Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2008 - IV ZR 271/06

bei uns veröffentlicht am16.01.2008
vorgehend
Amtsgericht Düren, 45 C 579/05, 12.04.2006
Landgericht Aachen, 2 S 130/06, 28.09.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 271/06
vom
16. Januar 2008
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 16. Januar 2008
einstimmig beschlossen:
1. Es ist beabsichtigt, die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28. September 2006 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
2. Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen.

Gründe:


1
I. Der Kläger, der bei der Beklagten eine Unfallversicherung hält, welcher Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen der Beklagten (im Folgenden: AUB 94) zugrunde liegen, begehrt die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, auf ihre Kosten die im Rahmen des Verfahrens zur Neufestsetzung einer Invalidität (§ 11 IV AUB 94) erforderlichen Nachuntersuchungen zu veranlassen.
2
Der Kläger erlitt bei einem Unfall am 14. Oktober 2004 Quetschungen des Unterbauches und des Steißbeines. Am 13. Oktober 2005 lehnte die Beklagte die vom Kläger begehrten Invaliditätsleistungen ab, weil die zur Begründung von Invalidität behauptete Gebrauchsbeeinträchtigung seines rechten Beines nicht vorliege. Noch im Oktober 2005 verlangte der Kläger eine erneute ärztliche Bemessung der Invalidität. Hierzu sieht sich die Beklagte nicht verpflichtet, weil ihrer Rechtsauffassung nach eine Neubemessung der Invalidität ausscheidet, wenn es an einer vorangegangenen Feststellung von Invalidität dem Grunde nach fehlt.
3
Das Amtsgericht hat dem Feststellungsbegehren - abgesehen von der Frage der Kostentragung - im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
4
II. Der Senat beabsichtigt, die Revision nach § 552a ZPO im Beschlusswege zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision des Klägers auch keine Aussicht auf Erfolg hat.
5
1. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob - wie das Landgericht angenommen hat - die Neufestsetzung der Invalidität nach § 11 IV AUB 94 ausgeschlossen ist, solange es - wie hier - an einer Erst-Feststellung der Invalidität durch Anerkenntniserklärung des Versicherers nach § 11 I AUB 94 oder durch gerichtliche Entscheidung fehlt. Das Landgericht meint, die Frage der Auslegung von § 11 IV AUB 94 sei insoweit von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
6
2. Das trifft jedoch nicht zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klä- http://www.juris.de/jportal/portal/t/fqq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=6&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313242002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/fqq/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=6&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313242002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/akc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=10&numberofresults=33&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300589300&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - rungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung für die Allgemeinheit hat (BGHZ 152, 182, 190 f.; 151, 221, 223; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2002 - V ZR 75/02 - WM 2002, 1811 m.w.N.). An einer Klärungsbedürftigkeit fehlt es hier aber deshalb, weil die genannte Rechtsfrage durch die Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt erscheint und es umgekehrt - wie die Revisionsbegründung einräumt - nicht ersichtlich ist, dass die vom Kläger geäußerte Rechtsauffassung, § 11 IV AUB 94 ermögliche auch bei Fehlen einer primären Invaliditätsfeststellung die Neufestsetzung der Invalidität, in Literatur oder Rechtsprechung vertreten wird.
7
Nach a) ständiger Rechtsprechung des Senats sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85 und ständig

).


