Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2008 - III ZB 54/08
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 28. Februar 2008 - 3 O 288/06 - gewährt.
Die Sache wird zur Verhandlung und Entscheidung über die Berufung der Beklagten an das Berufungsgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens vorbehalten bleibt.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 104.300 € festgesetzt.
Gründe:
I.
- 1
- Das Landgericht hat durch das den Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 6. März 2008 zugestellte Urteil das der Beklagten nachteilige Versäumnisurteil aufrechterhalten. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt mit einem an das Landgericht adressierten Schriftsatz, der dort am Montag, dem 7. April 2008, und nach Weiterleitung am 11. April 2008 beim Oberlandesgericht einging. Vom Landgericht auf die falsche Adressierung der Berufungsschrift aufmerksam gemacht, hat die Beklagte mit einem beim Oberlandesgericht am 18. April 2008 eingegangenem Schriftsatz erneut Berufung eingelegt, diese begründet und beantragt, ihr wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
- 2
- Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Beklagte vorgetragen und glaubhaft gemacht: Die erfahrene, seit 2005 bei ihren Prozessbevollmächtigten zuverlässig tätige Rechtsanwaltsfachangestellte D. habe am 7. April 2008 auftragsgemäß den Entwurf der Berufungsschrift nach Diktat gefertigt und zur Durchschrift und Unterzeichnung dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt vorgelegt. Dieser habe auf der ersten Seite der zweiseitigen Berufungsschrift zwei Fehler entdeckt, zum einen die falsche Adressierung an das Landgericht und zum anderen einen Rechtschreibfehler im Namen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Der Rechtsanwalt habe auf dem ersten Blatt handschriftlich vermerkt, was zu korrigieren sei, und die Berufungsschrift auf dem zweiten, nicht korrekturbedürftigen Blatt unterzeichnet. Entsprechend einer allgemein erteilten Kanzleianweisung habe er seine Mitarbeiterin angewiesen, das erste Blatt gemäß den Vermerken zu korrigieren und ihm den Schriftsatz anschließend erneut zur Durchsicht vorzulegen. Die Mitarbeiterin habe den Namen der Prozessbevollmächtigten der Gegenseite korrigiert, die Berichtigung der Adresse aber vergessen, weil sie bei ihrer Korrekturarbeit durch mehrere Mandantenanrufe unterbrochen worden sei. Da sie den Rechtsanwalt nicht in einer Besprechung habe stören wollen, habe sie ihm die Berufungsschrift nicht noch einmal vorgelegt, sondern diese vor Verlassen des Büros an das Landgericht per Telefax übermittelt und in den Postgang gegeben.
- 3
- Durch den angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Rechtsbeschwerde.
II.
- 4
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
- 5
- 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Nach § 574 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. ZPO ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Denn die angefochtene Entscheidung verletzt - wie sich aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt - die Verfahrensgrundrechte der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechts- staatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Sie steht zudem nicht in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
- 6
- 2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Das Oberlandesgericht hat zu Unrecht der Beklagten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist versagt.
- 7
- a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe infolge eines ihr zuzurechnenden Verschuldens ihres Prozessbevollmächtigten die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt. Zwar dürfe sich ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf verlassen, dass Kanzleiangestellte, die fachlich ausgebildet seien und sich bisher als zuverlässig erwiesen hätten, allgemein oder speziell erteilte Weisungen beachteten. Gleichwohl müssten geeignete organisatorische Vorkehrungen getroffen werden, um die irrtümliche Versäumung von Fristen zu verhindern. Das Fehlen eines solchen Sicherungssystems, insbesondere eines Fristenkalenders, bedeute einen entscheidenden Organisationsmangel. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass im Büro ihrer Prozessbevollmächtigten ein Fristenkalender geführt werde und die Weisung bestanden habe, vor Herausgabe eines fristgebundenen Schriftsatzes anhand des Fristenkalenders zu kontrollieren , ob er richtig adressiert worden sei. Wenn diese Kontrolle durchgeführt worden wäre, hätte der Rechtsanwaltsfachangestellten auffallen müssen, dass das in der Berufungsschrift noch immer als Rechtsmittelgericht angegebene "Landgericht Wuppertal" nicht übereinstimmte mit der Rechtsmittelinstanz, die im Fristenkalender zutreffend mit "Oberlandesgericht Düsseldorf" hätte eingetragen sein müssen. Die der Rechtsanwaltsfachangestellten erteilte Einzelanweisung habe den Irrtum nicht zuverlässig verhindern können.
