Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2018 - 5 StR 358/18

bei uns veröffentlicht am24.09.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 358/18
vom
24. September 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
ECLI:DE:BGH:2018:240918B5STR358.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. September 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision desAngeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28. März 2018 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat: Das Landgericht hat zu Recht (auch) die Voraussetzungen des Regelbeispiels des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB bejaht. Zwar hat nur der nicht revidierende Mitangeklagte den Beischlaf mit der Geschädigten vollzogen, während der Angeklagte diese zur Ermöglichung der Vergewaltigung festhielt. Seit der Neufassung des § 177 StGB durch das 50. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 4. November 2016 (BGBl. I S. 2460) genügt es aber, dass der Täter den Beischlaf mit dem Opfer „vollziehen lässt“. Durch diese Erweiterung des Tatbestandes sollten – „zusätzlich“ zu den schon bisher unter Strafe gestellten sexuellen Handlungen des Täters selbst (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. April 1999 – 4 StR 3/99, BGHR StGB § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Mittäter 1) – der Beischlaf oder ähnliche sexuelle Handlungen erfasst werden, die „das Opfer an einem Dritten … vornimmt“ (vgl. BT-Drucks. 18/9097, S. 28). Trotz der sprachlichen Ungenauigkeit folgt daraus, dass anders als nach § 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF das Regelbeispiel der Vergewaltigung im Sinne des § 177 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 StGB nach dem Willen des Gesetzgebers keine eigenhändige Verwirklichung voraussetzt. Es genügt, wenn – wie hier – ein Mittäter den Beischlaf mit dem Opfer vollzieht (vgl. MüKo-StGB/Renzikowski, 3. Aufl., § 177 Rn. 144; BeckOK-StGB/Ziegler, Stand 1. Januar 2018, § 177 Rn. 48; Burhoff StRR 2017, Heft 4, S. 6, 8; so schon zum früheren Recht NK-Frommel, StGB, 5. Aufl., § 177 Rn. 61, 120; aA – jedoch jeweils ohne erkennbare Auseinandersetzung mit der geänderten Gesetzeslage – Fischer, StGB, 65. Aufl., § 177 Rn. 156, SK-StGB/Wolters/Noltenius, 9. Aufl., § 177 Rn. 96). Der Gesetzgeber hat mit dieser Änderung in der Sache den gemäß § 177 StGB in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 23. November 1973 (BGBl. I S. 1725) geltenden Rechtszustand wiederhergestellt, wonach sich das für eine Vergewaltigung erforderliche tatbestandsmäßige Verhalten auf eine Handlung beschränken konnte (wie etwa hier auf eine Nötigung durch Gewalt), die einem anderen den Beischlaf ermöglicht (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 1977 – 1 StR 273/77, BGHSt 27, 205, 206).
Sander König RiBGH Dr. Berger ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander Mosbacher RiBGH Köhler ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. Sander

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2018 - 5 StR 358/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2018 - 5 StR 358/18

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2018 - 5 StR 358/18 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 177 Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung


(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freihei

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2018 - 5 StR 358/18 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2018 - 5 StR 358/18.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Jan. 2020 - 5 StR 333/19

bei uns veröffentlicht am 09.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 333/19 vom 9. Januar 2020 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. wegen schwerer Vergewaltigung u.a. ECLI:DE:BGH:2020:090120U5STR333.19.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Si

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn

1.
der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
2.
der Täter ausnutzt, dass die Person auf Grund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
3.
der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
4.
der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
5.
der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn die Unfähigkeit, einen Willen zu bilden oder zu äußern, auf einer Krankheit oder Behinderung des Opfers beruht.

(5) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
2.
dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
3.
eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.

(6) In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1.
der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder
2.
die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

(7) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
2.
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
3.
das Opfer in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt.

(8) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet oder
2.
das Opfer
a)
bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(9) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 4 und 5 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 7 und 8 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.