Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2003 - IX ZB 418/02

bei uns veröffentlicht am27.11.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 418/02
vom
27. November 2003
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
EuInsVO Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Art. 43
Zu der Frage, ob das Gericht des Mitgliedstaats, in dem der Antrag auf Eröffnung
des Insolvenzverfahrens gestellt worden ist, für die Entscheidung über die Eröffnung
des Insolvenzverfahrens zuständig bleibt, wenn der Schuldner nach Antragstellung
, aber vor der Eröffnung den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen
in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verlegt, oder ob das Gericht des anderen
Mitgliedstaats zuständig wird (Vorlage an den EuGH).
BGH, Beschluß vom 27. November 2003 - IX ZB 418/02 - LG Wuppertal
AG Wuppertal
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Dr. Bergmann
am 27. November 2003

beschlossen:
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird zur Auslegung des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (ABl. EG Nr. L 160 vom 30. Juni 2000; im folgenden: EuInsVO) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: "Bleibt das Gericht des Mitgliedstaats, bei dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt worden ist, für die Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständig , wenn der Schuldner nach Antragstellung, aber vor der Eröffnung den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats verlegt, oder wird das Gericht des anderen Mitgliedstaats zuständig?"

Gründe:


I.


Zur Beantwortung der vorstehenden Vorlagefrage, von der die Entscheidung des Rechtsstreits abhängt, ist Art. 3 EuInsVO auszulegen. Die Verordnung ist auf Art. 61c und Art. 67 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (im folgenden: EG) gestützt und am 31. Mai 2002 in Kraft getreten. Sie gilt in den Mitgliedstaaten unmittelbar (Art. 47 EuInsVO). Da dem Senat die Auslegung nicht offenkundig erscheint, hat er eine Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften einzuholen (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 234 EG).

II.


Im vorliegenden Rechtsstreit stellte die Schuldnerin, die in Form eines Einzelunternehmens einen Handel mit Telekommunikationsgeräten und Zubehör betrieb, am 6. Dezember 2001 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Der Betrieb der Schuldnerin war bei Antragstellung bereits geschlossen. Wesentliche Vermögensgegenstände, die für eine zukünftige Insolvenzmasse zu sichern gewesen wären, konnten nicht ermittelt werden. Das Insolvenzgericht lehnte mit Beschluß vom 10. April 2002 die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse ab. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel der Schuldnerin, mit dem sie unter Aufhebung des Beschlusses vom 10. April 2002 die Eröffnung des Verfahrens beantragte, wurde - nach Gewährung von Wiedereinsetzung - mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß
der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen als unzulässig zurückgewiesen wurde (Beschluß des Landgerichts vom 14. August 2002 i.V.m. dem Berichtigungsbeschluß vom 15. Oktober 2003). Mit der Rechtsbeschwerde begehrt die Schuldnerin die Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und die Zurückverweisung der Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht.

III.


