Bundesgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2018 - 4 StR 336/17

bei uns veröffentlicht am12.04.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 336/17
vom
12. April 2018
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:120418U4STR336.17.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. April 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Cierniak, Bender, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Staatsanwältin als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung – als Verteidiger,
Rechtsanwältin – in der Verhandlung – als Vertreterin der Nebenklägerin Y. ,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2017 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch – mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen –, soweit der Angeklagte in den Fällen II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe verurteilt worden ist, und
b) im gesamten Strafausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft und die Revision des Angeklagten werden verworfen.
4. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklägerinnen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in drei Fällen, Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in zwei Fällen, schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Erpressung, wegen Körperverletzung, Anstiftung zum Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse, Anstiftung zum Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse , Zuhälterei in Tateinheit mit versuchtem schweren Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung sowie wegen Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt. Hiergegen richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, vom Generalbundesanwalt nur teilweise vertretene Revision der Staatsanwaltschaft mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Die Beschwerdeführerin erstrebt in den Fällen II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe jeweils Verurteilungen wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei, im Fall II.2.c Fall 5 der Urteilsgründe einen Schuldspruch auch wegen tateinheitlich begangener Zuhälterei und im Fall II.2.f Fall 17 der Urteilsgründe insbesondere eine Verurteilung wegen räuberischer Erpressung und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Im Übrigen beanstandet sie den Strafausspruch. Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf die nicht ausgeführte Sachrüge gestützten Revision gegen seine Verurteilung.
2
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Schuldspruchs in den Fällen II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe sowie des gesamten Strafausspruchs. Im Übrigen erweist es sich als unbegründet. Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.

I.


3
Nach den Feststellungen nahm der Angeklagte über das Internet zu einer Vielzahl von Frauen Kontakte auf, die er dazu nutzte auszuloten, ob die Frauen bereits über Erfahrungen im Rotlichtmilieu verfügten oder zumindest die grundsätzliche Bereitschaft zeigten, als Prostituierte zu arbeiten. Sofern die Frauen ihm gefielen oder er davon ausging, sie zu einer Prostitutionstätigkeit bringen zu können, intensivierte er die Beziehungen in der Absicht, an den Einnahmen der Frauen zu partizipieren, um so seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
4
In drei Fällen brachte er jeweils bereits der Prostitution nachgehende Frauen mit dem tatsächlich unzutreffenden Versprechen, Gelder für eine gemeinsame Zukunft anzulegen, dazu, ihm im Zeitraum von Dezember 2014 bis Januar 2016 Geldbeträge in Höhe von insgesamt 15.000 Euro, 3.500 Euro und 13.000 Euro zu überlassen, die er abredewidrig jeweils für sich verbrauchte (II.2.a, II.2.b und II.2.e Fall 7 der Urteilsgründe). Einer dieser Frauen schlug der Angeklagte im Rahmen einer Auseinandersetzung im Oktober oder November 2015 mit der flachen Hand ins Gesicht sowie gegen den Kopf und trat ihr gegen Arme und Beine sowie mindestens einmal leicht gegen den Unterleib (II.2.e Fall 10 der Urteilsgründe).
5
In zwei Fällen veranlasste der Angeklagte Frauen unter 21 Jahren zur Aufnahme einer Prostitutionstätigkeit. Die zur Tatzeit 20-jährige Geschädigte H. brachte der Angeklagte, der sie zuvor über die Abläufe einer Prostitutionstätigkeit in einem Club informiert hatte, am 5. Juni 2015 mit seinem Fahrzeug zu einem von ihm ausgewählten Saunaclub in R. , wo sie füreinige Tage der Prostitution nachging und nach Abzug der Kosten 1.900 Euro verdien- te. Der Aufforderung des Angeklagten, ihn per Mobiltelefon über die jeweiligen Einkünfte zu unterrichten, kam die Geschädigte nur unvollständig nach (II.2.c Fall 4 der Urteilsgründe). Am 9. Juni 2015 holte der Angeklagte die Geschädigte H. mit seinem Pkw aus dem Saunaclub ab. Nachdem er vergeblich versucht hatte, die Geschädigte mit der Erklärung, das Geld für eine gemeinsame Zukunft anlegen zu wollen, zur Herausgabe ihres Verdienstes zu bewegen, kam es zwischen dem Angeklagten und der eine Geldübergabe beharrlich verweigernden Geschädigten zu einer sich über geraume Zeit hinziehenden Auseinandersetzung , in deren Verlauf der Angeklagte schließlich drohte, der Familie der Geschädigten von ihrer Tätigkeit zu erzählen und – tatsächlich nicht vorhandene – Videos von ihr aus dem Club zu zeigen. Dabei hatte der Angeklagte in gewisser Weise auch bereits im Auge, dass diese Drohung geeignet sein könnte, die Geschädigte für eine weitere Prostitutionsausübung „bei der Stange“ zu halten. Die Geschädigte, die befürchtete, der Angeklagte werde seine Drohung wahrmachen, übergab ihm schließlich 1.000 Euro, von denen sie 100 Euro alsbald zurückerhielt. Zwei Tage später vereinbarten der Angeklagte und die Geschädigte, dass sie ab dem folgenden Tag wieder in dem Club arbeiten solle. Die Geschädigte wollte dies eigentlich nicht mehr, hatte aber nunmehr vor allem wegen der ihr noch sehr präsenten Drohung, ihre Eltern über die Tätigkeit als Prostituierte in Kenntnis zu setzen, gewisse Ängste vor dem Angeklagten. Dem Angeklagten, dem seinerseits noch gegenwärtig war, mit welchen Drohungen er die Geschädigte zwei Tage zuvor aus seiner Sicht „eingenordet“ hatte, war zumindest mit bedingtem Vorsatz bewusst, dass dies fortwirkte, ohne dass es erneuter Drohungen bedurfte. Nachdem der Angeklagte die Geschädigte H. mit seinem Pkw wieder in den Club nach R. gebracht und sich diesmal einen ihrer Wohnungsschlüssel hatte aushändigen lassen, ging die Geschädigte für fünf Tage der Prostitution nach und erzielte einen Nettover- dienst von 1.900 Euro, wovon sie später ohne erneute Auseinandersetzung 1.000 Euro an den Angeklagten übergab (II.2.c Fall 5 der Urteilsgründe).
6
Die damals 19 Jahre alte Geschädigte N. brachte der Angeklagte im Juli 2015 mit seinem Pkw in den Saunaclub nach R. . Zuvor hatte er die Geschädigte näher über die Tätigkeit als Prostituierte in einem Club informiert, mit ihrem Einverständnis den Club ausgewählt, ihr zur Mitteilung ihrer Einkünfte ein Mobiltelefon ausgehändigt und sich einen ihrer Wohnungsschlüssel geben lassen. In der Folgezeit ging die Geschädigte für einige Zeit, unterbrochen durch einen einwöchigen Urlaub, der Prostitution nach, ehe sie aus dem Saunaclub verschwand. Von ihren durch die Prostitution erzielten Einkünften übergab sie bei verschiedenen Gelegenheiten Teile an den Angeklagten (II.2.d der Urteilsgründe).
7
Anfang Januar 2016 lernte der Angeklagte über das Internet die Geschädigte M. kennen, die sich zum damaligen Zeitpunkt in einer desolaten finanziellen Lage befand, und überredete sie zur Aufnahme einer Tätigkeit als Prostituierte. Da die Geschädigte einer beruflichen Beschäftigung nachging, veranlasste der Angeklagte die ohne die erforderliche Untersuchung erfolgende Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Geschädigte durch einen Arzt und deren Vorlage bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (II.2.f Fall 14 und 15 der Urteilsgründe). Am 7. Januar 2016 fuhr der Angeklagte die Geschädigte zu dem Saunaclub in R. . Er erklärte ihr nochmals, wie sie sich verhalten solle, nahm sämtliche Wohnungsschlüssel der Geschädigten an sich, gab ihr 50 Euro zur Bezahlung der Zimmermiete im Club und forderte sie auf, regelmäßig mittels Mobiltelefon über ihre Einkünfte zu berichten. Ferner sagte er zu, die Geschädigte abzuholen, wenn es ihr im Club nicht gefalle. Nach Entrichtung des Eintritts und Einweisung in die Abläufe fasste die Ge- schädigte den Entschluss, dort nicht arbeiten zu wollen. Sie rief den Angeklagten an und bat ihn vergeblich, sie wieder abzuholen. Da sie für eine Rückfahrt zu ihrer Wohnung kaum genügend Geld und zudem auch keine Wohnungsschlüssel hatte, ließ sie sich bis zum 10. Januar 2016 in begrenztem Umfang auf eine Prostitutionstätigkeit ein und verdiente insgesamt 300 Euro. Während dieser Zeit lehnte der Angeklagte die wiederholt telefonisch geäußerten Bitten der Geschädigten, sie aus dem Club wieder abzuholen, jeweils ab, wobei er ihr deutlich zu verstehen gab, dass sie schon deshalb dort bleiben müsse, weil er schließlich ihre Wohnungsschlüssel habe. Bei einem der Telefonate – nicht ausschließbar zu einem Zeitpunkt, nach welchem die Geschädigte ohne weitere Prostitutionstätigkeit den Club verließ – drohte der Angeklagte damit, den Arbeitgeber der Geschädigten über die falsche Krankmeldung und die Prostitutionsausübung zu informieren, um auf diese Weise die Geschädigte unter Druck zu setzen und zur Fortsetzung der Tätigkeit als Prostituierte zu bringen (II.2.f Fall 16 der Urteilsgründe).
8
Nachdem die Geschädigte am 10. Januar 2016 den Club verlassen hatte und mit einem Taxi zu ihrer Wohnung nach Ma. gefahren war, rief sie den Angeklagten an und forderte ihn auf, ihr die Wohnungsschlüssel zu bringen. Als der Angeklagte mit seinem Pkw vor der Wohnung erschien, blieb er bei laufendem Motor im Fahrzeug sitzen, während die Geschädigte sich mit ihrem Oberkörper durch das geöffnete Fenster auf der Beifahrerseite in das Fahrzeuginnere lehnte und die Rückgabe der Wohnungsschlüssel verlangte. Der Angeklagte weigerte sich und forderte seinerseits die Rückzahlung ihr zur Verfügung gestellter 100 Euro, wobei er wusste, hierauf keinen Anspruch zu haben. Im Verlauf der sich nunmehr entwickelnden Auseinandersetzung, in der die Geschädigte auf Herausgabe ihrer Schlüssel und der Angeklagte auf die Rückzahlung des Geldes pochten, forderte der Angeklagte die Geschädigte mehrfach auf, ihren Kopf aus dem Fahrzeuginneren zu nehmen, was diese nicht tat, weil sie befürchtete, der Angeklagte werde davonfahren, ohne ihr die Wohnungsschlüssel ausgehändigt zu haben. Obgleich die Geschädigte ihren Kopf nicht komplett aus dem Auto gezogen hatte, fuhr der Angeklagte kurz an, brachte sein Fahrzeug aber nach fünf Metern vor einer dort befindlichen Ampel ohne Vollbremsung wieder zum Stehen. Beim Anfahren ging er davon aus, dass die Geschädigte zurückschrecken und Kopf bzw. Oberkörper aus dem Fenster nehmen werde. Zu seiner Überraschung zog die Geschädigte indes nicht zurück, sondern hechtete in das Fahrzeuginnere, um ein Wegfahren des Angeklagten mit ihren Wohnungsschlüsseln zu verhindern. Während der anschließenden Fahrt nahm die Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten, der immer mehr in Rage geriet, und der auf dem Beifahrersitz sitzenden Geschädigten ihren Fortgang. Der Angeklagte stoppte das Fahrzeug und versuchte erfolglos, die Geschädigte an den Haaren und den Armen aus dem Auto zu zerren, wodurch sie blaue Flecke davontrug. Sodann fuhr er mit der Geschädigten weiter durch die Gegend, brüllte und beschimpfte sie unablässig, ohne weiter körperlich gewalttätig zu werden. Schließlich gab die Geschädigte dem Angeklagten 150 Euro, die von ihrem Verdienst im Club noch übrig waren, da sie einerseits anders nicht an ihre Schlüssel zu kommen glaubte und andererseits die Drohungen des Angeklagten nicht einzuschätzen wusste und es für besser hielt, ihm nicht weiter Widerstand entgegenzusetzen (II.2.f Fall 17 der Urteilsgründe).
9
Das Landgericht hat die Taten II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe zum Nachteil der Geschädigten H. und N. als Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung nach § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB in der bis 14. Oktober 2016 geltenden Fassung und die Tat II.2.c Fall 5 der Urteilsgründe zum Nachteil der Geschädigten H. als Erpressung gemäß § 253 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit schwerem Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung nach § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF gewertet. Die Tat II.2.f Fall 17 der Urteilsgründe zum Nachteil der Geschädigten M. hat es rechtlich als Erpressung nach § 253 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB gewürdigt.

II.


10
Revision der Staatsanwaltschaft
11
1. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist – wirksam – auf die Schuldsprüche in den Fällen II.2.c Fälle 4 und 5, II.2.d und II.2.f Fall 17 der Urteilsgründe sowie den Strafausspruch beschränkt.
12
Die Beschwerdeführerin hat eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift vom 7. April 2017 zunächst die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erho- ben und anschließend ausgeführt, dass das Gericht „in mehreren Fällen den Sachverhalt rechtlich falsch gewürdigt“ und „wesentliche Strafzumessungsfaktoren unberücksichtigt gelassen“ habe. Die anschließend umfangreich dargeleg- ten Einzelbeanstandungen, die sich ausschließlich auf die rechtliche Würdigung in den genannten vier Fällen der Urteilsgründe sowie die Strafzumessung be- ziehen, werden mit der Formulierung eingeleitet, dass im Folgenden „die relevantesten Fehler näher ausgeführt“ werden sollen, wobei dies „ausdrücklich keine Beschränkung der allgemein erhobenen Sachrüge auf diese Fehler darstellen“ solle. Abschließend wird der Antrag gestellt, das angefochtene Urteil „zumindest in den aufgeführten Punkten und bezüglich der Gesamtstrafe“ auf- zuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
13
Da die wiedergegebenen Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift der Staatsanwaltschaft die Reichweite des Revisionsangriffs nicht eindeutig bestimmen, ist der Anfechtungswille der Beschwerdeführerin durch Auslegung zu ermitteln. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Staatsanwaltschaft nach Nr. 156 Abs. 2 RiStBV gehalten ist, keine allgemeinen Sachrügen zu erheben und Revisionen so zu begründen, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils eine Rechtsverletzung gesehen und auf welche Gründe diese Rechtsauffassung gestützt wird (vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Beschluss vom 21. Mai 2003 – 5 StR 69/03, bei Becker, NStZ-RR 2004, 228 Nr. 17). Die im Anschluss an die Erhebung der Sachrüge erfolgte Umschreibung der Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Urteils und die näher ausgeführten Einzelbeanstandungen ergeben im Wege der Auslegung, dass sich die Staatsanwaltschaft ausschließlich gegen die rechtliche Würdigung in den Fällen II.2.c Fälle 4 und 5, II.2.d und II.2.f Fall 17 der Urteilsgründe wendet und die Strafzumessung beanstandet. Der Hinweis auf die nicht gewollte Beschränkung der allgemein erhobenen Sachrüge bezieht sich dem Kontext der Begründungsschrift nach auf die nachfolgend im Einzel- nen ausgeführten „relevantesten“ Gründe für die zuvor nur teilweise angenom- mene Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils und führt daher zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei einer Vielzahl abgeurteilter Taten die nicht ausgeführte Sachrüge zur ordnungsgemäßen Begründung einer Revision der Staatsanwaltschaft nicht ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11 Rn. 21, insoweit in BGHSt 57, 183 nicht abgedruckt; Beschlüsse vom 5. November 2009 – 2 StR 324/09, NStZ-RR 2010, 288; vom 21. Mai 2003 – 5 StR 69/03, aaO), wäre im Übrigen auch ein umfassend formulierter Vorbehalt nicht geeignet, eine Beschränkung des Rechtsmittels auszuschließen.
14
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist zum Schuldspruch, soweit das Landgericht in den Fällen II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe eine Strafbarkeit des Angeklagten jeweils wegen schweren Menschenhandels nach § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB in der bis 14. Oktober 2016 geltenden Fassung verneint hat, sowie zum Strafausspruch insgesamt begründet. Im Übrigen bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
15
a) Die Erwägungen, mit denen die Strafkammer eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen schweren Menschenhandels nach § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF in den genannten Fällen verneint hat, halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
16
aa) Nach der Qualifikationsnorm des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF, die auf die Taten des Angeklagten gemäß § 2 Abs. 3 StGB weiterhin Anwendung findet , weil die Strafandrohung des § 232a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 StGB i.V.m. § 232 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StGB in der am 15. Oktober 2016 in Kraft getretenen Fassung durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels und zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes sowie des Achten Buches Sozialgesetzbuch vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I, 2226) nicht milder ist (vgl. BGH, Beschluss vom 23. März 2017 – 1 StR 607/16, BGHR StGB § 2 Abs. 3 Gesetzesänderung 18), macht sich wegen schweren Menschenhandels strafbar, wer die Tat nach § 232 Abs. 1 StGB aF gewerbsmäßig begeht. Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig zu werten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 28. August 2008 – 4 StR 327/08, StraFo 2008, 477). Die Wiederholungsabsicht muss sich stets auf das Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Ge- werbsmäßigkeit qualifiziert ist (vgl. BGH, Beschluss vom 1. September 2009 – 3 StR 601/08, BGHR StGB § 146 Abs. 2 Gewerbsmäßig 1; Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 2 Gewerbsmäßig 2; Beschluss vom 13. Dezember 1995 – 2 StR 575/95, NStZ 1996, 285, 286; Sternberg -Lieben/Bosch in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., vor §§ 52 ff. Rn. 95; Fischer, StGB, 65. Aufl., vor § 52 Rn. 61a). Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF liegt mithin vor, wenn der Täter sich eine fortlaufende Einnahmequelle gerade durch die wiederholte Vornahme solcher Handlungen verschaffen will, die den Tatbestand des § 232 Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB aF erfüllen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Februar 2011 – 4 StR 622/10). Dabei ist aber nicht erforderlich, dass der Täter die erstrebten Einnahmen ausschließlich aus Taten nach § 232 Abs. 1 StGB aF erzielen will. Es reicht vielmehr aus, wenn sich die Wiederholungsabsicht auch auf derartige Taten erstreckt (vgl. BGH, Urteile vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, aaO; vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 Gewerbsmäßig 6; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 30 Rn. 117 jeweils zu § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG).
17
bb) Das Landgericht hat die Ablehnung der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF im Wesentlichen damit begründet, dass es dem Angeklagten nach den Feststellungen nicht darauf ankam, gerade Frauen unter 21 Jahren zur Prostitution zu bringen. Damit ist es aber von einem zu engen Verständnis der Gewerbsmäßigkeit ausgegangen. Mit der Frage, ob sich das Bestreben des Angeklagten, zur Erzielung von Einkünften Frauen zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution zu veranlassen, auch auf Frauen unter 21 Jahren bezog, hat sich die Strafkammer nicht auseinandergesetzt. Angesichts des Umstands, dass sich der Angeklagte bei der Geschädigten H. , da sie volljährig war, über deren Alter keine weiteren Gedanken machte und er im Zeitraum von knapp zwei Monaten zwei Frauen unter 21 Jahren zur Aufnahme einer Tätigkeit als Prostituierte veranlasste, liegt eine solche Absicht jedenfalls nicht fern.
18
cc) Die Fälle II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe bedürfen daher einer neuen tatrichterlichen Verhandlung und Entscheidung. Einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen tatsächlichen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bedarf es nicht.
19
b) Die Strafkammer hat – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – in den Fällen II.2.c Fälle 4 und 5 sowie II.2.d der Urteilsgründe zu Recht von einer Verurteilung jeweils auch wegen tateinheitlich begangener Zuhälterei nach § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB abgesehen. In den Fällen II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen einer dirigierenden Zuhälterei nicht vor. Im Fall II.2.c Fall 5 der Urteilsgründe tritt der verwirklichte § 181a Abs. 1 Nr. 2 3. Alternative StGB hinter den schweren Menschenhandel gemäß § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF zurück.
20
aa) Der Tatbestand der dirigierenden Zuhälterei nach § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB setzt in allen Begehungsvarianten eine bestimmende Einflussnahme auf die Prostitutionsausübung voraus; eine bloße Unterstützung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr ein Verhalten des Täters, das geeignet ist, die Prostituierte in Abhängigkeit von ihm zu halten, ihre Selbstbestimmung zu beeinträchtigen , sie zu nachhaltiger Prostitutionsausübung anzuhalten oder ihre Entscheidungsfreiheit in sonstiger Weise nachhaltig zu beeinflussen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Juni 2015 – 2 StR 75/15, NStZ 2015, 638; vom 1. August 2003 – 2 StR 186/03, BGHSt 48, 314, 317 mwN; vom 13. November 2001 – 4 StR 408/01). Beim Überwachen geht es um eine andauernde Kontrolle der Geldeinnahmen , der Buchführung und der Preisgestaltung für die sexuellen Dienstleis- tungen, die eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Prostituierten bewirken kann, welche ihr eine Lösung aus der Prostitution erschwert. Das Bestimmen der Umstände der Prostitution muss zur Erfüllung des Tatbestands des § 181a Abs. 1 Nr. 2 2. Alternative StGB in einer Weise erfolgen, dass sich die Prostituierte den Weisungen nicht entziehen kann. Freiwilliges Akzeptieren von Bedingungen schließt dirigierende Zuhälterei in diesem Sinne aus (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2015 – 2 StR 75/15, aaO). Die dritte Tatbestandsvariante des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB liegt vor, wenn der Täter, der Beziehungen zu der Prostituierten unterhält und um des eigenen Vermögensvorteils willen handelt, Maßnahmen ergreift, welche das Opfer davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben. Erfasst werden hiervon nur Vorkehrungen, die das Opfer in seiner Entscheidungsfreiheit zu beeinträchtigen geeignet und darauf gerichtet sind, ihm den Weg aus der Prostitution zu verbauen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juni 2015 – 2 StR 75/15, aaO; Urteil vom 9. Oktober 2013 – 2 StR 297/13, NStZ 2014, 453, 455). Dies ist der Fall, wenn sich das Opfer durch Zwang oder Drohung an der Prostitution festgehalten fühlt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2002 – 4 StR 66/02, NStZ-RR 2002, 232).
21
bb) Von diesem Maßstab ausgehend hat sich der Angeklagte in den Fällen II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe nicht der dirigierenden Zuhälterei gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB schuldig gemacht. Der Angeklagte, der jeweils den Club für die Prostitutionsausübung im Einverständnis mit den Geschädigten auswählte und die Geschädigten mit seinem Fahrzeug dorthin brachte, nahm nach den Feststellungen auf die Prostitutionsausübung in dem Bordellbetrieb keinen Einfluss. Seine Aufforderung, ihn per Mobiltelefon über die jeweiligen Einkünfte zu informieren, der die Geschädigte H. – vom Angeklagten unbeanstandet – nur unvollständig nachkam, und die im Zusammenhang mit dem Abholen der Geschädigten aus dem Club jeweils erfolgten Nach- fragen nach der Höhe der Einnahmen reichen auch im Zusammenwirken für die Annahme einer Überwachung im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 2 1. Alternative StGB nicht aus. Schließlich war das Ansichnehmen einer der Wohnungsschlüssel der Geschädigten durch den Angeklagten nicht geeignet, den Geschädigten durch Drohung oder Zwang den Weg aus der Prostitution zu verbauen.
22
cc) Im Fall II.2.c Fall 5 der Urteilsgründe sind die tatbestandlichen Voraussetzungen der dirigierenden Zuhälterei gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 2 1. und 2. Alternative StGB aus den dargelegten Gründen ebenfalls nicht erfüllt. Indem der Angeklagte die Geschädigte H. mit der Drohung, ihre Eltern über die Tätigkeit als Prostituierte ins Bild zu setzen, zur Fortsetzung der Prostitution veranlasste , hat er indes – wovon die Strafkammer zu Recht ausgegangen ist – zugleich eine Maßnahme getroffen, welche die Geschädigte davon abhalten sollte, die Prostitution aufzugeben, und damit die dritte Begehungsalternative des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB verwirklicht. Da sich die Zuhältereihandlung aber in der Drohung erschöpfte, die zur Strafbarkeit des Angeklagten wegen schweren Menschenhandels nach § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF führt und beide Strafvorschriften mit der Freiheit der Selbstbestimmung des Opfers in sexueller und wirtschaftlicher Hinsicht den Schutz desselben Rechtsguts bezwecken (vgl. Eisele in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 181a Rn. 1 und § 232 Rn. 7 jeweils mwN), kommt der Verwirklichung des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB in der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation gegenüber § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF keine unrechtssteigernde Bedeutung zu. Das Unrecht der Tat wird – wovon das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgegangen ist – vielmehr vollständig durch den schweren Menschenhandel nach § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF mit der Folge erfasst, dass § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz hinter § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB aF zurücktritt.
23
c) Mit ihren gegen den Schuldspruch im Fall II.2.f Fall 17 der Urteilsgründe gerichteten Beanstandungen dringt die Revision der Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht durch.
24
aa) Das Landgericht hat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen räuberischer Erpressung nach §§ 255, 253 Abs. 1 und 2 StGB und gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB zu Recht verneint, weil die Gewaltanwendung durch das Zerren an Haaren und Armen der Geschädigten nicht der Durchsetzung der Geldforderung diente und der Angeklagte beim Anfahren mit seinem Pkw nicht mit dem für einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in Gestalt eines verkehrsfremden Inneneingriffs zumindest erforderlichen bedingten Schädigungsvorsatz zum Nachteil der Geschädigten H. handelte (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 2003 – 4 StR 228/02, BGHSt 48, 233; Ernemann in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl., § 315b Rn. 3 mwN).
25
bb) Die den getroffenen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung der Strafkammer begegnet unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20 f. mwN; Franke in Löwe/Rosenberg , StPO, 26. Aufl., § 337 Rn. 117 ff. mwN) keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
26
Das Landgericht hat die Feststellungen zum Geschehen am und im Fahrzeug des Angeklagten auf die im Wesentlichen deckungsgleichen Angaben des Angeklagten und der Geschädigten in der Hauptverhandlung gestützt, denen der Ablauf der Ereignisse wegen der dem Geschehen innewohnenden Dynamik nicht mehr in jedem Detail erinnerlich gewesen ist. Die Gewaltanwen- dung im Zusammenhang mit dem vergeblichen Versuch, die Geschädigte aus dem Auto herauszuzerren, ist nur von der Geschädigten im Rahmen ihrer Zeugenaussage geschildert worden. Die vom Landgericht in tatrichterlicher Verantwortung aus dem objektiven Geschehen – einschließlich des Umstands, dass die Geschädigte ohne Willen des Angeklagten in das Fahrzeug gelangt war – gezogene Schlussfolgerung, wonach die Gewaltanwendung nicht zur Durchsetzung der Geldforderung, sondern zum Entfernen der Geschädigten aus dem Pkw dienen sollte, ist möglich und damit für das Revisionsgericht bindend. Dass eine andere tatsächliche Würdigung – wie vom Generalbundesanwalt aufgezeigt – möglicherweise nähergelegen hätte, ist für die revisionsgerichtliche Prüfung der Beweiswürdigung ohne Belang.
27
Zu den objektiven Gegebenheiten beim Anfahren des Angeklagten mit seinem Pkw hat die Strafkammer neben den Angaben des Angeklagten und der Geschädigten zusätzlich die Erkenntnisse aus der Innenraumüberwachung im Fahrzeug des Angeklagten herangezogen. Der Tonaufzeichnung aus dieser Überwachung hat es unter anderem entnommen, dass im Zusammenhang mit dem Anfahren des Fahrzeugs kein Aufschrei der Geschädigten zu vernehmen war und die Geschädigte dem Angeklagten im unmittelbaren Anschluss keine verbalen Vorwürfe wegen seines Fahrmanövers machte. Die von der Strafkammer auf dieser Grundlage gezogene Folgerung, es könne in subjektiver Hinsicht jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeklagte nicht mit einer Schädigung des Tatopfers rechnete, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Einer eingehenderen Darstellung der jeweiligen Angaben der Beteiligten hat es entgegen der Auffassung der Revision nicht bedurft.
28
d) Dagegen hält der Strafausspruch einer rechtlichen Prüfung nicht stand (vgl. zum Prüfungsmaßstab BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320).
29
aa) Die Einzelstrafen und in deren Folge der Gesamtstrafenausspruch haben keinen Bestand, weil die Strafkammer bei der Bemessung der Einzelstrafen zugunsten des bislang unbestraften Angeklagten jeweils die erlittene Untersuchungshaft von nahezu einem Jahr strafmindernd berücksichtigt hat, ohne hierfür eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Begründung zu geben.
30
Erlittene Untersuchungshaft ist regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird. Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 2. Februar 2017 – 4 StR 481/16, NStZ-RR 2017, 105, 106; vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 302/13 Rn. 9; vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, NStZ 2014, 31; vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13 Rn. 18, insoweit in BGHSt 59, 28 nicht abgedruckt; vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100; vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21). Solche zusätzlichen, den Angeklagten besonders beschwerenden Umstände oder Folgen des Haftvollzugs hat die Strafkammer nicht festgestellt.
31
bb) Des Weiteren begegnen die Erwägungen, mit denen das Landgericht in den Fällen II.2.c Fall 4 und II.2.d der Urteilsgründe jeweils minder schwere Fälle des Menschenhandels nach § 232 Abs. 5 StGB aF angenommen hat, durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Strafkammer hat die Bewertung als minder schwere Fälle maßgeblich auch damit begründet, dass im Vergleich zu den anderen Tatbestandsvarianten des § 232 Abs. 1 StGB aF das Bringen einer Person unter 21 Jahren zur Prostitution „in der Regel die (mit Abstand) am wenigsten üble Variante darstellt“. Mit dieserabstrakten, nicht an den Gege- benheiten des konkreten Falles orientierten Überlegung setzt sich das Landgericht in Widerspruch zu den Wertungen der gesetzlichen Regelung. Der Gesetzgeber hat in § 232 Abs. 1 und 2 StGB aF verschiedene Begehungsweisen des Menschenhandels tatbestandlich erfasst und mit einer einheitlichen Strafandrohung – Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren – versehen. Für minder schwere Fälle aller Varianten des § 232 Abs. 1 StGB aF sieht die Vorschrift des § 232 Abs. 5 StGB aF Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren vor. Die in dieser gesetzlichen Regelung zum Ausdruck gebrachte grundsätzliche Gleichwertigkeit des den verschiedenen Begehungsalternativen innewohnenden Unrechtswertes schließt es aus, der Verwirklichung gerade einer der Tatbestandsvarianten bestimmendes Gewicht bei der durch Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Prüfung der Voraussetzungen für einen minder schweren Fall beizumessen.
32
cc) Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass sich die unzutreffenden Wertungen der Strafkammer auf die Höhe der verhängten Einzelstrafen und in deren Folge auf den Gesamtstrafenausspruch ausgewirkt haben.

