Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2010 - VIII ZR 301/08

bei uns veröffentlicht am11.05.2010
vorgehend
Landgericht Frankfurt (Oder), 31 O 13/05, 17.01.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 301/08
vom
11. Mai 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2010 durch den Vorsitzenden
Richter Ball, die Richterin Hermanns sowie die Richter Dr. Achilles,
Dr. Schneider und Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 8. Oktober 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 111.779,57 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Beklagte unterhält Ferienanlagen. Die von ihr in Ostseebad P. betriebene Anlage wird seit Oktober 1999 von der Klägerin mit elektrischem Strom versorgt. Die Parteien streiten über eine Nachzahlung für Stromlieferungen in der Zeit von Juli 2001 bis Juli 2004. Nach den Behauptungen der Klägerin ist seit Inbetriebnahme der Anlage im Jahre 1999 der von der Beklagten verbrauchte Strom zu ihrem Nachteil falsch gemessen worden, weil ein vor dem Zähler eingebauter Wandler irrtümlich mit einem unzutreffenden Wandlungsverhältnis angeklemmt worden sei. Anstelle des den Abrechnungen zugrunde gelegten Wandlerfaktors 500/5 sei der Wandler tatsächlich die ganze Zeit über mit dem Faktor 1000/5 angeklemmt gewesen, so dass sie bei ihren Abrechnungen irrtümlich davon ausgegangen sei, die erfassten Messwerte drückten ein Hundertstel des tatsächlichen Stromverbrauchs aus, während in Wirklichkeit nur ein Zweihundertstel gemessen und der gemessene Wert dementsprechend auch nur auf die Hälfte des tatsächlichen Verbrauchs umgerechnet worden sei.
2
Das Landgericht hat der für den genannten Zeitraum auf eine Nachzahlung von 111.779,57 € gerichteten Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat dieses Urteil auf die Berufung der Beklagten abgeändert, die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin.

II.

3
Die statthafte und auch sonst zulässige Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO) hat Erfolg.
4
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
5
Abgesehen von dem Nachforderungsbetrag für den Monat Juli 2004, der schon wegen Widersprüchlichkeit der eingesetzten Zahlbeträge nicht schlüssig dargetan sei, sei der Klägerin auch hinsichtlich der übrigen Nachforderungen der Beweis nicht gelungen, dass die Kabel während des streitigen Zeitraums an dem dem Messzähler vorgeschalteten Wandler mit dem Wandlungsverhältnis 1000/5 angeklemmt gewesen seien. Zwar sei nach dem Ergebnis des erhobenen Zeugenbeweises davon auszugehen, dass bei der am 27. Juli 2004 erfolgten Überprüfung der Wandlereinstellung ein Wandlungsverhältnis von 1000/5 festgestellt worden sei. Jedoch habe die Klägerin nicht bewiesen, dass diese Wandlereinstellung bereits bei Inbetriebnahme der Anlage am 19. Oktober 1999 erfolgt sei. Nach dem erhobenen Zeugenbeweis könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Wandler bei seiner Inbetriebnahme oder in der nachfolgenden Zeit mit dem von der Klägerin vorgegebenen Wandlungsverhältnis von 500/5 angeschlossen gewesen sei. Zwar habe die Beklagte unstreitig keine Änderungen an der Wandlereinstellung vorgenommen. Ebenso sei der Vortrag der Klägerin als wahr zu unterstellen, dass auch sie nachträglich keine Änderungen an der Wandlereinstellung vorgenommen habe. Gleichwohl könne aus der am 27. Juli 2004 festgestellten Anklemmung des Wandlers mit einem Verhältnis von 1000/5 nicht darauf geschlossen werden, dass diese Anklemmung bereits bei Einbau des Wandlers erfolgt sein müsse. Denn nach der Aussage der hierzu vernommenen Zeugin K. könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Wandler mit dem von ihr seinerzeit bestätigten Verhältnis von 500/5 in Betrieb gegangen sei. Auch die Tatsache, dass der Wandler vor der Überprüfung am 27. Juli 2004 verplombt gewesen sei, biete keine hinreichende Gewähr dafür , dass er nicht zwischenzeitlich Gegenstand eines Eingriffs gewesen sei, bei dem - unter Umständen versehentlich - eine Änderung des Wandlungsfaktors erfolgt sei. Die dabei entfernte Plombe sei nämlich weder aufgehoben noch sonst dokumentiert worden, so dass nicht festgestellt werden könne, zu welchem Zeitpunkt sie gesetzt worden sei.
6
Ebenso wenig führe der vom Landgericht für überzeugungskräftig erachtete Vergleich der Verbrauchswerte anhand der im fraglichen Zeitraum angefallenen verbrauchsabhängigen Entgelte zu der hinreichend sicheren Überzeugung , dass der Zähler die ganze Zeit über kontinuierlich mit einem Wandlerverhältnis von 1000/5 angeklemmt gewesen sei. Zwar könnten die hierfür vom Landgericht herangezogenen Daten in diesem Sinne gedeutet werden. Allerdings seien die Schwankungen auch gleicher Monate in den verschiedenen Jahren erheblich, so dass die Verbrauchs- beziehungsweise abgerechneten Entgeltzahlungen nicht mit hinreichender Sicherheit auf ein durchgehend gleiches Wandlerverhältnis von 1000/5 schließen ließen. Das gelte abgesehen von dem deutlich von den Vorjahren abweichenden Verbrauchswert für August 2005 insbesondere für den Monat September, bei dem die berechneten Entgelte in den Jahren 2004 und 2005 deutlich über denjenigen der Vorjahre gelegen hätten. Soweit die Klägerin durch einen mit Schriftsatz vom 5. Mai 2008 zu den Akten gereichten Untersuchungsbericht ihrer Zählerprüfstelle vom 15. April 2008 zu belegen versucht habe, dass sich aus den Verbrauchsverhältnissen der Beklagten für die Jahre 2003 bis 2007 ergebe, dass der im Streit befindliche Wandler immer mit demselben Umsetzungsverhältnis gearbeitet habe, könne dieser Vortrag gemäß § 282 Abs. 1, § 296 Abs. 1, §§ 525, 530 ZPO keine Berücksichtigung finden. Denn es sei nicht erkennbar, warum die hausinterne Stellungnahme erst im April 2008 habe erstellt werden können. Zudem hätte die Zulassung dieses ergänzenden Vortrags eine Erledigung des Rechtsstreits verzögert , weil im Falle seiner Berücksichtigung zunächst hätte geklärt werden müssen, was genau Inhalt des ergänzenden Vortrags der Klägerin sei, und weil im Falle der Schlüssigkeit dieses Vortrags voraussichtlich ein Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen.
7
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise, so dass aufgrund der verfassungsrechtlichen Relevanz des Verfahrensfehlers eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
8
a) Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht soll sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. Deshalb ist das Gericht gehalten, sich mit allen wesentlichen Punkten des Vortrags einer Partei auseinanderzusetzen und erhebliche Beweisanträge nach Maßgabe der hierfür in den jeweiligen Verfahrensordnungen bestehenden Grundsätze zu berücksichtigen (Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2009 - VIII ZR 92/07, juris, Tz. 6; BGH, Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 16/07, TranspR 2009, 410, Tz. 23 m.w.N.). Indem das Berufungsgericht den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Mai 2008 vorgetragenen Untersuchungsbericht ihrer Zählerprüfstelle vom 15. April 2008 und den dazu gehaltenen Sachvortrag als verspätet angesehen und deshalb unberücksichtigt gelassen hat, hat es die von ihm herangezogenen Präklusionsvorschriften (§ 282 Abs. 1, § 296 Abs. 1, §§ 525, 530 ZPO) offenkundig unrichtig angewandt und dadurch gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen. Auch soweit das Berufungsgericht den damit übereinstimmenden Sachvortrag in den vorausgegangenen Schriftsätzen der Klägerin vom 6. Dezember 2006 und vom 12. Dezember 2007 und den hierfür angetretenen Sachverständigenbeweis übergangen hat, hat es den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt.
9
aa) Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 6. Dezember 2006 unter Antritt von Zeugen- und Sachverständigenbeweis im Einzelnen vorgetragen, dass seit dem Jahr 1999 bis zum Jahr 2004 am Wandler stets dieselbe Klemmung vorhanden gewesen sei, wie man sie am 27. Juli 2004 vorgefunden habe. Sie hat dazu insbesondere ausgeführt, dass sich bei einer Veränderung der Klemmung von 500/5 auf 1000/5 die Messdaten hätten halbieren müssen; angesichts des gleichmäßigen Verlaufs der von ihr erfassten Messdaten sei jedoch eine Veränderung der Klemmung ausgeschlossen. Unter Bezugnahme auf diesen Sachvortrag sowie unter Wiederholung ihrer Behauptung, dass der am 27. Juli 2004 vorgefundene Wandlerfaktor während des gesamten Zeitraums der Nachberechnung aktiviert gewesen sei, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 5. Mai 2008 den Untersuchungsbericht ihrer Zählerprüfstelle vom 15. April 2008 vorgelegt. Hierin ist ebenfalls näher ausgeführt, dass sich bei einer Änderung der Klemmung des Stromwandlers von 500/5 A auf 1000/5 A die Verrechnungsdaten in einer Größenordnung von 40 bis 60 Prozent hätten ändern müssen, während die tatsächlich eingetretenen Veränderungen im Zeitraum bis Juli 2004 unter 10 Prozent gelegen hätten.
10
bb) Diesen erheblichen Sachvortrag hat das Berufungsgericht nicht zur Kenntnis genommen. Es hat sich zwar anhand der von der Klägerin vorgetragenen verbrauchsabhängigen Entgelte mit dem Stromverbrauch der Beklagten im Zeitraum von Juli 2001 bis Juli 2004 und darüber hinaus bis einschließlich 2005 befasst, anders als das Landgericht aber gemeint, aus dem Vergleich der einzelnen Monatswerte nicht den hinreichend sicheren Schluss ziehen zu können , dass der Zähler im Zeitraum bis Juli 2004 kontinuierlich mit einem Wandlerverhältnis von 1000/5 angeklemmt gewesen sei, weil namentlich aus den erheblich gestiegenen Verbrauchswerten für September 2004 sowie August und September 2005 erhebliche Schwankungen hervorgingen. Ausdrücklich nicht berücksichtigt hat das Berufungsgericht dagegen den ergänzenden Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 5. Mai 2008 und den gleichzeitig vorgelegten Untersuchungsbericht vom 14. April 2008. Keine Erwähnung hat im angefochtenen Urteil ferner der unter Sachverständigenbeweis gestellte Vortrag der Klägerin in ihren Schriftsätzen vom 6. Dezember 2006 und 12. Dezember 2007 gefunden, wonach sich bei einer Veränderung der Klemmung von 500/5 auf 1000/5 die Messdaten hätten halbieren müssen und deshalb eine Veränderung der Wandlerklemmung auch angesichts des gleichmäßigen Verlaufs der erfassten Messdaten ausgeschlossen sei. Der Umstand, dass das Berufungsgericht diesen lange vor dem 5. Mai 2008 gehaltenen Vortrag in keiner Weise gewürdigt hat, lässt erkennen, dass es ihn ebenfalls nicht in seine Erwägungen einbezogen hat. Zwar ist das Gericht nicht verpflichtet, sich mit jedem Parteivorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Jedoch ist der vom Berufungsgericht nicht behandelte Sachvortrag der Klägerin, wonach aus dem Verlauf der Verbrauchswerte eine Veränderung der Wandlerklemmung hätte sicher ausgeschlossen werden können, von derart zentraler Bedeutung für ihre Beweisführung gewesen, dass das Erfordernis einer Auseinandersetzung mit der aufgestellten Behauptung und der Eignung des dafür angetretenen Sachverständigenbeweises offensichtlich war. Wenn das Berufungsgericht dieses Vorbringen in seiner Entscheidung gleichwohl vollständig übergangen hat, lässt dies den sicheren Schluss darauf zu, dass es den Sachvortrag auch nicht erwogen hat (vgl. BGHZ 154, 288, 300; Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2008 - VIII ZR 306/06, WuM 2009, 113, Tz. 12).
11
cc) Der genannte Sachvortrag der Klägerin durfte auch nicht aus besonderen , in der Verfahrensordnung angelegten Gründen - § 531 ZPO - unberücksichtigt bleiben. Zwar ist dieser Sachvortrag erstmals im Berufungsrechtszug gehalten worden. Dies beruht jedoch darauf, dass die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung die aus dem gleichmäßigen Verlauf des Stromverbrauchs gezogene Schlussfolgerung des Landgerichts angegriffen hatte, wonach sich eine Änderung des der Stromerfassung zu Grunde liegenden Wandlungsfaktors in einem Verhältnis von 1 zu 2 bei der Erfassung anders, als es geschehen sei, spürbar hätte niederschlagen müssen. Konkret veranlasst worden ist der neue Vortrag überhaupt erst dadurch, dass das Berufungsgericht in der Berufungsverhandlung vom 15. November 2006 den Hinweis erteilt hatte, dass die Klägerin auch die von der Beklagten aufgezeigte Möglichkeit ausräumen müsse, ihre eigenen Mitarbeiter hätten bei Arbeiten am Trafo im April/Mai 2004 den Wandler umgeklemmt, und dass hierzu jedenfalls die Vorlage nur der alten Rechnungen nicht ausreichend sei. Die durch die abweichende Rechtsauffassung des Berufungsgerichts veranlasste Ergänzung des Sachvortrags der Klägerin hätte mithin ebenso wie der dafür angetretene Sachverständigenbeweis unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unberücksichtigt bleiben dürfen (vgl. BGH, Urteile vom 30. Juni 2006 - V ZR 148/05, NJW-RR 2006, 1292, Tz. 17 f.; vom 26. Juli 2007 - VII ZR 262/05, NJW-RR 2007,1612, Tz. 15).
12
Ebenso war es offenkundig rechtsfehlerhaft, dass das Berufungsgericht den ergänzenden Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 5. Mai 2008 und den gleichzeitig vorgelegten Untersuchungsbericht vom 14. April 2008 gemäß § 282 Abs. 1, § 296 Abs. 1, §§ 525, 530 ZPO für nicht zulassungsfähig erachtet und deshalb nicht zur Kenntnis genommen hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin mit der erst im Jahre 2008 veranlassten Einholung des Untersuchungsberichts ihrer Zählerprüfstelle nicht gegen Prozessförderungspflichten verstoßen. Denn eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie - wie hier - Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Wird das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung gerecht, kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden. Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten (BGH, Beschluss vom 14. Juli 2008 - II ZR 202/07, WM 2008, 1688, Tz. 6 m.w.N.). Insbesondere war die Klägerin auch nicht gehalten, ihren schlüssigen Sachvortrag von sich aus durch Einholung des Untersuchungsberichts zu ergänzen. Denn eine Partei ist grundsätzlich nicht verpflichtet, tatsächliche Umstände, die ihr unbekannt sind, zu ermitteln oder sonst durch Einholung eines Privatgutachtens näher zu erforschen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 2002 - X ZR 69/01, WM 2003, 1376, unter II 6 b).
13
b) Die Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des auf die Auswertung der Stromverbrauchswerte von Juli 2001 bis Juli 2004 bezogenen Vorbringens der Klägerin zu einem anderen, der Klägerin günstigeren Ergebnis gelangt wäre (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Dezember 2009, aaO, Tz. 14 m.w.N.).

