Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2013 - XII ZB 47/10

bei uns veröffentlicht am05.06.2013
vorgehend
Landgericht Dortmund, 3 O 24/09, 25.08.2009
Oberlandesgericht Hamm, 7 U 84/09, 15.12.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 47/10
vom
5. Juni 2013
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 233 (Fd, Gc)
Zur nicht beachteten Einzelweisung eines Rechtsanwalts an seine Angestellte,
die Adressierung einer Rechtsmittelschrift an das Rechtsmittelgericht zu korrigieren.
BGH, Beschluss vom 5. Juni 2013 - XII ZB 47/10 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer,
Schilling und Dr. Nedden-Boeger

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. Dezember 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 16.215 €

Gründe:


I.

1
Die Klägerin hat den Beklagten auf Zahlung rückständiger Miete in Anspruch genommen; der Beklagte hat widerklagend Rückzahlung einer Kaution sowie erbrachter Mietzahlungen begehrt. Das die Klage abweisende und der Widerklage im Wesentlichen stattgebende Urteil des Landgerichts ist der Klägerin zu Händen ihres erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 14. September 2009 zugestellt worden. Die an das Landgericht gerichtete Berufung der Klägerin ist dort per Fax am 14. Oktober 2009 eingegangen. Nach Weiterleitung durch das Landgericht ist die Berufung am 22. Oktober 2010 bei dem Oberlandesgericht eingegangen.
2
Mit Schriftsatz vom 10. November 2009 hat der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Niederlegung des Mandats mitgeteilt. Am Montag, dem 16. November 2009, hat er beantragt, die Berufungsbegründungsfrist zu verlängern. Mit Schriftsatz vom 23. November 2009 haben sich andere Rechtsanwälte für die Klägerin bestellt. Am 27. November 2009 hat der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen , die Berufungsschrift sei entgegen seiner Bestimmung unzutreffend adressiert worden. Bei Unterzeichnung der Berufungsschrift habe er bemerkt, dass das Landgericht als Adressat der Berufung eingefügt worden sei. Daraufhin habe er die seit Jahren als zuverlässig bekannte Büroleiterin damit beauftragt , die Anschrift zu korrigieren. Diese Korrektur sei irrtümlich unterblieben. Zur Glaubhaftmachung sind die Angaben anwaltlich versichert worden.
3
Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen und die Berufung verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
5
1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung sei nicht innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 517 ZPO bei dem Oberlandesgericht eingegangen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist sei unbegründet. Dabei könne dahinstehen, ob der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte nach der Anzeige der Mandatsniederlegung und der Bestellung der neuen Prozessbevollmächtigten überhaupt noch als handlungsbefugt für die Klägerin habe gelten können. Denn der Begründung des Antrags lasse sich nicht entnehmen, dass die Klägerin ohne ein ihr zuzurechnendes Verschulden des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten an der Wahrung der Berufungsfrist gehindert gewesen sei. Zwar sei er der Verpflichtung nachgekommen, sich bei Unterzeichnung der Berufungsschrift davon zu überzeugen, dass der Schriftsatz richtig adressiert sei. Nach Feststellung des Fehlers habe er seiner Mitarbeiterin die Anweisung erteilt, die Bezeichnung des Berufungsgerichts zu korrigieren. Bei einer nur mündlich erteilten Anweisung, die einen wichtigen Vorgang betreffe, müssten aber ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass sie nicht in Vergessenheit gerate und unterbleibe. Vor dem Hintergrund, dass entgegen der Anweisung eine unzutreffende Adressierung vorgenommen worden sei, habe hierzu in besonderem Maß Anlass bestanden. Deshalb treffe den Prozessbevollmächtigten ein Verschulden , das die Klägerin sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Es fehlt indessen an den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich im Rahmen der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und verletzt die Klägerin auch nicht in ihren Verfahrensgrundrechten.
7
a) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt hat. Die Berufung ist aufgrund der falschen Adressierung erst nach Ablauf der Berufungsfrist von einem Monat (§ 517 ZPO) bei dem Oberlandesgericht eingegangen.
8
b) Das Berufungsgericht hat auch das Wiedereinsetzungsgesuch zu Recht zurückgewiesen.
9
aa) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch,dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittelfrist bei dem zuständigen Gericht eingeht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 28; vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 FamRZ 2011, 1389 Rn. 8 und BGH Beschluss vom 4. Dezember 1991 - VIII ZB 34/91 - VersR 1992, 1023 f.). Entgegen diesen Anforderungen hat der Klägervertreter das Rechtsmittel nicht an das zuständige Oberlandesgericht, sondern an das Landgericht gesandt, weshalb es verspätet bei dem zuständigen Oberlandesgericht eingegangen ist.
10
bb) Ein Rechtsanwalt darf allerdings grundsätzlich darauf vertrauen, dass seine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Deshalb ist er im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 29; vom 21. April 2010 - XII ZB 64/09 - FamRZ 2010, 1067 Rn. 11 und vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09 - VersR 2011, 89 Rn. 16; BGH Beschluss vom 2. November 1995 - VII ZB 13/95 - VersR 1996, 779).
11
Die Anfertigung einer Rechtsmittelschrift gehört aber zu den Aufgaben, die der Rechtsanwalt seinem angestellten Büropersonal nicht übertragen darf, ohne das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 30; BGH Beschlüsse vom 25. Juni 1986 - IVa ZB 8/86 - VersR 1986, 1209 und vom 29. April1982 - I ZB 2/82 - VersR 1982, 769 f.). Die Aufgabe darf in einem so gewichtigen Teil wie der Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts auch gut geschultem und erfahrenem Büropersonal eines Rechtsanwalts nicht eigenverantwortlich überlassen werden. Der Prozessbevollmächtigte einer Partei muss die Rechtsmittelschrift deswegen vor der Unterzeichnung auf die Vollständigkeit, darunter auch auf die richtige Bezeichnung des Rechtsmittelgerichts, überprüfen (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 30 und vom 1. Februar 2012 - XII ZB 298/11 - FamRZ 2012, 621 Rn. 11; BGH Beschluss vom 8. Dezember 1992 - VI ZB 33/92 - VersR 1993, 1381 f.).
