Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Apr. 2008 - 3 StR 74/08

bei uns veröffentlicht am22.04.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 74/08
vom
22. April 2008
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Brandstiftung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. April 2008 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 30. August 2007 im Strafausspruch aufgehoben ; jedoch bleiben die Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung und versuchten Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision , mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach den Feststellungen setzte der Angeklagte, der sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand und bereits die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte, ein Wohnhaus in Brand, das im Eigentum seiner Ehefrau stand. Ihm kam es darauf an, seiner Ehefrau, auf deren Namen auch der Vertrag über die Gebäudeversicherung lief, die Versicherungsleistung zukommen zu lassen, um damit einen geplanten Umbau des Hauses zu finanzieren. Zu einer Auszahlung der Versicherungssumme an die Ehefrau des Angeklagten kam es jedoch nicht.
3
I. Zu den Verfahrensrügen, es liege ein Verstoß gegen § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO vor, weil die den Zeugen S. betreffenden Beweisanträge von der Strafkammer mit einer ungenügenden Begründung abgelehnt worden seien, bemerkt der Senat ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts :
4
Die Begründung der Ablehnungsbeschlüsse des Landgerichts enthalten zwar allenfalls knappe Ausführungen zu der Frage, aus welchen tatsächlichen Gründen der Tatrichter die Bedeutungslosigkeit der Beweistatsachen angenommen hat. Hierin liegt indes im vorliegenden Fall kein durchgreifender Rechtsfehler; denn die maßgeblichen Erwägungen des Tatrichters lagen auf der Hand. Sämtliche unter Beweis gestellten Tatsachen betrafen Umstände, die für den Anklagevorwurf von derart entfernter Bedeutung waren, dass es hierfür ausnahmsweise näherer Darlegung nicht bedurfte; vielmehr reichten die knappen Begründungen der angegriffenen Beschlüsse auch mit Blick auf die berechtigten Informationsinteressen der Verfahrensbeteiligten aus (vgl. BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 14; BGH StV 1994, 635; Herdegen in KK 5. Aufl. § 244 Rdn. 58; Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. § 244 Rdn. 41 a) und ermöglichten noch in hinreichender Weise eine rechtliche Überprüfung der Ablehnungsentscheidungen durch den Senat.
5
II. Die Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen Erfolg. Soweit die Revision ausführt, der Angeklagte habe sich auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nur wegen schwerer Brandstiftung (§ 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht, zeigt sie keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
6
1. Die Voraussetzungen einer besonders schweren Brandstiftung (§ 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB) sind auch dann erfüllt, wenn die Brandlegung wie hier zum Zwecke eines Betruges zum Nachteil der Versicherung begangen wird (vgl. BGHSt 45, 211, 216 ff.; BGH NJW 2000, 3581; NStZ-RR 2000, 209; 2004, 366).
7
2. Das Landgericht hat mit Recht angenommen, dass der Angeklagte durch die Inbrandsetzung des Hauses einen derartigen Betrug ermöglichen wollte. Insbesondere war die vom Angeklagten erstrebte Bereicherung seiner Ehefrau rechtswidrig, weil diese keinen Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme hatte; dies war dem Angeklagten nach den Feststellungen bewusst.
8
a) Nach § 61 VVG ist der Versicherer von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeiführt. Diese Bestimmung findet hier Anwendung; denn die Ehefrau des Angeklagten muss sich zurechnen lassen, dass dieser das Wohnhaus vorsätzlich in Brand setzte, weil der Angeklagte als ihr Repräsentant im versicherungsrechtlichen Sinne anzusehen ist (vgl. hierzu BGHZ 107, 229; 122, 250; Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 61 Rdn. 5, § 6 Rdn. 57 ff.).