III.


33
Revision des Angeklagten
34
Das Rechtsmittel des Angeklagten ist unbegründet. Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
35
Angesichts der Aufhebung des gesamten Strafausspruchs auf die Revision der Staatsanwaltschaft besteht für eine in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO vorzunehmende Nachholung der im angefochtenen Urteil unterbliebenen Festsetzung der Tagessatzhöhe für die Einzelgeldstrafen in den Fällen II.2.f Fälle 14 und 15 der Urteilsgründe keine Veranlassung.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2018 - 4 StR 336/17

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Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 354 Eigene Entscheidung in der Sache; Zurückverweisung


(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erört
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Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 2 Zeitliche Geltung


(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt. (2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt. (3) Wird das Gesetz, das

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

Strafgesetzbuch - StGB | § 51 Anrechnung


(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann

Strafgesetzbuch - StGB | § 253 Erpressung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten

Strafgesetzbuch - StGB | § 255 Räuberische Erpressung


Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 232 Menschenhandel


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden i

Strafgesetzbuch - StGB | § 315b Gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr


(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er 1. Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,2. Hindernisse bereitet oder3. einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,und dadurch Leib oder Leben

Strafgesetzbuch - StGB | § 146 Geldfälschung


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. Geld in der Absicht nachmacht, daß es als echt in Verkehr gebracht oder daß ein solches Inverkehrbringen ermöglicht werde, oder Geld in dieser Absicht so verfälscht, daß der Anschei

Strafgesetzbuch - StGB | § 181a Zuhälterei


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer 1. eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder2. seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort,

Strafgesetzbuch - StGB | § 232a Zwangsprostitution


(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden i

Referenzen - Urteile

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(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 481/16
vom
2. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:020217U4STR481.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Februar 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Quentin, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 9. Mai 2016 wird verworfen.
2. Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, „bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz zweier Schusswaffen, davon einer halbautomatischen“ und unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 5.000 Euro angeordnet. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Am 30. Juli 2015 verkaufte der Angeklagte in B. für 5.000 Euro 100 Gramm Kokain an einen unbekannt gebliebenen Abnehmer. Das Rauschgift hatte einen Kokainhydrochlorid-Anteil von mindestens 80 %, was einer Menge von mindestens 80 Gramm Kokainhydrochlorid entspricht (Tat II.2.a).
4
Am 7. September 2015 lagerte der Angeklagte in seiner Garage in Re. in einem unverschlossenen Tresor 458,95 Gramm Kokain (412 Gramm Kokainhydrochlorid), das in einem Stoffbeutel verpackt war. Auf dem Tresor befanden sich mehrere „Bubbles“ mit insgesamt 51,27 Gramm Kokain (45,6 Gramm Kokainhydrochlorid). Das Rauschgift war zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt. Unmittelbar neben dem Stoffbeutel mit dem Kokain verwahrte der Angeklagte einen ungeladenen Revolver ERMA Ka. 357 Magnum/38 Spezial mit entsprechender Munition und eine umgebaute PTB-Schusswaffe Röhm RG 9 Kal. 8 mm, mit der „scharfe Munition“ verschossen werden konnte.In die PTB-Schusswaffe war ein Magazin mit drei Patronen Kaliber 6,22 eingeführt. Dem Angeklagten war bewusst, dass die beiden Waffen griffbereit in der Nähe des Rauschgifts lagerten und er jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne Schwierigkeiten über sie verfügen konnte. Das Kokain und die Waffen wurden am 8. September 2015 sichergestellt (Tat II.2.b).
5
Der Angeklagte beabsichtigte, am 7. September 2015 in den Niederlanden zwei Kilogramm Kokain anzukaufen und am Folgetag in die Bundesrepublik Deutschland zum gewinnbringenden Weiterverkauf einzuschmuggeln. Weil er Grenzkontrollen befürchtete, bat er seinen Bruder R. , bei der Rückfahrt die Grenze zu beobachten. R. willigte ein. Der Angeklagte fuhr am Nachmittag des 7. September 2015 mit einem Pkw nach A. und erwarb dort zwei Kilogramm Kokain. Das Rauschgift versteckte er anschließend in einem hinter dem rückwärtigen Kennzeichen seines Fahrzeugs befindlichen Hohlraum. Am 8. September 2015 fuhr R. in Begleitung des Mitangeklagten D. mit einem Pkw in die Niederlande und traf sich in Ro. mit dem Angeklagten. Seit dem Grenzübertritt und während der weiteren Handlungen wurden der Angeklagte und R. von der Kriminalpolizei observiert. Ab 18.08 Uhr fuhren R. und der Mitangeklagte D. in Richtung deutscher Grenze, während der Angeklagte zunächst in Ro. verblieb. Nachdem R. in der verabredeten Zeit keine Meldung über Auffälligkeiten an der Grenze gemacht hatte, fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw über die niederländisch-deutsche Grenze und verbrachte so das in seinem Fahrzeug befindliche Kokain in das Bundesgebiet. Nach der Einreise wurde er von der Polizei angehalten und festgenommen. Das in seinem Fahrzeug versteckte Kokain wurde sichergestellt. Es hatte ein Gesamtgewicht von 1.992,07 Gramm. Darin waren 1.817 Gramm Kokainhydrochloridenthalten (Tat II.2.c).
6
2. Die Strafkammer hat die Taten des Angeklagten als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II.2.a), bewaffnetes unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz zweier Schusswaffen, davon einer halbautomatischen (Tat II.2.b) und unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II.2.c) bewertet. Die Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.a), fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.b) und zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.c) hat sie den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG (Tat II.2.a), § 30a Abs. 1 BtMG (Tat II.2.b) sowie § 30 Abs. 1 BtMG (Tat II.2.c) entnommen. Minderschwere Fälle hat sie jeweils verneint. Die Gesamtstrafe hat das Landgericht unter „maßvoller Erhöhung“ der höchsten Einzelstrafe festgesetzt.

II.


7
Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
8
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt.
9
a) Ob der Rechtsmittelführer nur die Strafzumessung angreifen will, ist eine Frage, die im Zweifelsfall im Wege der Auslegung seiner Rechtsmittelerklärungen zu beantworten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 365 [zu § 318 StPO]; Beschluss vom 28. Januar 2004 – 2 StR 493/03, bei Becker, NStZ-RR 2005, 65, 68). Dabei kann die Auslegung der Revisionsbegründung auch bei einem unbeschränkten Revisionsantrag eindeutig zu dem Ergebnis führen, dass sich der Beschwerdeführer – im Widerspruch zu seinem Antrag – lediglich gegen den Strafausspruch wen- det. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Beschwerdeführer um die Staatsanwaltschaft handelt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Urteil vom 4. September 2008 – 1 StR 383/08, bei Cierniak/ Zimmermann, NStZ-RR 2011, 225, 234; Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 506/01, bei Becker, NStZ-RR 2003, 1 Nr. 18; Urteil vom 7. August 1997 – 1 StR 319/97, NStZ 1998, 210).
10
b) Die Auslegung der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt hier unbeschadet des umfassenden Aufhebungsantrags und der allgemein erhobenen Sachrüge eindeutig, dass lediglich die Einzelstrafen und der Gesamtstrafenausspruch angegriffen werden.
11
Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Revisionsbegründung zunächst die Verletzung materiellen Rechts gerügt und im Anschluss daran ausgeführt, dass die durch die Strafkammer verhängten Einzelstrafen und die Bildung der Gesamtstrafe rechtlicher Überprüfung nicht standhielten. Die Revisionsbegründung erschöpft sich im Weiteren in Einzelangriffen gegen die Strafzumessung im engeren Sinn und gegen die Gesamtstrafe.
12
Der Senat entnimmt diesem Revisionsvorbringen, dass allein der Strafausspruch angefochten werden soll. Den Schuldspruch oder die Anordnung des Wertersatzverfalls betreffende Einzelbeanstandungen werden nicht erhoben. Dem kommt hier besondere Bedeutung zu, denn die Staatsanwaltschaft ist nach Nr. 156 Abs. 2 RiStBV gehalten, keine allgemeinen Sachrügen zu erheben und Revisionen so zu begründen, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils eine Rechtsverletzung gesehen und auf welche Gründe diese Rechtsauffassung gestützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 506/01, bei Becker, NStZ-RR 2003, 1, 6). Gegen eine Anfechtung des Schuldspruchs spricht schließlich auch, dass dieser mit Ausnahme der Bewertung der Waffendelikte bei der Tat II.2.b (Besitz statt Führen, kein Besitz von Munition) mit der rechtlichen Würdigung der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift übereinstimmt. Die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von 5.000 Euro entspricht dem Schlussantrag des Vertreters der Staatsanwaltschaft.
13
2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist auch rechtswirksam.
14
Eine den Schuldspruch unberührt lassende isolierte Anfechtung des Strafausspruchs ist grundsätzlich möglich und in der Regel wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 StR 572/53, NJW 1954, 441; RGSt 45, 149, 150, st. Rspr.). Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung von Schuld- und Straffrage ergibt.
15
Eine Erstreckung des Revisionsangriffs auf die Verfallsentscheidung ist nicht veranlasst. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist wie die Anordnung des Verfalls in der Regel kein Strafmilderungsgrund und deshalb von der Straffestsetzung unabhängig (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 – 5 StR 542/96, NStZ-RR 1997, 270, 271 mwN). Eine ein Trennbarkeitshindernis begründende Verknüpfung wurde in den Urteilsgründen nicht hergestellt.
16
3. Im Rahmen ihres Anfechtungsumfangs bleibt die Revision ohne Erfolg. Der Strafausspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil oder zum Vorteil (§ 301 StPO) des Angeklagten auf.
17
a) Die Strafbemessung (Strafrahmenbestimmung, Festsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe) ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 16. April 2015 – 3 StR 638/14, NStZ-RR 2015, 240; Urteil vom 22. Oktober 1953 – 5 StR 230/53, BGHSt 5, 57, 59 mwN). Dabei ist der Tatrichter lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. August2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337 mwN).
18
b) Mit Blick auf diesen eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die konkrete Bemessung der Einzelstrafen revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
19
aa) Soweit die Staatsanwaltschaft geltend macht, das Landgericht habe dem erst nach der Durchführung eines wesentlichen Teils der Beweisaufnahme abgelegten Geständnis des Angeklagten ein zu hohes Gewicht beigemessen, vermag sie keinen Rechtsfehler aufzuzeigen. Maßgeblich für die Bedeutung eines Geständnisses ist es, inwieweit darin ein Bekenntnis des Angeklagten zu seiner Tat liegt, in ihm Schuldeinsicht und Reue zum Ausdruck kommen und durch seine Ablegung das Prozessziel der Erreichung von Rechtsfrieden gefördert wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 1997 – 4 StR 240/97, BGHSt 43, 195, 209 f.). Das strafmildernde Gewicht eines Geständnisses kann daher geringer sein, wenn dafür prozesstaktische Überlegungen bestimmend waren und die Strafkammer dies durch ein in den Urteilsgründen darzulegendes Prozessverhalten bestätigt sieht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 – 1 StR 193/07, NStZ-RR 2007, 232 [Ls]). Das Landgericht hat dem Geständnis des Angeklagten mit nachvollziehbaren Erwägungen zu entnehmen vermocht, dass der Angeklagte sich mit seiner Tat auseinandergesetzt hat und diese tatsächlich bereut. Dabei hat es die Beweislage in den Blick genommen und gewürdigt. Hiergegen ist von Seiten des Revisionsgerichts nichts zu erinnern.
20
bb) Die strafmildernde Berücksichtigung der erlittenen Untersuchungshaft lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen. Erlittene Untersuchungshaft ist bei einer Verurteilung zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13, Rn. 18 [insoweit in BGHSt 59, 28 und NStZ 2014, 34 nicht abgedruckt]; Urteil vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, NStZ-RR 2014, 106; Urteil vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100 mwN). Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 302/13, Rn. 9 [insoweit in StV 2016, 611 nicht abgedruckt]; Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147). Von diesem Maßstab ist das Landgericht ausgegangen. Soweit es dabei in der Dauer der Untersu- chungshaft (acht Monate) und einer „erkennbaren“ Belastung für den Angeklag- ten als Erstverbüßer besondere Umstände im Sinne dieser Rechtsprechung gesehen hat, liegt dies – auch mit Rücksicht auf § 121 Abs. 1 Satz 1 StPO – noch innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums.
21
cc) Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer bei der Bestimmung der Einzelstrafen für die Tat II.2.b aus dem Blick verloren hat, dass der Angeklagte über zwei Schusswaffen verfügte, zumal sie den tateinheitlichen Verstoß gegen das Waffengesetz zu seinem Nachteil gewertet hat. Dass das Landgericht nicht ausdrücklich erwähnt hat, dass der Angeklagte bei der Tat II.2.c einen versteckten Hohlraum seines Fahrzeugs für den Rauschgifttransport nutzte, ist mit Rücksicht auf die sich aus § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO ergebenden eingeschränkten Darlegungsanforderungen nicht rechtsfehlerhaft.
22
c) Auch die Bestimmung der Gesamtstrafe lässt durchgreifende Rechtsfehler nicht erkennen.
23
aa) Die Bemessung der Gesamtstrafe nach § 54 Abs. 1 StGB ist ein eigenständiger Zumessungsakt, bei dem die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen sind. Dabei sind vor allem das Verhältnis der einzelnen Taten zueinander, ihre größere oder geringere Selbstständigkeit , die Häufigkeit der Begehung, die Gleichheit oder Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und der Begehungsweisen sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16; Beschluss vom 17. Dezember 2013 – 4 StR 261/13, Rn. 3; Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 269 f.). Besteht zwischen den einzelnen Taten ein enger zeitlicher , sachlicher und situativer Zusammenhang, hat die Erhöhung der Einsatzstrafe in der Regel geringer auszufallen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2010 – 3 StR 71/10, NStZ-RR 2010, 238 [Ls]). Auch hierbei braucht der Tatrichter nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO nur die bestimmenden Zumessungsgründe im Urteil darzulegen. Eine Bezugnahme auf die zu den Einzelstrafen gemachten Ausführungen ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16; Urteil vom 17. August 1988 – 2 StR 353/88, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Satz 1 Bemessung 1; Urteil vom 30. November1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271 mwN). Einer eingehenderen Begründung bedarf es hingegen, wenn die Einsatzstrafe nur geringfügig überschritten oder die Summe der Einzelstrafen nahezu erreicht wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271).
24
bb) Danach erweisen sich die Bemessung der Gesamtstrafe und deren Darlegung hier (noch) nicht als rechtsfehlerhaft.
25
Die Strafkammer hat die Erhöhung der Einsatzstrafe im Wesentlichen durch eine Bezugnahme auf die Strafzumessungserwägungen begründet, die den verhängten Einzelstrafen zugrunde liegen, und dabei die Bedeutung des Geständnisses des Angeklagten nochmals hervorgehoben. Dass sich die Urteilsgründe nicht ausdrücklich dazu verhalten, dass zwischen den Einzeltaten ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht, der einen straffen Zusammenzug der Einzelstrafen rechtfertigt, ist hier unschädlich, weil sich dies aus den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen von selbst ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16). Die maßvolle Bemessung der Gesamtstrafe lässt unter diesen Umständen nicht besorgen, dass die Strafkammer die Grundsätze der Gesamtstrafenbildung verkannt hat.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 90/14
vom
11. Juni 2014
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubs u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Juni 2014,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2013 wird als unbegründet verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels sowie die insoweit notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen. Die Nebenklägerin trägt ihre Auslagen selbst.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete , zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts planten der Angeklagte und der gesondert Verfolgte B. einen Einbruch in ein Wohnhaus in Kronberg. Sie hatten den Tatort zuvor ausgekundschaftet und unter anderem auch in Erfahrung gebracht, dass die Bewohner tagsüber nicht zu Hause sein sollten. In Umsetzung ihres Tatplans begaben sie sich am 7. Juni 2013 gegen 14.15 Uhr zum Tatort. Sie führten eine Tasche mit Wechselkleidung mit sich; darüber hinaus zwei Strumpfmasken wegen der vor Ort vorhandenen Überwachungskameras sowie eine Rolle Klebeband, um ein Fenster vor dem Einschlagen abkleben zu können. Da sie sicher gehen wollten, dass tatsächlich niemand zu Hause war, klingelte der gesondert Verfolgte B. während sich der Angeklagte vor der Haustür postierte. Es öffnete die Zeugin St. , woraufhin der Angeklagte und B. ihren Tatplan spontan dahin erweiterten, nunmehr unter Überwältigung der Zeugin St. in das Haus einzudringen und nach Wertgegenständen Ausschau zu halten.
3
Der Angeklagte drängte die Zeugin sogleich ins Haus, fesselte sie mit einem im Flur entdeckten Strickschal an Händen und Beinen und warf ihr eine Wolldecke über den Kopf. Sodann begannen beide Täter das Haus nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Die aufgefundene Beute (Schmuck und Bargeld ) verstauten sie in einer am Tatort aufgefundenen Sporttasche. Währenddessen rief die unter Atemnot leidende Zeugin um Hilfe und bat um Wasser. Der Angeklagte reichte ihr eine Tasse Kaffee, die die Zeugin mit ihrer aus der Fesselung befreiten rechten Hand ergriff und gegen eine Fensterscheibe warf. Sie rief nun laut um Hilfe. Der Angeklagte und der hinzukommende B. fesselten die Hände der Zeugin mit am Tatort aufgefundenen Kabelbindern fest auf ihren Rücken und verklebten ihr den Mund mit dem mitgeführten Klebeband. Anschließend setzten beide Täter die Durchsuchung fort und entdeckten weiteres Bargeld, das sie an sich nahmen. Als es an der Haustür klingelte, trugen die Täter die gefesselte Zeugin in den Keller und flüchteten aus dem Haus. Unterwegs entledigten sie sich sowohl der Tasche mit Wechselkleidung als auch der Tasche mit der Beute. Der Angeklagte konnte gegen 17.00 Uhr hinter einer naheliegenden Kleingartenanlage festgenommen werden. Beide Taschen wurden alsbald aufgefunden.
4
Die Zeugin erlitt infolge der strammen Fesselung starke Hämatome und Druckstellen an den Handgelenken. Eine traumatische Affektion verschiedener Nerven riefen Taubheitsgefühle in der rechten Hand und am linken Daumen hervor, die bis heute anhalten.
5
2. Die Kammer hat die Tat wegen der strammen Fesselung der Zeugin als „schweren Raub“ gemäߧ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB gewertet und unter Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt.