8
Der b) verständige Versicherungsnehmer geht regelmäßig zunächst vom Wortlaut der Klausel aus.
9
§ 11 AUB 94 lautet auszugsweise: "I. Sobald uns die Unterlagen zugegangen sind, die Sie zum Nachweis des Unfallherganges und der Unfallfolgen sowie über den Abschluß des für die Bemessung der Invalidität notwendigen Heilverfahrens beibringen müssen, sind wir verpflichtet, innerhalb eines Monats - beim Invaliditätsanspruch innerhalb von drei Monaten - zu erklären, ob und in welcher Höhe wir einen Anspruch anerkennen. … IV. Sie und wir sind berechtigt, den Grad der Invalidität jährlich, längstens bis zu drei Jahren nach Eintritt des Unfalles , erneut ärztlich bemessen zu lassen. … Dieses Recht muss von uns mit Abgabe einer Erklärung entsprechend I., von Ihnen innerhalb eines Monats nach Zugang dieser Erklärung ausgeübt werden. Ergibt die endgültige Bemessung eine höhere Invaliditätsleistung als wir sie bereits erbracht haben, so ist der Mehrbetrag mit 5 Prozent jährlich zu verzinsen."
10
Diesen Bestimmungen kann der Versicherungsnehmer entnehmen, dass zunächst der Versicherer verpflichtet ist, sich nach Eingang der erforderlichen Nachweise innerhalb der in § 11 I AUB 94 genannten Dreimonatsfrist verbindlich dazu zu äußern, ob er eine bedingungsgemäße Invalidität des Versicherungsnehmers anerkennt und mit welchem Grad er diese bemisst. Der Versicherungsnehmer erkennt weiter, dass die Erklärung des Versicherers nach § 11 I AUB 94 dessen Leistungsverpflichtung nicht unabänderlich festschreibt, sondern auf der Grundlage der anerkannten Invalidität die Möglichkeit besteht, den "Grad der Invalidität" , welcher sich ändern kann, binnen der in § 11 IV AUB 94 genannten Frist durch eine erneute ärztliche Prüfung neu bestimmen zu lassen. Eine solche erneute Bestimmung der Invalidität setzt aber schon begrifflich voraus, dass bereits zuvor eine bedingungsgemäße, und das heißt auch: binnen Jahresfrist eingetretene (§ 7 I AUB 94), Invalidität festgestellt worden ist, wie im Übrigen auch die Anknüpfung an die "Erklärung entsprechend I" hinreichend deutlich macht. Denn nur wenn der Versicherer bereits eine bedingungsgemäße Invalidität anerkannt hat oder dieses Anerkenntnis durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt worden ist, kann die so dem Grunde nach feststehende Invalidität unter den Vorbe- halt einer späteren Neubemessung gestellt werden. Anderenfalls fehlt für eine Neubemessung jeder Anknüpfungspunkt.
11
Wegen c) dieses Verständnisses der Klausel unterscheidet der Senat in ständiger Rechtsprechung zwischen der Erstfeststellung der Invalidität und ihrer Neufestsetzung (vgl. nur Senatsurteil vom 4. Mai 1994 - IV ZR 192/93 - VersR 1994, 971), ferner hat er mehrfach ausgesprochen , dass in der Unfallversicherung die Neufestsetzung der Invalidität stets (lediglich) den Invaliditätsgrad betreffe (vgl. Senatsurteil vom 20. April 2005 - IV ZR 237/03 - VersR 2005, 927 unter II 1). In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte ist zudem bereits entschieden worden , das Verfahren zur Neufestsetzung der Invalidität diene allein der Überprüfung der Erstentscheidung des Versicherers über die Feststellung der Invalidität (OLG Saarbrücken VersR 2001, 1271, 1272) und der Versicherer dürfe das Verfahren zur Neubemessung der Invalidität nicht betreiben, solange es an einer Ersterklärung über die Anerkennung der Invalidität fehle (OLG Hamm r+s 1998, 302, vgl. dazu auch Grimm, Unfallversicherung 3. Aufl. § 11 Rdn. 25; Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27 Aufl. § 11 AUB 94 Rdn. 9, 10; Lehmann VersR 1995, 902 f.). Damit ist - da Gegenstimmen in Literatur und Rechtsprechung insoweit ersichtlich nicht erhoben werden - die vom Landgericht für grundsätzlich erachtete Rechtsfrage hinreichend geklärt.
12
3. Da dem Neufestsetzungsbegehren des Klägers unstreitig keine Erstfeststellung bedingungsgemäßer Invalidität durch den Versicherer vorausgegangen ist, hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen und die Revision des Klägers keine Aussicht auf Erfolg im Sinne von § 552a ZPO.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Vorinstanzen:
AG Düren, Entscheidung vom 12.04.2006 - 45 C 579/05 -
LG Aachen, Entscheidung vom 28.09.2006 - 2 S 130/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2008 - IV ZR 271/06

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf
Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2008 - IV ZR 271/06 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 552a Zurückweisungsbeschluss


Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2005 - IV ZR 237/03

bei uns veröffentlicht am 20.04.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 237/03 Verkündet am: 20. April 2005 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ AUB 61

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Juli 2002 - V ZR 75/02

bei uns veröffentlicht am 04.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 75/02 vom 4. Juli 2002 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO (2002) § 543 Abs. 2 a) Eine Zulassung der Revision wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels kommt, nicht ander
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2008 - IV ZR 271/06.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Sept. 2019 - IV ZR 20/18

bei uns veröffentlicht am 11.09.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 20/18 Verkündet am: 11. September 2019 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Mai 2009 - IV ZR 211/05

bei uns veröffentlicht am 13.05.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 211/05 Verkündetam: 13.Mai2009 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den

BGH IV ZR 124/15

bei uns veröffentlicht am 18.11.2015

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 21. Januar 2015 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch üb

Referenzen

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 75/02
vom
4. Juli 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO (2002) § 543 Abs. 2

a) Eine Zulassung der Revision wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels
kommt, nicht anders als bei materiellen Rechtsfehlern, nur unter den allgemeinen
in § 543 Abs. 2 ZPO genannten Voraussetzungen in Betracht.

b) Bei der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts (hier: Verletzung des Rechts auf
ein objektiv willkürfreies Verhalten) können über den Einzelfall hinaus allgemeine
Interessen berührt sein, da hierdurch das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt
gefährdet ist.
BGH, Beschl. v. 4. Juli 2002 - V ZR 75/02 - OLG München
LG Traunstein
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 4. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten
des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof.
Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. Januar 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 204.516,75 ?.