Vor der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ist das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu der im Beschlußtenor gestellten Frage einzuholen. Die Sachentscheidung im vorliegenden Verfahren ist abhängig von der Auslegung des Art. 3 EuInsVO.
1. Das Beschwerdegericht hat festgestellt, daß die Schuldnerin bereits am 1. April 2002 ihren Wohnsitz nach Spanien verlegt hat und dort leben und arbeiten will (Beschl. v. 14. August 2002, S. 3 Abs. 3). Diese Feststellung ist vom Rechtsbeschwerdegericht für die rechtliche Beurteilung in der Rechtsbeschwerdeinstanz zugrunde zu legen, § 577 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. § 559 Abs. 2 ZPO (vgl. BGH, Beschl. v. 18. September 2003 - IX ZB 40/03, z.V.b.). Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, damit habe die Schuldnerin den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen an ihrem spanischen Wohnsitz, so daß gemäß Art. 3 EuInsVO das für den (neuen) Wohnsitz der Schuldnerin zuständige spanische Gericht für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständig sei.
Die Rechtsbeschwerde meint dagegen, für die Beurteilung der Zuständig- keit sei auf den Zeitpunkt des Eröffnungsantrages abzustellen. Da die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Antragstellung den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Wuppertal gehabt habe, seien die deutschen Gerichte für die Eröffnung zuständig.
2. Die EuInsVO ist am 31. Mai 2002 in Kraft getreten, Art. 47. Nach dem Wortlaut von Art. 43 Satz 1 EuInsVO ist sie nur auf solche Insolvenzverfahren anzuwenden, die nach ihrem Inkrafttreten eröffnet worden sind. Damit kann nicht gemeint sein, daß sämtliche Bestimmungen der EuInsVO nur auf nach dem 31. Mai 2002 bereits eröffnete Insolvenzverfahren anwendbar sind. Denn Art. 3 EuInsVO enthält gerade Regelungen darüber, welches Gericht für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständig ist. Gemäß Art. 43 Satz 1 EuInsVO sollen daher ersichtlich nur solche Insolvenzverfahren aus dem (zeitlichen ) Geltungsbereich der EuInsVO herausfallen, die schon vor deren Inkrafttreten eröffnet worden sind (vgl. auch Art. 44 Abs. 2 EuInsVO; vgl. ferner Virgos/Schmitt, in: Stoll, Vorschläge und Gutachten zur Umsetzung des EUÜbereinkommens über Insolvenzverfahren im deutschen Recht, S. 130 Nr. 304 des erläuternden Berichtes zu dem - insoweit wörtlich übereinstimmenden - EU-Übereinkommen über Insolvenzverfahren vom 23.11.1995; Duursma, in: Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Europäische Insolvenzordnung, Art. 43 Rn. 2). Für die Beantwortung der Frage, ob ein Verfahren vor oder nach dem Inkrafttreten der EuInsVO eröffnet wurde, ist entsprechend Art. 16 Abs. 1 EuInsVO darauf abzustellen, wann die Entscheidung über die Verfahrenseröffnung wirksam geworden ist (Virgos/Schmitt aaO S. 131 Nr. 305; Duursma aaO Rn. 4). Wirksamkeit in diesem Sinne meint die Entfaltung von Wirkungen, die
mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verbunden sind (Duursma-Kepplinger /Chalupsky aaO Art. 16 Rn. 11; Duursma aaO Art. 43 Rn. 13).
Im vorliegenden Verfahren ist eine positive Eröffnungsentscheidung vor dem Inkrafttreten der EuInsVO nicht getroffen worden. Das Insolvenzgericht hat mit Beschluß vom 10. April 2002 lediglich die Eröffnung des Verfahrens mangels Masse abgelehnt. Aufgrund der dagegen gerichteten Rechtsmittel der Schuldnerin war das Eröffnungsverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens der EuInsVO noch anhängig. Die mit einer Eröffnung des Verfahrens nach deutschem Insolvenzrecht verbundenen Wirkungen waren folglich vor dem Inkrafttreten der EuInsVO noch nicht eingetreten. Das Eröffnungsverfahren als solches fällt nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO, vgl. Art. 1 Abs. 1 (Duursma aaO Art. 43 Rn. 12).
3. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO sind für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Gebiet der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Als Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen soll gemäß Erwägungsgrund 13 der Ort gelten, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und damit für Dritte feststellbar ist. Bei einer natürlichen Person kommt als Anknüpfungspunkt sowohl der Wohnsitz als auch der Ort in Betracht , an dem sie ihrer selbständigen oder unselbständigen Tätigkeit nachgeht (vgl. Duursma-Kepplinger aaO § 3 Rn. 19 ff; Virgos/Schmitt aaO S. 60 Nr. 75). Im vorliegenden Verfahren hat die Schuldnerin nach den bindenden Feststellungen des Beschwerdegerichts sowohl ihren Wohnsitz als auch den Ort ihrer Tätigkeit nach Spanien verlegt. Nach beiden Anknüpfungskriterien liegt der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen folglich nunmehr in Spanien. Ob
das Gericht eines Mitgliedstaats, das im Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO zuständig ist, für die Eröffnung zuständig bleibt, wenn der Schuldner vor der Eröffnung den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen in einen anderen Mitgliedstaat verlegt , regelt § 3 EuInsVO nicht ausdrücklich.

