Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Aug. 2019 - 1 StR 679/18

bei uns veröffentlicht am08.08.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 679/18
vom
8. August 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbs- und bandenmäßiger Steuerhehlerei u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:080819B1STR679.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am 8. August 2019 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 8. Dezember 2017 im Ausspruch über die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen dahin abgeändert , dass (lediglich) 8.000 Euro der Einziehung unterliegen. 2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


I.


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 14 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung , und wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei als Mitglied einer Bande in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit gewerbsmäßiger strafbarer Kennzeichenverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt , deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Ferner hat es 2.460.000 Zigaretten und als Wertersatz von Taterträgen einen Betrag von 5.962.921,29 Euro eingezogen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Urteilsfeststellungen führte der Angeklagte als Spediteur mittels von ihm eingesetzter Fahrer im Zeitraum Juni 2012 bis März 2013 im Auftrag unbekannter Hintermänner in zwölf Fällen LKW-Transporte von Tabakfeinschnitt aus der Tschechischen Republik über das Bundesgebiet in die Niederlande durch. Dort wurden in einer Produktionsstätte aus dem Tabakfeinschnitt ohne Erlaubnis gefälschte Markenzigaretten hergestellt. Im Dezember 2012 und im März 2013 verbrachte der Angeklagte durch seine LKW-Fahrer aus den Niederlanden 12.300 bzw. 26.988 Stangen dieser gefälschten Zigaretten in das Bundesgebiet. In letzterem Fall transportierte er die Zigaretten nach Österreich weiter. In zwei weiteren Fällen ließ der Angeklagte im Februar 2013 die bereits in die Bundesrepublik Deutschland verbrachten Zigaretten durch von ihm beauftragte Fahrer innerhalb des Bundesgebiets zu den unbekannten Hintermännern transportieren, die sie gewinnbringend verkauften.
3
2. In keinem der Fälle wurden Steuererklärungen abgegeben, auch nicht vom Angeklagten. Steuerzeichen für die transportierten Zigaretten wurden ebenfalls nicht verwendet. Der Verkürzungsumfang an hinterzogener Tabaksteuer belief sich auf etwa sechs Millionen Euro. Der Angeklagte erhielt von den Hintermännern für jeden durchgeführten Transport mindestens 500 Euro als Entlohnung, mithin insgesamt 8.000 Euro, ausbezahlt. In einem Fall wurden 2.460.000 gefälschte Zigaretten sichergestellt, in zwei weiteren Fällen wurden Zigaretten bzw. Tabakfeinschnitt sichergestellt und vernichtet.

II.

4
1. Die Verfahrensrüge hat aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen Erfolg.
5
2. Der Schuld- und Strafausspruch sowie die Entscheidung über die Einziehung der sichergestellten Zigaretten haben Bestand. Soweit das Landgericht bei den Taten der Steuerhinterziehung durch Unterlassen und der gewerbsmäßigen strafbaren Kennzeichenverletzung statt Tatmehrheit Tateinheit angenommen hat, beschwert dies den Angeklagten nicht, weil dies den Unrechtsund Schuldgehalt der Taten unberührt lässt.
6
3. Die Entscheidung über die Einziehung des Wertersatzes von Taterträgen hat hingegen lediglich im Umfang der Tatentlohnung des Angeklagten in Höhe von 8.000 Euro Bestand. Der übersteigende Betrag, der die ersparten Aufwendungen für die jeweils hinterzogenen Tabaksteuern zum Gegenstand hat, ist vorliegend nicht einzuziehen, weil der Angeklagte insoweit durch die Verletzung der ihn gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 TabStG als Steuerschuldner treffenden Pflicht, für die Tabakwaren eine Steuererklärung abzugeben, nichts im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB nF erlangt hat.
7
a) Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich hier gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB. Danach ist nach § 73 Abs. 1 StGB zwingend einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des erlangten Gegenstandes nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB die Einziehung des Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht. „Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB ist jeder Vermögenswert, der dem Tatbeteiligten durch die rechtswidrige Tat zugeflossen ist, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine tatsächliche Verfügungsgewalt übergegangen ist und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18, zum Abdruck in BGHSt bestimmt; vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 10; vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8; BTDrucks. 18/9525, S. 61). Der Umfang des „erlangten Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB ist nach dem „Bruttoprinzip“ zu bemessen, d.h. dass grundsätzlich alles, was der Täter durch oder für die Tat erhalten oder was er durch diese erspart hat, ohne gewinnmindernde Abzüge einzuziehen ist (vgl. BT-Drucks. 18/9525 S. 61, BGH, Urteile vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 und vom 18. Dezember 2018 – 1 St1 StR 36/17 Rn. 25). Der Einziehung unterliegen damit nicht nur bestimmte Gegenstände wie bewegliche Sachen, Grundstücke oder dingliche und obligatorische Rechte, sondern auch geldwerte Vorteile, wie etwa Dienstleistungen oder ersparte Aufwendungen, sowie konkrete Chancen auf einen Vertragsabschluss bzw. die Verbesserung einer Marktposition (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 mwN). Beim „Erlangen“ handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang; auf die zivilrechtlichen Besitz- oder Eigentumsverhältnisse kommt es nicht an (vgl. BGH aaO mwN).
8
b) Beim Delikt der Steuerhinterziehung kann die verkürzte Steuer „er- langtes Etwas“ im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB sein, weil sich der Täter Aufwendungen für diese Steuern erspart (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 mwN und vom 18.Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn.18 mwN; Beschlüsse vom 4. Juli 2018 – 1 StR 244/18 Rn. 7; vom 11. Mai 2016 – 1 StR 118/16 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 – 1 StR 239/10, wistra 2010, 406 und vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00 Rn. 16 ff.; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20; Köhler, NStZ 2017, 497, 503 f.; Reh, wistra 2018, 414, 415). Dies gilt jedoch nicht schlechthin, weil die Einziehung an einem durch die Tat tatsächlich beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil anknüpft und damit mehr als die bloße Tatbestandserfüllung voraussetzt (BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18).
9
c) Im Hinblick auf den Charakter der Tabaksteuer als Verbrauch- bzw. Warensteuer (dazu Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 2 Rn. 47 mwN) ergibt sich ein unmittelbar messbarer wirtschaftlicher Vorteil nur, soweit sich die Steuerersparnis im Vermögen des Täters dadurch niederschlägt, dass er aus den Tabakwaren, auf die sich die Hinterziehung der Tabaksteuern bezieht, einen Vermögenszuwachs erzielt, beispielsweise in Form eines konkreten Vermarktungsvorteils (BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18). Offene Steuerschulden begründen hingegen nicht stets über die Rechtsfigur der ersparten Aufwendungen einen Vorteil im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Maßgeblich bleibt immer, dass sich ein Vorteil im Vermögen des Täters widerspiegelt. Nur dann hat der Täter durch die ersparten Aufwendungen auch wirtschaftlich etwas erlangt.
10
d) Gemessen an diesen Grundsätzen unterliegt daher vorliegend lediglich der Betrag, den der Angeklagte als Entlohnung für die Durchführung der Transportfahrten erlangt hat, mithin insgesamt 8.000 Euro der Einziehung. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat er durch die Taten keinen darüber hinaus gehenden wirtschaftlichen Vorteil durch die Hinterziehung von Tabaksteuer erzielt, weil sich die im Wert der Tabakwaren verkörperte Steuerersparnis nicht in seinem Vermögen in irgendeiner Form widerspiegelt.
Jäger Bellay Cirener Fischer Pernice

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Aug. 2019 - 1 StR 679/18

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch - StGBEG | Art 316h Übergangsvorschrift zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung


Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Tabaksteuergesetz - TabStG 2009 | § 23 Lieferung zu gewerblichen Zwecken


(1) Im Sinn dieses Abschnitts werden Tabakwaren zu gewerblichen Zwecken geliefert, wenn sie1.aus dem steuerrechtlich freien Verkehr eines Mitgliedstaats in einen anderen Mitgliedstaat befördert werden und2.an eine Person geliefert werden, die keine P

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Wird über die Anordnung der Einziehung des Tatertrages oder des Wertes des Tatertrages wegen einer Tat, die vor dem 1. Juli 2017 begangen worden ist, nach diesem Zeitpunkt entschieden, sind abweichend von § 2 Absatz 5 des Strafgesetzbuches die §§ 73 bis 73c, 75 Absatz 1 und 3 sowie die §§ 73d, 73e, 76, 76a, 76b und 78 Absatz 1 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) anzuwenden. Die Vorschriften des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) sind nicht in Verfahren anzuwenden, in denen bis zum 1. Juli 2017 bereits eine Entscheidung über die Anordnung des Verfalls oder des Verfalls von Wertersatz ergangen ist.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Ein der Einziehung unterliegender wirtschaftlicher Vorteil liegt bei einer Hinterziehung
von Tabaksteuer nur vor, soweit sich die im Wert der Tabakwaren verkörperte Steuerersparnis
im Vermögen des Täters widerspiegelt.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 – LG Lübeck
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 620/18
vom
11. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
ECLI:DE:BGH:2019:110719U1STR620.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 8. Mai 2019 in der Sitzung am 11. Juli 2019, an denen teilgenommen haben :
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Dr. Bär, Dr. Leplow und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Pernice,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 –, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung am 11. Juli 2019 – als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 –, Justizangestellte – bei der Verkündung am 11. Juli 2019 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,


