Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2001 - XII ZB 192/99

bei uns veröffentlicht am14.02.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 192/99
vom
14. Februar 2001
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Hahne, Gerber, Sprick
und Weber-Monecke

beschlossen:
1. Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluß des 10. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 7. Oktober 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Stollberg vom 6. Mai 1999 als unzulässig verworfen worden ist. 2. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde des Beklagten als unzulässig verworfen. 3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. 4. Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GKG).

Gründe:

I.

Durch Urteil des Familiengerichts vom 6. Mai 1999 wurde der Beklagte verurteilt, an die Kläger - seine minderjährigen Kinder - Unterhalt zu zahlen. Das Urteil wurde ihm am 11. Mai 1999 zugestellt. Mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 7. Juni 1999, bei Gericht eingegangen am 8. Juni 1999, beantragte der Beklagte, ihm "für die beabsichtigte Berufung" gegen das Urteil des Familiengerichts Prozeßkostenhilfe zu bewilligen. Die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Berufung ergebe sich aus dem anliegenden Entwurf der Berufungsschrift, auf den Bezug genommen werde. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten nebst Anlagen war diesem Schriftsatz beigefügt. Die in Bezug genommene Berufungsschrift, die ebenfalls das Datum des 7. Juni 1999 trägt und ebenfalls am 8. Juni 1999 eingegangen ist, enthält ein volles Rubrum, die genaue Bezeichnung des angefochtenen Urteils, die Erklärung, daß der Beklagte gegen dieses Urteil Berufung einlege, den Berufungsantrag, eine etwa zwei Schreibmaschinenseiten umfassende Begründung und die Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten. Entgegen der Bezeichnung in dem Prozeßkostenhilfeantrag ist die Berufungsschrift nicht ausdrücklich als Entwurf gekennzeichnet, sie ist vielmehr wie folgt überschrieben: "Dieser Berufungsschriftsatz soll nur wirksam sein für den Fall, daß dem Beklagten und Berufungskläger für diese Berufung Prozeßkostenhilfe gewährt wird."
Der Vorsitzende des Berufungssenats hat mit Verfügung vom 15. Juni 1999 den Beklagten darauf hingewiesen, ihm könne Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt werden, "da die Berufungsschrift unterschrieben ist und es sich folglich nicht lediglich um einen Entwurf handelt, die Berufung jedoch von einer Bedingung, nämlich der Gewährung von PKH abhängig gemacht wird." Darauf hat der Kläger mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 29. Juni 1999 geantwortet, es handele sich nicht um eine unbedingt eingelegte, jedoch von einer Bedingung abhängig gemachte Berufung, der Beklagte habe v ielmehr zum Ausdruck bringen wollen, "daß dieser Schriftsatz zunächst nur einen Entwurf darstellen soll. Diese ausdrückliche Erklärung gilt weiter - trotz der vorhandenen Unterschrift des Unterzeichneten." Durch den angefochtenen Beschluß hat das Berufungsgericht (unter anderem ) die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen und den Antrag, ihm für das Berufungsverfahren Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.

II.

