Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2013 - 4 StR 308/13

bei uns veröffentlicht am14.08.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 308/13
vom
14. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 14. August 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts – Schwurgericht – Bielefeld vom 8. Februar 2013 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


2
1. Der Angeklagte war seit Ende Februar 2012 als Leiharbeiter bei einem in der Fleischverarbeitung tätigen Unternehmen in R. im Schichtdienst beschäftigt. Zusammen mit mehreren, vorwiegend osteuropä- ischen Arbeitnehmern, zu denen auch der Geschädigte S. sowie der Zeuge T. gehörten, lebte er in einer von seinem Arbeitgeber gestellten Unterkunft, in der jeder der Arbeitnehmer ein Zimmer bewohnte und sich mit den anderen die Benutzung der Gemeinschaftsräume wie Küche und Badezimmer teilte. Nachdem der Angeklagte am 16. Juni 2012 bis 9.00 Uhr morgens gearbeitet, danach geschlafen und im Anschluss Einkäufe erledigt hatte, trank er nach seiner Rückkehr gegen 17.00 Uhr zunächst mit einem anderen Mitbewohner Wodka und Bier und spielte daraufhin mit dem Geschädigten S. und anderen Männern bis etwa 4.00 Uhr nachts in der Gemeinschaftsküche Karten. In Gegenwart des Zeugen T. , der in die Küche gekommen war, entwickelte sich zwischen dem Angeklagten und dem Geschädigten S. eine zunächst nur verbale Auseinandersetzung, dann aber eine Prügelei, bei der beide auf dem Boden der Küche zu liegen kamen und mit Fäusten auf Gesicht und Oberkörper des jeweils anderen einschlugen. Wer mit der Auseinandersetzung begonnen hatte, konnte das Landgericht nicht sicher feststellen. Auf Initiative des Zeugen T. , der den Geschädigten vom Körper des Angeklagten heruntergezogen hatte, erklärten beide den Streit für beendet. Während der Geschädigte im Begriff war, sich wieder auf seinen Stuhl am Küchentisch zu setzen, öffnete der Angeklagte die Schublade des Küchentischs , entnahm ihr mit der rechten Hand ein Messer mit einer 15 cm langen Klinge, drehte sich um und stach dem Geschädigten, ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehend, zweimal schnell hintereinander in die linke Seite des mit einem T-Shirt bekleideten Oberkörpers, wobei er billigend in Kauf nahm, diesen zu töten. Anschließend warf er das Messer in die noch offen stehende Schublade. Der Geschädigte blieb noch einen Augenblick stehen, bevor er auf dem Boden zusammensackte. Während der Zeuge T. versuchte , mit einem Küchentuch die Blutungen zu stoppen, setzte sich der Angeklagte auf einen Stuhl im hinteren Teil der Küche und begann sich eine Zigarette zu drehen. Vom Zeugen T. zur Hilfe aufgefordert, antwortete er, er müsse sich erst eine Zigarette drehen, denn er käme jetzt ins Gefängnis. Bis zum späteren Eintreffen der Polizei blieb der Angeklagte auf seinem Stuhl sitzen. Der lebensgefährlich verletzte Geschädigte konnte durch eine Notoperation gerettet werden.
3
2. Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz auf den Geschädigten eingestochen habe, ohne durch Notwehr gemäß § 32 StGB gerechtfertigt gewesen zu sein. Einen strafbefreienden Rücktritt hat es mit der Begründung verneint, dass ein beendeter Versuch im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 StGB gegeben sei und der Angeklagte keine Rettungsbemühungen entfaltet habe. Ein beendeter Versuch sei anzunehmen , weil nicht festzustellen sei, dass sich der Angeklagte über die Folgen seiner Tat überhaupt irgendwelche Vorstellungen gemacht habe. Ein realer Gesichtspunkt , an den die Annahme anknüpfen könnte, der Angeklagte habe geglaubt , der mit Tötungsvorsatz geführte Stich sei nicht tödlich, bestehe nicht. Dass der Geschädigte nach den Stichverletzungen nicht unmittelbar zusammengebrochen , vielmehr zunächst noch einen kleinen Augenblick stehen geblieben sei, sei ohne Bedeutung, da der tödliche Erfolg nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der todesverursachenden Handlung stehen müsse , sondern auch, etwa durch Verbluten, erst einige Zeit später eintreten könne. Schließlich habe sich der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt zu seinen entsprechenden Vorstellungen geäußert. Wenn sich aber Erwägungen des Angeklagten , die zugefügten Verletzungen seien nicht tödlich gewesen, nicht feststellen ließen, könne allenfalls festgestellt werden, dass sich der Angeklagte überhaupt keine Vorstellung darüber gemacht habe, ob der Geschädigte sterben könne oder nicht. Der Zweifelsgrundsatz, der auch auf das Vorliegen der Rücktrittsvoraussetzungen Anwendung finde, erlaube es nicht, zugunsten des Angeklag- ten Tatvarianten zu unterstellen, für die es – wie hier – keine konkreten Anhaltspunkte gäbe.

II.


4
1. Da das Rechtsmittel des Angeklagten bereits mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg hat, bedarf es einer eingehenden Erörterung der erhobenen Verfahrensrüge nicht. Der Senat merkt gleichwohl an, dass die Zurückweisung des Beweisantrags auf Einholung eines rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens als völlig ungeeignet im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 2 Fall 4 StPO rechtlichen Bedenken begegnet. Zu der Beweisfrage – Verletzungen und Spurenbilder beim Angeklagten sollten belegen, dass er im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem Geschädigten von diesem mit dem linken Arm gewürgt worden sei – hätte sich ein Sachverständiger nach Lage des Falles voraussichtlich gutachterlich äußern können. Damit ist das benannte Beweismittel aber nicht völlig ungeeignet. Denn die völlige Ungeeignetheit eines Beweismittels liegt nur dann vor, wenn der Tatrichter ohne Rücksicht auf das bisher gewonnene Beweisergebnis feststellen kann, dass sich mit dem angebotenen Beweismittel das in dem Beweisantrag in Aussicht gestellte Ergebnis nach sicherer Lebenserfahrung nicht wird erzielen lassen; ein geminderter, geringer oder nur zweifelhafter Beweiswert reicht nicht aus (BGH, Beschluss vom 24. August 2007 – 2 StR 322/07, NStZ 2008, 116; Beschluss vom 6. März 2008 – 5 StR 617/07, NStZ 2008, 351, 352).
5
2. Das angefochtene Urteil weist einen durchgreifenden sachlichrechtlichen Mangel auf, weil die Erwägungen, mit denen das Landgericht zur Annahme eines beendeten Versuchs gelangt ist und daran anknüpfend einen strafbefreienden Rücktritt verneint hat, an einem Erörterungsmangel leiden und deshalb revisionsrechtlicher Überprüfung nicht standhalten.
6
a) Zwar ist das Landgericht im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein beendeter Versuch, von dem nur unter den erschwerten Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Fall 2, Satz 2 StGB zurückgetreten werden kann, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann vorliegt, wenn sich der Täter im Augenblick des Verzichts auf eine mögliche Weiterführung der Tat keine Vorstellung von den Folgen seines bisherigen Verhaltens macht (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – 1 StR 59/08, NStZ 2009, 264 Tz. 9; Beschluss vom 3. Februar 1999 – 2 StR 540/98, NStZ 1999, 299; Urteil vom 10. Februar 1999 – 3 StR 618/98, NStZ 1999, 300, 301; Beschluss vom 12. April 1995 – 2 StR 105/95, MDR bei Holtz 1995, 878, 879; Urteil vom 2. November 1994 – 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304, 306; SSW-StGB/Kudlich/ Schuhr, § 24 Rn. 37). Als innere Tatsache muss diese gedankliche Indifferenz des Täters gegenüber den von ihm bis dahin angestrebten oder doch zumindest in Kauf genommenen Konsequenzen aber positiv festgestellt werden; hierzu bedarf es einer zusammenfassenden Würdigung aller maßgeblichen objektiven Umstände (Senatsurteil vom 13. März 2008 – 4 StR 610/07, Tz. 13 mwN).
7
b) Diesen Anforderungen werden die Darlegungen in den Urteilsgründen nicht gerecht. Zwar trifft es zu, dass der Zweifelssatz nicht dazu nötigt, (innere) Tatsachen zugunsten des Angeklagten zu unterstellen, für die es keine Anhaltspunkte gibt (Senatsbeschluss vom 22. Mai 2013 – 4 StR 170/13; BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – 1 StR 59/08, NStZ 2009, 264, Tz. 14). Auch kann in Fällen , in denen sich aus den objektiven Umständen kein Hinweis auf das konkrete Vorstellungsbild des Täters im Zeitpunkt des Abbruchs der Tötungshandlung ergibt, die Annahme gerechtfertigt sein, dass bei ihm die der Tatbegehung zu Grunde liegende Folgeneinschätzung fortbestanden hat oder ihm die Folgen gleichgültig sind (Senatsbeschluss vom 22. Mai 2013 aaO).
8
aa) Im vorliegenden Fall gab es jedoch (weitere) konkrete Umstände unmittelbar nach der Tat, die Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild des Angeklagten zuließen, vom Landgericht im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung aber keine Berücksichtigung gefunden haben:
9
Nach den Feststellungen lagen die beiden Messerstichverletzungen in der Bauchregion, wobei der zweite Stich nur oberflächlich war und im subkutanen Gewebe endete (UA S. 8). Dem Angeklagten war auch bewusst, dass eine rettungsbereite Person in Gestalt des Zeugen T. anwesend war, der unmittelbar nach der Tat Maßnahmen ergriff, um die Blutung zu stoppen, und den Notarzt sowie die Polizei alarmieren ließ. Bei dieser Sachlage wäre zu erörtern gewesen, ob aus Sicht des Angeklagten Grund für die Annahme bestand, die mit bedingtem Tötungsvorsatz geführten Stiche würden tatsächlich keine lebensbedrohlichen Folgen haben.
10
bb) Schon mit Blick auf diesen Erörterungsmangel erweist sich die Erwägung des Landgerichts, aus dem Umstand, dass keine Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten zum Erfolgseintritt getroffen werden konnten, sei auf ein Fehlen derartiger Vorstellungen zu schließen, als nicht tragfähig. Die Erwägung ist im Übrigen auch für sich genommen in dieser allgemeinen Form rechtlich bedenklich. Denn die (positive) Feststellung, dass sich der Täter keine Gedanken über den Erfolgseintritt gemacht hat, darf mit dem Fall, dass zu diesen Gedanken keine Feststellungen getroffen werden können, nicht gleichgesetzt werden, da es in dem letztgenannten Fall noch Raum für die Anwendung des Zweifelssatzes gibt (Senatsbeschluss aaO; SSW-StGB/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 37).

III.