für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 17. August 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung schuldig ist;
b) aufgehoben aa) im Strafausspruch; bb) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen; dieser entfällt. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Schmuggels zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einzie- hung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.448.928 € angeordnet.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Angeklagte den für sein Transportunternehmen S. als Fahrer tätigen – bereits rechtskräftig vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochenen – Sk. dazu, am 12. Dezember 2015 mit einem LKW von R. (Lettland ) auf dem Seeweg nach L. zu fahren, um geladene Ware von dort weiter in die Niederlande zu verbringen. Anders als in den Frachtpapieren angegeben – im Frachtbrief war die Ladung unzutreffend als „26 PLT polyg- raphy“ bezeichnet – handelte es sich bei dem Transportgut, wie der Angeklagte wusste, um Kartons mit 9,36 Millionen unversteuerten Zigaretten, deren Packungen mit dem Markenzeichen und dem Aufdruck „Duty free“ sowie englischen Warnhinweisen versehen waren. Während der Fahrt hielt der Angeklagte telefonisch und über SMS laufenden Kontakt zu dem Fahrer Sk. und überwachte den Transport zusätzlich über GPS. Nachdem Sk. am 13. Dezember 2015 gegen 18.00 Uhr in L. von der Fähre gefahren war, wurde der LKW von Beamten der Zollamtsinspektion kontrolliert. Die Zigaretten, für die nach der Berechnung des Landgerichts Tabaksteuer i.H.v. 1.448.928 €, Einfuhrumsatzsteuer i.H.v. 349.379,07 € und Zoll i.H.v.
161.740,80 € zu entrichten gewesen wären, wurden vom Zoll sichergestellt und später eingezogen.
4
Bereits zuvor hatte der Angeklagte vom Fahrer Sk. am 15. und am 29. November sowie am 6. Dezember 2015 drei vergleichbare Fahrten mit dem LKW von R. (Lettland) über L. in die Niederlande durchführen lassen, um unversteuerte Zigaretten zur Firma St. in Si. (Niederlande) zu verbringen. Bei allen Fahrten kam es dem Angeklagten darauf an, zumindest das für den Transport vereinbarte Entgelt in Höhe von rund 1.000 € nebst Umsatzsteuer, das die S. dem Auftraggeber in Rechnung stellte bzw. stellen wollte, zu erhalten.

II.

5
1. Die Verfahrensrügen genügen bereits nicht den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO geltenden Begründungsanforderungen und sind daher unzulässig; sie zeigen aber auch keinen den Angeklagten beschwerenden Verfahrensfehler auf.
6
2. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Abänderung des Schuldspruchs und hat auch zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg.
7
a) Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1, § 370 Abs. 1 AO) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil er nicht von den Feststellungen getragen wird. Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte lediglich wegen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) strafbar gemacht.

8
Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen wurden durch das vom Angeklagten veranlasste Verbringen der unversteuerten Zigaretten von R. (Lettland) nach

L.

keine Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben hinterzogen. Einfuhrabgaben (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 ZollVG, Art. 4 Ziff. 10 ZK) – namentlich Zoll und Einfuhrumsatzsteuer (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2017 – 1 StR 204/17 Rn. 5 mwN; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 373 Rn. 10 ff.) – fallen gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 der Verordnung Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK), Art. 274 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. Nr. L 347 S. 1, § 21 Abs. 2 UStG nur an, wenn einfuhrabgabenpflichtige Waren von einem Drittstaat in einen Mitgliedstaat und damit das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Juni 2018 – 1 StR 282/17 Rn. 9 f.; Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 9 f.; Weidemann, wistra 2012, 49, 54), nicht aber, wenn – wie hier – die Waren von einem Mitgliedstaat der Zollunion (Lettland) in einen anderen Mitgliedstaat (Bundesrepublik Deutschland ) verbracht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 10; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, aaO, Rn. 21).
9
Anhaltspunkte dafür, dass die Tabakwaren ihre Eigenschaft als Gemeinschaftsware auf dem Seeweg verloren haben könnten (vgl. Art. 3 Abs. 3, Art. 164 ZK, Art. 313 Abs. 3 Buchst. b, Art. 313a, Art. 313b ZK-DVO), sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Das Landgericht stellt nur fest, dass sich auf dem LKW, mittels dessen die Ware von R. über L. in die Nieder- lande verbracht werden sollte, „unversteuerte“ Zigaretten befanden; soweit es weiter ausführt, dass für die Zigaretten neben der deutschen Tabaksteuer Ein- fuhrumsatzsteuer und Zoll zu entrichten gewesen „wären“, handelt es sich le- diglich um eine – von den Feststellungen nicht getragene – rechtliche Wertung.
10
Der Senat schließt aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen könnte, die geeignet sind, eine Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 Satz 1, § 370 Abs. 1 AO) zu tragen.
11
b) Der Angeklagte hat sich auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO strafbar gemacht, weil er Zigaretten ohne Steuerzeichen ins Steuergebiet verbrachte und hierdurch die mit dem Verbringen der Zigaretten entstandene Tabaksteuer (§ 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG) verkürzt wurde (vgl. Jäger in Joecks/Jäger/Randt, § 370 Rn. 392 mwN; Ebner/Schlosser, PStR 2016, 118 ff.; Middendorp, ZfZ 2011, 197, 204; Allgayer/Sackreuther, PStR 2009, 44, 46 f.; a.A. Weidemann, ZfZ 2008, 97, 99; ders., wistra 2012, 1, 6; ders., wistra 2019, 122, 125; Hampel, ZfZ 1996, 358). Ob der Angeklagte durch sein Verhalten daneben auch den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht hat, bedarf keiner Entscheidung, weil der Angeklagte durch das Unterbleiben einer weiteren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht beschwert sein kann und eine Tat nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO jedenfalls als mitbestrafte Nachtat hinter § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO zurückträte. Dies wäre der Fall, weil es sich bei der Nichtabgabe einer Steuererklärung über unversteuerte Tabakwaren um ein regelmäßig auftretendes Begleitgeschehen zur Sicherung der Vorteile aus der vorangegangenen pflichtwidrigen Unterlassung der Verwendung von Steuerzeichen (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) handelt, das keinen zusätzlichen Unrechtsgehalt aufweist, sich gegen dasselbe Schutzgut – den staat- lichen Steueranspruch – und denselben Geschädigten richtet und daher kein zusätzliches Strafbedürfnis begründet.
12
Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) um den Grundtatbestand des gewerbsmäßigen Schmuggels nach § 373 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 AO handelt und sich der Angeklagte gegen den Tatvorwurf der Steuerhinterziehung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
13
c) Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Die zugehörigen Feststellungen sind jedoch von dem Rechtsfehler nicht betroffen und haben daher Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
14
d) Auch die von der Strafkammer getroffene Einziehungsentscheidung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand; der Ausspruch über die Einziehung entfällt.
15
Der Angeklagte hat weder durch das pflichtwidrige Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) noch hätte er durch die pflichtwidrig unterlassene Abgabe einer Steuererklärung über die unversteuer- ten Zigaretten „etwas“ erlangt, was der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB unterlä- ge.
16
aa) Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich vorliegend gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB.
17
bb) Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des erlangten Gegenstandes nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung des Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht (BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 Rn. 42 und vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 6).
18
„Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF ist jeder Ver- mögenswert, der dem Tatbeteiligten durch die rechtswidrige Tat zugeflossen ist, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine tatsächliche Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 10; vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8 mwN; BT-Drucks. 18/9525, S. 61 f.). Der Umfang des „erlangten Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF ist nach dem „Bruttoprinzip“ zu bemessen, d.h., dass grundsätzlich alles, was der Täter durch oder für die Tat erhalten oder was er durch diese erspart hat, ohne gewinnmindernde Abzüge einzuziehen ist (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 61; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn. 25). Der Einziehung unterliegen damit nicht nur bestimmte Gegenstände wie bewegliche Sachen, Grundstücke oder dingliche und obligatorische Rechte, sondern auch geldwerte Vorteile, wie etwa Dienstleistungen oder ersparte Aufwendungen, sowie konkrete Chancen auf einen Vertragsabschluss bzw. die Verbesserung einer Marktposition (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20 mwN; Schmidt, Vermögensabschöpfung , 2. Aufl. S. 24 f., Rn. 90-95 mit Verweis auf BT-Drucks. 18/9525, S. 61 f.). Beim „Erlangen“ handelt es sich dabei um einen tatsächlichen Vorgang; auf die zivilrechtlichen Besitz- oder Eigentumsverhältnisse zwischen mehreren Tatbeteiligten kommt es nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8 mwN; Urteile vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15 Rn. 13; vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Rn. 19 und vom 4. Februar 2009 – 2 StR 504/08, BGHSt 53, 179 Rn. 3).
19
Beim Delikt der Steuerhinterziehung kann die verkürzte Steuer „erlangtes Etwas“ i.S.v. § 73Abs. 1 StGB sein, weil sich der Täter die Aufwendungen für diese Steuern erspart (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn. 18 mwN; Beschlüsse vom 4. Juli 2018 – 1 StR 244/18 Rn. 7; vom 11. Mai 2016 – 1 StR 118/16 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 – 1 StR 239/10, wistra 2010, 406 und vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00 Rn. 16 ff.; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20; Köhler, NStZ 2017, 497, 503 f.; Reh, wistra 2018, 414, 415). Dies gilt jedoch nicht schlechthin, weil die Einziehung an einen durch die Tat tatsächlich beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil anknüpft und damit mehr als die bloße Tatbestandserfüllung voraussetzt.
20
Im Hinblick auf den Charakter der Tabaksteuer als Verbrauch- bzw. Warensteuer (dazu Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 2 Rn. 47, § 18 Rn. 105 mwN) ergibt sich bei der Hinterziehung von Tabaksteuer ein unmittelbar messbarer wirtschaftlicher Vorteil nur, soweit sich die Steuerersparnis im Vermögen des Täters dadurch niederschlägt, dass er aus den Tabakwaren, auf die sich die Hinterziehung der Tabaksteuern bezieht, einen Vermögenszuwachs erzielt, beispielsweise in Form eines konkreten Vermarktungsvorteils. Offene Steuerschulden begründen hingegen – anders als das Landgericht meint – nicht stets über die Rechtsfigur der ersparten Aufwendungen einen Vorteil im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Maßgeblich bleibt immer, dass sich ein Vorteil im Vermögen des Täters widerspiegelt. Nur dann hat der Täter durch die ersparten (steuerlichen) Aufwendungen auch wirtschaftlich etwas erlangt.
21
cc) Der Angeklagte hat durch die Tat keine Steuerersparnis im vorgenannten Sinne erlangt. Denn er hat lediglich gegen das Versprechen eines – ihm tatsächlich nicht gezahlten – Entgelts für den Transport der unversteuerten Zigaretten gesorgt, ohne dass er einen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer wegen der hinterzogenen Tabaksteuer einträglicheren Verwertungsmöglichkeit hinsichtlich der Zigaretten aus der Tat gezogen hätte. Auch sonst ist dem Angeklagten durch die Tat kein messbarer Vermögensvorteil zugeflossen.
Raum Jäger Bär Leplow Pernice
10
Die Einziehung von Taterträgen nach § 73 Abs. 1 StGB nF ersetzt die Vorschrift über den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB aF, wobei die Formulierung "aus" der Tat erlangt durch die Worte "durch eine rechtswidrige Tat" erlangt ersetzt wurde. Abzuschöpfen ist damit jeder Vermögenswert, den der Tatbeteiligte durch die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (BT-Drucks. 18/9525, S. 62; vgl. auch Köhler NStZ 2017, 497, 503). Allerdings erstreckt sich die Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF - wie der frühere Verfall - nach seinem Umfang grundsätzlich nur auf das unmittelbar erlangte Etwas (vgl. LK/Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 17). Mittelbar durch die Verwertung der Tatbeute erlangte Vermögenszuwächse können weiterhin nur als Surrogat aufgrund einer Anordnung nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF (früher § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF) eingezogen werden. Die vom Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen der Einziehung des Erlangten nach § 73 Abs. 1 StGB nF und der Einziehung des Surrogats nach § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF ergäbe keinen Sinn, wenn - wie die Staatsanwaltschaft meint - der mittelbar durch die Verwertung der Tatbeute er- zielte Gewinn ebenfalls "durch die Tat" erlangt und damit Gegenstand einer Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF wäre. Vielmehr wollte der Gesetzgeber mit dem Wortlaut der Regelung des § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB nF klarstellen, dass die Anordnung der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB nF sich nicht ohne weiteres auf die Surrogate "erstreckt" (BT-Drucks. 18/9525, S. 62). Einer Auslegung des § 73 Abs. 1 StGB nF, wonach neben der Einziehung des unmittelbar Erlangten bzw. des Wertersatzes auch eine solche des Surrogats aus der Verwertung der Beute anzuordnen wäre, steht zudem der unmissverständliche Wortlaut des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB nF entgegen, wonach der Wert des Erlangten (nur) einzuziehen ist, wenn entweder die Einziehung des Erlangten nicht möglich ist oder aber von der Einziehung des Surrogats abgesehen wird.
8
aa) Die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c Satz 1 StGB knüpft an § 73 Abs. 1 StGB an und setzt voraus, dass der Täter durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt hat. Ein Vermögenswert ist aus der Tat erlangt, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs so zugeflossen ist, dass er hierüber tatsächliche Verfügungsgewalt ausüben kann (BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17, juris Rn. 8 mwN). Die Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlende Darlegung der Erlangung tatsächlicher (Mit-)Verfügungsgewalt nicht zu ersetzen. Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom 18. Juli 2018 – 2 StR 245/18, juris Rn. 9 f.; Urteil vom 25. April 2018 – 2 StR 14/18) nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll (BGH, Beschluss vom 27. April 2010 – 3StR 112/10, NStZ 2010, 568) und er diese auch tatsächlich hatte (Senat, Beschluss vom 8. Dezember 2010 – 2 StR 372/10, wistra 2011, 113). Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff auf den betreffenden Vermögensgegenstand nehmen konnte (BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623/17, aaO). Eine spätere Aufgabe der Mitverfügungsgewalt ist unerheblich (BGH, Urteil vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15, NStZ-RR 2015, 310, 311).