Gründe:

I.

Mit notariellem Vertrag vom 10. Juni 1998 veräußerte der Kläger seinen Grundbesitz in R. , hinsichtlich dessen eine Gläubigerbank das Zwangsversteigerungsverfahren betrieb, für 250.000 DM an die Beklagten. Der Kläger hält den Vertrag für sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB, weil der Verkehrswert der Grundstücke den vereinbarten Kaufpreis deutlich überstiegen habe und die Beklagten seine schlechten finanziellen Verhältnisse und den Druck des Zwangsversteigerungsverfahrens in verwerflicher Weise ausgenutzt hätten.
Das Landgericht hat die auf Feststellung der Nichtigkeit des Kaufvertrages und Rückübereignung der Grundstücke gerichtete Klage abgewiesen. Die
Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

II.


Die Beschwerde ist nach § 544 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht gegeben.
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Norm kommt einer Rechtssache dann zu, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die klärungsbedürftig , klärungsfähig und entscheidungserheblich ist und das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BAG, NJW 1980, 1812, 1813; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 543 Rdn. 5 und 6). Hier fehlt es schon an der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen ein Grundstückskaufvertrag unter dem Gesichtspunkt eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein kann. Der Senat hat dies auf der Grundlage jahrzehntelanger Rechtsprechung zuletzt noch einmal grundlegend dargelegt (BGHZ 146, 298). Er hat dabei auch deutlich gemacht, daß es Aufgabe des Tatrichters im Einzelfall ist, die Umstände zu würdigen, die die aus dem besonders großen Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung folgende Vermutung des subjektiven Sittenverstoßes erschüttern können. Daß der konkrete Fall Anlaß geben könnte, diese Rechtsprechung in einer über den Einzelfall hinausge-
henden Weise zu ergänzen, zu ändern oder zu überprüfen, zeigt die Beschwerde nicht auf und ist auch sonst nicht ersichtlich.
2. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).

a) Dieser Zulassungsgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn das Berufungsgericht von einer höherrangigen Entscheidung, namentlich des Bundesgerichtshofes , abweicht (Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 5, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen). Daran fehlt es. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nämlich nur vor, wenn das Berufungsgericht ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit dem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGHZ 89, 149 zu § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG). Solches zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie meint zwar, die Entscheidung des Berufungsgerichts lasse die ungewöhnlichen Umstände des Vertragszustandekommens auûer Betracht und entspreche daher nicht der in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Klärung der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB erforderlichen Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Sie übersieht dabei aber, daû das Berufungsgericht eine solche Gesamtwürdigung nicht etwa - im Gegensatz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes - für entbehrlich gehalten hat. Es hat also keinen Rechtssatz aufgestellt , der den Rechtssätzen widerspräche, auf denen die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Behandlung wucherähnlicher Rechtsgeschäfte beruht.

b) Daû der Kläger die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, für falsch hält, erfüllt die
Voraussetzungen des Zulassungsgrundes nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO selbst dann nicht, wenn seine Auffassung zuträfe. Zwar kann auch ein solcher Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall die Zulassung der Revision begründen. Dazu reicht es aber nicht aus, daû - was hier nicht einmal ersichtlich ist - das Berufungsgericht eine offensichtliche oder schwerwiegende Fehlentscheidung erlassen hat (vgl. Musielak/Ball, aaO Rdn. 8). Aus dem Umstand, daû der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO dem Schutz des Vertrauens in die Rechtsprechung als Ganzes dient (vgl. Amtl. Begründung des ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104), ist vielmehr zu schlieûen, daû ein Rechtsanwendungsfehler nur dann zur Zulassung der Revision führt, wenn hierdurch die Einheitlichkeit der Rechtsprechung insgesamt gefährdet ist, sei es, daû aufgrund konkreter Anhaltspunkte die Gefahr einer Wiederholung desselben Fehlers durch das Gericht zu besorgen ist (vgl. Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, Umdruck S. 6, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen; Hannich, in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 23; Musielak/Ball, aaO Rdn. 8), sei es, daû aufgrund der Publizitätswirkung das Vertrauen in die Rechtsprechung als Ganzes erschüttert ist oder daû ein Nachahmungseffekt gegeben ist (s. Senat aaO; vgl. auch Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 543 Rdn. 13), so daû eine höchstrichterliche Leitentscheidung notwendig ist. Alles dies kommt hier nicht in Betracht.