9
Zwar ist - worauf die Revision im Ausgangspunkt zu Recht hinweist - nach der neueren Rechtsprechung des IV. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2007, 2038) in den Fällen, in denen der Versicherungsnehmer einem Dritten die selbstständige Wahrnehmung seiner für das Versicherungsverhältnis relevanten Befugnisse nur in einem bestimmten, abgrenzbaren Geschäftsbereich überträgt, die Zurechnung des Repräsentantenverhaltens auf diesen Bereich beschränkt und kann nicht auf andere Tätigkeitsbereiche ausgedehnt werden. Der Versicherungsnehmer braucht sich deshalb namentlich die vorsätzliche Brandstiftung durch einen Dritten, der nur in die Verwaltung des Versicherungsvertrages eingebunden ist, nicht mit der Folge zurechnen lassen, dass die Versicherung von ihrer Leistungspflicht befreit wird (vgl. BGH aaO S. 2039). Jedoch belegen die Feststellungen des angefochtenen Urteils hinreichend , dass der Angeklagte nicht nur bezüglich der versicherungsvertraglichen Angelegenheiten, sondern auch im Bereich der Gefahrverwaltung als Repräsentant seiner Ehefrau zu gelten hat. Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift ausgeführt: "Der Angeklagte hatte das Anwesen 1990 in eigenem Namen erworben (UA S. 4 f.). Er betrieb dort seine Putenmast und war Vermieter für die in dem Wohnhaus lebenden Personen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich nichts dafür, dass seine Ehefrau in irgendeiner Weise in die Verwaltung des Wohnhauses involviert gewesen wäre. So schloss der Angeklagte auch einen Gebäudeversicherungsvertrag mit der LVM in eigenem Namen ab (UA S. 6). Auf Grund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Angeklagten musste das Anwesen 1996 zwangsversteigert werden (UA S. 6). Im Jahre 2000 war ihm ein Rückerwerb wirtschaftlich wieder möglich, wegen der von ihm abgegebenen Versicherung an Eides statt konnte er jedoch nicht mehr als Vertragspartner für Banken und Versicherungen auftreten (UA S. 7). Allein aus diesem Grunde wurde das An- wesen auf den Namen seiner Ehefrau erworben, wurden Kredite auf ihren Namen aufgenommen und der Gebäudeversicherungsvertrag mit der LVM auf sie umgestellt (UA S. 6 f.). Die Strafkammer hat nicht festgestellt, dass die Ehefrau des Angeklagten nach dem Rückerwerb anders als in den Jahren 1990 bis 1996 - abgesehen von den rechtlich erforderlichen Unterschriftsleistungen - neben dem Angeklagten am Betrieb der Mast oder der Verwaltung des Wohngebäudes beteiligt gewesen wäre. Soweit einzelne Tätigkeiten festgestellt wurden, z.B. die Regelung der Modalitäten von Auszug und Schlüsselübergabe des ehemaligen Mieters K. (UA S. 21 f., 30) wurden diese vom Angeklagten ohne Beteiligung seiner Ehefrau erledigt. Besonders deutlich wird die Befugniswahrnehmung durch den Angeklagten bei der Regelung des Versicherungsfalls mit dem Vertreter der LVM. Dies übernahm der Angeklagte allein, lediglich zur Unterschriftsleistung kam seine Ehefrau hinzu (UA S. 13, 17). So stellen sich auch insgesamt die von der Revision herausgestellten Aktivitäten der Ehefrau (RB Rechtsanwalt W. S. 12) nicht als eigenständige Befugniswahrnehmung dar, sondern als rechtlich zwingend erforderliche Mitwirkungshandlungen, die nur von ihr als Eigentümerin erledigt werden konnten, etwa die Unterzeichnung von Kündigungsschreiben, Bauvoranfragen etc. (vgl. UA S. 10 f.)."
10
Dem stimmt der Senat zu. Die Repräsentantenstellung des Angeklagten für den Bereich der Gefahrverwaltung des Anwesens wird entgegen der Auffassung der Revision auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Ehefrau des Angeklagten mit diesem nach dem geplanten Umbau in das Haus ziehen wollte. Dass sie über diesen ihre private Lebensgestaltung betreffenden persönlichen Entschluss und die zu seiner Umsetzung rechtlich erforderlichen Mitwirkungshandlungen hinaus irgendeinen Einfluss auf di e Verwaltung des Objekts nahm, ist nicht festgestellt. Es begegnet deshalb keinen Bedenken, dass die Strafkammer aus den dargelegten Umständen sowie den im Übrigen in der Vergan- genheit von dem Angeklagten gewählten Firmenkonstruktionen den Schluss gezogen hat, seine Ehefrau sei als Eigentümerin des Hofes und Versicherungsnehmerin lediglich vorgeschoben gewesen. Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich somit wesentlich von demjenigen, welcher der von der Revision angeführten Entscheidung BGHR StGB § 265 Abs. 1 Betrugsabsicht 1 zu Grunde lag.
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b) Danach kann dahinstehen, ob die Versicherung - was die getroffenen Feststellungen nahe legen - auch deshalb von ihrer Leistungspflicht frei geworden ist, weil der Angeklagte bei der Abwicklung des Schadensfalles die Verhandlungen mit der Versicherung geführt und dabei arglistig über die Brandursache getäuscht hat (vgl. BGH aaO S. 2039 f.).
12
Im Übrigen weist der Senat ergänzend noch darauf hin, dass die von § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB vorausgesetzte Ermöglichungsabsicht auch dann gegeben ist, wenn der Täter nur irrig glaubt, die Versicherung sei leistungsfrei und ihre geplante Inanspruchnahme daher betrügerisch; auch in diesem Fall läge in der Schadensmeldung bei der Versicherung darüber hinaus ein versuchter Betrug.