III.

14
Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit dieses die erforderlichen Feststellungen zum Stromverbrauch der Beklagten im Zeitraum von Juli 2001 bis Juli 2004 unter Berücksichtigung des übergangenen, unter Beweis gestellten Sachvortrags noch einmal neu treffen kann. Ball Hermanns Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 17.01.2006 - 31 O 13/05 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 08.10.2008 - 7 U 47/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2010 - VIII ZR 301/08

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 92/07
vom
8. Dezember 2009
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Dezember 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Hermanns, den Richter
Dr. Achilles, die Richterin Dr. Fetzer und den Richter Dr. Bünger

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 7. Februar 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens wird auf 26.166,65 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger eine höhere als die gezahlte Provision aus der Vermittlung von Verträgen während seiner Untervertretertätigkeit für die Beklagte zu zahlen.
2
In erster Instanz hat der Kläger die Provisionsansprüche im Wege der Feststellungsklage geltend gemacht. Das Amtsgericht hat die Klage wegen Fehlens des Feststellungsinteresses abgewiesen. Mit der hiergegen eingelegten Berufung hat der Kläger den Klageantrag beziffert und statt der Feststellung die Zahlung einer zusätzlichen Provision in Höhe von 26.166,65 € beantragt.
Den ursprünglichen Feststellungsantrag hat er als Hilfsantrag aufrechterhalten. Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
3
Die Umstellung des Klageantrags sei zwar zulässig, aber verspätet, weil der Hauptantrag auf neue Tatsachen gestützt werde, die schon in erster Instanz hätten vorgetragen werden können und daher nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen seien. Der Kläger habe es aus Nachlässigkeit unterlassen, die Klage bereits nach der in der ersten Januarhälfte 2006 seitens der Beklagten erfolgten Vorlage weiterer Unterlagen umzustellen. Dass er einen Buchsachverständigen mit der Auswertung beauftragt habe und dieser sein Gutachten erst am 12. April 2006 erstellt habe, entlaste den Kläger nicht vom Verspätungsvorwurf, da er als kaufmännisch erfahrener Handelsvertreter, ebenso wie sein Prozessbevollmächtigter eine Auswertung der Unterlagen auch ohne die Unterstützung des Buchsachverständigen hätte vornehmen können. An der Verspätung des Vorbringens des Klägers in der Berufungsinstanz ändere auch der Umstand nichts, dass der Bericht des Buchsachverständigen bereits in erster Instanz vorgelegt worden sei. Zum einen sei der Bericht in erster Instanz verspätet vorgelegt worden , zum anderen ergebe sich das vom Kläger zur Bezifferung seines Leistungsantrags vorgetragene Zahlenwerk nur teilweise aus diesem Bericht und sei daher insgesamt als neu zu bewerten. § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ändere ebenfalls nichts an der Verspätung. Denn es liege kein Verfahrensfehler des Amtsgerichts vor, durch den der Kläger sein Vorbringen im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht hätte. Insbesondere sei das Amtsgericht nicht gehalten gewesen, den Kläger bereits vor der mündlichen Verhandlung auf die Bedenken gegen das Feststellungsinteresse hinzuweisen. Mit dem Hilfsantrag bleibe die Berufung mangels Feststellungsinteresses ebenfalls ohne Erfolg.
4
Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.

