, Urteil von 16. November 2015 - 1 C 4.15 - BVerwGE 153, 234 Rn. 28).
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Die in § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG bei Unzulässigkeitsentscheidungen vorgegebene Feststellung durch das Bundesamt führt nicht - wie in den Fällen der Unzulässigkeitsentscheidung selbst - zu einem mehrstufigen Behördenverfahren, das klar zwischen der Zulässigkeitsentscheidung und der nachfolgenden Sachprüfung und -entscheidung unterscheidet (BVerwG, Urteil vom 1. Juni 2017 - 1 C 9.17 -). Auch in Fällen, in denen die Prüfung der Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG - aus welchen Gründen auch immer - vollständig unterblieben ist, bestehen für die rechtlich gebundene Entscheidung, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, keine Besonderheiten, die eine gegenüber der gerichtlichen Kontrolle vorrangige, exklusive Prüf- oder Entscheidungszuständigkeit des Bundesamtes rechtfertigen. Bei der Prüfung und Feststellung der nationalen Abschiebungsverbote sind keine verfahrensrechtlichen Vorgaben oder Besonderheiten des Unionsrechts ersichtlich, welche einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle durch gerichtliche Vollprüfung auch möglicher Abschiebungsverbote entgegenstehen.
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3. Die vom Berufungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts zur Lage international schutzberechtigter Personen in Bulgarien erlauben dem Senat keine Beurteilung, ob in Bezug auf Bulgarien die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen.
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3.1 Das Berufungsgericht hat im Rahmen seiner Prüfung der Rechtmäßigkeit der Unzulässigkeitsentscheidung allerdings auf die schwierige Situation anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien hingewiesen und ausgeführt, dass bei der Entscheidung darüber, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, das Bundesamt gehalten sei, einzelfallbezogen immer das Vorliegen eines Abschiebungsverbots hinsichtlich Bulgariens mit Blick auf die persönlichen Verhältnisse des konkreten Ausländers zu prüfen und jedenfalls grundsätzlich sicherzustellen habe, dass Abschiebungen nach Bulgarien nur dann stattfinden, wenn die Betroffenen dort auf eine Anlaufadresse für angemessene Zeit zugreifen könnten. Dies stehe indes nicht generell der Qualifizierbarkeit der Republik Bulgarien als sicherer Drittstaat entgegen; daraus folgten auch nicht "systemische Mängel" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Asyl- bzw. Aufnahmeverfahren in Bulgarien. Darin liegt keine abschließende, positive Wertung der tatsächlichen Erkenntnisse dahin, dass - generell oder in Bezug auf den Kläger - die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Eine solche Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem neuerlichen Hinweis des Berufungsgerichts auf die schwierige Situation anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien, angesichts derer die Beklagte gehalten sei, bei ihrer Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegt, "sicherzustellen... , dass eine Abschiebung des Klägers nur dann stattfindet, wenn ihm eine 'Anlaufadresse' in Bulgarien für angemessene Zeit zur Verfügung steht". Dies sei "- sofern im Einzelfall nicht ausnahmsweise entbehrlich - durch entsprechende individuelle Zusicherungen bulgarischer Behörden" zu leisten.
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3.2 Eine tragfähige Grundlage für eine eigenständige Beurteilung des Senats, ob in Bezug auf Bulgarien die Voraussetzungen nationalen Abschiebungsschutzes nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen, bildet dies nicht. Das Berufungsgericht hat sich - insoweit auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung zu seiner begrenzten Prüfungspflicht folgerichtig - einer abschließenden Entscheidung gerade enthalten.
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4. Ist der Rechtsstreit somit zur erneuten Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, gilt gleiches auch für die unter Ziffer 3 des angefochtenen Bescheides ausgesprochene Befristung des "gesetzlichen" (§ 11 Abs. 1 AufenthG) Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 75 Nr. 12 AsylG, die nach aktueller Rechtsprechung des Senats unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verstehen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2017 - 1 VR 3.17 - Rn. 72). Denn die Rechtmäßigkeit eines - hier auf 30 Monate befristeten - Einreiseverbots hängt von der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung ab.
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5. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.
(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Das Gericht kann durch Beschluß mehrere bei ihm anhängige Verfahren über den gleichen Gegenstand zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, daß mehrere in einem Verfahren erhobene Ansprüche in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.