II.


6
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist rechtswirksam auf den Strafausspruch beschränkt.
7
1. Zwar hat die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift keine Beschränkung erklärt und am Ende ihrer Ausführungen die (uneingeschränkte) Aufhebung des Urteils mit den Feststellungen und Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Verhandlung und Entscheidung beantragt. Mit diesem den Schuld- und Strafausspruch umfassenden Revisionsantrag steht jedoch der übrige Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Daraus ergibt sich, dass die Revisionsführerin das Urteil deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht der Bemessung der Freiheitsstrafe zu Unrecht den Strafrahmen des minder schweren Falls nach § 250 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt und die Freiheitsstrafe daher unangemessen milde bemessen habe. Somit widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung. In einem solchen Fall ist nach ständiger Rechtsprechung das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 1989 - 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; Urteil vom 25. November 2003 - 1 StR 182/03, NStZ-RR 2004, 118; Löwe/Rosenberg-Franke, StPO, 26. Aufl., § 344 Rn. 10).
8
Nach dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung ist allein der Strafausspruch angefochten und der Schuldspruch vom Rechtsmittelangriff ausgenommen. Allein der Umstand, dass die Revisionsführerin nach Erhebung der allgemeinen Sachrüge einleitend ausgeführt hat, das Landgericht habe die Tat „insbesondere“ rechtsfehlerhaft als minder schweren Fall gewertet, zeigt mangels eines Hinweises auf einen weiteren Rechtsfehler des Urteils kein weitergehendes Angriffsziel der Revision auf. Unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV versteht der Senat daher das gesamte Revisionsvorbringen dahin, dass die Staatsanwaltschaft den Schuldspruch nicht angreifen will (vgl. BGH, Urteil vom 25. April 2013 - 4 StR 296/12 mwN).
9
2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist auch rechtswirksam.
10
Voraussetzung für eine wirksame Beschränkung der Revision ist, dass sie sich auf Beschwerdepunkte bezieht, die nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angegriffenen Teil rechtlich und tatsächlich selbständig beurteilt werden können, ohne eine Prüfung der Entscheidung im Übrigen erforderlich zu machen (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 29. Februar 1956 - 2 StR 25/56, BGHSt 10, 100, 101; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., § 318 Rn. 6 mwN). Eine Beschränkung ist aber auch dann unwirksam, wenn die Gefahr besteht, dass die nach dem Teilrechtsmittel (stufenweise) entstehende Gesamtentscheidung nicht frei von inneren Widersprüchen bleiben kann (BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 - 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 366; Beschluss vom 15. Mai 2001 - 4 StR 306/00, BGHSt 47, 32, 35 und 38).
11
Die Beschränkung des Rechtsmittels ist nach diesen Grundsätzen wirksam.
12
Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung der Erörterungen zur Schuld- und Straffrage ergibt, was insbesondere dann der Fall wäre, wenn vom Landgericht strafmildernd gewertete und deshalb von der Revision angegriffene Umstände tatsächlich (auch) den Schuldspruch beträfen. Mit ihrer Revision rügt die Staatsanwaltschaft - neben zahlreichen anderen Einwendungen gegen die Vollständigkeit und Gewichtung einzelner Strafzumessungserwägungen - zwar auch eine rechtfehlerhafte Beweiswürdigung im Hinblick auf den von der Strafkammer als strafmildernd gewerteten Umstand, dass die Tatplanerweiterung des Angeklagten und seines Mittäters auf einem spontanen und erst vor Ort gefassten Entschluss beruhte. Die Feststellungen, dass es sich insoweit um eine Spontantat handelte, sind jedoch nicht tatbestandsrelevant. Der Tatvorsatz liegt unabhängig davon vor, wann der Tatentschluss gefasst wurde und zu welchem Zeitpunkt er in welchem Maße vor dem Eindringen der Täter in das Haus konkretisiert war, weshalb der Schuldspruch von dem Revisionsangriff in jedem Fall unberührt bliebe.
13
Bei einer Teilaufhebung wäre hier auch nicht zu befürchten, dass die stufenweise entstehende Gesamtentscheidung unter inneren Widersprüchen litte. Veränderte Feststellungen zum Zeitpunkt des konkreten Tatentschlusses des Angeklagten würden die Gesamtentscheidung lediglich modifizieren und nicht widersprüchlich erscheinen lassen.

III.


14
Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
15
1. Die den strafzumessungsrelevanten Feststellungen der Strafkammer zugrunde liegende Beweiswürdigung ist unter Berücksichtigung des revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs frei von Rechtsfehlern.
16
Dies gilt auch im Hinblick auf die Feststellung des Landgerichts, dass der Angeklagte und sein Mittäter zunächst nur einen Einbruchdiebstahl geplant und ihren Tatentschluss erst vor Ort auf die Ausführung eines Raubes erweitert haben, denn das Gericht hat sich auch insoweit seine Überzeugung auf einer ausreichenden objektiven Beweisgrundlage gebildet.
17
Zwar war es zur Überprüfung der Anwesenheit eines Hausbewohners nicht erforderlich, dass sich der Angeklagte beim Klingeln unmittelbar vor der Haustür postierte. Dieses Vorgehen ist aber nicht als derart ungewöhnlich risikoreich zu werten, dass es als gewichtiges Indiz für einen von vornherein geplanten Raub hätte gewertet werden müssen. Denn auch dann, wenn ein Täter nur einen Einbruch plant, kann er auf das unerwartete Öffnen der Tür durch einen Hausbewohner noch mit der unverdächtig erscheinenden Nachfrage nach einer angeblich dort wohnhaften Person reagieren. Für einen zunächst nur geplanten Einbruchdiebstahl sprach ohne Weiteres, dass der Angeklagte und sein Mittäter ausschließlich für einen Einbruch nützliche Gegenstände mit sich führten und demgegenüber keine Vorsorge für die Fesselung bzw. Ruhigstellung eines anwesenden Hausbewohners getroffen hatten. Zur Fesselung der Zeugin St. wurde ein vor Ort aufgefundener Schal verwendet. Nachdem sich diese Fesselung bereits nach kurzer Zeit als unzureichend erwiesen hatte, mussten der Angeklagte und sein Mittäter zunächst nach anderen Mitteln zur Fesselung suchen. Auch auf die Idee, das mitgeführte Klebeband zur Fesselung zu nutzen , kamen sie nicht.
18
2. Der Strafausspruch hält auch im Übrigen sachlich-rechtlicher Überprüfung stand. Rechtsfehler bei der Wahl des Strafrahmens zeigt auch die Revision nicht auf. Das Landgericht hat die erforderliche Gesamtschau vorgenommen und dabei alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt. In Anbetracht der zahlreichen strafmildernden Umstände (umfassendes Geständnis, junges Alter des Angeklagten, Unbestraftheit, Erstverbüßer, spontane Tatplanerweiterung, gewisser Dilettantismus und wenig vorausschauende Planung der Tat) ist daher die Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 250 Abs. 3 StGB aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, auch wenn eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre.
19
3. Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten hat die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft nicht ergeben (§ 301 StPO).
Fischer Krehl Eschelbach
Ott Zeng
5 StR 69/03

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. Mai 2003
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßigen Schmuggels
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Mai 2003

beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 21. Oktober 2002 wird nach § 349 Abs. 2 StPO mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, daß die in der Tschechischen Republik erlittene Auslieferungshaft im Maßstab 1 : 1 angerechnet wird.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten dieses Rechtsmittels und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Zutreffend hat der Generalbundesanwalt dazu ausgeführt: „Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft ist unzulässig, weil weder die Revisionseinlegungsschrift noch die Revisionsbegründung den nach § 344 Abs. 1 StPO erforderlichen Revisionsantrag enthalten, durch den der Umfang der Urteilsanfechtung bezeichnet wird.
Das Fehlen eines solchen ausdrücklichen Antrags ist dann unschädlich , wenn sich aus dem Inhalt der fristgerecht eingereichten Revisionsrechtfertigung das Anfechtungsziel eindeutig ergibt. Dies gilt auch für Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und des Nebenklägers (Senat in NJW 2003, 839 m. w. N.). Geht es indessen, wie im vorliegenden Fall, um einen Angeklagten, der entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft wegen einer Vielzahl von Straftaten verurteilt worden ist, läßt sich deren Anfechtungsziel aus einer nicht näher ausgeführten allgemeinen Sachrüge nicht sicher ermitteln. Gerade die Staatsanwaltschaft ist als unabhängiges Rechtspflegeorgan in jedem Stadium des Verfahrens zur Prüfung des Umfangs der Strafverfolgung verpflichtet (vgl. auch Nr. 156 RiStBV). Das Ergebnis dieser Prüfung muß in einem entsprechenden Revisionsantrag Ausdruck finden (Senat aaO).
Diesen Anforderungen entspricht das innerhalb der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO beim Landgericht eingegangene Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 11. Dezember 2002 nicht. In diesem Schreiben wurde nämlich lediglich allgemein die Verletzung materiellen Rechts gerügt und erklärt, eine nähere Begründung bleibe einer gesonderten Verfügung vorbehalten. Erst aus dem weiteren Schreiben vom 17. Januar 2003 ergibt sich das eigentliche Anfechtungsziel des staatsanwaltschaftlichen Rechtsmittels, nämlich die unterbliebene Anordnung der Wertersatzeinziehung.“ Harms Häger Gerhardt Brause Schaal
21
1. Zwar hat die Staatsanwaltschaft entgegen § 344 Abs. 1 StPO innerhalb der Revisionsbegründungsfrist (§ 345 Abs. 1 Satz 2 StPO) keinen Revisionsantrag gestellt. Sie hat bis zu diesem Zeitpunkt lediglich die bereits in ihrer Einlegungsschrift vorgebrachte allgemeine Sachrüge erhoben. Diese – auch Nr. 156 Abs. 2 RiStBV widersprechende – Verfahrensweise ist in dem hier gegebenen Einzelfall aber unschädlich. Freilich hat der Bundesgerichtshof wie- derholt Revisionen der Staatsanwaltschaft, die ohne Antragstellung lediglich mit der allgemeinen Sachrüge begründet waren, für unzulässig gehalten. Dies betraf jedoch Strafverfahren, in denen einem (BGH, Beschluss vom 21. Mai 2003 – 5 StR 69/03, bei Becker NStZ-RR 2004, 228) oder mehreren Angeklagten (BGH, Beschluss vom 7. November 2002 – 5 StR 336/02, NJW 2003, 839) eine Vielzahl von Straftaten zur Last gelegt oder in denen der Angeklagte teilweise freigesprochen worden war und die Angriffsrichtung des Rechtsmittels bis zum Ablauf der Revisionsbegründungsfrist unklar blieb (BGH, Beschluss vom 5. November 2009 – 2 StR 324/09, NStZ-RR 2010, 288). So verhält es sich hier nicht: Gegenstand des von der Staatsanwaltschaft angefochtenen Urteils sind lediglich zwei Taten; in der Erhebung der uneingeschränkten allgemeinen Sachrüge ist daher die Erklärung der revisionsführenden Staatsanwaltschaft zu sehen, dass das Urteil insgesamt angefochten werde (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 344 Rn. 3 m.w.N.).

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren veranlasst,

1.
die Prostitution aufzunehmen oder fortzusetzen oder
2.
sexuelle Handlungen, durch die sie ausgebeutet wird, an oder vor dem Täter oder einer dritten Person vorzunehmen oder von dem Täter oder einer dritten Person an sich vornehmen zu lassen.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List zu der Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder den in Absatz 1 Nummer 2 bezeichneten sexuellen Handlungen veranlasst.

(4) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren und in den Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr zu erkennen, wenn einer der in § 232 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen, in minder schweren Fällen der Absätze 3 und 4 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

(6) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer an einer Person, die Opfer

1.
eines Menschenhandels nach § 232 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a, auch in Verbindung mit § 232 Absatz 2, oder
2.
einer Tat nach den Absätzen 1 bis 5
geworden ist und der Prostitution nachgeht, gegen Entgelt sexuelle Handlungen vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt und dabei deren persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage oder deren Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, ausnutzt. Verkennt der Täter bei der sexuellen Handlung zumindest leichtfertig die Umstände des Satzes 1 Nummer 1 oder 2 oder die persönliche oder wirtschaftliche Zwangslage des Opfers oder dessen Hilfslosigkeit, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Nach den Sätzen 1 und 2 wird nicht bestraft, wer eine Tat nach Satz 1 Nummer 1 oder 2, die zum Nachteil der Person, die nach Satz 1 der Prostitution nachgeht, begangen wurde, freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht diese Tat zu diesem Zeitpunkt ganz oder zum Teil bereits entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 607/16
vom
23. März 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Betruges u.a.
zu 2.: schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen
Ausbeutung u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:230317B1STR607.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführer am 23. März 2017 beschlossen :
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 8. Juli 2016 werden als unbegründet verworfen (§ 349 Abs. 2 StPO). Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat zum Antrag des Generalbundesanwalts in Bezug auf die Revision des Angeklagten K. : Durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung des Menschenhandels und zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes sowie des Achten Buches des Sozialgesetzbuchs vom 11. Oktober 2016 (BGBl. I 2016, 2226) erfolgte eine Novellierung der §§ 232 bis 233b StGB, die zum 15. Oktober 2016 in Kraft getreten ist. Soweit das Landgericht im Schuldspruch beim Angeklagten K. die bei Beendigung der Tat (§ 2 Abs. 1 StGB) geltenden bisherigen Fassungen des § 232 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative und § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB berücksichtigt, ist die erforderliche Unrechtskontinuität im Sinne des § 2 Abs. 3 StGB gewahrt. An die Stelle der genannten zum Tatzeitpunkt geltenden Strafnormen zum Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung sind durch das genannte Änderungsgesetz die Regelungen des § 232a Abs. 1 Nr. 1
StGB und § 232a Abs. 3 StGB zur Zwangsprostitution getreten, ohne dass es durch die Neuregelung zu hier relevanten Änderungen im Regelungsgehalt der Straftatbestände gekommen ist (vgl. auch BT-Drucks. 18/9095, S. 32 ff.). Raum Bellay Radtke Fischer Bär

(1) Die Strafe und ihre Nebenfolgen bestimmen sich nach dem Gesetz, das zur Zeit der Tat gilt.

(2) Wird die Strafdrohung während der Begehung der Tat geändert, so ist das Gesetz anzuwenden, das bei Beendigung der Tat gilt.

(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Tat gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.

(4) Ein Gesetz, das nur für eine bestimmte Zeit gelten soll, ist auf Taten, die während seiner Geltung begangen sind, auch dann anzuwenden, wenn es außer Kraft getreten ist. Dies gilt nicht, soweit ein Gesetz etwas anderes bestimmt.

(5) Für Einziehung und Unbrauchbarmachung gelten die Absätze 1 bis 4 entsprechend.

(6) Über Maßregeln der Besserung und Sicherung ist, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nach dem Gesetz zu entscheiden, das zur Zeit der Entscheidung gilt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 327/08
vom
28. August 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 28. August 2008 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 22. Januar 2008, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch im Fall 1 der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei schuldig ist;
b) in den Aussprüchen über die im Fall 1 der Urteilsgründe verhängte Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung und wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Sein Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Schuldspruch im Fall 1 der Urteilsgründe wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, soweit das Landgericht angenommen hat, der Angeklagte habe die Tat gewerbsmäßig im Sinne des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB begangen. Dass der Angeklagte die zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alte Nebenklägerin zur Fortsetzung der Prostitution gebracht hat (§ 232 Abs. 1 Satz 2 StGB), "weil er sich aus den Prostitutionseinkünften der Nebenklägerin eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang erschließen wollte" , reicht für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit der Tatbegehung nicht aus. Gewerbsmäßigkeit liegt vielmehr nur dann vor, wenn der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen (vgl. BGHSt 1, 383; BGH NStZ 1998, 305, 306; 2000, 657, 660). Liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist zwar schon die erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig zu werten (vgl. BGH NStZ 1998, 305, 306 m.N.). Dass der Angeklagte bei Begehung der Tat nach § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB in Wiederholungsabsicht gehandelt hat, ist aber nicht festgestellt. Der Senat schließt aus, dass hierzu weitere Feststellungen getroffen werden können und ändert deshalb den Schuldspruch entsprechend.
3
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der im Fall 1 der Urteilsgründe verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren, weil nicht auszuschließen ist, dass das Landgericht eine niedrigere Strafe verhängt hätte, wenn es diese nicht dem Strafrahmen des Verbrechenstatbestandes des § 232 Abs. 3 StGB sondern dem milderen Strafrahmen des Abs. 1 dieser Vorschrift entnommen hätte. Die Aufhebung dieser Einzelstrafe zieht die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.
4
Die zu Grunde liegenden Feststellungen sind rechtsfehlerfrei getroffen worden und können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen, die hierzu nicht in Widerspruch stehen, sind möglich.
Maatz Kuckein Athing
Ernemann Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 601/08
vom
1. September 2009
Nachschlagewerk ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
_________________________
Der Täter handelt nicht gewerbsmäßig im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
wenn er sich eine Falschgeldmenge in einem Akt verschafft hat und seine Absicht
lediglich darauf gerichtet ist, die falschen Banknoten in mehreren Teilmengen
in Verkehr zu bringen.
BGH, Beschl. vom 1. September 2009 - 3 StR 601/08 - LG Düsseldorf
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
- zu 2. auf dessen Antrag - und des Beschwerdeführers am 1. September
2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Düsseldorf vom 3. Juni 2008

a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des
versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung,
des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und der
Geldfälschung schuldig ist;