12
Auch bei einem so wichtigen Vorgang wie der Anfertigung einer Rechtsmittelschrift darf der Rechtsanwalt aber einer zuverlässigen Büroangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilen, deren Ausführung er grundsätzlich nicht mehr persönlich überprüfen muss (BGH Beschluss vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08 - FamRZ 2009, 109 Rn. 9 f.). Wird die Anweisung nur mündlich erteilt, müssen allerdings ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen werden , dass die Erledigung in Vergessenheit gerät (Senatsbeschlüsse vom 8. Februar 2012 - XII ZB 165/11 - FamRZ 2012, 623 Rn. 31; vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132, Rn. 19; vom 19. November 2008 - XII ZB 102/08 - FamRZ 2009, 217 Rn. 14 und vom 2. April 2008 - XII ZB 190/07 - FuR 2008, 344 Rn. 12 ff.). Auch in diesem Fall genügt die klare und präzise Anweisung , die Erledigung sofort vorzunehmen, insbesondere wenn zudem eine weitere allgemeine Büroanweisung bestand, einen solchen Auftrag stets vor allen anderen auszuführen. Die Gefahr, dass eine solche sofort auszuführende Weisung sogleich vergessen oder aus sonstigen Gründen nicht befolgt wird, macht eine nachträgliche Kontrolle ihrer Ausführung dann nicht erforderlich (Senatsbeschlüsse vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 Rn. 20 und vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338 Rn. 14 f. mwN; BGH Beschluss vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08 - NJW 2009, 1083 Rn.16).
13
cc) Solche zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen hat die Klägerin mit ihrem Wiedereinsetzungsgesuch weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ihre Ausführungen beschränken sich darauf, dass die Büroleiterin mit der Korrektur der fehlerhaften Adressierung beauftragt worden sei. Nach diesem Sachvortrag kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass die Weisung nur mündlich erteilt worden war und die Absicherung ihrer Ausführung zusätzlicher Vorkehrungen bedurfte. Die vorgenannten Sorgfaltsanforderungen galten im vorliegenden Fall erst recht, weil die zunächst erteilte Anweisung, die Berufungsschrift an das Oberlandesgericht zu adressieren, bereits nicht befolgt worden war.
14
dd) Die mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2009 gegenüber dem Berufungsgericht nachgeholten und mit einer eidesstattlichen Versicherung der Büroleiterin versehenen neuen Angaben der Klägerin sind nicht zu berücksichtigen. Nach § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO muss der Antrag auf Wiedereinsetzung die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Wird - wie im vorliegenden Fall - geltend gemacht, dass die Fristversäumnis auf dem Versehen eines Büroangestellten beruht, so hat die Partei alle Umstände darzulegen und glaubhaft zu machen, die ein Organisations- oder sonstiges Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten ausschließen. Dabei können allerdings erkennbar unklare oder ungenaue Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten ist, auch über die Frist nach §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO hinaus erläutert oder vervollständigt werden (Senatsbeschluss vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 Rn. 24; BGH Beschlüsse vom 4. März 2004 - IX ZB 71/03 - FamRZ 2004, 1552 und vom 29. Januar 2002 - VI ZB 28/01 - BGH-Report 2002, 434).
15
Ein solcher Fall liegt hier indessen nicht vor. Die Angaben im Wiedereinsetzungsgesuch sind - abgesehen von dem genauen Inhalt der erteilten Anweisung - vollständig und klar. Dass darin zusätzliche Sicherungsvorkehrungen nicht angegeben worden sind, lässt für sich genommen noch keine Ergänzungs - oder Erläuterungsbedürftigkeit des Vorbringens erkennen. Wenn der geschilderte Ablauf innerhalb der Kanzleiorganisation der Prozessbevollmächtigten der Klägerin die zu stellenden Sorgfaltsanforderungen nicht vollständig erfüllte, ergibt sich daraus noch nicht, dass dem Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin ergänzungsbedürftig erscheinen musste. Eine Erläuterungsoder Ergänzungsbedürftigkeit wäre etwa dann erkennbar gewesen, wenn bestimmte durch Anweisung festgelegte Arbeitsroutinen beschrieben wären, aus denen sich sowohl eine sorgfaltsgemäße als auch eine sorgfaltswidrige Ausführung ergeben kann. In diesen Fällen darf das Gericht nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die sorgfaltswidrige Alternative nicht entkräftet worden sei, und muss auf eine Aufklärung hinwirken (vgl. BGH Beschlüsse vom 4. März2004 - IX ZB 71/03 - FamRZ 2004, 1552 mwN und vom 29. Januar 2002 - VI ZB 28/01 - BGH-Report 2002, 434 und Senatsbeschluss vom 25. März 2009 - XII ZB 150/08 - FamRZ 2009, 1132 Rn. 25). Es würde aber die Hinweispflicht überspannen, wenn das Berufungsgericht den Antragsteller eines Wiedereinsetzungsgesuchs über Lücken in den von ihm dargelegten Sicherungsvorkehrungen aufzuklären hätte. Das Berufungsgericht kann vielmehr im Zweifel da- von ausgehen, dass der Antragsteller seiner aus § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO ergebenden Verpflichtung zur vollständigen Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen auch nachgekommen ist. Dose Weber-Monecke Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 25.08.2009 - 3 O 24/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.12.2009 - I-7 U 84/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2013 - XII ZB 47/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2013 - XII ZB 47/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder
Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2013 - XII ZB 47/10 zitiert 8 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 139 Materielle Prozessleitung