c) Soweit der Kläger geltend macht, das Berufungsgericht habe das Recht auf ein objektiv willkürfreies Verfahren verletzt, stützt er die Beschwerde zwar auf einen Umstand, der, läge er vor, unter den Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO fiele (vgl. BVerfG, NJW 2001, 1125, 1126; Amtl. Begründung des ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Musielak/Ball, aaO, Rdn. 6). Zwar sieht die Norm - anders als etwa § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO - eine
Zulassung der Revision wegen eines wesentlichen Verfahrensmangels nicht vor, so daû der Zugang zur Revisionsinstanz, nicht anders als bei materiellen Rechtsfehlern, nur unter den allgemeinen in der Norm genannten Voraussetzungen eröffnet ist (Amtl. Begründung zum ZPO-RG, BT-Drucks. 14/4722, S. 105; Musielak/Ball, aaO Rdn. 9). Bei der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts können jedoch - über den Einzelfall hinaus - allgemeine Interessen berührt sein; denn die Miûachtung solcher Grundsätze, wie insbesondere des Gebots des willkürfreien Verfahrens, gefährdet das Vertrauen in die Rechtsprechung insgesamt (s. dazu näher Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, Umdruck S. 7 ff, zur Veröffentl. in BGHZ vorgesehen).
Im konkreten Fall beruht das Urteil des Berufungsgerichts aber nicht auf einem Verstoû gegen das Recht auf ein willkürfreies Verfahren. Soweit der Kläger eine Auseinandersetzung mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vermiût, läût dies nicht den Schluû zu, das Berufungsgericht habe diese Rechtsprechung nicht beachtet und sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen. Dafür gibt es keinen Anhaltspunkt. Das Urteil legt - auch ohne daû konkrete Entscheidungen zitiert sind - ersichtlich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Behandlung der wucherähnlichen Rechtsgeschäfte zugrunde. Soweit der Kläger ferner rügt, das Berufungsgericht habe seinen Vortrag zu einer weitergehenden Bebaubarkeit des Grundstücks nicht ernstlich zur Kenntnis genommen, verkennt er, daû es hierauf nicht ankam. Entscheidend waren die Wertverhältnisse im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Spätere Entwicklungen wären nur dann von Bedeutung gewesen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt in einer Weise absehbar gewesen wären, daû ihnen der Verkehr einen Geldwert zuerkannt hätte. Dies ist dem Klägervortrag nicht zu entnehmen.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung auf §§ 3, 5 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Klein Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 237/03 Verkündet am:
20. April 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AUB 61 § 13 (3) a
Ist vor Ablauf der Dreijahresfrist des § 13 (3) a AUB 61 eine Heilbehandlung eingeleitet
, aber nicht abgeschlossen, so hat ein nur zeitweise eingetretener Erfolg oder ein
zum Zeitpunkt des Fristablaufs noch ungewisser Erfolg der Behandlung bei der Bewertung
der Invalidität außer Betracht zu bleiben. Demgegenüber ist eine mit der
Heilbehandlung notwendigerweise verbundene, vor Ablauf der Dreijahresfrist eingetretene
Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten (hier: Verlust
des körpereigenen Knies im Rahmen einer Knietransplantation) zu berücksichtigen
(Fortführung der Senatsurteile vom 28. Februar 1990 - IV ZR 36/89 - VersR 1990,
478 und vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 178/89 - VersR 1991, 57).
BGH, Urteil vom 20. April 2005 - IV ZR 237/03 - OLG Frankfurt am Main
LG Wiesbaden
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2005

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. September 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers entschieden worden ist.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 25. Juli 2002 wird (insgesamt) zurückgewiesen.
2. Die Anschlußrevision der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger hält bei der Beklagten eine Unfallversi cherung, der u.a. die AUB 61, eine Progressionsstaffel (225%) und Besondere Bedingungen für die Bemessung des Invaliditätsgrades bei Är zten, Zahnärzten und Heilpraktikern zugrunde liegen. Er hat am 21. Juni 1995 bei einem Unfall einen kniegelenksnahen Oberschenkelbruch mit Begleitverletzungen am rechten Kniegelenk (Abriß des vorderen Kreuz- und des Außenbandes ) erlitten und fordert von der Beklagten eine über - vorgerichtlich geleistete - 208.334 DM hinausgehende Invaliditätsentschädigung, nachdem das verletzte Bein inzwischen in Höhe des Oberschenkels amputiert werden mußte.
Mit ärztlichem Attest vom 31. Juli 1996 wurde dem Kläger bescheinigt , daß unfallbedingte Dauerschäden eingetreten waren. Eine posttraumatische Infektion des verletzten Kniegelenks führte im weiteren zum Verlust der Kniescheibe. Ein von der Beklagten eingeholtes ärztliches Gutachten gelangte im November 1996 zu dem Ergebnis, das rechte Bein des Klägers werde um zwei Drittel im Gebrauch gemindert bleiben , falls es nicht gelinge, die Belastbarkeit durch eine operative Versteifung des Kniegelenks zu erhöhen und die - mittlerweile chronische - Infektion zur Ruhe zu bringen. Bei Erfolg dieser Maßnahme werde die Gebrauchsbeeinträchtigung des Beines voraussichtlich noch 50% betragen.
Anstelle der operativen Versteifung des Kniegelenk s entschloß sich der Kläger dazu, am 31. Juli 1997 die Transplantation eines menschlichen Kniegelenks durchführen zu lassen, deren postoperativer Verlauf sich zunächst unauffällig gestaltete. Der operierende Arzt führte