- 8
- b) Damit hat das Berufungsgericht Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten gestellt, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in Fällen der vorliegenden Art nicht verlangt werden.
- 9
- Das aa) Berufungsgericht hat übersehen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle einer Fristversäumung den Rechtsanwalt ein der Partei zurechenbares Verschulden nicht trifft, wenn er einer bislang zuverlässigen Kanzleiangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Grundsätzlich trägt der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung dafür, dass die Rechtsmittelschrift rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Demgemäß muss er sich bei Unterzeichnung dieses Schriftsatzes davon überzeugen, dass er zutreffend adressiert ist (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 - III ZB 82/02 - NJW-RR 2003, 934, 935 unter 2. b; BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1982 - VIII ZR 76/81 - NJW 1982, 2670 unter 2. b aa m.w.N.; vom 6. Mai 1992 - XII ZB 39/92 - VersR 1993, 79 m.w.N.; vom 29. Juli 2003 - VIII ZB 107/02 - NJOZ 2003, 2736, 2737 unter II. 2.). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist dieser Pflicht nachgekommen und hat seiner Mitarbeiterin die klare Anweisung erteilt, die Bezeichnung des Berufungsgerichts zu korrigieren. Ihm kann auch nicht als Verschulden vorgehalten werden, dass er die Berufungsschrift vor der von ihm für erforderlich gehaltenen Korrektur unterzeichnet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 aaO m.w.N.; BGH, Beschlüsse vom 4. November 1981 - VIII ZB 59, 60/81 - NJW 1982, 2670, 2671 unter 2. b; vom 10. Februar 1982 aaO unter 2. b bb, cc; vom 29. Juli 2003 aaO).
- 10
- bb) In einem solchen Fall darf der Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich - wie hier - bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelfallanweisung befolgt. Ihn trifft unter diesen Umständen nicht die Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 aaO m.w.N.; BGH, Beschlüsse vom 4. November 1981 aaO; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 unter II. 2. m.w.N.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823 unter II.; vom 29. Juli 2003 aaO; vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - NJW-RR 2004, 711, 712 unter II. m.w.N.). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten war daher nicht verpflichtet, die ordnungsgemäße Ausführung der Korrektur zu überprüfen. Die Anforderungen an die anwaltliche Sorgfalt würden überspannt, wollte man verlangen, dass er bei einer Angestellten, an deren Zuverlässigkeit keine Zweifel bestanden, die Vornahme einer einfachen Berichtigung der falschen Adressierung zu kontrollieren (BGH, Beschluss vom 4. November 1981 aaO). Ein Verschulden kann einem Rechtsanwalt in einer solchen Konstellation dann vorgeworfen werden, wenn er den ihm zum zweiten Mal vorgelegten und immer noch fehlerhaften Berufungsschriftsatz unterzeichnet, ohne ihn zuvor auf Richtigkeit und Vollständigkeit überprüft zu haben (BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 1992 aaO; vom 29. Juli 2003 aaO). So liegt der Fall hier nicht. Im Übrigen ist eine besondere Kontrolle nur dann erforderlich, wenn die Rechtsmittelschrift mehrere für die Zulässigkeit relevante Fehler enthielt (BGH, Beschlüsse vom 18. Oktober 1994 - XI ZB 10/94 - NJW 1995, 263, 264 unter II.; vom 29. Juli 2003 aaO; vom 9. Dezember 2003 aaO). Eine solche Häufung von zulässigkeitsrelevanten Fehlern wies die von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten unterzeichnete Berufungsschrift nicht auf. Für die Zulässigkeit der Berufung bedeutsam war nur die Adressierung an das unzuständige Gericht, nicht aber der Schreibfehler in der Bezeichnung der Prozessbevollmächtigten der Berufungsbeklagten.