(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 85 Wirkung der Prozessvollmacht


(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 233 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw

Zivilprozessordnung - ZPO | § 236 Wiedereinsetzungsantrag


(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2013 - XII ZB 47/10 zitiert oder wird zitiert von 33 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2013 - XII ZB 47/10 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Feb. 2012 - XII ZB 298/11

bei uns veröffentlicht am 01.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 298/11 vom 1. Februar 2012 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG §§ 113 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 1 Satz 4; ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 B, Gc Der Verfahrensbevollmächtigte tr

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Feb. 2012 - XII ZB 165/11

bei uns veröffentlicht am 08.02.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 165/11 vom 8. Februar 2012 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO §§ 233 B, Fd, 310 Abs. 1 Satz 1, 311 Abs. 2 a) Ein Urteil wird erst durch seine förmliche Verlautbarun

Bundesgerichtshof Beschluss, 25. März 2009 - XII ZB 150/08

bei uns veröffentlicht am 25.03.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 150/08 vom 25. März 2009 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. März 2009 durch die Richter Sprick und Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina sowie die Richter Dose und Dr.

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Dez. 2009 - XII ZB 154/09

bei uns veröffentlicht am 09.12.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 154/09 vom 9. Dezember 2009 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 A, Fd Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass seine Büroangestellte , die sich b

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Jan. 2009 - II ZB 6/08

bei uns veröffentlicht am 26.01.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 6/08 vom 26. Januar 2009 in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 233 Fc, Fd, 574 Abs. 2 Nr. 2; a) Die Verletzung des Anspruchs des Rechtsbeschwerd

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Apr. 2008 - XII ZB 189/07

bei uns veröffentlicht am 02.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 189/07 vom 2. April 2008 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 Fb, Fd Zur Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung eines Rechtsmittels, wenn diese versäumt wurde, weil

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Apr. 2008 - XII ZB 190/07

bei uns veröffentlicht am 02.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 190/07 vom 2. April 2008 in der Familiensache Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und

Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Okt. 2008 - III ZB 54/08

bei uns veröffentlicht am 30.10.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZB 54/08 vom 30. Oktober 2008 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 233 B a) Ein Rechtsanwalt, der seiner bislang zuverlässigen Kanzleiangestellten die Weisung erteilt, in ei
25 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2013 - XII ZB 47/10.

Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Mai 2019 - II ZB 4/18

bei uns veröffentlicht am 21.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZB 4/18 vom 21. Mai 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:210519BIIZB4.18.0 Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Mai 2019 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Drescher und den Richter Born, d

Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2014 - I ZB 32/13

bei uns veröffentlicht am 19.03.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I Z B 3 2 / 1 3 vom 19. März 2014 in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. März 2014 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant, Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch besch

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Juli 2019 - VIII ZB 71/18

bei uns veröffentlicht am 16.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VIII ZB 71/18 vom 16. Juli 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:160719BVIIIZB71.18.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Juli 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterin Dr. H

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2019 - XII ZB 379/19

bei uns veröffentlicht am 18.12.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 379/19 vom 18. Dezember 2019 in der Familiensache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 63 Abs. 1; ZPO §§ 233 Satz 1 Gc, 236 Abs. 2 Satz 1 C, 294 Abs. 1 a) Von der Richtigkeit einer an

Referenzen

War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

28
a) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittel- frist bei dem zuständigen Gericht eingeht (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 371 Rn. 8 und BGH Beschluss vom 4. Dezember 1991 - VIII ZB 34/91 - VersR 1992, 1023 f.). Unter Verstoß gegen diese Anforderungen hat der Beklagtenvertreter das Rechtsmittel nicht an das zuständige Oberlandesgericht, sondern an das Amtsgericht gesandt, weswegen es schließlich verspätet beim zuständigen Oberlandesgericht eingegangen ist.
16
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Rechtsanwalt jedenfalls grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete schriftliche Einzelanweisung befolgt, weshalb er im Allgemeinen nicht verpflichtet ist, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (BGH Beschlüsse vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07 - juris Tz. 7 f.; vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - NJW 2001, 1578, 1579). In diesem Fall kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei nicht mehr an (BGH Beschluss vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07 - juris Tz. 7).
28
a) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittel- frist bei dem zuständigen Gericht eingeht (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 371 Rn. 8 und BGH Beschluss vom 4. Dezember 1991 - VIII ZB 34/91 - VersR 1992, 1023 f.). Unter Verstoß gegen diese Anforderungen hat der Beklagtenvertreter das Rechtsmittel nicht an das zuständige Oberlandesgericht, sondern an das Amtsgericht gesandt, weswegen es schließlich verspätet beim zuständigen Oberlandesgericht eingegangen ist.
11
Der Prozessbevollmächtigte einer Partei trägt die Verantwortung dafür, dass die Rechtsmittelschrift rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Demgemäß muss er sich bei Unterzeichnung dieses Schriftsatzes davon überzeugen , dass er zutreffend adressiert ist (BGH Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 - III ZB 54/08 - FamRZ 2009, 109 Rn. 9; vom 29. Juli 2003 - VIII ZB 107/02 - FamRZ 2003, 1650; vom 23. November 1995 - V ZB 20/95 - NJW 1996, 997, 998 und vom 12. Oktober 1995 - VII ZR 8/95 - NJW-RR 1996,
9