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Ein der Einziehung unterliegender wirtschaftlicher Vorteil liegt bei einer Hinterziehung
von Tabaksteuer nur vor, soweit sich die im Wert der Tabakwaren verkörperte Steuerersparnis
im Vermögen des Täters widerspiegelt.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 – LG Lübeck
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 620/18
vom
11. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
ECLI:DE:BGH:2019:110719U1STR620.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 8. Mai 2019 in der Sitzung am 11. Juli 2019, an denen teilgenommen haben :
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Dr. Bär, Dr. Leplow und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Pernice,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 –, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung am 11. Juli 2019 – als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 –, Justizangestellte – bei der Verkündung am 11. Juli 2019 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,


für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 17. August 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung schuldig ist;
b) aufgehoben aa) im Strafausspruch; bb) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen; dieser entfällt. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Schmuggels zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einzie- hung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.448.928 € angeordnet.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Angeklagte den für sein Transportunternehmen S. als Fahrer tätigen – bereits rechtskräftig vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochenen – Sk. dazu, am 12. Dezember 2015 mit einem LKW von R. (Lettland ) auf dem Seeweg nach L. zu fahren, um geladene Ware von dort weiter in die Niederlande zu verbringen. Anders als in den Frachtpapieren angegeben – im Frachtbrief war die Ladung unzutreffend als „26 PLT polyg- raphy“ bezeichnet – handelte es sich bei dem Transportgut, wie der Angeklagte wusste, um Kartons mit 9,36 Millionen unversteuerten Zigaretten, deren Packungen mit dem Markenzeichen und dem Aufdruck „Duty free“ sowie englischen Warnhinweisen versehen waren. Während der Fahrt hielt der Angeklagte telefonisch und über SMS laufenden Kontakt zu dem Fahrer Sk. und überwachte den Transport zusätzlich über GPS. Nachdem Sk. am 13. Dezember 2015 gegen 18.00 Uhr in L. von der Fähre gefahren war, wurde der LKW von Beamten der Zollamtsinspektion kontrolliert. Die Zigaretten, für die nach der Berechnung des Landgerichts Tabaksteuer i.H.v. 1.448.928 €, Einfuhrumsatzsteuer i.H.v. 349.379,07 € und Zoll i.H.v.
161.740,80 € zu entrichten gewesen wären, wurden vom Zoll sichergestellt und später eingezogen.
4
Bereits zuvor hatte der Angeklagte vom Fahrer Sk. am 15. und am 29. November sowie am 6. Dezember 2015 drei vergleichbare Fahrten mit dem LKW von R. (Lettland) über L. in die Niederlande durchführen lassen, um unversteuerte Zigaretten zur Firma St. in Si. (Niederlande) zu verbringen. Bei allen Fahrten kam es dem Angeklagten darauf an, zumindest das für den Transport vereinbarte Entgelt in Höhe von rund 1.000 € nebst Umsatzsteuer, das die S. dem Auftraggeber in Rechnung stellte bzw. stellen wollte, zu erhalten.

II.

5
1. Die Verfahrensrügen genügen bereits nicht den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO geltenden Begründungsanforderungen und sind daher unzulässig; sie zeigen aber auch keinen den Angeklagten beschwerenden Verfahrensfehler auf.
6
2. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Abänderung des Schuldspruchs und hat auch zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg.
7
a) Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1, § 370 Abs. 1 AO) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil er nicht von den Feststellungen getragen wird. Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte lediglich wegen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) strafbar gemacht.

8
Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen wurden durch das vom Angeklagten veranlasste Verbringen der unversteuerten Zigaretten von R. (Lettland) nach

L.