II.

5
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Das Grundrecht auf rechtliches Gehör gebietet es, dass sich das Gericht mit allen wesentlichen Punkten des Vortrags einer Partei auseinandersetzt. Indem das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers im Berufungsrechtszug als verspätet zurückgewiesen hat, hat es die Präklusionsvorschrift des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO offenkundig unrichtig angewandt und dadurch das Grundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Aufgrund der verfassungsrechtlichen Relevanz des Verfahrensfehlers ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO).
7
1. Das Berufungsgericht hat bei der Anwendung der Vorschriften über die Zulassung neuen Vorbringens im zweiten Rechtszug die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt.
8
a) Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass es sich bei der Umstellung des Klageantrags von der Feststellungs- auf eine Leistungsklage nicht um eine nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässige Klageänderung (§§ 263, 533 ZPO), sondern lediglich um eine Klageerweiterung (§ 264 Nr. 2 ZPO) handelt und eine solche auch im Berufungsverfahren zulässig ist (§§ 525, 264 ZPO; vgl. BGHZ 158, 295, 306; Senatsurteil vom 8. Juni 1994 - VIII ZR 178/93, NJW 1994, 2896, unter 2 b aa; BGH, Urteil vom 12. Mai 1992 - VI ZR 118/91, NJW 1992, 2296, unter II 2; Musielak/Foerste, ZPO, 7. Aufl., § 264 Rdnr. 1, 3). In Rechtsprechung und Schrifttum ist allgemein anerkannt , dass der Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage eine Klageerweiterung gem. § 264 Nr. 2 ZPO darstellt, wenn sich der neue Antrag auf dasselbe Rechtsverhältnis bezieht (Senatsurteil, aaO, m.w.N; BGH, Urteil vom 12. Mai 1992, aaO, unter II; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 264 Rdnr. 3b). Dies ist hier der Fall, denn der Klagegrund - das Bestehen eines höheren Provisionsanspruchs des Klägers - war in der Berufungsinstanz derselbe wie im ersten Rechtszug. Die unbeschränkte Zulässigkeit einer Modifizierung des Klageantrags nach § 264 Nr. 2 oder 3 ZPO auch in der Berufungsinstanz entspricht dem Zweck der Vorschrift, die die prozessökonomische und endgültige Erledigung des Streitstoffs zwischen den Parteien fördern soll; ebenso steht § 533 ZPO einer Anwendung des § 264 ZPO auf das Berufungsverfahren weder nach den Intentionen des Gesetzgebers noch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen (vgl. im Einzelnen BGHZ 158, 295, 306 ff.).
9
b) Bei der Entscheidung über den modifizierten Klageantrag ist das Berufungsgericht nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO an die von dem erstinstanzlichen Gericht zu dem ursprünglichen Klageantrag getroffenen Feststellungen gebunden, sondern darf auf den gesamten erstinstanzlichen Sachvortrag zurückgreifen. Hinsichtlich des neuen Vortrags in der Berufung zu dem neuen Antrag ist § 531 Abs. 2 ZPO anwendbar. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob neuer Vortrag der Parteien im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden ist, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit beruht (§ 531 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Urteile vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 138/04, VersR 2006, 1361, Tz. 26, und VII ZR 191/04, NJW-RR 2006, 390, Tz. 19; BGHZ 158, 295, 308). Jedenfalls soweit neuer Vortrag den unbeschränkt zulässigen erweiterten Klageantrag betrifft, beruht er nicht auf Nachlässigkeit (vgl. BGH, Urteile vom 8. Dezember 2005, aaO). So liegt der Fall hier. Der vom Berufungsgericht nicht berücksichtigte Vortrag ist deshalb nach §§ 529, 531 ZPO zuzulassen.
10
2. Bei dem aufgezeigten Verfahrensfehler des Berufungsgerichts handelt es sich nicht um einen einfachen Verstoß gegen die Verfahrensvorschriften, der für sich genommen noch nicht zum Erfolg der Nichtzulassungsbeschwerde führen würde (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2005 - V ZR 271/04, NJW 2005, 2624, unter II 2 b). Mit der unter offenkundig unrichtiger Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO erfolgten vollständigen Zurückweisung des Vortrags des Klägers zu der nunmehr mit dem Hauptantrag geltend gemachten Leistungsklage hat das Berufungsgericht vielmehr das Verfahrensgrundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Zwar verletzt nicht jede fehlerhafte Anwendung von Präklusionsvorschriften zugleich Art. 103 Abs. 1 GG. Verletzt ist Art. 103 Abs. 1 GG jedoch dann, wenn ein Gericht bei der Zurückweisung entscheidungserheblichen Vortrags Präklusionsvorschriften offenkundig rechtsfehlerhaft anwendet (BVerfG NJW 1995, 2980; BVerfGE 69, 145, 149; jeweils m.w.N.).
11
3. Die Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör ist entscheidungserheblich. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Berücksichtigung des auf den Leistungsantrag bezogenen Vorbringens des Klägers zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2005, aaO, unter II 2 c).

III.