11
1. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird der neue Tatrichter – sofern er wieder entsprechende Feststellungen zu treffen vermag – auch zu erwägen haben, ob der Äußerung des Angeklagten auf die Aufforderung des Zeugen T. , ihm zu helfen, er müsse sich jetzt erst eine Zigarette drehen, da er jetzt nämlich ins Gefängnis müsse, ein Hinweis auf ein indifferentes Vorstellungsbild oder eine Gleichgültigkeit gegenüber einem möglichen Todeseintritt entnommen werden kann.
12
2. Ergänzend bemerkt der Senat:
13
a) Auch die Ausführungen des Landgerichts zur uneingeschränkten Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt sind rechtlich bedenklich.
14
Zwar hat sich die Strafkammer insoweit sachverständig beraten lassen, die beim Angeklagten etwa zwei Stunden nach der Tat entnommene Blutprobe mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von 2,09 ‰ findet indes in diesem Zusammenhang in den Urteilsgründen keine Berücksichtigung; die aus diesem Umstand zu ziehenden Folgerungen bleiben unerörtert. Ob sich der Sachverständige zu diesem Wert geäußert und eine Rückrechnung vorgenommen hat, wird im Urteil ebenfalls nicht mitgeteilt. Angesichts der aus der Blutprobe folgenden Tatzeit-BAK von etwa 2,69 ‰ war dies hier aber unerlässlich.
15
Die Erwägung des Landgerichts, für die uneingeschränkt erhalten gebliebene Schuldfähigkeit spreche auch das exakte Erinnerungsvermögen des Angeklagten an den Tathergang, erweist sich vor dem Hintergrund der Tatsache , dass die Strafkammer dessen Einlassung in wesentlichen Teilen nicht gefolgt ist, als kaum tragfähig.
16
b) Bei der Prüfung eines sonstigen minder schweren Falles des Totschlags im Sinne von § 213 Fall 2 StGB ist das Vorliegen eines vertypten Strafmilderungsgrundes – hier § 23 Abs. 2 StGB – regelmäßig von Bedeutung; er bedarf daher der ausdrücklichen Erörterung (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 213 Rn. 14).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Mutzbauer Bender

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2013 - 4 StR 308/13

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Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be
Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2013 - 4 StR 308/13 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 23 Strafbarkeit des Versuchs


(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt. (2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1). (3) Hat der Täter aus grobem Unv

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Strafgesetzbuch - StGB | § 32 Notwehr


(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. (2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Strafgesetzbuch - StGB | § 213 Minder schwerer Fall des Totschlags


War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minde

Referenzen - Urteile

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Tenor Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München I vom 24. April 2015 mit den Feststellungen aufgehoben.

Referenzen

(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

5 StR 617/07

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 6. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. März 2008

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 31. Mai 2007 nach § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat mit der Verfahrensrüge einer Verletzung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO Erfolg.
2
1. Das Landgericht hat sich im Wesentlichen aufgrund der Aussage der Nebenklägerin von den folgenden Feststellungen überzeugt:
3
Der Angeklagte und die Nebenklägerin hatten im Herbst 2006 eine intime Beziehung, die jedoch schon nach kurzer Zeit endete, nachdem der Angeklagte zu seiner Lebenspartnerin zurückgekehrt war. Am 17. Dezember 2006 überredete der Angeklagte die Nebenklägerin nachts zu einem Spaziergang. In einem Waldstück umklammerte er sie plötzlich und zog sie an den Haaren, um von ihr sexuelle Handlungen zu erzwingen. Aus Angst vor weiteren Gewaltanwendungen kam die Nebenklägerin den Aufforderungen des Angeklagten nach und führte bei ihm Oralverkehr durch; auch ließ sie sowohl Vaginal- als auch Analverkehr über sich ergehen. Durch den für die Nebenklägerin ungewohnten Analverkehr war es zu blutenden Verletzungen gekommen, so dass die „Unterhose voll Blut“ war. Am Abend des darauffolgenden Tages erstattete die Nebenklägerin Anzeige.
4
2. Zur Untermauerung der Einlassung des Angeklagten, es sei bei dem Spaziergang nur zu einvernehmlichen sexuellen Handlungen gekommen und Analverkehr habe nicht stattgefunden, hatte die Verteidigung beantragt , ein Sachverständigengutachten zur Untersuchung der am 18. Dezember 2006 sichergestellten Unterhose der Nebenklägerin einzuholen. Es solle bewiesen werden, dass sich an der Unterhose keine Blutspuren befinden, die „eine unfreiwillige und gewaltsame Durchführung des Geschlechtsverkehrs und das Eindringen des Gliedes in den After der Nebenklägerin bestätigen“. Zur Begründung ist angeführt worden, dass die Nebenklägerin angegeben habe, nach der Tat im Afterbereich stärker geblutet zu haben. Eine Auswertung der Spuren habe bisher nicht stattgefunden. Der Gutachter werde feststellen , dass keine „derartigen Spuren, wie von der Nebenklägerin behauptet, an dem Slip vorhanden sind“. Das Landgericht hat den Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, das Beweismittel sei ungeeignet, da man anhand von Blutspuren keine Aussage zur Freiwilligkeit des Geschlechtsverkehrs machen könne.
5
3. Mit dieser Begründung durfte das Landgericht den Beweisantrag nicht ablehnen.
6
Das Landgericht hat den Beweisantrag nicht erschöpfend gewürdigt, indem es dessen Inhalt nur auf die Erweisbarkeit der Freiwilligkeit der sexuellen Handlungen reduziert hat. Denn der Beweisantrag richtete sich nach seinem Inhalt und Sinn ersichtlich auch darauf, dass sich an der Unterhose überhaupt kein Blut befindet. Diese Deutung ergibt sich bereits aus der benannten Beweistatsache, dass die Unterhose keine Blutspuren aufweist, die ein Eindringen des Gliedes in den After belegen, und wird zudem durch die Ausführungen zur Begründung des Beweisantrags gestützt.
7
Zu dieser Beweisfrage – dem Vorliegen von Blutspuren – wird sich ein Sachverständiger voraussichtlich angesichts des zur Verfügung stehenden Beweismittels gutachterlich äußern können. Damit ist das beantragte Beweismittel aber nicht völlig ungeeignet im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 4. Variante StPO. Denn dieser Ablehnungsgrund setzt voraus, dass das Gericht ohne Rücksicht auf das bisher gewonnene Beweisergebnis feststellen kann, dass sich mit dem angebotenen Beweismittel das in dem Beweisantrag in Aussicht gestellte Ergebnis nach sicherer Lebenserfahrung nicht erzielen lässt (BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 13 und 15). Der beantragte Sachverständigenbeweis ist aber geeignet, die unter Beweis gestellte Tatsache, dass sich an der Unterhose entgegen der Aussage der Nebenklägerin kein Blut befindet, zu klären und die weitere Beweistatsache, dass kein Analverkehr stattgefunden hat, mehr oder weniger wahrscheinlich zu machen. Deshalb durfte das Landgericht den Beweisantrag nicht wegen völliger Ungeeignetheit des Beweismittels zurückweisen (vgl. hierzu BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Ungeeignetheit 6).
8
Das Urteil beruht auf dem Verfahrensfehler. Hätte die Untersuchung der Unterhose ergeben, dass diese keine Blutspuren trägt, wäre die Aussage der Nebenklägerin zu den Folgen des erzwungenen Analverkehrs unter Umständen widerlegt. Dies wäre geeignet, ihre Aussage zur Unfreiwilligkeit der sexuellen Handlungen in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Im Urteil legt das Landgericht seiner Beweiswürdigung das Gegenteil der unter Beweis gestellten Behauptung zugrunde (UA S. 23, 33).
9
Aufgrund der Formulierung des Beweisantrags ist die Annahme eines nachvollziehbaren Missverständnisses des Gerichts über tatsächliche Umstände in dem den Antrag ablehnenden Beschluss nicht gerechtfertigt, wonach vor Erhebung einer Revisionsrüge die Beseitigung eines gerichtlichen Missverständnisses im Wege der Gegenvorstellung im Sinne von BGHR StPO § 244 Abs. 6 Beweisantrag 30 gefordert gewesen wäre (vgl. BGH, Be- schluss vom 9. Januar 2008 – 5 StR 549/07; Meyer-Goßner, StPO 50. Aufl. Vor § 137 Rdn. 1 f.).
10
4. Der Senat merkt Folgendes an:
11
Allein das Gebot der beschleunigten Bearbeitung von Haftsachen vermag es nicht zu rechtfertigen, dem Angeklagten bei Erkrankung der Pflichtverteidigerin ohne sein Einverständnis einen zweiten, nicht eingearbeiteten Pflichtverteidiger zu bestellen, um so mit einem besonders wichtigen Teil der Beweisaufnahme – der Vernehmung des psychiatrischen Sachverständigen – fortfahren zu können.
12
Das neue Tatgericht wird auch in den Blick zu nehmen haben, ob die besondere Wehrhaftigkeit der Geschädigten als Trägerin des braunen Karate -Gürtels möglicherweise der Plausibilität ihrer Angaben über ihre hilflose Lage entgegensteht.
Basdorf Gerhardt Raum Brause Schaal

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 59/08
vom
3. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. Juni 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwälte und aus München
als Verteidiger,
Rechtsanwalt aus Friedberg
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 12. Oktober 2007 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Der Angeklagte wurde wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
2
Seine auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision bleibt erfolglos.

I.


3
Die Strafkammer hat festgestellt:
4
Der Angeklagte ist Vater des am 4. März 2006 geborenen D. , eines sehr unruhigen Kindes, das viel schrie. Ende August/Anfang September 2006 war der Angeklagte weitgehend allein für die Versorgung des Kindes verantwortlich. Mit dieser Aufgabe war er überfordert. Er behandelte das Kind „zunehmend gereizt und aggressiv“. Zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt innerhalb dieses Zeitraumes packte der Angeklagte das schreiende Kind am Brustkorb und schüttelte es, um es zum Schweigen zu bringen, so heftig in „sagittaler Richtung“, dass der Kopf nach vorne und hinten schlug und wegen der noch schwachen Nackenmuskulatur erst in der Extremposition, also Brust und Nacken, abgebremst wurde. Es kam zum Abriss so genannter Brückenvenen zwischen Schädelkalotte und Gehirn. Dies führte zu subduralen Blutungen und zu beidseits flächenhaften mehrschichtigen Netzhauteinblutungen.
5
Unabhängig davon hatte der Angeklagte das Kind auch wiederholt in den Oberarm, die Wange und das Gesäß gebissen, was zu entsprechenden Spuren an dessen Körper führte. Weitere Spuren am Körper des Kindes im Bereich der Gesäßfalte/Steißbeinregion sowie unterhalb beider Schlüsselbeine waren vom Angeklagten durch stumpfe Gewalteinwirkung hervorgerufen worden (wegen dieser Taten wurde das Verfahren eingestellt, da sie neben den abgeurteilten Taten nicht ins Gewicht fielen). Der Angeklagte versuchte, gegenüber der Mutter des Kindes diese Spuren sowohl als „Knutschflecken“ als auch als von der Katze verursacht zu verharmlosen. Die Mutter ging aber wegen dieser Verletzungsspuren zur Polizei, die eine Untersuchung in der Rechtsmedizin veranlasste. Dort fiel der ungewöhnliche Umfang des Kopfes des Kindes auf und es wurde sofort in die Kinderklinik verbracht, wo sein Leben - nur - durch zahlreiche intensivmedizinische Maßnahmen gerettet werden konnte. Im Rahmen dieser Untersuchungen wurde anhand entsprechender Spuren im Körper des Kindes festgestellt, dass es auch schon vor Ende August/Anfang September in ähnlicher Weise und mit ähnlichen Folgen wie dort geschüttelt worden sein muss (zur Erfahrung, dass wiederholte Tathandlungen in diesem Zusammenhang nicht selten sind vgl. auch Schneiders/Schröder: Das Schütteltrauma - eine häufig unbekannte Form der Kindesmisshandlung, Kriminalistik 2005, 734, 735). Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Landgericht war eine bestimmte Hirnfunktion des Kindes noch gestört. Ob dauerhaft geistige oder motorische Retardierungen zurückbleiben werden, war noch nicht absehbar.