Das aa) Berufungsgericht hat übersehen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle einer Fristversäumung den Rechtsanwalt ein der Partei zurechenbares Verschulden nicht trifft, wenn er einer bislang zuverlässigen Kanzleiangestellten eine konkrete Einzelanweisung erteilt hat, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte. Grundsätzlich trägt der Prozessbevollmächtigte die Verantwortung dafür, dass die Rechtsmittelschrift rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht. Demgemäß muss er sich bei Unterzeichnung dieses Schriftsatzes davon überzeugen, dass er zutreffend adressiert ist (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 - III ZB 82/02 - NJW-RR 2003, 934, 935 unter 2. b; BGH, Beschlüsse vom 10. Februar 1982 - VIII ZR 76/81 - NJW 1982, 2670 unter 2. b aa m.w.N.; vom 6. Mai 1992 - XII ZB 39/92 - VersR 1993, 79 m.w.N.; vom 29. Juli 2003 - VIII ZB 107/02 - NJOZ 2003, 2736, 2737 unter II. 2.). Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist dieser Pflicht nachgekommen und hat seiner Mitarbeiterin die klare Anweisung erteilt, die Bezeichnung des Berufungsgerichts zu korrigieren. Ihm kann auch nicht als Verschulden vorgehalten werden, dass er die Berufungsschrift vor der von ihm für erforderlich gehaltenen Korrektur unterzeichnet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Februar 2003 aaO m.w.N.; BGH, Beschlüsse vom 4. November 1981 - VIII ZB 59, 60/81 - NJW 1982, 2670, 2671 unter 2. b; vom 10. Februar 1982 aaO unter 2. b bb, cc; vom 29. Juli 2003 aaO).
28
a) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist Aufgabe des Rechtsmittelführers. Ihm obliegt es deswegen auch, dafür Sorge zu tragen, dass das Rechtsmittel innerhalb der Rechtsmittel- frist bei dem zuständigen Gericht eingeht (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 468/10 - FamRZ 2011, 371 Rn. 8 und BGH Beschluss vom 4. Dezember 1991 - VIII ZB 34/91 - VersR 1992, 1023 f.). Unter Verstoß gegen diese Anforderungen hat der Beklagtenvertreter das Rechtsmittel nicht an das zuständige Oberlandesgericht, sondern an das Amtsgericht gesandt, weswegen es schließlich verspätet beim zuständigen Oberlandesgericht eingegangen ist.
19
aa) Betrifft die Anweisung des Rechtsanwalts einen so wichtigen Vorgang wie die Eintragung einer Rechtsmittelfrist oder Rechtsmittelbegründungsfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen sein oder werden, dass die Anweisung (etwa im Drang der übrigen Geschäfte) in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338, 1339 m.w.N.; BGH Beschluss vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Diese Sorgfaltsanforderungen galten hier erst recht, weil es sich um den Ausnahmefall handelte, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht erst ab der Zustellung des Urteils, sondern gemäß § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO fünf Monate nach dessen Verkündung zu laufen begann.
12
Grundsätzlich darf ein Rechtsanwalt darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte , die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt. Er ist deshalb im allgemeinen nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - FamRZ 2004, 1711 m.N.).
19
aa) Betrifft die Anweisung des Rechtsanwalts einen so wichtigen Vorgang wie die Eintragung einer Rechtsmittelfrist oder Rechtsmittelbegründungsfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen sein oder werden, dass die Anweisung (etwa im Drang der übrigen Geschäfte) in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338, 1339 m.w.N.; BGH Beschluss vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Diese Sorgfaltsanforderungen galten hier erst recht, weil es sich um den Ausnahmefall handelte, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht erst ab der Zustellung des Urteils, sondern gemäß § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO fünf Monate nach dessen Verkündung zu laufen begann.
14
Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts genügt in einem solchen Fall aber die klare und präzise Anweisung, die genannte Begründungsfrist sofort einzutragen, zumal hier die weitere allgemeine Büroanweisung bestand, einen solchen Auftrag stets vor allen anderen Aufgaben zu erledigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - FamRZ 2004, 1711, 1712, vom 15. November 2007 - IX ZB 219/06 - NJW 2008, 526, 527, vom 4. April 2007 - III ZB 85/06 - NJW-RR 2007, 1430, 1431 und Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07 - FamRZ 2007, 2778, 1723 unter Rz. 8). Denn in einem solchen Fall stellt die im Einzelfall erteilte zusätzliche Weisung, den Auftrag sofort und vor allen anderen Aufgaben auszuführen, grundsätzlich eine ausreichende Vorkehrung dagegen dar, dass die Eintragung der Frist in Vergessenheit gerät.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 6/08
vom
26. Januar 2009
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 233 Fc, Fd, 574 Abs. 2 Nr. 2;