keine Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben hinterzogen. Einfuhrabgaben (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 ZollVG, Art. 4 Ziff. 10 ZK) – namentlich Zoll und Einfuhrumsatzsteuer (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2017 – 1 StR 204/17 Rn. 5 mwN; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 373 Rn. 10 ff.) – fallen gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 der Verordnung Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK), Art. 274 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. Nr. L 347 S. 1, § 21 Abs. 2 UStG nur an, wenn einfuhrabgabenpflichtige Waren von einem Drittstaat in einen Mitgliedstaat und damit das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Juni 2018 – 1 StR 282/17 Rn. 9 f.; Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 9 f.; Weidemann, wistra 2012, 49, 54), nicht aber, wenn – wie hier – die Waren von einem Mitgliedstaat der Zollunion (Lettland) in einen anderen Mitgliedstaat (Bundesrepublik Deutschland ) verbracht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 10; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, aaO, Rn. 21).
9
Anhaltspunkte dafür, dass die Tabakwaren ihre Eigenschaft als Gemeinschaftsware auf dem Seeweg verloren haben könnten (vgl. Art. 3 Abs. 3, Art. 164 ZK, Art. 313 Abs. 3 Buchst. b, Art. 313a, Art. 313b ZK-DVO), sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Das Landgericht stellt nur fest, dass sich auf dem LKW, mittels dessen die Ware von R. über L. in die Nieder- lande verbracht werden sollte, „unversteuerte“ Zigaretten befanden; soweit es weiter ausführt, dass für die Zigaretten neben der deutschen Tabaksteuer Ein- fuhrumsatzsteuer und Zoll zu entrichten gewesen „wären“, handelt es sich le- diglich um eine – von den Feststellungen nicht getragene – rechtliche Wertung.
10
Der Senat schließt aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen könnte, die geeignet sind, eine Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 Satz 1, § 370 Abs. 1 AO) zu tragen.
11
b) Der Angeklagte hat sich auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO strafbar gemacht, weil er Zigaretten ohne Steuerzeichen ins Steuergebiet verbrachte und hierdurch die mit dem Verbringen der Zigaretten entstandene Tabaksteuer (§ 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG) verkürzt wurde (vgl. Jäger in Joecks/Jäger/Randt, § 370 Rn. 392 mwN; Ebner/Schlosser, PStR 2016, 118 ff.; Middendorp, ZfZ 2011, 197, 204; Allgayer/Sackreuther, PStR 2009, 44, 46 f.; a.A. Weidemann, ZfZ 2008, 97, 99; ders., wistra 2012, 1, 6; ders., wistra 2019, 122, 125; Hampel, ZfZ 1996, 358). Ob der Angeklagte durch sein Verhalten daneben auch den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht hat, bedarf keiner Entscheidung, weil der Angeklagte durch das Unterbleiben einer weiteren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht beschwert sein kann und eine Tat nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO jedenfalls als mitbestrafte Nachtat hinter § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO zurückträte. Dies wäre der Fall, weil es sich bei der Nichtabgabe einer Steuererklärung über unversteuerte Tabakwaren um ein regelmäßig auftretendes Begleitgeschehen zur Sicherung der Vorteile aus der vorangegangenen pflichtwidrigen Unterlassung der Verwendung von Steuerzeichen (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) handelt, das keinen zusätzlichen Unrechtsgehalt aufweist, sich gegen dasselbe Schutzgut – den staat- lichen Steueranspruch – und denselben Geschädigten richtet und daher kein zusätzliches Strafbedürfnis begründet.
12
Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) um den Grundtatbestand des gewerbsmäßigen Schmuggels nach § 373 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 AO handelt und sich der Angeklagte gegen den Tatvorwurf der Steuerhinterziehung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
13
c) Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Die zugehörigen Feststellungen sind jedoch von dem Rechtsfehler nicht betroffen und haben daher Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
14
d) Auch die von der Strafkammer getroffene Einziehungsentscheidung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand; der Ausspruch über die Einziehung entfällt.
15
Der Angeklagte hat weder durch das pflichtwidrige Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) noch hätte er durch die pflichtwidrig unterlassene Abgabe einer Steuererklärung über die unversteuer- ten Zigaretten „etwas“ erlangt, was der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB unterlä- ge.
16
aa) Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich vorliegend gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB.
17
bb) Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des erlangten Gegenstandes nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung des Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht (BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 Rn. 42 und vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 6).
18
„Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF ist jeder Ver- mögenswert, der dem Tatbeteiligten durch die rechtswidrige Tat zugeflossen ist, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine tatsächliche Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 10; vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8 mwN; BT-Drucks. 18/9525, S. 61 f.). Der Umfang des „erlangten Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF ist nach dem „Bruttoprinzip“ zu bemessen, d.h., dass grundsätzlich alles, was der Täter durch oder für die Tat erhalten oder was er durch diese erspart hat, ohne gewinnmindernde Abzüge einzuziehen ist (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 61; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn. 25). Der Einziehung unterliegen damit nicht nur bestimmte Gegenstände wie bewegliche Sachen, Grundstücke oder dingliche und obligatorische Rechte, sondern auch geldwerte Vorteile, wie etwa Dienstleistungen oder ersparte Aufwendungen, sowie konkrete Chancen auf einen Vertragsabschluss bzw. die Verbesserung einer Marktposition (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20 mwN; Schmidt, Vermögensabschöpfung , 2. Aufl. S. 24 f., Rn. 90-95 mit Verweis auf BT-Drucks. 18/9525, S. 61 f.). Beim „Erlangen“ handelt es sich dabei um einen tatsächlichen Vorgang; auf die zivilrechtlichen Besitz- oder Eigentumsverhältnisse zwischen mehreren Tatbeteiligten kommt es nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8 mwN; Urteile vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15 Rn. 13; vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Rn. 19 und vom 4. Februar 2009 – 2 StR 504/08, BGHSt 53, 179 Rn. 3).
19
Beim Delikt der Steuerhinterziehung kann die verkürzte Steuer „erlangtes Etwas“ i.S.v. § 73Abs. 1 StGB sein, weil sich der Täter die Aufwendungen für diese Steuern erspart (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn. 18 mwN; Beschlüsse vom 4. Juli 2018 – 1 StR 244/18 Rn. 7; vom 11. Mai 2016 – 1 StR 118/16 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 – 1 StR 239/10, wistra 2010, 406 und vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00 Rn. 16 ff.; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20; Köhler, NStZ 2017, 497, 503 f.; Reh, wistra 2018, 414, 415). Dies gilt jedoch nicht schlechthin, weil die Einziehung an einen durch die Tat tatsächlich beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil anknüpft und damit mehr als die bloße Tatbestandserfüllung voraussetzt.
20
Im Hinblick auf den Charakter der Tabaksteuer als Verbrauch- bzw. Warensteuer (dazu Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 2 Rn. 47, § 18 Rn. 105 mwN) ergibt sich bei der Hinterziehung von Tabaksteuer ein unmittelbar messbarer wirtschaftlicher Vorteil nur, soweit sich die Steuerersparnis im Vermögen des Täters dadurch niederschlägt, dass er aus den Tabakwaren, auf die sich die Hinterziehung der Tabaksteuern bezieht, einen Vermögenszuwachs erzielt, beispielsweise in Form eines konkreten Vermarktungsvorteils. Offene Steuerschulden begründen hingegen – anders als das Landgericht meint – nicht stets über die Rechtsfigur der ersparten Aufwendungen einen Vorteil im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Maßgeblich bleibt immer, dass sich ein Vorteil im Vermögen des Täters widerspiegelt. Nur dann hat der Täter durch die ersparten (steuerlichen) Aufwendungen auch wirtschaftlich etwas erlangt.
21
cc) Der Angeklagte hat durch die Tat keine Steuerersparnis im vorgenannten Sinne erlangt. Denn er hat lediglich gegen das Versprechen eines – ihm tatsächlich nicht gezahlten – Entgelts für den Transport der unversteuerten Zigaretten gesorgt, ohne dass er einen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer wegen der hinterzogenen Tabaksteuer einträglicheren Verwertungsmöglichkeit hinsichtlich der Zigaretten aus der Tat gezogen hätte. Auch sonst ist dem Angeklagten durch die Tat kein messbarer Vermögensvorteil zugeflossen.
Raum Jäger Bär Leplow Pernice

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Ein der Einziehung unterliegender wirtschaftlicher Vorteil liegt bei einer Hinterziehung
von Tabaksteuer nur vor, soweit sich die im Wert der Tabakwaren verkörperte Steuerersparnis
im Vermögen des Täters widerspiegelt.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 – LG Lübeck
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 620/18
vom
11. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
ECLI:DE:BGH:2019:110719U1STR620.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 8. Mai 2019 in der Sitzung am 11. Juli 2019, an denen teilgenommen haben :
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Dr. Bär, Dr. Leplow und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Pernice,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 –, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung am 11. Juli 2019 – als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 –, Justizangestellte – bei der Verkündung am 11. Juli 2019 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,


für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 17. August 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung schuldig ist;
b) aufgehoben aa) im Strafausspruch; bb) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen; dieser entfällt. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Schmuggels zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einzie- hung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.448.928 € angeordnet.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Angeklagte den für sein Transportunternehmen S. als Fahrer tätigen – bereits rechtskräftig vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochenen – Sk. dazu, am 12. Dezember 2015 mit einem LKW von R. (Lettland ) auf dem Seeweg nach L. zu fahren, um geladene Ware von dort weiter in die Niederlande zu verbringen. Anders als in den Frachtpapieren angegeben – im Frachtbrief war die Ladung unzutreffend als „26 PLT polyg- raphy“ bezeichnet – handelte es sich bei dem Transportgut, wie der Angeklagte wusste, um Kartons mit 9,36 Millionen unversteuerten Zigaretten, deren Packungen mit dem Markenzeichen und dem Aufdruck „Duty free“ sowie englischen Warnhinweisen versehen waren. Während der Fahrt hielt der Angeklagte telefonisch und über SMS laufenden Kontakt zu dem Fahrer Sk. und überwachte den Transport zusätzlich über GPS. Nachdem Sk. am 13. Dezember 2015 gegen 18.00 Uhr in L. von der Fähre gefahren war, wurde der LKW von Beamten der Zollamtsinspektion kontrolliert. Die Zigaretten, für die nach der Berechnung des Landgerichts Tabaksteuer i.H.v. 1.448.928 €, Einfuhrumsatzsteuer i.H.v. 349.379,07 € und Zoll i.H.v.
161.740,80 € zu entrichten gewesen wären, wurden vom Zoll sichergestellt und später eingezogen.
4
Bereits zuvor hatte der Angeklagte vom Fahrer Sk. am 15. und am 29. November sowie am 6. Dezember 2015 drei vergleichbare Fahrten mit dem LKW von R. (Lettland) über L. in die Niederlande durchführen lassen, um unversteuerte Zigaretten zur Firma St. in Si. (Niederlande) zu verbringen. Bei allen Fahrten kam es dem Angeklagten darauf an, zumindest das für den Transport vereinbarte Entgelt in Höhe von rund 1.000 € nebst Umsatzsteuer, das die S. dem Auftraggeber in Rechnung stellte bzw. stellen wollte, zu erhalten.

II.

5
1. Die Verfahrensrügen genügen bereits nicht den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO geltenden Begründungsanforderungen und sind daher unzulässig; sie zeigen aber auch keinen den Angeklagten beschwerenden Verfahrensfehler auf.
6
2. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Abänderung des Schuldspruchs und hat auch zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg.
7
a) Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1, § 370 Abs. 1 AO) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil er nicht von den Feststellungen getragen wird. Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte lediglich wegen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) strafbar gemacht.