12
Der Senat macht von der Möglichkeit der Aufhebung und Zurückverweisung durch Beschluss nach § 544 Abs. 7 ZPO Gebrauch. Das gibt dem Landgericht Gelegenheit, die notwendigen Feststellungen zur Frage des Bestehens und der Höhe des mit der Klage nunmehr geltend gemachten Zahlungsanspruchs zu treffen und dies in einer den Anforderungen des § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO entsprechenden Weise darzustellen. Ball Hermanns Dr. Achilles Dr. Fetzer Dr. Bünger
Vorinstanzen:
AG Bergisch Gladbach, Entscheidung vom 10.05.2006 - 68 C 3/06 -
LG Köln, Entscheidung vom 07.02.2007 - 9 S 158/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 16/07 Verkündet am:
2. April 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 6. Zivilsenat, vom 11. Januar 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind zu gleichen Teilen (25%) Transportversicherer der P. El. T. GmbH in H. (im Weiteren: Versenderin). Sie nehmen die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, wegen des Verlustes von Transportgut aus abgetretenem Recht der Warenempfängerin auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versenderin veräußerte im September 2001 an die in Brüssel/ Belgien, Rue Victor Hugo 51 ansässige E. S. P. R. L. (im Weiteren: Empfängerin ) Festplatten und Speichermodule zum Gesamtpreis von 269.744,54 €. Mit der Beförderung des nach der Behauptung der Klägerinnen in 48 Paketen verpackten Gutes beauftragte die Versenderin die Beklagte. In den von der Versenderin im sogenannten EDI-Verfahren elektronisch hergestellten Frachtpapieren war in der Rubrik "Empfänger" folgende Eintragung enthalten: "Kontakt: A. E. à disposition Tel.: + Woluwenlan, 156, 1831 D Belgien". Unter der eingetragenen Anschrift hat eine Schwestergesellschaft der Beklagten (United Parcel Service Belgium N.V.) ihren Sitz, die dort ein Zustellcenter betreibt. Die Geschäftsadresse der Empfängerin wurde in den Frachtpapieren nicht genannt und war der Beklagten auch nicht bekanntgegeben worden.
3
Die Klägerinnen haben behauptet, die von der Beklagten am 14. September 2001 übernommenen 48 Pakete hätten die bestimmungsgemäße Empfängerin nicht erreicht. Es könne schon nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte das Gut bei ihrer Schwestergesellschaft in Diegem/Belgien abgeliefert habe. Sie, die Klägerinnen, hätten an die Insolvenzverwalterin der Empfängerin jeweils 69.055,81 € als Entschädigung für den Verlust der Ware gezahlt. Daraufhin habe die Insolvenzverwalterin die Ansprüche der Empfängerin gegen die Beklagte an die für die Klägerinnen als Vertreterin handelnde Assekuradeurin abgetreten.
4
Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Beklagte könne sich nicht auf gesetzliche oder in ihren Beförderungsbedingungen vorgesehene Haftungsbeschränkungen berufen, da sie zu den näheren Umständen des Verlustes keinen Vortrag halten könne und selbst einräume, bei Standardsendungen keine Schnittstellenkontrollen vorzunehmen. Sie beanspruchen daher die Zahlung von jeweils 67.055,81 € (insgesamt 268.223,24 €) nebst Zinsen.
5
Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, sie habe aus dem mit der Versenderin geschlossenen Beförderungsvertrag die Ablieferung der 48 für die Empfängerin bestimmten Pakete bei ihrer Schwestergesellschaft in Diegem/ Belgien geschuldet. Dort sei das Gut am 17. und 18. September 2001 vollständig angeliefert und später auch von der Empfängerin abgeholt worden. Jedenfalls müssten sich die Klägerinnen ein Mitverschulden der Versenderin wegen Unterlassens einer Wertdeklaration und eines Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens zurechnen lassen.
6
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an jede Klägerin 593,08 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung der Klägerinnen hat das Berufungsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben ; die Anschlussberufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.
7
Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die Klägerinnen beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den Verlust der streitgegenständlichen 48 Pakete aus Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR angenommen. Dazu hat es ausgeführt:
9
Aufgrund der zutreffenden Tatsachenfeststellung des Landgerichts sei davon auszugehen, dass die Beklagte 47 der aus 48 Paketen bestehenden Sendung bei ihrem Schwesterunternehmen in Diegem angeliefert habe. Dieser Umstand stelle aber keine die Haftung ausschließende Ablieferung des Gutes dar. Der Hinweis in den Frachtpapieren, dass die Empfängerin telefonisch zu kontaktieren sei, habe sich allein an die Beklagte gerichtet. Damit habe die Versenderin deutlich gemacht, dass die bloße Anlieferung im Zustellcenter in Diegem noch keine Ablieferung des Gutes habe darstellen sollen. Die Ware habe dort vielmehr bis zu ihrer Abholung durch die Empfängerin gelagert werden sollen.
10
Eine tatsächliche Aushändigung des Gutes an die Empfängerin habe die insoweit beweisbelastete Beklagte nicht hinreichend dargetan. Sie habe mit ihrer Klageerwiderung lediglich "ins Blaue hinein" vorgetragen, dass die Empfängerin die streitgegenständlichen Pakete im Zustellcenter in Diegem abgeholt habe. Dem Beweisantritt der Beklagten "Zeugnis des Geschäftsführers der Empfängerin" habe daher nicht nachgegangen werden müssen.
11
Der von der Beklagten erhobene Mitverschuldenseinwand wegen Unterlassens einer Wertdeklaration greife nicht durch, da sich das in Rede stehende Unterlassen im Streitfall nicht schadensursächlich ausgewirkt habe.
12
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
13
1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Anlieferung von 47 der aus insgesamt 48 Paketen bestehenden Sendung bei der Schwestergesellschaft der Beklagten in Diegem/ Belgien habe keine haftungsbefreiende Ablieferung des Gutes an die bestimmungsgemäße Empfängerin gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR dargestellt.
14
a) Die bloße Ankunft des Gutes am Bestimmungsort führt nicht ohne weiteres zu einer Ablieferung i.S. von Art. 17 Abs. 1 CMR. Dafür ist vielmehr grundsätzlich erforderlich, dass der Frachtführer den Gewahrsam über das beförderte Gut aufgibt und den Empfänger mit dessen Willen und Einverständnis in die Lage versetzt, die tatsächliche Sachherrschaft über das Gut auszuüben (Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Art. 17 CMR Rdn. 6; Thume/Thume, Kommentar zur CMR, 2. Aufl., Art. 17 Rdn. 21). Das Gut muss an den nach dem Frachtvertrag verfügungsberechtigten (Art. 12, 13 CMR) Empfänger - das war hier die in den elektronisch hergestellten Frachtpapieren benannte "A. E. S.P.R.L." - abgeliefert werden (BGH, Urt. v. 13.7.1979 - I ZR 108/77, VersR 1979, 1154; Urt. v. 13.7.2000 - I ZR 49/98, TranspR 2000, 409, 411 = VersR 2001, 261).
15
b) Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Es ist im Wege einer tatrichterlichen Auslegung der zwischen der Versenderin und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen zu der Annahme gelangt, dass die Beklagte ihre Ablieferungsverpflichtung aus dem mit der Versenderin geschlossenen Frachtvertrag nicht schon durch die Übergabe des Gutes an ihre belgische Schwestergesellschaft in Diegem erfüllt hat. Das Berufungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass die Beklagte aufgrund des Hinweises in den Frachtpapieren, dass die Empfängerin telefonisch zu kontaktieren sei, verpflichtet war, die Empfängerin von der Ankunft des Gutes im Lager in Diegem in Kenntnis zu setzen. Dementsprechend konnte eine haftungsbefreiende Ablieferung der Ware frühestens mit einer Benachrichtigung der Empfängerin eintreten. Denn erst dadurch wurde diese in die Lage versetzt, von der Ankunft des Gutes in Belgien zu erfahren und es entgegenzunehmen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sie die Empfängerin von der Ankunft der Sendung im Lager ihrer Schwestergesellschaft in Diegem in Kenntnis gesetzt hat. Des Weiteren hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte aufgrund des Umstands , dass in den elektronisch hergestellten Frachtpapieren als Ablieferungsstelle die Anschrift ihrer belgischen Schwestergesellschaft angegeben war, nicht davon ausgehen konnte, die Empfängerin sei bereit gewesen, das von ihr nicht steuerbare Risiko eines Warenverlusts im Lager von UPS Belgien vor Benachrichtigung vom Wareneingang zu tragen. Die Absenderin habe - so das Berufungsgericht - mit dem Benachrichtigungshinweis in den Frachtpapieren deutlich gemacht, dass die bloße Anlieferung des Gutes in Diegem noch nicht zu einer haftungsbefreienden Ablieferung i.S. von Art. 17 Abs. 1 CMR führen würde, sondern dass die Ware dort bis zu ihrer Abholung habe gelagert werden sollen.
16
c) Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Revision macht demgegenüber vergeblich geltend, das Berufungsgericht habe bei seinen Feststellungen wesentlichen Vortrag der Beklagten unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG unberücksichtigt gelassen.
17
aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe bei seiner Auslegung der zwischen der Versenderin und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen den Inhalt des Schreibens der Versenderin vom 1. Februar 2002 (Anl. K 9) an die Beklagte, in dem unter anderem darauf hingewiesen werde, dass die Ware im UPS-Center in Diegem zur Abholung durch den Kunden habe bereitgestellt werden sollen, außer Acht gelassen. Des Weiteren habe die Beklagte vorgetragen , es treffe nicht zu, dass die Telefonnummer der Empfängerin in den Frachtpapieren angegeben worden sei, um die Ablieferung abzusprechen. In den Frachtpapieren sei auch in der Rubrik "Versender" eine Telefonnummer (der Versenderin) genannt. Die Parteiangaben seien offensichtlich bei der Erstellung der im EDI-Verfahren elektronisch erzeugten Frachtpapiere automatisch um die jeweiligen Telefonnummern ergänzt worden, um der Beklagten nicht nur schriftliche, sondern auch telefonische Kommunikation zu ermöglichen. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte (oder ihre belgische Schwestergesellschaft ) insoweit die Verpflichtung übernommen habe, die Empfängerin telefonisch über den Eingang des Gutes zu informieren, könnten der Angabe der Telefonnummer ersichtlich nicht entnommen werden. Die Beklagte habe zudem geltend gemacht, dass die Übernahme einer derartigen Nebenpflicht für sie zu keiner Zeit in Betracht gekommen wäre.
18
bb) Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat sich insbesondere ausdrücklich mit dem Umstand auseinandergesetzt , dass in den elektronisch hergestellten Frachtpapieren die Anschrift des Zustellcenters von UPS Belgien als Ablieferungsadresse genannt ist. Ebenso hat sich das Berufungsgericht mit der Angabe der Telefonnummer in den Frachtpapieren befasst und ist dabei im Wege tatrichterlicher Würdigung zu seiner Annahme gelangt, dass die Versenderin mit dem Hinweis auf eine Kontaktaufnahme zur Empfängerin verdeutlicht habe, dass die Anlieferung des Gutes bei dem belgischen Schwesterunternehmen der Beklagten noch keine haftungsbefreiende Ablieferung darstellen sollte. Das Berufungsgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass sich weder aus dem Vortrag der Beklagten noch aus den Umständen ihrer Beauftragung Anhaltspunkte für die Annahme ergeben , die Empfängerin sei bereit gewesen, das von ihr nicht beherrschbare Risiko eines Warenverlustes im Lager der Schwestergesellschaft der Beklagten in Belgien zu übernehmen. Die Revision zeigt nicht auf, dass das Berufungsgericht dabei entgegenstehenden Tatsachenvortrag der Beklagten unberücksichtigt gelassen hat. Es hat den von der Revision angeführten Umständen lediglich eine andere Bedeutung als die Revision beigemessen. Hierin liegt kein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG. Es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass dem Berufungsgericht bei seiner tatrichterlichen Würdigung der Sachverhaltsumstände Rechtsfehler unterlaufen sind.
19
Entgegen der Auffassung der Revision kann auch nicht angenommen werden, dass die Empfängerin (zumindest stillschweigend) mit der Ablieferung des Gutes im Zustellcenter in Diegem/Belgien einverstanden war. Die von der Revision angeführten Umstände reichen dafür nicht aus.
20
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, die Pakete seien von der rechtmäßigen Empfängerin bei ihrem Schwesterunternehmen in Diegem/Belgien abgeholt worden, mangels hinreichender Substantiierung bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt hat.
21
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe nicht hinreichend dargetan, dass die von ihr beförderten Pakete tatsächlich der Empfängerin ausgehändigt oder jedenfalls zur Übernahme angedient worden seien. Sie habe mit ihrer Klageerwiderung lediglich gänzlich unsubstantiiert vorgetragen, dass die Pakete "im folgenden durch die Empfängerin dort abgeholt worden seien; die Empfängerin habe die Pakete erhalten". Dieser Vortrag sei offenkundig "ins Blaue hinein" erfolgt, da er keinerlei Angaben enthalte, wann und zwischen welchen Personen die Übernahme stattgefunden habe. Die Beklagte habe auch keinerlei Empfangsbestätigungen vorgelegt. Bei dieser Sachlage stelle der Beweisantritt "Zeugnis des Geschäftsführers der Empfängerin" einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar, dem nicht nachzugehen sei. Hierauf sei die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2006 ausdrücklich hingewiesen worden.
22
b) Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, der in Rede stehende Beweisantritt der Beklagten habe nicht berücksichtigt werden müssen, ist rechtsfehlerhaft , weil sie die Beklagte in ihrem Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.
23
aa) Die Vorschrift des Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs als Prozessgrundrecht soll sicherstellen , dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben. In diesem Sinne gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichti- gung erheblicher Beweisanträge (vgl. BVerfGE 50, 32, 35; 60, 247, 249). Die Nichtberücksichtigung eines solchen Beweisangebots verstößt daher dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfGE 69, 141, 144; BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.2.2009 - 1 BvR 1232/07, juris Tz. 21).
24
bb) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet. Die Nichterhebung des von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweises durch das Berufungsgericht findet im Prozessrecht keine Stütze.
25
(1) Einem Beweisantritt braucht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings dann nicht nachgegangen zu werden, wenn die beweisbelastete Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufgestellt hat. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist jedoch große Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur das Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte rechtfertigen können (BVerfG, Kammerbeschl. v. 10.2.2009 - 1 BvR 1232/07, juris Tz. 26; BGH, Urt. v. 25.4.1995 - VI ZR 178/94, NJW 1995, 2111, 2112). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts konnte der Beweisantritt der Beklagten aus diesem Grund nicht unbeachtet bleiben. Die Revision macht mit Recht geltend, dass das Berufungsgericht zu hohe Anforderungen an die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Beklagten gestellt hat.
26
Eine Partei genügt ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Unerheblich ist dabei , wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (BGH, Beschl. v. 9.2.2009 - II ZR 77/08, NJW 2009, 2137 Tz. 4 m.w.N.). Es ist dann Sache des Tatrich- ters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen (BGH, Beschl. v. 21.5.2007 - II ZR 266/04, NJW-RR 2007, 1409 Tz. 8).
27
Diesen Anforderungen an die Substantiierungslast genügt das Vorbringen der Beklagten, die Empfängerin habe das Gut bei ihrer Schwestergesellschaft in Diegem abgeholt. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung dargelegt, aus welchen Gründen die Zustellinformationen nicht die Übergabe des Gutes an die Empfängerin, sondern die Ablieferung im UPS-Center in Diegem dokumentieren. Sie hat dazu vorgetragen, die unterlassene Dokumentation der Übergabe der Pakete an die Empfängerin sei auf die Vorgehensweise der Versenderin zurückzuführen. Diese habe es vorgezogen, die Anschrift des belgischen UPS-Centers als Lieferanschrift zu wählen. Dementsprechend sei die Zustellung dort vorgenommen und dokumentiert worden. Unter diesen Umständen kann nicht angenommen werden, dass die Beklagte ihre Behauptung, die Empfängerin habe die Ware im UPS-Center in Diegem abgeholt, "offenkundig ins Blaue hinein" aufgestellt hat. Die Revision macht in diesem Zusammenhang auch mit Recht geltend, dass schon das Landgericht darauf hingewiesen hat, dass es unverständlich erscheint, dass erst Monate nach der erwarteten Lieferung ein Verlust reklamiert wurde, obwohl es sich um eine Sendung von ganz erheblichem Wert gehandelt und die Empfängerin Vorkasse geleistet hatte. Unter diesen Umständen durfte das Berufungsgericht den Beweisantritt der Beklagten nicht übergehen.
28
(2) Von der Erhebung zulässiger und rechtzeitig angetretener Beweise darf der Richter nur dann absehen, wenn das Beweismittel völlig ungeeignet oder die Richtigkeit der unter Beweis gestellten Tatsache bereits erwiesen ist. Bei der Zurückweisung eines Beweismittels als ungeeignet ist größte Zurückhaltung geboten. Es muss jede Möglichkeit ausgeschlossen sein, dass der übergangene Beweisantrag Sachdienliches ergeben könnte (BVerfG NJW 1993, 254, 255; BGH, Urt. v. 26.11.2003 - IV ZR 438/02, NJW 2004, 767, 769; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., Vor § 284 Rdn. 10a). Das Berufungsgericht konnte nicht davon ausgehen, dass der Geschäftsführer der Empfängerin keinerlei sachdienliche Angaben zu der Frage machen kann, ob das Gut der Empfängerin übergeben worden ist.
29
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
30
Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
31
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt ein Mitverschulden der Versenderin wegen Unterlassens eines Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens in Betracht, das sich die Klägerinnen zurechnen lassen müssen. Die Gefahr eines besonders hohen Schadens ist nach der Rechtsprechung des Senats bei massenhafter Versendung von Paketen im Allgemeinen anzunehmen, wenn der Wert des einzelnen Pakets (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 98/05, TranspR 2007, 412, 414) 5.000 €, das heißt etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß Nr. 9.2 der Beförderungsbedingungen übersteigt, die die Beklagte ihren Beförderungsleistungen zugrunde legt (BGH, Urt. v. 15.12.2005 - I ZR 95/03, TranspR 2006, 210, 211; Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 175/05, TranspR 2007, 414 Tz. 25). Ausweislich des Schreibens der Versenderin vom 1. Februar 2002 (Anl. K 9) befanden sich in drei Paketen Waren im Wert von 44.891,17 €, so dass von einem Warenwert in Höhe von 14.963,72 € pro Paket auszugehen ist. In zwei weiteren Paketen befanden sich Waren im Wert von 133.242,70 €, so dass von einem Warenwert in Höhe von 66.621,85 € pro Paket auszugehen ist.
32
Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kann nur verneint werden, wenn der Frachtführer trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlich hohen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, TranspR 2006, 208, 209; Urt. v. 11.9.2008 - I ZR 118/06, TranspR 2008, 362, 364). Trägt der Anspruchsteller hierzu nichts vor, ist im Regelfall davon auszugehen, dass der Frachtführer bei einem Hinweis auf den ungewöhnlich hohen Wert des Transportgutes entweder besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen oder den Transportauftrag abgelehnt hätte. Bei einem entsprechenden Sachvortrag des Anspruchstellers zur fehlenden Ursächlichkeit der unterlassenen Wertangabe obliegt es nach den allgemeinen Grundsätzen allerdings dem Frachtführer, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der unterlassene Hinweis auf den ungewöhnlich hohen Wert des Gutes für den entstandenen Schaden zumindest mitursächlich war (BGH, Urt. v. 3.7.2008 - I ZR 205/06, TranspR 2008, 394 Tz. 20). Die Parteien haben im wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit , hierzu ergänzend vorzutragen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 24.04.2006 - 415 O 137/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 11.01.2007 - 6 U 114/06 -