am 10. Februar 1998 im Rahmen eines von der Beklagten eingeholten Gutachtens aus, derzeit bestehe nach erfolgreicher Transplantation eine Funktionsbeeinträchtigung des rechten Beins von einem Drittel, jedoch sei ein Endzustand noch nicht erreicht. Sofern das Transplantat langfristig nicht abgestoßen werde und die Osteotomien (operativen Knochendurchtrennungen ) knöchern konsolidiert seien, werde voraussichtlich eine dauernde Funktionsbeeinträchtigung von einem Viertel zurückbleiben.
Mit Schreiben vom 18. Mai 1998 übersandte die Bekl agte dem Kläger zwei von ihr eingeholte ärztliche Stellungnahmen. In dem Schreiben heißt es weiter: "… Aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen sind wir bereit, den Schaden auf der Basis 1/3 Gebrauchsbeeinträchtigung für das rechte Bein abzurechnen. Nach § 8 II (2) der AUB gilt bei vollständiger Gebrauchsunfähigkeit des betroffenen Körperteils ein Invaliditätsgrad von 70%. Aufgrund der festgestellten Teilbeeinträchtigung ergibt sich somit ein Invaliditätsgrad von 23,333%. … außerdem … wird als Unfallfolge die dauernde Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit aufgrund der andauernden Immunsuppression mit Medikamenten mit 10% eingeschätzt. Der festgestellte Gesamtinvaliditätsgrad beträgt somit 33,333%. Unter Berücksichtigung der zum Unfallzeitpunkt versicherten Invaliditätssumme von DM 500.000,00 sowie der vertraglich vereinbarten progressiven Invaliditätsstaffel (225%) ergibt sich folgende Leistungsabrechnung: 25,00% aus der einfachen Versicherungssumme = 25,00% von DM 500.000,00 = DM 125.000,00

8,33% aus der 2fachen Versicherungssumme = 8,33% von DM 1.000.000,00 = DM 83.334,00 Leistungsbetrag DM 208.334,00 - bereits gezahlt DM 100.000,00 verbleibender Leistungsbetrag DM 108.334,00 Damit wir Ihnen den obigen Leistungsbetrag per Überweisung zur Verfügung stellen können, bitten wir um Bekanntgabe Ihrer aktuellen Bankverbindung in Deutschland … Vielen Dank. Mit freundlichen Grüßen …" Unter dem 26. Mai 1998 erwiderte der Kläger: "… Ich bin bereit, den vorliegenden Regulierungsvorschlag anzunehmen. Bitte überweisen Sie auf mein Konto … Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit noch für die Kooperation Ihrerseits bedanken. Besonders für die geleistete Vorauszahlung …" Ab September 1998 kam es zu Komplikationen bei der knöchernen Konsolidierung des eingesetzten Knies. Am 28. März 2000 mußte das rechte Bein des Klägers in Höhe des Oberschenkels amputiert werden.
Der Kläger hat die Neufestsetzung seiner Invalidit ät begehrt. Nunmehr ausgehend von einem Invaliditätsgrad von insgesamt 80% (voller Beinwert von 70% plus 10% wegen medikamentöser Immunsuppression), welcher nach der vereinbarten Progressionsstaffel die Versicherungsleistung auf 165% der Versicherungssumme erhöht, hat der Kläger eine Versicherungsleistung von insgesamt 825.000 DM errechnet und deshalb die Zahlung weiterer 616.666 DM gefordert. Dazu trägt er vor, die dro-