8
Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen wurden durch das vom Angeklagten veranlasste Verbringen der unversteuerten Zigaretten von R. (Lettland) nach

L.

keine Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben hinterzogen. Einfuhrabgaben (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 ZollVG, Art. 4 Ziff. 10 ZK) – namentlich Zoll und Einfuhrumsatzsteuer (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2017 – 1 StR 204/17 Rn. 5 mwN; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 373 Rn. 10 ff.) – fallen gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 der Verordnung Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK), Art. 274 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. Nr. L 347 S. 1, § 21 Abs. 2 UStG nur an, wenn einfuhrabgabenpflichtige Waren von einem Drittstaat in einen Mitgliedstaat und damit das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Juni 2018 – 1 StR 282/17 Rn. 9 f.; Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 9 f.; Weidemann, wistra 2012, 49, 54), nicht aber, wenn – wie hier – die Waren von einem Mitgliedstaat der Zollunion (Lettland) in einen anderen Mitgliedstaat (Bundesrepublik Deutschland ) verbracht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 10; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, aaO, Rn. 21).
9
Anhaltspunkte dafür, dass die Tabakwaren ihre Eigenschaft als Gemeinschaftsware auf dem Seeweg verloren haben könnten (vgl. Art. 3 Abs. 3, Art. 164 ZK, Art. 313 Abs. 3 Buchst. b, Art. 313a, Art. 313b ZK-DVO), sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Das Landgericht stellt nur fest, dass sich auf dem LKW, mittels dessen die Ware von R. über L. in die Nieder- lande verbracht werden sollte, „unversteuerte“ Zigaretten befanden; soweit es weiter ausführt, dass für die Zigaretten neben der deutschen Tabaksteuer Ein- fuhrumsatzsteuer und Zoll zu entrichten gewesen „wären“, handelt es sich le- diglich um eine – von den Feststellungen nicht getragene – rechtliche Wertung.
10
Der Senat schließt aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen könnte, die geeignet sind, eine Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 Satz 1, § 370 Abs. 1 AO) zu tragen.
11
b) Der Angeklagte hat sich auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO strafbar gemacht, weil er Zigaretten ohne Steuerzeichen ins Steuergebiet verbrachte und hierdurch die mit dem Verbringen der Zigaretten entstandene Tabaksteuer (§ 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG) verkürzt wurde (vgl. Jäger in Joecks/Jäger/Randt, § 370 Rn. 392 mwN; Ebner/Schlosser, PStR 2016, 118 ff.; Middendorp, ZfZ 2011, 197, 204; Allgayer/Sackreuther, PStR 2009, 44, 46 f.; a.A. Weidemann, ZfZ 2008, 97, 99; ders., wistra 2012, 1, 6; ders., wistra 2019, 122, 125; Hampel, ZfZ 1996, 358). Ob der Angeklagte durch sein Verhalten daneben auch den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht hat, bedarf keiner Entscheidung, weil der Angeklagte durch das Unterbleiben einer weiteren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht beschwert sein kann und eine Tat nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO jedenfalls als mitbestrafte Nachtat hinter § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO zurückträte. Dies wäre der Fall, weil es sich bei der Nichtabgabe einer Steuererklärung über unversteuerte Tabakwaren um ein regelmäßig auftretendes Begleitgeschehen zur Sicherung der Vorteile aus der vorangegangenen pflichtwidrigen Unterlassung der Verwendung von Steuerzeichen (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) handelt, das keinen zusätzlichen Unrechtsgehalt aufweist, sich gegen dasselbe Schutzgut – den staat- lichen Steueranspruch – und denselben Geschädigten richtet und daher kein zusätzliches Strafbedürfnis begründet.
12
Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) um den Grundtatbestand des gewerbsmäßigen Schmuggels nach § 373 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 AO handelt und sich der Angeklagte gegen den Tatvorwurf der Steuerhinterziehung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
13
c) Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Die zugehörigen Feststellungen sind jedoch von dem Rechtsfehler nicht betroffen und haben daher Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
14
d) Auch die von der Strafkammer getroffene Einziehungsentscheidung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand; der Ausspruch über die Einziehung entfällt.
15
Der Angeklagte hat weder durch das pflichtwidrige Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) noch hätte er durch die pflichtwidrig unterlassene Abgabe einer Steuererklärung über die unversteuer- ten Zigaretten „etwas“ erlangt, was der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB unterlä- ge.
16
aa) Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich vorliegend gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB.
17
bb) Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des erlangten Gegenstandes nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung des Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht (BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 Rn. 42 und vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 6).
18
„Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF ist jeder Ver- mögenswert, der dem Tatbeteiligten durch die rechtswidrige Tat zugeflossen ist, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine tatsächliche Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 10; vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8 mwN; BT-Drucks. 18/9525, S. 61 f.). Der Umfang des „erlangten Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF ist nach dem „Bruttoprinzip“ zu bemessen, d.h., dass grundsätzlich alles, was der Täter durch oder für die Tat erhalten oder was er durch diese erspart hat, ohne gewinnmindernde Abzüge einzuziehen ist (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 61; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn. 25). Der Einziehung unterliegen damit nicht nur bestimmte Gegenstände wie bewegliche Sachen, Grundstücke oder dingliche und obligatorische Rechte, sondern auch geldwerte Vorteile, wie etwa Dienstleistungen oder ersparte Aufwendungen, sowie konkrete Chancen auf einen Vertragsabschluss bzw. die Verbesserung einer Marktposition (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20 mwN; Schmidt, Vermögensabschöpfung , 2. Aufl. S. 24 f., Rn. 90-95 mit Verweis auf BT-Drucks. 18/9525, S. 61 f.). Beim „Erlangen“ handelt es sich dabei um einen tatsächlichen Vorgang; auf die zivilrechtlichen Besitz- oder Eigentumsverhältnisse zwischen mehreren Tatbeteiligten kommt es nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8 mwN; Urteile vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15 Rn. 13; vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Rn. 19 und vom 4. Februar 2009 – 2 StR 504/08, BGHSt 53, 179 Rn. 3).
19
Beim Delikt der Steuerhinterziehung kann die verkürzte Steuer „erlangtes Etwas“ i.S.v. § 73Abs. 1 StGB sein, weil sich der Täter die Aufwendungen für diese Steuern erspart (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn. 18 mwN; Beschlüsse vom 4. Juli 2018 – 1 StR 244/18 Rn. 7; vom 11. Mai 2016 – 1 StR 118/16 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 – 1 StR 239/10, wistra 2010, 406 und vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00 Rn. 16 ff.; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20; Köhler, NStZ 2017, 497, 503 f.; Reh, wistra 2018, 414, 415). Dies gilt jedoch nicht schlechthin, weil die Einziehung an einen durch die Tat tatsächlich beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil anknüpft und damit mehr als die bloße Tatbestandserfüllung voraussetzt.
20
Im Hinblick auf den Charakter der Tabaksteuer als Verbrauch- bzw. Warensteuer (dazu Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 2 Rn. 47, § 18 Rn. 105 mwN) ergibt sich bei der Hinterziehung von Tabaksteuer ein unmittelbar messbarer wirtschaftlicher Vorteil nur, soweit sich die Steuerersparnis im Vermögen des Täters dadurch niederschlägt, dass er aus den Tabakwaren, auf die sich die Hinterziehung der Tabaksteuern bezieht, einen Vermögenszuwachs erzielt, beispielsweise in Form eines konkreten Vermarktungsvorteils. Offene Steuerschulden begründen hingegen – anders als das Landgericht meint – nicht stets über die Rechtsfigur der ersparten Aufwendungen einen Vorteil im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Maßgeblich bleibt immer, dass sich ein Vorteil im Vermögen des Täters widerspiegelt. Nur dann hat der Täter durch die ersparten (steuerlichen) Aufwendungen auch wirtschaftlich etwas erlangt.
21
cc) Der Angeklagte hat durch die Tat keine Steuerersparnis im vorgenannten Sinne erlangt. Denn er hat lediglich gegen das Versprechen eines – ihm tatsächlich nicht gezahlten – Entgelts für den Transport der unversteuerten Zigaretten gesorgt, ohne dass er einen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer wegen der hinterzogenen Tabaksteuer einträglicheren Verwertungsmöglichkeit hinsichtlich der Zigaretten aus der Tat gezogen hätte. Auch sonst ist dem Angeklagten durch die Tat kein messbarer Vermögensvorteil zugeflossen.
Raum Jäger Bär Leplow Pernice
7
a) Zwar kann ein Täter auch dadurch „etwas“ i.S.v. § 73 Abs. 1 StGB er- langen, dass er sich Aufwendungen erspart. Infolgedessen kann bei einer Steuerhinterziehung auch ein Betrag in Höhe nicht gezahlter Steuern in Gestalt ersparter Aufwendungen der Einziehung unterliegen (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 – 1 StR 37/11, wistra 2011, 394, 395 Rn. 11 mwN, zu § 73 StGB aF).
8
b) Bereits die Annahme, der Angeklagte habe aus den Taten der Steuerhinterziehung die ohne deutsche Steuerzeichen nach Deutschland verbrachten Zigaretten erlangt, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar ist beim Delikt der Steuerhinterziehung auch ein Betrag in Höhe der verkürzten Steuern erlangtes „etwas“ im Sinne des § 73Abs. 1 StGB, weil sich der Täter die Auf- wendungen für diese Steuern erspart (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14, wistra 2015, 236, vom 28. Juni 2011 – 1 StR 37/11, wistra 2011, 394 und vom 13. Juli 2010 – 1 StR 239/10, wistra 2010, 406; Fischer, StGB, 63. Aufl., § 73 Rn. 9). Die Waren, auf die sich die Hinterziehung von Verbrauchsteuern bezieht, sind als solche jedoch nicht durch die Steuerhinterziehung erlangt. Sie unterliegen deshalb nicht dem Verfall gemäß § 73 StGB, können aber gemäß § 375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO eingezogen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 239/10
vom
13. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Steuerhinterziehung u.a.
hier: Verfallsbeteiligte
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Juli 2010 beschlossen:
Die Revision der Verfallsbeteiligten gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 21. Dezember 2009 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Verfallsbeteiligten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts in seinem Antrag vom 21. Juni 2010 bemerkt der Senat: Der Umstand, dass die von der Verfallsbeteiligten B. erlangte Geldsumme von mehr als 950.000 Euro aus Steuerhinterziehungen (§ 370 AO) des Angeklagten stammte, steht der Anordnung des Verfalls von Wertersatz gemäß § 73a i.V.m. § 73 Abs. 3 StGB nicht entgegen. Aus der Tat erlangt sind auch die hinterzogenen Steuern (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl. § 73 Rdn. 9).
Die Anordnung des Verfalls richtet sich gegen die Verfallsbeteiligte B. , weil ein sog. Verschiebungsfall vorliegt. Bei dieser Fallgestaltung lässt der Täter oder Teilnehmer die Tatvorteile einer anderen Person unentgeltlich oder aufgrund eines jedenfalls bemakelten Rechtsgeschäfts zukommen, um sie dem Zugriff des Gläubigers zu entziehen oder um die Tat zu verschleiern (vgl. BGHSt 45, 235, 245f.). Hier hat B. die Geldsumme in ununterbrochener Bereicherungskette jeweils unentgeltlicher Zuwendungen ausgehend vom Angeklagten und vermittelt durch E. erlangt.