b) im Ausspruch über die Einzelstrafe im Fall II. 3. der Urteilsgründe
und die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die
zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung
und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und gewerbsmäßiger Geldfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Nach den Feststellungen erhielt der Angeklagte von dem gesondert Verfolgten K. falsche 200 €-Banknoten im Nennwert von ca. 160.000 €. Er brachte auf einige Geldscheine mit Hilfe eines Bügeleisens Hologramme auf und beabsichtigte, einen Teil der gefälschten Banknoten selbst in Verkehr zu bringen. Den restlichen Teil wollte er in größeren Tranchen verkaufen. Seine Absicht, sich ein weiteres Mal Falschgeld zu verschaffen, hat das Landgericht nicht festgestellt. Zu einem Absatz der gefälschten Geldscheine kam es nicht mehr, weil der Angeklagte zuvor festgenommen wurde.
3
1. Das Landgericht hat dies als eine Tat der gewerbsmäßigen Geldfälschung im Sinne des § 146 Abs. 1 und 2 StGB gewertet, weil der Angeklagte sich aus einem wiederholten Inverkehrbringen von Falschgeld eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang habe verschaffen wollen.
4
2. Diese Würdigung hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Die Strafkammer hat zwar zu Recht eine einheitliche Geldfälschung nach § 146 Abs. 1 StGB angenommen; denn die Verwirklichung mehrerer Varianten des § 146 Abs. 1 StGB ist in der Regel eine Tat (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 146 Rdn. 22) und der Angeklagte hat sich die gesamte Falschgeldmenge durch einen tatbestandsmäßigen Handlungsakt verschafft (zum Verhältnis der § 146 Abs. 1 Nr. 1 und 2 zu Nr. 3 vgl. BGH, Urt. vom 12. August 1999 - 5 StR 269/99 - Rdn. 4, insoweit in NStZ 1999, 581 nicht abgedruckt; vgl.
auch BGHSt 34, 108, 109; BGH NStZ-RR 2000, 105; BGHR StGB § 146 Konkurrenzen 4). Ihre Bewertung, der Angeklagte habe gewerbsmäßig gehandelt und deshalb die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestandes nach § 146 Abs. 2 StGB erfüllt, wird jedoch von den Feststellungen nicht getragen.
5
a) Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Liegt diese Absicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt. Eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus, dass der Täter zur Gewinnerzielung mehrere selbstständige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art verwirklicht hat. Ob der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat, beurteilt sich vielmehr nach seinen ursprünglichen Planungen sowie seinem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten Verhalten über den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum (vgl. BGH NJW 2004, 2840, 2841; NStZ-RR 2006, 106, 107). Erforderlich ist dabei stets, dass sich seine Wiederholungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (vgl. BGH NJW 1996, 1069; Fischer aaO Vor § 52 Rdn. 62).
6
b) Nach diesen Maßstäben liegt eine gewerbsmäßig begangene Straftat nach § 146 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB nicht vor, wenn der Täter sich wie hier eine Falschgeldmenge in einem Akt verschafft und lediglich seine Absicht darauf gerichtet ist, die falschen Banknoten in mehreren Teilmengen im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Verkehr zu bringen, es hierzu aber nicht kommt. Denn die besondere Kennzeichnung einer gewerbsmäßigen Straftat besteht nicht darin, dass der Täter durch die - gegebenenfalls sukzessiv erfolgende - Verwertung des durch die Straftat erlangten Gegenstandes eine Gewinnerzielung zur Finanzierung seiner Bedürfnisse anstrebt (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2004, 335). Der Täter einer Geldfälschung nach § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB handelt deshalb nur dann gewerbsmäßig im Sinne des § 146 Abs. 2 StGB, wenn er beabsichtigt, sich die erstrebte Einnahmequelle gerade durch die wiederholte Begehung der von ihm begangenen konkreten Straftat - mithin dem wiederholten Sichverschaffen von Falschgeld in der Absicht, dieses als echt in Verkehr zu bringen oder ein solches Inverkehrbringen zu ermöglichen - zu erschließen. Die bloße Absicht, wiederholt eine Straftat nach § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu begehen, macht das einmalige Sichverschaffen von Falschgeld im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB demgegenüber nicht gewerbsmäßig und vermag eine Qualifikation der nach dieser Tatbestandsalternative strafbaren Tat im Sinne des § 146 Abs. 2 StGB nicht zu begründen.
7
Diese Wertung wird durch die Rechtsprechung zur Gewerbsmäßigkeit bei anderen Tatbeständen gestützt. So handelt auch ein Dieb nicht allein deswegen gewerbsmäßig im Sinne des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB, weil er die in einem Akt erlangte Diebesbeute in mehreren Tranchen verwerten will. Erforderlich ist vielmehr, dass sich seine Wiederholungsabsicht auf den verwirklichten Tatbestand, mithin die Begehung von Diebstählen, bezieht (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2004, 335; OLG Köln NStZ 1991, 585). Auch im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG geht der Täter nur dann gewerbsmäßig vor, wenn er sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch wiederholte Vornahme gerade solcher Handlungen verschaffen will, die einen der Tatbestände des § 29 a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllen (vgl. BGH NJW 1996, 1069). Ebenso fehlt es an der für die Gewerbsmäßigkeit des Handelns mit Betäubungsmitteln erforderlichen Wiederholungsabsicht , wenn lediglich die Vergütung für ein Einzelgeschäft in Teilbeträgen gezahlt werden soll (vgl. BGH bei Schmidt MDR 1989, 1033; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl. Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 95). Schließlich steht der Nichtannahme der Gewerbsmäßigkeit im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass bei einem Betäubungsmittelhändler gewerbsmäßiges Handeltreiben in Betracht kommen kann, wenn er von vorneherein beabsichtigt, eine durch einen einheitlichen Vorgang erworbene Rauschgiftmenge nach und nach in mehreren Teilmengen weiter zu veräußern (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 1 gewerbsmäßig 3, 4); denn in diesen Fällen treibt der Täter bereits durch den Erwerb der Betäubungsmittel mit diesen Handel und verwirklicht - im Unterschied zu der hier vorliegenden Konstellation - damit diejenige Tatbestandsvariante, auf die sich auch seine Wiederholungsabsicht bezieht.
8
3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die ein gewerbsmäßiges Sichverschaffen von Falschgeld durch den Angeklagten tragen; er ändert deshalb selbst den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. Dies hat den Wegfall der Einzelstrafe von vier Jahren und neun Monaten zur Folge, auf die das Landgericht in diesem Fall erkannt hat. Damit kann auch die Gesamtstrafe keinen Bestand haben. Beide sind neu zuzumessen. Die festgestellten Strafzumessungstatsachen sind von dem reinen Subsumtionsfehler nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, neue Feststellungen zu treffen, die jedoch den bisherigen nicht widersprechen dürfen.
Sost-Scheible Pfister RiBGH Hubert befindet sich in Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. Sost-Scheible Schäfer Mayer

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
Geld in der Absicht nachmacht, daß es als echt in Verkehr gebracht oder daß ein solches Inverkehrbringen ermöglicht werde, oder Geld in dieser Absicht so verfälscht, daß der Anschein eines höheren Wertes hervorgerufen wird,
2.
falsches Geld in dieser Absicht sich verschafft oder feilhält oder
3.
falsches Geld, das er unter den Voraussetzungen der Nummern 1 oder 2 nachgemacht, verfälscht oder sich verschafft hat, als echt in Verkehr bringt.

(2) Handelt der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Geldfälschung verbunden hat, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 622/10
vom
22. Februar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 22. Februar 2011 einstimmig

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 30. April 2010 wird als unbegründet verworfen , da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Der Schuldspruch wegen schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei hält auch insoweit rechtlicher Prüfung stand, als das Landgericht angenommen hat, der Angeklagte habe die Tat gewerbsmäßig im Sinne des § 232 Abs. 3 Nr. 3 StGB begangen. Allerdings würde es für die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht ausreichen, dass der Angeklagte die zur Tatzeit noch nicht 21 Jahre alte Nebenklägerin zur Aufnahme der Prostitution gebracht hat (§ 232 Abs. 1 Satz 2 StGB), um sich dadurch eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu erschließen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2008 - 4 StR 327/08, StraFo 2008, 477). Erforderlich für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit ist vielmehr, dass der Täter in der Absicht handelt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Um- fang zu verschaffen; liegt ein solches Gewinnstreben vor, ist schon die erste der ins Auge gefassten Tathandlungen als gewerbsmäßig zu werten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 11. Oktober 1994 - 1 StR 522/94, NStZ 1995, 85; vom 27. Januar 1998 - 1 StR 702/97, NStZ 1998, 305, 306, und vom 11. Februar 2000 - 3 StR 308/99, NStZ 2000, 657, 660). So liegt es hier. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte die Nebenklägerin nicht nur zur Aufnahme der Prostitution, sondern auch zu deren Fortsetzung gebracht, indem er, sobald die Nebenklägerin diese Tätigkeit beenden wollte, jeweils erneuten Druck auf sie ausgeübt und dadurch einen Sinneswandel bewirkt hat (UA 13, 15). Ernemann Solin-Stojanović Cierniak Franke Mutzbauer

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 3 1 7 / 1 5
vom
26. Oktober 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
15. Oktober 2015, in der Sitzung am 26. Oktober 2015, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke
und die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Fischer,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom
15. Oktober 2015 -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 13. März 2015 dahin geändert , dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in fünf Fällen, der unerlaubten gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 171 Fällen sowie des versuchten Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig ist.
Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 176 Fällen, in 171 Fällen davon in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sowie des versuchten Bestimmens eines Minderjährigen zur Förderung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
2
Dem Urteil ist eine verfahrensfördernde Verständigung gemäß § 257c StPO vorausgegangen, in der sich die Verfahrensbeteiligten für den Fall eines umfassenden Geständnisses des Angeklagten auf eine Strafuntergrenze von vier Jahren und neun Monaten und eine Strafobergrenze von fünf Jahren und drei Monaten geeinigt haben.
3
Gegen das Urteil richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
4
Das Rechtsmittel erzielt den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


5
1. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
6
Der Angeklagte ist wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz vorbestraft. Er veräußerte von der Wohnung seiner Freundin aus im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. September 2014 Betäubungsmittel , vor allem Marihuana, und konsumierte dort gemeinsam mit anderen von ihm übergebene Betäubungsmittel. Er selbst konsumierte in diesem Zeitraum bis kurz vor seiner Inhaftierung nur synthetische Cannabisprodukte und kein Marihuana. Bei der Wohnungsdurchsuchung konnte eine geringe Menge an Marihuana und ein Briefchen, in dem sich Methamphetamin befunden hatte, sichergestellt werden.
7
Das Marihuana von durchschnittlicher Qualität mit einem Wirkstoffgehalt von etwa 10 % THC veräußerte er im Grammbereich im Zeitraum von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung am 18. September 2014 in 171 Fällen an minderjährige Abnehmer, deren Alter ihm jeweils bekannt war und die regelmäßig zwischen 12 und 15 Euro je Gramm bezahlten; in fünf weiteren Fällen veräußerte er Marihuana an erwachsene Abnehmer.
8
Zu einem geringen Teil verkaufte er das Marihuana zum durchschnittlichen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiter, ließ sich dann als Gegenleistungen Raumpflegedienste und Babysitterdienste für seinen am 11. Juni 2014 geborenen Sohn erbringen. Dabei handelte er in der Absicht, diese Abnehmer dauerhaft in seinem Kundenstamm zu halten, um mit ihnen fortan auch lukrative bzw. mit größeren Gewinnspannen versehene Geschäfte tätigen zu können.
9
Durch den Verkauf des Marihuanas wollte sich der Angeklagte, der als Auszubildender bei der Firma McDonald´s nur 670 Euro an Ausbildungsvergütung bezog und mit seiner Freundin zusammen wohnte, aber Schulden in Höhe von 1000 bis 1500 Euro hatte, eine zusätzliche Einkommensquelle verschaffen, um dadurch seinen eigenen Konsum von synthetischen Cannabisprodukten zu finanzieren. Hiervon konsumierte er regelmäßig etwa 15 Gramm innerhalb von zwei bis drei Tagen.
10
Im Einzelnen fanden folgende 171 Verkäufe von Marihuana an minderjährige Abnehmer statt:
11
Von Juni 2014 bis zum 18. September 2014 verkaufte der Angeklagte monatlich und damit in mindestens vier Fällen jeweils 2,4 Gramm Marihuana für 30 Euro an die beiden 14-jährigen Mädchen K. und H. .
12
Von Mitte August 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb die 15-jährige F. wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm. Der Grammpreis betrug 12 Euro. In weiteren zehn Fällen erhielt sie jeweils eine Konsumeinheit unentgeltlich, da sie sich um das Baby des Angeklagten kümmerte und die Wohnung aufräumte.
13
Von Mitte August 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb die 15jährige Hö. wöchentlich zweimal und damit in mindestens acht Fällen jeweils 1 bis 1,5 Gramm zu je 12 Euro je Gramm.
14
Anfang des Jahres 2014 veräußerte der Angeklagte 1 bis 1,5 Gramm zu 15 bis 20 Euro an die 15-jährige L. oder S. .
15
Im Zeitraum Ende Juli/Anfang August 2013 veräußerte der Angeklagte in mindestens drei Fällen je 1 bis 2 Gramm zu 12 Euro je Gramm an die 16-jährige J. .
16
Von September 2013 bis zum 18. September 2014 erwarb der 15- bzw. 16-jährige G. vom Angeklagten fünf Mal monatlich und damit in mindestens 60 Fällen Marihuana zu je 10 bis 20 Euro und einem Grammpreis von 12 Euro je Gramm.

17
Im Zeitraum von März 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb der 16- bzw. 17-jährige Lu. in mindestens zehn Fällen Marihuana zu einem Preis von 12 Euro je Gramm.
18
Im Zeitraum von Juli 2014 bis zum 18. September 2014 erwarb der 17-jährige Gü. in mindestens zwei Fällen je etwa 3 Gramm Marihuana zu je 40 Euro.
19
Mitte September 2014 veräußerte der Angeklagte 2,5 Gramm Marihuana für 30 Euro an einen 16- oder 17-jährigen Jugendlichen mit dem Vornamen Si. .
20
In der Zeit vom 9. Juli 2013 bis 18. September 2014 veräußerte der Angeklagte in 60 Fällen jeweils 1 bis 2 Gramm Marihuana zu einem Grammpreis von 10 Euro an die 15- bzw. 16-jährige Hi. .
21
Im Zeitraum von März 2014 bis 18. September 2014 veräußerte der Angeklagte in zwei Fällen je 1 Gramm Marihuana zu je fünf Euro an die 15- bis 16jährige Fi. . In zwei weiteren Fällen überließ er ihr eine geringe Menge Marihuana als Gegenleistung dafür, dass sie ihm half, die Wohnung aufzuräumen.
22
Am 10. September 2014 beauftragte der Angeklagte telefonisch den 17-jährigen Gü. , sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umzusehen. Der Angeklagte wollte dadurch weitere Abnehmer für Marihuana akquirieren. Gü. wurde jedoch nicht tätig.
23
In fünf Fällen veräußerte der Angeklagte Marihuana an erwachsene Abnehmer :
24
Am 3. September 2014 veräußerte er 2,15 Gramm Marihuana für 25 Euro an V. .
25
Mitte 2014 veräußerte er an A. 1 Gramm Marihuana für 10 bis 20 Euro.
26
Mitte September 2014 veräußerte er 4 Gramm Marihuana für 40 Euro an Kö. .
27
Mitte September 2014 veräußerte der Angeklagte 4 Gramm Marihuana für 50 Euro an R. .
28
Im August 2014 veräußerte er an T. Marihuana für 20 bis 25 Euro.
29
Dieses Geschäft findet sich in den Urteilsgründen allerdings nicht in den Feststellungen. Alle notwendigen Details wie Abnehmer, Preis, Menge und Tatzeit sind jedoch der Beweiswürdigung (UA S. 14) zu entnehmen. Diese Tat wird auch in der rechtlichen Würdigung und in der Strafzumessung erwähnt und es wird eine Einzelstrafe verhängt.
30
2. Die Strafkammer hat in ihrer rechtlichen Würdigung nicht nur die Fälle, in denen der Angeklagte das für durchschnittlich 10 Euro je Gramm eingekaufte Marihuana für 12 Euro weiter verkaufte, als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gewertet, sondern auch die, in denen er zum durchschnittlichen Einkaufspreis oder in wenigen Fällen auch darunter weiterveräußert hat. Zur Überzeugung der Kammer diente die Überlassung der Betäubungsmittel in diesen Fällen der Sicherung und Konsolidierung seines Kundenstamms. Das Telefonat mit Gü. sei Beleg dafür, dass der Angeklagte danach strebte, seinen Betäubungsmittelhandel auszubauen und seinen Umsatz auf längere Sicht gesehen zu steigern. Dafür spräche auch das geringe Einkommen des Angeklagten als Auszubildender und die Tatsache, dass er mit Ausnahme des Drogenhandels über keine weiteren Einkünfte verfügt hätte und für den Barunterhalt seines Sohnes habe aufkommen müssen. Auch in den Fällen, in denen der Angeklagte Abnehmern Marihuana im Gegenzug dafür überlassen habe, dass sie sich um seinen Sohn kümmerten und die Wohnung aufräumten, sei ein Handeltreiben gegeben, denn er habe eine Dienstleistung in Gestalt von Babysitten und Raumpflege erlangt, die in der Regel nur gegen Entgelt erbracht würde und daher monetärem Entgelt gleichstünde.
31
Die Strafkammer war auch davon überzeugt, dass der Angeklagte jeweils gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelte, soweit er Betäubungsmittel an Minderjährige abgegeben hat (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG). Der Angeklagte habe glaubhaft eingeräumt, dass die Abgabe der Betäubungs- mittel dazu diente, seinen Konsum von „Kräutermischungen“ zu finanzieren und sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu seiner Ausbildungsvergütung zu verschaffen. Angesichts seiner finanziellen Verhältnisse sei diese zusätzliche Einnahmequelle von erheblichem Gewicht. Auch die in der Wohnung aufgefundenen Druckverschlusstüten und die vom Angeklagten aufgestellten Regeln, wie sich seine „Kunden“ in der Wohnung zu verhalten hätten, sprächen dafür, dass der Angeklagte sich auf eine Vielzahl von Kunden eingestellt hatte. Das Telefonat mit dem minderjährigen Gü. , der sich nach weiteren Abnehmern für Marihuana umsehen sollte, spräche ebenfalls für Gewerbsmäßigkeit. Es zeige, dass der Angeklagte seinen Kundenstamm habe erweitern und sich weitere Einnahmequellen habe erschließen wollen. Auch der zeitliche Rahmen von Juli 2013 bis Mitte September 2014, in welchem der Angeklagte Betäubungsmittel an die Abnehmer veräußerte und die Vielzahl der einzelnen Abnehmer sprächen stark für das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Abgabe der Betäubungsmittel. Gewerbsmäßigkeit setze auch nicht voraus, dass der Täter nur Bargeld anstrebte, es reichten auch geldwerte Vermögensvorteile oder die Einsparung von Aufwendungen. Damit sei auch bei den Abnehmern von Gewerbsmäßigkeit auszugehen, die Gegenleistungen erbracht hätten, welche für gewöhnlich – wie Babysitten und Raumpflege – nur gegen Entgelt erbracht würden. Außerdem habe die Abgabe der Betäubungsmittel in diesen Fällen auch der Sicherung seines Kundenstamms und der Bindung der Abnehmer an ihn gedient, damit diese auch weiterhin Drogen von ihm bezögen, auch wenn es sich hierbei nur um Kleinstmengen handelte. Dass der Angeklagte bei diesen Abnehmern derzeit noch keinen Gewinn erzielt habe, spräche nicht gegen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit, weil es nur auf die Gewinnerwartung des Täters, also auf den Gewinn ankäme, den er erzielen wolle.
32
3. Bei der Strafzumessung ist die Strafkammer, soweit die Abnehmer in den Tatzeiträumen Geburtstag hatten, zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen, dass diese jeweils das neu erreichte Lebensalter bereits im gesamten Tatzeitraum erreicht hatten. Soweit sie bereits 16 oder 17 Jahre alt waren , hat die Strafkammer einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1, 2 BtMG angenommen. Waren die minderjährigen Abnehmer erst 14 oder 15 Jahre alt, verblieb es bei dem Strafrahmen des § 30 Abs. 1 Nr. 2, § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, der eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren vorsieht. Für diese 35 Fälle hat die Strafkammer eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, für die 136 minder schweren Fälle eine Frei- heitsstrafe von einem Jahr, verhängt. Soweit die Abnehmer volljährig waren, hat die Strafkammer auf Geldstrafe erkannt; insoweit ist sie davon ausgegangen, dass die Indizwirkung des Regelbeispiels (§ 29 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 BtMG) entkräftet ist. Soweit sich der Angeklagte nach § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG strafbar gemacht hat, hat die Kammer unter Verbrauch des vertypten Strafmilderungsgrundes des Versuchs einen minder schweren Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG bejaht und eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt.

II.


33
Die Revision des Angeklagten ist unbegründet.
34
Eine formgerechte Verfahrensrüge hat der Angeklagte nicht erhoben. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der erhobenen Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
35
1. Die rechtliche Bewertung des festgestellten Sachverhalts hält einer Nachprüfung stand.
36
a) Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG)
37
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Handeltreiben im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256 mwN).

38
Die Überzeugung der Strafkammer, der Angeklagte habe eigennützig gehandelt, beruht auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage. Eigennützigkeit ist nach den Feststellungen auch in den Fällen gegeben, in denen der Angeklagte Marihuana zum Einkaufspreis oder darunter abgegeben hat oder ihm als Gegenleistung anderweitige Dienste erbracht wurden. Um eine bloße Gefälligkeit handelte es sich nicht, denn er handelte mit dem Ziel, die Abnehmer zu binden und mit ihnen später lukrativere Geschäfte abzuschließen.
39
b) Die Strafkammer hat auch die Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns des Angeklagten im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 BtMG hinreichend dargetan.
40
Gewerbsmäßig handelt ein Täter, wenn er sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang verschaffen will (st. Rspr.; vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29, Teil 26, Rn. 12).
41
Auch ein Kleindealer, der sich mit dem Verkauf kleiner Konsummengen Mittel zur Befriedigung seiner Sucht beschafft, kann gewerbsmäßig handeln (st. Rspr.; vgl. Patzak aaO § 29, Teil 26, Rn. 15, 17).
42
Zwar kann die Gewerbsmäßigkeit, die sich auch auf die Erzielung bloßer Nebeneinnahmen beziehen kann, dann einer eingehenden Begründung bedürfen , wenn in Anbetracht der Abgabemengen und der Tatfrequenz nur von einem geringen Gewinn auszugehen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Mai 2012 – 4StR 67/12, NStZ-RR 2012, 279 f. und vom 20. März 2008 – 4 StR 63/08, NStZ-RR 2008, 212). So liegt der Fall hier aber nicht. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte in Gewinnerzielungsabsicht von Juli 2013 bis zu seiner Inhaftierung im September 2014 in 176 Fällen an minderjährige Abnehmer und in fünf weiteren Fällen an erwachsene Abnehmer Marihuana regelmäßig für 12 Euro bis 15 Euro je Gramm bei einem durchschnittlichen Einkaufspreis von 10 Euro verkauft hat oder ihm bei niedrigeren Verkaufspreisen konkrete Gegenleistungen zugewendet wurden oder er durch den günstigen Preis seine Abnehmer an sich binden wollte, um zukünftig lukrativere Geschäfte abschließen zu können. Die die Annahme von Gewerbsmäßigkeit rechtfertigende Nachhaltigkeit der Absicht, sich eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen, ist damit auf Grund der Vielzahl der Taten und der zeitlichen Abfolge ausreichend belegt. Auch die im Urteil näher dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse (Schulden und geringes Einkommen ) legen eine nachhaltige Gewinnerzielungsabsicht von einigem Gewicht nahe.
43
c) Der Angeklagte handelte auch gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG.
44
Gewerbsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG handelt ein Täter dann, wenn er sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch wiederholte Vornahme gerade solcher Handlungen verschaffen will, die den Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 – 4 StR 222/97, StV 1997, 636; vgl. BGH, Beschluss vom 13. Dezember 1995 – 2 StR 575/95, NStZ 1996, 285, 286). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Täter die erstrebten Einnahmen ausschließlich aus Rauschgiftgeschäften mit Minderjährigen erzielen will, sondern es reicht aus, dass er sich fortlaufende Einnahmen auch aus derartigen Geschäften verschaffen will.

45
Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er sich durch den wiederholten Verkauf von Marihuana an minderjährige Abnehmer eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zur Finanzierung seines eigenen Drogenkonsums verschaffen wollte. Dass der Angeklagte auch zumindest bedingten Vorsatz hatte, liegt nahe, weil er insgesamt in 171 Fällen Marihuana an Minderjährige verkauft hat, diese also sein Hauptabnehmerkreis waren.
46
d) Die vom Landgericht vorgenommene Bewertung, dass die 176 Verkaufsfälle zueinander in Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehen, hält sachlichrechtlicher Prüfung stand. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer die Möglichkeit von Bewertungseinheiten nicht erörtert hat.
47
Durch den Begriff der Bewertungseinheit werden alle Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Menge an Betäubungsmitteln richten, zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens verbunden, weil der Erwerb und der Besitz von Betäubungsmitteln, die zum Zwecke gewinnbringender Weiterveräußerung bereitgehalten werden, bereits den Tatbestand des Handeltreibens in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllen. Zu dieser Tat gehören als unselbständige Teilakte im Sinne einer Bewertungseinheit alle späteren Veräußerungsgeschäfte, soweit sie dasselbe Rauschgift betreffen (st. Rspr.; vgl. Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 409 mwN).
48
Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 mwN; vgl. Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).