1. Die Ausführungen des Beklagten lassen nicht erkennen, daß er sein Rechtsmittel in irgendeiner Weise beschränken und nur einen Teil der angefochtenen Entscheidung angreifen will. Es ist deshalb davon auszugehen, daß sich die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Berufungsgerichts insgesamt richtet.
Soweit sich die sofortige Beschwerde gegen die Verwerfung der Berufung des Beklagten wendet, ist sie nach §§ 519 b Abs. 2, 547 ZPO statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat auch in der Sache Erfolg. Das Berufungsgericht geht davon aus, daß es sich bei der von dem Beklagten gleichzeitig mit seinem Prozeßkostenhilfegesuch eingereichten Berufungsschrift nicht um einen Entwurf handelt, sondern schon um die Einlegung der Berufung, allerdings unter einer Bedingung. Die Berufung sei deshalb unzulässig. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, die bedingte Einlegung eines Rechtsmittels sei unzulässig (st.Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 17. Oktober 1973 - IV ZR 68/73 - VersR 1974, 194 m.N.). Dem Berufungsgericht ist auch einzuräumen, daß die von dem Beklagten eingereichte Berufungsschrift isoliert betrachtet dahin verstanden werden könnte, der Beklagte wolle bereits Berufung einlegen, allerdings unter der Bedingung der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe. Es ist jedoch nicht zulässig, die Berufungsschrift in dieser Weise isoliert auszulegen, ohne den Gesamtzusammenhang zu berücksichtigen. Ob ein Schriftsatz bereits die Einlegung eines - eventuell bedingten - Rechtsmittels enthält oder ob er lediglich als Entwurf einer Rechtsmittelschrift zu verstehen ist, wie er üblicherweise einem Prozeßkostenhilfegesuch beigefügt wird, ist eine Frage der Auslegung. Da es sich um die Auslegung prozessualer Erklärungen handelt, hat der Senat die Auslegung des Berufungsgerichts uneingeschränkt nachzuprüfen und die erforderliche Auslegung gegebenenfalls selbst vorzunehmen (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung 5 m.N.).
Die für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze sind auf die Auslegung von Prozeßerklärungen entsprechend anwendbar. Es ist daher analog § 133 BGB nicht an dem buchstäblichen Sinn des in der Parteierklärung gewählten Ausdrucks zu haften, sondern es ist der in der Erklärung verkörperte Wille anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln (BGH aaO VersR 1974 m.N.). Der Beklagte hat das Prozeßkostenhilfegesuch und die Berufungsschrift gleichzeitig eingereicht und in dem Prozeßkostenhilfegesuch ausdrücklich zur Begründung auf die Berufungsschrift verwiesen. Umgekehrt hat er in der Berufungsschrift Bezug genommen auf die beantragte Prozeßkostenhilfe. In einem solchen Falle muß bei der Auslegung der Berufungsschrift der Inhalt des gleichzeitig eingereichten Prozeßkostenhilfegesuchs mit berücksichtigt werden (so auch - in anderem Zusammenhang - Senatsbeschluß vom 16. Dezember 1987 - IVb ZB 161/87 - ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung, unbedingte 2). In dem Prozeßkostenhilfegesuch hat der Beklagte den gleichzeitig eingereichten Schriftsatz mehrfach als "Entwurf" bezeichnet. Außerdem hat er in diesem Schriftsatz mitgeteilt, es sei "beabsichtigt", Berufung einzulegen, nachdem ihm Prozeßkostenhilfe bewilligt worden sei. Diese Formulierungen lassen keinen Zweifel, daß es sich bei dem gleichzeitig eingereichten Schriftsatz lediglich um den Entwurf einer Berufungsschrift handeln sollte. Daß der Beklagte sich die Entscheidung, ob die Berufung durchgeführt werden sollte oder nicht, bis nach der Entscheidung über sein Prozeßkostenhilfegesuch vorbehalten wollte, ergibt sich auch aus der der Berufungsschrift vorangestellten Überschrift. Daß der Prozeßbevollmächtigte des Beklagten in dieser Überschrift nicht den Ausdruck "Entwurf" gewählt hat, wie in dem Prozeßkostenhilfegesuch , sondern davon gesprochen hat, der Berufungsschriftsatz solle "nur wirk-