- 11
- cc) Ein Verschulden kann dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten auch nicht deshalb angelastet werden, weil er nichts unternahm, nachdem ihm seine Mitarbeiterin entgegen seiner Weisung den Schriftsatz vor der Versendung nicht noch einmal zur Durchsicht vorgelegt hatte. Eine solche, über das gebotene Maß hinausgehende Anordnung kann nicht zu einer Verschärfung der den Rechtsanwalt treffenden Sorgfaltspflichten führen (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2006 - XII ZB 99/06 - NJW 2007, 1455, 1456 Rn. 8 m.w.N.). Demnach musste der Prozessbevollmächtigte der Beklagten die von ihm erteilte Einzelanweisung, ihm die Berufungsschrift nochmals zur Korrektur vorzulegen, nicht in Erinnerung behalten, sondern konnte sich darauf verlassen, dass seine Mitarbeiterin die Bezeichnung des Berufungsgerichts weisungsgemäß berichtigen werde.
- 12
- dd) Unerheblich für die Entscheidung über das Wiedereinsetzungsgesuch ist die vom Berufungsgericht in den Vordergrund gestellte Frage, wie die Fristen- und Ausgangskontrolle im Büro der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausgestaltet war. Das Berufungsgericht stellt in diesem Zusammenhang zu Unrecht darauf ab, dass bei ordnungsgemäßer Führung eines Fristenkalenders aufgefallen wäre, dass der Berufungsschriftsatz ohne Freigabe durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten an das falsche Gericht gesandt worden war. Es überspannt in seinem rechtlichen Ausgangspunkt die Anforderungen an die ordnungsgemäße Führung eines Fristenkalenders, wenn es fordert, darin müsse auch das zuständige Rechtsmittelgericht eingetragen sein. Der Fristenkalender dient dazu, den Rechtsanwalt rechtzeitig an die Erledigung einer fristgebundenen Sache zu erinnern. Dazu ist es nicht erforderlich, im Fristenkalender das zuständige Rechtsmittelgericht einzutragen. Dieses hat vielmehr der Rechtsanwalt selbst zu ermitteln.
- 13
- ee) Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung des vom Berufungsgericht zitierten Senatsbeschlusses vom 4. April 2007 (III ZB 85/06 - NJW-RR 2007, 1430, 1431 Rn. 9 m.w.N.) geboten. Diese Entscheidung betraf einen Fall, in dem der Prozessbevollmächtigte mündlich eine Einzelanweisung zum Versand eines Schriftsatzes per Telefax erteilt hatte, ohne Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass diese Anweisung in Vergessenheit geraten konnte. Als geeignete Vorkehrung hat der Senat die allgemeine Anordnung, sofort nach der mündlichen Weisung im Fristenkalender einen Vermerk über die gebotene Versendung per Fax anzubringen, genannt. Eine derartige Anordnung wäre hier nicht geeignet gewesen, die Versendung des Schriftsatzes an das unzuständige Gericht zu verhindern. Zudem hatte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten seiner Mitarbeiterin nicht nur mündlich aufgegeben, die Berufungsschrift zu korrigieren, sondern seine Korrekturanweisung auf dem zu korrigierenden Schriftsatz schriftlich vermerkt. Seine Einzelanweisung war auch nicht in Vergessenheit geraten. Die Rechtsanwaltsgehilfin hatte mit der Berichtigung der Berufungsschrift begonnen und dabei von beiden ihr aufgegebenen Korrekturen gerade die zulässigkeitsrelevante nicht vorgenommen. Gegen ein solches Versehen konnte und musste der Prozessbevollmächtigte der Beklagten keine Vorkehrungen treffen.