II.


6
1. Die Feststellungen zum äußeren Geschehensablauf sind nicht zu beanstanden. Der näheren Ausführung bedarf dies nur insoweit, als die Revision die Täterschaft des Angeklagten hinsichtlich des ersten Schüttelns nicht für rechtsfehlerfrei festgestellt hält.
7
a) Dem liegt folgendes zu Grunde: Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung keine Angaben zur Sache gemacht und im Ermittlungsverfahren jedes Fehlverhalten bestritten. Auch mit sachverständiger Hilfe konnte die Strafkammer - nahe liegend - nicht exakt feststellen, an welchem Tag der Angeklagte das Kind erstmals so heftig geschüttelt hatte, dass die geschilderten Folgen auftraten. Festzustellen war nur, dass das Kind mindestens vier Wochen alt war, als ihm diese Verletzungen zugefügt wurden und dass die Verletzungen schon mindestens vier Wochen alt waren, als sie entdeckt wurden. Da das Kind am 6. März 2006 geboren wurde und ab dem 8. September 2006 in der Kinderklinik untersucht und behandelt wurde, hat demnach das erste Schütteln frühestens Anfang April 2006 und spätestens Mitte August 2006 stattgefunden. Der Angeklagte wohnte jedoch erst ab Ende April 2006 mit dem Kind in derselben Wohnung. Daher geht die Strafkammer davon aus, dass die erste Tat nicht vor diesem Zeitpunkt begangen wurde.
8
b) Die Revision meint, die Annahme der Täterschaft des Angeklagten sei ein Zirkelschluss. Ein Tatzeitpunkt vor Ende April 2006 sei medizinisch nicht auszuschließen. Der Angeklagte habe aber erst ab Ende April 2006 Gelegenheit zur Tat gehabt. Das Gericht habe sich mit der Möglichkeit, dass die Tat schon vorher begangen worden sei, der Angeklagte also nicht der Täter sei, gedanklich nicht auseinandergesetzt. Soweit die Strafkammer, so die Revision ergänzend in der Hauptverhandlung vor dem Senat, geprüft und verneint habe, ob andere Personen als der Angeklagte als Täter in Betracht kämen, bezöge sich dies (ebenfalls) nur auf den Zeitraum ab Ende April 2006. Dies bekräftige, dass die Strafkammer den möglichen Tatzeitraum rechtsfehlerhaft zum Nachteil des Angeklagten verkürzt habe.
9
c) Der Senat sieht keinen Rechtsfehler.
10
Das Kind lebte bis Ende April 2006 in der Wohnung des früheren Ehemannes der Mutter, R. , dann zogen Mutter und Kind mit dem Angeklagten zusammen. Die Strafkammer hat jedoch, ohne insoweit eine zeitliche Einschränkung vorzunehmen, geprüft, ob der frühere Ehemann oder - sämtliche - andere Personen, die mit dem Kind schon in der Wohnung des früheren Ehemannes Kontakt hatten, als Täter in Betracht kommen. Ihre Prüfung beschränkt sich daher offensichtlich nicht auf den Zeitraum, ab dem das Kind nicht mehr in der Wohnung des früheren Ehemannes lebte. Dass die Strafkammer diese Personen rechtsfehlerhaft als Täter ausgeschlossen hätte, ist weder konkret behauptet noch sonst ersichtlich. Mit anderen Personen als denen, deren mögliche Täterschaft die Strafkammer geprüft hat, hatte das Kind, so ergeben die Urteilsgründe, zu keinem Zeitpunkt Kontakt. Auch diese Feststellungen, gegen die die Revision ebenfalls keine konkreten Einwendungen erhebt, sind rechtsfehlerfrei. Wenn also eine andere Person als der Angeklagte Täter des ersten Schüttelns sein sollte, müsste es ein Unbekannter gewesen sein, zu dem das Kind im Übrigen keinen Kontakt hatte. Es ist jedoch weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten einen Sachverhalt zu unterstellen, für dessen Vorliegen sich keine konkreten Anhaltspunkte ergeben haben (NJW 2007, 2274; NStZ-RR 2005, 147; 2003, 371 ; NStZ 2004, 35, 36 m.w.N.). Dementsprechend war auch eine ausdrückliche Erörterung der aufgezeigten fern liegenden und bloß theoretischen Möglichkeit nicht geboten.
11
2. Auch der - bedingte - Tötungsvorsatz ist rechtsfehlerfrei bejaht.
12
Der Senat verkennt nicht, dass nach forensischer Erfahrung in „Schüttelfällen“ ein derartiger Vorsatz vielfach nicht festzustellen ist (vgl. zusammenfassend Schneider in NStZ 2004, 202, 203 m.w.N.; vgl. auch Schneiders/Schröder aaO m.w.N. in Fußn. 9). Allein dass ein bestimmtes Ergebnis nicht fern liegt, schließt jedoch nicht aus, dass der Tatrichter im Einzelfall auch rechtsfehlerfrei zu einem anderen Ergebnis kommen kann (vgl. BGH, Urt. vom 12. Juni 2007 - 1 StR 73/07; zum Tötungsvorsatz beim Schütteltrauma vgl. BGH, Urt. vom 7. Dezember 1999 - 1 StR 538/99). Hier stützt die Strafkammer die Annahme eines Tötungsvorsatzes nicht allein auf das - wie sich die Strafkammer nach sachverständiger Beratung und Demonstration überzeugt hat - vorliegend „äußerst heftige“ und „sehr schnelle“ Schütteln, sondern auch etwa darauf, dass der Angeklagte wiederholt und von unterschiedlichen Personen darauf hingewiesen worden war, dass man bei Kindern „ganz besonders auf den Kopf achten müsse, nachdem diese ihren Kopf noch nicht selbst halten könnten“, und dass „so ein Genick schnell gebrochen sei“. Diese und weitere für und gegen einen Tötungsvorsatz, auch hinsichtlich des erforderlichen voluntativen Vorsatzelements (vgl. zusammenfassend Schneider aaO m.w.N.), sprechende Gesichtspunkte, wie sie sich etwa aus den Feststellungen zum sonstigen Verhalten des Angeklagten gegenüber dem Kind ergeben, hat die Strafkammer sorgfältig gegeneinander abgewogen. Hinsichtlich des zweiten Schüttelns hat sie auch erwogen (und verneint), ob der letztlich nicht tödliche Ausgang des ersten Schüttelns gegen einen (bedingten) Tötungsvorsatz beim zweiten Schütteln sprechen könnte. Es ist insgesamt nicht ersichtlich, dass das von ihr gefundene Ergebnis auf widersprüchlicher, lückenhafter oder unklarer Grundlage beruhte, gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstieße oder sonst die dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung gezogenen rechtlichen Grenzen überschritte.
13
3. Der Generalbundesanwalt weist zutreffend darauf hin, dass die Strafkammer nicht geprüft hat, ob (jeweils) ein strafbefreiender Rücktritt (§ 24 StGB) vorliegen könnte. Ein den Bestand des Urteils gefährdender durchgreifender Mangel liegt deshalb jedoch nicht vor.
14
a) Ein strafbefreiender freiwilliger Rücktritt käme allerdings schon im Ansatz nicht in Betracht, wenn die Tat(en) fehlgeschlagen wäre(n). Dies ist der Fall, wenn entweder der Erfolgseintritt objektiv nicht mehr möglich ist und der Täter dies erkennt oder wenn der Täter den Erfolgseintritt jedenfalls nicht mehr für möglich hält (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 39, 221, 228 m.w.N.).
15
b) Es ist den Urteilsgründen jedoch nicht zu entnehmen, dass die Strafkammer (jeweils) von einem fehlgeschlagen Versuch ausgegangen wäre.