Der Anordnung des Verfalls stehen auch keine Ansprüche des Steuerfiskus als Verletztem im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen. Zwar kann auch der Steuerfiskus Verletzter im Sinne dieser Vorschrift sein (vgl. BGHR § 73 StGB Verletzter 3). Dem Steuerfiskus ist jedoch aus den Taten des Angeklagten kein Anspruch gegen die Verfallsbeteiligte B. entstanden. Im Gegensatz zum Angeklagten und zu E. war B. weder Täterin einer Steuerhinterziehung , noch war sie an den Steuerstraftaten des Angeklagten beteiligt. Sie haftet deshalb auch nicht gemäß § 71 AO für die von dem Angeklagten verkürzten Steuern.
Nack Wahl Hebenstreit Jäger Sander
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Zur Bedeutung von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB für den
Verfall bei bestehenden Steuerforderungen.
BGH, Beschl. v. 28. November 2000 - 5 StR 371/00
LG Kleve –

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. November 2000
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. November 2000

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 3. Mai 2000 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe (§ 349 Abs. 4 StPO) als unbegründet verworfen , daß der vom Landgericht angeordnete Verfall entfällt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

G r ü n d e Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Daneben hat es den Verfall von sichergestellten Bargeldbeträgen in Höhe von insgesamt 18.230,98 DM sowie von Sparguthaben in Höhe von 13.114,30 DM angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat lediglich hinsichtlich des angeordneten Verfalls Erfolg. Im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte von einem Mitglied einer polnischen Zigarettenschmugglerbande in Deutschland zwischen Februar 1996 und April 1997 in vier Fällen insgesamt 5.750 Stangen unverzollter und unversteuerter Zigaretten, um sie mit Gewinn weiterzuverkaufen. Er wollte sich mit dem Verkauf solcher Zigaretten für eine unbestimmte Dauer eine fortlaufende Einnahmequelle schaffen.
Ende 1997 mietete er für seinen Zigarettenlieferanten eine Lagerhalle an, in der in Schiffscontainern im Zeitraum von März bis Oktober 1998 drei Lkw-Ladungen von zusammen 90.500 Stangen unversteuerter und unverzollter Zigaretten zwischengelagert wurden. Einen Teil der angelieferten Zigaretten veräußerte der Angeklagte selbst; dies war das Entgelt dafür, daß er durch die Unterhaltung der Lagerhalle den Verkauf der eingeschmuggelten Zigaretten unterstützte. Insgesamt bezogen sich die Handlungen des Angeklagten auf Zigaretten, auf denen Eingangsabgaben in Höhe von 3.548.491,95 DM lasteten.
2. Die Nachprüfung des Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs und der Strafzumessung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Indes hält die Anordnung des Verfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Bei seiner Festnahme hatte der Angeklagte Verkaufserlöse für unversteuerte und unverzollte Zigaretten in Höhe von 7.757,28 DM bei sich. In seiner Wohnung wurden weitere Geldbeträge in Höhe von 10.240,00 DM und 233,70 DM sichergestellt, die ebenfalls aus dem Verkauf unversteuerter Zigaretten stammten. Gewinne aus Zigarettenverkäufen hatte er zudem auf Sparbüchern angelegt, die auf seinen oder den Namen seiner Angehörigen geführt wurden.
Das Landgericht hat den Verfall der sichergestellten Bargeldbeträge sowie der Sparguthaben angeordnet. Die Voraussetzungen des Verfalls sind jedoch nicht gegeben, da dem Steuerfiskus aufgrund der Taten des Angeklagten Steuerforderungen von mehr als 3,5 Millionen DM entstanden sind. Dies schließt die Anordnung des Verfalls der sichergestellten Geldbeträge zugunsten des Justizfiskus aus.

a) Allerdings war die Anordnung des Verfalls dem Grunde nach zulässig.
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ordnet das Gericht den Verfall von dem an, was der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr erlangt hat. Aus der Tat erlangt sind alle Vermögenswerte, die dem Täter aufgrund der Tatbegehung in irgendeiner Phase des Tatablaufs (vgl. BGH NStZ 1994, 123, 124) zufließen. Der Verfall ist dabei gegebenenfalls auch auf die Surrogate des Erlangten zu erstrecken (§ 73 Abs. 2 Satz 2 StGB). Hier hat sich der Angeklagte durch die Veräußerung der unversteuerten und unverzollten Zigaretten die Vorteile seiner Taten gesichert.