- 14
- c) Der rechtzeitig gestellte Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten ist daher begründet. Darüber kann der Senat gemäß § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO selbst entscheiden, weil das Berufungsgericht an der Richtigkeit des zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs vorgetragenen Sachverhalts keinen Zweifel hatte. Danach ist die Versäumung der Berufungsfrist auf ein der Beklagten nicht zuzurechnendes Verschulden der erfahrenen und ansonsten zuverlässig arbeitenden sowie ordnungsgemäß angewiesenen Rechtsanwaltsgehilfin ihrer Prozessbevollmächtigten zurückzuführen.
- 15
- DasBerufungsgerichtwir d nunmehr in der Sache über die Berufung der Beklagten zu entscheiden haben.
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 28.02.2008 - 3 O 288/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.05.2008 - I-24 U 77/08 -
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2008 - III ZB 54/08
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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Das Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung ist mit dem Verfahren über die nachgeholte Prozesshandlung zu verbinden. Das Gericht kann jedoch das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken.
(2) Auf die Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrags und auf die Anfechtung der Entscheidung sind die Vorschriften anzuwenden, die in diesen Beziehungen für die nachgeholte Prozesshandlung gelten. Der Partei, die den Antrag gestellt hat, steht jedoch der Einspruch nicht zu.
(3) Die Wiedereinsetzung ist unanfechtbar.
(4) Die Kosten der Wiedereinsetzung fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Dem Beklagten wird wegen der Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 7. Juni 2002 - 29 C 1495/00 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Gründe
I.
Gegen das seinem Prozeßbevollmächtigten am 12. Juni 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat der Beklagte am 24. Juni 2002 Berufung eingelegt. Ein an das Amtsgericht adressierter und dort am 12. August 2002 eingegangener Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um zwei Wochen ging beim Berufungsgericht am 16. August 2002 ein. Nach Hinweis vom 19. August 2002 auf die Verfristung dieses Antrags beantragte der Be-
klagte am 2. September 2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und be- gründete am gleichen Tag seine Berufung.
Das Berufungsgericht hat die Erteilung von Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist versagt und die Berufung als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Zwar hat der Beklagte die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Auf seinen rechtzeitigen Antrag ist ihm jedoch gemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Damit wird der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluß des Berufungsgerichts gegenstandslos.
a) Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt, der durch anwaltliche Versicherung des Prozeßbevollmächtigten und eidesstattliche Versicherung des Rechtsanwaltsfachangestellten J. glaubhaft gemacht worden ist: Der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten diktierte am 12. August 2002 einen Fristverlängerungsantrag, der noch an demselben Tag per Telefax an das Gericht übersendet werden sollte. Die Antrags-
schrift wurde von dem Rechtsanwaltsfachangestellten J. gefertigt und dem Prozeßbevollmächtigten zur Unterschrift vorgelegt. Dem Prozeßbevollmächtigten fiel hierbei auf, daß als Adressat fälschlicherweise das Amtsgericht angeführt war. Daraufhin strich der Prozeßbevollmächtigte den Adressaten durch und setzte das Landgericht als richtigen Adressaten handschriftlich unter die Streichung. Den Schriftsatz unterzeichnete er sodann auf der zweiten Seite und gab dem Rechtsanwaltsfachangestellten die mündliche Weisung, den Adressaten - wie handschriftlich geschehen - zu ändern. Darüber hinaus wies er diesen an, ihm nach der ausgeführten Korrektur den Schriftsatz nochmals zum Gegenlesen vorzulegen. Entgegen dieser Anweisung unterließ der Rechtsanwaltsfachangestellte - eine seit drei Jahren bei dem Prozeßbevollmächtigten beschäftigte, geschulte und zuverlässige Bürokraft, die schriftliche und mündliche Anweisungen immer unverzüglich und fehlerfrei ausführte - die Korrektur und Wiedervorlage. Vielmehr druckte er die erste Seite des Schriftsatzes mit dem Fehler erneut aus und gab den Schriftsatz dann ohne Rücksprache der Bürovorsteherin zur Fristenkontrolle.
