Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2019 - 2 StR 245/19

bei uns veröffentlicht am10.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 245/19
vom
10. September 2019
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
ECLI:DE:BGH:2019:100919B2STR245.19.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 10. September 2019 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hanau vom 4. März 2019 wird
a) das Verfahren im Fall II.2 der Urteilsgründe eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte S. der besonders schweren räuberischen Erpressung und der Angeklagte H. der schweren räuberischen Erpressung schuldig sind; bb) im Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben; der Angeklagte S. ist zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten, der Angeklagte H. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt ; cc) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen aufgehoben; die Anordnung entfällt. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die verbleibenden Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen „gemeinschaftlicher“ besonders schwerer räuberischer Erpressung (Fall II.1: Freiheitsstrafe sechs Jahre und drei Monate) und wegen versuchter „gemeinschaftlicher“ besonders schwerer räuberischer Erpressung (Fall II.2: Freiheitsstrafe drei Jahre) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Den Angeklagten H. hat es wegen „gemeinschaftlicher“ schwerer räuberischer Erpressung (Fall II.1: Freiheitsstrafe zwei Jahre und zehn Monate) und wegen versuchter „gemeinschaftlicher“ schwerer räuberischer Erpressung (Fall II.2: Freiheitsstrafe ein Jahr und sechs Monate) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen beide Angeklagte hat das Landgericht „die Einziehung eines Betrages in Höhe von 430 Euro“ als Gesamtschuldner angeordnet.
2
Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen.
3
Die Rechtsmittel führen auf Antrag des Generalbundesanwalts zur teilweisen Einstellung des Verfahrens und zum Entfall der Einziehungsentscheidung ; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
4
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Erwägungen eingestellt, soweit die Angeklagten im Fall II.2 der Urteilsgründe wegen eines versuchten Erpressungsdelikts verurteilt worden sind; denn das Landgericht hat es bei der Annahme eines fehlgeschlagenen Versuchs versäumt, den Rücktrittshorizont – die Vorstellung der Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung – zu erörtern.
5
2. Die durch die Teileinstellung bedingte Änderung der Schuldsprüche und der Wegfall der zugehörigen Einzelstrafen führen zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafen.
6
3. Die angeordnete, auf § 73c StGB gestützte Einziehungsentscheidung hat ebenfalls keinen Bestand. Sie war gemäß § 73e StGB ausgeschlossen, weil der Angeklagte H. die durch die Tat Verletzten finanziell entschädigt hat.
Franke Appl Zeng
Grube Schmidt

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2019 - 2 StR 245/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Sept. 2019 - 2 StR 245/19

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Strafgesetzbuch - StGB | § 73c Einziehung des Wertes von Taterträgen


Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht

Strafgesetzbuch - StGB | § 73e Ausschluss der Einziehung des Tatertrages oder des Wertersatzes


(1) Die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die d
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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Jan. 2020 - 2 StR 582/18

bei uns veröffentlicht am 22.01.2020

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Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Die Einziehung nach den §§ 73 bis 73c ist ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist. Dies gilt nicht für Ansprüche, die durch Verjährung erloschen sind.

(2) In den Fällen des § 73b, auch in Verbindung mit § 73c, ist die Einziehung darüber hinaus ausgeschlossen, soweit der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, es sei denn, dem Betroffenen waren die Umstände, welche die Anordnung der Einziehung gegen den Täter oder Teilnehmer ansonsten zugelassen hätten, zum Zeitpunkt des Wegfalls der Bereicherung bekannt oder infolge von Leichtfertigkeit unbekannt.