b) Dem stehen aber die Steueransprüche des Fiskus gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen. Nach dieser Vorschrift darf Verfall insoweit nicht angeordnet werden, als dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Hier würde die Nachzahlung der vom Angeklagten wegen der Steuerhehlerei an den Steuerfiskus zu bezahlenden Steuern seinen durch die Taten erlangten Vermögensvorteil wieder beseitigen.
aa) Ob nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Steueransprüche des Staates die Anordnung des Verfalls ausschließen können, hat der Bundesgerichtshof bislang nicht ausdrücklich entschieden (vgl. hierzu BGHSt 45, 235, 248; BGH, Beschl. vom 16. August 1978 – 3 StR 288/78).
Die Frage wird in der Literatur zum Teil verneint (vgl. Horn in SK-StGB § 73 Rdn. 17; Herold ZfZ 1975, 299, 302; Bender ZfZ 1976, 139, 141; Brenner DRiZ 1977, 203, 204), weil Steueransprüche nicht „aus der Tat“ erwachsen könnten; sie beruhten auf eigenständigen steuerlichen Entstehungstatbeständen. Auch sei die Vorrangregelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB auf zivilrechtliche Ersatzansprüche Privater und nicht auf öffentlich-rechtliche Ansprüche des Staates ausgerichtet. Schließlich könne eine ungewollte Doppelbelastung des vom Verfall Betroffenen durch Steueransprüche und Verfall auch ohne Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB im Rahmen des Härteausgleichs nach § 73c Abs. 1 StGB vermieden werden.
Demgegenüber vertritt die überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung, der Steuerfiskus könne Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sein, so daß bei Steuerdelikten Verfall regelmäßig ausscheide (vgl. LG Aachen NJW 1978, 385; LG Berlin wistra 1990, 157; W. Schmidt in LK 11. Aufl. § 73 Rdn. 36; Herzog in NK-StGB § 73 Rdn. 18; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 73 Rdn. 5; Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 73 Rdn. 6; Eser in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 73 Rdn. 26; Kohlmann , Steuerstrafrecht 7. Aufl. vor § 369 AO [Abschnitt B] Rdn. 259 ff.; Güntert, Die Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, S. 76; Bäkkermann ZfZ 1976, 366, 368; Meurer NStZ 1991, 438 f.). Im wesentlichen wird darauf abgestellt, daß nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift der Begriff „Verletzter“ nicht auf geschädigte Privatpersonen beschränkt sei.
bb) Verletzter im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB kann nur derjenige sein, dessen Individualinteressen durch das vom Täter übertretene Strafgesetz geschützt werden sollen (vgl. BGHR StGB § 73 – Verletzter 1, 2). Das durch die Steuerdelikte der §§ 370 ff. AO geschützte Rechtsgut ist die Sicherung des staatlichen Steueranspruchs, d. h. des rechtzeitigen und vollständigen Steueraufkommens (vgl. BGHSt 36, 100, 102; 40, 109; 41, 1, 5; BGH wistra 2000, 340, 344). Die Steuerstraftatbestände schützen damit gerade die Fiskalinteressen des Staates.
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bezieht sich auf Ansprüche schlechthin; die Vorschrift erfaßt damit auch öffentlich-rechtliche Ansprüche wie die hier vorliegenden Steueransprüche. Weder vom Wortlaut noch nach Sinn und Zweck der Regelung sind Beschränkungen hinsichtlich der Art und der Rechtsgrundlage des Anspruchs gegeben (vgl. W. Schmidt aaO Rdn. 41). Dem Wortlaut des Gesetzes ist nicht zu entnehmen, daß die Vorschrift lediglich den Vorrang zivilrechtlicher Ersatzansprüche Privater im Auge hätte (a.A.
Brenner aaO). Zwar dürfte es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen regelmäßig um Schadensersatz-, Herausgabe- und ähnliche zivilrechtliche Ansprüche handeln, die dem Opfer aus einem Betrug, einer Unterschlagung oder einem Diebstahl erwachsen. Daraus ist aber nicht zu schließen, daß der Gesetzgeber den Schutz auf solche Ansprüche beschränken wollte. Der Grundgedanke des § 73 Abs. 1 StGB liegt darin, einerseits bei dem Straftäter die aus der Tat erlangten Vorteile abzuschöpfen, andererseits aber diese Abschöpfung nicht zu Lasten des durch die Tat geschädigten Dritten vorzunehmen. Dieser Grundgedanke trifft in gleicher Weise zugunsten des Staates zu, soweit er als Verletzter in Betracht kommt.
Auch der Umstand, daß die dem Verfall unterliegenden Beträge ohnehin der öffentlichen Hand zufließen, stellt das gefundene Ergebnis nicht in Frage. Denn der insoweit begünstigte Justizfiskus ist nicht identisch mit dem Steuerfiskus. Der Justizfiskus soll aber nach der gesetzlichen Regelung in jedem Fall hinter den übrigen Anspruchsinhabern zurückstehen. Ein hinreichender Grund, den Staat in diesem Bereich anders als eine natürliche Person zu behandeln, ist nicht ersichtlich (vgl. Meurer aaO S. 439).
Schließlich sind auch solche Steueransprüche des Staates „aus der Tat erwachsen“, die nicht erst aufgrund des tatbestandlichen Geschehens entstanden sind, sondern bereits vorher entstanden waren, sofern sich die Steuerstraftat auf sie bezieht.
(1) Bei der Frage, welche Ansprüche im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB „aus der Tat erwachsen“ sind, müssen drei Gruppen von Ansprüchen unterschieden werden. Zur ersten Gruppe gehören diejenigen Ansprüche , die erst aufgrund des der Straftat zugrunde liegenden Geschehens zur Entstehung gelangen. Es sind dies insbesondere Schadensersatz- und Herausgabeansprüche, mit denen „durch die Straftat verlorene Vermögenswerte zurückzuholen“ sind (vgl. Käbisch wistra 1984, 10, 14). Die zweite Gruppe bilden die Ansprüche des durch eine Straftat Geschädigten, die zwar bereits vor der Straftat bestanden haben, die aber Gegenstand der Straftat sind. Die dritte Gruppe umfaßt alle sonstigen Ansprüche eines Dritten, deren Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde, ohne daß ein enger Zusammenhang zwischen der Straftat und dem Anspruch besteht.
(2) „Aus der Tat erwachsen“ im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB sind diejenigen Ansprüche, die einer der beiden ersten Gruppen zuzuordnen sind.
Teilweise wird allerdings die Ansicht vertreten, daß Steueransprüche nicht „aus der Tat“ erwachsen könnten, weil sie nicht aus der Straftat entstehen würden, sondern im Gegenteil Objekt der Straftat seien (vgl. z. B. Bender ZfZ 1978, 268). Es würde in der Regel ein bereits bestehender Steueranspruch „verkürzt“, statt daß er durch die Tat „erwächst“ (Bender aaO; ähnlich Dörn wistra 1990, 181, 182). Steueransprüche entstünden nämlich – selbst dann, wenn sie äußerlich mit der Verwirklichung eines Straftatbestandes zusammenfallen würden – aufgrund von Steuertatbeständen (§ 38 AO), nicht infolge von Straftatbeständen. Sie seien keine Reaktion auf die Tat, sondern „Objekt“ der Rechtsverletzung (Bender aaO). Die Hinterziehung von Steuern begründe weder einen Schadensersatzanspruch, noch ändere die Tat etwas am Bestand der Steuerforderung.
Dem Gesetz läßt sich indes keine Einschränkung des Anwendungsbereiches dahingehend entnehmen, daß von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB nur solche Ansprüche erfaßt werden, deren Entstehung an die Verwirklichung eines Straftatbestandes selbst anknüpft und die der „Rückholung“ des durch die Straftat verlorenen Vermögensanteils beim Straftäter dienen (so aber Käbisch aaO; ähnlich Bender aaO).
§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB räumt den Individualansprüchen des aus einer Straftat Verletzten den Vorrang vor einer Abschöpfung des illegitim Er- langten zugunsten der Staatskasse ein (vgl. W. Schmidt aaO Rdn. 34). Würde man all diejenigen Ansprüche aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausnehmen, bei denen der Anspruch bereits vor der strafbaren Handlung bestanden hat, dann würden – dem Gesetzeszweck zuwiderlaufend – in vielen Fällen gerade diejenigen Verletzten mit ihren Ansprüchen aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgeschlossen, deren Ansprüche und Vermögensinteressen durch die verletzte Strafnorm geschützt werden. Eine derartige Konstellation ist nicht nur bei Steuerhinterziehungen, sondern auch allgemein bei Vermögensdelikten denkbar, bei denen das Tatopfer betrügerisch daran gehindert wird, seine bestehenden zivilrechtlichen Ansprüche geltend zu machen. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB soll indes solches Vermögen vor Verfall schützen, in das der durch die Straftat Verletzte vollstrecken könnte. Diese Funktion wird nur erfüllt, wenn auch solche Forderungen, die bereits vor der Tat bestanden haben und nicht erst aufgrund der Tatbestandsverwirklichung entstanden sind, miteinbezogen werden (vgl. BayObLG wistra 2000, 395, 397; Kohlmann aaO Rdn. 259.2; Meurer aaO). Es ist somit für die Anwendbarkeit von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ausreichend, wenn die Steuerstraftat den Steueranspruch zum Gegenstand hat; Entstehensgrund des Steueranspruchs muß die Straftat nicht sein. Mit der Formulierung „aus der Tat erwachsen“ wird lediglich klargestellt, daß zwischen der Straftat und dem Anspruch ein enger Zusammenhang bestehen muß und nicht nur irgendein Anspruch eines Gläubigers genügt.
Auch aus Sinn und Zweck der Verfallsvorschriften ergibt sich, daß der Anspruch des verletzten Dritten nicht unmittelbar an den v erwirklichten Straftatbestand selbst anknüpfen muß. Der Verfall dient der öffentlichrechtlichen Gewinnabschöpfung und hat dabei grundsätzlich keinen Strafcharakter (vgl. W. Schmidt aaO Rdn. 7 ff.). Durch § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB soll dabei sichergestellt werden, daß der Täter auf keinen Fall zweimal zahlen muß, nämlich durch den Verfall und außerdem noch durch die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs (BGHR StGB § 73 – Anspruch 1 m.w.N; OLG Karlsruhe NJW 1982, 456, 457). Dieser Grundgedanke wurde bereits im Ge- setzgebungsverfahren deutlich gemacht (vgl. Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, S. 277 ff. und BT-Sonderausschuß für die Strafrechtsreform, 5. Legislaturperiode, Prot. S. 544 f., 992 ff.). Die Verfallsanordnung darf daher nicht zu einer Doppelbelastung des Betroffenen des Inhalts führen, daß einerseits ein der Abgabenschuld entsprechender Betrag für verfallen erklärt wird, andererseits aber die Zahlungsverpflichtung bestehen bleibt (so auch BayObLG aaO).
Hier ergibt sich die Anwendbarkeit des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB für die bestehenden Steueransprüche bereits daraus, daß die maßgeblichen Ansprüche des Steuerfiskus aus der Haftung des Steuerhehlers für die hinterzogenen Steuern nach § 71 AO unmittelbar an den Straftatbestand der Steuerhehlerei gemäß § 374 AO anknüpfen.

c) Auch ein Verfall hinsichtlich der vom Angeklagten angelegten Sparguthaben scheidet aus. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB erfaßt auch die in Absatz 2 Satz 2 der Vorschrift genannten, an die Stelle der unmittelbar erlangten Vorteile getretenen Surrogate (BGHR StGB § 73 – Gewinn 2).
Harms Häger Basdorf Gerhardt Brause
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
Ein der Einziehung unterliegender wirtschaftlicher Vorteil liegt bei einer Hinterziehung
von Tabaksteuer nur vor, soweit sich die im Wert der Tabakwaren verkörperte Steuerersparnis
im Vermögen des Täters widerspiegelt.
BGH, Urteil vom 11. Juli 2019 – 1 StR 620/18 – LG Lübeck
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 620/18
vom
11. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
ECLI:DE:BGH:2019:110719U1STR620.18.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 8. Mai 2019 in der Sitzung am 11. Juli 2019, an denen teilgenommen haben :
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Dr. Bär, Dr. Leplow und die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Pernice,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 –, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung am 11. Juli 2019 – als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung vom 8. Mai 2019 –, Justizangestellte – bei der Verkündung am 11. Juli 2019 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,


für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 17. August 2018
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung schuldig ist;
b) aufgehoben aa) im Strafausspruch; bb) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen; dieser entfällt. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Schmuggels zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es die Einzie- hung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.448.928 € angeordnet.
2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet.

I.

3
Nach den Feststellungen des Landgerichts veranlasste der Angeklagte den für sein Transportunternehmen S. als Fahrer tätigen – bereits rechtskräftig vom Vorwurf der Steuerhinterziehung freigesprochenen – Sk. dazu, am 12. Dezember 2015 mit einem LKW von R. (Lettland ) auf dem Seeweg nach L. zu fahren, um geladene Ware von dort weiter in die Niederlande zu verbringen. Anders als in den Frachtpapieren angegeben – im Frachtbrief war die Ladung unzutreffend als „26 PLT polyg- raphy“ bezeichnet – handelte es sich bei dem Transportgut, wie der Angeklagte wusste, um Kartons mit 9,36 Millionen unversteuerten Zigaretten, deren Packungen mit dem Markenzeichen und dem Aufdruck „Duty free“ sowie englischen Warnhinweisen versehen waren. Während der Fahrt hielt der Angeklagte telefonisch und über SMS laufenden Kontakt zu dem Fahrer Sk. und überwachte den Transport zusätzlich über GPS. Nachdem Sk. am 13. Dezember 2015 gegen 18.00 Uhr in L. von der Fähre gefahren war, wurde der LKW von Beamten der Zollamtsinspektion kontrolliert. Die Zigaretten, für die nach der Berechnung des Landgerichts Tabaksteuer i.H.v. 1.448.928 €, Einfuhrumsatzsteuer i.H.v. 349.379,07 € und Zoll i.H.v.
161.740,80 € zu entrichten gewesen wären, wurden vom Zoll sichergestellt und später eingezogen.
4
Bereits zuvor hatte der Angeklagte vom Fahrer Sk. am 15. und am 29. November sowie am 6. Dezember 2015 drei vergleichbare Fahrten mit dem LKW von R. (Lettland) über L. in die Niederlande durchführen lassen, um unversteuerte Zigaretten zur Firma St. in Si. (Niederlande) zu verbringen. Bei allen Fahrten kam es dem Angeklagten darauf an, zumindest das für den Transport vereinbarte Entgelt in Höhe von rund 1.000 € nebst Umsatzsteuer, das die S. dem Auftraggeber in Rechnung stellte bzw. stellen wollte, zu erhalten.

II.

5
1. Die Verfahrensrügen genügen bereits nicht den nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO geltenden Begründungsanforderungen und sind daher unzulässig; sie zeigen aber auch keinen den Angeklagten beschwerenden Verfahrensfehler auf.
6
2. Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Abänderung des Schuldspruchs und hat auch zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg.
7
a) Der Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1, § 370 Abs. 1 AO) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil er nicht von den Feststellungen getragen wird. Auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte lediglich wegen Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) strafbar gemacht.