b) Das Berufungsgericht sieht ein dem Beklagten zuzurechnendes Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten darin, daß dieser einen als falsch adressiert erkannten Schriftsatz nach handschriftlicher Korrektur unterschrieben habe. Im Hinblick auf den Umstand, daß an diesem Tag die Berufungsbegründungsfrist abgelaufen sei, hätte er den falsch adressierten Schriftsatz vor der Korrektur entweder nicht unterzeichnen dürfen oder er hätte vor Tagesablauf bemerken müssen, daß ihm der Schriftsatz entgegen seiner Weisung nicht vorgelegt worden sei.
Damit werden die Anforderungen an die Sorgfalt eines Prozeßbevollmächtigten überspannt. Zwar trägt ein Anwalt die Verantwortung dafür, daß eine Rechtsmittelschrift rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Insofern muß er sich - wie auch hier geschehen - bei deren Unterzeichnung davon überzeugen, daß sie zutreffend adressiert ist. Der Anwalt darf aber auf der anderen Seite grundsätzlich darauf vertrauen, daß ein Büroangestellter, der sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Ihn trifft unter solchen Umständen nicht die Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (vgl. BGH, Beschluß vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930; Senatsbeschluß vom 31. Oktober 2002 - III ZB 23/02 - Umdruck S. 5). Es kann ihm - wie der Bundesgerichtshof in einem vergleichbaren Fall entschieden hat - unter diesen Umständen auch nicht als Verschulden zugerechnet werden, daß er den Schriftsatz vor der von ihm für erforderlich gehaltenen Korrektur unterzeichnet hat (vgl. BGH, Beschluß vom 10. Februar 1982 - VIII ZB 76/81 - VersR 1982, 471). Dies gilt nicht nur für den Fall einer allgemein erteilten Weisung, wie mit zu korrigierenden Schriftstücken zu verfahren ist, sondern erst recht für eine auf einen speziellen Fall zugeschnittene Einzelweisung, wie sie hier erteilt worden ist.
c) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Berufungsvorschriften kann ein Rechtsanwalt in aller Regel erwarten, daß seinem ersten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entsprochen wird, wenn ein erheblicher Grund im Sinne des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO a.F. geltend gemacht wird (vgl. nur BGH, Beschluß vom 24. Oktober 1996 - VII ZB 25/96 - NJW 1997, 400). Für die Möglichkeit der Verlängerung nach § 520 Abs. 2 Satz 3 ZPO n.F. gilt insoweit
nichts anderes. Daß die Begründungsfrist bei rechtzeitiger Antragstellung – der Antrag wurde mit dem Jahresurlaub des sachbearbeitenden Rechtsanwalts begründet - verlängert worden wäre, ergibt sich ferner aus der Begründung des angefochtenen Beschlusses und aus der anwaltlichen Versicherung des Prozeßbevollmächtigten , ihm sei am Morgen des 12. August 2002 auf telefonische Anfrage zugesagt worden, daß die erbetene Fristverlängerung gewährt werde. Da dem Fristverlängerungsantrag somit zu entsprechen gewesen wäre und die Berufungsbegründung innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO nachgeholt worden ist, kann der Senat selbst dem Beklagten die begehrte Wiedereinsetzung erteilen.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Der Beklagte hat gegen ein ihm nachteiliges landgerichtliches Urteil rechtzeitig am 1. April 1999 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsschrift ist am 4. Mai 1999 beim Berufungsgericht eingegangen. Der Beklagte hat nach Mitteilung dieses Eingangsdatums rechtzeitig Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Er hat unter Vorlage von zwei eidesstattlichen Versicherungen zur Begründung vorgetragen, sein Prozeßbevollmächtigter habe die Berufungsbegründungsschrift am Nachmittag des 3. Mai 1999 der sonst zuverlässigen Kanzleiangestellten L. gesondert mit der ausdrücklichen Anweisung überge-ben, den Schriftsatz sofort an das Berufungsgericht zu faxen, da die Frist am selben Tage ablaufe. Frau L. habe diese Anweisung bestätigt. Anschließend sei sie aber durch ein Telefongespräch so abgelenkt worden, daß sie den Berufungsbegründungsschriftsatz in den normalen Postgang gegeben habe. Bei Dienstschluß habe Frau L. dann die Berufungsbegründungsfrist im Fristenbuch gestrichen und dort einen Erledigungsvermerk angebracht, ohne daß der Schriftsatz per Fax versandt worden war. Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht den Antrag des Beklagten, ihm wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.