sam sein", wenn Prozeßkostenhilfe gewährt werde, beruht erkennbar lediglich auf einem Vergreifen im Ausdruck. Für diese Auslegung spricht auch der wirtschaftliche Sinn, den der Beklagte mit den beiden gleichzeitig eingereichten Schriftsätzen verfolgte. Der Beklagte wollte erkennbar das Kostenrisiko eines erfolglosen Berufungsverfahrens vermeiden und deshalb die Durchführung der Berufung davon abhängig machen, ob ihm Prozeßkostenhilfe gewährt würde. Dieses Ziel hätte er nicht erreichen können, wenn er gleichzeitig mit dem Prozeßkostenhilfegesuch bereits (bedingt oder nicht bedingt) Berufung eingelegt hätte. Das Ziel, das eine Partei mit der Abgabe einer Prozeßerklärung erreichen will, darf bei der Auslegung dieser Erklärung nicht unberücksichtigt bleiben. Das Berufungsgericht geht deshalb zu Unrecht davon aus, daß bereits eine Berufung des Beklagten eingelegt worden ist. 3. Der Beklagte hat mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 29. Juni 1999 - vor Erlaß des angefochtenen Beschlusses - auf einen richterlichen Hinweis hin ausdrücklich klargestellt, daß er den zusammen mit dem Prozeßkostenhilfegesuch eingereichten Schriftsatz lediglich als den Entwurf einer Berufungsschrift ansehe. Damit hat er zugleich zum Ausdruck gebracht, daß er Berufung - nach Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist - erst noch einlegen wolle. Zwar können nach Ablauf der Berufungsfrist eingehende klarstellende Erklärungen der Partei für die Auslegung, ob ein zuvor eingegangener Schriftsatz bereits als Einlegung der Berufung zu verstehen ist, nicht berücksichtigt werden. Entscheidend ist allein der objektive Erklärungswert, wie er dem Berufungsgericht innerhalb der Berufungsfrist erkennbar war (BGH, Beschluß vom 24. Mai 2000 - III ZB 8/00 -, BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung 6
m.N.). Würde man mit dem Berufungsgericht davon ausgehen, der Beklagte habe zunächst eine bedingte und damit unzulässige Berufung eingelegt, so wäre dem Schriftsatz des Beklagten vom 29. Juni 1999 jedoch eine Zurücknahme dieser unzulässigen Berufung zu entnehmen. Diese Zurücknahme hätte den Beklagten nicht gehindert, nach Bewilligung der Prozeßkostenhilfe und einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist erneut und in zulässiger Weise Berufung einzulegen (vgl. Zöller /Gummer, ZPO 22. Aufl. § 518 Rdn. 3). Selbst wenn man der Auslegung des Berufungsgerichts folgt, war deshalb zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses nicht mehr über eine beim Berufungsgericht anhängige Berufung zu entscheiden. Soweit das Berufungsgericht über eine nicht eingelegte, zumindest über eine nicht mehr anhängige Berufung entschieden hat, war der angefochtene Beschluß verfahrensfehlerhaft und deshalb aufzuheben. 4. Soweit der Beklagte mit seinem Rechtsmittel den Beschluß des Berufungsgerichts im übrigen angreift, - insbesondere wegen der Verweigerung der Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren - ist die sofortige Beschwerde unzulässig. Gegen solche Entscheidungen der Oberlandesgerichte ist kein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof statthaft (§ 567 Abs. 4 ZPO). Daran ändert es nichts, daß das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, der Beklagte habe bereits eine bedingte und damit unzulässige Berufung eingelegt und daß es den die Prozeßkostenhilfe verweigernden Beschluß in erster Linie auf diesen Gesichtspunkt gestützt hat. Im übrigen hat das Berufungsgericht in dem angefochtenen Beschluß hilfsweise ausgeführt, Prozeßkostenhilfe für die Durchführung des Berufungs-
verfahrens könne auch deshalb nicht bewilligt werden, weil die Berufung in der Sache keine Aussicht auf Erfolg habe. 5. Dem Beklagten kann im vorliegenden Falle wegen der Versäumung der Berufungsfrist auch nicht von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden (§ 236 Abs. 2 ZPO; vgl. Senatsbeschluß vom 8. November 2000 - XII ZB 132/00 -, nicht veröffentlicht). Die Voraussetzungen liegen nicht vor, weil der Beklagte nach der nicht mehr mit einem Rechtsmittel angreifbaren Verweigerung der Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren die versäumte Prozeßhandlung - die Einlegung der Berufung - nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist des § 234 ZPO nachgeholt hat. Blumenröhr Hahne Gerber Sprick Weber-Monecke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2001 - XII ZB 192/99