a) Die Verletzung des Anspruchs des Rechtsbeschwerdeführers auf Gewährung
rechtlichen Gehörs führt zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unabhängig davon
, ob sie sich auf das Ergebnis auswirkt.

b) Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsfrist und ihre Eintragung im Fristenkalender
müssen nicht in jedem Fall auf dem Handaktenbogen notiert werden.
Auch die Anbringung entsprechender Vermerke auf dem jeweiligen Schriftstück
genügt den an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens zu stellenden
Anforderungen.

c) Ein Rechtsanwalt darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass eine ausgebildete
und bisher zuverlässig arbeitende Büroangestellte eine konkrete Einzelanweisung
, auch wenn sie nur mündlich erteilt wird, befolgt und ordnungsgemäß ausführt
(st.Rspr., vgl. z.B. Sen.Beschl. v. 3. Dezember 2007 - II ZB 20/07,
NJW 2008, 576). Betrifft jedoch die mündlich erteilte Einzelweisung die Notierung
einer Berufungs- oder Berufungsbegründungsfrist, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei
ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein,
dass eine solche nur mündlich erteilte Weisung in Vergessenheit gerät und die
Eintragung der Frist unterbleibt (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 4. April 2007
- III ZB 85/06, NJW-RR 2007, 1430, 1431).
BGH, Beschluss vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08 - OLG Celle
LG Stade
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 26. Januar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. Februar 2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 60.614,94 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Gesellschafter und früheren Geschäftsführer auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das ihr am 15. Oktober 2007 zugestellte Urteil vom 11. Oktober 2007 durch ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 14. November 2007 fristgerecht Berufung eingelegt. Am 11. Januar 2008 hat die Klägerin durch die mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragte "S. Rechtsanwaltsgesellschaft MBH", die mit Schriftsatz vom 27. November 2007 dem Berufungsgericht die Vertretung der Klägerin angezeigt hatte, die Berufung begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die am 17. Dezember 2007 abgelaufene Berufungsbegründungsfrist beantragt.
2
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Klägerin vorgetragen :
3
Nach telefonischer Erteilung des Mandats für die Durchführung des Berufungsverfahrens am 22. November 2007 habe der in der Anwaltskanzlei S. mit der Sache befasste Rechtsanwalt Dr. F. am Vormittag des folgenden Tages die ihm zu diesem Vorgang übersandten Unterlagen, darunter das erstinstanzliche Urteil und die Berufungsschrift, auf den Schreibtisch der in der Kanzlei für die Fristennotierung zuständigen Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellten Frau D. gelegt und erklärt, dass in dieser Sache zunächst eine Berufungsbegründungsfrist notiert und dann eine neue Akte angelegt werden müsse. Zwar habe die Sekretärin des Rechtsanwalts Dr. F. , Frau G. , noch an diesem Tag eine Akte angelegt; die Notierung der Berufungsbegründungsfrist sei jedoch unterblieben. Bei Frau D. handele es sich um eine sehr zuverlässige Mitarbeiterin mit mehrjähriger Berufserfahrung , die seit September 2007 mit der Fristennotierung und Fristenkontrolle betraut gewesen sei und diese Tätigkeit beanstandungsfrei erledigt habe. Warum sie die Berufungsbegründungsfrist nicht notiert habe, sei nicht mehr nachvollziehbar, weil sie sich an den Vorgang nicht erinnern könne.
4
Ebenfalls am 23. November 2007 habe Rechtsanwalt Dr. F. ein kurz nach 12.00 Uhr im Büro seiner Sekretärin eingegangenes Telefax der Klägerin , in dem sie - wie bei der telefonischen Mandatierung am Vortag angekündigt - das vorläufige Aktenzeichen des Berufungsgerichts mitgeteilt habe, vom Faxgerät in sein Büro mitgenommen und habe den Bestellungsschriftsatz an das Berufungsgericht diktiert. Er habe das Schreiben zusammen mit der diktierten Kassette seiner Sekretärin mit der Weisung übergeben, die neue Akte nach dem Schreiben des Diktats vorzulegen. Entgegen der erteilten Weisung habe Frau G. das einige Tage später gefertigte Schreiben ohne die Handakte zur Unterschrift vorgelegt. Die Gründe hierfür seien nicht mehr aufklärbar. Die Handakte sei Rechtsanwalt Dr. F. von einer Kanzleimitarbeiterin erstmals am 28. Dezember 2007 vorgelegt worden, nachdem die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts an diesem Tag durch einen Anruf in der Kanzlei darauf hingewiesen habe, dass innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keine Berufungsbegründung eingegangen sei.
5
Das Mandat ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten habe die Klägerin mit Schreiben vom 28. November 2007 beendet.

II.