16
Allerdings stellt sie Erwägungen darüber an, wie lange genau der Angeklagte das Kind geschüttelt hat. Sachverständig beraten geht sie davon aus, dass - auch angesichts des Gewichts des Kindes - ein Erwachsener das Kind so heftig wie festgestellt zehn oder maximal 20 Sekunden geschüttelt haben kann, danach würde er ermüden und könnte nicht länger schütteln. „Zu Gunsten des Angeklagten“, so die Strafkammer, gehe sie davon aus, dass er zehn Sekunden geschüttelt habe, offenbar weil er dann ermüdet gewesen sei. Wenn mit alledem zum Ausdruck gebracht sein sollte, es läge ein fehlgeschlagener Versuch vor, weil der Angeklagte das Kind so lange geschüttelt habe, wie er konnte, bestünden allerdings Bedenken. Ein Versuch ist (unter anderem) dann nicht gescheitert, wenn sie der Täter zwar auf der Stelle kurzfristig nicht fortsetzen kann, ihm dies aber ohne nennenswerte zeitliche Zäsur möglich bleibt (BGH, Beschl. vom 27. November 2002 - 1 StR 462/02 m.w.N. = NStZ-RR 2003, 199 ; BGHSt aaO m.w.N.). Dass ein junger, zur Tatzeit 22 oder 23 Jahre alter Mann, selbst wenn er wegen Ermüdung einen Säugling nicht länger als zehn oder 20 Sekunden schütteln kann, nicht alsbald wieder so zu Kräften käme, dass er weiter schütteln könnte, wenn er dies will, versteht sich jedenfalls nicht von selbst. Im Übrigen ist jedenfalls im zweiten Fall der Versuch schon deshalb nicht fehlgeschlagen, weil das Kind ohne die späteren intensivmedizinischen Maßnahmen an den Folgen des Schüttelns gestorben wäre. Der Senat versteht die Urteilsgründe jedoch nicht so, dass die Strafkammer deshalb den Rücktritt nicht prüft, weil sie die Versuche wegen Ermüdung als endgültig gescheitert ansehen würde. Abgesehen davon, dass dies nicht ausdrücklich ausgeführt ist, spricht gegen diese Annahme insbesondere, dass die Strafkammer in diesem Zusammenhang die von ihr als wesentlich angesehene Frage in den Mittelpunkt stellt, ob der Angeklagte nach zehn oder erst nach 20 Sekunden ermüdet war, was - allenfalls - für die Frage der Intensität der Handlung bedeut- sam sein mag, für die Frage eines gescheiterten Versuchs aber bedeutungslos ist.
17
Im Übrigen bemerkt der Senat in diesem Zusammenhang, dass es jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, dass der Täter in derartigen Fällen zu schütteln aufhört, weil das Kind still geworden ist und er deshalb sein eigentliches Ziel erreicht hat: „Das Fatale bei dem Schütteltrauma ist, dass der von dem Täter/der Täterin intendierte Erfolg, dass der Säugling endlich aufhört zu schreien, aufgrund der Schädigungen sofort eintritt“ (Schneiders/Schröder aaO 735). Die unterbliebene Erörterung dieser Möglichkeit durch die Strafkammer stellt jedoch keine den Bestand des Urteils gefährdende Lücke dar, weil die (etwaige) Feststellung, der Angeklagte habe zu Schütteln aufgehört, weil das Kind nicht mehr geschrien hat, keine notwendigen - zumal nicht den Angeklagten entlastende - Schlüsse darüber ergibt, welche Vorstellungen er über die bisherigen Folgen des Schüttelns hatte.
18
c) Liegt kein fehlgeschlagener Versuch vor, so kommt es hinsichtlich des Rücktritts darauf an, ob ein unbeendeter oder ein beendeter Versuch vorliegt. Dies richtet sich nach der Vorstellung, die der Täter zu dem Zeitpunkt hat, zu dem er auf die ihm mögliche Weiterführung der Tat verzichtet („Rücktrittshorizont“ ; st. Rspr. seit BGHSt 33, 295 ff. unter Hinweis auf BGHSt 31, 170). Geht er davon aus, sein bisheriges Handeln reiche nicht aus, den Erfolg der Tat herbeizuführen , so läge ein unbeendeter Versuch vor; für einen strafbefreienden Rücktritt genügt dann freiwilliges Nichtweiterhandeln (§ 24 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative StGB). Glaubt er dagegen, sein bisheriges Verhalten werde zum Erfolg der Tat führen - oder macht er sich überhaupt keine Vorstellungen hierüber (vgl. BGHSt 40, 304, 306) - so liegt ein beendeter Versuch vor. Strafbefreiender Rücktritt verlangt dann, dass er erfolgreiche Bemühungen entfaltet, um den drohenden Eintritt des (schädlichen) Erfolgs seiner Tat zu verhindern (§ 24 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative StGB).
19
d) Ein auf erfolgreichen Rettungsbemühungen beruhender Rücktritt (vom beendeten Versuch) liegt offensichtlich nicht vor.
20
e) Grundvoraussetzung für die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts wäre daher, dass der Angeklagte nach dem Schütteln geglaubt hätte, tödliche Folgen würden schon allein deshalb ausbleiben, weil er nicht weiter schüttelte. Hiervon brauchte die Strafkammer nicht auszugehen:
21
Der Angeklagte wusste nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen beim Schütteln, dass dieses tödliche Folgen haben konnte, und nahm dies billigend in Kauf.
22
In tatsächlicher Hinsicht unterscheidet sich eine solche Gewalthandlung von vielen anderen Gewalthandlungen insoweit, als ihre Auswirkungen nicht ohne weiteres äußerlich erkennbar sind; ebenso wenig muss der tödliche Erfolg in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der todesverursachenden Handlung stehen, sondern er kann - wie es hier ohne die Rettungsmaßnahmen der Fall gewesen wäre - auch etliche Tage später noch eintreten. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, an welche realen Gesichtspunkte die Annahme anknüpfen könnte, der Angeklagte habe bei Beendigung des Schüttelns geglaubt , dass die von ihm beim Schütteln noch für möglich gehaltenen Folgen jetzt doch nicht eintreten sollten. Auch er selbst hat sich weder innerhalb noch außerhalb des Verfahrens je in diesem Sinne geäußert. Bei einer solchen Beweislage sind präzise Feststellungen über eine sogenannte innere Tatsache - also darüber, was der Angeklagte, ohne dies erkennbar werden zu lassen, geglaubt oder nicht geglaubt hat - offenbar nicht möglich.
23
Allerdings ist der Zweifelssatz auch auf das Vorliegen von Rücktrittsvoraussetzungen anzuwenden, wenn bei einer Gesamtbeurteilung der Tatsachen keine eindeutigen Feststellungen getroffen werden können. Jedoch ist es - auch - in diesem Zusammenhang nicht zulässig, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für die es keinerlei konkrete Anhaltspunkte gibt (st. Rspr. vgl. d. N. oben II 1 c; speziell zum Rücktritt vgl. BGH, Urt. vom 13. März 2008 - 4 StR 610/07; vgl. hierzu zusammenfassend auch Leipold/Beukelmann NJW-Spezial 2008, 281). All dies führt auch bei einem (wie hier) schweigenden beziehungsweise pauschal bestreitenden Angeklagten nicht zu einer mit dem Schuldprinzip kollidierenden Beweislastumkehr, sondern ist notwendige Folge der Verpflichtung des Gerichts, gemäß § 261 StPO seine Überzeugung aus dem Gang der Hauptverhandlung zu schöpfen (vgl. BVerfG, Beschl. vom 8. November 2006 - 2 BvR 1378/06; BGH NJW 2007, 2274).
24
Kann aber eine Vorstellungsänderung des Angeklagten als auf nichts gestützte und daher nur denktheoretische Möglichkeit schon im Ansatz nicht tragfähige Grundlage ihn begünstigender Schlussfolgerungen sein, so brauchte die Strafkammer diese Möglichkeit auch nicht ausdrücklich zu erörtern.
25
4. Auch im Übrigen ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei.
26
5. Ebenso hält auch der Strafausspruch rechtlicher Überprüfung Stand. Anzumerken ist insoweit nur folgendes: Die Strafkammer führt näher aus, dass gegen den Angeklagten 1997 ein Verfahren wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 45 JGG behandelt wurde (eingetragen im Erziehungsregister gem. § 60 Abs. 1 Nr. 7 BZRG) und dass er in einem weiteren Verfahren wegen Sachbeschädigung 2002 vom Jugendrichter verwarnt wurde (eingetragen im Erziehungsregister gem. § 60 Abs. 1 Nr. 2 BZRG). Weitere Vorahndungen gibt es nicht. Ausweislich der Urteilsgründe sind diese Feststellungen auf einen mehrere Monate vor der Hauptverhandlung erhobenen Auszug aus dem Bundeszentralregister gestützt. Da der Angeklagte aber zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits das 24. Lebensjahr vollendet hatte, waren die genannten Eintragungen im Erziehungsregister gemäß § 63 Abs. 1 und 2 BZRG bereits entfernt und durften gemäß § 63 Abs. 4 BZRG i.V.m. § 51 Abs. 1 BZRG nicht mehr zum Nachteil des Angeklagten verwendet werden (BGHR BZRG § 60 Erziehungsregister 1 m.w.N.; § 63 Verwertung 1). Nachdem die Strafkammer jedoch diese Vorahndungen ausschließlich unter der Überschrift „Strafmilderungsgründe“ bewertet und dort ausführt, dass sie „allesamt noch dem Jugendrecht unterfielen, nicht einschlägig (sind) und … bereits längere Zeit zurück(liegen)“, kann der Senat ausschließen, dass sich der aufgezeigte Mangel zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Der Senat hat daher zu der andernfalls nahe liegenden Prüfung, ob die Strafe als angemessen i.S.d. § 354 Abs. 1a StPO anzusehen ist, keine Veranlassung.
Herr RiBGH Dr. Boetticher befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Graf Sander

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 610/07
vom
13. März 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. März
2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 10. Juli 2007 aufgehoben , jedoch bleiben die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen und zum Tatvorgeschehen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, die Verletzung sachlichen Rechts. Nach ihrer Auffassung hat das Landgericht zu Unrecht einen strafbefreienden Rücktritt vom Totschlagsversuch sowie eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit des Angeklagten angenommen. Der Angeklagte rügt mit seiner Revision die Verletzung sachlichen Rechts.

I.


2
1. Zwischen dem Angeklagten und seiner deutschen Ehefrau, der Nebenklägerin , die im August 2004 in der Türkei geheiratet hatten, kam es nach dem Umzug nach Paderborn zu erheblichen Spannungen. Während ihrer Schwangerschaft zog die Nebenklägerin vorübergehend in das Frauenhaus. Im September 2006 trennte sie sich von dem Angeklagten, zog mit ihrer im November 2005 geborenen Tochter erneut ins Frauenhaus und wechselte im Dezember 2006 in das Mutter-Kind-Haus in Paderborn. Dort besuchte der Angeklagte die Nebenklägerin, der vom Familiengericht die Alleinsorge für die gemeinsame Tochter übertragen worden war, fast täglich. Weil es bei diesen Besuchen häufig zu Streitigkeiten und auch zu Handgreiflichkeiten kam, wurde dem Angeklagten Ende Januar 2007 von der Leitung des Mutter-Kind-Hauses Hausverbot erteilt. Auf Grund einer eidesstattlichen Versicherung des Angeklagten , die Nebenklägerin habe die gemeinsame Tochter aus dem Fenster gehalten, die der Rechtsanwalt des Angeklagten dem Jugendamt zugeleitet hatte, veranlasste dieses eine sog. Pflege-über-Nacht-Maßnahme.
3
In der Nacht vom 24. auf den 25. Februar 2007 kam der Angeklagte an der Wohnung der Nebenklägerin vorbei. Da er am Vortage von der "Pflegeüber -Nacht-Maßnahme“ des Jugendamtes erfahren hatte, entschloss er sich, "auch deshalb, um sich nach dem Verbleib des Kindes zu erkundigen", die Nebenklägerin aufzusuchen. Diese war kurz zuvor mit dem Zeugen B. in ihre Wohnung zurückgekehrt. Dem Angeklagten wurde auf sein Klopfen von der Nebenklägerin geöffnet, die ihren neuen Freund Thorsten K. erwartete. Der Angeklagte drängte die Nebenklägerin in Richtung Wohnküche. Die Nebenklägerin rief dem Zeugen B. zu: "Schick ihn raus. Er hat hier nichts zu suchen". Als der Angeklagte den auf dem Sofa sitzenden Zeugen bemerkte, forderte er ihn auf, die Wohnung zu verlassen. Der Angeklagte griff nach einem Messer, zwang den Zeugen B. unter Vorhalt des Messers, die Wohnung zu verlassen, und beschimpfte die Nebenklägerin unter anderem als "billige Schlampe". Auf seine Frage, wo seine Tochter sei, entgegnete die Nebenklägerin , das Kind sei weg und daran treffe ihn die Schuld.
4
Als die Nebenklägerin ihr Mobiltelefon ergriff, um die Polizei zu benachrichtigen , schlug es ihr der Angeklagte aus der Hand. Er stach unvermittelt mehrfach auf den Oberkörper der Nebenklägerin ein, wobei er deren Tod „zumindest“ billigend in Kauf nahm. Als diese in die Knie ging, ließ der Angeklagte von ihr ab. Er ging davon aus, dass die Nebenklägerin an den ihr zugefügten Verletzungen versterben könnte. Der Angeklagte verließ die Wohnung und warf die Tür hinter sich zu. Im Hausflur traf er auf die Wohnungsnachbarn der Nebenklägerin. Die Zeugen Nicole N. und Ismail D. hatten die Hilfeschreie der Nebenklägerin vernommen und um 2.32 Uhr die Polizei benachrichtigt. Ohne ein Wort an die Zeugen zu richten, eilte der Angeklagte aus dem Haus und ging zu der nächstgelegenen Polizeidienststelle. Um 2.41 Uhr erschien er in der Wachschleuse der Polizeiwache und erklärte dem Wachhabenden , der ihn über die Sprechanlage angesprochen hatte, in gebrochenem Deutsch, er habe gerade mit einem Messer auf seine Frau eingestochen. Nach seinem Namen befragt, antwortete er: „Alexander E. “. Der Angeklagte wurde in die Wache gelassen und festgenommen. Da der Wachhabende annahm, dass es sich bei dem Angeklagten um die wegen des kurz zuvor telefonisch gemeldeten Vorfalls in dem Mutter-Kind-Haus gesuchte Person handelte, "fand keine weitere Kommunikation mit dem Angeklagten statt".
5
Der Nebenklägerin war es gelungen, sich bis zur Wohnungstür zu schleppen und diese auf das Klopfen ihrer Nachbarn zu öffnen. Dann brach sie im Flur ihrer Wohnung zusammen. Die Zeugen N. , B. und D. informierten sofort den Rettungsdienst und leisteten erste Hilfe. "Nur auf Grund dessen und der unverzüglich herbeigerufenen ärztlichen Hilfe konnte das Leben der Geschädigten gerettet werden."
6
2. Das Landgericht hat den Angeklagten der gefährlichen Körperverletzung nach §§ 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 und 5 StGB schuldig gesprochen. Von dem (tateinheitlich verwirklichten) beendeten Versuch des Totschlags sei der Angeklagte "strafbefreiend" nach § 24 StGB zurückgetreten. Das Landgericht hat hierzu u.a. ausgeführt: "Der Angeklagte hat sich unmittelbar nach dem Tatgeschehen zur nächstgelegenen Polizeidienststelle begeben. Insoweit geht die Kammer zu Gunsten des Angeklagten davon aus, dass er hierdurch auch die schnelle Hilfe für seine Ehefrau veranlassen wollte, denn er durfte auch davon ausgehen, dass die Polizei alle notwendigen Maßnahmen zur Rettung der Zeugin E. unternehmen werde. Die Polizeidienststelle war zudem nur wenige Minuten (neun Minuten) von der Wohnung des Opfers entfernt, so dass der Angeklagte auch in zeitlicher Hinsicht darauf vertrauen konnte, dass seine Ehefrau noch rechtzeitig Hilfe erfahren werde. Zu weiteren Angaben des Angeklagten konnte es schon deshalb nicht kommen, weil der wachhabende Beamte keine weitere Kommunikation führte".