a) Für die Auffassung der Rechtsbeschwerde, daß die Zuständigkeit erhalten bleibt, könnte das im Erwägungsgrund 4 genannte Ziel sprechen, im Interesse eines ordnungsgemäßen Funktionierens des Binnenmarktes zu verhindern , daß es für die Beteiligten vorteilhafter ist, Vermögensgegenstände oder Rechtsstreitigkeiten von einem Mitgliedstaat in einen anderen zu verlagern , um auf diese Weise eine verbesserte Rechtsstellung anzustreben (sogenanntes "forum shopping").

b) Dagegen läßt sich entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde den Vorschriften des Art. 4 Abs. 1 und 2 EuInsVO, nach denen sich die Regelung, unter welchen Voraussetzungen das Verfahren eröffnet wird, nach dem Recht des Mitgliedstaats richtet, in dem das Verfahren eröffnet wird, nicht entnehmen, daß deshalb das bei Antragstellung zuständige Gericht für die Eröffnung zuständig bleiben muß. Bei einem Wechsel der Zuständigkeit wäre vielmehr gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 EuInsVO für die Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Mitgliedstaats anzuwenden, in dessen Gebiet das nunmehr zuständige Gericht seinen Sitz hat. Dasselbe gilt für die Befugnis , bereits ab dem Zeitpunkt des Eröffnungsantrages Sicherungsmaßnahmen anzuordnen (vgl. Art. 25 Abs. 1 Satz 4, Art. 38 EuInsVO sowie Erwägungsgrund 16). Auch diese Befugnis könnte mit dem Wechsel der Zuständigkeit übergehen.


c) Für die Ansicht des Beschwerdegerichts, daß auf die Zuständigkeit im Zeitpunkt der Eröffnungsentscheidung abzustellen ist, könnte angeführt werden , daß mit der Regelung des § 3 Abs. 1 EuInsVO, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in dem Mitgliedstaat zu gestatten, in dem der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, ein Hauptinsolvenzverfahren mit universaler Geltung und mit dem Ziel, das gesamte Vermögen des Schuldners zu erfassen, eröffnet werden soll (vgl. Erwägungsgrund 12). Neben diesem Hauptinsolvenzverfahren können unter den Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 2 und 3 EuInsVO lediglich (beschränkte) Sekundärinsolvenzverfahren eröffnet werden. Wenn mit der Verlegung des Mittelpunktes der hauptsächlichen Interessen des Schuldners eine Verbringung seines gesamten oder wesentlicher Teile seines Vermögens in den anderen Mitgliedstaat verbunden ist, kann beispielsweise die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens in diesem Mitgliedstaat sinnvoll sein. Verfügt der Schuldner wie im vorliegenden Fall im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung nicht über wesentliches Vermögen, kann der Schwerpunkt des Verfahrens nach der Eröffnung in dem Mitgliedstaat liegen , in den der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen verlegt hat, wenn wie etwa nach deutschem Recht das während des Insolvenzverfahrens erlangte Vermögen zur Insolvenzmasse gehört, § 35 InsO. Von Bedeutung kann ferner sein, daß es die Abwicklung des Insolvenzverfahrens erheblich erschweren kann, wenn sich der Schuldner nicht in dem Mitgliedstaat des Insolvenzgerichts aufhält. Bei natürlichen Personen wird in der Regel die Eröffnung eines Partikular- oder Sekundärinsolvenzverfahrens nicht in Betracht kommen. Ein solches Verfahren kann gemäß Art. 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 EuInsVO in einem anderen Mitgliedstaat, in dem der Schuldner nicht den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat, nur eröffnet
werden, wenn der Schuldner dort eine Niederlassung hat. Dies wird bei natürlichen Personen gewöhnlich nicht der Fall sein.