49
Die bloße Möglichkeit, dass Einzelmengen einer Gesamtmenge entnommen sein können, genügt dabei nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen. Eine lediglich willkürliche Zusammenfassung ohne ausreichende Tatsachengrundlage kommt dabei nicht in Betracht, auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 f. mwN; Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).
50
Solche Anhaltspunkte fehlen. Die Strafkammer ist von wöchentlichen Erwerbsvorgängen des Angeklagten von fünf bis zehn Gramm Marihuana ausgegangen , die nahezu vollständig zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen waren; nur ein geringfügiger Teil wurde in der Wohnung konsumiert oder verschenkt.
51
Dass die von dem Angeklagten verkauften Kleinmengen sämtlich oder auch nur mehrere von ihnen aus einer einheitlich erworbenen Vorratsmenge stammen, hat die Strafkammer nicht festgestellt. Dabei ist davon auszugehen, dass bereits die Erwerbsvorgänge nicht festgestellt werden konnten.
52
Der Angeklagte hat angegeben, dass er sämtliche „Marihuanaprodukte“ von einer Person, welche er namentlich nicht nennen wolle, erworben habe. Er würde mit Marihuana und Kräutermischungen handeln, die er zu einem Grammpreis von durchschnittlich 10 Euro erworben habe, „mal mehr, mal weni- ger“. Der Einkaufspreis für Marihuana sei nicht immer konstant gewesen, habe aber seiner Einschätzung nach im Durchschnitt 10 Euro betragen. Er habe wöchentlich 5 bis 10 Gramm Marihuana erworben.

53
Eine genaue Zuordnung des in unterschiedlichen Mengen eingekauften Marihuanas zu den zeitlich nicht näher festgelegten Einzelverkäufen, die mengenmäßig ebenfalls nicht mehr genau festgestellt werden können, lässt diese Einlassung und lassen auch die Angaben der einzelnen Käufer, soweit sie ermittelt werden konnten, nicht zu.
54
Der Zweifelssatz gebietet es nicht, festgestellte Einzelverkäufe zu einer Bewertungseinheit zusammenzufassen, nur weil eine nicht näher konkretisierte Möglichkeit besteht, dass diese ganz oder teilweise aus einer einheitlich erworbenen Menge stammen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass jeweils eine gewisse – freilich kaum konkret quantifizierbare – Anzahl der abgeurteilten Verkaufs - bzw. Abgabemengen aus einheitlichen Vorräten stammen könnten, kann kein unverhältnismäßiger Aufwand verlangt werden, um eventuell eine Bewertungseinheit festzustellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 10. Juni 1997 – 1 StR 146/97, NStZ-RR 1997, 344; Beschluss vom 29. Mai 2012 – 1 StR 178/12, NStZ-RR 2012, 280, 281; zusammenfassend Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN). Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass naheliegende Aufklärungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft worden wären; vielmehr steht aufgrund der Einlassung des Angeklagten, den Erkenntnissen der Telefonüberwachungen und den Angaben der Abnehmer, soweit sie ermittelt werden konnten, fest, dass die Aufklärungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.
55
Der Frage, unter welchen Umständen dann gleichwohl im Wege einer Schätzung Feststellungen hinsichtlich einer (oder mehrerer) Bewertungseinheit (en) zu treffen sind (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, NJW 2002, 1810 f.), braucht der Senat hier nicht nachzugehen.
56
Die Feststellungen zur Menge des abgegebenen Marihuanas sind nicht annähernd deckungsgleich mit den Feststellungen zur Menge des erworbenen Marihuanas. Vielmehr ist, wie schon die unterschiedlichen Mengen von erworbenem und abgegebenem Rauschgift zeigen, insgesamt nur ein begrenzter Teil der auf Erwerb und Abgabe bezogenen Handlungen des Angeklagten erfasst.
57
Es fehlen somit tatsächliche Grundlagen für eine tragfähige Schätzung dafür, welche und wie viele der zahlreichen abgegebenen Einzelmengen jeweils aus einem Erwerbsvorgang stammen und wie dies abzugrenzen und zeitlich einzuordnen wäre. Es käme daher lediglich eine willkürliche Zusammenfassung in Betracht, die rechtlich aber nicht zulässig ist (st. Rspr.; BGH, Urteile vom 10. Juni 1997 – 1 StR 146/97, NStZ-RR 1997, 344 und vom 16. November 2005 – 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55; Beschlüsse vom 26. Mai 2000 – 3StR 162/00, NStZ 2000, 540, 541 und vom 29. Mai 2012 – 1 StR 178/12, NStZ-RR 2012, 280, 281).
58
e) Allerdings kann unerlaubtes (gewerbsmäßiges) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BtMG nicht in Tateinheit mit unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln nach § 29a Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG verwirklicht werden. Denn der Grundtatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 BtMG tritt einschließlich der in § 29 Abs. 3 BtMG enthaltenen Zumessungsregeln hinter einem der in §§ 29a, 30 und 30a BtMG aufgeführten Verbrechenstatbestände, hier also des § 29a Abs. 1, § 30 BtMG, zurück. Die Erfüllung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG behält aber für die Strafbemessung innerhalb des in dem Qualifikationstatbestand vorgesehenen Strafrahmens Bedeutung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. September 1993 – 4 StR 509/93, NStZ 1994, 39 und vom 21. Dezember 1995 – 1 StR 697/95, StV 1996, 267; Patzak, aaO, § 30, Teil 6, Rn. 69 mwN).
59
2. Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Die Strafrahmenwahl ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Bemessung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hält rechtlicher Nachprüfung stand.
60
Die Strafzumessung unterliegt nur in eingeschränktem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Es ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Person des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in die Strafzumessung ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteil vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568). Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe (BGH, Urteile vom 24. März 1999 – 3 StR 556/98, wistra 1999, 297, 298 und vom 29. Juni 2005 – 1 StR 149/05, NStZ 2006, 568).

61
Soweit das Landgericht in 171 Fällen Tateinheit zwischen unerlaubtem (gewerbsmäßigem) Handeltreiben und unerlaubter (gewerbsmäßiger) Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige angenommen hat, ist die Strafzumessung dennoch fehlerfrei, weil die Erfüllung des Tatbestands des gewerbsmäßigen Handeltreibens im Sinne des § 29 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG in der Strafbemessung berücksichtigt werden darf.
62
Der Senat hat den Tenor entsprechend geändert. § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

III.


63
Der nur geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO). Raum Graf Jäger Radtke Fischer

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder
2.
seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben,
und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird auch bestraft, wer die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Handlungen oder die in Absatz 2 bezeichnete Förderung gegenüber seinem Ehegatten oder Lebenspartner vornimmt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder
2.
seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben,
und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird auch bestraft, wer die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Handlungen oder die in Absatz 2 bezeichnete Förderung gegenüber seinem Ehegatten oder Lebenspartner vornimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 7 5 / 1 5
vom
9. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Menschenhandels u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffer 3 auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 9. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 30. Oktober 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in zwei Fällen schuldig ist, davon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis,
b) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Menschenhan1 dels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, jeweils in Tateinheit mit Zuhälterei , Körperverletzung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, unter Ein-
beziehung der Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Solingen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten sowie wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von zwei Jahren verhängt. Schließlich hat es den Angeklagten dazu verurteilt, an die Nebenklägerin W. ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro und einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 750 Euro jeweils nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wollte der Angeklagte
2
seinen Lebensunterhalt dadurch bestreiten, dass er junge Frauen unter Vorspiegelung einer Absicht zur künftigen gemeinsamen Lebensführung dazu veranlasste , für ihn der Prostitution nachzugehen.
a) Am 21. Dezember 2013 bewegte der Angeklagte die damals
3
18jährige Nebenklägerin W. dazu, von 17.00 Uhr bis 02.00 Uhr am folgenden Morgen in einem Bordell zu arbeiten. Er erläuterte ihr die Vorgehensweise, fuhr sie ohne Fahrerlaubnis mit seinem Auto zum Bordell, gab ihr 65 Euro "Eintrittsgeld" und holte sie später wieder ab. Das von der Nebenklägerin verdiente Geld in Höhe von 550 Euro nahm er ihr ab. Am nächsten Tag arbeitete die Geschädigte erneut in dem Bordell und lieferte ihren Verdienst von 50 Euro beim Angeklagten ab. Dieser bot ihre sexuellen Dienste auch im Internet an, nannte dort ein Entgelt von 150 Euro pro Stunde, fügte Fotos der Geschädigten in Unterwäsche bei und machte mit Freiern Termine aus. Am 2. Januar 2014 bediente die Geschädigte einen derart angeworbenen Kunden in einem dafür vorgesehenen Zimmer in der Wohnung des Angeklagten. Weil sie anschließend berichtete, dass sie sich unwohl gefühlt habe, schlug der Angeklagte sie mit der flachen Hand ins Gesicht. Daraufhin brach die Nebenklägerin W. den Kontakt zum Angeklagten ab, der sie auch "sofort fallen ließ".
b) Im März 2014 nahm der Angeklagte eine Beziehung mit der zur Tat4 zeit 16jährigen Nebenklägerin G. auf, der er die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft vorspiegelte. Auf das Drängen des Angeklagten war sie nach anfänglichem Zögern bereit, für ihn der Prostitution nachzugehen. Er warb für ihre sexuellen Dienste gegen Zahlung von 150 Euro pro Stunde mit Fotos im Internet. Vom 14. bis 21. April 2014 ging die Nebenklägerin G. im "Verrichtungszimmer" in der Wohnung des Angeklagten der Prostitution nach und musste ihre Einnahmen "im Wesentlichen an den Angeklagten abgeben". Dann kam es zum Streit, weil der Angeklagte darüber verärgert war, dass die Geschädigte morgens zur Schule ging, abends zu den Eltern nach Hause zurückkehren musste und deshalb wenig Zeit hatte für ihn zu "arbeiten". Der Angeklagte schlug sie mit der flachen Hand ins Gesicht, worauf sie ihn verließ. 2. Das Landgericht hat den ersten Fall als Menschenhandel zum Zwe5 cke der sexuellen Ausbeutung im Sinne von § 232 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 3 StGB in Tateinheit mit Zuhälterei gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB und in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB mit Strafantrag der Nebenklägerin ) sowie vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) bewertet. Im zweiten Fall ist es von schwerem Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (§ 232 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 3 StGB) in Tateinheit Zuhälterei (§ 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB) ausgegangen. Einen Fall der Veranlassung zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution mit Gewalt, Drohung oder List (§ 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB) oder des sexuellen Missbrauchs einer Jugendli- chen unter Ausnutzung einer Zwangslage (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 StGB) hat das Landgericht nicht festgestellt.

II.

1. Die Revision des Angeklagten ist begründet, soweit sie sich gegen
6
den Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener Zuhälterei wendet. Im Übrigen ist der Schuldspruch rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB macht sich strafbar, wer seines
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Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält. In allen Varianten muss vom Täter ein bestimmender Einfluss auf das Opfer genommen werden; eine bloße Unterstützung der Prostitutionsausübung reicht - auch mit Blick auf die Intention des Gesetzgebers bei dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostitution (BGBl. 2002 I S. 3983) - nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein Verhalten des Täters, das geeignet ist, die Prostituierte in Abhängigkeit von ihm zu halten, ihre Selbstbestimmung zu beeinträchtigen, sie zu nachhaltiger Prostitutionsausübung anzuhalten oder ihre Entscheidungsfreiheit in sonstiger Weise nachhaltig zu beeinflussen (vgl. Senat, Beschluss vom 1. August 2003 - 2 StR 186/03, BGHSt 48, 314, 317). Kontrollmaßnahmen, wie sie auch einem Arbeitgeber möglich sind, müssen von dirigierenden Handlungen im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB abgegrenzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2010 - 5 StR 328/09, NStZ 2010, 274). Beim Überwachen geht es um eine andauernde Kontrolle der Geldeinnahmen, der Buchführung und der Preisgestaltung für die sexuellen Dienstleistungen, die eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Prostituierten bewirken kann, welche ihr eine Lösung aus der Prostitution erschwert. Das Bestimmen der Umstände der Ausübung der Prostitution muss zur Erfüllung des Tatbestands gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB in einer Weise erfolgen, dass sich die Prostituierte den Weisungen nicht entziehen kann. Freiwilliges Akzeptieren von Bedingungen schließt dirigierende Zuhälterei in diesem Sinne aus. Die dritte Variante liegt vor, wenn der Täter, der Beziehungen zu der Prostituierten unterhält und um des eigenen Vermögensvorteils willen handelt, Maßnahmen ergreift, welche das Opfer davon abhalten sollen die Prostitution aufzugeben. Erfasst werden hiervon nur Vorkehrungen, die das Opfer in seiner Entscheidungsfreiheit zu beeinträchtigen geeignet und darauf gerichtet sind, ihm den Weg aus der Prostitution zu verbauen (Senat, Urteil vom 9. Oktober 2013 - 2 StR 297/13, NStZ 2014, 453, 455).
b) Nach diesen Maßstäben liegt in den abgeurteilten Fällen keine diri8 gierende Zuhälterei vor. Das Landgericht hat schon in den Vorgaben des Angeklagten zu Zeit,
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Ort und Preis der Prostitutionsausübung sowie in der Werbung im Internet einen Fall des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB gesehen. Diese Handlungen stellen aber weder eine Kontrolle dar, die geeignet gewesen wäre zu verhindern, dass sich die Nebenklägerinnen aus der Prostitution lösten, noch waren die Umstände der Prostitutionsausübung mit einer entsprechenden Wirkung vom Angeklagten bestimmt worden. Schließlich hat er über die Aufnahme von Beziehungen zu den Nebenklägerinnen und die Aufforderung zur Prostitutionsausübung an diese hinaus keine erheblichen Maßnahmen getroffen, die eine Durchsetzung ihres Entschlusses zur Beendigung der Prostitutionsausübung zu verhindern geeignet waren. Die Nebenklägerinnen konnten sich tatsächlich ohne erhebliche Hinderung durch Maßnahmen des Angeklagten alsbald aus der Prostitution lösen.



c) Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch in beiden Fällen dahin,
10
dass die tateinheitliche Verurteilung wegen Zuhälterei entfällt. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen. 2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Straf11 ausspruchs wegen einer fehlerhaften Wertung durch das Landgericht. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt, dass tateinheitlich Zuhälterei vorgelegen habe. Der Senat kann deshalb nicht sicher ausschließen, dass bereits der Ausspruch über die Einzelstrafen auf der rechtsfehlerhaften Bejahung dieses Tatbestands beruht. Deshalb entfällt auch die Gesamtfreiheitsstrafe. Die zur Frage der Strafzumessung rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben. 3. Der Ausspruch über die Adhäsionsklage der Nebenklägerin W.
12
bleibt unberührt, soweit der Angeklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes dem Grunde nach und zur Zahlung eines Betrages von 750 Euro nebst Zinsen zum Ersatz von materiellen Schäden verurteilt wurde. Insoweit hat der Angeklagte die Forderungen anerkannt. Eine mögliche Änderung der Adhäsionsentscheidung hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes bleibt dem neuen Tat- gericht vorbehalten (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Februar 2015 - 2 StR 388/14). Auf den Anfragebeschluss des Senats vom 8. Oktober 2014 - 2 StR 137/14 und 2 StR 337/14 (RuS 2015, 94 ff. = ZfSch 2015, 203 ff. mit Anm. Diehl) wird hingewiesen. Fischer Krehl Eschelbach Zeng Bartel

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder
2.
seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben,
und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird auch bestraft, wer die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Handlungen oder die in Absatz 2 bezeichnete Förderung gegenüber seinem Ehegatten oder Lebenspartner vornimmt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 7 5 / 1 5
vom
9. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Menschenhandels u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
, zu Ziffer 3 auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am 9. Juni 2015 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 30. Oktober 2014
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in zwei Fällen schuldig ist, davon in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis,
b) im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Menschenhan1 dels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung, jeweils in Tateinheit mit Zuhälterei , Körperverletzung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, unter Ein-
beziehung der Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Solingen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten sowie wegen schweren Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit Zuhälterei zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Zudem hat es eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von zwei Jahren verhängt. Schließlich hat es den Angeklagten dazu verurteilt, an die Nebenklägerin W. ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro und einen Schadensersatzbetrag in Höhe von 750 Euro jeweils nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts wollte der Angeklagte
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seinen Lebensunterhalt dadurch bestreiten, dass er junge Frauen unter Vorspiegelung einer Absicht zur künftigen gemeinsamen Lebensführung dazu veranlasste , für ihn der Prostitution nachzugehen.
a) Am 21. Dezember 2013 bewegte der Angeklagte die damals
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18jährige Nebenklägerin W. dazu, von 17.00 Uhr bis 02.00 Uhr am folgenden Morgen in einem Bordell zu arbeiten. Er erläuterte ihr die Vorgehensweise, fuhr sie ohne Fahrerlaubnis mit seinem Auto zum Bordell, gab ihr 65 Euro "Eintrittsgeld" und holte sie später wieder ab. Das von der Nebenklägerin verdiente Geld in Höhe von 550 Euro nahm er ihr ab. Am nächsten Tag arbeitete die Geschädigte erneut in dem Bordell und lieferte ihren Verdienst von 50 Euro beim Angeklagten ab. Dieser bot ihre sexuellen Dienste auch im Internet an, nannte dort ein Entgelt von 150 Euro pro Stunde, fügte Fotos der Geschädigten in Unterwäsche bei und machte mit Freiern Termine aus. Am 2. Januar 2014 bediente die Geschädigte einen derart angeworbenen Kunden in einem dafür vorgesehenen Zimmer in der Wohnung des Angeklagten. Weil sie anschließend berichtete, dass sie sich unwohl gefühlt habe, schlug der Angeklagte sie mit der flachen Hand ins Gesicht. Daraufhin brach die Nebenklägerin W. den Kontakt zum Angeklagten ab, der sie auch "sofort fallen ließ".
b) Im März 2014 nahm der Angeklagte eine Beziehung mit der zur Tat4 zeit 16jährigen Nebenklägerin G. auf, der er die Aussicht auf eine gemeinsame Zukunft vorspiegelte. Auf das Drängen des Angeklagten war sie nach anfänglichem Zögern bereit, für ihn der Prostitution nachzugehen. Er warb für ihre sexuellen Dienste gegen Zahlung von 150 Euro pro Stunde mit Fotos im Internet. Vom 14. bis 21. April 2014 ging die Nebenklägerin G. im "Verrichtungszimmer" in der Wohnung des Angeklagten der Prostitution nach und musste ihre Einnahmen "im Wesentlichen an den Angeklagten abgeben". Dann kam es zum Streit, weil der Angeklagte darüber verärgert war, dass die Geschädigte morgens zur Schule ging, abends zu den Eltern nach Hause zurückkehren musste und deshalb wenig Zeit hatte für ihn zu "arbeiten". Der Angeklagte schlug sie mit der flachen Hand ins Gesicht, worauf sie ihn verließ. 2. Das Landgericht hat den ersten Fall als Menschenhandel zum Zwe5 cke der sexuellen Ausbeutung im Sinne von § 232 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 3 StGB in Tateinheit mit Zuhälterei gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB und in weiterer Tateinheit mit Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB mit Strafantrag der Nebenklägerin ) sowie vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) bewertet. Im zweiten Fall ist es von schwerem Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung (§ 232 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 3 StGB) in Tateinheit Zuhälterei (§ 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB) ausgegangen. Einen Fall der Veranlassung zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution mit Gewalt, Drohung oder List (§ 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB) oder des sexuellen Missbrauchs einer Jugendli- chen unter Ausnutzung einer Zwangslage (§ 182 Abs. 1 Nr. 2 StGB) hat das Landgericht nicht festgestellt.

II.

1. Die Revision des Angeklagten ist begründet, soweit sie sich gegen
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den Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener Zuhälterei wendet. Im Übrigen ist der Schuldspruch rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB macht sich strafbar, wer seines
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Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält. In allen Varianten muss vom Täter ein bestimmender Einfluss auf das Opfer genommen werden; eine bloße Unterstützung der Prostitutionsausübung reicht - auch mit Blick auf die Intention des Gesetzgebers bei dem am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostitution (BGBl. 2002 I S. 3983) - nicht aus. Erforderlich ist vielmehr ein Verhalten des Täters, das geeignet ist, die Prostituierte in Abhängigkeit von ihm zu halten, ihre Selbstbestimmung zu beeinträchtigen, sie zu nachhaltiger Prostitutionsausübung anzuhalten oder ihre Entscheidungsfreiheit in sonstiger Weise nachhaltig zu beeinflussen (vgl. Senat, Beschluss vom 1. August 2003 - 2 StR 186/03, BGHSt 48, 314, 317). Kontrollmaßnahmen, wie sie auch einem Arbeitgeber möglich sind, müssen von dirigierenden Handlungen im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB abgegrenzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2010 - 5 StR 328/09, NStZ 2010, 274). Beim Überwachen geht es um eine andauernde Kontrolle der Geldeinnahmen, der Buchführung und der Preisgestaltung für die sexuellen Dienstleistungen, die eine wirtschaftliche Abhängigkeit der Prostituierten bewirken kann, welche ihr eine Lösung aus der Prostitution erschwert. Das Bestimmen der Umstände der Ausübung der Prostitution muss zur Erfüllung des Tatbestands gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB in einer Weise erfolgen, dass sich die Prostituierte den Weisungen nicht entziehen kann. Freiwilliges Akzeptieren von Bedingungen schließt dirigierende Zuhälterei in diesem Sinne aus. Die dritte Variante liegt vor, wenn der Täter, der Beziehungen zu der Prostituierten unterhält und um des eigenen Vermögensvorteils willen handelt, Maßnahmen ergreift, welche das Opfer davon abhalten sollen die Prostitution aufzugeben. Erfasst werden hiervon nur Vorkehrungen, die das Opfer in seiner Entscheidungsfreiheit zu beeinträchtigen geeignet und darauf gerichtet sind, ihm den Weg aus der Prostitution zu verbauen (Senat, Urteil vom 9. Oktober 2013 - 2 StR 297/13, NStZ 2014, 453, 455).
b) Nach diesen Maßstäben liegt in den abgeurteilten Fällen keine diri8 gierende Zuhälterei vor. Das Landgericht hat schon in den Vorgaben des Angeklagten zu Zeit,
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Ort und Preis der Prostitutionsausübung sowie in der Werbung im Internet einen Fall des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB gesehen. Diese Handlungen stellen aber weder eine Kontrolle dar, die geeignet gewesen wäre zu verhindern, dass sich die Nebenklägerinnen aus der Prostitution lösten, noch waren die Umstände der Prostitutionsausübung mit einer entsprechenden Wirkung vom Angeklagten bestimmt worden. Schließlich hat er über die Aufnahme von Beziehungen zu den Nebenklägerinnen und die Aufforderung zur Prostitutionsausübung an diese hinaus keine erheblichen Maßnahmen getroffen, die eine Durchsetzung ihres Entschlusses zur Beendigung der Prostitutionsausübung zu verhindern geeignet waren. Die Nebenklägerinnen konnten sich tatsächlich ohne erhebliche Hinderung durch Maßnahmen des Angeklagten alsbald aus der Prostitution lösen.



c) Der Senat ändert deshalb den Schuldspruch in beiden Fällen dahin,
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dass die tateinheitliche Verurteilung wegen Zuhälterei entfällt. § 265 Abs. 1 StPO steht nicht entgegen. 2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Straf11 ausspruchs wegen einer fehlerhaften Wertung durch das Landgericht. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung ausdrücklich berücksichtigt, dass tateinheitlich Zuhälterei vorgelegen habe. Der Senat kann deshalb nicht sicher ausschließen, dass bereits der Ausspruch über die Einzelstrafen auf der rechtsfehlerhaften Bejahung dieses Tatbestands beruht. Deshalb entfällt auch die Gesamtfreiheitsstrafe. Die zur Frage der Strafzumessung rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben. 3. Der Ausspruch über die Adhäsionsklage der Nebenklägerin W.
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bleibt unberührt, soweit der Angeklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes dem Grunde nach und zur Zahlung eines Betrages von 750 Euro nebst Zinsen zum Ersatz von materiellen Schäden verurteilt wurde. Insoweit hat der Angeklagte die Forderungen anerkannt. Eine mögliche Änderung der Adhäsionsentscheidung hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes bleibt dem neuen Tat- gericht vorbehalten (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Februar 2015 - 2 StR 388/14). Auf den Anfragebeschluss des Senats vom 8. Oktober 2014 - 2 StR 137/14 und 2 StR 337/14 (RuS 2015, 94 ff. = ZfSch 2015, 203 ff. mit Anm. Diehl) wird hingewiesen. Fischer Krehl Eschelbach Zeng Bartel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 297/13
vom
9. Oktober 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen ausbeuterischer Zuhälterei u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung am
25. September 2013 in der Sitzung am 9. Oktober 2013, an der teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
der Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof bei Bekanntgabe der
Verfügung,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Vertreter der Nebenklägerin A. ,
Justizangestellte in der Verhandlung,
Justizangestellte bei der Verkündung
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Kassel vom 11. Februar 2013, auch soweit es die Mitangeklagte R. betrifft und soweit beide Angeklagten verurteilt worden sind, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die Revision der Nebenklägerin A. gegen das vorgenannte Urteil wird verworfen. Die Nebenklägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen ausbeuterischer Zuhälterei in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit dirigistischer Zuhälterei und in einem weiteren Fall in Tateinheit mit schwerem Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung und mit vorsätzlicher Körperverletzung (Fall 1 der Urteilsgründe), sowie wegen versuchten schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tat- einheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall 2 der Urteilsgründe), zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Angeklagte R. hat es wegen Beihilfe zur ausbeuterischen Zuhälterei in Tateinheit mit dirigistischer Zuhälterei zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Im Übrigen hat das Landgericht beide Angeklagten freigesprochen.
2
Die Revision des Angeklagten S. , mit der er eine Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge Erfolg. Von der Aufhebung erfasst wird auch die Verurteilung der nichtrevidierenden Mitangeklagten R. .
3
Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision, mit der sich die Nebenklägerin A. gegen den Teilfreispruch beider Angeklagten wendet, ist unbegründet.