6
1. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
7
Die Fristversäumung sei auf ein Organisationsverschulden im Büro der mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragten Prozessbevollmächtigten der Klägerin zurückzuführen. Es könne offen bleiben, ob die Klägerin dargelegt und glaubhaft gemacht habe, dass der Fristenkalender ordnungsgemäß geführt werde. Die Büroorganisation ihrer Prozessbevollmächtigten genüge jedenfalls deshalb den an eine ordnungsgemäße Fristenkontrolle zu stellenden Anforderungen nicht, weil die Fristwahrung nicht nur durch Führen eines Fristenkalenders, sondern auch durch Notieren der Fristen auf den Handakten zu sichern sei. Wie sich aus dem auf Anforderung vorgelegten Handaktenbogen ergebe, sei dies im vorliegenden Fall unterblieben. Wären Rechtsanwalt Dr. F. die Handakten wieder vorgelegt worden, hätte er bemerkt oder bemerken müssen, dass die erforderliche Gegenkontrolle zur Sicherung der Fristwahrung unterblieben sei.
8
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO. Auch wenn über die Zulässigkeit der Berufung noch nicht entschieden ist, kann gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagenden Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werden (BGH, Beschl. v. 17. März 2004 - IV ZB 41/03, NJW-RR 2004, 1150; Musielak/Grandel, ZPO 6. Aufl. § 238 Rdn. 7). Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
10
a) Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde ist dies allerdings nicht schon deshalb der Fall, weil der angefochtene Beschluss keine Darstellung des Sachverhalts enthält. Zwar müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand sowie die Anträge der Parteien erkennen lassen; andernfalls sind sie nicht mit den erforderlichen gesetzmäßigen Gründen versehen (Sen.Beschl. v. 28. April 2008 - II ZB 27/07, NJW-RR 2008, 1455 Tz. 4; BGH, Beschl. v. 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670, 1671 Tz. 4 m.w.Nachw.). Das Fehlen einer Sachdarstellung bleibt hier jedoch folgenlos , weil sich der maßgebliche Sachverhalt und das Rechtsschutzziel mit noch hinreichender Deutlichkeit aus den Beschlussgründen ergeben.
11
b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist jedoch deshalb erforderlich, weil der angefochtene Beschluss den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung ausschließlich darauf gestützt, dass die Fristenkontrolle im Büro ihrer mit der Durchfüh- rung des Berufungsverfahrens beauftragten Prozessbevollmächtigten jedenfalls deshalb unzureichend organisiert gewesen sei, weil die Wahrung der Berufungseinlegungs - und begründungsfristen nur durch Führung eines Fristenkalenders und nicht auch durch Eintragung der Fristen auf den Handakten gesichert werde. Mit dieser Erwägung hat das Berufungsgericht übergangen, dass nach der - von der Klägerin vorgelegten und in ihrem Wiedereinsetzungsgesuch zur Darstellung der Fristenkontrolle in Bezug genommenen - eidesstattlichen Versicherung der mit der Fristenkontrolle beauftragten Rechtsanwaltsfachangestellten Frau D. in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Fristen nebst Vorfristen gerade nicht nur im Fristenkalender notiert werden, sondern zur Gegenkontrolle auf dem jeweiligen Dokument vermerkt wird, dass die Fristen notiert wurden. Die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beruht auf dem Gehörsverstoß. Hätte das Berufungsgericht diesen Vortrag berücksichtigt, hätte es ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht darin sehen können, dass ihre Büroorganisation keine Sicherung der Fristwahrung durch Eintragung der Fristen auf bzw. in den Handakten vorsehe. Die Frist und ihre Eintragung im Fristenkalender muss nicht in jedem Fall auf dem Handaktenbogen notiert werden. Auch die Anbringung entsprechender Vermerke auf dem jeweiligen Schriftstück genügt den an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens zu stellenden Anforderungen (vgl. Sen.Beschl. v. 19. Juni 2006 - II ZB 25/05, DStR 2006, 1614; BGH, Beschl. v. 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670 ff.).
12
Selbst wenn man die Darstellung der Büroorganisation in der eidesstattlichen Versicherung der Kanzleimitarbeiterin D. für erläuterungsbedürftig halten wollte, weil sich aus ihr nicht mit hinreichender Deutlichkeit ergebe, dass auf dem betreffenden Schriftstück auch vermerkt wird, welche Frist im Fristenkalender notiert wurde, gilt nichts anderes. In diesem Fall hätte das Berufungsgericht die Klägerin, die - wie aus der Begründung ihres Wiedereinsetzungsge- suchs ersichtlich - diesem Gesichtspunkt mangels Kausalität für die Fristversäumung keine maßgebende Bedeutung beigemessen hatte, nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf seine Bedenken hinweisen und ihr Gelegenheit zur Äußerung geben müssen (vgl. Sen.Beschl. v. 19. Juni 2006 aaO S. 1615).
13
Die Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs führt zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unabhängig davon, ob sie sich auf das Ergebnis auswirkt (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368; Zöller/Heßler, ZPO 27. Aufl. § 574 Rdn. 13 a).
14
3. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Berufungsgericht hat der Klägerin die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt, weil sie nicht ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO). Sie muss sich das Verschulden ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen.
15
Der Senat kann unentschieden lassen, ob es schon ein Verschulden des Rechtsanwalts Dr. F. darstellt, dass er sich die nach Mandatsübernahme angelegte Akte nicht zur eigenen Kontrolle der Notierung der Fristen hat vorlegen lassen (vgl. BGH, Beschl. v. 22. November 2000 - XII ZB 28/00, FamRZ 2001, 1143, 1145). Die Fristversäumung beruht jedenfalls deshalb auf einem (Organisations-)Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten, weil die Befolgung der an Frau D. mündlich erteilten Weisung, die Berufungsbegründungsfrist einzutragen, nicht hinreichend abgesichert war.