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel entgegen den §§ 520 und 521 Abs. 2 nicht rechtzeitig vorgebracht, so gilt § 296 Abs. 1 und 4 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 202/07
vom
14. Juli 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Eine Haftungsprivilegierung eines Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen des
ihm zustehenden unternehmerischen Ermessens setzt voraus, dass das unternehmerische
Handeln auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen
beruht; das erfordert, dass er in der konkreten Entscheidungssituation alle
verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art ausschöpft und
auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsoptionen
sorgfältig abschätzt und den erkennbaren Risiken Rechnung trägt.

b) Schneidet das Gericht der ersten Instanz einer Partei unter Verstoß gegen
Art. 103 Abs. 1 GG weiteren Sachvortrag ab, in dem es vor Ablauf einer - der Partei
gewährten - Schriftsatzfrist sein Urteil verkündet, setzt das Berufungsgericht
- wenn es gleichwohl neues Vorbringen der Partei in der Berufungsinstanz entgegen
§ 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zurückweist - den Verfahrensverstoß des Erstgerichts
fort und verletzt damit selbst den Anspruch der Partei auf Gewährung rechtlichen
BGH, Beschluss vom 14. Juli 2008 - II ZR 202/07 - OLG München
LG München I
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 14. Juli 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn,
Caliebe und Dr. Reichart

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 8. August 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 13. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Streitwert: 2.000.000,00 €

Gründe:

1
Die Beschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts. Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerinnen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
2
1. Das Berufungsgericht hat eine Haftung des Beklagten nach § 43 Abs. 2 GmbHG verneint, weil der Beklagte bei der Umfinanzierung der Kredite der Klägerin zu 1 seine Pflichten als Geschäftsführer nicht verletzt habe; die vom Beklagten angestellten Berechnungen und der erstellte Maßnahmeplan seien als Entscheidungsgrundlage für die Umfinanzierungsmaßnahme ausreichend gewesen. Abgesehen davon, dass das Berufungsgericht - das über keine eigene Sachkunde verfügte bzw. eine solche nicht dargelegt hat - im Widerspruch zu dieser Feststellung selbst davon ausgeht, dass "möglicherweise" detailliertere Planungen, regelmäßige Kontrollrechnungen und auch die frühzeitige Erstellung eines Tranchenplans notwendig gewesen wären, hat es mit dieser Begründung den - unter Sachverständigenbeweis gestellten - Vortrag der Klägerinnen übergangen, dass zur Beurteilung der Risiken einer Umfinanzierungsmaßnahme in der vom Beklagten durchgeführten Größenordnung nach den anerkannten betriebswirtschaftlichen Grundsätzen eine detaillierte finanzwirtschaftliche Plan(-ergebnis)rechnung zu den Vor- und Nachteilen der Umfinanzierung hätte aufgestellt werden müssen, dass der vom Beklagten erstellte Maßnahmenplan diesen Grundsätzen nicht entspreche, dass eine detaillierte Planrechnung auch erforderlich gewesen wäre, um auf Änderungen der Marktbedingungen reagieren zu können und dass es betriebswirtschaftlich unvertretbar gewesen sei, langfristige Darlehen unter Inkaufnahme von Vorfälligkeitsentschädigungen zu kündigen und in Zeiten volativer Zinsen ohne gesicherte Refinanzierung durch fortlaufend prolongierte kurzfristige Mittel zu ersetzen (z.B. GA III, 660 f., 672, 675 ff., 683, 684).
3
Das Berufungsgericht hat weiterhin den ebenfalls beweisunterlegten Vortrag der Klägerinnen übergangen, dass die - nach ihrer Behauptung ohnehin unzureichende - Berechnung des Beklagten zudem fehlerhaft war (GA III, 677). Mit der Feststellung, der Beklagte habe den Maßnahmeplan fortgeschrieben, hat das Berufungsgericht außerdem den Vortrag außer Acht gelassen, der Beklagte habe gerade nicht auf Zinsentwicklungen, beispielsweise den im Mai einsetzenden Zinsanstieg reagiert, sondern die Umschuldungsmaßnahmen fortgesetzt (GA III, 662).
4
Nach den maßgeblichen Beweislastgrundsätzen (BGHZ 152, 280 ff.) hat zudem der Beklagte zu beweisen, dass die Umschuldungsmaßnahme auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen und ausreichender Information beruhte. Indem das Berufungsgericht - ohne den von den Klägerinnen mehrfach angebotenen Sachverständigenbeweis zu erheben - allein auf der Grundlage des Beklagtenvortrags angenommen hat, der Beklagte habe die Umfinanzierungsentscheidung sorgfältig vorbereitet und umgesetzt, hat es das Grundrecht der Klägerinnen auf Gewährung rechtlichen Gehörs missachtet.
5
2. Die Gehörsverletzung ist entscheidungserheblich. Denn auch die weitere für die Klageabweisung gegebene Begründung verletzt in mehrfacher Weise den Anspruch der Klägerinnen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG).
6
Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Klägerinnen zur Schadenshöhe für unsubstantiiert erachtet und das zur weiteren Substantiierung vorgelegte Gutachten nicht mehr berücksichtigt, weil dieser Vortrag verspätet sei. Damit hat das Berufungsgericht die Anforderungen an die Substantiierung verfahrensfehlerhaft überspannt und sich der Erkenntnis verschlossen, dass nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Partei ihrer Darlegungslast genügt, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung , kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden (vgl. nur Sen.Beschl. v. 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, ZIP 2007, 1524; Sen.Urt. v. 25. Juli 2005 - II ZR 199/03, ZIP 2005, 1738, 1740 m.w.Nachw.). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten, dabei ggf. die benannten Zeugen nach weiteren Einzelheiten zu befragen bzw. einem Sachverständigen die beweiserheblichen Streitfragen zu unterbreiten.
7
Nach diesen Maßstäben war schon der in der ersten Instanz gehaltene Vortrag der Klägerinnen zur Schadenshöhe angesichts der Komplexität der Schadensberechnung zweifelsfrei hinreichend substantiiert. Die Klägerinnen hatten dargelegt, dass der Klägerin zu 1 durch die pflichtwidrige vorzeitige Ablösung von Finanzierungsdarlehen durch den Beklagten - um welche Darlehen es sich handelte, wie lange die Zinsbindung bestand und wann die Darlehen zurückgezahlt wurden, ergab sich aus den Anlagen zu dem als Anlage K 27 vorgelegten Gutachten und der Anlage K 21 - ein Zinsvorteil in Höhe von 4.292.700,00 €, jedoch Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe von 5.320.200,00 €, Umfinanzierungskosten in Höhe von 592.600,00 € und Mietnachteile in Höhe von 658.000,00 €, somit ein Schaden in Höhe von 2.278.100,00 € entstanden sei, und hatten für die Richtigkeit des Gutachtens Sachverständigenbeweis angeboten (GA I, 20/21). Soweit das Berufungsgericht gemeint haben sollte, dieser Vortrag und das vorgelegte Gutachten seien als Grundlage für die Erstellung des beantragten Sachverständigengutachtens unzureichend , würde dies eine - unzulässige, ebenfalls gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßende - vorweggenommene Beweiswürdigung darstellen.
8
In gleicher Weise verfahrensfehlerhaft hat das Berufungsgericht zudem den in der Berufungsinstanz - durch das als Anlage BK 1 vorgelegte Gutachten - ergänzten Vortrag der Klägerinnen zur Schadenshöhe nicht berücksichtigt, durch den offensichtlich auch nach Auffassung des Berufungsgerichts der Klagevortrag schlüssig wurde. Die Zurückweisung dieses Vortrags durch das Berufungsgericht verstößt nicht nur gegen § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, weil das Landgericht vor Ablauf der den Klägerinnen eingeräumten und verlängerten Schriftsatzfrist unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG sein Urteil erlassen und hierdurch den Klägerinnen verfahrensfehlerhaft in erster Instanz weiteren Vortrag abgeschnitten hat, den sie in der Berufungsinstanz mit der Berufungsbegründung nachgeholt haben. Sie verletzt zugleich den Anspruch der Klägerinnen auf Ge- währung rechtlichen Gehörs. Zwar begründet nicht jede, auf der fehlerhaften Anwendung des Prozessrechts beruhende Zurückweisung von Parteivortrag einen Verstoß gegen Art. 103 GG. Dies ist jedoch dann der Fall, wenn neues Vorbringen unter offenkundig fehlerhafter Anwendung des § 531 Abs. 2 ZPO nicht berücksichtigt wird (BGH, Beschl. v. 21. Februar 2006 - VIII ZR 61/04, NJW-RR 2006, 755; v. 9. Juni 2005 - V ZR 271/04, NJW 2005, 2624).
9
So verhält es sich hier. Das Berufungsgericht hat den vorangehenden Verstoß des Landgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG fortgesetzt, indem es, obwohl es den Verfahrensfehler des Landgerichts erkannt hat, gleichwohl den in der Berufungsinstanz nachgeholten Parteivortrag der Klägerinnen grob verfahrensfehlerhaft als "verspätet" und deshalb unbeachtlich behandelt hat.
10
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
11
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 152, 280 ff.) ist Voraussetzung einer Haftungsprivilegierung des Geschäftsführers einer GmbH im Rahmen des unternehmerischen Ermessens, dass sein unternehmerisches Handeln auf einer sorgfältigen Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruht. Danach hat der Geschäftsführer in der konkreten Entscheidungssituation alle verfügbaren Informationsquellen tatsächlicher und rechtlicher Art auszuschöpfen und auf dieser Grundlage die Vor- und Nachteile der bestehenden Handlungsoptionen sorgfältig abzuschätzen und den erkennbaren Risiken Rechnung zu tragen (Goette, Festschrift 50 Jahre BGH, S. 123, 140 f. m.w.Nachw.). Nur wenn diese Anforderungen erfüllt sind, ist Raum für die Zubilligung unternehmerischen Ermessens.
12
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts tragen die bisher getroffenen Feststellungen nicht die Annahme, dass der mit der - am 30. Dezember 2004 eingegangenen (GA II, 304) - Klageerweiterung geltend gemachte weitere Teilbetrag von 1.000.000,00 € verjährt ist (§ 43 Abs. 4 GmbHG). Nach den - insoweit rechtsfehlerfreien - tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts beruhte die Umfinanzierungsmaßnahme auf einem einheitlichen Tatplan. Dies hat zur Folge, dass die Verjährung nach allgemeinen Grundsätzen nicht vor Abschluss der - als einheitliches Geschehen zu betrachtenden - schädigenden Handlung beginnt (Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 31; Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 43 Rdn. 57; OLG Düsseldorf GmbHR 2000, 666, 670). Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist danach der Zeitpunkt, in dem durch den letzten Akt der Umschuldungsmaßnahme der Anspruch der Klägerin zu 1 entstanden, d.h. der Schaden dem Grunde nach eingetreten ist (BGHZ 100, 228, 231; Sen.Urt. v. 21. Februar 2005 - II ZR 112/03, ZIP 2005, 852 f.). Hierfür genügt jede Verschlechterung der Vermögenslage der Klägerin zu 1, die schon durch die Begründung der Verpflichtung zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung eintreten kann.
13
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass die (schädigenden) Handlungen im Jahr 1999 beendet waren. Zu welchem Zeitpunkt im Jahr 1999 dies der Fall war, insbesondere wann im Zuge der Umfinanzierungsmaßnahme das letzte Darlehen gekündigt bzw. abgelöst und die Klägerin zu 1 zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet wurde, ist bisher nicht festgestellt.
Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 11.09.2006 - 14 HKO 18483/03 -
OLG München, Entscheidung vom 08.08.2007 - 7 U 1917/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 69/01 Verkündet am:
15. Oktober 2002
Potsch
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 640 Abs. 1 i.d.F. vom 1.5.2000
Einer Fristsetzung nach § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur
Beschleunigung fälliger Zahlungen bedarf es jedenfalls dann nicht, wenn die von der
Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine klageweise Durchsetzung
des Werklohnanspruchs trotz fehlender Abnahme bereits bei Inkrafttreten dieses
Gesetzes vorlagen.
Nur unter besonderen Umständen kann daraus, daß die Partei in der mündlichen
Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel so zeitig vorzubringen hat, wie es
nach der Prozeßlage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten
Prozeßführung entspricht, eine Verpflichtung der Partei abgeleitet werden, Ermittlungen
zur Feststellung ihr nicht bekannter tatsächlicher Umstände anzustellen.
BGH, Urt. v. 15. Oktober 2002 - X ZR 69/01 - OLG Köln
LG Köln
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 15. Oktober 2002 durch die Richter Prof. Dr. Jestaedt,
Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und die Richter Dr. Meier-Beck und
Asendorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. März 2001 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung von Werklohn für Lieferung und Montage einer Zu- und Abluftanlage für die Küche und die Gasträume
eines China-Restaurants in Anspruch. In der Auftragsbestätigung der Klägerin hieß es u.a.: "Die Luftmengen und Temperaturen werden gemäß den geltenden Vorschriften ausgeführt. Die Leistung erfolgt zum Pauschalpreis von DM 70.000,-- zuzüglich Mehrwertsteuer. ... Bevor wir mit der Ausführung beginnen können, benötigen wir dringend noch folgende Unterlagen: ... - Haubenanschluß, Anschlußwerte des Herstellers ...". Nach mehrfacher Erinnerung teilte der Beklagte der Klägerin für die Kü-