A.

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Die Revision des Angeklagten S. ist begründet.

I.

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1. Der Verurteilung des Angeklagten liegen folgende Feststellungen des Landgerichts zugrunde:
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Der Angeklagte war mit der Mitangeklagten R. befreundet, die in einer Wohnung im ersten Stock des Hauses Sch. der Prostitution nachging. Im März 2012 bezog die Geschädigte M. ein Zimmer im zweiten Stock und ging dort auf Veranlassung einer Frau namens J. ebenfalls der Prostitution nach. Der Angeklagte hatte zwischenzeitlich beschlossen, sich als gewerblicher Zimmervermieter zu betätigen, und besprach mit dem Vermieter des Hauses, die Wohnung im ersten und eine weitere im vierten Stock des Hauses anzumieten. Er plante, die einzelnen Zimmer dieser Wohnungen selbständig an Prosituierte unterzuvermieten, deren sämtliche Einkünfte an sich zu nehmen und ihnen nur nach Gutdünken Geld zum Eigenbedarf zuzuweisen; den überwiegenden Teil ihrer Einkünfte wollte er für sich selbst verwenden.
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a) In Umsetzung dieses Plans "kaufte" der Angeklagte die Geschädigte M. für 1.400 € von J. ab. Er einigte sich mit der Geschädigten dahin , dass diese ab dem 20. März 2012 in der Wohnung im ersten Stock arbeiten und dafür die Hälfte ihrer Einnahmen an den Angeklagten abgeben sollte. Die Geschädigte nahm ihre Arbeit auf, hatte aber vom 20. März bis zum 26. April 2012 ihre sämtlichen Einnahmen der Mitangeklagten R. zu übergeben, die die Gelder jeweils an den Angeklagten weiterleitete. Die Preise bezüglich der Art und Dauer ihrer sexuellen Dienstleistungen waren ihr vorgegeben. Die Geschädigte hatte keinen Überblick über ihre Einnahmen. Sie konnte weder lesen noch schreiben; auch das Rechnen sowie die deutsche Sprache beherrschte sie nur rudimentär. In dem genannten Zeitraum überwies sie mit Hilfe des Angeklagten bei drei Gelegenheiten 100 €, 130,50 € und 145 € an ihre Familie in B. .
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Zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt während ihres Aufenthalts hatte die Geschädigte keine Lust mehr, in dem Haus Sch. zu arbeiten. Der Angeklagte teilte ihr daraufhin mit, dass sie erst gehen könne, wenn sie das Geld, das er für sie bezahlt habe, abgearbeitet habe; sie könne allerdings ihre Schwester zum Weiterarbeiten schicken. Da die Schwester der Geschädigten dies ablehnte, blieb die Geschädigte in der Sch. . Zu einem weiteren nicht feststellbaren Zeitpunkt schlug der Angeklagte die Geschädigte min- destens einmal mit der flachen Hand ins Gesicht, schubste sie gegen die Wand und trat sie, weil er den Verdacht hegte, sie liefere nicht ihren gesamten Verdienst an ihn ab. Am 22. April 2012 unterschrieb die Geschädigte einen Untermietvertrag (Tagesmietpreis von 75 € für ein Zimmer) und einen weiteren Vertrag , in dem sie erklärte, dem Angeklagten 1.300 € zu schulden.
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b) In Umsetzung seines Plans "kaufte" der Angeklagte auch die Geschädigte St. , die bislang in einem anderen Haus der Prostitution nachging, von einem Y. und einer weiteren Person. Die Geschädigte bezog am 27. März 2012 ein Zimmer im ersten Stock des Hauses Sch. und ging jedenfalls drei Tage lang der Prostitution nach. Ihre gesamten Einnahmen hatte sie der Mitangeklagten R. zu übergeben, die die Gelder an den Angeklagten S. weiterleitete. Am 31. März 2012 wurde bei der Geschädigten eine Schwangerschaft festgestellt. Sie verbrachte unter wechselnder Aufsicht der Mitangeklagten R. , der Nebenklägerin A. und der Geschädigten M. zwei Tage im Krankenhaus. Nach ihrer Rückkehr weigerte sie sich, der Prostitution nachzugehen. Der Angeklagte verlangte ihre Weiterarbeit und verbot ihr in der Folgezeit, das Haus zu verlassen, was die Mitangeklagte R. und die Nebenklägerin A. überwachten. Am 4. April 2012 unterzeichnete sie einen Darlehnsvertrag über 7.000 € und am 13. April 2012 einen Untermietvertrag (Tagesmietpreis von 75 € für ein Zimmer). Nach einem am 10. April 2012 erfolgten Schwangerschaftsabbruch floh die Geschädigtezu Y. , der sie aber zu dem Angeklagten zurückbrachte. Am 25. April 2012 gelang der Geschädigten wiederum die Flucht. Der Angeklagte spürte sie auf und brachte sie zurück. In Anwesenheit der Mitangeklagten R. , der Geschädigten M. sowie der Nebenklägerin A. und der Zeugin T. M. schlug er auf die Geschädigte St. mit der Faust ein. Nachdem sie zu Boden gegangen war, trat er weiter mit Schuhen auf sie ein, um ihr klar zu machen, dass sie im Haus zu bleiben und der Prostitution nachzugehen habe. Das Verprügeln in Gegenwart der anderen Frauen diente aber auch dazu , diesen eindrucksvoll deutlich zu machen, was passieren werde, wenn sie weglaufen und ihre vertraglichen Verpflichtungen ihm gegenüber nichterfüllen würden. Später ging der Angeklagte mit der Geschädigten in ein Nebenzimmer und prügelte gemeinsam mit dem hinzugerufenen Zeugen H. weiter auf sie ein.
10
2. Die Handlungen zum Nachteil der Geschädigten St. hat das Landgericht als tateinheitlich begangene ausbeuterische und dirigistische Zuhälterei (§ 181a Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB) - (Fall 1) - sowie als versuchten schweren Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (§ 232 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1, § 22, 23 StGB) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4) - (Fall 2) - gewertet.
11
Die Handlungen zum Nachteil der Geschädigten M. hat das Landgericht als tateinheitlich begangene ausbeuterische Zuhälterei (§ 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB), schweren Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung (§ 232 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 StGB) und vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 StGB) gewertet und Tateinheit zu den zum Nachteil der Geschädigten St. im Fall 1) erfolgten Handlungen angenommen.

II.

12
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die Verfahrensrügen kommt es nicht mehr an.
13
1. Die Verurteilung hat im Ergebnis keinen Bestand, auch wenn die Annahme einzelner tateinheitlich verwirklichter Straftatbestände an sich nicht zu beanstanden ist. Im Einzelnen ergibt sich dies aus Folgendem:
14
a) Der Schuldspruch wegen ausbeuterischer Zuhälterei gemäß § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB zum Nachteil der Geschädigten St. und M. begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
15
Eine Ausbeutung liegt vor, wenn dem Opfer in objektiver Hinsicht ein erheblicher Teil der Einnahmen entzogen wird und dies zu einer gravierenden Beschränkung der persönlichen und wirtschaftlichen Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit führt, die geeignet ist, dem Opfer die Lösung aus der Prostitution zu erschweren (Fischer, StGB, 60. Aufl. § 181a Rdn. 7). Zwar setzt eine solche Annahme im Regelfall Feststellungen zur Höhe der Einnahmen und Abgaben der Prostituierten voraus (BGH, Urteil vom 20. Oktober 1988 - 4 StR 413/88, NStZ 1989, 67). Allerdings steht das Fehlen exakter Feststellungen zu Einnahmen und Ausgaben einer Verurteilung wegen ausbeuterischer Zuhälterei nicht zwingend entgegen. Wenn - wie hier - die Prostituierten ihre gesamten Einnahmen abgeben müssen und nur gelegentlich geringe Summen zur Weiterleitung an ihre Familie zurückerhalten, ist ohne Weiteres von einer Ausbeutung im Sinne des § 181a Abs. 1 Nr. 1 StGB auszugehen (vgl. Senatsurteil vom 21. Juli 1993 - 2 StR 160/93, NStZ 1994, 32, 33 und vom 3. März 1999 - 2 StR 608/98, NStZ 1999, 349, 350; BGH, Beschluss vom 20. April 2004 - 4 StR 67/04). Ob und inwieweit es sich bei den Zahlungen der Geschädigten auch um eine Begleichung von Mietverbindlichkeiten handelte, kann dabei offen bleiben. Eine Ausbeutung der Geschädigten bestand jedenfalls darin, dass sie ungeachtet möglicherweise bestehender konkreter Mietverbindlichkeiten täglich ihre gesamten Einnahmen an den Angeklagten abgeben mussten.
16
b) Auch die Annahme einer dirigistischen Zuhälterei zu Lasten der Nebenklägerin St. im Fall 1) hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand. Der rechtlichen Würdigung des Landgerichts ist zwar nicht zu entnehmen, von welcher Variante des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB es ausgegangen ist.
17
Die Feststellungen belegen aber, dass der Angeklagte jedenfalls im Sinn der 3. Variante des § 181a Abs. 1 Nr. 2 StGB „Maßnahmen getroffen“ hat, die die Geschädigte davon abhalten sollten, die Prostitution aufzugeben. Erfasst werden hiervon Vorkehrungen, die das Opfer in seiner Entscheidungsfreiheit zu beeinträchtigen geeignet und darauf gerichtet sind, ihm den Weg aus der Prostitution zu verbauen (BGH, Beschluss vom 9. April 2002 - 4 StR 66/02, StV 2003, 163; Beschluss vom 13. November 2001 - 4 StR 408/01). Dass es sich hier so verhält, kann den Urteilsgründen noch entnommen werden. Nachdem die Geschädigte wegen Blutungen ins Krankenhaus eingeliefert worden war, befürchtete der Angeklagte, sie könne weglaufen und die Prostitution aufgeben. Er ließ sie deshalb tagsüber von der Mitangeklagten R. und der Nebenklägerin A. und in der Nacht von der Geschädigten M. bewachen. Die Geschädigte fühlte sich durch diese Maßnahmen nach wie vor in der Prostitution festgehalten. Erst nach ihrer Rückkehr in das Haus Sch. weigerte sie sich, fortan der Prostitution nachzugehen.
18
c) Die Annahme eines schweren Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten M. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
19
aa) Im Hinblick auf die zum Nachteil der Geschädigten M. abgeurteilte vorsätzliche Köperverletzung begegnet schon die den Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
20
Die Beweiswürdigung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatgerichts; der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt aber, ob dem Tatgericht dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist unter anderem dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung - wie hier - widersprüchlich ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2004 - 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238; Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Urteil vom 2. Dezember 2005 - 5 StR 119/05, NJW 2006, 925, 928).
21
Das Landgericht stützt seine Feststellung, dass der Angeklagte die Geschädigte mindestens einmal mit der flachen Hand ins Gesicht schlug, sie gegen die Wand schubste und trat, allein auf die geständige Einlassung des Angeklagten (UA S. 79). Dies widerspricht aber der Wiedergabe der im Rahmen der Beweiswürdigung geschilderten Einlassung des Angeklagten, der zwar eine Körperverletzung zum Nachteil der Nebenklägerin A. und der Geschädigten St. eingeräumt, im Übrigen aber ausdrücklich erklärt habe, mit Ausnahme dieser zwei von ihm eingestandenen Fälle keine der Frauen geschlagen zu haben (UA S. 45, 47, 48).
22
bb) Auch die Verurteilung des Angeklagten wegen schweren Menschenhandels gemäß „§ 232 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Nr. 1 StGB“ zu Lasten der Geschädigten M. begegnet sachlich-rechtlichen Bedenken. Dabei ist schon nicht nachzuvollziehen, warum die Strafkammer § 232 Abs. 1 StGB - dessen Voraussetzungen durch die Feststellungen zudem nicht belegt werden - neben dem ausgeurteilten schweren Menschenhandel des § 232 Abs. 4 StGB als angewandte Vorschrift erwähnt hat. § 232 Abs. 4 StGB ist ein keine Qualifikation des § 232 Abs. 1 StGB, sondern ein eigenständiger Straftatbestand mit von § 232 Abs. 1 StGB unabhängigen Voraussetzungen. Im Übrigen hat das Landgericht im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung schon nicht erkennen lassen, von welcher Variante des § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB es ausgegangen ist.
23
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB sind indes in keiner Variante belegt. Der Angeklagte hat zwar die Geschädigte zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt einmal ins Gesicht geschlagen, geschubst und getreten und insofern Gewalt im Sinne des § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB angewandt. Ungeachtet dessen, dass für diese Feststellung der Strafkammer - wie zuvor ausgeführt - schon eine Tatsachengrundlage fehlt, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, dass die Geschädigte zu diesem Zeitpunkt die Prostitution überhaupt aufgeben oder einschränken wollte und die erfolgten Schläge sie daher zur Fortsetzung der Prostitution veranlassen sollten. Die Gewalthandlung erfolgte vielmehr ausdrücklich allein als Sanktion dafür, dass der Angeklagte vermutete, die Geschädigte gebe ihre Einnahmen nicht vollständig an ihn ab. Weitere Gewalthandlungen oder auch Drohungen gegenüber der Geschädigten sind nicht festgestellt. Soweit am 25. April 2012 Gewalthandlungen gegen die Geschädigte St. erfolgten und diese dazu dienten, auch die Geschädigte M. einzuschüchtern, ist ebenfalls nicht festgestellt , dass die Geschädigte die Prostitution zu diesem Zeitpunkt aufgeben wollte.
24
Auch der Einsatz einer „List“ im Sinne des § 232Abs. 4 Nr. 1 StGB ist nicht mit Feststellungen der Strafkammer belegt. Der Angeklagte brachte zwar die Geschädigte überhaupt nur durch eine Täuschung zur Aufnahme der Prostitution in seinen Räumlichkeiten, indem er ihr vorspiegelte, sie müsse nur die Hälfte ihrer Einnahmen an ihn abgeben. Dieses Verhalten begründet aber noch keine „List“ im Sinne des § 232 Abs. 4 Nr. 1 StGB, die ein Ausschalten des Widerstands des Opfers gegen die Prostitution durch täuschende Machenschaften erfordert. Das lediglich unredliche und arglistige Schaffen eines Anreizes gegenüber einer Person, die sich frei für oder gegen eine Prostitutionsaufnahme oder -fortsetzung entscheiden kann, genügt zur Verwirklichung des Verbre- chenstatbestands nicht (vgl. Urteil vom 3. Juni 1980 - 1 StR 192/80; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1997 - 3 StR 266/76, BGHSt 27, 28; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 232 Rn. 28).
25
Zwar hat der Angeklagte die Geschädigte, die zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt keine Lust mehr hatte, im Haus Sch. zu arbeiten , auch dazu gebracht, gleichwohl zu bleiben, indem er ihr mitteilte, sie könne erst dann gehen, wenn sie das Geld, das er für sie bezahlt habe, abgearbeitet habe. Dies und der Umstand, dass sie weiter arbeitete, belegen jedoch keine durch „List“ veranlasste Fortsetzung der Prostitution.
26
2. Die aufgezeigten Mängel führen zur Aufhebung des Schuldspruchs wegen schweren Menschenhandels und tateinheitlicher vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten M. ; hiervon erfasst wird auch die rechtlich nicht zu beanstandende tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen ausbeuterischer Zuhälterei zum Nachteil beider Geschädigten sowie wegen dirigistischer Zuhälterei zum Nachteil der Geschädigten St. (Fall 1 der Urteilsgründe).
27
Die Aufhebung des Schuldspruchs zwingt auch zur Aufhebung des - für sich genommen nicht zu beanstandenden - Schuldspruchs im Fall 2) der Urteilsgründe wegen versuchten schweren Menschenhandels sowie gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten St. , da insoweit Tateinheit mit der unter Fall 1) abgeurteilten ausbeuterischen Zuhälterei zum Nachteil der Geschädigten M. besteht.
28
Die konkurrenzrechtliche Bewertung des Landgerichts, das demgegenüber Tatmehrheit angenommen hat, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer hat zwar im Ansatz bedacht, dass dasvon dem Angeklagten jeweils verwirklichte Dauerdelikt der Zuhälterei mehrere Handlungen zum Nach- teil verschiedener Frauen zur Tateinheit verklammern kann, wenn - wie hier - von demselben Täter zeitgleich auf mehrere Geschädigte in denselben Räumlichkeiten eingewirkt wird (Senatsbeschluss vom 1. August 2003 - 2 StR 186/03, BGHSt 48, 314, 322; Senatsurteil vom 15. Juli 2005 - 2 StR 131/05, NStZ-RR 2007, 46, 47). Es hat dementsprechend die ausbeuterische Zuhälterei zum Nachteil der Geschädigten M. und St. , auf die der Angeklagte zeitgleich in derselben Wohnung einwirkte und die er gemeinsam von der Mitangeklagten R. abkassieren ließ, zutreffend als einheitliche Tat gewertet. Auch hat das Landgericht bedacht, dass die Zuhälterei als minder schweres Dauerdelikt den zum Nachteil verschiedener Frauen begangenen Menschenhandel nicht zur Tateinheit verklammern kann.
29
Der unter Fall 2) abgeurteilte versuchte schwere Menschenhandel richtete sich indes nicht nur gegen die Geschädigte St. , sondern gleichzeitig auch gegen die Geschädigte M. . Nach den Feststellungen diente die in ihrer Gegenwart am 25. April 2012 erfolgte körperliche Züchtigung der Geschädigten St. auch dazu, der Geschädigten M. deutlich zu machen, was passieren werde, wenn sie weglaufen und ihren vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Angeklagten nicht nachkommen würde. Die Tat fand mithin nicht nur während einer gleichzeitigen Anwesenheit beider Geschädigten in denselben Räumlichkeiten statt, sondern diente konkret dazu, die im Zeitraum vom 20. März bis 26. April 2012 erfolgten Ausbeutung der GeschädigtenM. zu fördern. Zwischen der zu deren Nachteil begangenen ausbeuterischen Zuhälterei und dem unter Fall 2) abgeurteilten versuchten schweren Menschenhandel in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Lasten der Geschädigten St. besteht daher Tateinheit.
30
3. Gemäß § 357 StPO erfasst die Aufhebung des Schuldspruchs gegen den Angeklagten S. im Fall 1) der Urteilsgründe auch die Verurteilung der nicht revidierenden Mitangeklagten R. wegen Beihilfe der zum Nachteil der Geschädigten St. erfolgten tateinheitlich begangenen ausbeuterischen und dirigistischen Zuhälterei.

B.

31
Die Revision der Nebenklägerin A. gegen den Teilfreispruch beider Angeklagten ist unbegründet.

I.

32
1. Die Anklage hat den Angeklagten S. und R. unter Anklagepunkt 3 Folgendes zur Last gelegt: Der Angeklagte S. habe die Nebenklägerin A. dazu gewonnen, in seiner Wohnung als Prostituierte zu arbeiten. Er habe mit ihr eine Tagesmiete von 75 € und die Abgabe der hälftigen Einnahmen vereinbart. Tatsächlich habe die Nebenklägerin in der Zeit vom Oktober 2011 bis zum 27. April 2012 ihre gesamten Einnahmen in Höhe von rund 39.400 € der Mitangeklagten R. zur Weiterleitung an den Angeklagten abgeben müssen ; lediglich 150 € bis 300 € monatlich seien ihr verblieben. Aus Furcht vor Gewalttätigkeiten des Angeklagten habe sie ihren Wunsch, nach B. zurückzukehren , nur einmal im Februar 2012 geäußert.
33
Unter Anklagepunkt 46 und 47 hat die Anklage dem Angeklagten S. darüber hinaus zur Last gelegt, die Nebenklägerin in mindestens zwei Fällen geschlagen zu haben, weil sie an schlechten Tagen die Tagesmiete nicht erwirtschaftet hatte.
34
2. Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass die Nebenklägerin im vorgenannten Zeitraum in der Wohnung im ersten Stock des Hauses Sch. als Prostituierte gearbeitet hat. Dazu, in welchem Umfang die Nebenklägerin A. über ihre Einnahmen hat eigenständig verfügen können und wer wann möglicherweise an ihren Einnahmen partizipiert hat, hat das Gericht keine sicheren Feststellungen treffen können, ebenso wenig zu stattgefundenen Gewalttätigkeiten. Zwar habe der Angeklagte eingeräumt, die Nebenklägerin einmalig geschlagen zu haben. Dies sei aber nach Zeit, Ort und Anlass unbestimmt geblieben. Die Angaben der Nebenklägerin, die mit der Mitangeklagten R. befreundet gewesen sei und zusammen mit dieser auch die Überwachung anderer Prostituierten übernommen habe, seien an zahlreichen Stellen in sich widersprüchlich und durch Übertreibungen gekennzeichnet gewesen. Auffällig sei auch gewesen, dass es die Nebenklägerin vermieden habe, konkrete Angaben zu machen und bei bestimmten Themen nur sehr zurückhaltend und ausweichend geantwortet habe, weshalb ihre Angaben insbesondere auch im Hinblick auf die erfahrenen Schläge durch den Angeklagten insgesamt nicht glaubhaft gewesen seien.

II.