d) Die Vorlagefrage läßt sich nicht unter Heranziehung anderer europäischer Rechtsquellen, die Regelungen zur gerichtlichen Zuständigkeit enthalten , offenkundig beantworten. Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die eine gerichtliche Zuständigkeit begründenden Tatsachen vorliegen müssen und ob bei einer Änderung die einmal gegebene Zuständigkeit fortdauert, ist weder in der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. Nr. L 12 vom 16. Januar 2001) noch in der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten (ABl. Nr. L 160 S. 19 vom 30. Juni 2000) geregelt (vgl. Schlosser, EU-Zivilprozeßrecht 2. Aufl. Art. 2 EuGVVO Rn. 7 sowie Art. 2 EuEheVO Rn. 5; Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands - und Vollstreckungsrecht 2. Aufl. Art. 2 EuGVVO Rn. 4). Das Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ) sowie das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen , geschlossen in Lugano am 16. September 1988, enthalten gleichfalls keine diesbezüglichen Regelungen (vgl. Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht Art. 2 GVÜ Rn. 111).
Kreft Ganter Raebel
Kayser Bergmann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2003 - IX ZB 418/02

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(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

Insolvenzordnung - InsO | § 35 Begriff der Insolvenzmasse


(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). (2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsi
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Nov. 2003 - IX ZB 418/02 zitiert 4 §§.

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(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt

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(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). (2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsi

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(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 40/03
vom
18. September 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja zu III. 1
BGHR: ja
Die Rechtsbeschwerde gegen einen Verwerfungsbeschluß des Berufungsgerichts
kann grundsätzlich nicht auf Tatsachen gestützt werden, die belegen sollen, daß die
Berufungsbegründungsfrist gewahrt war, wenn sie in der Berufungsinstanz nicht
vorgetragen worden sind.
BGH, Beschluß vom 18. September 2003 - IX ZB 40/03 - Kammergericht Berlin
LG Berlin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Dr. Ganter, Kayser, Dr. Bergmann und
am 18. September 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 23. Dezember 2002 wird auf Kosten des Klägers verworfen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 9.460,73

Gründe:


I.


Der Kläger, ein Steuerberater, wurde mit einer Klage auf Zahlung offener Gebührenforderungen durch Urteil des Landgerichts vom 2. Juli 2002 abgewiesen. Ausweislich einer bei den Akten befindlichen Postzustellungsurkunde wurde das Urteil am 26. September 2002 durch persönliche Übergabe an seinen Prozeßbevollmächtigten zugestellt. Dieser legte für den Kläger am 7. Oktober 2002 Berufung ein und beantragte am 27. November 2002 eine Verlängerung der Begründungsfrist. Der Vorsitzende des Berufungssenats wies den Prozeßbevollmächtigten des Klägers unter dem 29. November 2002
darauf hin, daß dem Verlängerungsantrag nicht stattgegeben werden könne, weil er verspätet, nämlich nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist eingegangen sei. Aus der Postzustellungsurkunde ergebe sich, daß das angefochtene Urteil dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers - durch Übergabe an ihn persönlich - am 26. September 2002 zugestellt worden sei. Dieses Schreiben wurde dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 2. Dezember 2002 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2002 bat jener, die mitgeteilte Rechtsansicht zur Fristüberschreitung zu überprüfen. Mit Beschluß vom 23. Dezember 2002 verwarf das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig.

II.


Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde. Er macht geltend, der Postbedienstete habe keineswegs das zuzustellende Urteil des Landgerichts seinem Prozeßbevollmächtigten am 26. September 2002 übergeben, sondern am 27. September 2002 in den Briefkasten einer Nachbarin seines Prozeßbevollmächtigten eingeworfen; die Nachbarin habe die - geöffnete - Sendung sodann in den Briefkasten des Prozeßbevollmächtigten gelegt. Auf dem Briefumschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthalten habe, sei von dem Postbediensteten der 27. September 2002 vermerkt worden. Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Berufung für zulässig zu erklären und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Hauptsache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hilfsweise beantragt er, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, die Berufung für zulässig zu erklären und den Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und
Entscheidung über die Hauptsache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Höchst hilfsweise beantragt er die Zurückverweisung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.

III.