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2001 - XII ZB 192/99

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 234 Wiedereinsetzungsfrist


(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschw
Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Feb. 2001 - XII ZB 192/99 zitiert 8 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 236 Wiedereinsetzungsantrag


(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten. (2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragste

Zivilprozessordnung - ZPO | § 518 Berufungsfrist bei Urteilsergänzung


Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 8 Strafsachen, Bußgeldsachen


In Strafsachen werden die Kosten, die dem verurteilten Beschuldigten zur Last fallen, erst mit der Rechtskraft des Urteils fällig. Dies gilt in gerichtlichen Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.

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Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

BGHR: ja

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 8/00
vom
24. Mai 2000
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Mai 2000 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und
Galke

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Januar 2000 aufgehoben.
Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil der X. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 11. Januar 1999 gewährt.
Beschwerdewert: 74.167 DM

Gründe


I.


Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Prospekthaftung sowie wegen fehlerhafter Beratung beim Kauf einer Eigentumswohnung Schadensersatz. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Am
letzten Tag der Berufungsfrist reichte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin beim Berufungsgericht einen Schriftsatz vom 16. Juni 1999 ein, der mit "Berufung" überschrieben ist und in dem es heißt:
"In dem Rechtsstreit ... (volles Rubrum) lege ich namens und in Vollmacht der von mir vertretenen Klägerin Berufung gegen das am 11. Januar 1999 verkündete Urteil des Landgerichts ... ein. Die Einlegung der Berufung wird von der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die Klägerin und Berufungsklägerin abhängig gemacht. In der Anlage überreiche ich den Prozeßkostenhilfeantrag meiner Mandantin nebst Anlagen für das Gericht. Die exakten Anträge für die Berufung und die Berufungsbegründung bleiben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Das Gericht wird höflich darum ersucht, für die Begründung des Prozeßkostenhilfeantrags dem Unterzeichner einen Schriftsatznachlaß von zwei Wochen zu gewähren."
Mit Schriftsatz vom 30. Juni 1999, bei Gericht eingegangen am 1. Juli 1999, erfolgte eine Berufungsbegründung. Nachdem das Oberlandesgericht der Klägerin durch Beschluß vom 3. Dezember 1999, der dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 10. Dezember 1999 zugestellt wurde, Prozeßkostenhilfe bewilligt hatte, hat es durch den angefochtenen Beschluß vom 27. Januar 2000 die Berufung als unzulässig verworfen. Es hat den Schriftsatz der Klägerin vom 16. Juni 1999 nur als Antrag auf Prozeßkostenhilfe angesehen und deshalb nach der Gewährung von Prozeßkostenhilfe innerhalb einer Frist von zwei Wochen einen Wiedereinsetzungsantrag, verbunden mit der Einlegung einer Berufung und deren Begründung, für notwendig gehalten. Für eine Wiedereinsetzung von Amts wegen fehlten die Voraussetzungen. Die Klägerin vertritt dagegen in ihrer sofortigen Beschwerde die Auffassung, mit ihrem Schriftsatz vom 16. Juni 1999 bereits eine unbedingte Berufung eingelegt und sich lediglich die weitere Durchführung des Berufungsverfahrens für den Fall der Verweigerung von Prozeßkostenhilfe vorbehalten zu haben.

II.