35
1. Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg.
36
Soweit die Nebenklägerin rügt, der Vorsitzende habe sie in der Wahrnehmung ihrer Opferrechte verletzt, da ihre Vernehmung wegen Verhinderung ihres Beistands nur in Anwesenheit von dessen nicht eingearbeitetem Vertreter stattgefunden habe, ist nicht ersichtlich, dass das Urteil auf einem solchen Rechtsfehler beruhen könnte.
37
Die erhobene Aufklärungsrüge ist bereits unzulässig, weil keine bestimmte Beweistatsache behauptet wird.
38
2. Der Teilfreispruch hält auch sachlich-rechtlicher Überprüfung stand.
39
Sieht der Tatrichter von einer Verurteilung ab, weil er Zweifel nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt insoweit nur, ob dem Tatgericht bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn er an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen stellt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 2005 - 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Urteil vom 30. März 2004 - 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238).
40
a) Diesen Anforderungen wird die dem Freispruch zugrundeliegende Beweiswürdigung gerecht. Die Strafkammer hat sich von den, den Angeklagten insoweit vorgeworfenen Taten vornehmlich aufgrund der in der Aussage der Nebenklägerin enthaltenen, in den Urteilsgründen im Einzelnen dargestellten Widersprüchen und Übertreibungen im Ergebnis nicht überzeugen können. Die Beweiswürdigung lässt dabei keinen Rechtfehler erkennen.
41
b) Bedenken bestehen zwar gegen die Beweiswürdigung im Hinblick auf eine weitere mögliche Körperverletzung des Angeklagten. Dieser hat nach den Feststellungen eingeräumt, er habe die Nebenklägerin jedenfalls einmal im Frühjahr 2012 mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, weil diese hinter seinem Rücken einer anderen Prostituierten Unwahrheiten über ihn erzählt habe (UA S. 45). Ein entsprechendes Geschehen hat auch die Mitangeklagte R. geschildert (UA S. 34 f., 41). Die Beweiswürdigung hierzu ist lückenhaft. Dies führt aber nicht zum Erfolg der Revision der Nebenklägerin, denn die vom Angeklagten geschilderte Tat ist von der zugelassenen Anklage und damit auch nicht von der Kognitionspflicht des Tatgerichts nicht umfasst.
42
Gegenstand der zugelassenen Anklage sind zwei zu Lasten der Nebenklägerin erfolgten Körperverletzungshandlungen. Diese werden lediglich dahin konkretisiert, dass der Angeklagte die Nebenklägerin in mindestens zwei Fällen geschlagen habe, wenn sie an schlechten Tagen die Tagesmiete nicht erwirtschaftete. Der Anklage ist weiter zu entnehmen, dass dies in der Zeit von Oktober 2011 bis Februar 2012 stattgefunden habe. Zwar wird für die unter Anklagepunkt 3 den Angeklagten vorgeworfene Tat ein darüber hinaus gehender Zeitraum bis 27. April 2012 genannt. In Bezug auf die beiden allein dem Angeklagten S. vorgeworfenen Körperverletzungshandlungen wird dieser Zeitraum aber durch die Anklage selbst eingeschränkt, denn danach soll die Nebenklägerin ab Februar 2012 unter dem „Eindruck der Gewalttätigkeiten“ des Angeklagten gestanden haben. Als „Gewalttätigkeiten“ des Angeklagten schildert die Anklage nur das zweimalige Schlagen des Angeklagten.
43
Die vom Angeklagten eingeräumte Tat weicht daher sowohl im Hinblick auf ihren Anlass als auch den Zeitraum von der Tatschilderung der Anklage ab. Zwar braucht nicht jede Veränderung oder Erweiterung des Tatgeschehens die Identität zwischen Anklage und abgeurteilter Tat aufzuheben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juni 1994 - 3 StR 457/93, BGHR StPO § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 8), wenn die in der Anklage beschriebene Tat unabhängig von dieser Tatmodalität nach anderen Merkmalen individualisiert und dadurch weiterhin als einmaliges, unverwechselbares Geschehen gekennzeichnet ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 245/00, BGHSt 46, 130, 133; Urteil vom 28. Mai 2002 - 5 StR 55/02; Beschluss vom 13. März 1996 - 3 StR 43/96, BGHR StPO, § 200 Abs. 1 Satz 1 Tat 19). Eine solche weitere Umgrenzung des dem Ange- klagten pauschal vorgeworfenen „Schlagens“ der Nebenklägerin enthält die Anklage aber nicht. Fischer Krehl Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 66/02
vom
9. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Zuhälterei u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 9. April 2002 gemäß § 349 Abs. 4
StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 5. Oktober 2001 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Zuhälterei in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt; ferner hat es dem Angeklagten die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und bestimmt, daß ihm vor Ablauf von drei Jahren keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat Erfolg, weil das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verurteilung wegen Zuhälterei (§ 181 a Abs. 1 StGB) nicht ausreichend dargetan hat.
1. Tat zum Nachteil W. (Fall II.1 der Urteilsgründe)
Das Landgericht nimmt an, daû der Angeklagte die Geschädigte bei der Ausübung der Prostitution "überwacht" und "Maûnahmen" getroffen hat, die die Geschädigte "davon abhalten sollten, die Prostitution aufzugeben" (§ 181 a Abs. 1 Nr. 2 1. und 3. Alt. StGB). Der Tatbestand der dirigierenden Zuhälterei (§ 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB) setzt in allen Begehungsweisen eine bestimmende Einfluûnahme auf die Prostitutionsausübung voraus; eine bloûe Unterstützung reicht nicht aus. Das Verhalten muû vielmehr geeignet sein, die Prostituierte in Abhängigkeit vom Täter zu halten, ihre Selbstbestimmung zu beeinträchtigen, sie zu nachhaltigerer Prostitutionsausübung anzuhalten oder ihre Entscheidungsfreiheit in sonstiger Weise nachhaltig zu beeinflussen (BGH StV 2000, 357, 361; BGHR StGB § 181 a Abs. 1 Nr. 2 Dirigieren 2; Senatsbeschluû vom 13. November 2001 - 4 StR 408/01). Daû es sich hier so verhält, kann auch dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht mit genügender Sicherheit entnommen werden.

a) Soweit es das “Überwachen” im Sinne der ersten Alternative des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB anlangt, teilt das Urteil nicht mit, daû der Angeklagte irgendwelche organisatorischen Maûnahmen getroffen hat, die dazu dienten, die Geschädigte zu kontrollieren und “bei der Prostitutionsausübung” zu beaufsichtigen (zum Begriff des Überwachens Horn in SK-StGB 6. Aufl. 42. Lfg. § 181 a Rdn. 11; Laufhütte in LK-StGB 11. Aufl. § 181 a Rdn. 5; jew. m.Rspr.Nachw.). Zwar heiût es dazu im Rahmen der rechtlichen Würdigung, der Angeklagte sei "regelmäûig vorbeigekommen ..., um zu sehen, ob sie gearbeitet hat" (UA 45). Doch findet dies keine Grundlage in den insoweit getroffenen Feststellungen. Denn danach erhielt er von der Geschädigten zwar je-
weils 100 bis 200 DM ausgehändigt, dies allerdings nur "wenn er vorbeikam" (UA 12, ebenso UA 28; Hervorhebung durch den Senat), ohne daû die Häufigkeit der Besuche festgestellt werden konnte. Damit ist nicht belegt, wie es das Merkmal des Überwachens voraussetzt, daû der Angeklagte kontrollierte, wie und was die Geschädigte verdiente (vgl. BGH NStZ 1982, 379; 1986, 358 f. m.krit.Anm. Nitze; Tröndle/Fischer StGB 50. Aufl. § 181 a Rdn. 6 a).
Im übrigen sind die dazu bisher getroffenen Feststellungen so allgemein gehalten, daû sie auch deshalb dem Senat nicht die Prüfung erlauben, ob das Landgericht – und zwar auch in der gebotenen zusammenfassenden Würdigung der einzelnen Maûnahmen des Angeklagten (vgl. BGH NJW 1987, 3209, 3210) – die Voraussetzungen der angewendeten Tatbestandsalternative zu Recht angenommen hat. So erwähnt das Urteil zwar, der Angeklagte habe die Geschädigte ªbei Widerspruch oder Ungehorsam (geschlagen), zunehmend auch ohne besonderen Anlaûº (UA 12). Einzelheiten hierzu teilt das Urteil aber nicht mit. Deshalb bleibt nicht nur offen, welche und gegebenenfalls wie viele Körperverletzungshandlungen dem Schuldspruch in diesem Fall zugrunde liegen. Vielmehr fehlt auch der Nachweis, daû objektiv und auch subjektiv der notwendige Zusammenhang dieser ªMaûnahmenº des Angeklagten gerade mit der Ausübung der Prostitution durch die Geschädigte besteht (Überwachen ªbei der Ausübung der Prostitutionº).

b) Die Feststellungen belegen auch nicht, daû der Angeklagte im Sinne der 3. Alternative des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB Maûnahmen getroffen hat, die die Geschädigte davon abhalten sollten, die Prostitution aufzugeben. Erfaût werden hiervon Vorkehrungen, die das Opfer in seiner Entscheidungsfreiheit zu beeinträchtigen geeignet und darauf gerichtet sind, ihm den Weg aus der
Prostitution zu verbauen (Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 181 a Rdn. 10). Insoweit fehlt es an jeglichem Hinweis, daû die Geschädigte überhaupt beabsichtigte, aus der Prostitution auszusteigen. Ob dies schon für sich der Annahme dieser Tatbestandsalternative entgegensteht (verneinend Horn aaO Rdn. 13; Lenckner/Perron aaO; Laufhütte aaO Rdn. 7), bedarf hier keiner Entscheidung. Voraussetzung wäre jedenfalls, daû die Geschädigte sich vom Angeklagten gerade in der Prostitution durch Zwang oder Drohung festgehalten fühlte (vgl. BGH NStZ 1994, 32). Daû die Geschädigte sich von dem Angeklagten trennen wollte, genügt jedenfalls nicht.

c) Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, daû das Landgericht nach den bisher getroffenen Feststellungen zu Recht die 2. Alternative des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht angenommen hat, weil ein Bestimmen "anderer Umstände der Prostitutionsausübung" noch nicht darin zu erblicken ist, daû die Geschädigte dem Angeklagten "die Gelder nicht freiwillig gegeben hat,... sondern nur, weil der Angeklagte sie mit Schlägen und Drohungen unter Druck gesetzt hat" (UA 28). Ob der Angeklagte sich insoweit der Erpressung oder räuberischen Erpressung schuldig gemacht hat, wird der neue Tatrichter zu prüfen haben, es sei denn, daû er Anlaû sieht, das Verfahren insoweit mit Blick auf den Zeitablauf und die ± angesichts der zahlreichen Widersprüche in der Aussage der Geschädigten als der im wesentlichen einzigen unmittelbaren Belastungszeugin ± Schwierigkeit der Beweislage nach § 154 Abs. 2 StPO einzustellen.
2. Tat zum Nachteil B. (Fall II. 2 der Urteilsgründe)
Das Urteil hält rechtlicher Prüfung auch nicht stand, soweit das Landgericht den Angeklagten sowohl der ausbeuterischen als auch der dirigistischen Zuhälterei zum Nachteil der Geschädigten B. nach § 181 a Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB für schuldig befunden hat.

a) Die Voraussetzungen der ausbeuterischen Zuhälterei (§ 181 a Abs. 1 Nr. 1 StGB) sind nicht hinreichend dargetan. Der Begriff der Ausbeutung verlangt ein planmäûiges und eigensüchtiges Ausnutzen der Prostitutionsausübung als Erwerbsquelle, das zu einer spürbaren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Prostituierten führt (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 180 a Abs. 2 Nr. 2 Ausbeuten 1 und StGB § 181 a Abs. 1 Nr. 1 Ausbeuten 3). Die Beantwortung der Frage, ob eine spürbare Verschlechterung der Vermögenslage in diesem Sinne vorliegt, setzt grundsätzlich Feststellungen zur Höhe der Einnahmen und Abgaben der Prostituierten voraus (vgl. BGH NStZ 1989, 67 f.; Laufhütte in LK aaO Rdn. 3 m.w.N.). Jedenfalls für den Anfang des nach dem Urteil angenommenen Tatzeitraumes belegen die Feststellungen ein Ausbeuten in diesem Sinne nicht. Danach hat der Angeklagte zumindest bis zum Ausscheiden von "Jenny" aus dem von ihr zusammen mit der Geschädigten B. betriebenen Wohnungsbordell im März 2000 aufgrund einer Vereinbarung mit der Geschädigten die Hälfte der Einnahmen von "J. " erhalten sollen und tatsächlich "in der Folgezeit von der Zeugin B. 100,00 - 300,00 DM täglich ausgehändigt" bekommen. Demgegenüber behielt die Geschädigte aber "ihre eigenen Einnahmen, die zwischen 8.000,00 - 10.000,00 DM pro Monat lagen, für sich" (UA 16), wobei nach dem Zweifelsgrundsatz die von dem Angeklagten vereinnahmten Gelder mit dem Mindest- und die der Geschädigten
verbleibenden Einnahmen aus der Prostitution mit dem in Betracht kommenden Höchstbetrag anzusetzen sind. Abgesehen davon, daû das Landgericht nicht klären konnte, wie hoch die Einnahmen von "J. " genau waren (UA 16, 39), genügen diese Angaben nicht, um eine fühlbare Beschneidung des Lebensstandards der Geschädigten, den sie sonst gehabt hätte (vgl. Lenckner/Perron aaO Rdn. 4 m.N.), feststellen zu können. Die Rechtsprechung hat dies angenommen , wenn die Abgaben 50 % der Einnahmen ausmachen (vgl. BGH NStZ 1989, 67 f.; 1999, 350, 351). Daû es sich so verhält, liegt hier jedenfalls nicht so nahe, daû auf eine nähere Erörterung verzichtet werden konnte.
Es belegt die Ausbeutung im Sinne des § 181 a Abs. 1 Nr. 1 StGB auch nicht, daû die Geschädigte ab Mitte November 1999 monatlich 200 DM auf einen Sparkassenkredit des Angeklagten und dessen "Handy-Unkosten von 300,00 - 500,00 DM im Monat" (UA 19) bezahlte und das Landgericht ohne Angabe genauer Beträge feststellt, daû die Geschädigte seit April 2000 "für sämtliche Zahlungsverpflichtungen des Angeklagten" aufkam (UA 21). Bei all diesen Leistungen kann zudem nicht auûer Betracht bleiben, daû es die Geschädigte selbst war, die den Angeklagten an sich zu binden suchte, die ihm deshalb von sich aus die finanzielle Beteiligung anbot und die sich auch zur Übernahme seiner Zahlungsverpflichtungen veranlaût sah, nachdem der Angeklagte im Einvernehmen mit ihr seine eigene Erwerbstätigkit aufgegeben hatte, damit er sich mehr um sie kümmern könne. Das Einvernehmen stellt zwar für sich das Merkmal der Ausbeutung nicht in Frage (Laufhütte aaO Rdn. 4). Wohl aber begründet die besondere Beziehung zwischen der Geschädigten und dem Angeklagten Zweifel, daû die Geschädigte die finanziellen Leistungen auf der Grundlage eines Abhängigkeitsverhältnisses erbracht hat. Darauf kommt es jedoch an, weil das bloûe Ausgehaltenwerden selbst bei er-
heblichen Leistungen nicht genügt (BGH NStZ 1982, 507; 1983, 220). Soweit die Geschädigte dem Angeklagten schlieûlich Vermögenswerte, insbesondere Fahrzeuge, "schenkte" (UA 20, 21), die sie im Rahmen der Auseinandersetzung mit ihrem Ehemann von diesem erhalten hatte, steht dies in keinem erkennbaren Zusammenhang mit ihrer Prostitutionsausübung und hat schon deshalb für die Frage der Ausbeutung auûer Betracht zu bleiben.

b) Die Feststellungen belegen aber auch nicht die Annahme dirigierender Zuhälterei nach den vom Landgericht angenommenen Tatbestandsvarianten der Nr. 2 des § 181 a Abs. 1 StGB. Die Feststellungen ergeben allerdings, daû - was die Revision auch nicht in Zweifel zieht - die Beziehung zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten auch "von Gewalt geprägt" war (UA 22). Das Urteil macht aber nicht deutlich, worin das Landgericht eine "Überwachung" der Geschädigten im Sinne diese Vorschrift sieht. Daû er der Geschädigten verbot auszugehen (UA 22), genügt für sich noch nicht, zumal es ihr ersichtlich trotz des ªVerbotsº ohne weiteres möglich war, die Wohnung zu verlassen (vgl. BGH NStZ 1994, 32). Soweit das Landgericht darin zugleich Maûnahmen sieht, die dazu dienen sollten, sie im Sinne der 3. Alternative von der Aufgabe der Prostitution abzuhalten (UA 45), steht dem schon entgegen, daû es gerade nicht feststellen konnte, "daû der Angeklagte konkret versucht hätte, die Zeugin B. an einem Ausstieg aus der Prostitution zu hindernº (UA 44). Deshalb kann auch keine der fünf im einzelnen festgestellten tätlichen Übergriffe als eine solche tatbestandsmäûige Maûnahme angesehen werden, weil dem Angeklagten bei keiner dieser Auseinandersetzungen bekannt war, daû die Geschädigte einen Ausstieg plante (UA 44). Zudem wies der jeweils aktuelle Anlaû für die Tätlichkeiten nach den dazu getroffenen Feststellungen
auch nicht den spezifischen Zusammenhang mit der Ausübung der Prostitution aus.

c) Die Sache bedarf deshalb insgesamt neuer Prüfung, und zwar auch unter dem Gesichtspunkt der 2. Alternative des § 181 a Abs. 1 Nr. 2 StGB, die noch nicht notwendigerweise deshalb ausscheidet, weil sich die Geschädigte B. nach den bisher getroffenen Feststellungen dem Angeklagten im wesentlichen freiwillig unterworfen hat (vgl. BGH NJW 1987, 3209, 3210; Lackner /Kühl StGB 24. Aufl. § 181 a Rdn. 4). Im übrigen wird der neue Tatrichter auch Gelegenheit haben, den Tatzeitraum des vom Schuldspruch erfaûten tatbestandmäûigen Verhaltens genau zu bestimmen und das Konkurrenzverhältnis der jeweils für sich rechtsfehlerfrei festgestellten Körperverletzungshandlungen klarzustellen. Der Angeklagte ist zwar nicht dadurch beschwert, daû das Landgericht ihn nur wegen rechtlich einer Tat der Körperverletzung verurteilt hat. Es bleibt aber offen, ob dem Schuldspruch sämtliche geschilderten Körperverletzungshandlungen zugrundeliegen, was im Schuldspruch kenntlich zumachen ist (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goûner StPO 45. Aufl. § 260 Rdn. 26 m.N.). Im übrigen weist der Senat vorsorglich darauf hin, daû nicht jede Körperverletzung , die gelegentlich einer zuhälterischen Beziehung erfolgt, deshalb in Tateinheit zu § 181 a StGB steht.
3. Schlieûlich hält auch der Maûregelausspruch nach §§ 69, 69 a StGB der rechtlichen Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat die Anordnung der Maûregel damit begründet, der Angeklagte habe "seine Fahrerlaubnis miûbraucht" , indem er sein Fahrzeug genutzt habe, "um die Geschädigten an abgelegene Orte zu verbringen und sie dort körperlich zu miûhandeln" (UA 49). Diese Erwägung trägt die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht. Voraussetzung
ist, daû der Täter die Tat "bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat" (§ 69 Abs. 1 Satz 1 StGB). Einen solchen Zusammenhang der dem Angeklagten angelasteten Straftaten mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs ergeben die getroffenen Feststellungen nicht. Nach der Rechtsprechung besteht ein solcher Zusammenhang nicht schon dann, wenn der Täter mit seinem Fahrzeug zum Tatort fährt, sofern dadurch nicht die tatbestandliche Handlung selbst gefördert wird (BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 8). Ob hiernach durch die Belassung der Fahrerlaubnis Gefahren für die Allgemeinheit erwachsen würden, denen durch die Entziehung der Fahrerlaubnis zu begegnen ist (vgl. BGHR aaO Entziehung 5), bedarf einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls. Sollte der neue Tatrichter wiederum die Entziehung der Fahrerlaubnis anordnen, bedürfte auch die Bemessung der Dauer der Sperrfrist nach § 69 a einer eingehenderen Begründung. Maûstab ist allein die voraussichtliche Dauer der Ungeeignetheit des Täters zum Führen eines Kraftfahr-
zeugs, nicht dagegen, ob die Sperrfrist mit Blick auf die Tatschuld "angemessen" (UA 49) ist (st. Rspr.; BGHR StGB § 69 a Abs. 1 Dauer 1 f).
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder
2.
seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben,
und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird auch bestraft, wer die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Handlungen oder die in Absatz 2 bezeichnete Förderung gegenüber seinem Ehegatten oder Lebenspartner vornimmt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder
2.
seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben,
und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird auch bestraft, wer die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Handlungen oder die in Absatz 2 bezeichnete Förderung gegenüber seinem Ehegatten oder Lebenspartner vornimmt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer

1.
eine andere Person, die der Prostitution nachgeht, ausbeutet oder
2.
seines Vermögensvorteils wegen eine andere Person bei der Ausübung der Prostitution überwacht, Ort, Zeit, Ausmaß oder andere Umstände der Prostitutionsausübung bestimmt oder Maßnahmen trifft, die sie davon abhalten sollen, die Prostitution aufzugeben,
und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer die persönliche oder wirtschaftliche Unabhängigkeit einer anderen Person dadurch beeinträchtigt, dass er gewerbsmäßig die Prostitutionsausübung der anderen Person durch Vermittlung sexuellen Verkehrs fördert und im Hinblick darauf Beziehungen zu ihr unterhält, die über den Einzelfall hinausgehen.

(3) Nach den Absätzen 1 und 2 wird auch bestraft, wer die in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Handlungen oder die in Absatz 2 bezeichnete Förderung gegenüber seinem Ehegatten oder Lebenspartner vornimmt.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Täter gleich einem Räuber zu bestrafen.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten oder eines anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung einer Erpressung verbunden hat.

(1) Wer die Sicherheit des Straßenverkehrs dadurch beeinträchtigt, daß er

1.
Anlagen oder Fahrzeuge zerstört, beschädigt oder beseitigt,
2.
Hindernisse bereitet oder
3.
einen ähnlichen, ebenso gefährlichen Eingriff vornimmt,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Handelt der Täter unter den Voraussetzungen des § 315 Abs. 3, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Wer in den Fällen des Absatzes 1 die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen des Absatzes 1 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Hat der Verurteilte aus Anlaß einer Tat, die Gegenstand des Verfahrens ist oder gewesen ist, Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung erlitten, so wird sie auf zeitige Freiheitsstrafe und auf Geldstrafe angerechnet. Das Gericht kann jedoch anordnen, daß die Anrechnung ganz oder zum Teil unterbleibt, wenn sie im Hinblick auf das Verhalten des Verurteilten nach der Tat nicht gerechtfertigt ist.

(2) Wird eine rechtskräftig verhängte Strafe in einem späteren Verfahren durch eine andere Strafe ersetzt, so wird auf diese die frühere Strafe angerechnet, soweit sie vollstreckt oder durch Anrechnung erledigt ist.

(3) Ist der Verurteilte wegen derselben Tat im Ausland bestraft worden, so wird auf die neue Strafe die ausländische angerechnet, soweit sie vollstreckt ist. Für eine andere im Ausland erlittene Freiheitsentziehung gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Bei der Anrechnung von Geldstrafe oder auf Geldstrafe entspricht ein Tag Freiheitsentziehung einem Tagessatz. Wird eine ausländische Strafe oder Freiheitsentziehung angerechnet, so bestimmt das Gericht den Maßstab nach seinem Ermessen.