16
Allerdings darf sich ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf verlassen, dass eine ausgebildete Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung, auch wenn sie mündlich erteilt wird, befolgt und ordnungsgemäß ausführt (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 2823; Beschl. v. 17. September 2002 - VI ZR 419/01, VersR 2003, 792, 793; Sen.Beschl. v. 3. Dezember 2007 - II ZB 20/07, NJW-RR 2008, 576 Tz. 15). Wird aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungs- oder Berufungsbegründungsfrist nur mündlich vermittelt, müssen nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass eine solche nur mündlich erteilte Anweisung in Vergessenheit gerät und die Eintragung der Frist unterbleibt (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91, NJW 1992, 574; Beschl. v. 17. September 2002 aaO; Beschl. v. 5. November 2002 - VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, 436; Beschl. v. 4. April 2007 - III ZB 85/06, NJW-RR 2007, 1430, 1431 Tz. 9; Beschl. v. 9. Oktober 2007 - XI ZB 14/07, NJOZ 2008, 2162, 2163 f. Tz. 6).
17
Abgesehen davon bestand im konkreten Fall besondere Veranlassung, die nur mündlich angeordnete Eintragung der Berufungsbegründungsfrist durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen. Denn aus den Frau D. - mit der Weisung, die Berufungsbegründungsfrist einzutragen - übergebenen Unterlagen war nicht ohne weiteres erkennbar, dass eine solche Frist eingetragen werden musste. Es war ihnen schon nicht zu entnehmen, dass die Klägerin die Kanzlei S. mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt hatte, wie dies nach Übersendung der Unterlagen tatsächlich geschehen war. Ebenso wenig war ihren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten das landgerichtliche Urteil zugestellt worden. Hinzu kommt, dass nur aus einem genauen Studium der Unterlagen ersichtlich war, dass eine Berufungsbegründungsfrist lief und dass in einer bei den Unterlagen befindlichen E-Mail der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten an die Klägerin vom 17. Oktober 2007 zudem das Fristende unzutreffend mitgeteilt war.
18
Den oben näher geschilderten Anforderungen sind die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht gerecht geworden. Der mit der Sache befasste Rechtsanwalt Dr. F. hat die Fachangestellte Frau D. weder im konkreten Fall ausdrücklich angewiesen, seine Anordnung , die Berufungsbegründungsfrist einzutragen, sofort auszuführen, noch waren unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten Vorkehrungen, z.B. durch eine allgemeine Weisung, Aufträge zur Eintragung von Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen sofort und vorrangig zu erledigen, dagegen getroffen, dass die Ausführung einer entsprechenden mündlich erteilten Weisung unterblieb (BAG, Beschl. v. 10. Januar 2003 - 1 AZR 70/02, NJW 2003, 1269, 1270; Roth in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 233 Rdn. 38 Stichwort "Büroverschulden", lit. e a.E.).
19
Die von Rechtsanwalt Dr. F. - nach Mitteilung des vorläufigen gerichtlichen Aktenzeichens am Nachmittag des gleichen Tages - seiner Sekretärin erteilte mündliche Anweisung, ihm nach dem Schreiben des Diktats die Handakte vorzulegen, stellt keine hinreichende Absicherung der gegenüber Frau D. am Vormittag mündlich angeordneten Eintragung einer Berufungsbegründungsfrist dar. Rechtsanwalt Dr. F. konnte sich nicht darauf verlassen, dass in dieser Sache am gleichen Tag ein Fax der Klägerin eintreffen würde. Abgesehen davon hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag seine Sekretärin nicht deshalb zur Vorlage der Handakte angewiesen, um die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist zu kontrollieren, sondern um die schriftliche Mandatsbestätigung zu diktieren.
20
Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, dass die Vorlage der Handakten durch die Sekretärin wiederum als Folge eines eigenen (Organisations-)Verschuldens unterblieben ist. Denn das Wiedereinsetzungsgesuch enthält zur Zuverlässigkeit von Frau G. keinerlei Angaben.
Im Wiedereinsetzungsantrag ist nur vorgetragen, dass "aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen" die Vorlage der Akte unterblieben ist, obwohl das diktierte Schreiben dem Anwalt zur Unterschrift vorgelegt worden ist.
Goette Kurzwelly Caliebe Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 11.10.2007 - 8 O 5/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 13.02.2008 - 9 U 190/07 -

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

19
aa) Betrifft die Anweisung des Rechtsanwalts einen so wichtigen Vorgang wie die Eintragung einer Rechtsmittelfrist oder Rechtsmittelbegründungsfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen ausreichende Vorkehrungen dagegen getroffen sein oder werden, dass die Anweisung (etwa im Drang der übrigen Geschäfte) in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (Senatsbeschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 189/07 - FamRZ 2008, 1338, 1339 m.w.N.; BGH Beschluss vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08 - zur Veröffentlichung bestimmt). Diese Sorgfaltsanforderungen galten hier erst recht, weil es sich um den Ausnahmefall handelte, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht erst ab der Zustellung des Urteils, sondern gemäß § 520 Abs. 2 Satz 1 ZPO fünf Monate nach dessen Verkündung zu laufen begann.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.