II.


7
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
8
1. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei von dem Totschlagsversuch strafbefreiend zurückgetreten, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Totschlagsversuch beendet war, denn der Angeklagte ging davon aus, dass die Nebenklägerin an den ihr zugefügten Stichverletzungen versterben könnte. Ist ein Versuch beendet, setzt ein Rücktritt voraus, dass der Täter entweder die Vollendung der Tat freiwillig verhindert (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 StGB) oder dass er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB). Beide Varianten des § 24 Abs. 1 StGB stellen unterschiedliche Anforderungen an die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung (vgl. BGHSt 48, 147, 149/150, 151 f. in Abgrenzung zu BGHSt 31, 46 und BGH NStZ-RR 1997, 193).
10
a) Ein strafbefreiender Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 StGB setzt zwar nicht voraus, dass der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung die sicherste oder "optimale" gewählt hat (vgl. BGHSt 48, 147). Erforderlich ist aber, dass der Täter eine neue Kausalkette in Gang setzt, die für die Nichtvollendung der Tat ursächlich oder jedenfalls mitursächlich wird (vgl. BGHSt 33, 295, 301; BGH NStZ 2006, 503). Das ist nach den bisherigen Feststellungen jedoch nicht der Fall. Dass die Nebenklägerin die ihr vom Angeklagten zugefügten schweren Stichverletzungen überlebt hat, beruht vielmehr allein darauf, dass deren Wohnungsnachbarn bereits bevor der Angeklagte das Haus verließ, die Polizei benachrichtigt hatten, die Nebenklägerin ihren Wohnungsnachbarn die Wohnungstür öffnen konnte und diese umgehend auch den Rettungsdienst informierten und sofort erste Hilfe leisteten. Diese für die Verhinderung des Erfolgseintritts ursächlichen Hilfeleistungen erfolg- ten aber nach den bisherigen Feststellungen ohne Zutun des Angeklagten. Dieser hat weder auf die Wohnungsnachbarn, denen er im Hausflur begegnete, in irgendeiner Weise eingewirkt, noch hat er durch seine Äußerungen auf der Polizeiwache dazu beigetragen, dass der Einsatz der von den Nachbarn alarmierten Rettungskräfte beschleunigt oder erleichtert wurde.
11
b) Wird die Tat - wie hier - ohne Zutun des Täters nicht vollendet, kommt nur ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB in Frage. Dass der Angeklagte sich freiwillig und ernsthaft bemüht hat, die Vollendung zu verhindern , ist durch die bisherigen Feststellungen jedoch ebenfalls nicht belegt.
12
§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB setzt voraus, dass der Täter alles tut, was in seinen Kräften steht und nach seiner Überzeugung zur Erfolgsabwendung erforderlich ist, und dass er die aus seiner Sicht ausreichenden Verhinderungsmöglichkeiten ausschöpft, wobei sich der Täter auch eines Dritten bedienen kann (vgl. BGHSt 33, 295, 301/302; BGH StV 1997, 518 jew. m.w.N.). Wenn - wie hier - ein Menschenleben auf dem Spiel steht, sind insoweit hohe Anforderungen zu stellen (vgl. BGHSt 33, 295, 302). Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein Rücktritt des Angeklagten entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil er nicht sofort mit dem Mobiltelefon der Nebenklägerin Hilfe herbeigerufen oder die Wohnungsnachbarn der Nebenklägerin hierzu aufgefordert hat. Dass ein Täter objektiv schon eher etwas und möglicherweise noch mehr hätte tun können, steht der Annahme eines Rücktritts nicht entgegen (vgl. BGH StV 1999, 211, 212; 1982, 467 m. w. N.). Maßgeblich ist vielmehr, dass der Täter, wenn er sich entschließt, die Vollendung der Tat zu verhindern, die aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen ergreift und sich um die bestmögliche Maßnahme bemüht (vgl. BGHSt 33, 295, 301/302; BGH StV 1999, 596). Dass der Angeklagte dies getan hat, ist durch die bisherigen Feststellungen nicht nachvollziehbar belegt.
13
aa) Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet schon die Annahme des Landgerichts, zugunsten des Angeklagten sei davon auszugehen, dass er die Polizeiwache auch deshalb aufgesucht habe, um Rettungsmaßnahmen zu veranlassen. Der Angeklagte hat sich dahin eingelassen, er habe gewusst, dass die Nachbarn, die ihn gesehen hätten, sich um seine Frau kümmern würden und ihr helfen könnten. Er selbst habe nur gedacht, dass er schnell zur Polizei müsse. Bei dieser Sachlage versteht es sich nicht von selbst, dass der Angeklagte beim Aufsuchen der Polizei in der Vorstellung handelte, er könne noch einen nennenswerten Beitrag zur Rettung der Nebenklägerin leisten (vgl. BGH NStZ 1999, 300). Zwar ist es grundsätzlich zulässig, auch hinsichtlich der Rücktrittsvoraussetzungen auf den Zweifelssatz zurückzugreifen. Dies setzt aber voraus, dass bei einer Gesamtbeurteilung der Beweistatsachen eindeutige Feststellungen nicht möglich sind (vgl. BGH NStZ 1999, 300, 301), denn es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (vgl. BGH NJW 2007, 92, 94; 2005, 1727; NStZRR 2005, 147, 148). Dass solche Anhaltspunkte vorliegen, ist nicht dargetan.
14
bb) Selbst wenn der Angeklagte, wovon das Landgericht zu seinen Gunsten ausgegangen ist, die nahe gelegene Polizeiwache aufgesucht hat, um „hierdurch auch die schnelle Hilfe für seine Ehefrau“ zu veranlassen, liegt nach den Feststellungen jedenfalls deshalb kein Rücktritt vor, weil er die Verhinderungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat. Die bloße Mitteilung des Angeklagten , er habe "auf seine Frau eingestochen" und die Nennung eines Namens waren – auch aus der Sicht des Angeklagten, der nicht wusste, dass der wach- habende Polizeibeamte bereits über den Notruf der Wohnungsnachbarn der Nebenklägerin informiert war – nicht geeignet, die sofortige Einleitung der notwendigen Rettungsmaßnahmen zu ermöglichen. Dass der wachhabende Beamte mit dem Angeklagten „keine weitere Kommunikation führte“ ist ohne Belang. Vielmehr hätte der Angeklagte die für die Einleitung von Rettungsmaßnahmen erforderlichen Hinweise auf den Tatort und darauf, dass er die Wohnungstür zugezogen hatte, von sich aus geben müssen. Dass der Angeklagte dies getan oder jedenfalls versucht hat, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.
15
Die Sache bedarf daher erneuter Verhandlung und Entscheidung.
16
2. Da die Revision der Staatsanwaltschaft zur Aufhebung des Urteils führt, ist die mit der Revisionseinlegung erhobene sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils gegenstandslos.

III.