II.
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Nach dem glaubhaft gemachten Sachverhalt ist der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten seiner Verpflichtung, für den rechtzeitigen Eingang der Berufungsbegründung zu sorgen, dadurch nachgekommen, daß er der Kanzleiangestellten L. eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Angestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, derartige Weisungen befolgt (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95, NJW 1996, 130; vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97, NJW 1997, 1930; vom 11. Februar 1998 - XII ZB 184/97, NJW-RR 1998, 787, 788). Es besteht keine Verpflichtung, sich anschließend über die Ausführung zu vergewissern.Auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen eines Rechtsanwalts für die Fristwahrung, mit denen sich das Berufungsgericht befaßt hat, kommt es nicht entscheidend an, wenn konkrete Anweisungen erteilt worden sind, die bei Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätten (BGH, Beschluß vom 18. März 1998 - XII ZB 180, 96, NJW-RR 1998, 1360, 1361). Allgemeine Hinweise für das Verhalten im Telefaxverkehr konnten sich ohnedies nicht auswirken, da der Angestellten L. entfallen war, daß die Berufungsbegründung per Telefax zu übermitteln war. Ullmann Thode Haß Wiebel Wendt
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes auf Schadensersatz in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 11. November 2002 zugestellt worden. Am 11. Dezem-ber 2002 hat ihr Prozeßbevollmächtigter zunächst im Namen ihres Ehemannes Berufung eingelegt. Auf den am 30. Dezember 2002 zugegangenen Hinweis des Gerichts hat er am 13. Januar 2003 auch in ihrem Namen Berufung eingelegt und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat die Klägerin vorgetragen , die Bürokraft ihres Prozeßbevollmächtigten, die Rechtsanwaltsfachangestellte F., habe am letzten Tag der Berufungsfrist einen Berufungsschriftsatz gefertigt, in dem fälschlicherweise nicht die Klägerin, sondern deren Ehemann als Berufungsführer aufgeführt gewesen sei. Dieses sei ihrem Prozeßbevollmächtigtem nach der Unterzeichnung aufgefallen. Er habe Frau F. daraufhin angewiesen, das Rubrum zu berichtigen, dazu die erste Seite des Schriftsatzes auszutauschen und die Berufungsschrift anschließend per Fax an das Landgericht zu übermitteln. Zusätzlich habe er auf der zweiten Seite des Schriftsatzes einen gelben Klebezettel mit dem Vermerk angebracht: „falscher Berufungskläger – austauschen H. V.“. Versehentlich habe Frau F. den unterzeichneten Schriftsatz ohne Änderung des Namens des Berufungsklägers an das Gericht gefaxt. Frau F. sei eine geschulte und sehr zuverlässige Angestellte, die, wie regelmäßige Kontrollen durch ihn ergeben hätten, Anweisungen bisher stets sorgfältig und ohne Beanstandungen ausgeführt habe. Der Ehemann der Klägerin hat seine Berufung später zurückgenommen.