hende Amputation seines Beines sei zum Ablauf der Dreijahresfrist des § 13 (3) a AUB 61 bereits absehbar gewesen.
Die Beklagte meint, die Parteien hätten mit dem Sc hriftwechsel vom Mai 1998 eine endgültige Regulierung des Unfallschadens herbeigeführt , der Kläger habe mit seinem schriftlichen Einverständnis vom 26. Mai 1998 wirksam auf weitere Versicherungsleistungen verzichtet. Im übrigen sei der Verlust des Beines nicht innerhalb der 15-Monatsfrist des § 8 II (1) AUB 61 ärztlich festgestellt worden und seien die Abstoßung des Implantats und die Notwendigkeit der Beinamputation zum Ablauf der Dreijahresfrist des § 13 (3) a AUB 61 nicht ausreichend sicher vorhersehbar gewesen. Vielmehr sei damals noch mit einer erfolgreichen Einheilung des Transplantates zu rechnen gewesen. Selbst eine Unsicherheit über den Erfolg der Transplantation bei Ablauf der Dreijahresfrist gehe hier zu Lasten des Klägers.
Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stat tgegeben. Es hat allerdings angenommen, daß dann, wenn der Prognose zum Ablauf der Dreijahresfrist ein Fehlschlagen der Transplantation und die Amputation des Beines zugrunde zu legen sei, auch die dann nicht mehr erforderliche medikamentöse Immunsuppression keine Berücksichtigung mehr finden könne. Ausgehend von einem Invaliditätsgrad von 70% (voller Beinwert) und der vereinbarten Progressionsstaffel hat es die Beklagte unter Berücksichtigung bereits geleisteter 208.334 DM zu einer weiteren Invaliditätsentschädigung von 466.666 DM (238.602,54 €) verurteilt.
Das allein von der Beklagten angerufene Berufungsg ericht hat - insoweit unter Zurückweisung der Berufung - die noch zu erbringende In-

validitätsentschädigung auf 69.876,22 € herabgesetzt und die Klage im übrigen abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Im Wege der Anschlußrevision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg, die Anschlußrevision war zurückzuweisen.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stünden im Rahmen der Neubemessung seiner Invalidität auf der Grundlage der Gliedertaxe des § 8 II (2) b AUB 61 und der vereinbarten Progressionsstaffel ausgehend von einem Invaliditätsgrad von 46,66 % (2/3 des Beinwertes von 70%) nach Abzug der bereits erbrachten Zahlungen (208.334 DM) nur noch weitere 69.876,22 € (136.666 DM) zu.
Zwischen den Parteien sei unstreitig, daß innerhal b der Jahresfrist des § 8 II (1) AUB 61 ein Dauerschaden eingetreten sei, der auch innerhalb der 15-Monatsfrist ärztlich festgestellt worden sei und den der Kläger binnen gleicher Frist geltend gemacht habe (§ 8 II (1) AUB 61). Die ärztliche Feststellung der Invalidität habe auch den schließlich eingetretenen Totalverlust des Beines durch Amputation umfaßt, der sich als eine Komplikation im Rahmen der weiteren Behandlung der eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigung darstelle.

Bei der Bemessung des maßgeblichen Invaliditätsgra des sei die erst nach Ablauf der Dreijahresfrist des § 13 (3) a AUB 61 durchgeführte Amputation des Beines allerdings ebensowenig zu berücksichtigen wie der nach der Knietransplantation nur kurzfristig eingetretene Teilerfolg, der sich in einer Gebrauchsminderung des Beines von einem Drittel niedergeschlagen und zur Regulierungsentscheidung der Beklagten geführt habe. Entscheidend sei nach § 13 (3) a AUB 61 allein der zu Ende der Dreijahresfrist gegebene oder prognostizierbare Dauerzustand. Später eintretende Verbesserungen oder Verschlechterungen seien nicht zu berücksichtigen. Unterziehe sich der Versicherungsnehmer - wie hier - einer neuartigen Heilmethode, komme es darauf an, ob innerhalb der Dreijahresfrist ein dauerhafter (Teil-)Erfolg eingetreten sei. Könne ein solcher zum Stichtag nicht festgestellt werden, müßten ein etwaiger zeitweiser Erfolg und die erfolgte Heilbehandlung (hier die Transplantation) außer Betracht bleiben und es sei statt dessen auf den durch das Unfallgeschehen verursachten Invaliditätsgrad abzustellen.
Vorliegend habe der vom Gericht bestellte Sachvers tändige überzeugend dargelegt, daß bei Ablauf der Dreijahresfrist noch offen gewesen sei, ob die Knietransplantation, ein neuartiges Verfahren, über dessen Langzeitfolgen noch keine gesicherten Erkenntnisse vorlägen, letztlich zu einem dauerhaften Erfolg habe führen können. Deshalb ergebe sich der Invaliditätsgrad vorliegend unter Außerachtlassung der Transplantation und der Amputation allein aus dem von der Beklagten vor Durchführung der Knietransplantation im November 1996 eingeholten ärztlichen Gutachten, nach dessen nachvollziehbarer Prognose eine unfallbedingte Gebrauchsminderung des rechten Beins von zwei Dritteln eingetreten war. Hinreichend substantiierte Einwände gegen dieses Gut-