17
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
18
Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat, auch soweit sich der Angeklagte gegen die Höhe der gegen ihn verhängten Strafe wendet, aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 170/13
vom
22. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 22. Mai 2013 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts – Schwurgericht – Bielefeld vom 18. Dezember 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes (Mordmerkmal Heimtücke) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 5 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision beanstandet der Angeklagte unter anderem die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts. Sein Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen wohnte der Angeklagte zusammen mit seinem zwei Jahre jüngeren Bruder P. – dem späteren Tatopfer – und den gemeinsamen Eltern in einem Haus. Der Angeklagte bedrohte seinen Bruder wiederholt mit dem Tod und wurde häufig gewalttätig. P. wehrte sich hiergegen zunächst nicht. Erst ab seinem 18. Lebensjahr, das er im Jahr 2008 erreicht hatte, war er nicht länger bereit, die Beleidigungen, Drohungen und physischen Angriffe des Angeklagten hinzunehmen. Er trieb vermehrt Sport, unter anderem Kampfsport, um dem Angeklagten körperlich nicht mehr unterlegen zu sein, und wehrte sich in der Folgezeit bei Übergriffen. Außerdem besorgte er sich eine Stange, die er neben sein Bett legte, um sich im Notfall gegen den Angeklagten verteidigen zu können. Auch schlief er in der Regel erst ein, wenn er hörte, dass der Angeklagte sich zur Ruhe begeben hatte. In den Monaten vor der Tat spitzte sich die familiäre Situation durch das Verhalten des Angeklagten derart zu, dass sich P. an den Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt H. mit der Bitte um Unterstützung wandte.
3
In der Nacht vom 15. auf den 16. Mai 2012 ging P. gegen 2:00 Uhr in seinem Zimmer im ersten Obergeschoss zu Bett. Als der Angeklagte ihn gegen 3:00 Uhr aufforderte, mit ihm Computer zu spielen, lehnte er dies ab und schlief kurz darauf ein. Der Angeklagte war über diese Zurückweisung verärgert. Er weckte die zur Familie gehörenden Hunde auf, um seinen Bruder in den unteren Flur zu locken. Dort wollte er ihm auflauern und ihn körperlich angreifen. Tatsächlich wurde P. durch das laute Bellen der Hunde aufgeweckt. Er stand auf und ging – bekleidet mit Boxershorts und T-Shirt – ins Erdgeschoss. Da er annahm, dass die Hunde Auslauf haben wollten, ließ er sie auf die Terrasse. Nachdem er sich im Esszimmer noch eine Zigarette gestopft hatte, schaltete er das Licht aus und ging in den unbeleuchteten Flur, in den nur aus seinem Zimmer und durch ein kleines Fenster etwas Licht fiel. Als er vor der zu seinem Zimmer im Obergeschoss führenden Treppe stand, hörte er ein mehrmaliges Klopfen gegen eine Tür. Er ging daraufhin in Richtung der Haustür , weil er dachte, dass ein Bekannter gekommen sei und sich nun durch das Klopfen bemerkbar machen wollte. Der Angeklagte, der P. bewusst in den dunklen Bereich des Flures gelockt hatte, um ihm die Verteidigung gegen den geplanten Angriff zu erschweren, trat nun wortlos von rechts auf seinen Bruder zu. Ob er dabei etwas in der Hand hatte, war für P. – derdarauf auch nicht achtete – in diesem Moment nicht erkennbar. Als der Angeklagte unmittelbar vor seinem Bruder stand, drückte er ihn gegen die Wand. Spätestens jetzt nahm er ein Anglermesser mit einer etwa 13,5 cm langen , nach vorn spitz zulaufenden Klinge aus einem am Gürtel getragenen Holster und stach mit großer Wucht mindestens einmal auf den Oberkörper von P. ein. Dabei nahm er tödliche Verletzungen zumindest billigend in Kauf. Der Stich traf P. , der seine Arme schützend vor Oberkörper und Gesicht gehoben hatte, zunächst am linken Unterarm und drang dann in den Brustkorb ein. Ihm gelang es, den Angeklagten zurückzustoßen. Sodann kam es zu einer Rangelei, bei der P. bemüht war, Abstand zwischen sich und den Angeklagten zu bekommen. Als ihm dies gelungen war, trat er zurück in den helleren Bereich des Flures. Dort sah er durch das einfallende Licht, dass er eine mehrere Zentimeter große klaffende Wunde an seinem linken Arm hatte, von der die bis auf den Knochen geöffnete Haut wie ein Lappen herunterhing. Auch bemerkte er, dass der Angeklagte das Messer in der rechten Hand hielt. P. verließ den Flur und lief durch das Esszimmer in Richtung der Terrasse. Seiner Mutter rief er im Vorbeilaufen zu, dass sie Hilfe holen möge. Sodann öffnete er die Tür zur Terrasse und schloss diese wieder, nachdem er das Haus verlassen hatte. Von dort aus lief er in den Garten. Der Angeklagte, der seinem Bruder ins Esszimmer gefolgt war, verweilte dort kurz. Als er bemerkte, dass seine Mutter telefonisch einen Notruf absetzen wollte, riss er ihr das Telefon aus der Hand und warf es gegen die Wand, sodass es beschädigt auf den Boden fiel. P. lief währenddessen im Garten durch den Hühnerstall – wo er zwei Türen entriegeln und wieder verschließen musste – zu einem etwa 300 Meter entfernt liegenden Gartenhaus und weckte seinen dort schlafenden Vater. Dieser ließ seinen Sohn herein und setzte einen Notruf ab. Anschließend begann er dessen Verletzung zu verbinden. In dieser Situation erschien der Angeklagte ohne Messer im Gartenhaus. Dabei sagte er zu seinem Bruder: „Ach, Du lebst ja noch“ und zu seinem Vater gewandt: „Ich habe oft um Hilfe gebeten, aber ihr habt nichts getan“. Kurze Zeit danach ver- ließ er das Gartenhaus wieder.
4
P. erlitt eine Schnittwunde im rechten oberen Thorax, die sich nur zwei bis drei Zentimeter entfernt von einem größeren Blutgefäß sowie in unmittelbarer Nähe von Herz und Lunge befand. Des Weiteren hatte er eine tiefe Schnittwunde am linken Unterarm mit Durchtrennung einer Sehne und Spaltung der Elle.
5
2. Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte mit bedingtem Tötungsvorsatz auf seinen Bruder eingestochen und dabei heimtückisch im Sinne des § 211 Abs. 2 StGB gehandelt hat. Einen strafbefreienden Rücktritt hat es mit der Begründung verneint, dass ein beendeter Versuch im Sinne des § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB gegeben sei und der Angeklagte keine Rettungsbemühungen entfaltet habe. Ein beendeter Versuch sei hier anzunehmen, weil nicht festgestellt werden konnte, dass sich der Angeklagte über die Folgen seiner Tat überhaupt irgendwelche Vorstellungen gemacht hat. Ein realer Gesichtspunkt , an den die Annahme anknüpfen könnte, der Angeklagte habe ge- glaubt, der mit Tötungsvorsatz geführte Stich sei nicht tödlich, bestehe nicht. Der Umstand, dass der Geschädigte noch weglaufen konnte, sei ohne Bedeutung , weil der tödliche Erfolg nicht in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der verursachenden Handlung stehen müsse und auch erst einige Zeit später durch Verbluten eintreten könne. Auch die Einlassung des Angeklagten habe in Bezug auf sein Vorstellungsbild nichts erbracht. Wenn sich aber Erwägungen des Angeklagten, dass die zugefügten Verletzungen nicht tödlich sein würden, nicht feststellen lassen, könne allenfalls festgestellt werden, dass sich der Angeklagte überhaupt keine Vorstellungen darüber gemacht habe, ob der Geschädigte sterben könne oder nicht. In diesem Fall sei ein beendeter Versuch anzunehmen. Der Zweifelsgrundsatz, der auch auf das Vorliegen der Rücktrittsvoraussetzungen Anwendung finde, erlaube es nicht, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für die es – wie hier – keine konkreten Anhaltspunkte gäbe (UA 28).

II.


6
Die Revision des Angeklagten hat Erfolg, weil die Erwägungen, mit denen das Landgericht zur Annahme eines beendeten Versuches gelangt ist und daran anknüpfend einen strafbefreienden Rücktritt verneint hat, an einem Erörterungsmangel leiden (§ 261 StPO) und deshalb revisionsrechtlicher Überprüfung nicht standhalten.
7
1. Im Ansatzpunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein beendeter Versuch, von dem nur unter den erschwerten Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 StGB zurückgetreten werden kann, auch dann vorliegt, wenn sich der Täter im Augenblick des Verzichts auf eine mögliche Weiterführung der Tat keine Vorstellung von den Folgen seines bis- herigen Verhaltens macht (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – 1 StR 59/08, NStZ 2009, 264 Rn. 9; Beschluss vom 3. Februar 1999 – 2 StR 540/98, NStZ 1999, 299; Urteil vom 10. Februar 1999 – 3 StR 618/98, NStZ 1999, 300, 301; Beschluss vom 12. April 1995 – 2 StR 105/95, MDR 1995, 878, 879 bei Holtz; Urteil vom 2. November 1994 – 2 StR 449/94, BGHSt 40, 304, 306; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 24 Rn. 15; SSW-StGB/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 37). Diese gedankliche Indifferenz des Täters gegenüber den von ihm bis dahin angestrebten oder doch zumindest in Kauf genommenen Konsequenzen ist eine innere Tatsache, die positiv festgestellt werden muss. Hierzu bedarf es in der Regel einer zusammenfassenden Würdigung aller maßgeblichen objektiven Umstände. Können keine eindeutigen Feststellungen getroffen werden, ist der Zweifelsgrundsatz anzuwenden (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – 1 StR 59/08, NStZ 2009, 264 Rn. 14; Urteil vom 13. März 2008 – 4 StR 610/07, Rn. 13 mwN).
8
Diesen Anforderungen werden die Darlegungen in den Urteilsgründen nicht gerecht. Soweit das Landgericht dem von dem Angeklagten wahrgenommenen „Weglaufen“ des Geschädigten nach dem Messerstich jegliche Indizwirkung für ein Ausbleiben tödlicher Folgen abgesprochen hat, erschöpft sich die Begründung in dem allgemeinen Hinweis, dass bei Messerstichen ein Tod durch Verbluten auch noch mit zeitlicher Verzögerung eintreten könne. Dies ist zwar zutreffend, doch hätte sich das Landgericht an dieser Stelle näher mit den von ihm festgestellten weiteren Umständen des Geschehens bei und unmittelbar nach der Tat auseinandersetzen und diese zusammenfassend würdigen müssen. Der Messerstich wurde im Dunkeln geführt. Erst nachdem sich der Geschädigte von dem Angeklagten gelöst hatte und ins Licht gelangt war, sah er die klaffende Wunde an seinem linken Arm. Bei dieser Sachlage wäre zu erörtern gewesen, ob für den unter gleichen Sichtverhältnissen agierenden Angeklagten nur diese nicht naheliegend als lebensgefährlich anzusehende Ver- letzung als Auswirkung des Messerstichs erkennbar war und deshalb aus seiner Sicht – auch mit Blick auf das nachfolgende Verhalten seines Bruders (Zurückstoßen des Angeklagten, erfolgreich bestandene Rangelei, Verlassen des Hauses durch die anschließend wieder verschlossene Terrassentür, Weg durch den Garten usw.) – Grund für die Annahme bestand, der mit bedingtem Tötungsvorsatz geführte Stich werde tatsächlich keine lebensbedrohlichen Folgen haben.
9
Auch ist es rechtlich bedenklich, dass das Landgericht aus der Tatsache, dass es keine Feststellungen zu den Vorstellungen des Angeklagten in Bezug auf den Erfolgseintritt treffen konnte, auf ein Fehlen derartiger Vorstellungen geschlossen hat (SSW-StGB/Kudlich/Schuhr, § 24 Rn. 37). Zwar trifft es zu, dass der Zweifelssatz nicht dazu nötigt, (innere) Tatsachen zugunsten des Angeklagten zu unterstellen, für die es keine Anhaltspunkte gibt (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 – 1 StR 59/08, NStZ 2009, 264 Rn. 14; Urteil vom 13. März 2008 – 4 StR 610/07, Rn. 13 mwN), doch rechtfertigt dies für sich genommen noch nicht den vom Landgericht gezogenen Schluss. Allerdings kann in Fällen, in denen sich aus den objektiven Umständen kein Hinweis auf das konkrete Vorstellungsbild des Täters im Zeitpunkt des Abbruchs der Tathandlung ergibt, die Annahme gerechtfertigt sein, dass bei ihm die der Tatbegehung zugrunde liegende Folgeneinschätzung fortbestanden hat; maßgeblich ist indes auch dann sein „Rücktrittshorizont“ nach der letzten Ausführungshandlung (vgl. dazuauch BGH, Beschluss vom 1. Dezember 2011 – 3 StR 337/11).
10
2. Die Sache bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird der neue Tatrichter – sofern er wieder entsprechende Feststellungen zu treffen vermag – auch zu erwägen haben, ob der Äußerung des Angeklagten beim Anblick seines verletzten Bruders im Gartenhaus („Ach, Du lebst ja noch“) ein Hinweis auf ein indifferentes Vorstellungsbild oder eine Gleichgültigkeit gegenüber einem möglichen Todeseintritt entnommen werden kann.
Mutzbauer Roggenbuck Franke
Quentin Reiter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 59/08
vom
3. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. Juni 2008,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Boetticher,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Sander,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwälte und aus München
als Verteidiger,
Rechtsanwalt aus Friedberg
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 12. Oktober 2007 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die dem Nebenkläger dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Der Angeklagte wurde wegen versuchten Totschlags in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
2
Seine auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision bleibt erfolglos.