Die nach § 519 b Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Klägerin hat zwar, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht entschieden hat, die Berufungsfrist versäumt. Hiergegen ist ihr jedoch von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
1. Entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts hat die Klägerin unter dem 16. Juni 1999 das Rechtsmittel der Berufung eingelegt und nicht lediglich einen Antrag auf Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren gestellt. Anders kann die ausdrückliche Erklärung in dem Schriftsatz "lege ich Berufung ein" nicht verstanden werden. Dafür spricht zudem die Überschrift "Berufung" und das nur für eine Rechtsmitteleinlegung notwendige volle Rubrum. Die nachfolgende Einschränkung, die Einlegung der Berufung werde von der Gewährung von Prozeßkostenhilfe abhängig gemacht, nimmt die Erklärung zur Einlegung eines Rechtsmittels trotz der gleichzeitigen Bitte um Schriftsatznachlaß für die Begründung des Prozeßkostenhilfegesuchs, auf die das Oberlandesgericht maßgeblich abstellt, nicht (vollständig) zurück, sondern stellt sie, wie in dem Fall BGHZ 4, 54 oder in den Fallgestaltungen der Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 1992 - V ZB 6/92 - VersR 1993, 713 und vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823, lediglich unter eine Bedingung. Das mag die Klägerin zwar, wie in der Beschwerdebegründung ausgeführt , ebenfalls - in anderer Richtung - anders verstanden haben. Entscheidend ist aber allein der objektive Erklärungswert, wie er dem Berufungsgericht innerhalb der Berufungsfrist erkennbar war. Spätere "klarstellende" Parteierklärun-
gen können dafür nicht berücksichtigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 - VIII ZR 267/94 - NJW 1995, 2563, 2564; Beschluß vom 11. August 1998 - XII ZB 50/98 - BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung, unbedingte 4). Der Wortlaut der Berufungsschrift vom 16. Juni 1999, der auf die Einlegung der Berufung Bezug nimmt und diese an die Gewährung von Prozeßkostenhilfe knüpft, nicht lediglich die Durchführung des Berufungsverfahrens (zu einer solchen Fallgestaltung vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1995 aaO) und auch nicht etwa einen Wiedereinsetzungsantrag ankündigt (so in dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 5. Mai 1993 - XII ZR 142/92 - FamRZ 93, 1427), ist aber insoweit eindeutig. Als bedingte Berufungserklärung war das Rechtsmittel vom 16. Juni 1999 allerdings unzulässig (vgl. BGHZ 4, 54 f.; BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 aaO; vom 24. Juni 1999 aaO; a.A. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 518 Rn. 17).
2. Die unter dem 30. Juni 1999 erfolgte Berufungsbegründung der Klägerin ist indes als erneute Einlegung der Berufung anzusehen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. Mai 1993 aaO; Beschluß vom 19. November 1997 - XII ZB 157/97 - NJW-RR 1998, 507). Der Schriftsatz entspricht - in Verbindung mit dem vorausgegangenen Berufungsschriftsatz vom 16. Juni 1999 - inhaltlich den Anforderungen des § 518 Abs. 2 ZPO an die Einlegung einer Berufung. Im Gegensatz zu diesem läßt er auch den unbedingten Willen der Klägerin zur Durchführung der Berufung erkennen, schon deswegen, weil er die Gewährung von Prozeßkostenhilfe nicht abwartet, außerdem auch auf die "unter dem 16. Juni 1999 eingelegte Berufung" verweist und jeden Hinweis auf eine Abhängigkeit des Rechtsmittels von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe vermeidet. Zu diesem Zeitpunkt war die Berufungsfrist (§ 516 ZPO) freilich abgelaufen, die
zweite Berufung darum nunmehr verspätet und deswegen gleichfalls unzulässig.
3. Wegen dieser Versäumung der Berufungsfrist muß der Klägerin jedoch gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Einer bedürftigen Partei, die innerhalb der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäßen Prozeßkostenhilfeantrag gestellt hat, ist nach der Entscheidung hierüber auf Antrag regelmäßig Wiedereinsetzung zu gewähren, da die Partei dann ohne ihr Verschulden gehindert war, die Frist einzuhalten (§ 233 ZPO; st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluß vom 11. November 1992 - XII ZB 118/92 - NJW 1993, 732, 733; vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823); das gilt auch dann, wenn das zulässige Prozeßkostenhilfegesuch mit einer unwirksamen Berufungseinlegung verbunden wurde (BGH, Beschluß vom 24. Juni 1999 aaO) oder die Berufungsbegründung schließlich - unwirksam - ohne Bewilligung der Prozeßkostenhilfe erfolgte (vgl. BGH, Beschluß vom 24. Juni 1999 - V ZB 19/99 - NJW 1999, 3271). Im Streitfall bedurfte es, was das Berufungsgericht nicht beachtet hat, eines (fristgebundenen ) Wiedereinsetzungsantrags indessen nicht, weil die Klägerin schon vor der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe mit ihrem - Berufung und Berufungsbegründung enthaltenden - Schriftsatz vom 30. Juni 1999 die versäumte Prozeßhandlung nachgeholt hatte und die Gründe für die unverschuldete Fristversäumung aktenkundig waren. Diese vom Berufungsgericht unterlassene Entscheidung kann jetzt der Bundesgerichtshof als Beschwerdegericht treffen (vgl. BGH, Beschluß vom 8. Oktober 1992 aaO). Dadurch wird der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluß des Berufungsgerichts gegenstandslos (BGHZ 98, 325, 328), was durch dessen Aufhebung klargestellt wird.
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

Wird innerhalb der Berufungsfrist ein Urteil durch eine nachträgliche Entscheidung ergänzt (§ 321), so beginnt mit der Zustellung der nachträglichen Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist auch für die Berufung gegen das zuerst ergangene Urteil von neuem. Wird gegen beide Urteile von derselben Partei Berufung eingelegt, so sind beide Berufungen miteinander zu verbinden.