(5) Für die Anrechnung der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a der Strafprozeßordnung) auf das Fahrverbot nach § 44 gilt Absatz 1 entsprechend. In diesem Sinne steht der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis die Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 94 der Strafprozeßordnung) gleich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 481/16
vom
2. Februar 2017
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
ECLI:DE:BGH:2017:020217U4STR481.16.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 2. Februar 2017, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof Roggenbuck, Richter am Bundesgerichtshof Dr. Franke, Dr. Quentin, Dr. Feilcke als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof als Vertreterin des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 9. Mai 2016 wird verworfen.
2. Die Kosten des Revisionsverfahrens und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, „bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz zweier Schusswaffen, davon einer halbautomatischen“ und unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 5.000 Euro angeordnet. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt. Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen :
3
1. Am 30. Juli 2015 verkaufte der Angeklagte in B. für 5.000 Euro 100 Gramm Kokain an einen unbekannt gebliebenen Abnehmer. Das Rauschgift hatte einen Kokainhydrochlorid-Anteil von mindestens 80 %, was einer Menge von mindestens 80 Gramm Kokainhydrochlorid entspricht (Tat II.2.a).
4
Am 7. September 2015 lagerte der Angeklagte in seiner Garage in Re. in einem unverschlossenen Tresor 458,95 Gramm Kokain (412 Gramm Kokainhydrochlorid), das in einem Stoffbeutel verpackt war. Auf dem Tresor befanden sich mehrere „Bubbles“ mit insgesamt 51,27 Gramm Kokain (45,6 Gramm Kokainhydrochlorid). Das Rauschgift war zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt. Unmittelbar neben dem Stoffbeutel mit dem Kokain verwahrte der Angeklagte einen ungeladenen Revolver ERMA Ka. 357 Magnum/38 Spezial mit entsprechender Munition und eine umgebaute PTB-Schusswaffe Röhm RG 9 Kal. 8 mm, mit der „scharfe Munition“ verschossen werden konnte.In die PTB-Schusswaffe war ein Magazin mit drei Patronen Kaliber 6,22 eingeführt. Dem Angeklagten war bewusst, dass die beiden Waffen griffbereit in der Nähe des Rauschgifts lagerten und er jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne Schwierigkeiten über sie verfügen konnte. Das Kokain und die Waffen wurden am 8. September 2015 sichergestellt (Tat II.2.b).
5
Der Angeklagte beabsichtigte, am 7. September 2015 in den Niederlanden zwei Kilogramm Kokain anzukaufen und am Folgetag in die Bundesrepublik Deutschland zum gewinnbringenden Weiterverkauf einzuschmuggeln. Weil er Grenzkontrollen befürchtete, bat er seinen Bruder R. , bei der Rückfahrt die Grenze zu beobachten. R. willigte ein. Der Angeklagte fuhr am Nachmittag des 7. September 2015 mit einem Pkw nach A. und erwarb dort zwei Kilogramm Kokain. Das Rauschgift versteckte er anschließend in einem hinter dem rückwärtigen Kennzeichen seines Fahrzeugs befindlichen Hohlraum. Am 8. September 2015 fuhr R. in Begleitung des Mitangeklagten D. mit einem Pkw in die Niederlande und traf sich in Ro. mit dem Angeklagten. Seit dem Grenzübertritt und während der weiteren Handlungen wurden der Angeklagte und R. von der Kriminalpolizei observiert. Ab 18.08 Uhr fuhren R. und der Mitangeklagte D. in Richtung deutscher Grenze, während der Angeklagte zunächst in Ro. verblieb. Nachdem R. in der verabredeten Zeit keine Meldung über Auffälligkeiten an der Grenze gemacht hatte, fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw über die niederländisch-deutsche Grenze und verbrachte so das in seinem Fahrzeug befindliche Kokain in das Bundesgebiet. Nach der Einreise wurde er von der Polizei angehalten und festgenommen. Das in seinem Fahrzeug versteckte Kokain wurde sichergestellt. Es hatte ein Gesamtgewicht von 1.992,07 Gramm. Darin waren 1.817 Gramm Kokainhydrochloridenthalten (Tat II.2.c).
6
2. Die Strafkammer hat die Taten des Angeklagten als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II.2.a), bewaffnetes unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz zweier Schusswaffen, davon einer halbautomatischen (Tat II.2.b) und unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Tat II.2.c) bewertet. Die Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.a), fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.b) und zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (Tat II.2.c) hat sie den Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG (Tat II.2.a), § 30a Abs. 1 BtMG (Tat II.2.b) sowie § 30 Abs. 1 BtMG (Tat II.2.c) entnommen. Minderschwere Fälle hat sie jeweils verneint. Die Gesamtstrafe hat das Landgericht unter „maßvoller Erhöhung“ der höchsten Einzelstrafe festgesetzt.

II.


7
Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
8
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf den Strafausspruch beschränkt.
9
a) Ob der Rechtsmittelführer nur die Strafzumessung angreifen will, ist eine Frage, die im Zweifelsfall im Wege der Auslegung seiner Rechtsmittelerklärungen zu beantworten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Oktober 1980 – 1 StR 262/80, BGHSt 29, 359, 365 [zu § 318 StPO]; Beschluss vom 28. Januar 2004 – 2 StR 493/03, bei Becker, NStZ-RR 2005, 65, 68). Dabei kann die Auslegung der Revisionsbegründung auch bei einem unbeschränkten Revisionsantrag eindeutig zu dem Ergebnis führen, dass sich der Beschwerdeführer – im Widerspruch zu seinem Antrag – lediglich gegen den Strafausspruch wen- det. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei dem Beschwerdeführer um die Staatsanwaltschaft handelt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; Urteil vom 11. Juni 2014 – 2 StR 90/14, NStZ-RR 2014, 285; Urteil vom 4. September 2008 – 1 StR 383/08, bei Cierniak/ Zimmermann, NStZ-RR 2011, 225, 234; Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 506/01, bei Becker, NStZ-RR 2003, 1 Nr. 18; Urteil vom 7. August 1997 – 1 StR 319/97, NStZ 1998, 210).
10
b) Die Auslegung der Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft ergibt hier unbeschadet des umfassenden Aufhebungsantrags und der allgemein erhobenen Sachrüge eindeutig, dass lediglich die Einzelstrafen und der Gesamtstrafenausspruch angegriffen werden.
11
Die Staatsanwaltschaft hat in ihrer Revisionsbegründung zunächst die Verletzung materiellen Rechts gerügt und im Anschluss daran ausgeführt, dass die durch die Strafkammer verhängten Einzelstrafen und die Bildung der Gesamtstrafe rechtlicher Überprüfung nicht standhielten. Die Revisionsbegründung erschöpft sich im Weiteren in Einzelangriffen gegen die Strafzumessung im engeren Sinn und gegen die Gesamtstrafe.
12
Der Senat entnimmt diesem Revisionsvorbringen, dass allein der Strafausspruch angefochten werden soll. Den Schuldspruch oder die Anordnung des Wertersatzverfalls betreffende Einzelbeanstandungen werden nicht erhoben. Dem kommt hier besondere Bedeutung zu, denn die Staatsanwaltschaft ist nach Nr. 156 Abs. 2 RiStBV gehalten, keine allgemeinen Sachrügen zu erheben und Revisionen so zu begründen, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils eine Rechtsverletzung gesehen und auf welche Gründe diese Rechtsauffassung gestützt wird (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 – 1 StR 506/01, bei Becker, NStZ-RR 2003, 1, 6). Gegen eine Anfechtung des Schuldspruchs spricht schließlich auch, dass dieser mit Ausnahme der Bewertung der Waffendelikte bei der Tat II.2.b (Besitz statt Führen, kein Besitz von Munition) mit der rechtlichen Würdigung der Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift übereinstimmt. Die Anordnung von Wertersatzverfall in Höhe von 5.000 Euro entspricht dem Schlussantrag des Vertreters der Staatsanwaltschaft.
13
2. Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist auch rechtswirksam.
14
Eine den Schuldspruch unberührt lassende isolierte Anfechtung des Strafausspruchs ist grundsätzlich möglich und in der Regel wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14, NStZ-RR 2015, 88; Urteil vom 8. Januar 1954 – 2 StR 572/53, NJW 1954, 441; RGSt 45, 149, 150, st. Rspr.). Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung von Schuld- und Straffrage ergibt.
15
Eine Erstreckung des Revisionsangriffs auf die Verfallsentscheidung ist nicht veranlasst. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist wie die Anordnung des Verfalls in der Regel kein Strafmilderungsgrund und deshalb von der Straffestsetzung unabhängig (vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 1996 – 5 StR 542/96, NStZ-RR 1997, 270, 271 mwN). Eine ein Trennbarkeitshindernis begründende Verknüpfung wurde in den Urteilsgründen nicht hergestellt.
16
3. Im Rahmen ihres Anfechtungsumfangs bleibt die Revision ohne Erfolg. Der Strafausspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil oder zum Vorteil (§ 301 StPO) des Angeklagten auf.
17
a) Die Strafbemessung (Strafrahmenbestimmung, Festsetzung der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe) ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Ein Eingriff des Revisionsgerichts ist nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, von unzutreffenden Tatsachen ausgehen, das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung, gerechter Schuldausgleich zu sein, so weit löst, dass sie nicht mehr innerhalb des dem Tatrichter eingeräumten Spielraums liegt. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen. In Zweifelsfällen muss das Revisionsgericht die vom Tatgericht vorgenommene Bewertung bis an die Grenze des Vertretbaren hinnehmen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; Urteil vom 16. April 2015 – 3 StR 638/14, NStZ-RR 2015, 240; Urteil vom 22. Oktober 1953 – 5 StR 230/53, BGHSt 5, 57, 59 mwN). Dabei ist der Tatrichter lediglich verpflichtet, in den Urteilsgründen die für die Strafzumessung bestimmenden Umstände darzulegen (§ 267 Abs. 3 Satz 1 StPO); eine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen ist weder vorgeschrieben noch möglich. Was als wesentlicher Strafzumessungsgrund anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls vom Tatrichter zu entscheiden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 2. August2012 – 3 StR 132/12, NStZ-RR 2012, 336, 337 mwN).
18
b) Mit Blick auf diesen eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die konkrete Bemessung der Einzelstrafen revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Der Erörterung bedarf lediglich das Folgende:
19
aa) Soweit die Staatsanwaltschaft geltend macht, das Landgericht habe dem erst nach der Durchführung eines wesentlichen Teils der Beweisaufnahme abgelegten Geständnis des Angeklagten ein zu hohes Gewicht beigemessen, vermag sie keinen Rechtsfehler aufzuzeigen. Maßgeblich für die Bedeutung eines Geständnisses ist es, inwieweit darin ein Bekenntnis des Angeklagten zu seiner Tat liegt, in ihm Schuldeinsicht und Reue zum Ausdruck kommen und durch seine Ablegung das Prozessziel der Erreichung von Rechtsfrieden gefördert wird (vgl. BGH, Urteil vom 28. August 1997 – 4 StR 240/97, BGHSt 43, 195, 209 f.). Das strafmildernde Gewicht eines Geständnisses kann daher geringer sein, wenn dafür prozesstaktische Überlegungen bestimmend waren und die Strafkammer dies durch ein in den Urteilsgründen darzulegendes Prozessverhalten bestätigt sieht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 – 1 StR 193/07, NStZ-RR 2007, 232 [Ls]). Das Landgericht hat dem Geständnis des Angeklagten mit nachvollziehbaren Erwägungen zu entnehmen vermocht, dass der Angeklagte sich mit seiner Tat auseinandergesetzt hat und diese tatsächlich bereut. Dabei hat es die Beweislage in den Blick genommen und gewürdigt. Hiergegen ist von Seiten des Revisionsgerichts nichts zu erinnern.
20
bb) Die strafmildernde Berücksichtigung der erlittenen Untersuchungshaft lässt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen. Erlittene Untersuchungshaft ist bei einer Verurteilung zu einer zu vollstreckenden Freiheitsstrafe regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13, Rn. 18 [insoweit in BGHSt 59, 28 und NStZ 2014, 34 nicht abgedruckt]; Urteil vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, NStZ-RR 2014, 106; Urteil vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100 mwN). Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2013 – 4 StR 302/13, Rn. 9 [insoweit in StV 2016, 611 nicht abgedruckt]; Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147). Von diesem Maßstab ist das Landgericht ausgegangen. Soweit es dabei in der Dauer der Untersu- chungshaft (acht Monate) und einer „erkennbaren“ Belastung für den Angeklag- ten als Erstverbüßer besondere Umstände im Sinne dieser Rechtsprechung gesehen hat, liegt dies – auch mit Rücksicht auf § 121 Abs. 1 Satz 1 StPO – noch innerhalb des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums.
21
cc) Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer bei der Bestimmung der Einzelstrafen für die Tat II.2.b aus dem Blick verloren hat, dass der Angeklagte über zwei Schusswaffen verfügte, zumal sie den tateinheitlichen Verstoß gegen das Waffengesetz zu seinem Nachteil gewertet hat. Dass das Landgericht nicht ausdrücklich erwähnt hat, dass der Angeklagte bei der Tat II.2.c einen versteckten Hohlraum seines Fahrzeugs für den Rauschgifttransport nutzte, ist mit Rücksicht auf die sich aus § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO ergebenden eingeschränkten Darlegungsanforderungen nicht rechtsfehlerhaft.
22
c) Auch die Bestimmung der Gesamtstrafe lässt durchgreifende Rechtsfehler nicht erkennen.
23
aa) Die Bemessung der Gesamtstrafe nach § 54 Abs. 1 StGB ist ein eigenständiger Zumessungsakt, bei dem die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend zu würdigen sind. Dabei sind vor allem das Verhältnis der einzelnen Taten zueinander, ihre größere oder geringere Selbstständigkeit , die Häufigkeit der Begehung, die Gleichheit oder Verschiedenheit der verletzten Rechtsgüter und der Begehungsweisen sowie das Gesamtgewicht des abzuurteilenden Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16; Beschluss vom 17. Dezember 2013 – 4 StR 261/13, Rn. 3; Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 269 f.). Besteht zwischen den einzelnen Taten ein enger zeitlicher , sachlicher und situativer Zusammenhang, hat die Erhöhung der Einsatzstrafe in der Regel geringer auszufallen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 2010 – 3 StR 71/10, NStZ-RR 2010, 238 [Ls]). Auch hierbei braucht der Tatrichter nach § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO nur die bestimmenden Zumessungsgründe im Urteil darzulegen. Eine Bezugnahme auf die zu den Einzelstrafen gemachten Ausführungen ist grundsätzlich zulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16; Urteil vom 17. August 1988 – 2 StR 353/88, BGHR StGB § 54 Abs. 1 Satz 1 Bemessung 1; Urteil vom 30. November1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271 mwN). Einer eingehenderen Begründung bedarf es hingegen, wenn die Einsatzstrafe nur geringfügig überschritten oder die Summe der Einzelstrafen nahezu erreicht wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1971 – 1 StR 485/71, BGHSt 24, 268, 271).
24
bb) Danach erweisen sich die Bemessung der Gesamtstrafe und deren Darlegung hier (noch) nicht als rechtsfehlerhaft.
25
Die Strafkammer hat die Erhöhung der Einsatzstrafe im Wesentlichen durch eine Bezugnahme auf die Strafzumessungserwägungen begründet, die den verhängten Einzelstrafen zugrunde liegen, und dabei die Bedeutung des Geständnisses des Angeklagten nochmals hervorgehoben. Dass sich die Urteilsgründe nicht ausdrücklich dazu verhalten, dass zwischen den Einzeltaten ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht, der einen straffen Zusammenzug der Einzelstrafen rechtfertigt, ist hier unschädlich, weil sich dies aus den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen von selbst ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – 1 StR 417/16). Die maßvolle Bemessung der Gesamtstrafe lässt unter diesen Umständen nicht besorgen, dass die Strafkammer die Grundsätze der Gesamtstrafenbildung verkannt hat.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Quentin Feilcke
9
3. Hinzu kommt ein weiterer Fehler zugunsten des Angeklagten bei der Bemessung aller Einzelstrafen. Das Landgericht hat im Rahmen der konkreten Strafzumessung die erlittene Untersuchungshaft strafmildernd berücksichtigt. Untersuchungshaft ist indes, jedenfalls bei der Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kein Strafmilderungsgrund, es sei denn, mit ihrem Vollzug wären ungewöhnliche, über die üblichen deutlich hinausgehende Beschwernisse verbunden (BGH, Urteile vom 28. März 2013 – 4 StR 467/12 Rn. 25 und vom 10. Oktober 2013 – 4 StR 258/13, Rn. 18, jeweils mwN). Will der Tatrichter wegen besonderer Nachteile für den Angeklagten den Vollzug der Untersuchungshaft bei der Strafzumessung mildernd berücksichtigen, müssen diese Nachteile in den Urteilsgründen dargelegt werden (BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, NJW 2006, 2645). Daran fehlt es hier.
5 StR 248/13

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 20. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. August
2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Prof. Dr. Sander,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Prof. Dr. König
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 18. Januar 2013, soweit es den Angeklagten J. betrifft, im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen (Taten 1 a bis 1 d), unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Munition (Tat 2 a), Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte (Tat 2 b) sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Tat 2 c) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, auf die Sachrüge gestützte, wirksam auf den Strafausspruch beschränkte und vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Einen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler (§ 301 StPO) hat die Prüfung nicht ergeben.
2
1. Der Strafausspruch hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat bei der Wahl der Strafrahmen, der Bemessung der Einzelstrafen sowie der Bildung der Gesamtstrafe zugunsten des Angeklagten gewertet, dass dieser „auf die Rückgabe der Asservate verzichtet hat“ (UA S. 20, 21 und 23). Dem Senat ist die Prüfung verwehrt, ob der genannte Umstand als bestimmender Milderungsgrund angesehen werden durfte. Denn das Urteil teilt nicht mit, welche Gegenstände im Verfahren asserviert worden sind, wem diese zustehen und welchen Wert sie haben. Soweit es sich dabei um das sichergestellte Marihuana sowie den Revolver nebst Munition gehandelt haben sollte, wäre deren Einziehung ohnehin möglich – und unerlässlich – gewesen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG, § 54 Abs. 1 Nr. 1 WaffG).
3
In gleicher Weise hat das Landgericht die erlittene Untersuchungshaft für sich genommen strafmildernd berücksichtigt. Eine solche ist jedoch regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, denn sie wird nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet (vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100). Aber auch wenn – wie hier – eine Freiheitsstrafe deshalb zur Bewährung ausgesetzt wird, weil der Angeklagte durch den Vollzug der Untersuchungshaft hinreichend beeindruckt ist und besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB bejaht werden, verbietet sich eine zusätzliche mildernde Berücksichtigung bei der Bemessung der Strafhöhe (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, NJW 2006, 2645; Schäfer/Sander/van Gemmeren , Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 742 Fn. 475). Zusätzliche, den Angeklagten besonders beschwerende Umstände des Haftvollzuges, die zu dessen Gunsten hätten gewertet werden dürfen, lassen sich dem Urteil nicht entnehmen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 29. Oktober 2008 – 5 StR 456/08, StV 2009, 80).
4
2. Der Senat kann nicht ausschließen (§ 337 Abs. 1 StPO), dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreiem Vorgehen andere Strafen festgesetzt hätte. Die danach erforderliche Aufhebung der Einzelstrafen zieht diejenige des Gesamtstrafenausspruchs nach sich. Da es sich lediglich um Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben und um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden.
5
3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
6
Sollte einem Geständnis des Angeklagten im Fall 1 d bei insgesamt unveränderter Beweissituation „aufgrund der schlechteren Beweislage“ wiederum „ein besonders Gewicht“ (UA S. 20) zugemessen werden, bedürfte dies ausführlicherer Begründung.
7
Sofern sich die Frage der Aussetzung der Gesamtstrafe zur Bewährung erneut stellen sollte, dürfte hierbei die erlittene Untersuchungshaft in die Gesamtabwägung eingestellt werden. Dabei wäre jedoch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte zuvor schon einmal zwei Jahre und acht Monate Jugendstrafe hat verbüßen müssen. Zu bedenken wäre auch die Fortsetzung der Tatserie ungeachtet zwischenzeitlicher vorläufiger Festnahme.
Basdorf Sander Schneider Dölp König
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4. Der Einzelstrafausspruch im Fall II. 3 der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bei der Bemessung der Einzelstrafe hat das Landgericht die Dauer der Untersuchungshaft, von der sich der Angeklagte stark beeindruckt gezeigt hat, zu Gunsten des bislang unbestraften Angeklagten strafmildernd berücksichtigt. Erlittene Untersuchungshaft ist aber regelmäßig für die Strafzumessung ohne Bedeutung, weil sie nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StGB grundsätzlich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet wird (vgl. BGH, Urteile vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13, Rn. 3, vom 19. Mai 2010 – 2 StR 102/10, NStZ 2011, 100; vom 14. Juni 2006 – 2 StR 34/06, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Lebensumstände 21). Auch beim erstmaligen Vollzug der Untersuchungshaft kommt eine mildernde Berücksichtigung nur in Betracht, sofern im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2011 – 1 StR 407/11, NStZ 2012, 147). Solche zusätzlichen, den Angeklagten besonders beschwerende Umstände oder Folgen des Haftvollzugs hat die Strafkammer indes nicht konkret festgestellt. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass sich die rechtlich unzutreffende Wertung der Strafkammer auf die Höhe der verhängten Einzelfreiheitsstrafe ausgewirkt hat.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine andere Person unter Ausnutzung ihrer persönlichen oder wirtschaftlichen Zwangslage oder ihrer Hilflosigkeit, die mit dem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, oder wer eine andere Person unter einundzwanzig Jahren anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt, wenn

1.
diese Person ausgebeutet werden soll
a)
bei der Ausübung der Prostitution oder bei der Vornahme sexueller Handlungen an oder vor dem Täter oder einer dritten Person oder bei der Duldung sexueller Handlungen an sich selbst durch den Täter oder eine dritte Person,
b)
durch eine Beschäftigung,
c)
bei der Ausübung der Bettelei oder
d)
bei der Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen durch diese Person,
2.
diese Person in Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder in Verhältnissen, die dem entsprechen oder ähneln, gehalten werden soll oder
3.
dieser Person rechtswidrig ein Organ entnommen werden soll.
Ausbeutung durch eine Beschäftigung im Sinne des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b liegt vor, wenn die Beschäftigung aus rücksichtslosem Gewinnstreben zu Arbeitsbedingungen erfolgt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen solcher Arbeitnehmer stehen, welche der gleichen oder einer vergleichbaren Beschäftigung nachgehen (ausbeuterische Beschäftigung).

(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer eine andere Person, die in der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Weise ausgebeutet werden soll,

1.
mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List anwirbt, befördert, weitergibt, beherbergt oder aufnimmt oder
2.
entführt oder sich ihrer bemächtigt oder ihrer Bemächtigung durch eine dritte Person Vorschub leistet.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn

1.
das Opfer zur Zeit der Tat unter achtzehn Jahren alt ist,
2.
der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat oder eine während der Tat begangene Handlung wenigstens leichtfertig in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
3.
der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
In den Fällen des Absatzes 2 ist auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen, wenn einer der in Satz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Umstände vorliegt.

(4) In den Fällen der Absätze 1, 2 und 3 Satz 1 ist der Versuch strafbar.

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.