Die Rechtsbeschwerde ist nach § 522 Abs. 1 Satz 4, § 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig nach § 574 Abs. 2 ZPO, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordern.
1. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, wann der Lauf einer Rechtsmittelbegründungsfrist beginnt, wenn das in der Zustellungsurkunde angegebene Zustellungsdatum von dem Datum abweicht, das auf dem die zuzustellende Entscheidung enthaltenden Umschlag vermerkt ist, hat zwar grundsätzliche Bedeutung (vgl. dazu Häublein, in: Hannich/Meyer-Seitz, ZPOReform 2002 mit Zustellungsreformgesetz S. 385 f); sie stellt sich jedoch nicht. Die angebliche Tatsache, daß auf dem Umschlag ein anderes - späteres - Datum vermerkt ist als in der Zustellungsurkunde, hat der Kläger erst nach Zustellung des angefochtenen Verwerfungsbeschlusses vorgetragen und hernach in seiner Rechtsbeschwerdebegründung aufgegriffen. Damit handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz.
Grundsätzlich können in der Rechtsbeschwerdeinstanz - ebenso wie in der Revisionsinstanz - neue Tatsachen und Beweise nicht vorgebracht werden.
In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zwar anerkannt, daß das Revisionsgericht neues Vorbringen berücksichtigt, das für die Zulässigkeit der Berufung maßgebend ist. Dabei handelte es sich aber ausschließlich um Fälle, bei denen das Revisionsgericht aufgrund der von Amts wegen gebotenen Prüfung (BGHZ 102, 37, 38; BGH, Urt. v. 7. Oktober 1997 - XI ZR 233/96, NJW 1998, 602, 603; v. 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99, NJW 2001, 226; BVerwG NJW 1986, 862) die Zulässigkeit der Berufung - abweichend von der Meinung des Berufungsgerichts - verneinte, sei es weil dem Berufungsführer zu Unrecht Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Berufungsfrist gewährt (BGHZ 6, 369, 370) oder die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist übersehen worden war (BGHZ 7, 280, 284; BGH, Urt. v. 4. November 1981 - IVb ZR 625/80, NJW 1982, 1873), sei es weil das Berufungsgericht rechtsirrtümlich gemeint hatte, die Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil sei gewahrt (BGH, Urt. v. 21. Juni 1976 - III ZR 22/75, NJW 1976, 1940), oder verkannt hatte, daß eine besondere Zulässigkeitsvoraussetzung der Berufung fehlte (BVerwG NJW 1986, 862: Zulassung der Berufung gemäß Art. 2 § 4 Abs. 2 EntlastG i.V.m. § 131 VwGO). In allen diesen Fällen war die Zulässigkeit der Berufung eine Prozeßfortsetzungsbedingung. Nur wenn das erstinstanzliche Urteil durch eine zulässige Berufung angegriffen worden und somit noch nicht in Rechtskraft erwachsen war, konnte ein rechtswirksames Verfahren vor dem Revisionsgericht stattfinden (BGH, Urt. v. 4. November 1981 aaO). Um eine Prozeßfortsetzungsbedingung ging es auch in einem anderen Fall, in dem die Revision ausdrücklich gerügt hatte, die Berufung der Gegenseite sei nicht fristgerecht begründet gewesen (BGH, Urt. v. 30. September 1987 - IVb ZR 86/86, NJW 1988, 268). Damals hat der Bundesgerichtshof in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht die Zulässigkeit der Berufung bejaht. Neues Vorbringen war nicht zu berücksichtigen.