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Form des Antrags auf Wiedereinsetzung richtet sich nach den Vorschriften, die für die versäumte Prozesshandlung gelten.

(2) Der Antrag muss die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten; diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Prozesshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 132/00
vom
8. November 2000
in der Familiensache
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. November durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Blumenröhr und die Richter Dr. Krohn, Gerber, WeberMonecke
und Prof. Dr. Wagenitz

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des 20. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. Juni 2000 aufgehoben. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Dresden vom 13. März 2000 gewährt. Wert: 3.254 DM ( 10 x 279 DM = 2.790 DM 2 x 232 DM = 464 DM).

Gründe:

I.

Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 13. März 2000 wurde der Beklagte zu Unterhaltszahlungen für seine am 11. April 1985 geborene Tochter an den Kläger verurteilt, der der Mutter Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz für das Kind gewährt hatte. Das Urteil wurde dem Beklagten am 20. März 2000 zugestellt. Am 18. April 2000 legte er mit Schriftsatz seines bei dem Oberlandesgericht zugelassenen Prozeßbevollmächtigten
gegen das Urteil Berufung ein, verbunden mit dem Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe, und führte dazu aus, die Berufung werde nur für den Fall der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die Berufungsinstanz - auch teilweise - eingelegt. Zu dem Prozeßkostenhilfegesuch verwies er auf die bei den Akten befindliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit dem Zusatz, diese hätten sich nicht geändert. Im Verfahren vor dem Amtsgericht war dem Beklagten im Dezember 1999 antragsgemäß Prozeßkostenhilfe bewilligt worden. Durch Verfügung vom 26. April 2000 wies der Vorsitzende des Berufungssenats den Beklagten auf Zulässigkeitsbedenken gegen die Berufung hin, weil diese bedingt eingelegt worden sei. Zu der Verfügung nahm der Beklagte am 18. Mai 2000 Stellung mit der Erklärung, die Berufung sei unbedingt eingelegt worden. Außerdem begründete er "die am 18. April 2000 eingelegte Berufung" mit dem Antrag, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen. Zugleich reichte er eine neue Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein. Das Oberlandesgericht verwarf die Berufung durch Beschluß vom 13. Juni 2000 als unzulässig und versagte dem Beklagten die beantragte Prozeßkostenhilfe für das Berufungsverfahren, weil die Berufung wegen der Unzulässigkeit keine Erfolgsaussicht biete. Gegen den Beschluß wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Dem Berufungsgericht ist zwar darin zuzustimmen, daß der Beklagte mit dem Schriftsatz vom 18. April 2000 eine bedingte, nämlich von der Gewährung der beantragten Prozeßkostenhilfe abhängig gemachte, und damit unzulässige Berufung eingelegt hat. Anders war die Erklärung vom 18. April 2000, die Berufung werde nur für den Fall der Gewährung von Prozeßkostenhilfe für die Berufungsinstanz eingelegt, nach ihrem objektiven Erklärungswert nicht zu verstehen (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Juli 1986 - IVb ZB 55/86 - und vom 11. August 1998 - XII ZB 50/98 = BGHR ZPO § 518 Abs. 1 Einlegung, unbedingte 1 und 4; BGH Beschluß vom 24. Mai 2000 - III ZB 8/00 - jeweils m.w.N.). 2. Das rechtfertigte jedoch angesichts der dargelegten Mittellosigkeit des Beklagten nicht die von dem Oberlandesgericht vorgenommene Verwerfung des Rechtsmittels. Denn die Berufung konnte jedenfalls nach der Entscheidung über die beantragte Prozeßkostenhilfe und Wiedereinsetzung des Beklagten in den vorigen Stand gegen die am 20. April 2000 abgelaufene Berufungsfrist rechtswirksam nachgeholt werden.
a) Der Beklagte hatte am 18. April 2000 und damit rechtzeitig innerhalb der Berufungsfrist zusammen mit der bedingten Berufung einen unbedingten, rechtswirksamen Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe gestellt. Über diesen Antrag hatte das Berufungsgericht inhaltlich unter Prüfung der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 13. März 2000 zu entscheiden. Dabei mußte das Gericht bei der Entscheidung über den Prozeßkostenhilfeantrag auf "möglichste Beschleunigung" bedacht sein (vgl. Stein/Jonas/Bork ZPO 21. Aufl. § 118 Rdn. 5; Musielak/Fischer ZPO 2. Aufl. § 118 Rdn. 19). Jedenfalls hatte es über den Prozeßkostenhilfeantrag zu einem Zeitpunkt zu entscheiden, zu dem die
Partei nach Lage der Sache ihre mit dem Antrag verfolgten Belange noch wahrnehmen konnte (vgl. Stein/Jonas/Bork aaO; Musielak/Fischer aaO; auch BVerfG Beschluß vom 13. Juli 1992 - 1 BvR 99/90 = NJW-RR 1993, 382, 383). Da die Prozeßkostenhilfe für die Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens beantragt worden war, hatte das Rechtsmittelgericht, um dem Beklagten wirksamen Rechtsschutz in der Rechtsmittelinstanz zu ermöglichen und zugleich dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zwischen bemittelten und unbemittelten Parteien zu genügen, zunächst über den Prozeßkostenhilfeantrag zu entscheiden , bevor es in der Sache selbst entschied (BVerfG aaO S. 382). Das hat das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft unterlassen.
b) Zugleich hat das Gericht als Folge seiner Vorgehensweise rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, daß die Einreichung der Berufungsbegründung des Beklagten am 18. Mai 2000 als erneute Einlegung der Berufung anzusehen war (vgl. Senatsurteil vom 5. Mai 1993 - XII ZR 124/92 = FamRZ 1993, 1427; BGH Beschluß vom 24. Mai 2000 - III ZB 8/00 -). Der Berufungsbegründungsschriftsatz entspricht - in Verbindung mit dem vorausgegangenen Berufungsschriftsatz vom 18. April 2000 - inhaltlich den Anforderungen des § 518 Abs. 2 ZPO an die Einlegung einer Berufung. Im Gegensatz zu dem Schriftsatz vom 18. April 2000 läßt er auch den unbedingten Willen des Beklagten zur Durchführung der Berufung erkennen, zumal er die Gewährung der beantragten Prozeßkostenhilfe nicht abwartet, ausdrücklich auf die "mit Schriftsatz vom 18. April 2000 eingelegte Berufung" verweist und jeden Hinweis auf eine Abhängigkeit des Rechtsmittels von der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe vermeidet (vgl. BGH Beschluß vom 24. Mai 2000 aaO).