13
III. Der Strafausspruch kann indes keinen Bestand haben.
14
1. Das Landgericht hat eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt, weil zwischen dem Eingang der Anklageschrift bei Gericht am 21. März 2005 und dem Erlass des Eröffnungsbeschlusses am 23. März 2007 ein unvertretbar langer Zeitraum gelegen habe. Es hat diese Verzögerung dadurch kompensiert, dass es zunächst die an sich verwirkten Einzelstrafen benannt , sodann den Strafrahmen gemäß § 49 Abs. 1 StGB herabgesetzt, niedri- gere Einzelstrafen festgesetzt und aus diesen eine verminderte Gesamtstrafe gebildet hat.
15
Diese Verfahrensweise ("Strafabschlagslösung") steht, soweit das Landgericht die Einzelstrafen einem nach § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen hat, bereits mit den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung (vgl. hierzu BGH NJW 2007, 3294) nicht in Einklang. Sie entspricht im Übrigen nicht der - nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung - geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Kompensation des Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK ("Vollstreckungsmodell"; vgl. BGH - GS - NJW 2008, 860). Dadurch ist der Angeklagte beschwert, weil sich durch das Vollstreckungsmodell der Zeitpunkt, zu dem ein Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nach vorne verlagert. Der Angeklagte könnte deshalb - bei Vorliegen der übrigen, nicht von vornherein ausgeschlossenen Voraussetzungen des § 57 StGB - früher als nach dem Strafabschlagsmodell aus dem Strafvollzug entlassen werden.
16
2. Bei der nunmehr gebotenen Durchführung der Kompensation im Wege des Vollstreckungsmodells wird der neue Tatrichter Folgendes zu beachten haben (s. im Einzelnen BGH aaO S. 866 f.):
17
Zunächst hat er in der neuen Hauptverhandlung nach den Kriterien des § 46 StGB und unter Beachtung der gesetzlichen Strafrahmen schuldangemessene , die festgestellte rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung außer Acht lassende Einzelstrafen festzusetzen und aus diesen eine Gesamtstrafe zu bilden. Sodann hat er die gebotene Kompensation dadurch vorzunehmen, dass er in der Urteilsformel - zusätzlich zu der neu gebildeten Gesamtstrafe - ausspricht , dass ein bezifferter Teil dieser Strafe als vollstreckt gilt. Dabei ist er durch § 358 Abs. 2 StPO nicht gehindert, höhere Einzelstrafen als die bisher erkannten zu verhängen und auch eine höhere Gesamtstrafe auszusprechen. Indes dürfen die neuen Einzelstrafen die im angefochtenen Urteil als an sich verwirkt und - ohne Kompensationsabschlag - als schuldangemessen ausgewiesenen Strafen nicht übersteigen. Außerdem darf die im Falle vollständiger Vollstreckung zu verbüßende Strafe (schuldangemessene Gesamtfreiheitsstrafe abzüglich des als vollstreckt geltenden Teils) nicht höher sein, als die im angefochtenen Urteil ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe. Damit wird sichergestellt , dass der Angeklagte, auch wenn der neue Tatrichter auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als sechs Jahren und sechs Monaten erkennt, durch die Kompensation in Form der Vollstreckungslösung im Ergebnis nicht schlechter steht; denn die höchst mögliche Gesamtverbüßung kann im Vergleich zum bisherigen Straferkenntnis auch dann nicht länger dauern.
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3. Die Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen; sie können deshalb bestehen bleiben. Der neue Tatrichter ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zum Strafausspruch zu treffen, die indes zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen dürfen.
RiBGH vonLienen ist erkrankt und daher an der Unterzeichnung gehindert. Becker Pfister Becker RiBGH Hubert befindet sich in Urlaub und ist daher an der Unterzeichnung gehindert. Becker Schäfer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Apr. 2008 - 3 StR 74/08

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Versicherungsvermittler hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags nach § 62 zu dokumentieren.

(2) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung oder die Dokumentation nach Absatz 1 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherungsvermittler ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf die Möglichkeit des Versicherungsnehmers auswirken kann, gegen den Versicherungsvermittler einen Schadensersatzanspruch nach § 63 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(1) Wer eine gegen Untergang, Beschädigung, Beeinträchtigung der Brauchbarkeit, Verlust oder Diebstahl versicherte Sache beschädigt, zerstört, in ihrer Brauchbarkeit beeinträchtigt, beiseite schafft oder einem anderen überläßt, um sich oder einem Dritten Leistungen aus der Versicherung zu verschaffen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in § 263 mit Strafe bedroht ist.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.