achten habe der Kläger nicht erhoben. Umgekehrt gehe es nicht zu seinen Lasten, daß er nicht die seinerzeit angeregte Knieversteifung habe durchführen lassen, denn bei medizinisch unklarer Prognose stehe dem Versicherungsnehmer die Wahl der Behandlungsmethode frei.
Der Kläger sei entgegen der Auffassung der Beklagt en auch nicht durch den Schriftwechsel der Parteien im Mai 1998 gehindert, die Neufestsetzung der Invalidität zu verlangen. Denn ein deklaratorischer oder konstitutiver Schuldbestätigungsvertrag im Sinne einer abschließenden vergleichsweisen Regelung über die Höhe der zu leistenden Entschädigung sei nicht zustande gekommen. Die Beklagte sei mit dem Schreiben vom 18. Mai 1998 lediglich ihrer Verpflichtung zur Erklärung über die Leistungspflicht aus § 11 AUB 61 nachgekommen. Da eine solche Erklärung nur dazu diene, dem Gläubiger Erfüllungsbereitschaft mitzuteilen, führe die Annahme der Erklärung regelmäßig nicht zu einem Schuldbestätigungsvertrag (vgl. BGHZ 66, 250). Besondere Umstände, aus denen sich ergäbe, daß die Parteien vorliegend anderes bezweckt hätten, seien nicht ersichtlich.
II. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüf ung nicht stand, soweit das Berufungsgericht bei Bemessung des Invaliditätsgrades die noch vor Ablauf der Dreijahresfrist des § 13 (3) a AUB 61 eingetretenen nachteiligen Folgen der Knietransplantation, die zu einer völligen Gebrauchsuntauglichkeit des verletzten Beins geführt haben, nicht berücksichtigt hat.

1. Im Ansatz zutreffend ist es zwar davon ausgegan gen, daß bei der für Unfallversicherungsleistungen wegen Invalidität maßgeblichen Beurteilung des Invaliditätsgrades nach dem hier anzuwendenden § 13 (3) a AUB 61 auf den drei Jahre nach dem Unfall vorliegenden und den zu diesem Zeitpunkt erkennbaren, d.h. hinreichend prognostizierbaren Dauerzustand abzustellen ist (BGHZ 130, 171, 181 m.w.N.). Spätere Veränderungen - seien sie positiv oder negativ - haben demgegenüber außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteile vom 8. Juli 1981 - IVa ZR 192/80 - VersR 1981, 1151 unter II 2; vom 13. April 1988 - IVa ZR 303/86 - VersR 1988, 798).
Ist vor Ablauf der Dreijahresfrist eine Heilbehand lung eingeleitet, aber nicht abgeschlossen, so hat ein nur zeitweise eingetretener Erfolg keinen Einfluß auf die Bewertung der Invalidität (BGH, Urteile vom 28. Februar 1990 - IV ZR 36/89 - VersR 1990, 478 unter 3; vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 178/89 - VersR 1991, 57 unter 3). Ebenso ist der angestrebte Erfolg einer Heilbehandlungsmaßnahme dann nicht zu berücksichtigen, wenn das ärztliche Urteil - unter Bewertung aller bis zum Ablauf der Dreijahresfrist erkennbar gewordenen Tatsachen - wie hier dahin geht, es könne noch nicht gesagt werden, daß die Heilmaßnahme mit dauerhaftem Erfolg oder Teilerfolg durchgeführt worden sei (BGH aaO).
2. Das Berufungsgericht hat weitergehend angenomme n, im Falle des Klägers müßten sowohl die nicht durchgeführte künstliche Versteifung des Beins als auch die statt dessen erfolgte Knietransplantation für die Bewertung der Invalidität insgesamt außer Betracht bleiben, letztere deshalb, weil nach dem Ergebnis des gerichtlich eingeholten Gutachtens

zum Ende der Dreijahresfrist noch nicht vorauszusehen gewesen sei, ob es zu einer endgültigen knöchernen Einheilung des Spenderknies und damit zu einem dauerhaften Erfolg der Transplantation kommen werde. Es hat deshalb auf den Zustand des Beins vor Beginn der Transplantation entsprechend der im Gutachten vom November 1998 festgestellten unfallbedingten Gesundheitsbeeinträchtigung von zwei Dritteln des Beinwertes zurückgegriffen.
3. Dabei hat es jedoch nicht ausreichend bedacht, daß lediglich ein nach durchgeführter Heilbehandlung nicht hinreichend sicher prognostizierbarer Erfolg, nicht jedoch zugleich feststehende, durch die Heilbehandlung selbst geschaffene negative Veränderungen unberücksichtigt bleiben müssen. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung im Ergebnis einen Zustand des geschädigten Beines zugrundegelegt, wie er zwar noch im ärztlichen Gutachten vom November 1996 beschrieben worden, bei Ablauf der Dreijahresfrist im Juni 1998 aber nicht mehr gegeben war. Denn mit der durchgeführten Knietransplantation war - ungeachtet späterer möglicher Erfolgsaussichten dieser Maßnahme - zunächst insoweit eine unumkehrbare Zerstörung des Beines verbunden, als dessen körpereigenes Kniegelenk herausgetrennt worden war. Nach dieser Operation gab es das im Gutachten vom November 1996 beschriebene , lediglich zu 2/3 in seiner Gebrauchsfähigkeit beeinträchtigte Bein nicht mehr. Statt dessen lebte der Kläger fortan mit einem gebrauchsuntauglichen Bein ohne körpereigenes Knie und hatte lediglich die Hoffnung, dieser Zustand werde sich später dadurch bessern, daß - wie es zunächst auch den Anschein hatte - das Spenderkniegelenk komplikationsfrei anwachsen und so zu einer dauerhaften Verbesserung der Gebrauchsfähigkeit des Beines führen werde. Lediglich dieser nach