Hat hingegen schon das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen, ist deren Zulässigkeit in der Revisions- oder Rechtsbeschwerdeinstanz (je nachdem, ob das Berufungsgericht durch Urteil oder gemäß § 522 Abs. 1 Satz 3 ZPO durch Beschluß entschieden hat) keine Prozeßfortsetzungsbedingung. Ein rechtswirksames Verfahren vor dem Bundesgerichtshof ist hier auch dann möglich, wenn die Berufung unzulässig war. Die Frage nach der Zulässigkeit der Berufung ist in der Revisions- oder Rechtsbeschwerdeinstanz alleiniger Verfahrensgegenstand. Zu diesem Punkt muß die Begründung der Revision oder Rechtsbeschwerde Rügen enthalten (§ 551 Abs. 3 Nr. 2, § 575 Abs. 3 Nr. 3 ZPO); andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (§ 552 Abs. 1 Satz 2, § 577 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der Revisions- oder Rechtsbeschwerdeführer kann nicht davon ausgehen, er brauche sein Rechtsmittel nicht zu begründen, weil das Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht die Zulässigkeit der Berufung von Amts wegen prüfen müsse. Die von dem Rechtsmittelführer zu erhebenden Rügen können grundsätzlich nur auf Tatsachen gestützt werden, die gemäß § 559 Abs. 1, § 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO berücksichtigungsfähig sind. Grundsätzlich müssen diese Tatsachen deshalb in der Berufungsinstanz vorgetragen worden sein.
Allerdings kann eine Revision oder eine Rechtsbeschwerde gegen eine die Berufung verwerfende Entscheidung möglicherweise auch darauf gestützt werden, diese leide deshalb an einem Verfahrensfehler, weil das Berufungsgericht eine von Amts wegen gebotene Prüfung der Zulässigkeit der Berufung unterlassen habe. Dazu braucht der Senat nicht abschließend Stellung zu nehmen. Vorliegend ist bereits fraglich, ob die Rechtsbeschwerde eine derartige Verfahrensrüge erhoben und ordnungsgemäß ausgeführt hat. Jedenfalls
wäre sie nicht begründet. Das Berufungsgericht hatte keinen Anlaß für Ermittlungen von Amts wegen. Anhaltspunkte dafür, daß das in der Zustellungsurkunde genannte Zustellungsdatum "26.9.2002" unzutreffend sein könnte, hätte allein Vorbringen des Klägers liefern können. Dieser hat jedoch in der Berufungsinstanz eher beiläufig und ohne jede Vertiefung vorgetragen, die Berufung richte sich gegen "das am 27.9.2002 zugestellte" Urteil. Auch als der Vorsitzende des Berufungssenats den Kläger darauf hinwies, daß das angefochtene Urteil ausweislich der bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde am 26. September 2002 zugestellt worden sei, beschränkte sich der Kläger auf die Bitte, die mitgeteilte "Rechtsansicht zur Fristüberschreitung" zu überprüfen. Dieser Vortrag mußte bei dem Berufungsgericht keine Zweifel an der Beweiskraft der Zustellungsurkunde (§ 182 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 7, § 418 ZPO) wecken.
Der Anwendung von § 559 Abs. 1, § 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO im vorliegenden Fall steht nicht entgegen, daß eine weitergehende Berücksichtigung neuer Tatsachen in der Revisions- oder Rechtsbeschwerdeinstanz möglich ist, sofern es sich um Prozeßvoraussetzungen handelt. Hier ist neuer Tatsachenvortrag beachtlich, gleichgültig ob dies zum Wegfall oder Eintritt der Prozeßvoraussetzungen führt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat dies seinen Grund darin, daß Sachentscheidungsvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen sind (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes BGHZ 91, 111, 115; BGHZ 85, 288, 290; 100, 217, 219; 104, 215, 221; BGH, Urt. v. 10. Oktober 1985 - IX ZR 73/85, WM 1986, 58, 59; v. 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87, NJW 1988, 1585, 1587; v. 16. Mai 1991 - IX ZR 81/90, NJW 1992, 627). Wird eine Verwerfungsentscheidung des Berufungsgerichts mit einem Rechtsmittel angegriffen, ist die Zulässigkeit der Berufung jedoch
weder eine Sachentscheidungsvoraussetzung, noch findet - wie oben ausge- führt - eine Prüfung von Amts wegen statt.
2. Die vorstehende Begründung, weshalb die Zustellungsproblematik nicht zu entscheiden ist, hat zwar ihrerseits wiederum grundsätzliche Bedeutung. Dies nötigt aber nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde. Denn diese hat sich dazu nicht geäußert.
3. Die gerügte Verletzung des Verfahrensgrundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG) liegt nicht vor. Daß das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers über den Zeitpunkt der Zustellung an seinen Verfahrensbevollmächtigten "völlig außer acht gelassen" hat, wie die Rechtsbeschwerde meint, ist nicht ersichtlich. Es durfte vielmehr den Vortrag für unerheblich halten (vgl. oben zu 1).
4. Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beruht nicht auf einem "rechtsstaatswidrigen Unterlassen" des Berufungsgerichts.