3

chenablufthaube einen Sollvolumenstrom von 3.000 m /h mit.
Nachdem die Klägerin den von ihr in der Küche zunächst eingebauten und vom Beklagten als zu laut beanstandeten Lüfter gegen einen anderen ausgetauscht hatte, verlangte sie vom Beklagten mit Schreiben vom 20. März 1995 die Mitteilung eines Abnahmetermins. Das lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, die Abluftanlagen im Damen-WC und in der Küche seien mangelhaft.
Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Küchenabluftanlage erreiche

3

nicht das von den Parteien vereinbarte Luftstromvolumen von 3.000 m /h.
Das Berufungsgericht hat zunächst ein Ergänzungsgutachten eingeholt. Am Tag vor der letzten mündlichen Verhandlung hat der Beklagte einen kurz zuvor erstatteten TÜV-Prüfbericht vorgelegt, in dem für die Küche ein Abluft-
3
3 volumen von 3.150 m /h und ein Zuluftvolumen von 1.520 m /h angegeben wird. Das Berufungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Beklagten zur Zahlung verurteilt.
Hiergegen richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er den Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.
I. Das Berufungsgericht hat festgestellt, der Beklagte habe das Werk der Klägerin weder ausdrücklich noch stillschweigend abgenommen. Diese von der Revision als ihr günstig nicht angegriffene Feststellung läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
II. 1. Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, daß der Unternehmer auch ohne Abnahme sofort auf Zahlung seiner Vergütung klagen kann, wenn der Besteller die Abnahme grundlos und endgültig verweigert oder ein vorhandener Mangel nach seiner Art, seinem Umfang und vor allem seinen Auswirkungen derart unbedeutend ist, daß das Interesse des Bestellers an ei-
ner Beseitigung vor Abnahme nicht schützenswert ist und sich seine Verweigerung deshalb als Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Das entspricht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 25.1.1996 - VII ZR 26/95, NJW 1996, 1280, 1281). Dabei hat das Berufungsgericht allerdings nicht berücksichtigt, daß § 640 Abs. 1 BGB i.d.F. des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen hierzu nunmehr eine gesetzliche Regelung enthält, indem er bestimmt, daß die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel nicht verweigert werden kann (Satz 2) und daß es der Abnahme gleichsteht, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist (Satz 3). Nach Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 3 EGBGB finden diese Vorschriften auch auf vor dem 1. Mai 2000 abgeschlossene Verträge mit der Maßgabe Anwendung, daß der Lauf der in § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB bestimmten Frist erst mit dem 1. Mai 2000 beginnt.
2. Die Nichtberücksichtigung dieser Vorschriften ist im Ergebnis jedoch unschädlich. Dabei kann dahinstehen, ob es nach neuer Rechtslage einer Fristsetzung auch dann bedarf, wenn der Besteller die Abnahme ernsthaft und endgültig verweigert, weil § 640 Abs. 1 BGB keine § 634 Abs. 2 BGB (in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden und gemäß Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB für das Streitverhältnis maßgebenden Fassung; im folgenden: a.F.) entsprechende Vorschrift enthält (so Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 640 Rdn. 8; Roth, JZ 2001, 543, 550; a.A. Motzke, NZBau 2000, 489, 495; Niemöller, BauR 2001, 481, 485; s. ferner Kniffka, ZfBR 2000, 227, 230, der die Fortführung der bisherigen Rechtsprechung für erwägenswert hält). Ebenso kann dahinstehen, ob das vom Berufungsgericht in Bezug genommene Schreiben vom 20. März 1995 eine Fristsetzung nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB enthält, deren Lauf gemäß
Art. 229 § 1 Abs. 2 Satz 3 EGBGB mit dem 1. Mai 2000 begann. Da durch die Neuregelung die Rechtsstellung des Unternehmers verbessert und nicht verschlechtert werden sollte, bedarf es einer Fristsetzung jedenfalls dann nicht, wenn die Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch des Bestellers ohne Abnahme bereits bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Beschleunigung fälliger Zahlungen vorlagen. Die Übergangsregelung schließt das nicht aus, da sie lediglich bestimmt, unter welchen Voraussetzungen seit dem 1. Mai 2000 auch bei vor diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Verträgen eine Abnahmeverpflichtung des Bestellers oder ein der Abnahme gleichgestellter Tatbestand entstehen kann.
3. Einen Mangel der Lüftungsanlage im Damen-WC hat das Berufungsgericht verneint. Das wird von der Revision nicht angegriffen und läßt keinen Rechtsfehler erkennen.
4. Das Berufungsgericht meint ferner, der Beklagte sei auch nicht wegen unzureichender Leistung der Abluftanlage in der Restaurantküche zur Verweigerung der Abnahme berechtigt. Der Beklagte habe der Klägerin auf deren Anfrage mitgeteilt, daß die Anlage in der Küche mit einem Volumenstrom

3

von 3.000 m /h arbeiten solle; dies sei Gegenstand des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages geworden. Diese Abluftleistung erbringe die Anlage, wie der gerichtliche Sachverständige in seinem vom Berufungsgericht eingeholten Ergänzungsgutachten festgestellt habe und auch der Beklagte dadurch bestätigt habe, daß er unter Bezugnahme auf das TÜV-Gutachten einen ge-

3

messenen Volumenstrom von 3.150 m /h vorgetragen habe. Soweit der Be-

3

klagte der Ansicht sei, der Sollvolumenstrom betrage 5.674 m /h, sei dies des-
halb unerheblich, weil die seiner Ansicht nach zu geringe Dimensionierung allein in seinen Verantwortungsbereich falle.
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Durchgreifende Bedenken bestehen bereits gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten einen Sollvolumenstrom von

3

3.000 m /h vereinbart. Das Berufungsgericht bezieht sich hierzu auf das erstinstanzliche Urteil, in dem das Landgericht aus der Bekundung des Zeugen A. , der Beklagte habe ihm gegenüber in einer Besprechung im November

3

1994 einen erforderlichen Volumenstrom von 3.000 m /h genannt, folgert, dies sei Bestandteil des Vertrages der Parteien geworden. Die Revision rügt zu Recht, daß Landgericht und Berufungsgericht hierbei den vorgetragenen Sachverhalt nicht ausgeschöpft haben.
Nach der Auftragsbestätigung der Klägerin sollten "die Luftmengen ... gemäß den geltenden Vorschriften ausgeführt" werden; es war dort ferner angegeben , daß die Klägerin, bevor sie mit der Ausführung beginnen könne, dringend die Anschlußwerte des Herstellers (der Ofenhaube) benötige. Das Berufungsgericht hat es unterlassen, den (zunächst) mit diesem Inhalt zustandegekommenen Vertrag auszulegen. Sein Wortlaut deutet darauf hin, daß die Klägerin die Volumenströme so zu dimensionieren hatte, wie dies den anwendbaren gesetzlichen Vorschriften und im übrigen den einschlägigen Normen und sonstigen Regeln der Technik für eine fachgerechte Entlüftung entsprach und die Mitteilung der Anschlußwerte ihr lediglich die für eine entsprechende Auslegung der Anlage notwendigen Informationen über für ihre Leistung vorgegebene Umstände liefern sollte.