I.


3
Die Strafkammer hat festgestellt:
4
Der Angeklagte ist Vater des am 4. März 2006 geborenen D. , eines sehr unruhigen Kindes, das viel schrie. Ende August/Anfang September 2006 war der Angeklagte weitgehend allein für die Versorgung des Kindes verantwortlich. Mit dieser Aufgabe war er überfordert. Er behandelte das Kind „zunehmend gereizt und aggressiv“. Zu einem nicht exakt feststellbaren Zeitpunkt innerhalb dieses Zeitraumes packte der Angeklagte das schreiende Kind am Brustkorb und schüttelte es, um es zum Schweigen zu bringen, so heftig in „sagittaler Richtung“, dass der Kopf nach vorne und hinten schlug und wegen der noch schwachen Nackenmuskulatur erst in der Extremposition, also Brust und Nacken, abgebremst wurde. Es kam zum Abriss so genannter Brückenvenen zwischen Schädelkalotte und Gehirn. Dies führte zu subduralen Blutungen und zu beidseits flächenhaften mehrschichtigen Netzhauteinblutungen.
5
Unabhängig davon hatte der Angeklagte das Kind auch wiederholt in den Oberarm, die Wange und das Gesäß gebissen, was zu entsprechenden Spuren an dessen Körper führte. Weitere Spuren am Körper des Kindes im Bereich der Gesäßfalte/Steißbeinregion sowie unterhalb beider Schlüsselbeine waren vom Angeklagten durch stumpfe Gewalteinwirkung hervorgerufen worden (wegen dieser Taten wurde das Verfahren eingestellt, da sie neben den abgeurteilten Taten nicht ins Gewicht fielen). Der Angeklagte versuchte, gegenüber der Mutter des Kindes diese Spuren sowohl als „Knutschflecken“ als auch als von der Katze verursacht zu verharmlosen. Die Mutter ging aber wegen dieser Verletzungsspuren zur Polizei, die eine Untersuchung in der Rechtsmedizin veranlasste. Dort fiel der ungewöhnliche Umfang des Kopfes des Kindes auf und es wurde sofort in die Kinderklinik verbracht, wo sein Leben - nur - durch zahlreiche intensivmedizinische Maßnahmen gerettet werden konnte. Im Rahmen dieser Untersuchungen wurde anhand entsprechender Spuren im Körper des Kindes festgestellt, dass es auch schon vor Ende August/Anfang September in ähnlicher Weise und mit ähnlichen Folgen wie dort geschüttelt worden sein muss (zur Erfahrung, dass wiederholte Tathandlungen in diesem Zusammenhang nicht selten sind vgl. auch Schneiders/Schröder: Das Schütteltrauma - eine häufig unbekannte Form der Kindesmisshandlung, Kriminalistik 2005, 734, 735). Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Landgericht war eine bestimmte Hirnfunktion des Kindes noch gestört. Ob dauerhaft geistige oder motorische Retardierungen zurückbleiben werden, war noch nicht absehbar.

II.


6
1. Die Feststellungen zum äußeren Geschehensablauf sind nicht zu beanstanden. Der näheren Ausführung bedarf dies nur insoweit, als die Revision die Täterschaft des Angeklagten hinsichtlich des ersten Schüttelns nicht für rechtsfehlerfrei festgestellt hält.
7
a) Dem liegt folgendes zu Grunde: Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung keine Angaben zur Sache gemacht und im Ermittlungsverfahren jedes Fehlverhalten bestritten. Auch mit sachverständiger Hilfe konnte die Strafkammer - nahe liegend - nicht exakt feststellen, an welchem Tag der Angeklagte das Kind erstmals so heftig geschüttelt hatte, dass die geschilderten Folgen auftraten. Festzustellen war nur, dass das Kind mindestens vier Wochen alt war, als ihm diese Verletzungen zugefügt wurden und dass die Verletzungen schon mindestens vier Wochen alt waren, als sie entdeckt wurden. Da das Kind am 6. März 2006 geboren wurde und ab dem 8. September 2006 in der Kinderklinik untersucht und behandelt wurde, hat demnach das erste Schütteln frühestens Anfang April 2006 und spätestens Mitte August 2006 stattgefunden. Der Angeklagte wohnte jedoch erst ab Ende April 2006 mit dem Kind in derselben Wohnung. Daher geht die Strafkammer davon aus, dass die erste Tat nicht vor diesem Zeitpunkt begangen wurde.
8
b) Die Revision meint, die Annahme der Täterschaft des Angeklagten sei ein Zirkelschluss. Ein Tatzeitpunkt vor Ende April 2006 sei medizinisch nicht auszuschließen. Der Angeklagte habe aber erst ab Ende April 2006 Gelegenheit zur Tat gehabt. Das Gericht habe sich mit der Möglichkeit, dass die Tat schon vorher begangen worden sei, der Angeklagte also nicht der Täter sei, gedanklich nicht auseinandergesetzt. Soweit die Strafkammer, so die Revision ergänzend in der Hauptverhandlung vor dem Senat, geprüft und verneint habe, ob andere Personen als der Angeklagte als Täter in Betracht kämen, bezöge sich dies (ebenfalls) nur auf den Zeitraum ab Ende April 2006. Dies bekräftige, dass die Strafkammer den möglichen Tatzeitraum rechtsfehlerhaft zum Nachteil des Angeklagten verkürzt habe.
9
c) Der Senat sieht keinen Rechtsfehler.
10
Das Kind lebte bis Ende April 2006 in der Wohnung des früheren Ehemannes der Mutter, R. , dann zogen Mutter und Kind mit dem Angeklagten zusammen. Die Strafkammer hat jedoch, ohne insoweit eine zeitliche Einschränkung vorzunehmen, geprüft, ob der frühere Ehemann oder - sämtliche - andere Personen, die mit dem Kind schon in der Wohnung des früheren Ehemannes Kontakt hatten, als Täter in Betracht kommen. Ihre Prüfung beschränkt sich daher offensichtlich nicht auf den Zeitraum, ab dem das Kind nicht mehr in der Wohnung des früheren Ehemannes lebte. Dass die Strafkammer diese Personen rechtsfehlerhaft als Täter ausgeschlossen hätte, ist weder konkret behauptet noch sonst ersichtlich. Mit anderen Personen als denen, deren mögliche Täterschaft die Strafkammer geprüft hat, hatte das Kind, so ergeben die Urteilsgründe, zu keinem Zeitpunkt Kontakt. Auch diese Feststellungen, gegen die die Revision ebenfalls keine konkreten Einwendungen erhebt, sind rechtsfehlerfrei. Wenn also eine andere Person als der Angeklagte Täter des ersten Schüttelns sein sollte, müsste es ein Unbekannter gewesen sein, zu dem das Kind im Übrigen keinen Kontakt hatte. Es ist jedoch weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten einen Sachverhalt zu unterstellen, für dessen Vorliegen sich keine konkreten Anhaltspunkte ergeben haben (NJW 2007, 2274; NStZ-RR 2005, 147; 2003, 371 ; NStZ 2004, 35, 36 m.w.N.). Dementsprechend war auch eine ausdrückliche Erörterung der aufgezeigten fern liegenden und bloß theoretischen Möglichkeit nicht geboten.
11
2. Auch der - bedingte - Tötungsvorsatz ist rechtsfehlerfrei bejaht.
12
Der Senat verkennt nicht, dass nach forensischer Erfahrung in „Schüttelfällen“ ein derartiger Vorsatz vielfach nicht festzustellen ist (vgl. zusammenfassend Schneider in NStZ 2004, 202, 203 m.w.N.; vgl. auch Schneiders/Schröder aaO m.w.N. in Fußn. 9). Allein dass ein bestimmtes Ergebnis nicht fern liegt, schließt jedoch nicht aus, dass der Tatrichter im Einzelfall auch rechtsfehlerfrei zu einem anderen Ergebnis kommen kann (vgl. BGH, Urt. vom 12. Juni 2007 - 1 StR 73/07; zum Tötungsvorsatz beim Schütteltrauma vgl. BGH, Urt. vom 7. Dezember 1999 - 1 StR 538/99). Hier stützt die Strafkammer die Annahme eines Tötungsvorsatzes nicht allein auf das - wie sich die Strafkammer nach sachverständiger Beratung und Demonstration überzeugt hat - vorliegend „äußerst heftige“ und „sehr schnelle“ Schütteln, sondern auch etwa darauf, dass der Angeklagte wiederholt und von unterschiedlichen Personen darauf hingewiesen worden war, dass man bei Kindern „ganz besonders auf den Kopf achten müsse, nachdem diese ihren Kopf noch nicht selbst halten könnten“, und dass „so ein Genick schnell gebrochen sei“. Diese und weitere für und gegen einen Tötungsvorsatz, auch hinsichtlich des erforderlichen voluntativen Vorsatzelements (vgl. zusammenfassend Schneider aaO m.w.N.), sprechende Gesichtspunkte, wie sie sich etwa aus den Feststellungen zum sonstigen Verhalten des Angeklagten gegenüber dem Kind ergeben, hat die Strafkammer sorgfältig gegeneinander abgewogen. Hinsichtlich des zweiten Schüttelns hat sie auch erwogen (und verneint), ob der letztlich nicht tödliche Ausgang des ersten Schüttelns gegen einen (bedingten) Tötungsvorsatz beim zweiten Schütteln sprechen könnte. Es ist insgesamt nicht ersichtlich, dass das von ihr gefundene Ergebnis auf widersprüchlicher, lückenhafter oder unklarer Grundlage beruhte, gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstieße oder sonst die dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung gezogenen rechtlichen Grenzen überschritte.
13
3. Der Generalbundesanwalt weist zutreffend darauf hin, dass die Strafkammer nicht geprüft hat, ob (jeweils) ein strafbefreiender Rücktritt (§ 24 StGB) vorliegen könnte. Ein den Bestand des Urteils gefährdender durchgreifender Mangel liegt deshalb jedoch nicht vor.
14
a) Ein strafbefreiender freiwilliger Rücktritt käme allerdings schon im Ansatz nicht in Betracht, wenn die Tat(en) fehlgeschlagen wäre(n). Dies ist der Fall, wenn entweder der Erfolgseintritt objektiv nicht mehr möglich ist und der Täter dies erkennt oder wenn der Täter den Erfolgseintritt jedenfalls nicht mehr für möglich hält (st. Rspr., vgl. nur BGHSt 39, 221, 228 m.w.N.).
15
b) Es ist den Urteilsgründen jedoch nicht zu entnehmen, dass die Strafkammer (jeweils) von einem fehlgeschlagen Versuch ausgegangen wäre.