a) Daß - wie die Rechtsbeschwerde geltend macht - ein Rechtsmittelgericht verpflichtet sei, im Interesse des Rechtsmittelführers noch vor Ablauf der Begründungsfrist zu prüfen, ob sich jener etwa unzutreffende Vorstellungen über das Fristende macht, und ihm einen entsprechenden Hinweis zu geben, so daß er die Frist noch einhalten kann, erscheint auch im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 1995 (NJW 1995, 3173), auf die sich die Rechtsbeschwerde bezieht, fraglich. Der Senat braucht hierzu nicht abschließend Stellung zu nehmen. Falls die Begründungsfrist versäumt war, bot der Hinweis des Vorsitzenden des Berufungssenats in der Verfügung
vom 29. November 2002 dem Klägervertreter hinreichenden Anlaß, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO einen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Diesem hätte stattgegeben werden müssen, wenn der Kläger die Berufungsbegründung rechtzeitig vorgelegt hätte (§ 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO) und es ihm gelungen wäre, die jetzt in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorgebrachte Divergenz zwischen den Zustellungsdaten glaubhaft zu machen (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Mit der erfolgten Wiedereinsetzung wäre eine etwaige Versäumung entfallen.

b) Auf den richterlichen Hinweis vom 29. November 2002 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2002 das Berufungsgericht gebeten, es möge "die mitgeteilte Rechtsansicht zur Fristüberschreitung ... überprüfen", und es dabei wiederum bei dem schlichten Hinweis auf das angebliche Zustellungsdatum "27.9.2002" bewenden lassen. Das Berufungsgericht ist darauf erst in seinem Verwerfungsbeschluß vom 23. Dezember 2002 eingegangen. Dies stellt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde weder einen "Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 GG" noch gegen "das Willkürverbot nach Art. 3 GG" dar. Der Schriftsatz vom 15. Dezember 2002 enthielt keinen Wiedereinsetzungsantrag. Der Kläger ging davon aus, die Frist gewahrt zu haben. Demgemäß fehlte jegliche Darlegung, daß ihn an einem etwaigen Fristversäumnis kein Verschulden treffe. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war das Berufungsgericht auch nicht gehalten zu prüfen, ob dem Kläger gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO ohne einen entsprechenden Antrag Wiedereinsetzung zu gewähren sei. Die Voraussetzungen der genannten Vorschrift lagen nicht vor. Die Berufungsbegründung hat der Kläger am 27. Dezember 2002 und somit nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist eingereicht. Diese beträgt zwei Wochen (§ 234 Abs. 1 ZPO)
und beginnt mit dem Tag, an dem das der Fristwahrung entgegenstehende Hindernis behoben ist (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das war hier mit Zugang der richterlichen Verfügung vom 29. November 2002 - am 2. Dezember 2002 - der Fall. Selbst wenn der Mitteilung keine Kopie der Zustellungsurkunde beilag, durfte der Klägervertreter nicht, wie die Rechtsbeschwerde meint, ohne weiteres davon ausgehen, daß die Verfügung vom 29. November 2002 auf einem Versehen beruhte. Damit lief die Wiedereinsetzungsfrist am 16. Dezember 2002 ab.
5. Auch mit den Hilfsanträgen ist die Rechtsbeschwerde unzulässig. Zwar steht es einer Partei frei, im Rechtsbeschwerdeverfahren geltend zu machen , sie habe die als unzulässig verworfene Berufung rechtzeitig eingelegt und begründet, und für den Fall, daß das Gericht dem nicht folgt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen (vgl. BGH, Beschl. v. 27. November 1996 - XII ZB 177/96, NJW 1997, 1312; v. 27. Februar 2002 - I ZB 23/01, NJW-RR 2002, 1071, 1072). Indes ist im vorliegenden Fall - wie bereits unter 3. ausgeführt - der Wiedereinsetzungsantrag verspätet. Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich hierbei nicht.
Kreft Ganter Kayser
Richter am Bundesgerichtshof ! #" $ % ist wegen Ortsabwesenheit verhindert, seine Unterschrift beizu- fügen. Bergmann Kreft

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.