c) Bei Einlegung der Berufung am 18. Mai 2000 war zwar die Berufungsfrist des § 516 ZPO bereits abgelaufen. Die Berufung war daher verspätet und insoweit ebenfalls unzulässig. Wegen dieser Versäumung der Berufungsfrist ist dem Beklagten jedoch gemäß § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diese von dem Oberlandesgericht unterlassene Entscheidung kann der Bundesgerichtshof als Beschwerdegericht treffen (vgl. BGH Beschluß vom 24. Mai 2000 m.w.N.). Die Vorschrift des § 234 Abs. 1 und 2 ZPO steht der Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts - nicht entgegen. Wie der Bundesgerichtshof bereits für einen der vorliegenden Verfahrensgestaltung vergleichbaren Fall - in dem ebenfalls ein wirksames Prozeßkostenhilfegesuch mit einer Rechtsmittelerklärung "für den Fall der Bewilligung des Gesuchs" verbunden worden war - entschieden hat, hat die unzulässige Rechtsmittelerklärung in einem solchen Fall keinen Einfluß auf die Gründe, aus denen die Partei an der Fristwahrung gehindert ist (vgl. BGH Beschluß vom 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99 - NJW 1999, 2823). Dann beseitigt aber auch ein Hinweis auf die Unzulässigkeit der Rechtsmittelerklärung , wie ihn der Vorsitzende des Berufungssenats am 26. April 2000 erteilt hat, nicht das Hindernis (der Mittellosigkeit) für die Fristwahrung und setzt deshalb nicht die Frist des § 234 Abs. 1 ZPO in Lauf. Mit der Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird der die Berufung als unzulässig verwerfende Beschluß des Berufungsgerichts gegenstandslos (vgl. BGHZ 98, 325, 328), was durch dessen Aufhebung klargestellt wird.

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(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.