16
Allerdings stellt sie Erwägungen darüber an, wie lange genau der Angeklagte das Kind geschüttelt hat. Sachverständig beraten geht sie davon aus, dass - auch angesichts des Gewichts des Kindes - ein Erwachsener das Kind so heftig wie festgestellt zehn oder maximal 20 Sekunden geschüttelt haben kann, danach würde er ermüden und könnte nicht länger schütteln. „Zu Gunsten des Angeklagten“, so die Strafkammer, gehe sie davon aus, dass er zehn Sekunden geschüttelt habe, offenbar weil er dann ermüdet gewesen sei. Wenn mit alledem zum Ausdruck gebracht sein sollte, es läge ein fehlgeschlagener Versuch vor, weil der Angeklagte das Kind so lange geschüttelt habe, wie er konnte, bestünden allerdings Bedenken. Ein Versuch ist (unter anderem) dann nicht gescheitert, wenn sie der Täter zwar auf der Stelle kurzfristig nicht fortsetzen kann, ihm dies aber ohne nennenswerte zeitliche Zäsur möglich bleibt (BGH, Beschl. vom 27. November 2002 - 1 StR 462/02 m.w.N. = NStZ-RR 2003, 199 ; BGHSt aaO m.w.N.). Dass ein junger, zur Tatzeit 22 oder 23 Jahre alter Mann, selbst wenn er wegen Ermüdung einen Säugling nicht länger als zehn oder 20 Sekunden schütteln kann, nicht alsbald wieder so zu Kräften käme, dass er weiter schütteln könnte, wenn er dies will, versteht sich jedenfalls nicht von selbst. Im Übrigen ist jedenfalls im zweiten Fall der Versuch schon deshalb nicht fehlgeschlagen, weil das Kind ohne die späteren intensivmedizinischen Maßnahmen an den Folgen des Schüttelns gestorben wäre. Der Senat versteht die Urteilsgründe jedoch nicht so, dass die Strafkammer deshalb den Rücktritt nicht prüft, weil sie die Versuche wegen Ermüdung als endgültig gescheitert ansehen würde. Abgesehen davon, dass dies nicht ausdrücklich ausgeführt ist, spricht gegen diese Annahme insbesondere, dass die Strafkammer in diesem Zusammenhang die von ihr als wesentlich angesehene Frage in den Mittelpunkt stellt, ob der Angeklagte nach zehn oder erst nach 20 Sekunden ermüdet war, was - allenfalls - für die Frage der Intensität der Handlung bedeut- sam sein mag, für die Frage eines gescheiterten Versuchs aber bedeutungslos ist.
17
Im Übrigen bemerkt der Senat in diesem Zusammenhang, dass es jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheint, dass der Täter in derartigen Fällen zu schütteln aufhört, weil das Kind still geworden ist und er deshalb sein eigentliches Ziel erreicht hat: „Das Fatale bei dem Schütteltrauma ist, dass der von dem Täter/der Täterin intendierte Erfolg, dass der Säugling endlich aufhört zu schreien, aufgrund der Schädigungen sofort eintritt“ (Schneiders/Schröder aaO 735). Die unterbliebene Erörterung dieser Möglichkeit durch die Strafkammer stellt jedoch keine den Bestand des Urteils gefährdende Lücke dar, weil die (etwaige) Feststellung, der Angeklagte habe zu Schütteln aufgehört, weil das Kind nicht mehr geschrien hat, keine notwendigen - zumal nicht den Angeklagten entlastende - Schlüsse darüber ergibt, welche Vorstellungen er über die bisherigen Folgen des Schüttelns hatte.
18
c) Liegt kein fehlgeschlagener Versuch vor, so kommt es hinsichtlich des Rücktritts darauf an, ob ein unbeendeter oder ein beendeter Versuch vorliegt. Dies richtet sich nach der Vorstellung, die der Täter zu dem Zeitpunkt hat, zu dem er auf die ihm mögliche Weiterführung der Tat verzichtet („Rücktrittshorizont“ ; st. Rspr. seit BGHSt 33, 295 ff. unter Hinweis auf BGHSt 31, 170). Geht er davon aus, sein bisheriges Handeln reiche nicht aus, den Erfolg der Tat herbeizuführen , so läge ein unbeendeter Versuch vor; für einen strafbefreienden Rücktritt genügt dann freiwilliges Nichtweiterhandeln (§ 24 Abs. 1 Satz 1, 1. Alternative StGB). Glaubt er dagegen, sein bisheriges Verhalten werde zum Erfolg der Tat führen - oder macht er sich überhaupt keine Vorstellungen hierüber (vgl. BGHSt 40, 304, 306) - so liegt ein beendeter Versuch vor. Strafbefreiender Rücktritt verlangt dann, dass er erfolgreiche Bemühungen entfaltet, um den drohenden Eintritt des (schädlichen) Erfolgs seiner Tat zu verhindern (§ 24 Abs. 1 Satz 1, 2. Alternative StGB).
19
d) Ein auf erfolgreichen Rettungsbemühungen beruhender Rücktritt (vom beendeten Versuch) liegt offensichtlich nicht vor.
20
e) Grundvoraussetzung für die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts wäre daher, dass der Angeklagte nach dem Schütteln geglaubt hätte, tödliche Folgen würden schon allein deshalb ausbleiben, weil er nicht weiter schüttelte. Hiervon brauchte die Strafkammer nicht auszugehen:
21
Der Angeklagte wusste nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen beim Schütteln, dass dieses tödliche Folgen haben konnte, und nahm dies billigend in Kauf.
22
In tatsächlicher Hinsicht unterscheidet sich eine solche Gewalthandlung von vielen anderen Gewalthandlungen insoweit, als ihre Auswirkungen nicht ohne weiteres äußerlich erkennbar sind; ebenso wenig muss der tödliche Erfolg in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der todesverursachenden Handlung stehen, sondern er kann - wie es hier ohne die Rettungsmaßnahmen der Fall gewesen wäre - auch etliche Tage später noch eintreten. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, an welche realen Gesichtspunkte die Annahme anknüpfen könnte, der Angeklagte habe bei Beendigung des Schüttelns geglaubt , dass die von ihm beim Schütteln noch für möglich gehaltenen Folgen jetzt doch nicht eintreten sollten. Auch er selbst hat sich weder innerhalb noch außerhalb des Verfahrens je in diesem Sinne geäußert. Bei einer solchen Beweislage sind präzise Feststellungen über eine sogenannte innere Tatsache - also darüber, was der Angeklagte, ohne dies erkennbar werden zu lassen, geglaubt oder nicht geglaubt hat - offenbar nicht möglich.
23
Allerdings ist der Zweifelssatz auch auf das Vorliegen von Rücktrittsvoraussetzungen anzuwenden, wenn bei einer Gesamtbeurteilung der Tatsachen keine eindeutigen Feststellungen getroffen werden können. Jedoch ist es - auch - in diesem Zusammenhang nicht zulässig, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für die es keinerlei konkrete Anhaltspunkte gibt (st. Rspr. vgl. d. N. oben II 1 c; speziell zum Rücktritt vgl. BGH, Urt. vom 13. März 2008 - 4 StR 610/07; vgl. hierzu zusammenfassend auch Leipold/Beukelmann NJW-Spezial 2008, 281). All dies führt auch bei einem (wie hier) schweigenden beziehungsweise pauschal bestreitenden Angeklagten nicht zu einer mit dem Schuldprinzip kollidierenden Beweislastumkehr, sondern ist notwendige Folge der Verpflichtung des Gerichts, gemäß § 261 StPO seine Überzeugung aus dem Gang der Hauptverhandlung zu schöpfen (vgl. BVerfG, Beschl. vom 8. November 2006 - 2 BvR 1378/06; BGH NJW 2007, 2274).
24
Kann aber eine Vorstellungsänderung des Angeklagten als auf nichts gestützte und daher nur denktheoretische Möglichkeit schon im Ansatz nicht tragfähige Grundlage ihn begünstigender Schlussfolgerungen sein, so brauchte die Strafkammer diese Möglichkeit auch nicht ausdrücklich zu erörtern.
25
4. Auch im Übrigen ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei.
26
5. Ebenso hält auch der Strafausspruch rechtlicher Überprüfung Stand. Anzumerken ist insoweit nur folgendes: Die Strafkammer führt näher aus, dass gegen den Angeklagten 1997 ein Verfahren wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 45 JGG behandelt wurde (eingetragen im Erziehungsregister gem. § 60 Abs. 1 Nr. 7 BZRG) und dass er in einem weiteren Verfahren wegen Sachbeschädigung 2002 vom Jugendrichter verwarnt wurde (eingetragen im Erziehungsregister gem. § 60 Abs. 1 Nr. 2 BZRG). Weitere Vorahndungen gibt es nicht. Ausweislich der Urteilsgründe sind diese Feststellungen auf einen mehrere Monate vor der Hauptverhandlung erhobenen Auszug aus dem Bundeszentralregister gestützt. Da der Angeklagte aber zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits das 24. Lebensjahr vollendet hatte, waren die genannten Eintragungen im Erziehungsregister gemäß § 63 Abs. 1 und 2 BZRG bereits entfernt und durften gemäß § 63 Abs. 4 BZRG i.V.m. § 51 Abs. 1 BZRG nicht mehr zum Nachteil des Angeklagten verwendet werden (BGHR BZRG § 60 Erziehungsregister 1 m.w.N.; § 63 Verwertung 1). Nachdem die Strafkammer jedoch diese Vorahndungen ausschließlich unter der Überschrift „Strafmilderungsgründe“ bewertet und dort ausführt, dass sie „allesamt noch dem Jugendrecht unterfielen, nicht einschlägig (sind) und … bereits längere Zeit zurück(liegen)“, kann der Senat ausschließen, dass sich der aufgezeigte Mangel zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Der Senat hat daher zu der andernfalls nahe liegenden Prüfung, ob die Strafe als angemessen i.S.d. § 354 Abs. 1a StPO anzusehen ist, keine Veranlassung.
Herr RiBGH Dr. Boetticher befindet sich in Urlaub und ist deshalb an der Unterschrift gehindert. Nack Wahl Nack Graf Sander

War der Totschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem getöteten Menschen zum Zorn gereizt und hierdurch auf der Stelle zur Tat hingerissen worden oder liegt sonst ein minder schwerer Fall vor, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).