8
Auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen wurden durch das vom Angeklagten veranlasste Verbringen der unversteuerten Zigaretten von R. (Lettland) nach

L.

keine Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben hinterzogen. Einfuhrabgaben (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 3 ZollVG, Art. 4 Ziff. 10 ZK) – namentlich Zoll und Einfuhrumsatzsteuer (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2017 – 1 StR 204/17 Rn. 5 mwN; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 373 Rn. 10 ff.) – fallen gemäß Art. 202 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 der Verordnung Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK), Art. 274 f. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl. Nr. L 347 S. 1, § 21 Abs. 2 UStG nur an, wenn einfuhrabgabenpflichtige Waren von einem Drittstaat in einen Mitgliedstaat und damit das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt werden (vgl. auch BGH, Urteil vom 27. Juni 2018 – 1 StR 282/17 Rn. 9 f.; Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 9 f.; Weidemann, wistra 2012, 49, 54), nicht aber, wenn – wie hier – die Waren von einem Mitgliedstaat der Zollunion (Lettland) in einen anderen Mitgliedstaat (Bundesrepublik Deutschland ) verbracht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Januar 2015 – 1 StR 613/14 Rn. 10; Jäger in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, aaO, Rn. 21).
9
Anhaltspunkte dafür, dass die Tabakwaren ihre Eigenschaft als Gemeinschaftsware auf dem Seeweg verloren haben könnten (vgl. Art. 3 Abs. 3, Art. 164 ZK, Art. 313 Abs. 3 Buchst. b, Art. 313a, Art. 313b ZK-DVO), sind den Feststellungen nicht zu entnehmen. Das Landgericht stellt nur fest, dass sich auf dem LKW, mittels dessen die Ware von R. über L. in die Nieder- lande verbracht werden sollte, „unversteuerte“ Zigaretten befanden; soweit es weiter ausführt, dass für die Zigaretten neben der deutschen Tabaksteuer Ein- fuhrumsatzsteuer und Zoll zu entrichten gewesen „wären“, handelt es sich le- diglich um eine – von den Feststellungen nicht getragene – rechtliche Wertung.
10
Der Senat schließt aus, dass das neue Tatgericht Feststellungen treffen könnte, die geeignet sind, eine Verurteilung wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§ 373 Abs. 1 Satz 1, § 370 Abs. 1 AO) zu tragen.
11
b) Der Angeklagte hat sich auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wegen Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO strafbar gemacht, weil er Zigaretten ohne Steuerzeichen ins Steuergebiet verbrachte und hierdurch die mit dem Verbringen der Zigaretten entstandene Tabaksteuer (§ 23 Abs. 1 Satz 1 TabStG) verkürzt wurde (vgl. Jäger in Joecks/Jäger/Randt, § 370 Rn. 392 mwN; Ebner/Schlosser, PStR 2016, 118 ff.; Middendorp, ZfZ 2011, 197, 204; Allgayer/Sackreuther, PStR 2009, 44, 46 f.; a.A. Weidemann, ZfZ 2008, 97, 99; ders., wistra 2012, 1, 6; ders., wistra 2019, 122, 125; Hampel, ZfZ 1996, 358). Ob der Angeklagte durch sein Verhalten daneben auch den Straftatbestand der Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO verwirklicht hat, bedarf keiner Entscheidung, weil der Angeklagte durch das Unterbleiben einer weiteren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung nicht beschwert sein kann und eine Tat nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO jedenfalls als mitbestrafte Nachtat hinter § 370 Abs. 1 Nr. 3 AO zurückträte. Dies wäre der Fall, weil es sich bei der Nichtabgabe einer Steuererklärung über unversteuerte Tabakwaren um ein regelmäßig auftretendes Begleitgeschehen zur Sicherung der Vorteile aus der vorangegangenen pflichtwidrigen Unterlassung der Verwendung von Steuerzeichen (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) handelt, das keinen zusätzlichen Unrechtsgehalt aufweist, sich gegen dasselbe Schutzgut – den staat- lichen Steueranspruch – und denselben Geschädigten richtet und daher kein zusätzliches Strafbedürfnis begründet.
12
Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, weil es sich bei der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 AO) um den Grundtatbestand des gewerbsmäßigen Schmuggels nach § 373 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 AO handelt und sich der Angeklagte gegen den Tatvorwurf der Steuerhinterziehung nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
13
c) Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs nach sich. Die zugehörigen Feststellungen sind jedoch von dem Rechtsfehler nicht betroffen und haben daher Bestand (§ 353 Abs. 2 StPO). Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
14
d) Auch die von der Strafkammer getroffene Einziehungsentscheidung hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand; der Ausspruch über die Einziehung entfällt.
15
Der Angeklagte hat weder durch das pflichtwidrige Unterlassen der Verwendung von Steuerzeichen (§ 370 Abs. 1 Nr. 3 AO) noch hätte er durch die pflichtwidrig unterlassene Abgabe einer Steuererklärung über die unversteuer- ten Zigaretten „etwas“ erlangt, was der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB unterlä- ge.
16
aa) Die strafrechtliche Vermögensabschöpfung richtet sich vorliegend gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB nach den durch das Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I 2017, 872) eingeführten und am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen neuen Regelungen der §§ 73 ff. StGB.
17
bb) Nach § 73 Abs. 1 StGB nF ist zwingend einzuziehen, was der Täter durch oder für die Tat erlangt hat. Ist die Einziehung des erlangten Gegenstandes nicht möglich, so ist nach § 73c Satz 1 StGB nF die Einziehung des Geldbetrages anzuordnen, der dem Wert des Erlangten entspricht (BGH, Urteile vom 15. Mai 2018 – 1 StR 651/17 Rn. 42 und vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 6).
18
„Durch“ die Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF ist jeder Ver- mögenswert, der dem Tatbeteiligten durch die rechtswidrige Tat zugeflossen ist, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine tatsächliche Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 8. Februar 2018 – 3 StR 560/17 Rn. 10; vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8 mwN; BT-Drucks. 18/9525, S. 61 f.). Der Umfang des „erlangten Etwas“ im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB nF ist nach dem „Bruttoprinzip“ zu bemessen, d.h., dass grundsätzlich alles, was der Täter durch oder für die Tat erhalten oder was er durch diese erspart hat, ohne gewinnmindernde Abzüge einzuziehen ist (vgl. BT-Drucks. 18/9525, S. 61; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn. 25). Der Einziehung unterliegen damit nicht nur bestimmte Gegenstände wie bewegliche Sachen, Grundstücke oder dingliche und obligatorische Rechte, sondern auch geldwerte Vorteile, wie etwa Dienstleistungen oder ersparte Aufwendungen, sowie konkrete Chancen auf einen Vertragsabschluss bzw. die Verbesserung einer Marktposition (vgl. Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20 mwN; Schmidt, Vermögensabschöpfung , 2. Aufl. S. 24 f., Rn. 90-95 mit Verweis auf BT-Drucks. 18/9525, S. 61 f.). Beim „Erlangen“ handelt es sich dabei um einen tatsächlichen Vorgang; auf die zivilrechtlichen Besitz- oder Eigentumsverhältnisse zwischen mehreren Tatbeteiligten kommt es nicht an (vgl. BGH, Urteil vom 24. Mai 2018 – 5 StR 623 und 624/17 Rn. 8 mwN; Beschluss vom 21. August 2018 – 2 StR 311/18 Rn. 8 mwN; Urteile vom 2. Juli 2015 – 3 StR 157/15 Rn. 13; vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39 Rn. 19 und vom 4. Februar 2009 – 2 StR 504/08, BGHSt 53, 179 Rn. 3).
19
Beim Delikt der Steuerhinterziehung kann die verkürzte Steuer „erlangtes Etwas“ i.S.v. § 73Abs. 1 StGB sein, weil sich der Täter die Aufwendungen für diese Steuern erspart (st. Rspr.; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 36/17 Rn. 18 mwN; Beschlüsse vom 4. Juli 2018 – 1 StR 244/18 Rn. 7; vom 11. Mai 2016 – 1 StR 118/16 Rn. 8; vom 13. Juli 2010 – 1 StR 239/10, wistra 2010, 406 und vom 28. November 2000 – 5 StR 371/00 Rn. 16 ff.; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 73 Rn. 20; Köhler, NStZ 2017, 497, 503 f.; Reh, wistra 2018, 414, 415). Dies gilt jedoch nicht schlechthin, weil die Einziehung an einen durch die Tat tatsächlich beim Täter eingetretenen Vermögensvorteil anknüpft und damit mehr als die bloße Tatbestandserfüllung voraussetzt.
20
Im Hinblick auf den Charakter der Tabaksteuer als Verbrauch- bzw. Warensteuer (dazu Seer in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 2 Rn. 47, § 18 Rn. 105 mwN) ergibt sich bei der Hinterziehung von Tabaksteuer ein unmittelbar messbarer wirtschaftlicher Vorteil nur, soweit sich die Steuerersparnis im Vermögen des Täters dadurch niederschlägt, dass er aus den Tabakwaren, auf die sich die Hinterziehung der Tabaksteuern bezieht, einen Vermögenszuwachs erzielt, beispielsweise in Form eines konkreten Vermarktungsvorteils. Offene Steuerschulden begründen hingegen – anders als das Landgericht meint – nicht stets über die Rechtsfigur der ersparten Aufwendungen einen Vorteil im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB. Maßgeblich bleibt immer, dass sich ein Vorteil im Vermögen des Täters widerspiegelt. Nur dann hat der Täter durch die ersparten (steuerlichen) Aufwendungen auch wirtschaftlich etwas erlangt.
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cc) Der Angeklagte hat durch die Tat keine Steuerersparnis im vorgenannten Sinne erlangt. Denn er hat lediglich gegen das Versprechen eines – ihm tatsächlich nicht gezahlten – Entgelts für den Transport der unversteuerten Zigaretten gesorgt, ohne dass er einen wirtschaftlichen Vorteil in Form einer wegen der hinterzogenen Tabaksteuer einträglicheren Verwertungsmöglichkeit hinsichtlich der Zigaretten aus der Tat gezogen hätte. Auch sonst ist dem Angeklagten durch die Tat kein messbarer Vermögensvorteil zugeflossen.
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(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.