den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen bei Ablauf der Dreijahresfrist noch nicht absehbare Erfolg der Transplantationsmaßnahme hatte bei der Bewertung der Invalidität außer Betracht zu bleiben (vgl. dazu BGH, Urteil vom 28. Februar 1990 aaO unter 2). Dagegen mußte das Berufungsgericht seiner Bewertung als feststehend zugrunde legen, daß das Bein zum Ende der Dreijahresfrist infolge des Verlustes des ursprünglichen Kniegelenks völlig gebrauchsuntauglich war. Insoweit hat der Kläger den von ihm zu erbringenden Beweis geführt. Den der Beklagten obliegenden (vgl. dazu BGH aaO unter 3) Beweis dafür, daß - nach der Prognose zum Ende der Dreijahresfrist - der beschriebene Zustand behoben oder zumindest gebessert werden konnte , hat sie demgegenüber nicht erbracht.
4. Aus dem Senatsurteil vom 17. Oktober 1990 (aaO) ergibt sich nichts anderes. Dort lag zugrunde, daß der Versicherer den Versicherungsnehmer , der sich einen Oberschenkelhalsbruch mit nachfolgender Hüftkopfnekrose zugezogen hatte, zur Verminderung des Invaliditätsgrades auf die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks verweisen wollte. Eine solche Operation, welche der Versicherungsnehmer ablehnte und deren dauerhafter Erfolg nicht absehbar war, hatte aber nicht stattgefunden. Nur deshalb war es in jenem Falle gerechtfertigt, diese Behandlungsmaßnahme bei der Bestimmung des Invaliditätsgrades insgesamt unberücksichtigt zu lassen.
5. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, e s könne dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden, er habe mit seiner Entscheidung für die riskante Transplantation die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes selbst herbeigeführt. Der Senat hat bereits früher

ausgesprochen, daß es die höchsteigene Entscheidung des Patienten bleiben muß, ob er sich einem so wesentlichen Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit angesichts der Risiken einerseits und der Heilungschance andererseits unterzieht (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1990 aaO). Dem Unfallversicherer gegenüber besteht insoweit keine Verpflichtung oder Obliegenheit des Versicherungsnehmers, von riskanten Operationen abzusehen, solange diese - wie hier - medizinisch vertretbar erscheinen.
6. Ausgehend von einem Invaliditätsgrad von 70% (d em vollen Beinwert nach § 8 II (2) b und (3) AUB 61) hat der Kläger nach der vereinbarten Progressionsstaffel Anspruch auf insgesamt 135% der Versicherungssumme von 500.000 DM, mithin 675.000 DM. Abzüglich bereits geleisteter 208.334 DM ergibt sich der bereits vom Landgericht zuerkannte Betrag von 238.602,54 € (466.666 DM).
III. Die Anschlußrevision der Beklagten wendet sic h ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Schriftwechsel der Parteien im Mai 1998 habe nicht zu einer endgültigen Regelung über die Höhe der Invaliditätsentschädigung geführt, die einer Neubemessung des Invaliditätsgrades entgegenstehe.
Dieses Ergebnis hat es aufgrund einer Auslegung de r beiden zwischen den Parteien gewechselten Schreiben gewonnen. Diese ist als tatrichterliche Würdigung vom Revisionsgericht nur beschränkt (BGHZ 65, 107, 110) daraufhin überprüfbar, ob dabei gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfah-

rungssätze verletzt sind oder sie auf Verfahrensfehlern beruht, etwa indem unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften wesentliches Auslegungsmaterial außer acht gelassen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90 - NJW 1992, 1967 unter II 3 a m.w.N.). Solche Rechtsfehler macht die Anschlußrevision nicht geltend. Vielmehr geht es ihr darum, die Auslegung des Tatrichters durch eine eigene, vermeintlich bessere zu ersetzen. Damit kann sie keinen Erfolg haben, zumal das Berufungsgericht erkennbar die vom Senat bereits im Urteil vom 24. März 1976 (BGHZ 66, 250, 256 f.) aufgestellten Leitlinien beachtet hat.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.