Auf der Grundlage einer solchen vertraglichen Regelung stellte aber die Mitteilung des Volumenstromes durch den Beklagten zunächst nur die vereinbarte tatsächliche Information dar. Daß sie nach der Vorstellung der Parteien zugleich eine Änderung oder jedenfalls Konkretisierung des geschuldeten Leistungsinhalts bedeuten sollte, ist zwar nicht ausgeschlossen, bedürfte jedoch zusätzlicher tatsächlicher Anhaltspunkte für eine entsprechende Willensübereinstimmung , die das Berufungsgericht nicht festgestellt hat.

b) Unabhängig hiervon hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt , daß nach ständiger Rechtsprechung ein Fehler im Sinne des § 633 Abs. 1 BGB a.F. schon dann vorliegt, wenn das Werk von der Beschaffenheit abweicht , die es für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch haben muß. Der Auftraggeber hat die Entstehung eines mangelfreien, zweckgerechten Werkes zu gewährleisten. Entspricht die Leistung nicht diesen Anforderungen, so ist sie fehlerhaft, und zwar unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind. Ausschlaggebend ist allein, daß der Leistungsmangel zwangsläufig den angestrebten Erfolg beeinträchtigt (BGHZ 91, 206, 212; BGH, Urt. v. 6.5.1985 - VII ZR 304/83, BauR 1985, 567, 568; Urt. v. 20.4.1989 - VII ZR 80/88, BauR 1989, 462, 464; Urt. v. 19.1.1995 - VII ZR 131/93, NJW-RR 1995, 472 f.; Sen.Urt. v. 17.12.1996 - X ZR 86/94, NJW-RR 1997, 688, 689). Ein Mangel liegt deshalb auch dann vor, wenn eine bestimmte Ausführung der Werkleistung vereinbart ist, sich jedoch als für die beabsichtigte Verwendung untauglich erweist (BGHZ 91, 206, 213; BGH, Urt. v. 20.11.1986 - VII ZR 360/85, BauR 1987, 207, 208).
Nach der vom Berufungsgericht nicht geprüften und daher für das Revisionsverfahren als richtig zu unterstellenden Behauptung des Beklagten muß

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die Lüftungsanlage für einen Abluftvolumenstrom von 5.674 m /h ausgelegt werden. Sie ist daher selbst dann fehlerhaft ausgelegt, wenn die Parteien

3

übereinstimmend ein Sollvolumen von 3.000 m /h zugrundegelegt haben.

c) Anders läge es nur dann, wenn der Beklagte der Klägerin eine bindende Anweisung erteilt hätte, die der Klägerin keine Wahl gelassen und absolute Befolgung erheischt hätte (BGHZ 91, 206, 214). Derartiges hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
5. Die vom Berufungsgericht angenommene grundlose Abnahmeverweigerung kann auch nicht aus anderen Gründen angenommen werden.

a) Allerdings trifft den Beklagten ein Mitverschulden an der unzureichenden Dimensionierung des Abluftvolumenstromes, da er der Klägerin fehlerhafte Angaben gemacht hat. Das schloß jedoch die Verpflichtung der Klägerin zu einer fachgerechten Auslegung der Anlage jedenfalls deshalb nicht aus, weil die Klägerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, bereits vor Abschluß ihrer Arbeiten Kenntnis davon erhalten hat, daß der vom Beklagten angegebene Abluftwert nicht zutraf. Sie bot deshalb dem Beklagten, wie sich aus dem im Berufungsurteil in Bezug genommenen erstinstanzlichen Urteil ergibt, eine Erweiterung der Abluftanlage durch den Einbau von zwei neuen Schall-

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dämpfern und einem Lüfter, ausgelegt für einen Volumenstrom von 6.000 m /h, zu einem Mehrpreis von 7.061,-- DM netto an. Nachdem der Beklagte dieses Angebot nicht annahm, baute die Klägerin den von ihr nach ihrem Vorbringen aufgrund eines Versehens ursprünglich eingebauten - vom Beklagten als zu

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laut gerügten - Lüfter mit einer Leistung von 4.850 m /h wieder aus und an sei-

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ner Stelle einen Lüfter mit einem Sollvolumenstrom von 3.000 m /h ein. Danach hat aber die Klägerin den Lüfter mit dem unzureichenden Sollvolumenstrom erst zu einem Zeitpunkt eingebaut, als ihr der zu geringe Sollwert bereits bekannt war; das durfte sie nicht tun.

b) Die - auch - dadurch verursachte mangelhafte Werkleistung kann auch nicht deshalb allein dem Beklagten angelastet werden, weil er das Zusatzangebot der Klägerin nicht angenommen hat. Da die Parteien einen Pauschalpreis für die Lieferung und Montage der Zu- und Abluftanlage für Küche und Gastraum vereinbart hatten, stand der Klägerin für den leistungsfähigeren Lüfter als solchen keine Mehrvergütung zu. Eine zusätzliche Vergütung konnte sie nur für solche Mehraufwendungen beanspruchen, die ihr durch die nachträgliche Umstellung auf einen höheren Sollvolumenstrom entstanden. Solche Mehraufwendungen hat die Klägerin jedoch nicht beziffert und nicht gefordert.
6. Soweit der Beklagte in der letzten mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf seinen Schriftsatz vom 11. Januar 2001 und den diesem beigefügten Prüfbericht der TÜV Anlagentechnik GmbH vom 8. Januar 2001 fer-

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ner eine mit 1.530 m /h unzureichende Auslegung der Küchenzuluftanlage bemängelt hat, hat das Berufungsgericht dies zum einen für nicht nachvollziehbar gehalten, da die vorgelegte Meßwerttabelle für die Zuluft keinen Sollwert aufweise. Zum anderen hat es gemeint, der Vortrag sei nach § 528 Abs. 2 ZPO als verspätet zurückzuweisen, weil der Beklagte ihn schon in erster Instanz hätte halten können, insbesondere gemäß TPrüfVO die TÜV-Prüfung schon zu einem wesentlichen früheren Zeitpunkt hätte vornehmen lassen müssen, und die
Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens die Erledigung des entscheidungsreifen Rechtsstreits verzögern würde.
Auch das beanstandet die Revision mit Erfolg.

a) In der Mängelliste des TÜV-Berichts heißt es unter Nr. 11 zur Minderleistung des Küchen-Zuluftvolumenstromes, sie betrage ca. 57 % gegenüber dem unter Punkt 1 der Bemerkungen berechneten Volumenstrom (=

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3.568 m /h). Es wird ferner ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Bilanz aller Luftströme (Zu- und Abluft) im gesamten Küchenbereich ausgeglichen sein sollte. Ein mangelhafter Zuluftwert war damit nachvollziehbar dargelegt.

b) Die Voraussetzungen des § 528 Abs. 2 ZPO (in der nach § 26 Nr. 5 EGZPO maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung) für die Zurückweisung dieses Vorbringens lagen nicht vor.
Nach dieser Vorschrift sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.
Schon ein Verstoß des Beklagten gegen seine Prozeßförderungspflicht kann jedoch nicht angenommen werden. Eine Partei hat nach § 282 Abs. 1 ZPO in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel,
insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweis- mittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozeßlage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozeßführung entspricht. Die Vorschrift hält damit die Parteien zu konzentrierter Verfahrensführung an; Vorbringen soll grundsätzlich nicht aus prozeßtaktischen Erwägungen zurückgehalten werden (vgl. MünchKomm./Prütting, ZPO, 2. Aufl., § 282 Rdn. 2, 10; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 282 Rdn. 3). Eine Verpflichtung, tatsächliche Umstände, die der Partei nicht bekannt sind, erst zu ermitteln, ist daraus grundsätzlich nicht abzuleiten, sondern kann nur durch besondere Umstände begründet werden. Die Verletzung einer anderen Zwecken dienenden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung, wie sie das Berufungsgericht hier angenommen hat, reicht zur Begründung einer entsprechenden prozessualen "Ermittlungspflicht" nicht aus.
Zu der für eine Zurückweisung weiterhin erforderlichen groben Nachlässigkeit hat das Berufungsgericht überhaupt keine Feststellungen getroffen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs liegt grobe Nachlässigkeit im Sinne der genannten Bestimmung - gleichermaßen wie im Sinne des § 296 Abs. 2 ZPO - nur dann vor, wenn eine Prozeßpartei ihre Pflicht zur Prozeßführung in besonders gravierender Weise vernachlässigt, wenn sie also dasjenige unterläßt, was nach dem Stand des Verfahrens jeder Partei hätte als notwendig einleuchten müssen (vgl. BVerfG NJW 1985, 1149; BGH, Urt. v. 24.9.1986 - VIII ZR 255/85, NJW 1987, 501, 502; Urt. v. 5.7.1990 - I ZR 164/88, NJW 1991, 493, 494). Die diesen Vorwurf begründenden Tatsachen muß das Gericht in seinem Urteil feststellen (BGH, Urt. v. 8.11.1990 - VII ZR 3/90, NJW-RR 1991, 701; Urt. v. 8.3.1991 - V ZR 339/89, NJW-RR 1991, 767); auch daran fehlt es.

Jestaedt Keukenschrijver Mühlens
Meier-Beck Asendorf

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.