Mit dem angefochtenen Beschluß hat das Landgericht die begehrte Wiedereinsetzung versagt und die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Hiergegen haben sowohl die Klägerin als auch ihr Ehemann Rechtsbeschwerde eingelegt. Letzterer hat seine Rechtsbeschwerde zurückgenommen. Die Klägerin hält ihre Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und wegen grundsätzlicher Bedeutung, jedenfalls aber zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig (§ 574 Abs. 2 Ziff. 2 und 1 ZPO).
II.
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin ist gem. §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im übrigen zulässig, denn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Senats (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluß verletzt die Klägerin in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozeßbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen mußte (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004, 1005).
Das Berufungsgericht übersieht, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein der Partei zuzurechnendes Verschulden ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung grundsätzlich nicht gegeben ist, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 -XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60; vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f. und vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (vgl. Senatsbe-
schluß vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH, Beschlüsse vom 23. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930 und vom 27. Februar 2003 - III ZB 82/02 - MDR 2003, 763, 764). So liegt der Fall hier, denn der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin hatte seiner Angestellten F. konkret aufgetragen, die von ihm unterzeichnete Berufungsschrift zu berichtigen , dazu die erste Seite des Schriftsatzes auszutauschen und die Berufungsschrift anschließend per Fax an das Landgericht zu übermitteln. Hätte Frau F. diese Einzelanweisung befolgt, wäre die Berufungsfrist gewahrt worden.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts traf den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin nicht die Pflicht, die ordnungsgemäße Ausführung der Korrektur zu überprüfen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1982 - VIII ZB 76/81 - VersR 1982, 471 und vom 27. Februar 2003 - III ZB 82/02 - aaO). Eine besondere Kontrolle wäre allenfalls dann notwendig gewesen, wenn die Rechtsmittelschrift mehrere für die Zulässigkeit relevante Fehler aufgewiesen hätte (vgl. BGH, Beschluß vom 18. Oktober 1994 - X ZB 10/94 - VersR 1995, 558). Das war hier nicht der Fall. Wenn die Berufungsschrift entsprechend der Anordnung des Prozeßbevollmächtigten korrigiert worden wäre, hätte sie den sich aus § 519 ZPO ergebenden Anforderungen genügt. Insbesondere wäre die Klägerin als Partei des Berufungsverfahrens hinreichend deutlich bezeichnet gewesen. Dem steht nicht entgegen, daß es auf der zweiten Seite der Rechtsmittelschrift heißt, die Berufung werde "namens des Berufungsklägers“ eingelegt. Mängel der Parteibezeichnung in Rechtsmittelschriften sind unbeachtlich, wenn sie in Anbetracht der jeweiligen Umstände keinen vernünftigen Zweifel an der Person des Rechtsmittelklägers oder des Rechtsmittelbeklagten offenlassen (Senatsbeschluß vom 7. November 1995 - VI ZB 12/95 - VersR 1996, 251; Senatsurteile vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - VersR 1999, 900 und vom 19. Februar 2002 - VI ZR 394/00 -
VersR 2002, 777). Wenn die Partei eines Berufungsverfahrens namentlich und mit zutreffender Angabe ihrer Wohnungsanschrift benannt wird, ist es für ihre Identifizierung grundsätzlich ohne Belang, wenn sie statt als "Berufungsklägerin“ versehentlich als "Berufungskläger“ bezeichnet wird. Wie die Rechtsbeschwerde zutreffend geltend macht, hätten im Streitfall bei ordnungsgemäßer Ausführung der angeordneten Korrektur der Rechtsmittelschrift keine vernünftigen Zweifel daran bestanden, daß die Berufung im Namen der Klägerin eingelegt werden sollte.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.